Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, June 03, 1897, Image 10

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    Aus ferner Zeit.
Pflug'! iisol)i.ia9 sen I, H.
Wenn mir, die ff:uoi unserer mc
deinen, raschledigen. materiellen Zeit,
die ehrwürdigen Gestellen unserer de
(ümihAitr und (Krrfcrr.ulter de
l U 1 1 41 jj v -
trachten, wenn mir ihren Geschichten WM
der guten, alten Zeit lauschen, ihre
Anschauungen und Empfindungen aus.
sprechen hören, so scheint es uns zuwr,.
lm alS ob eine Märchenwelt versunken
sei auS welcher diese alten XTculc in BB
ser'e heutige, ihnen sremde Welt hinein.
Verse,! seien. Wir können unl kau
Denken daß diese romantischen Geschicht
ten und Begebenheiten, in deren Enn.
nerung sie sich mit wehmüthigem Ver
gnugen zu versenken pflegen, nch wirk,
iich kikignet haben, sondern wir glau
den IMrchtn zu hören, deren poetischer
Zoubir unS wie eine einsache Melodie
in einem traumhasten Zustand versetzt.
Ick) erinnere mich ftetS mit Freude
jener Abeiide beim flackernden ffarai
seuer oder in der wkin.:mlai:dten Be
randa, wo unser Großvater uns aus
seiner bewegten Jugendzeit erzählte.
r betonte dann häufig den egenfatz
zwischen der idealen Zeit von ehedem
und den heutigen matericLen Anschau
ungen. wobei er. schmerzlich lächelnd,
einen Seufzer auszustoßen pflegte.
Ja. ja. meinte er. bedächtig sein
graues Haar wiegend, ..wenn man
heutzutage eine Geschichte lesen würde,
welche Eure alte Tante, meine Lchwc
fter und deren Mann erlebt haben, so
wurde man vielleicht über den Phanta
ften ,'pötteln. der so unnatürliche Dinge
ersinnen konnte. Es ist freilich nur eine
aam einfache Geschichte, weder pikant
noch aufregend, wie das der heutige Gc
schmack erfordert, aber für mich hat die
Ge'chichte etwas Rührendes! "
So sagte der alte Mann, als wir in
noch später Stunde auf .er Veranda
faßen.
Es war ein lauer, dufterfülltkr Ma;.
Abend, der Vorabend des Pfingftseftes.
Ueber dem Flusse, der nch durch den
Garten schlüngelte. schwebte der Mond!
die meisten Blüthenbäume traten. phan
taftiich beleuchtet, aus dem Tunket her
vor und schwarz zog nch das Gebüsch am
Rande des Ufers entlang. Die mächti
aen Ulmen und Linden schienen bis an
den Sternenhimmel emporzuragen, und
in ihren grünen Zweigen schlug eine
Nachtiaall.
..An einem ebenso traumhaften
Pftngstvorabende. wie der heutige ist",
fudr'mein Großvater fort, .begann die
Ge'chichte meiner Schwester! an einem
solchen Abende, dessen ''chmürmerischc
Poesie doppelt geeignet ist. die Herzen
zu bewegen und die Gefühle der Leiden
schast höher zu schwellen, hatte sie sich
mit Eurem Onkel, einem damals statt,
lichcn jungen Manne, verlobt. Dieser
war mein Freund, der Sohn eines
Oberförsters, und erst Forstrescrendar.
Ich sehe noch heule das glückstrahlende
Gesicht meiner Schwester, als sie mit
dem jungen Burschen den Gartenweg
entlang in unsere Laube kam, wo ich
neben meinen Eltern saß. Es erschien
den letzteren nicht auffällig, daß die Bei.
den miteinander dahergeschritten ka
men: Rudolph sprach häufig nach dem
Abenddrod bei unS vor und plauderte
noch ein Stündchen mit uns. oder holte
mich auch wohl zu einer iegelpartie ab.
Ich aber, der schon lange die heimliche
Neigung der Beiden zu einander wußte,
sah mit einem Blicke, den Rudolph mir
vielsagend erwiderte, daß das entschei
dende Wort gesprochen war. Sie setzten
sich zu uns in die Laube, und ich wun
dene mich im Stillen über die Arglosig
teit meiner Eltern, die nichts besonderes
bemerkten, obwohl meine Schwester sich
auffällig stumm verhielt und Rudolph
ziemlich zerstreute Antworten gab. Ich
hielt es endlich für das Beste, diese
Situation nicht zu verlängern und er
löste Rudolph unter irgend einem Vor.
wände, damit er mir , volles Herz
ausschütten konnte.
Ob meine Schwester meinen Eltern
an jenem Abende ihr Glück noch gebeich
tet bat. kann ich nicht berichten, jeden
falls aber erschien am Pfingstmontage
Rudolph in feinr Staatsuniform und
hielt um meiner Schwester Hand an.
Meine Eltern empfingen aber den
jungen Mann doch nicht so ganz über
rascht. wie wir geglaubt hatte": mein
Vater murmelte etwa! von ..geheimer
Sorge, die er längst gehabt habe, aber,"
meinte er. ich habe nichts dagegen ein
zuwenden, daß der Bund geschloffen
wird ; ich kenne Sie nun seit langen
Jahren und liebe Sie wie einen Sohn;
verloben Sie sich mit Tom, aber ehe
Sie hirathen, erringen Sie sich eine
sichere, angesehene Stellung." Daß
meine Eltern meiner Schwester !un Ver.
mögen geben konnten, wußte Rudolph
wohl.
TaZ ist auch mein fester Wille,"
kntgegnete er meinem Vater. Ob mich
freilich diese Carriere, die mein Vater
für mch bestimmt hat. zu einem raschen
Ziele sühren wird, bezweifle ich; Jahre
können vergehen, ehe ich soweit sein
werde, uns ein Heim zu gründen viel
leicht wäre ich in einem anderen Berufe
schneller zu etwas gekommen."
Ihr seid ja Beide noch jung." meinte
mein Vater: e? hat am Ende nicht
solche Eile mit dem Hciraihen. wenn
Ihr nur treu zu einander haltet!"
So feierten wir an jenem Pnngft
fonntage fröhliche Verlobung. Das
junge Paar gab sich ganz der Wonne
des crften LiebeSglückeS hin. und keiner
von Beiden ließ sich durch sorgenvolle
GedankkN an d:c Zukunft eine der ußen
Stunden verbittern.
TaZ wer das erste Pfingstseft. Mlches
ihnen feine ganze Fülle von Sonnen. ;
schein und HoffnungSbluthen veischwen
derisch spendete.
Ein paar Jadre später jedoch war
ihnen schon bewußt, daß das Licht
auch breite Schatten warf. Die an
anfangs fröhliche Zuverficht Rudolph?,
der ein Stürmer und Dranger war.
wich mehr und mehr einer wachsenden
Ungeduld. Er grollte mit ''einer Ear.
riere. deren Langsamkeit sein heißblüti.
geS Temperament auf eine immer schwe
rere Probe stellte: die Zeit, bis er Toni
endlich wurde hetrathen können, 'chien
ihm in eine fast unerreichbare Ferne ge
rückt. Schon lange trug er den Plan
mit sich herum, umzusatteln, einen an
dern Beruf zu ergreifen, der idn schnei
ler zu einer sicheren Existenz Rühren
würde; fein Vater das mußte er,
würde schließlich nichts dagegen haben:
er war der einzige Sohn und hatte von
leher viel freien Willen gehabt.
Und richtig! Soviel Toni mit ihrer
sanften Festigkeit ihn auch zur Geduld
ermähnte, so oft sie ihn tröstete und ihm
versicherte, daß das Warten au die
Heiratb ihr keinen Kummer bereite,
faßte Rudolph dennoch den festen Ent
schl.iß. den grünen Rock abzulegen und
Landwirth zu werden. Mit diesem
Entschluß trat er abermals vor meinen
Vater.
Die Tcni schluchzte bitterlich, als er
sagte , daß er auf drei Jahre nach B. .
auf die landwirtschaftliche schule ge
hen müsse.
Dann habe ich doch wenigstens in
etwa vier bis fünf Jahren die sichere
Aussicht. Dich heim'ührcn zu können,"
tröstete er dann das weinende Mädchen.
Auch mein Vater machte ein besorg.
teS Gesicht. Fünf Jahre der Tun
nung." fagte er ernst, sind eine lange
Zeit!"
Aber die sichere Aussicht auf ein be
ftimmteS Ziel und die Vereinigung für
das Leben w:rd uns dafür ertt'cqf.Di
Zrauer'allk an. der Rudolpd betroffen
hatte, wurden feine Briefe immer sel
tener und 'eltencr und blieben endlich
aus. Jt
Viermal ma: das Vfingstieft über die
Erde gezogen, seit er Abschied genrm
men hatte, zwei Jahre eil dem Tode
seine? VaterS verfloffcn. und fast eben'?
lange wer er für unS wie verschollen.
Und alS ich endlich nach einer mehrjüh
rigen Abwesenheit aus längere Zeit zum
Besuch in meine Heimath kam. fand ich
die Mkinigen in keiner 'rohen Stirn
münz. Nur meine Lchwefter. deren
einst runde Wanzen freilich bleicher
und schmaler geworden waren und
deren sorgenloses Kinderlachen ver
schzzunden war, hatte ihr festes Ver
trauen aus Rudolph nicht verirren, ob
wohl Monat auf Monat verging, ohne
daß die geringste Nachricht von ihm
untres.
Meine Eltern, besonders die Mutter,
gaben sich die größte Mühe, Toni von
ubolph's Treulosigkeit zu überzeugen.
ES mar rührend, mit welchem Ernste
und welcher Festigkeit das sandte Ge
schöpf jedes Mal die Vorstellungen mei
ner Eltern abgewehrt hatte.
tagsbraten sehen wollte, meine ältern
und ich folgten ihr lang'cmci durch den
Garten w'S Haus. Da wurden mir
diS in ? Mark getroste,, durch einen auS
tiesstn Brust dringenden Schrei. und
sollte ich hundert Jahre alt rrrrden. 'o
könnte icd diesen AuSbruch von Erschüt
lerung nicht vergeffen!"
Und als wir bestürzt :n'S Zimmer
eilten, lag Toni schlucheid und -udelnd
in den Armen des mikdergekerien Brau
tlgams!
Sprachlos blieben wir in der Zhur
stehen, und eS mar unS. als sei eine
Vision vor unseren Blicken ausgetaucht.
die unsere Sinne verwirrte. Mein
alter Vater wandte sich endlich ab. um
seine ausauellenden Thränen zu verber
gen.
ES gab dann eine allgemeine Aus.
regung. ein Begrüßen. Händeschutteln
ohne Ende.
geordnete Stellung :n dieser öden
Fremde meine erträumte Zuluft de.
deuten sollte, die ich mir hatte erstürmen
wollt t
Und jedtä Mo! zu Pfingsten, dem
Gedenktage unserer Verlobung, ersaßte
mich ein noch brennenderes Heimwcd
als ''onst. dann empsand ick mit noch
wilderem Zorn, daß mir die Fluge! zu
trüMizen Thaten durch die Gewult der
Verhältnisse gelahmt waren.
Schließlich nß mir die Geduld ; ich
vermochte nicht mehr, stille zu halten :
eS gährte in mir und trieb mich von
neuem, den Kamps um meine Eriftenz
aufzunehmen.
Und Mieder vergingen mehrere Jadre,
in denen ich mich überall herumschlagen
mußte: von Nord nach Lüd, von Cft
nach West, von einer Stellung zur
andern, immer muthloser, immer ver
zweikeltcr. 34 balle das letzte Funk-
,Jch hab es a
mit zitternder stimme: ich launte idn
ja! Er mußte wiederkommen!"
Bei ihr schienen diese ganzen sünf
zehn Jahre sehnsuchtsvollen, vergeb
lichen Harrens, der Ungewißheit, der
Trauer, versunken :u 'ein in diesem
rufet!' ries Toni chen Honnung ausgeg'-den. Dich. Toni.
,'mals die Meine nennen zu können.
Und wenn ich Deiner gedachle, wenn ich ;
mir vorstellte, was Du um meinetwil
lcn gelitten baden mußtest daß ich
in Deinen Augen sicherlich als ein
Treuloser dastand zerriß mir tast
ch vertraue ihm dennoch", dcdarrte einzigen Augenblicke höchster Glückselig. das Herz
.. w I r -k.:r-i ,iiLi. i
iie. Nur mich joa fie 'Uwmcn bei
Seite, und mit flehendem Blicke fragte
sie Mich: Nicht wahr, Tu glaubst auch,
daß er miederkommt?" Was sollte ich
ihr antworten!
Ost war ich Zeuge peinlicher Scenen,
die mir Tonis wegen jedes Mal einen
Stich in's Herz gaben. E? blieb natur
licht nicht auS. deß andere junge Manner
sich um die Hand meiner Schroestcr be
warben, denn die Verlobung mit Ru
dolph hielt man für eine längst edge
thane Kinderei.
Toni aber 'cdlUL '.eden Antrag au?.
keil. Nickt der leiseste .wciiel trudle
ihre Wonne, keine Frage kam über ihre
Lippen, mit vollem Vertrauen gab sie
sich ihm hin, als er seine Arme nach ihr
ausbreitete.
Rudolpb? Erscheinung war kraftvoll
und männlich geworden : seine gedräun
ten Zuge trugen daS Gepräge eine? be.
wegten mühevollen Lebens voll Kampf
Konnt Ihr Euch nun vorükllcn. mit
welchen Gefühlen ich heute zurückkehrte
endlich unabhängig endlich am Ziele
meines heißen Streben? !
Ich war wahrend der letzten paar
Jahre aus den Gütern deS Grasen X.
in Pommern und füllte dort jeden
Posten aus, der sich mir gerade bot.
Ttr ermalier und Rcntmcifter des
und Sturm. Ader lein Auge viiäte Grasen war an uno innuuiy um
klar und frei, wie nnii, als der beiß- Grasen nur au- iciai in 'einer in
dlütige Jüngling in die Welt öln
auszog.
Meine alten Eltern und ich aber
Kummervoll seufzte mein Vater jedes ' konnten uns begreiflicherweise nicht cber
einem ungelruvl 'royen Wkiume '.nge
den, bis Rudolph die Gründe seines Ver
schwinden? erzählt und gerechtfertigt
hatte.
Ich will Euch mit der weitschweifigen
Schilderung seiner Irrfahrten und
Mal iu der Weiaeruna Toni, und
meine Mutter, die sehr heftiger Natur
mar. machte dem armen Mädel die bit
tersten Vorwürfe, nannte fie starrsinnig
und verbohrt, und wiederholte ihre Be-
hauplung, daß Tom mit ihrer thör,ch
vorthellhast von feiner Umgediing ad
hob.
Wir sind am Ziele. Herr." fagte
der alt. Mann und führte mich vier
Zlockwerke hoch, wo er eine Thur aui
spcrrle und meine and ergriff. Nur
d:cr herein, und jetzl bleiben Sie stehe,
damit Sie sich nicht anstoßen. Ich
werde gleich Licht machen.-
Die Thür fiel in' Schloß und mir
war. als hörle ich den Schlüffel um.
drehen und abziehen. Unwillkürlich
überkam mich ein Gehld! des Undeh
gm, doch beruhigte ich mich alsbald
wieder mit dem Gedanken, diesem Greise
gegenüber keine Gesahr zu laufen.
Mein Begleiter zündete eine llnschlit
kerzc an. die nur ein schwaches, unsiche
res Licht verbreitete, doch hinreichend,
um zu meinem nicht geringen Erftai:
nen wahrzunehmen, das ich mich in
einem ganz hübsch und sogar in Andc
lrachl der Verhältniße luiuriöS eing
richlclc Gemache detand.
Sie scheinen verwundert, ' sagte
hinter mir eine rauhe stimme, doch
habe ich immer darauf gehalten, mein
Heim nach Kräften angenehm zu ge
stalten ,
Ich wandte mich rasch um und sah
mit Entsetzen die hochaufgerichtete Ge
jtalt eines kräftigen Mannes mittleren
Alters mit dunklen Haaren vor mir.
Die graue Perriicke lag neben ihm auf
dem Boden.
Sie haben mich also getäuscht!" rief
ich entrüstet. Waö soll das heißen?"
Einsach. daS ich Sie bitten möchte,
mir Ihre Uhr zu leihen, weil sich die
meine eben in Reperatur be'iiidet," er
widerte der Bursche such.
Haben Sie sonst noch etwa einen
Wunsch?" fragte ich spöttisch, im In
nerften aber wüthend, auf diese alberne
Weise in die Falle gegangen zu sein.
Allerdings," sagte der Gauner,
freundlich grinsend. Meine Fonds .:,
der Bank sind erschöpft. In Bcrücksich-
aen!" rief Rudoipd warm
wir. wenn ich im tfor.n vueoe. nocy
mindestens zehn Jahre warten müßten!
Es gelang ihm auch endlich, seine Braut
iu trösten und zu überzeugen. Sie
mübrend ten Hoffnung auf die Wiederkehr ihres j Kämpfe verschonen. Er hatte sich tüch-
i rt! en... it. . -H. fC1i fUw t ., , sV ... si(
Liebsten ihren alten Eltern solchen Gram
und Sorgen bereite.
AIS unter diesen traurigen Umständen
nun auch das fünfte und sechste Jahr
L. ira ? ; "töftftS
schiittcrliches Vertrauen zu ihm. daß sie
Alles authieß. waS er für das Beste
hielt. Sie gehörte zu den
deren Herz sich nur ein einziges Mal
einem Manne hingiebt, und die dieser
einzigen Neigung, allen Ereignissen zum
Trotz, treu bleiben bis m den Tod.
Mein Vater kannte Tni genugfam.
um dieS von ihr zu Miffen. In keinem
aufwallenden Vatergefühle und feiner
Vaterforgc zog er den jungen Mann
bei Seite und legte ihm nun dringend
an'S Herz, feinem Kinde die Treue zu
bewahren; er selbst hat mir dies später
erzählt.
Am dritten Pfingftfeiertage wollte
Rudolph fort. M
In der Abschiedsstunde, die schnell
genug heranrückte, hörte ich. wie ver
nlte Mann lll Rudolph. dessen beide !
von Rudolph kam. entschloß sich Toni
endlich, das elterliche Haus zu verlaffen
Naturen. ! und vei einer aminc in . . einen
cicue zur ciupt uci yuusuuu i.uju
nehmen.
Wie fie mir in einem traurigen, re
fignirten Briefe schrieb, bade fie dielen
Entschluß gefaßt, um den Eltern nicht
ein stetes Aergerniß zu bereiten, wozu
fie durch ibre Entfernung doch weniger
Anlaß gäbe, auch fühle fie das Bedürf.
niß, in angestrengter Arbeit ihre trüben
Gedanken zu vergessen.
Ich übergehe nun einen Zeitraum
von vielen Jahren. Pfingsten stand
wieder vor der Thüre, das iumzehnte
Hände er gefaßt hatte, Mit einem Tone sli mt damals gehofft hatten!
Pfingstfeft welches seit jener glückseligen mehr allein verantwortlich war
' . j . , . I ff. . . 1 .
Verlobung die Erde ge'chmuctt halle.
Wie anders war aber alles gekommen,
tig mit dem Leben herumschlagen mu
fen, dis er den Hafen erreichte, wo er
jetzt endlich eingelausen war. Was er
sich als jugendlicher Heißsporn im
Fluge hatte erstürmen wollen, das hatte
er 'ich mühsam erobern müffen, und
,etzt erst konnte er daran denken. Toni
ein Heim und eine sichere Eiistenz zu
schaffen. Nach dem Tode seines Vaters
nämlich, als er in B. auf der land
wirthschaftlichen Schute war. erwartele
! er. in den Besitz eines wenn auch nur
! kleinen, so doch eines Vermögens zu ge
' langen, welches ihm sein. Studien und
! endlich den Ankaus eines '.leinen Land
! gutes ermöglichte.
j Ich will meinen Vater. " o erzählte
Rudolph selbst, nicht im Grade noch
! beschuldigen, aber er halte mich nicht in
;dnn Glauben lassen sollen, er sei ein
wohlhabender Mann, besonders 'eit er
wußte, daß ich für meine Zukunft nicht
Um
mir
für
lung behalten. Ich wurde bald denen
rechic Hand und ebenfalls gelang es
mir, die Gunst und das Vertrauen des
Grafen allmählich zu erwerben.
Und als der betagte Rentmeifter das
Zeitliche segnete, setzte der Graf mich an
dessen Stelle.
&sszi
.uuinii miuu.' v"'mui - i i
Toni. Jetzt wollte ich Tich holen, jetzt
konnte ich Dir alle? bieten, ein behag
licheS Heim und eine sichere Zukunft.
Tann aber fiel eS mir wie ein Stein
aus die Seele: Wenn Tu mich etwa
längst vergeffen hättest, oder wenn Tu
dem scheinbar Treulosen Deine Ver
zeihung versagen würdest? Oder
was das Aergfte war wenn Tu
eines Anderen Frau geworden märest!
genblicklich befinde, werden Sie sich ge
miß nicht weigern, mir Ihre Börse zu
leih.-
Sie find ein niederträchtiger
Schuft !" schrie ich außer mir vor Zorn.
Lasten Sie mich hinaus!"
Mit Vergnügen, sobald Sie meine
bescheidenen Ansuchen erfüllt haben
werden," erwiderte der Mann mit un-
zerstörbarem Gleichmuthe, indem er eine
ll.its nuwwi utM ivvni .,,..(.. i i r rx cyi t
Allmächtiger Gott! das war nicht aus- P'ftole aus der Tasche zog. Nehmen
n p. . rt nnm frtll fdii
er vinleriiel?
nur Schulden,
(?i
sagte, der nur tief zu Herzen ging:
Bringen Sie mich nicht in d,c Grube!
Auch Rudclvb war von diesen war-
nenden Worten tief ergriffen.
armte den Vater, preßte Tom noch em-
mal beftia an feine Brust und stürzte , kommen war.
sich dann in die gelbe Postkutsche, die Um Vorabende des Pfingftseftes saß
Ich war zu meinen alten Eltern ge-
! reift, um daS Feft mit ihnen zu ver
: leben: zu meiner frohen Ueberraschung
Er um-! fand ich auch Toni zu Hause, die eben-
falls euf kurze Zeil von heruverge-
cs kurz zu sagen
keinen Pfennig -
deren Teckuna ich mir eine S?ummc
leihen mußte, welche ich jetzt erst abbe
zahlen konnte.
Meine Stimmung damals war ver
zweifelt, denn ich sah unsere Zukunft
vernichtet.
Mein erster, heftiger Entschluß war.
Euch alles zu schreiben. Toni ihr Wort
ibn in die blühende Welt hinausoesah ; mit Toni wieder in unserer alten j zurückzugeben, weil ich keine Möglichkeit
I ' .v. rr- . , r . 19 ' JI..W fT
ren.
Meine Schwester ging aus einen Hü
gel im Gartm und schaute dem dahin
rollenden Wagen lange nach, bis der
selbe ihren Blicken entschwunden war.
Als ich an ihr vorüberging und mich
unbemerkt entfernen wollte, sah sie
sich nach mir um und warf sich mit
hervorbrechenden Gefühlen an meinen
HalS.
Mir ist, als ob ich ihn verloren
hätte!" klagte sie dann mit erstickter
Stimme.
Ihr müßt Euch über einen solchen
AuSbruch von Trauer nicht wundern,
der in unseren Tagen, wo man sich so
schnell erreichen kann, überspannt er
scheinen würde: damals aber, wo es
noch keine Eisenbahnen gab. bedeutete
eine Reise nach einer Stadt wie B
fast mehr, als eine heutige Uebernedc
lung nach Amerika. Es war demnach
schwerlich daran zu denken, daß die Lie
benden sich vor Ablauf mehrerer Jahre
wiedersehen würden.
Ein paar Jahre vergingen, während
deren sich in unserem weltabgeschnittc
nen Städtchen das Rad der Zeit in
gleichmäßiger Ereignißlosigkeit in sei
nem Geleise gedreht hatte. Ich schnürte
dann auch mein Bündel und zog in die
Welt, so deß ich den Freuden und Lei
den meiner Heimath entrückt wurde.
Mit memer Schwester wechselte ich zu
weilen ausführliche Briefe; gegen mich
sprach sie sich stets ganz rückhaltlos aus.
Anfangs klang in ihren Briefen nur
Sehnsucht und die trostreiche Hoffnung
auf die Zukunft; aber allmählich las
ich eine bange Sorge, eine Bedr'.icktheit
zwischen den Zeilen, die sie nicht mit
Worten aussprach, aber die ich trotzdem
herausfühlte.
Eines TaaeS schrieb sie:
Rudolph's Vater ist plötzlich geftor
den: ick hoffte, er würde kommen, aber
im ä u . r j -r m c I ! . . v . . f . i. b
ift habt ma ccicu an. xas ircuriac oer eoeu?
Ereigniß kam wohl zu unerwartet, und ;
ohne zwingenden Grund wird er die
weite Reise nicht machen können."
Was ich auS ihren folgenden Briefen I
erfuhr, war nicht derart, daß eS mich ,
fröhlich stimmen konnte. Von dem
Laube, und wir tauschten uniere Erleo
nisse aus.
Toni war noch immer eine sehr reiz
volle Erscheinung, obwohl sie jetzt ver.
blüht war: aber gerade dieser wehmü-
sah, uns eine Eriftenz zu gründen. Tie j
landwirthschaftliche Schule mußle ichj
sofort verlaffen und zu irgend einer
Stellung greifen, die sich mir bot, um
wenigstens von der Hand in den Mund
fCfi Hirtrnn Ktfi inm 9Ht1trtfl
jUl'UUCil- X3 Ultimi 1 8'" '!",
feste nur noch wenige Wochen, bis da-'
hin mußte ich mich gedulden, denn ich
konnte nicht gleich abkommen, um zvz
Dir zu eilen.
Zwischen Furcht und Hoffnung!
schwebend reiste ich endlich zu Euch ,
aber die Hoffnung war mächtiger, als
die furcht.
Und sie hat mich nicht betrogen!",
schloß er mi: leuchtendem Blick auf!
Toni.
Diese ''ab mit verklärtem Ausdrucke 1
zu ihm auf. Sie erschien mit einem !
Male verjüngt durch das gewaltige
Glück, das Gott ihr, wieder zu V'ing. I
ften gesandt hatte, dieses Mal. um es ;
ihr nimmermehr zu entreißen.
Und in der alten Laube am Waffer.
der Zeugin vieler froher und traurigen !
Stunden, saßen wir endlich in froher !
Stimmung wieder deifammen, wir
einst an jenem Pfingftfche; und das!
wieder vereinte liedende Paar redete von
der Hoffnung und der Liebe wie einst
im Mai."
tbioe 3uc um ihren Mund, diese sanfte . zu leben. Wie oft fetzte ich mich schwe
Trauer in ihren Augen verlieh ihrem : ren Herzens nieder, um Dir zu schrei
feinen Gesicht etwas eigenartig Anzie- den, Toni, und wenn ich eben begonnen
Ein nächtlickes Adenteuer.
bendes.
Weißt Tu noch," sagte fie plötzlich,
ein ebenso schöner Frühlingsadend vor
Pnngften. wie heute, war es damals
! gerade so schimmerten die Blüthenbaume
und spiegelte der mono im Wasser
vor fünfzehn Jahren!" Sie stockte,
und ein Seufzer hob ihre Brust,
Glaubst Tu denn. ' stammelte fie,
daß er daß er "
Ich wußte, was fie auSsprechen wollte,
hatte, tauchte Tein liebes Geficht vor
mir auf. ich sah Te:ne treuen Augen in I
Thränen dann riß ich in bitterem
Unmuth den Bogen entzwei und warf
die Feder fort.
Und wenn ich Tich weniger gekannt
hätte, wenn ich nicht gewußt hätte, daß
ich Tir mit einem ''olchen Briefe daS
Herz brechen würde, dann hätten mir
die warnenden Worte Deines Vaters
diese Gewißheit gegeben : Bringen Sie
Erzählung von ohn eddon.
Vor mehreren Jahren verbrachte ich
'"daii ?n n?ihnn
Aus meinem Wege in's Trurii Lane gehend verließ ich das Zimmer und stieg
Theaier wurde meine Aufmerksamkeit
Sie Vernunft an. dann soll Ihnen kein
Haar gekrümmt werden: beharren Sie
jedoch in Ihrer Weigerung, dann müßte
ich bedauern, als Erdschaft zu nehmen,
was Sie mir zur Lebenszeit versagten
Und nun lassen Sie mich Ihre
Meinung hören?"
Unbemaffnet, wie ich eS war, blieb
mir wohl kaum die Wahl einer Mei
nung. In diesem kritischen Augenblicke
kam mir ein Gedanke. Turch meine
schon in der Jugend erworbene Fertig
keit im Bauchreden, welche in Gesell
schaften nicht selten zur Erheiterung bei
getragen hatte, erhoffte ich meine Ret
tung. Schurke!" ließ ich eine Stimme un
mittelbar hinter mir ertönen.
Ter Mann wandte sich erschrocken
um. Mit der Schnelligkeit des Blitzes
versetzte ich ihm einen Faustschlag auf
den Kopf und entriß ihm die Waffe.
Nun ist die Reihe an mir," ries ich
triumphirend. Oeffne die Thür, oder
ich schieße Tich nieder!"
Die Pistole ist ja gar nicht geladen,"
lachte er gezwungen auf; die Scheu je
doch, mit welcher er der auf ihn gerich
teten Mündung auswich, bewies mir
das Gegentheil.
Ich wiederholte gebieterisch meinen
Befehl, und er gehorchte, vor Wuth mit
den Zähnen knirschend. Rückwärts
H im i -1 r ---r- r , . , w r
doch vermochte ich ihr nichts zu entgeg- mich nicht in d.e Grube.
nen. Was iouie iey ior öniirorien:
Womit sie trösten ? Hatte ich doch selbst
keinen Glauben mehr an Rudolpb.
Wir saßen noch bis Mitternacht zu-: geführt !
sammen und konnten kein Ende nnden,
unS von der Vergangenheit zu erzählen
und unsere Gedanken und Empfiudun
aen auszutauschen. Ich. der meiner
Schwester gewiß an Weltweisheit über- Sie
legen war. musz gestehen, dasz ich ,m
Punkte der Philosophie weit hinter die
sem einfachen Mädchen zurückstand.
Welch' eine gesunde Frische der Empfin-
dung hatte fie sich trotz allem und allem
bewahrt! Wie frei von jeder Centimen
So schrieb ich garnicht : denn hoff-
nungsfreudig vermochte ich drch nicht
zu schreiben. Wohin hatte das auch
Es war ,a so völlig auStichts-
durch einen hinfälligen Greis erregt, der
bebend vor Frost unter einem Haus
thore kauerte und mit flehenden Blicken
um ein Almosen bot.
Alter und Gebrechlichkeit weckten von
ieber Mitleid in meiner
scheinen mir wirklich recht übel daran zu j
sein," sagte ich theilnahmsnoll, meine
Börse ziehend.
Ach Herr, Sie können sich gar kei j
nen Begriff von meinem Elende ma
chen, " jammerte der alte Mann. Ar-;
deiten kann ich nicht mehr, würde aber
trotzdem lieber verhungern als betteln,
wäre nicht mein armes, kranke? Enkel
kind. für das ich leben und sorgen
langsam die Treppe herab, icden Au-
gendlick bereit. Feuer zu geben, falls er
mir folgen sollte. Er that eS nicht.
Am nächsten Morgen erstattete ich die
Anzeige, die Polizei aber fand nur vier
kable Wände. Sie stellte indessen feft,
Brust. Sie I daß der Mann Jack 5hukins hieß und
los geworden, daß wir einander ange-
hf,rfn fnnnten lind rr?mi & sckmiks:
gab ich Toni wenigstens ihre freie Ent- muß.
k,4,iX,, iiesv ifno Oitf irnf 4 inriisf
lUjuuuiia ut," 1..;, iU(,mnMinlnmmii
rmtifp hnnrt an mrr fftthclten. i v""""""""
Ich ließ den Shilling, welchen ich de-
ein bekannter Gauner war.
Wenige Monate später hat ibn, wie
ich in den Zeitungen las, sein Schicksal
erreicht. Turch Anwendung des gleichen
Mittels hatte er einen jungen Mann in
die Falle gelockt. Dieser trug zufällig
einen Revolver in der Tasche und schoß
Jack Ehukins nieder.
wenn sie den Willen hatte, aber es wäre
auch kein Unrecht gewesen, wenn fie
einem Andern ihre Hand gereicht hätte.
Es blieb mir nichts anderes übrig : eS
darauf ankommen zu laffen. oder ihr
mit dürren Worten zu 'chrnden. wie
hatte, wieder zurückgleiten, veruhten
die Angaden au? Wahrheit, fo eeschien
mir diese Kade m aerina. andererseits
(üt vlsosvnorcsurkndcr Zt.
Bei New Providence auf den Be-hama-Inseln,
zwei Meilen von dn
Provinzhauptftadt Naffau. giebt eS ein
künstlich angelegte? Wasserbecken, da?
mr Zucht von Sceschildkrötm und
Fischen hergestellt morden war. ES ist
aber wollte ich nicht der Gefoppte eines gegen 1000 Fuß lang und 200 bis 300
Schwindlers werden.
Fuß breit. Am Tage sieht das Becken
Kr.7s ä7. : üSfi iiÄiSuSi, i ä".
keit gesprochenes eständniß: Ich habe Wie es in mir aus,ay, oaovn roiu iea
meinen Glauben an Rudolph nicht ver- gar nicht reden. Mein Schmerz drohte
loren. und wenn Ihr alle ihn ver
dämmt!" Nun, und ahnt Ihr. wie es hm!
Die treue Seele sollte wirklich Recht be
mich zuweilen zu ersticken.
Tennoch mußte ich Gott danken, daß
ich durch Vermittelung eines Bekannten
an der polnischen Grenze in einer öden,
Der Bettler mochte meine Gedanken! wie jeder andere Teich auS. in der Nacht
:atben haben, denn er sagte: Sie aber, und das ist die Zeit, wo ihm
scheinen meinen Worten keinen Glauben zahlreiche Besucher zuströmen, erzeugt
r... - rri. .-it r . . . rrn er - .
halten nach fünfzehn Jahren unwan- trübseligen Gegend eine Stellung als
deldaren VetrauenS, unentwegter Hoff
nung auf den einzig Geliebten sollte fie
belohnt werden mit dem Glücke deS Wie-
der Wiedervereinigung rik's" j deckte. Dort blieb i
"eben. ohne auch nur einen
Wir kamen aus dem PfingftgotteS
dienfte und wandelten unter lauter Blü
then, im Sonnmglonz und Frühlings
duft unserm Hause zu. Toni ging uns
etwas voraus, da fie nach dem Sonn-
Aufiebcr auf einem Gute bekommen
hatte, wo mir ein Gehalt zu theil
wurde, das eben meine Bedürfnisse
h lange Jahre.
Schritt höher zu
steigen : ich hatte , nicht fertig fludirt.
befaß keine Zeugnisse, folglich war ich
untauglich zu einem höheren Posten.
Ich hätte rasend werden können,
wenn ich mir dachte, daß diese unter-
iu schenleu, doch können Sie sich über
zeugen, wenn der Umweg einer Viertel
stunde Ihnen Nichts verschlügt."
Ein Blick aus meinen Ehronometer
belehrte mich, daß mir bis zum Beginn
der Vorstellung fast eine volle Stunde
zur Verfügung blieb.
Gut," erwiderte ich, fuhren Sie
;::
die aering te Bewegung des Wassers ein
starkes Leuchten desselben. Wird die
! Flüche vom Winde erregt, so erscheint
der ganze eich wie ein euermeer. AN
die Besucher vermicthet man deshalb
Boote, und sobald die Ruder in's
Waffer tauchen, scheinen fie von ge
schmolzenem Gold umfloffen zu sein.
Bei dem Inhaber der Anlage hält Nch
Mit Anstrengung erhob sich der Greis j ein junges Mädchen auf, die zur Be-
' " . i r 1 1 l..ri! . s.,.. ..i
von feinem harten Sitze und schritt lang
lam voran. Wir mochten statt einer
Viertel- schon eine Halde Stunde gcgan
gen sein, als mein Begleiter mir mit
litirrnder 5and ein rnus wies, das
zwar armselig genug aussah, sich jedoch ; scheint
luftigung der Zuschauer gegen geringe
Entschädigung in's Waner springt,
darin umherschwimmt und untertaucht
und dann von Flammen umzüngelt
oder in brennendem d zu kämpfen