Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, July 22, 1897, Image 9

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Vom tiefblauen Himmel hernieder, an
dem ftch Irin Regen verheißende Wölk
chen zeigen wollte. Nur er matter
Lufthauch bewegte die Blatter der
Büume. G war selbst zu dieser spaten
NachmittagSftunde noch glühend beiß.
Die eifrigen Tennisspieler dort mitten
im Bark auf dem weiten Stasenplap
schienen indessen die Schwüle kaum zu
empfinden. Luftig flogen die BüUe hin
und wieder.
tai schlanke Mädchen in dem hell
sardenen, losen Gewände war eine vor
zügliche Spielerin. Wie behende und
anmulhig flog sie über den Rasen dahin.
Ader so gut sie spielte, so schlecht machte
ihr Gegner seine Sache.
Herr Belten. ein junger GiilZdesitzer
Mitte der Zwanziger, war sonst kein
schlechter Spieler, heut aber schien er
sehr zerstreut. Wohl hing auch sein
Blick unverwandt an seinem Gegenüber. ,
und meist stand er noch in Schauen ver !
funken, wenn der Ball bereit? zur Erde
siel.
Hertha Dallroitz begann sich ihre ei
genen Gedanken darüber zu machen.
Gar zu gern Hütte sie die Ursache de
veränderten Benehmen? Belten'S cr
gründet.
Wieder gefehlt!" höhnte der efe,
rcndar Selmiß. der bisher an dem Spiel :
der beiden zugeschaut hatte. Trösten
Sie sich, Belten. Unglück im Spiel,
Glück in der Liebe!" lind leider nur für
Hertha verständlich, setzte er hinzu :
War Belten gestern nicht auch auf dem j
Gartenfest bei Geheimrath Steinwehr ?
Nun, er wird noch im Bann von Schön
Ilsen'S dunklen Augen liegen."
Hertlia biß sich auf die Lippe. Ja
freilich, daran hatte sie noch nicht ge!
dacht. Aber jetzt siel ihr alleS wieder
ein. Wie oft hatte der Gutsbesitzer i
gestern mit Ilse getanzt, die noch selten
so schön ausgesehen hatte, so seltsam er
regt, so glückverklürt. Und nun heute
seine Unaufmerksamkeit beim Spiel.
Kein Zweifel, Belten war in Ilse verliebt,
wenn nicht gar schon heimlich mit ihr
verlobt. Aber das wäre ja nein, da
wäre ganz unglaublich !
Hertha schoß eS heik in die Augen,
und plötzlich hatte sie alle Lust am Spiel
verloren.
Glauben Sie wirklich?" forschte sie
beklommen.
Ader natürlich," gab der Referen
dar zurück, indem er an seinem kurzen
Schnurrdart zupfte und möglichst über
zeugt dreinzuschauen trachtete. Ihm
lag viel daran, dem jungen Mädchen
eine schlechte Meinung von Welten beizn
dringen, denn dieser war der begünstig
tere Nebenbuhler, den er um jeden Preis
auSstechen wollte.
Gönnen wir ihm doch sein Bergnü
gen," begann er wieder mit schlauer
Berechnung. WaS hat er schließlich
davon? SchöN'Jlse ist wie ein Mar-
morbild, schön, aber kalt und unnah- i
dar. Mich friert in ihrer Nähe. Ich j
liebe die anschmiegenden Frauennatu
ren. das leicht Aufbrausende aber auch j
rasch Bersöhnte, Sturm und sonnige
Gluth. aber nicht stete, kühle Gleich
Mäßigkeit." Hertha hatte unwillkürlich genickt.
Wie wohl thaten ihr seine Worte. Der
Freundin verschlossener, in sich gekehrter
Charakter war dem temperamentvollen
Mädchen stets unverständlich gewesen.
Sie konnte es daher nicht begreifen, daß
Belten. der in seiner stolzen Männlich
keit einen nachhaltigeren Eindruck auf
sie gemacht hatte, als sie sich selbst ein
gestehen mochte, sich Ilse zugewendet
hatte.
Desto mehr erfreute sie die Anerken
nung, welche ihr der Referendar zollte,
und die nicht nur in den Worten, fern
dern mehr noch in den dieselben deglei
tenden Blicken lag. Jetzt wollte sie
Belten erst recht zeigen, wie entsetzlich
gleichgültig er ihr war.
Noch ein garne, Herr Belten." rief
sie nachlässig hinüber, Sie werden es
natürlich verlieren. Passen Sie auf,
es wird ein Lovegame, Sie dekom
men nicht einen Schlag."
Ixve-gums LiebeSspiel", dachte
Belten, in die Spielbezeichnung eine an
dere Bedeutung hineinlegend.
Aber dem Referendar war es gar
nicht recht, daß seine Unterhaltung mit
dem iunaen Mädchen schon zu Ende sein
sollte. Durch geschickt gestellte Fragens
'wußte er Hertha'S Intereffe zu fesseln!
iinh vom Sviel abzulenken. Veiten ;
blieb unbeachtet, und fein Antlitz der
düfterte sich von Minute zu Minute.
Er liebte Hertha ausrichtig, und daher
kränkte ihn ihr Benehmen tief. Wie dreist
dieser Seiwitz sie anstarrte!
Play!" rief Veiten seine Aufforde
rung zum Spiel hinüber.
Man achtet nicht aus ihn.
-Play!" wiederholte er lauter.
Die beiden drüben ließen sich nicht
stören. . . ,u ,
Play!" erklang es em drittes Mal
mit" laut schallender Stimme.
Hertha vernahm eS wohl, aber sie
mnllto e absichtlich nicht hören. Dem
Gutsbesitzer zum Trotz spendete sie Sei ;
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witz ein viel sreunoiicyeres tuiymi, uis
sie selbst beabsichtigt hatte. Dieser,
kühn gemacht, ergriff ihre Hand und
neigte sich näher zu ihr. um ihr ein lei
denschaftlicheS Wort zuzuflüstern.
Veiten sah eS. und das Blut schoß
ihm zu Kopfe.
Play'" schrie er ein letztes Mal.
Sie achteten eS nicht. Da flog der
Ball durch die Luft und patfch!
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VeUg 9tthvaitü Staats Attzcigcr.
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hatte er fein Ziel erreicht und prallte
mit Wucht an der Nase deS Referen
darS ad.
Erschrocken fuhren der braune und
der blonde Kops auseinander. Hertha
lachte hell auf, während Selwitz sein
Taschentuch aus den unsanft berührten
Geftchtsvorsprung preßte.
Mit dem ehrlichsten Gesicht von der
Welt drückte der Gutsbesitzer sein leb
hafte? Bedauern über den unglücklichen
Wurf aus. Seine Betheuerungen wur
den von Selwitz mit gleicher Höflichkeit
erwidert. Nur der wüthende Blick, mit
dem er den Nebenbuhler maß, strafte
die freundlichen Worte Lügen. Infolge
des häßlichen, rothen Abdrucks, welchen
der Ball auf dem Nasenrücken zurückge
lassen hatte, hielt es der Referendar für
gerathener, sich einstweilen den Blicken
Hertha's zu entziehen. Mit dem Be
merken, einen kleinen Spaziergang im
Park unternehmen zu wollen, wandte
er sich zögernd zum Gehen.
Er boffte wohl noch auf ein Wort
des Bedauerns von dem jungen Müd
chen, doch dem blieb keine Zeit, sich um
ihn zu kümmern. Schon klang es wie
der gebieterisch: "Play !" herüber, und
gleichzeitig flog ein Ball daher. Ber
gebenS suchte sie ihn auszufangen. Ein
Ball nach dem anderen folgte, mit
gleicher Schürfe und Gewandtheit ge
schleudert. DaS Glück hatte sich jetzt
gewendet. Veiten war der gewinnende
und Hertha der verlierende Theil. Nach
kaum zehn Minuten war das Spiel
entschieden, und triumphirend meldete
der Gutsbesitzer: "Love garne" ge
Wonnen!"
Merkwürdig, diesmal ärgerte sich
Hertha, die sonst ein Verlust beim Spiel
leicht verstimmt, gar nicht. Sie empfand
im Gegentheil eine leise Genugthuung.
Velten'S Gedanken weilten also doch
nicht mit voller AuSschließlichkeit bei
Ilse.
Versöhnlicher gestimmt, schickte sie sich
an, die Bälle einzusammeln. Veiten
folgte ihrem Beispiel. Dabei näherten
sie sich, wie vom gleichen Impuls ge
trieben, einander immer mehr, bis sie
sich plötzlich gegenüberstanden. Nur daS
schwanke, dünne Netz bildete eine leichte
Scheidewand. Ihre Blicke senkten sich
ineinander, als wolle jeder im Herzen
des anderen lesen.
Hertha war die erste, die sich der stum
men Frage bewußt war. die auf beider
Lippen schwebte. Eine leichte Nöthe stieg
in ihre Wangen und mit erzwungener
Lebhaftigkeit rief sie:
Herr Veiten, Sie dürfen gewiß sein.
Herr Selwitz wird Ihnen so leicht nicht
vergeben, was Sie ihm heut' angethan
haben."
DaS ist mir sehr gleichgültig," ent
gegnete der Gutsbesitzer mit Entschie
denheit. WaS hatten S i e denn so
Wichtiges mit dem Referendar zu ver
handeln?" Wir unterhielten unS über daS
gestrige Fest."
Wohl über die Besucher des FefteS."
verbesserte er.
Sie blickte entrüstet auf. Wie kam
er dazu, sie auszuforschen? Sie hatte
nicht übel Luft, ihm die Antwort zu
verweigern und ihn mit schnippischen
Worten heimzuschicken.
Nun." drängte er, von wem spra
chen Sie? -Ich frage nicht aus müßiger
Neugier, fondern habe gewichtige
Gründe," setzte er bedeutsam hinzu.
Nun. von Ilse Steinwehr," entgeg.
nete Hertha, von Ilse und fte
brach ab. denn das: Und von Ihnen"
wollte ihr nicht über die Lippen. Rasch
ablenkend rief sie:
Wollen mir nicht weiter spielen?"
Nein," antwortete Belten entschlos
fen; erft muß ich akeS wiffen. Ilse
Steinwehr? Ist das Ihre Freundin,
die Tochter des Geheimraths?"
Hertha nickte. Innerlich triumphirte
sie: er wußte nicht einmal, wer Schön
Ilse war !
Und wer waren die anderen, an
denen der liebenswürdege Referendar
seinen Spott ausgelassen hat?" setzte
der Gutsbesitzer sein Verhör fort.
Gespottet hat er nicht über Sie,"
vertheidigte daS junge Mädchen.
Also hat er über mich gesprochen?"
Ja er meinte nur " sie stockte
wieder.
Ich bitte. Fräulein Hertha, ver
schweigen Sie mir nichts," stel er ernst
ein.
Er meinte, Sie Sie Hütten Ilse
gern," gestand Hertha unter heißem Er
röthen. Und Sie glauben daS?"
Natürlich ! Sie haben doch gestern
so oft mit ihr getanzt."
Ja aber, Fräulein Hertha, hätte ich
denn müßig zusehen sollen, wie Sie sich
von diesem Referendar den Hos machen
ließen?"
Hab ich daS?" staunte sie.
Recht gründlich und heute wie-
btti?.- .
Aber wenn Sie stets, . ..
Kein aber. Sie haben sich von Nie
mand den Hoi machen zu lassen. Nein,
das leide ich nicht, und wenn Sie eS
wieder thun, reise ich aus der Stelle
ad, " drohte er.
Reisen Sie doch!" höhnte sie. DaS
aber sage ich Ihnen, wenn Sie noch ein
mal mit Ilse tanzen, verlobe ich mich
aus der Stelle mit Herrn Selwitz,"
trotzte sie.
Funkelnden Auges standen sie sich
gegenüber und maßen einander mit
i zornigen Blicken.
Plötzlich brach Belten in ein schallen
deS Gelächter aus.
Ich glaube gar, wir sind aus dem
besten Wege. unS gehörig zu zanken,"
rief er. Ist es nicht beffer, wir
schließen in aller Freundschaft einen
Pact? Sehen Sie. Fräulein Hertha,
! Sie haben sie geärgert, daß ich mit
! Fräulein Steinwehr tanzte, und ich
war fuchswild, weil ich Sie stets mit
dem Referendar zusammen sah. Das
j ist Thatsache, nicht wahr?"
Ja," bestätigte fte unsicher.
Nun, dem Uebel kann abgeholfen
I werden. Warum sollen sich nicht lieber
die Anderen ärgern? Von nun an tanze
ich nur mit Ihnen und Sie nur mit
' mir. Einverstanden?"
Sie blickte unschlüssig zu ihm auf.
Entscheiden Sie sich," drängte Bei
ten. Ich glaube, dort kommt schon der
Referendar zurück.
Hertha," flehte er in weichem, völlig
verändertem Tone, wird eS Dir denn
so schwer? Ich liebe Dich, und ich fühle
es, ich weiß es, auch in Dir spricht eine
Stimme für mich. Laß nicht falschen
Stolz unS für immer trennen. Sage
nur: ja! Schlag ein!"
Ja," flüsterte sie mit dunkelgeröthe
ten Wangen und schob ihr zitterndes
Handchen in seine dargebotene Rechte.
Hertha! Geliebte! Wie glücklich Du
mich machst!" jubelte er auf. Nur
einen Kuß."
Nein, nein." wehrt? sie ängstlich,
der Referendar kommt."
Aber Veiten ließ sich so leicht nicht
abweisen. Er holte sich sein Recht, und
bebend ließ Hertha es geschehen.
Sie fuhren erst wieder verwirrt aus
einander, als Selwitz dicht vor ihnen
stand.
Ah," näselte der Referendar, seine
Wuth unter höhnischer Micne ver
bergend, des Spiels schon über
drüsfig?" Allerdings," versetzte Veiten, der
sich rasch gefaßt, den Arm Hertha'S in
den seinen legend. daS ' 'Lovegarne"
ist beendet. Ich habe eS gewonnen und
trage den schönsten Siegespreis davon.
Sie aber sollen der erste sein, der mir
zu meiner Verlobung gratuliren darf,
nicht wahr, kleine Braut?"
Der falsche Kandidat.
Der junge Thierarzt Kegel hatte sich
eine zwar bescheidene, aber sichere Praxis
erworben und faßte nunmehr den küh
nen Entschluß, nachträglich sein Doktor
Examen zu machen. Zu diesem Zwecke
wählte er sich eine der kleinen Univcrsi
tüten aus. denen es mehr auf die Pro
motionSgebühren, als auf gediegenes
Wissen ankam, wie einige Lüfterzungen
I in akademischen Kreisen behaupteten.
Kegel saß also eines TageS mit noch
i mehreren Candidaten in einem kleinen
: schmucklosen Gemach, das als Warte
! räum diente und deffen kahle grau ge
, tünchte Wände keineswegs geeignet schie
! nen, die Harrenden zu inspiriren.
Sobald nun der schrille Klang einer
j Glocke ertönte, fuhren die Candidaten
j instinktiv zusammen und einer von
! ihnen eilte hinaus auf den nur matt
erleuchteten Corridor, bis vor die Thür
j des Prüfungszimmers und wartete
! dort so lange, bis der Pedell von innen
j öffnete und ihn einließ.
Die schwarzbesrackten Herren mit der
weißen Halsbinde und weißen Gesich
j tern rückten indeß auf den primitiven
i Holzbänken hin und her, zupften an
! ihren Manschetten, räusperten sich,
; seufzten und zogen, m't Ausnahme
Kegel's, der dies mit Erstaunen be-
merkte, ihre weißen Taschentücher aus
den hinteren Fracktaffhen und breiteten
l sie erwartungsvoll über ihre Kniee.
Aber, meine Herren," stotterte
Kegel, wa was bedeutet das?"
Alte Zeremonie! Zum Abtrocknen
des Schweißes."
Des Schwei , , , . ?"
Schweißes, jawohl !"
Bei zwei Grad Kälte?"
Wohlverstanden, . .Angftschweißes!"
Angftfch ? he, he. Sie belieben
zu scherzen; Examen soll ja hier reine?
Kinderspiel sein! Macht man im
Schlaf!"
Ja früher Herr College! jetzt
ist die Chose verteufelt anders ; sogar
gefährlich, seitdem derGeheimrath Gras
Hof Vorsitzender der BrüfungS-Commif-sion
ist; hat auch heute daS große M. ..
Wort und wenn er schlecht gelaunt
ist,,.."
Die Glocke ertönte, iind Alle hüpsten
entsetzt in die Höhe! Der so jäh in seiner
Erklärung Unterbrochene eilte Pfeil
schnell hinaus, feinem dunklen Schicksal
entgegen.
Tiefe Stille herrschte im Warteraum,
zeitweise unterbrochen vom leisen, zir
penden Geräusch des Holzwurmes, auch
Todlenuhr genannt.
Nach einer qualvollen Halden Stunde
kehrte der erste der geprüften Candida
ten zurück.
Der Alte ift heute wie auSgewech
selt !" rief er mit unverhohlenem Aerger
und warf sich auf die Bank, daß eS nur
so knackste.
Dann können wir unS gratuliren!"
sazte Kegel's Nachbar zur Linken, wer
nicht ganz sattelfest ift, fällt durch."
Kegel ftöknte.
Nachdem er eine Weile, wie geiftes
abwesend in den Winkel gestarrt, er
leichterte er sein geauälteS Gemüth durch
folgende Expektoration:
O Tag des GramS! Wer hätte
das ahnen können. Ich bin nicht im
Geringsten sicher vollends jetzt..,,
jetzt weiß ich gar nichts, . , . und dabei
habe ich bereits in üppiger Siegerlaune
nebenan im Schwarzen Roß" ein
Souper für zwanzig Personen bestellt !"
Schrecklich!"
Ich falle durch ich weiß eS
jetzt fühle ich eS,,..oh!"
Hm! DaS könnte man schließlich
auch feiern!" bemerkte sein Nachbar zur
Rechten.
Kegel wühlte sich in den Haaren.
Während er so in Aengften dasaß,
wurden im Schwarzen Roß" die Bor
bereitungen zum Souper auf'S Sorg
fälligste getroffen.
Der Kellner Fritz formte eben mit
kunftgeübter Hand aus den Servietten
allerlei Figuren, als der Wirth auf ihn
zustürzte:
Fritz! laufen Sie 'mal schnell in die
Universität, erkundigen Sie sich nach
dem Thierarzt Kegel, reden ihn mit
Herr Doktor" an, denn daS ist er be
reits (er sah nach der Uhr), natürlich
jetzt ist er'S bereits und dann fragen
Sie ihn, ob er damit einverstanden ist.
daß statt Redhühner Birkhühner auf'S
Menu gesetzt werden? Rebhühner
waren nicht mehr zu haben, sagen Sie.
verstanden?"
Sehr wohl!"
Fritz eilte nach dem UniverfitätSge
bände. Unten sagte ihm die Tochter
des Pedells, die Herren säßen oben eine
Treppe, linker Hand vom Corridor. im
Wartezimmer.
Fritz erklomm mit einigen kühnen
Sätzen die breite steinerne Treppe
lies den Corridor entlang in die
fern Augenblick öffnete sich die Thür des
Prüfungszimmers der Pedell trat
heraus, winkte dem eben vorbeischrei
tenden Fritz und sagte vertraulich :
Rrrin!"
Sei eS, daß das Klingelzeichen nicht
im Wartezimmer gehört worden oder
daß es aus Vergeßlichkeit nicht gegeben
war. genug, der betreffende Candidat
blieb sitzen und Fritz, den der Pedell,
mit einem Blick auf den Frackanzug, für
den Examinanten hielt, trat guten
Muthes in das Prüfungszimmer und
musterte verwundert die Herren Pro
fefforen, die er wiederum für Thierärzte
und Güfte des Herrn Kegel hielt.
Treten Sie näher," sagte der Ge
heimrath GraShof mit strenger Miene.
Aha. das ift Doktor Kegel." dachte
Fritz und wollte sich feines Auftrages in
wohlgesetzter Rede entledigen, wurde
aber jühlings unterbrochen.
WaS können Sie mir über die Leber
des Rindes sagen?"
Sieh. sieh, jetzt will er was effen!"
murmelte Fritz still für sich, dann er
widerte er laut mit gewohnter liebenZ
würdig lächelnder Miene: Oh. auSge
zeichnet! so frisch wie nie!"
Sie haben mich wohl nicht ver
standen? Ich wünsche Eingehenderes
über die Struktur der Leber zu wissen!"
Struktur! Das war sür Fritz ein
böhmisches Dorf. Da er aber feine
Unwissenheit in kulinarischen Aus
drücken verbergen wollte, so antwortete
er ziemlich dreist:
Wir beziehen sie alle Tage frisch
vom Schlächter Lehmann!"
Der gestrenge Geheimrath GraShof
schüttelte unwillig sein kahleS Haupt,
während die anderen Herren ein Lächeln
zu verbergen suchten.
Mir scheint," flüsterte einer der
Profefforen dem Geheimrath in's Ohr,
der Herr ift etwaS verwirrt."
Oder er stellt sich nur fo," knurrte der
Alte ingrimmig, weil er über dieses
Thema nichts weiß. Sagen Sie
mir also," wandte er sich wiederum an
den vermeintlichen Candidaten, wel
cheZ find die besonderen Merkmale an
den Nieren deS Schweines, verwandten
Arten gegenüber?"
Des Schweines? hm. also Schweins
find noch von vorgestern,
. . . dazu möchte ich Ihnen
Nehmen Sie Krägen
. oder noch beffer: Kalbs
nieren! Die
Herr Doktor ,
nicht rathen.
Kalbshirn , ,
meren :
Kalbs? hm, also auch davon
Äß nichts," murmelt Gräshos,
nun denn .... entwickeln Sie mir
Ihre Ansichten über die Rippen deZ
Pferdes."
Fritz taumelte entsetzt einen Schritt
zurück.
Herr Doktor ich muß sehr
bitten Pferdefleisch!"
Ihre Ansichten über die Rippen deS
Pferdes. Herr! Sind Sie taub?"
Im Namen meines Chefs muß ich
mich energisch dagegen verwahren....'
wir haben mit Pferdefleisch nichts zu
schaffen, Herr Doktor: ich kann mir
nichl denken, daß Sie für Pferdedou
leiten schwärmen ich jedenfalls nicht
und meine Collegen auch nicht!"
Herr! Sie schmatzen da einen
fabelhaften Unsinn. WaS wollen Sie
eigentlich?"
Ich wollte eigentlich betreffs der
Rebhühner.. ."
Wie? Sie haben sich auf Rebhüh
ner vorbereitet?"
Der Wille war da aber wie'S
so geht schließlich ist'S ja auch
schnuppe daS heißt Pardon,
ich meine, Birkhühner sind auch nicht zu
verachten."
Herr Kegel Herr Doktor Ke
gel, bitte, sich zu modernen!"
Kegel?"
Der Geheimrath trat ängstlich zu den
Professoren: Mit ihm scheint eS wirk
lich nicht ganz richtig!"
Diese Augen!"
DaS blöde Lächeln!"
Herrrr! was wollen Sie eigentlich?
Wer sind Sie?"
Kellner!" erwiderte Fritz bescheiden.
Wie kommen Sie denn auf die
Idee, sich hier prüfen zu laffen?"
Oh, um Berzeihiing daran
dachte ich nicht ich wollte nur den
Herrn Thierarzt Dr. Kegel wegen der
Rebhühner bestellen und als ich
draußen aus dem Corridor stand und
die Thür des Wartezimmers suchte,
wurde ich von einem Herrn hier herein
gerufen."
Diese Aufklärung erregte unter den
Profefforen große Heiterkeit.
Fritz wurde entlassen und ging hin
aus.
Auf dem Corridor standen die Can
didaten beisammen und riethen hin und
her, weshalb man sie so lange warten
ließe. Fritz hielt die Herren für Kell-ner-Collegen
und sagte in gemüthlichem
Tone:
Kinder, das rath' ich Euch, geht nur
da nicht hinein, da stellen sie ganz
dumme Fragen an Unsereinen. und
nachher giebt's nicht 'mal 'n Trinkgeld
Könnt Ihr mir nicht sagen, wo ich den
Thierarzt Kegel sprechen kann?"
Der Genannte trat aus der Gruppe
hervor, und Fritz richtete nicht nur sei
nen Auftrag auZ, sondern erzählte auf
Wunsch auch, welche Fragen man ihm
vorgelegt hatte, wodurch er auch hier die
größte Heiterkeit erzielte.
Kegel aber war so schlau, sein Repe
tirbuch aus der Tasche zu ziehen und
schnell das WiffenSwerthefte über die
Leder des RindeS, die Nieren des
Schweines und die Rippen des Pferdes
nachzulesen. Er hatte dazu Zeit, denn
die Examinatoren brauchten eine ge
räume Frift, bis sich die heitere Stirn
mung gelegt und der nöthige Prüfungs
ernft eingestellt hatte.
Da aber Geheimrath GraShof einmal
in guter Stimmung war, so sah er
über die Lücken im Wiffen Kegel'S hin
weg, und der junge Thierarzt bestand
sein Examen.
AbendS wurde Fritz mit einem befon
derS hohen Trinkgeld belohnt.
Geheilt.
Der Affeffor Friedberg war feit ca.
einem Jahre verheirathet. Die Leute
sagten, als er die reizende Jetti zum
Altar führte: Das wird eine sehr
glückliche Ehe werden, denn die beiden
lieben einander abgöttisch." Im An
fang ging Alles recht gut, aber kaum
daß der Honigmond vorüber war, fiel
es dem Affeffor ein. zu schriftstellern.
Die Folge war, daß Friedberg nervös
wurde, furchtbar nervös. Sein Weib
chen gab sich die erdenklichste Mühe, ihn
diesem Zustand zu entreißen und wurde
schließlich ob der Zweckloftgkeit ihrer
Bemühungen selbst nervös. Nun
gab'S gar oft erregte Scenen in dem be
haglichen Heim des jungen Ehepaares.
Der alte Hausarzt, ein treuer Freund
der Eltern JettchenS, schüttelte ein über
das andere Mal den Kopf, wenn er nach
einem Besuche bei dem jungen Paare
heimwärts ging und kam schließlich zur
Ueberzeugung, daß nur List die Arznei
sein könne, welche den nervösen Leutchen
Heilung bringen kann. Eine? Tages,
als ach einer besonders erregten Scene
Iettchen ilire programßige Ohnmacht
vatte und der Affefior angsterfüllt nach
dem Arzt gesandt hotte, nahm dieser
den jungen Mann bei Seite und sagte
mit besorgter Miene: Jbre Frau ift
krank und wenn Sie nicht befolgen,
was ich dringend verordne, so stehe !ch
für nichts ein!"
Friedderg erbleichte und sank wie
vernichtet in einen Seffel.
Was ift es?" stöhnte er.
Ihre Frau ift hochgradig nervös
und nur die größte Ruhe vermag fte zu
retten. Sie dürfen Ihr wcdcr wider
sprechen, noch irgend einen Anlaß
herautbcschwören, worüber sie in Auf
regiing gerathen könnte. Wenn Sie
dies nicht beherzigen, dann wie gesagt
steht das Schlimmste zu befürchten!"
Bekümmert blickte Friedderg dem sich
j entfernenden Arzt nach und näherte sich
aus den Fußspitzen dem Zimmer, in
welchem seine Oiattin bleich und abge
spannt auf einem Lopha lag.
Am nächsten Morgen fand sich der
Arzt bei Jettchen wieder ein.
Gnädige Frau," meinte er nach der
Begrüßung, ich muß Sie auf einen
Umstand aufmerksam machen, welcher
Sie mit Besorgnis; zu erfüllen geeignet
ist!"
Die junge Frau sah dem Arzt üngft
lich und erschreckt in'S Auge.
ES betrifft Ihren Herrn Gemahl,"
fuhr dieser fort, er ift krank, sehr
krank!"
Um GotteSwillen," entschlüpfte eS
den Lippen Jettchen'S. Sie sagen mir
da Entsetzliches. Herr Doktor mein
Max krank und ich habe ihn nament
lich in letzter Zeit so oft durch Kleinig
keilen in Aufregung gebracht "
DaS ist eS eben," fiel der Arzt ein.
Ihr Gatte ist schrecklich nervös und
sein Zustand flößt mir die schwerste
Besorgniß ein. Die geringste Aufre
gung kann einen Herzschlag herbeifüh
ren und Sie müffen alles vermeiden,
was den Kranken aufregen könnte!"
Die junge Frau versprach thränen
den Auges, die Rathschläge des ArzteS
strengstens zu befolgen.
Nach circa vier Wochen traf Fried
dcrg mit dem genialen Doktor zufam
men.
Ich bin Ihnen zu unendlichem
Dank verpflichtet." rief der Affeffor
schon von weitem, mein Weibchen ift
wie ein Tüubchen und zeigt leine Spur
mehr von Nervosität!" Der Arzt
schmunzelte vergnügt und drückte dem
Glückstrahlenden die Hand.
Befolgen Sie meinen Rath nur
noch ein Vierteljahr und Sie werden
das gesündeste Weibchen deS ganzen
Erdenrunds besitzen!"
Gar oft kam der schlaue Ralhgeber
in das Heim des jungen Paares und
hatte seine Freude an der Harmonie
dieser Ehe. Von Nervosität gab's keine
Spur mehr sie waren gründlich ge
heilt.
Die aute Erziehung.
Der berühmte Marschall Moritz von
Sachsen (1696-1750) befand sich einst
mit dem Marschall von Noailles zu Be
such auf dem Schlöffe von Montmo
renc. Beide standen auf der Schloß
terraffe und wurden von den vorüber
gehenden Landleuten ehrerbietig ge
grüßt. Freundlich gab Moritz jeden
Gruß zurück, ohne der öfteren Wieder
holung müde zu werden. Sie sind
doch eigentlich ein recht gutmüthiger
He," sagte endlich etwas spöttisch
Noailles. daß Sie vor jedem Bauern
den Hut abnehmen."
Ich möchte, versetzte Moritz, die
guten Leute nicht gern auf den Ge
danken bringen, daß sie beffer erzogen
seien als ich."
Guter Handel.
Goethe schickte eines Tages ein ver
siegelteS Manuscript an den Buchhand
ler Vieweg in Berlin. Bei dem Packet
lag folgender Zettel: Wenn Herr Vie
weg für daS beiliegende Manuscript
nicht ein Honorar von zweihundert
Friedrichsdor zahlen will, so soll er daS
Päckchen uueröffnet zurückschicken, "j
Gefahr und Begier hielten sich bei
dcm Buchhändler ein paar Tage das
Gleichgewicht,, dann aber stegte die
letztere; daS Couvert wurde eröffnet
eS enthielt daS Manuscript von Her
mann und Dorothea," und Herr Me
weg hat es nicht bereut, auf Goethes
Namen ? Summe eingesetzt zu haben.
Unsicher.
Bauer imm Richter): ..T bitt' der
Nachbar hat mi' an' saudummen Knö
del g'heiß'n . . . Was könnt' i' denn da
thun?"
Richter: Sie können ibn weaen
Ehrenbeleidigung verklagen!"
Bauer : Und w e r zahlt nach die
Kosten?"
Richter: Wenn er verur theilt
wird, muß er auch die Kosten
zahlen!"
Bauer (zögernd) : ..Und wann ec aber
Recht b'halt'?"
Aus der Kaserne,
Hauptmann (vor der Vorstellung):
Also, wenn Ihr morgen tüchtig zu-
greift, dann gibt's übungsfrei;
wenn nicht, dann Freiübungen!"
Li gwßmüthiger :?Znbcr.
Tourist ider von einem Strak?nriin
der ausgeplündert wird, wehmüthig):
Die silberne Tabakdose ist noch ein
Andenken von meinem seligen Bater!"
iraenraiiver(geruirt): Bok W,
dann schnupfen Sie nochmal d'raus '."