Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, September 09, 1897, Image 10

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    Ein (.Oruiiul.
Zahlung von X. 0. MicjUi.
Die Zeit. M beim Militär noch sin'
WW WWW sogenannter Originale für
den Humor sorgte, ift längst vorüber.
Ler Krieg von 186'! mit seinen ein
schneidenden Ilmmülzungkii in den mit.
lelstaatlichen Armee'n hat erdarrnungS
!oS aufgeräumt mit jenen Uederdlkid
sein einer guten alten Zeit. TaS alte
militärische Sprüchwort, Nirgends
gibt e? so viel -paß wie bei'm 'Mili
tär," hat längst seine Gültigkeit ver
'oren.
Für den Dienst mag eS wodl gut
sein, daß Dem so ist; für den Humor
im WassenUeid jedenfalls nicht. Er ist
gar selten geworden in der Strenge des
Dienstes,
Dem Major von Tchuabelliß war e?
merkwürdiger Weise geglückt, sich in der
Armee auch in der neuen Aera zu be
Häupten, obgleich er zweifellos jenen
Originalen der alten Zeit hinzu zu rech
nen war. Sei eS. daß er sich eines
mächtigen Fürsprechers erfreute, oder
daß man ihm sein tapsereS Verhalten
im Gefechle bei Kitschin so hoch an
rechnete er hatte mit seiner Compagnie
allein lange Zeit einem weit überlege
nen Feinde Stand gehalten kurz, der
wackere Schnabeltig blieb im Dienst
und wurde sogar Major und Batail
lonS'Eommandeur. Er war ein kreuzbraver und Herzens
guter Mann, aber von einem schier UN
glaublichen Eigensinne. Auch argwöh
nisch und mißtrauisch war er in hohem
Grade, besonders wo eS sich um feine
Autorität als Vorgesetzter handelte.
Wehe Dem, der ihm zu widersprechen
wagte ! Und wenn der Widerspruch noch
so berechtigt war, er wurde nachdrücklich
zurückgewiesen.
Aeben nich ! war daS dritte Wort
deS Herrn MajorS. Aeben nich !" Da
bei blieb eS.
In seinem Aeuszeren zeichnete er sich
durch einen eigenthümlichen Gang auS.
Seine langen dürren Beine waren steif
wie Stöcke, so daß man eigentlich kaum
begriff, wie er sich fortbewegen konnte.
Denn nicht die leiseste Biegung der
Knieegelenke war bei'm Gehen bemerk
bar. Dadurch erhielt sein Gang etwa?
ungemein Komisches. Stelzenhaftes.
Storchartiges. Erhöht wurde diese un
freiwillige Komik durch seine eigenartige
ialtung der Arme. Diese bewegten
ch nicht, wie bei anderen Sterblichen,
frei hin und her, sondern sie standen in
sanfter Rundung etwa einen Fuß breit
vom Oberkörper ab. Die auffallend
großen Hände mit den auseinander ge
spreizten Fingern staken gewöhnlich in
viel zu großen Handschuhen von Zweifel
hafter Reinlichkeit. Auf der langen
hagern Gestalt thronte ein auffallend
kleiner Kopf mit einem Paar listig
dreinblickender kleiner Aeuglein von un
bestimmter gräulicher Farbe. Ein
struppiger, grau gesprenkelter Vollbart
umrahmte das Geficht.
Leider ging dem braven Major das
für den Offizier doch zweifellos recht
wichtige Vermögen, Gesichter zu unter
scheiden und Namen zu behalten, gänz
lich ab. Nicht einmal die Namen seiner
Offiziere waren ihm geläufig, welcher
Umstand oft zu den komischsten Ver
Wechselungen Anlaß gab. Doch wehe
dem Armen, dessen Namen ihm mund
recht war ! Er konnte sicher sein, daß er
der Schuldige war an Dem und Jedem,
was zu tadeln war.
DaZmar c er Sergeant Rindfleisch von
der zehnten Eompagnie, dessen Name
dem guten Major stets auf der Zunge
lag vielleicht weil Rindfleisch mit Kar
toffelstückchen sein Leibgericht war, diel
leich! auch wegen der Absonderlichkeit
dieses Namens. Denn besagter Rind
fleisch war ein überaus brauchbarer und
tüchtiger Unterofizier. obgleich der Be
dauernSwerthe bei jedem Bataillons
Exerzieren den Sündenbock abgeben
mußte.
Wenn nach unendlich langem Hin
und Herrathen, Vor- und Rückwärts
treten und Schulterverdrehen endlich,
endlich die Richtung nach Points" ge
lungen war und der gestrenge Herr
Major noch einen letzten Blick auf die
langen Linien der Glieder warf, so war
zehn gegen eins zu wetten, daß der
Sergeant Rindfleisch die Richtung der
schließenden Unteroffiziere vollständig
über den Haufen warf.
Sergeant Rindfleisch!" kreischte als
dann die breite Ouetschstimme des
Mejors von Bchnabeltiß. Sergeant
Rindfleisch, wollen Sie sich gleich ä Mal
in de Richiung 'nein schären? Sie
schmeißen mir ja wieder de ganze Karre
um ! Sie trauriger Gottlieb, Sie !"
Dann kam der Parademarsch in
Zügen und die Kritik des Herrn MajorS
über denselben.
Parademarsch war so ziemlich. Bloß
der Sergeant Rindfleisch, das dottige
Pfährd, hatte wieder keinen Abstand !
Arretiren Se den Kerl, Herr Haupt
mann." Zu Befehl, Herr Major," versetzte
dieser dienstlich, ohne auch nur daran
zu denken, diesen Befehl jemals aus
führen zu wollen. Er wußte ja, daß
es nur eine Redensart des Gestrengen
war.
Von den Offizieren war eS der Lieuie
nant Berger, den er fortgesetzt zu schel
ten hatte, wobei er ihn beständig Herr
Leitnant Wäber" nannte.
Herr Leitnant Wäber!" kreischt die
Stimme des MajorS in heller Wuth.
Niemand rührt sich.
Leitnant Wäber!" Noch lauter
tust er.
Derselbe negative Erfolg.
Herr Leitnant Wäber !" schreit er
zum dritten Male so laut, daß die
Stimme überschnappt.
Und dabei jagt er aus seinem stark
knochigen Braunen mit drohend ge
schwungenem Säbel auf den Lieuu
nant Berger zu mit einem Gesicht, al?
ob er ihn sofort verschlingen wollte.
Jn'S .... Namen, nein, wo ham
Se denn heute wieder Ihre Ohren,
Leitnant?"
Ich heiße Berger. Herr Major,"
erwiderte der Lieutenant, indem er die
Hacken stramm an einander schlügt und
den Säbel senkt.
Aeben nich!" schreit da Schnabeltitz
vom Pferd herunter. Wäber hceßen
Sie üben!"
Dabei wendet er den Gaul und reitet
zurück unter dem verstohlenen Gelächter
des Bataillon?, ohne noch ferner daran
zu denken, dem Offizier die beabsichtigte
Nase zu ertheilen.
Ein Mal wollte das Bataillons
Crerzieren ganz und gar nicht klappen.
Herr Leitnant Wäber" und Sergeant
Rindfleisch hatten schon Grobheiten über
Grobheiten gefaßt. Als eben wieder
ein furchtbarer Hagel von traurigen
Gottlieben", dottigen Pfährden" und
Hammelkerls" auf den Sergeanten
hernieder geprasselt war und das Eom
mando Rührt Euch" ertönte, versuchte
der Ehef der Zehnten Dergebu .g, seinen
steifbeinigen Schimmel in Galopp zu
setzen. DaS widerwillige Thier stieg
kerzengerade in die Höhe, aber von der
Stelle ging es nicht.
Der Major bemerkte die Absicht des
Hauptmannes.
Ich wecß schon, waZ Se woll'n!"
schrie er ihm zu. Bleiben Se nur
hinten; ä dottiges Pfährd iS er doch!"
Und schnell machte das Kommando
Stillgestanden" allen weiteren Ver-mittelungS-Versuchen
des HauptmanneS
ein Ende.
Aber erneut regneten die Verwün
schungen auf den beliebten Sündenbock
hernieder. Schon drei oder vier Mal
hatte der Major dem Sergeanten Rind
fleisch mit Arrest gedroht, nun hatte er
es aber satt.
Herr Hauptmann !" schrie er
mit hochgeröthetem Kopf. Herr Haupt
mann !" Der Name wollte ihm
durchaus nicht auf die Zunge. Herr
Hauptmann, der Sergeant Rindfleisch
wird arretirt! Drei Tage mittleren
Arrest von hmte Mittag zwölfe an!
Verstanden?"
Da schoß des Hauptmann's Schim
mel unter dem wüthenden Druck der
Sporen feine? Reiters auf den Major
los und in einem Tempo, als ob er ihn
über den Haufen rennen wollte.
Herr Major!" rief der Hauptmann,
daß es über das ganze Bataillon hinweg
schallte. Der Sergeant Rindfleisch ist
auf Wache!"
Ganz ägal!" krächzte der Major.
Er wird oben arretirt!"
Die Herbst-Uebungen sind in vollem
Gange. Der Herr Major hat ein herz
lich schlechtes Quartier erhalten und ist
außer sich. Er diktirt dem quartier
machenden Offizier drei Tage Stuben-
Arrest die er ihn niemals verbüßen
läßt und bestimmt bei'm Antreten
des Bataillons, daß der .Leitnant Wä
der" von jetzt ab für den Bataillons
Stab Quartier zu machen habe.
Der Hauptmann legt die Hand an
den Helm: Den Lieutenant Berger
meinen der Herr Major?"
Aeben nich!" schreit dieser ärger
lich. Leitnant Wäber macht üben
Quartier!"
Gut. denkt der Compagniechef. Mir
kann es ja recht sein. Lieutenant Ver
ger also nicht.
Am nächsten Tage ift Quartierwcchsel.
Der Major ist schon außer sich, daß
dieser Wäber" sich gar nicht zum Ab
gang mit den Quartiermachern gemel
det hat. Aber am anderen Morgen
bei'm Rendezvous denkt er nicht mehr
daran.
ir :a r.'it . v ... . .
iii tui grurienver .ug uno oas
Manöver besonders anstrengend. Der
Herr Major faßt so manche Nase, erst
vom Obersten, dann auch noch vom
General. Schließlich muß er in der
Kritik de? Commandirendcn noch hören,
daß er allein am Mißgeschick der Süd
Partei schuld ist.
Der Major von Schnabeltitz hält sich
selbst für einen großen Strategen.
Allerdings steht er mit dieser Ansicht
ganz allein in der Welt; er befindet sich
eben auf einfacher Höhe. Er ist
wüthend über die natürlich ganz unge
rechtfertigten Ausstellungen seiner Vor
gesetzten. Schon geht er mit dem Ge
danken um, den Leitnant Wäber" für
das Unglück des Tages verantwortlich
zu machen, als ihm einfällt, daß er ihn
ja als Quartiermacher vorausgcsandt
hat. Das geht nun doch nicht gut.
Sergeant Rindfleisch hat die Fourage
des Bataillons zu fassen, der kann also
auch nicht schuld sein.
In schlechtester Stimmung, hungrig
und durstig, staubig und verschwitzt,
reitet er mit hängendem Kopf an der
Spitze deSBataillonS dem Quartierdorf
zu. Unablässig nagt er an dem stäche
ligen Schnurrdart, ein untrügliches
Zeichen seiner geradezu abscheulichen
Laune. Wehe dem Leitnant Wäber",
denkt er, wenn da? Quartier nicht sau
der, wenn das Bett nicht vortrcnlich,
wenn das Essen nicht bereit ist. Ich
werde ihn unbedingt in Arrest schicken.
Schon wird in der Ferne das Dorf
fichtbur, das ihn mit einem Theile deö
Bataillons aufnehmen soll. Die qunr-
I hermachenden Unteroffiziere der Com
pagnie erscheinen einer nach dem anderen
auf der Bildftache und melden sich mit
den Quartierzetteln. Vom .Leitnant
Wäber" keine Spur. Der Major ge
! räth schon wieder in Zorn.
Wo zum Kukuk steckt denn nur der
Leitnant Wader! Der Kerl scheint ooch
noch ferne blaffe Ahnung vom Dienste
eine? Quartiermachers zu ham. Erscht
meldet er sich ich zum Abgang, dann
kommt er dem Bataillon nich ä Mal
entgegen. Dän Herrn würd' ich in
Arrest stecken."
Jetzt ift das Dors erreicht. Die
l Compangnien find entlassen. Der Herr
Major ist am Z.ele und weih noch immer
nicht, wo sein Quartier ist. Er ruft
den Quartinmachir der nächsten Com
pagnie heran.
Ham Se denn den Leitnant Wäber
nich gcsüh'n ?"
Nein. Herr MajorK
Wissen Se denn nich wenigsten?, wo
j mein Quartier iS?"
..Nein. Herr Major."
Ein anderer Quatiermacherwirdher
beigerufen doch dieselbe nichtssagende
! Auskunft.
Der Major ift außer sich. Da rückt
die zwölfte Compagnie an ihm vorüber.
An der Spitze derselben, neben dem
! Hauptmann: der Lieutenant Berger.
Die Zornader schwillt dem gestrengen
! Herrn. Eine verrätherische Nöthe über
zieht sein Maulwurfsgeficht.
, Herr Leitnant Wäber!" schreit er so
laut, als ob er die ganze Brigade über
schreien müßte, dem dicht an ihm Vor
überschreitenden zu, jede Silbe dehnend
und stark betonend.
Der bedauernswerthe Lieutenant sieht
das Ungewitter hereinbrechen. Den An
j ruf einfach zu übergehen, geht nicht an,
trotzdem falschen Namen, da der wü
thende Major ihm unmittelbar in'S Ge
j ficht schreit. Er tritt also aus der
z Marsch-Kolonne heraus und legt die
Hand an den Helm.
Gleichzeitig mit ihm biegt der Haupt
j mann aus. Er läßt den aufgebrachten
j Commandeur ruhig austoben. Dann
sagt er mit größter Ruhe: Verzeihung,
!Hcrr Major, aber Lieutenant Berger
j ist auf des Herrn MajorS ausdrück
, lichen Befehl nicht quartiermachen ge
fangen." Was?" schnauzt dieser. Ich habe
doch ausdrücklich befohlen . . . . "
Berger üben nich!" ergänzte der
! Hauptmann.
Schnabeltitz wandte erbost sein Pferd
und ritt dem Dorfe zu. In dem mehr
als bescheidenen Quartier des Lieute
j nanis Berger machte er fich'S dann, fo
gut eS eben gehen wollte, bequem. Der
Leitnant Wäber" aber war als solcher
für immer abgethan.
' "
Der Krieg ift ausgebrochen. Stolz
zieht der Major von Schnabeltitz an der
Spitze seines Bataillons in'S Feld. Er
wird den Franzosen zeigen wo Barthel
den Most holt."
Mit Hurrah hat man die französische
Grenze überschritten. Bei strömendem
Regen wird ein Bivouac auf schlammi
gem Ackerboden bezogen. Es ist ein
wahres Hundewetter. Ein trauriger
Anfang in Feindesland; eine unver
geßliche garstige Nacht. Naß wie die
gebadeten Mäuse, übernächtig und
frierend ersehnen Tausende den Morgen
herbei.
Endlich ist er da. Bleiern und grau,
naßkalt und unfreundlich wie die Nacht.
Es regnet Bindfaden.
Das Regiment rüstet sich zum Ab
marsch. Gott sei Dank! Nur fort aus
dem lehmigen Brei. Nur vorwärts,
vorwärts!
Der Herr Major will zu Pferde stei
gen. Da tritt der Bursche zitternd vor
Angst und Schuldbewußtsein an den
Gestrengen heran. Die Pferde sind
verschwunden! Im Schutze der Nacht
haben sie sich davon geschlichen mit-
sammt den Pflöcken, die sie mit Leichtig
seit aus dem Schlamme herausgerissen
haben. Sie sind und bleiben ver
schwunden." Millionen-Bomben-Elcment noch ä
Mal!" schreit der Major in heller Wuth.
Meine Psührde! Du neun Mal ge
nähtcs Heipfährd. Du dottiges! Jetzt
schleppst Du sülber de Sättel alle beede
bis nach Paris, Du trauriger Gottlieb,
Du!"
Aber da? Regiment setzt sich schon in
Bewegung. DaS Bataillon Schnabeltitz
wird gleich folgen müssen. Und der
Herr Major ift ohne Pferd. Da kommt
ihm ein Gedanke.
Herr Adjutant!" ruft er.
Herr Major?"
Da würd ich üben Ihren Braunen
reiten."
Der ist als lahm in'S Pferde-Depot
abgegeben."
Und Ihr Fuchs?"
Den reite ich."
..Aeben nicht," fiel der Major ein.
Wir werden uns üben abwechseln.
Wenn ich reite, lösen Sie und wenn Sie
lösen, dann reite ich üben."
Und der bedauernswerthe Adjutant
mußte eS geschehen lassen, daß der
Major seinen Leibfuchs bestieg, während
er selbst im Matsche nebenher traben
mußte.
Mit der französischen Sprache stand
der Major auf sehr gespanntem Fuße.
Und die dottigen Psührde", die Ein
geborenen, verstanden ja ihre eigene
Sprache nicht fo meinte der Herr
Major wenigstens, da sie fein furchida
reS Knudermülsch zumeist wirklich nicht
verstehen konnten. Nun war aber
Schnabeltitz aach mißtrnurisch und das
eine? VergiftungSverhicheZ Herrlichkeit für den alten Haudegen ein
ihn von Quartier zu Quar-' Ende. Eine OrZre rief ihn in die Hei-
Gespenst
verfolgte
tier.
In einem Torfe in der Champagne
war er bei'm Schulzen einquartiert.
Derselbe ließ ihm daö MittagZessen auf
fein Zimmer dringen. Sofort witterte
Schnabeltitz Berrath.
"Maire ici!" befahl er der erstaun-
ten Köchin in barschem Ton.
Der Maire erschien, um nach
MajorS Wünschen zu fragen.
"Mangscheh (rnangc.
dielet ihn an und zeigte dabei auf daS
salnii de lapin," das vor ihm stand.
Der Dorfschulze verstand ihn nicht
gleich. "Oh, c'est bon ca. nion
Commandant." sagte er.
So ä falscher Hallunke," raunte
Schnabelt'tz dem neben ihm sitzenden
Adjutanten zu. Wir sollen essen! Na
wart, RaW
"Mangscheh! Ici avec nous!"
schrie er den Schulzen an, der verblüfft
einen Schritt zurücktrat.
Sähen Se den Giftmischer!" rief
Schnabeltitz dem Adjutanten triumphi
rend zu. Er wecß schon, warum er
nicht essen will."
Der Maire aber erwiderte würdevoll!
"Mon Commandant, j'ai deja pris
mon diner."
Ach was da, 'S würd üben mitge
gössen !" platzte der Major ärgerlich
heraus. "Prendre place; Mang
scneh!" Bei diesen Worten ergriff er den er
staunten Schulzen am Arm, zog ihn
auf einen der Strohsefsel nieder und
legte ihm eine tüchtige Portion von dem
unvermeidlichen Kaninchen-Ragout vor.
"Mangscheh dong !" schrie er
dazu, sobald der unglückliche Mann nur
eine Pause machte.
Erst als dessen Teller geleert vor ihm
stund, war der Major befriedigt und
fing nun mit großem Behagen und mit
noch größerem Appetit zu schmausen an.
Den Schulzen aber überhäufte er von
dem Augenblicke an mit Liebenswürdig
leiten. Er trank ihm zu, klopfte ihm
vertraulich auf die Schulter und lobte
feinen Wein. "Bong se wing, traj
bong" (bon ce vin. ?tres bon).
Dann bot er ihm gar eine von seinen
Cigarren an, was bei seinem bekannten
Geiz wahrhaftig keine Kleinigkeit war.
AlS aber der Kaffee kam, wurde er
von Neuem mißtrauisch. Kaffee eignete
sich am Ende am Besten zur Gift
mifcherei, und daS Gesicht der alten
Haushälterin sah nichts weniger, als
vertrauenerweckend auS. als sie den
Kaffee vorsetzte
math zurück, wo er bei den Ersatztruppen
Verwendung finden sollte. Der alte
Herr weinte, als er von feinem Ba
taillon Abschied nahm. Er empfand
die Abderusung gft eine furchtbare
Kränkung.
An seiner Statt übernahm der älteste
Hauptmann da? Commando deS Ba
deS taillons. Mit dem
von da ad zu Ende.
schrie
Spaß aber war eS
Redacteur Zeller.
Humoreske von H. H ir!
Arnold Zeller saß in seiner Redae
tion und starrte voll Unmuth auf eine
Reihe eingelaufener Schreiben, die ganz
nach Brieskaftenanfragen aussahen.
Da habe ich mir eine schöne Suppe
eingebrockt." murmelte er. Giebt man,
da in einer launigen Anwandlung ein i
paar witzige Antworten, und nun über
schwemmen mich diese Kleinstädter vor ;
Neugierde und Langeweile mit Anfra
gen ! Als ob ich allmissend wäre ! Nur !
das eine Gute ist dabei, daß die Abon
ncntenzahl zunimmt, und ich wette, da
Concurrenzblüttchen erscheint nächstens 1
i vor Neid auf gelbem Papier !"
Ein paar junge Mädchen hatten ihm '
j ihr Ltiö geklagt, da hatte er ihnen einige
drollige Rathschlüge gegeben und sich aii
alter Cntel" titulirt. Seither regnete
eS nur so tun Anfragen.
Er ö"nete die Briefe. Da bat ein
Gymnasiast um Angabe eines passenden j
Geschenkes für junge Damen, hier wollte j
ein spätes Mädchen" auf ihre Soin- j
mersprossen verzichten. Und wieder ein '
Mann bat um Angabe des besten
GrundeS, sich schleunigst scheiden zu las
fen, aber so, daß sie eS erst möglichst
spät merkte! So ging eS fort. Erst
blieb er noch gut gelaunt und witzig,
dann wurde er aber auch grob und
schrieb:
A. K. 00. Wenn Sie einmal mit
der Orthographie nicht mehr auf so sehr
gespanntem Fuße leben, und annähernd
einen richtigen Satz zu Stande bringen
können, dann dürfen Sie mich wieder
fragen, was Sie mit dem schonen!
Schreiner beginnen sollen. Vielleicht
daß ich Ihnen dann rathe, ihn bei
Ihrer Eifersucht in einen Glaskasten zu
setzen zur schönen Ansicht.
Ten Gruß nehme ich allenfalls noch
an, für den Kuß danke ich aber bestens !
Der alte Onkel."
So, das nützte für ein ptar Tage.
Ruhe ist die erste Bürgerpflicht!
w -r ' .3 ZU' qm Dann kam wieder ein zierliches, rosa
, - lv All , 1 T n . i t 4 4 X.v..Wl ll-,.Y.aaM,. - -
,L' ,TTlk L r 'y? 3 neschm Mit niedlicher Handschrift
auyt . t iy uiiuucu inuuic. uuu uu ic
Sie hatte
Schnabeltitz j
knirschte er,
Ein junges Mädchen frug neckend an,
wann man aufhöre ein Backfisch" zu
sein. Ob sie mit fiebenzehn Jahren noch
nicht erwachsen sei? und fügte hinzu:
Bitte sehr, verehrter alter, alter Onkel,
entscheiden Sie zu meinen Gunsten! Sie
werden sicher nicht so ein trockener, alter
Hagestolz sein?"
Die Unterschrift lautete: Dora
Schwarz."
f.C i . rtv4rtrt Iv 01), in x.z
hnn WfMiprn ! w . . w.
Kmif v 1 Fräulein ! Damen haben immer Recht,
saus vtm feI6n fjn te HageM," giebt e
ihnen mit Vergnügen. Ich denke mir
aber, wenn Sie die Tanzschule absol
virt, alle Hand- und Hausarbeiten ken
nen, darf Sie Niemand mehr einen
Backfisch" nennen. Dann find Sie
erwachsen," eine junge Dame, die alle
die Huldigungen der Männer als selbst
verständlichen Tribut entgegen nehmen
kann, und wäre ich nicht eben schon der
verehrte, alte Onkel," ich würde mich
am Ende auch noch dazu einstellen. So
aber heißt es tempi Passati !"
Er lachte laut auf, daß die ehrwür
digen Redactionswände widerhallten,
wenn er an sein Alter" dachte.
Diese Antwort hatte nun am meisten
Fuiore gemacht. Man tuschelte beim
Kränzchen, man stritt in der Kaffee-
ihn natürlich nicht verstand und demge
mäß nicht die geringste Miene machte,
zu gehorchen, fo sprang er auf, packte sie
mit der Linken am Arme fest und goß
ihr mit der Rechten den heißen Kaffee
eigenhändig in den Mund.
Die Alte kreischte laut,
sich den Mund verbrannt,
aber gerieth in Wuth.
Da, Du olle Gifthexe!"
indem er bemüht war, ihr
den Kaffee einzuflößen. ;
Gebräu gefälligst selbst !"
Der Adjutant hatte mittlerweile den
Schulzen über den Verdacht des Majors
aufgeklärt.
"lon Commandant !" rief dieser
nun. "Le cafe est tres-bon!" Und
mit einem Zuge leerte er die riesige
Schaale.
Das wirkte. Ruhig, als wenn gar
nichts geschehen wäre, fetzte sich Schna
beltitz an den Tisch und schlürfte behag
lich seinen "cafe au fait."
Paris ist eingeschlossen. DaS Ba
taillon Schnabeltitz befindet sich auf
Vorposten. In einem der wahrhaft
fürstlichen Prunkgemächer der Maifon
Rouge sind die Offiziere, die nicht auf
Feldwache find, beisammen.
Ihre lehmigen Schmierstiefel bilden
. " . , f f i Tt mmmtjt L ta W1H
eitlen vi"i wcHcmiu0 ju vcu , w m&mttr
hAthnfl.n (SiniMrnn.qt.hhi., ! Xl; 0K UUilUKI ,
, i ,lVw . "Ul WH lHlU'-tlf f lllll, Wll Utl
Fußböden bedecken. Und die Tafel, die
sonst die auserlesensten Speisen zu
tragen gewohnt war. ist mit Commiß
bro'd und Pellkartoffeln nothdürftig de
setzt. . .
Mit selbstzufriedener Miene setzt der
Adjutant eine Blechbüchse mit Schweine
fett auf den Tisch.
Zum allgemeinen Beften," sagt er
schmunzelnd. ES war ja ein seltener
Leckerbissen.
Alle? füllt über die Fettbüchse her.
um die Kartoffeln ein bischen schmack
hafter zu machen. Auch der kugelruude
Stabsarzt, gegen den der Major Schna
beltitz eine unbegründete Abneigung
hegte, langt mit seinem Messer in die
Büchse und deftreicht sich mit Behagen
seine Brodschnitte.
Der Major sieht eS. Sein Mund
Winkel verzieht sich.
Wie kommen Sie denn eigentlich
dazu, sich von meinem Fette zuzulangen.
Herr Stabsarzt? Ich dachte. Se hätten
gerade genug eegeneS Schmär am Leibe!
Runter mit dem Fett vom Brode!"
Allgemeines Gelächter. Der Stabs-
arzt macht ein verdutztes Geficht und
zögert.
Der Major aber wiederholt kreischend:
Sie haben wohl nicht verstanden, Herr
Stabsarzt? Runter mit dem Fett vom
Brode!"
Und mit verbissenem Grimme kratzt
der Doktor das schmackhafte Fett von
seiner Schnitte herunter, um es defehls
gemäß wieder in die Fettdüchse zu ver
senken.
schlacht, wer dieser neue Redacteur sei.
die vom Stammtisch
der Krone" waren, blinzelten schlau
und ichwiegen wie das Grad.
Schließlich steckte sich die Weiberlist,
die ja über alle List geht" hinter einen
Reporter, lud ihn ein und als er an
sing, die Welt rosig zu sehen und red
selig zu werden, rief die Frau Rendant:
Ihr Redacteur. daS ift ein Witzbold !
Haha, dieser steinalte Onkel."
Nicht wahr?" sagte er. Und so
ein hübscher Kerl, und erst sechSund
zwanzig Jahre ! Wir amüsiren uns tüg
lich riesig darüber."
Die jungen Damen waren starr, aber
die älteren suchten die Fassung zu be
wahren: Nun, er will sich interessant
machen !"
Dora Schwarz war auch dabei und in
ihrem Kopfchen reifte der Plan, ihm daS
nicht so hingehen zu lassen, ihn dafür zu
bestrafen.
Sie spionirte so lange, bis sie ihn
aus der Redaction kommen sah. Und
oa gener er iyr ausneymeno. Avir er
hatte doch die Mädchen von Kirchheide
schnöde zum Beften gehabt! Er dachte
wohl, es sollte nach ihm geangelt wer
den?! Q, da sollte er sich gründlich der
rechnen, sie, des Bürgermeisters Töchter-
lein, war v!el zu stolz dazu und würde
Eden sauste er dahin, machte eine kle
gante Wendung und wurde von einer
Iiingkii Dame mit kraufen. blonden
Lockchen. die unter einer Pelzkappe her
vorauollcn. und einem niedlichen
Stumpfnäschen gehörig angerempelt.
Mühsam reihte er seine Haltung,
dann folgte beiderseitige Entschuld!
gütig. .
Tausendmal Verzeihung, daß mir
das auch bei einem alten Hagestolz pas
siren mußte." sagte sie spöttisch.
Blitzschnell kam ihm der Gedanke
,Das sst das Backfischchen, Pardon,
die junge Dame !"
Aber ehe er och etwas erwidern
konnte, war fie fort. Wie leicht sie da
hinschwkbte, wie entzückend ihr das
enganliegende, grüne Zuchklcio mit dem
Pelzbesatz stand! Er mußte ihr nach.
Und bei der Restauration erreichte er sie.
Eden wollte fie ihre Schlittschuhe
ausziehen und drehte verzweifelt an den
schneebedeckten Schrauben.
Gnädiges Fräulein g, statten, dafi
ich Ihnen helfe", fagte er mit galanter
Berdcugung. Ein fester Griff, und der
Schlittschuh fiel ad.
Warum wollen Sie denn schon so
früh fort, wo daö Vergnügen eben eist
begonnen und Sie so vorzüglich lau
sen?" suchte er ftch einzuführen.
Sie sah ihn schelmisch an. Sie
meinen, ich sollte die Huldigungen der
Herren als schuldigen Tribut entgegen
nehmen? Ich danke ! Ueberhaupk. wie
konnten Sie sich bei Ihrem Alter noch
auf'S EiS wagen? Plagt sie nicht das
Podagra?"
Obgleich sie zürnte, gefiel sie ihm
immer besser. Er dengle sich zu ihr
und sagte: Fräulein Schwarz, nicht
wahr, ich habe Sie erkannt, warum
find Sie mir so böse Sollten Sie
nicht einen Scherz verstehen können?"
O ja, aber Sie haben mit uns Da
men ein abscheuliches Spiel getrieben,
wir vertrauen da Ihrem alten, väter
lichen Herzen all unsere Geheimnisse an.
und Sie lachen uns auS !"
So, das war heraus, sie hatte eS
ihm ..gründlich gesteckt".
Ja", versetzte er. ich bin ein Sün
der, aber ein reuiger, und denen soll
man verzeihen I Wollen Sie es nicht
auch thun und zum Zeichen einmal mit
mir zusammenlauscn k
DaS junge Mädchen sah in sein auf
richtiges Gesicht, zögerte eine Secunde
und meinte : Wenn Sie eS so ernstlich
bereuen, ja !"
Sie flogen dahin, fie sprachen, aber
was, daS wußten sie nachher kaum noch.
Es war schön, herrlich, fie waren glück
lich, und daS fühlten fie, und es ieuch
tete ihnen auS den Augen,
Wie war doch Alles so schnell, so
anders gekommen ! An den folgenden
Tagen hatten fie Beide ein zerstreutes,
träumerisches Wesen. Das flinke Dor
chen trug den Kaffee auf und goß ge
kochtcS Wasser in die Tasse, daS Kaffee
mehl hatte fie vergessen. Der junge
Redacteur ertappte ftch, daß er Politt
scheS beim Vermischten" anbringen
wollte, und der Druckfehlerteufel guckte
höhnisch an allen Ecken und Enden
hervor.
Er wurde plötzlich sehr gesellig, tanztf
gern auf kleinen Festen, gewiß blß
zufällig" mit Dora, und lernte sogur
der dicken Bürgermeisterin schön thun.
Es war im Frühling, bei einem
Waldfest, da traf er däs junge Mäd
chen allein in einem Seitenwege. Er
ergriff ihre Hände, sah ihr tief in die
Augen und zog sie jubelnd an seine
Brust.
Als die Beiden sich nach geraumer
Zeit dem Vater entdeckten, da meinte
der joviale Bürgermeister schmunzelnd
Das hätte ich doch von solch' altem
Onkel nicht gedacht ! Man ficht wieder.
Alter schützt vor Thorheit nicht", dabei
schielte er nach seiner Ehehälfte, die
außer Hörweite war.
Nach zwei Jahren holte Arnold sein
Bräutchen in die große Stadt, in der er
j sich inzwischen eine gute Stellung errun
; gen. Und beim Hochzeitsmahl klang
der Toast : Der gute, alte Onkel soll
leben !"
s nein.
Man kann die deutsche Sprache in
deutschamerikanifchen Familien nicht
erhalten. ES geht nicht ! So hört
man oft. Aber trotz Alledem sagen
wir: ES geht." Hier ein Beispiel äuS
Cincinnati. Eine kleine Tochter des
Herrn Thilly von der scharsen Ecke."
das heißt im VolkSfreund"-Gedäude.
verließ dieser Tage in Begleitung einer
kleineren Schwester und eine? bcfreun
beten Knaben das elterliche HauZ, um
sich auf einige Tage im Hause einer
Freundin der Mutter auszuhallen. ES
war Nachmittags, und Papa war noch
nicht von seinem gewohnten Schläfchen
erwacht. Was fand er aber, als er sich
den Armen deS Morpheus entwand?
Einen allerliebsten kleinen Brief in
deutscher Sprache mit deutschen Buch
staben geschrieben, worin daS kleine
Wesen ihr Bedauern darüber auZsprach,
daß fie dem lieben Papa nicht hatte
Adieu sagen können.
Herr Thilly selbst ist in Cincinnati
von deutschen Eltern geboren ; sein
Töchterchen
reprüsentirt also die dritte
ihm seine That schon heimzahlen !. . . . Generation.
Wenige Tage darauf hatte die KriegZ-
Es war ein schöner, klarer Winter-
tag. und die Jugend deS Städtchens
amüfirte sich beim Schlittschuhlausen.
Da faßte Arnold Zeller auch das Ver
langen, wieder jung zu sein, aus seiner
Zurückgezogenheit heroorzutreten. Er
brauchte also recht fleißig die Schecre.
war heute früher fertig und eilte zum
Eisfeft.
Aus der Schul gcxlzudctt.
Lehrer (beim Unterricht in der Natur
gefchichte) Wer von euch kann mir ein
Beispiel von der galschhiit der Katze
sagen?"
Der kleine Thomas (-öhnchen eines
Wirthes): Sie gibt sich gerne für
Hasenbraten aus !"