Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, May 06, 1897, Image 12

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    Der Sängerkrieg im Turnverein-
Als ich gestern früh bei'm Material,
aarenhitndler meine Cigarren ein
kaufte, bediente mich der Chef, ein
. Junggeselle im Anfang der Dreißiger,
selbst. Eie'sehen ja so finster BUS?"
fragte er.
, Ich habe auch in der That Aerger
gehabt," antwortete ich.
Er wiegte den Kopf hin und her.
.Oh, oh. Wissen Sie wai, kommen
Sie mit mir heute Abend in den Turn
verein; Strobel, der kleine CommiS von
meinem Conkurrenten an der Ecke, wird
Couplets vortragen. Sie werden allen
Aerger vergessen und lachen, sage ich
Ihnen, lachen, daß Sie,..."
Ich kenne ja keinen Menschen im
Turnverein." wandte ich ein.
ES werden nur zehn Personen da
sein, darunter der SchulamtScandidat
Engelmann, den kennen Sie doch. Die
Altersriege vertrintt nämlich die Straf,
gelber."
.Aber da kann ich doch nicht . . . . "
Oh, Sie brauchen ja nicht zu naf
sauern, geben Sie zwei Mark in die
Kaffe." Ich war noch schwankend, aber
Abend? holte mich Jäger ab, da mußte
ich schon mitgehen, und ich bereute eS
auch nicht, mitgegangen zu sein, denn
eS war einfach zum Wälzen, und heute
noch, wo fünf Stunden Schlaf zwischen
dem Festabend und dem Morgen liegen,
thut mir da? Zwerchfell vom vielen
Lachen weh.
Jäger stellte mich den Anwesenden
vor, den Kandidaten Engelmann kannte
ich bereits, und den kleinen Strobel
hatte ich schon manchmal über die
Straße trippeln sehen. Er weihte mich
sofort in die Verschwörung ein. Es
aalt. Strobel mächtig ni verkohlen, und
zu diesem Zwecke sollte Fröhlich, ein
junger Kanzlift, sich mit Strobel in
einen Sangwettkampf einlassen. Früh
, litt) sei ein ziemlich guter Coupletsänger,
während Strobel aber Sie werden
ja selbst sehen," schloß Engelmann.
Fröhlich machte ein übertrieben wür
digeS Gesicht, daS durch den Schalk, der
in den Augenwinkeln saß, sehr drollig
wirkte. Strobel merkte man die Auf.
geregtheit und daS Beben vor dem
Kampfe an.
Als alle Bier hatten, erhob sich En
gelmann, um eine Rede zu schwingen.
Meine Herren sagte er, wir find zu
fröhlichem Thun hier zusammen gekom
men, zu tapferem Gelage. Jedoch der
Mensch lebt nicht von Bier allein, eS
müssen auch die Musen des Gesanges
dabei sein. Die Musen stellen heute
Abend unsere Freunde Strobel und
Fröhlich vor. Sie wollen vor unseren
Äugen und Ohren einen alten Streit
auskämpfen. Beide sind ehrgeizig und
denken wie der selige Cäsar: .Ich will
lieber in Krähwinkel Erster. 15 in Rom
Zweiter sein." Beide wollen in unserer
AlterSriege, in unserem Turnverein, in
unserer Stadt Erster sein erster Cou
pletsänger. Ader zwei Erste können
wir nicht brauchen. Entweder Strobel
der Fröhlich. Heute soll eS entschieden
werden, ob die Stadt, vom Bürger
meist bis zum Armenhäusler herab.
Strobel oder Fröhlich anbeten soll.
Meine Herren Sänger! Sie stehen vor
einem, kritischen Publikum, geben Sie
sich Mühe, daß Sie sich nicht mit Spott
und Hohn oedeaen, anstatt mir vem
Kranz, den Sie in meiner Hand er
blicken. Er zeigte einen ranz vor,
ein Stiesendina. aus Draht und Tan
nenzweigen hergestellt und mit bunten
Papierftreifen geschmückt. Aber Sie
müssen nun nicht denken, daß wir hier
fitzen, um Sie etwa auszulachen; nein,
wir werden ernstes Streben stets aner
kennen, auch wenn Sie noch nicht auf
der Höhe des Könnens angelangt fein
sollten. Und den zukünftigen Sieger
möchte ich noch bitten, gegen den Unter
liegenden nicht stolz und überhebend zu
sein, sondern sich milde und liebreich zu
ihm berabzuneiaen. sollte auch der Sie
ger der körperlich kleinen fein. Der
Kampf der Wagen und Gesänge kann
beginnen.
Die beiden Sänger machten ihre 33,
beugung und schritten auf eine Art
Podium zu, das sich im Hintergrund
erhob. Dasselbe war ebenso, wie daS
aan Zimmer, mit Fähnchen, Papier
streifen In Blau. oth. Grün und mit
Tannenreisig geschmückt. ' Zunft betrat
eS Fröhlich und trug das Couplet
Walzervariationen" vor. Am Klavier
begleitete ein - junger, adlernafiger
Mensch. DaS Couplet schilderte, wie
Lieutenant, Kaufmann. Bauernbursche
u. s. w. tanzen und während dS Tanzes
ihn Liebeserklärungen anbringen.
Fröhlich trug mit dem leichten Humor
und der zagen Juruayanung vor, vurco
welche die CouplctS allein genießbar
werden. Als er geendigt halte, sagte
man: .Dagegen kann Strom nicht an
kommen."
.So?" meinte der verletzt. Fiöh
lich. Tu fingst ja ganz gut. aber die
Mimik sehlt Dir. die Mimik." Er
sprang auf daS Podium und tollte wie
ein wahnfinnig gewordener Brumm
kreisel herum er brummte auch, er
hatte eine ganz scheußliche Stimme.
Wir lachten, daß uns die Thränen in
die Augen traten, daß wir unZ am
Tisch festhalten mußten, um nicht zu
fallen. Und je mehr wir lachten, desto
mehr er sprang er sah unser Lachen
nicht sür ein Auslachen an. svndnn für
einen Erfolg, den seine hohe BortragS
kunft erzielt hatte. Dafür strömte frei
lich auch der Schmeiß in. Bachen über
sein Gesicht. All n vorn Podium bat,
machte Fröhlich, der (Kl dahin mit am
Schlimmsten gelacht hatte, ein Bium
migeS Geficht, die Anderen nickten
Strobel zu, und Engelmann sagte:
Ja, die Mimik, die fehlt Ihnen wirk,
lich noch. Fröhlich."
.WaS?" schrie der scheinbor wüthend,
ich hätte keine Mimik? Mehr ali
Slrnbel." Dabei blinulte er UNS luftig
zu und bestieg da! Podium.
,1-al Couplet von eroq,n7aiie:
Die Marie ist eine Köchin,
?ibrt Serrkcbaft bet sie aern:
Doch einen Fehler hat sie,
Sie schwärmt sehr für die asern .
Er warf Arme und Beine, schnitt
Gesichter und ich habe zwar noch keinen
heulenden Derwisch gesehen, aber ärger
kann'S er auch nicht treiben. AlleS
brüllte vor Lachen, nur Strobel war
ernsthaft und dabei leichenblaß. Er
schien die Palme seines Ruhmes wanken
zu sehen. Er trug sofort dasselbe Cou
plet vor und schlug Fröhlich was wir
nicht für möglich gehalten hatten ganz
und gar. Wie ein Wilder sprang er
hin und her, sich fast in der Luft über,
schlagend. Ich sank faktisch vom Stuhle
und hielt mir den Bauch vor Lachen.
So ging eS weiter. Hüpfte der Eine,
sprang der Andere, sprang der Eine,
tobte der Andere. Fröhlich nickte und
lachte uns öfters zu, Strobel aber be
theiligte sich mit heiligem Ernst am
Kampfe. Dabei wurde von allen furcht
bar viel Bier getrunken. Endlich sollte
die Entscheidung gefällt werden. Fröh
lich und Strobel mußten das Zimmer
verlassen. Strobel zitterte vor Angft,
nicht gekrönt zu werden. Fröhlich schnitt
im Abgehen eine Fratze.
Nun?" fragte mich Jäger.
Ich werde blödsinnig, wenn ich noch
weiter so lachen soll."
i.D. daS m noch gar nichts, warten
Sie nur, wenn er seine Gedichte vor
trägt."
WaS, der Mensch dichtet auch noch?"
rief ich.
Man kam dahin überein, Fröhlich zu
krönen, der wisse schon, was er in die
sem Falle zu thun habe. Der Klavier
spiel- rasselte den Einzug der Gäste
auf der Wartburg" herunter, die Thür
wurde geöffnet, und die beiden Sänger
traten ein. Fröhlich lächelnd, Strobel
in furchtbarster Aufregung. Enget
mann hielt eine hirnverbrannte Rede,
an deren Schluß er Fröhlich, als dem
Sieger,' den Kranz überreichte. Strobel
knickte zusammen. Aber Fröhlich wandte
sich ihm mit den Worten zu: Nimm
hin, Freund Strobel, Du haft ihn vev
dient, ich bin gegen Dich ein Waisen
knabe."
Er drückte ihm den Kranz auf, daß
er dem kleinen Kerl bis auf die Hüften
ging und ihm das Tannenreifig das
Gesicht zerkratzte. Aber das genirte
Strobel nicht. Aus dem Ungethüm von
Kranz heraus quakteer: Meine Herren,
ich nehme die Ehre mit Dank an, denn
ich weiß, ich habe sie verdient."
Ja. Du haft sie verdient," bestätigte
Fröhlich und fuhr ihm noch einmal mit
dem stachligen Ding über die Nase, ehe
Strobel eS auf das Klavier legen
konnte.
Nun wurde Strobel bestürmt, etwas
ganz Neue? vorzutragen, was Fröhlich
nicht könne. Stolz lächend gewährte er
und erkor sich die Kneipp'fche Kur. Bei
einer bestimmten Strophe sollte Fröh
lich ihm eine Gießkanne überreichen,
DaS that Fröhlich, praktizirte aber einen
Schwärmer in dieselbe, den er soeben
mit einem Zündholz in Brand gesetzt
hatte. Die Gießkanne enthielt natürlich
kein Wasser. AIS nun Strobel die
Gießkanne hin und herschwenkte, ging
es auf einmal in ihr rassisch, bum.
bum, bum, bum." . Strobel wechselte
die Farbe, wich bis an die Wand zurück
und setzte sie vor Schrecken auf den re
verleften Tyeil seiner eversieite. - Die
Gießkanne hielt er krampfhaft fest und
starrte fie entsetzt an. Zehn Minuten
vergingen, ehe sich AlleS erholt hatte,
Strobel von seinem Schrecken, wir von
unserem Lachkrampf. Dann fuhr er in
seinem Bornage fort.
Nun mußte ich ihm doch auch die
Anderen hatten eS schon längst gethan
ein Lob spenden. Dabei erwähnte
ich. ich hätte gehört, er sei Dichter. So
fort zog er lächelnd ein Packet Zettel aus
der Tasche. Er las vor, ohne sicherst
bitten zu lassen.
Seine Gedichte übten dieselbe Wir,
kung, wie vorher seine EoupletZ. Einige
waren tiefernst, die wurden am meisten
belacht. Aber er nahm daS nicht etwa
übel, er schien das ganz in der Ordnung
zu finden, z. B. bei dem Gedichte, das
er zum SS. Geburtstage seiner Mutter
erfaßt hatte und daS so begann :
.Strömt herbei, ihr Völkerschaaren.
Du bist eine alte Frau von sechZzig
Jahren."
Oder wie er eine junge Dame ver
ehrte und ihr als Zeichen seiner Ber
ehrung ein Fläschchen Sau de Colozne
überreichte
.Da nahm sie daS Fläschchen in die
Hand
Und warf eS krachend an die Wand."
DaS ist ja herrlich." sagte ich. Herr
Strobel. Sie sollten Ihn Gedichte ver
öffentlichen. Sie würden ein Bomben
geschüft damit machen."
.Daran habe ich auch schon gedacht,"
meinte er. .ich will nächsten'S 'mal mit
dem Buchdrucker sprechen. Aber, wissen
Sie, ei ist mir nicht um bat Geld zu
thun, den Üeberschuß überweise ich dem
Turnverein."
.Brav," jubelte eS durch'S Zimmer,
.Strobel hoch, dreimal hoch."
Strobel strahlte und dankte nach al,
len Seiten.
.Ein bedauernswerther Kerl," sagte
ich zu Jäger, IS wir nach Hause gn
aen.
Ein glücklicher Mensch sagte dieser,
Er nimmt jedes Wort für baare Münze
und fühlt e nicht, daß er verult wird.
Nur derartig beschränkte Menschen sind
wahrhaft glücklich. Und was denken
Sie, wann er dichtet? Nur Nachts, am
Tage muß er ja Häringe bändigen und
Kaffee eindüten. Nun liegt aber fein
Zimmer in einem Seitengebäude, und
sein Eies edt gerade in ein ffen ner,
Brennt nun Strobel nach zehn Uhr noch
Licht, ift fein Chef am anderen Morgen
saugrob. Was macht nun fetrooei,
daß er Licht brennen kann und trotzdem
sein Fenster dunkel ift? WaS meinen
Sie ?"
..Da kann ich gar nichiS meinen."
Er setzt ein Talglicht auf den Fuß,
boden und stellt zwischen daS Licht und
daS Fenster den Spiegel, so daß dieser
den Lichtschein in daS Zimmer zurück,
wirft. Auf diese Weise bleibt das Zim,
mer dunkel. Nun breitete er die Bett,
decke auf den Fußboden, legt sich au1
den Bauch und schreibt im Liegen.
Aber daS ift ja nicht beschränkt,'
sagte ich, daS ift ia kolossal schlau."
Damals," plauderte Jäger weiter,
als die junge Dame seine Eau de
CologneLiebe so schnöde zurückwies, war
er tief unglücklich und verschwor daS
Dichten, denn er hatte ne auch angedich,
tet, und darüber hatte fie gelacht. Aber
seine Verzweiflung dauerte nur acht
Tage. Nach acht Tagen lag er wieder
aus dem Bauch und dichtete."
Im Chausseegraben.
Humoreske on Marie Stahl.
An der Gartenthür der Lambach,
fchen Villa wurde stark geschellt. Die
alte Dame, die in ihrem Mittagsschläf,
chen gestört war, trat selbst an das Fen
fter und sah mit Erstaunen einen Dienst,
mann, der ein Fahrrad, ein sunkel,
nagelneueS Fahrrad brachte und eS
Beerboom, ihrem Haus und Garien
faktotum, einhändigte.
DaS muß ein Irrthum sein, das
Rad gehört wohl nach drüben?" rief
Ke zum Fenster hinaus.
' Ick soll det Rad bei Herrn Direktor
Lambach abgeben", erwiderte der Dienst,
mann und trat den Rückweg an.
Frau Lambach versank in nachdenkli
cheS Sinnen.
Ihr Sohn, den fie nur als eine fies
tigen Gegner des Radsports kannte, der
ftch stets in der Behauptung gefallen
hatte, daß die Fahrräder den letzten
Rest von Gemüthlichkeit und Poesie aus
der Welt fortwirbelten, den Dampf und
Elektrizität noch gelassen, ihr Sohn
Eduard, der einer lebe zur Bequem,
lichkeit wegen schon mit fünfunddreißig
Jahren etwa, zur Korpulenz neigte,
wollte selbst unter die Radler gehen?
Sie suchte noch nach einer Lösung
diess Problems, da that sich die Hofthür
der gegenüberliegenden Villa auf, eine
lunae Dame aus einem ade nog ver
aus und war bald auf der Straße, die
rnZ Freie führte, verschwunden.
Ah! dachte Frau Lambach, aha!
Jetzt hatte sie eine ganze Reihe Räthsel
aus ein Mal gerathen.
ES ging ihr urplötzlich ein Licht auf.
warum ihr Sohn den Eckfenfterplatz des
kleinen Salons, den er sonst nie detre
ten, seit einiger Zeit so sehr geliebt,
Sie hatte sich im Stillen über seine
sentimentale Anwandlung. Sonnen,
Untergänge zu bewundem, fast beuw
ruhigt, aber jetzt fiel ihr ein, daß man
von jenem Eckplatz aus auch den Garten
der gegenüberliegenden Billa übersehen
konnte, die von dem penfionirten Oberst
HarraS und seiner schönen Tochter
Editha bezogen worden war.
Und wie verblendet war fie gewesen,
als fie sich einbildete, ihr Sohn wäre
nur ihr zu Liede dem Berem Hiiari
taS" beigetreten! Hatte fie ihm doch
dieses Opfer so hoch angerechnet und
geglaubt, daß thätsächlich Rückfichtnahme
auf ihre Wünsche ihn veranlaßte, seinen
Abscheu gegen allen Geschäftsgang zu
überwinden. .
Natürlich war er nur Editha HarraS
wegen hingegangen, und nun fiel ihr
ein, daß er von dem letzten Gefellfchafls
abend auffallend verstimmt und schlich
ter Laune heimgekehrt war. Ja, man
hatte allgemein bemerkt, daß der junge
Amerikaner. Harry Webs, Editha sehr
den Hof mache, und Mr. WebS liebte
jede Art von Sport eben so sehr wie
Editha. .
Er war gerade so schneidig und ab
gehärtet, wie ihr Sohn Eduard bequem
und verweichlicht, und ein Meister der
Radfahrerkunft.
Buch der alte Oberst HarraS gehörte
zur Zunft der Radler, und s, hatten die
Drei für die gute Jahreszeit weite Tou
ren zusammen verabredet.
Sollte nicht damit das überraschende
ganz unerwartete Eintreffen des eben
abgelieferten Fahrrades in der Villa
Lambach zusammenyangen t
Frau Lambach beschloß jedoch, sich
blind zu gellen und zu schweigen, wie
da? Grab.
Wünschte sie sich doch brennend eine
so hübsche, vornehme Schwiegertochter
wie Editha!
Ter Direktor der städtischen GaSan
ftalt und Wassermerke, Eduard Lam
dach, traf heute schon zu ungewohnt
früher NachmittagSftunde von seinem
GeschaftSbureau in der heimischen Villa
Bester Edi". begrüßte ihn seine
Mutter, man hat heute auS Versehen
ein Fahrrad bei uns abgegeben, denke
nur, wie lächerlich! Ein Fahrrad für
Dich! Haft Du keine Ahnung, wo eS
hingehört?"
.Lächerlich?" fragte der beste Edi
schwer gereizt, wenn Du erlaubst, da!
Rad ift für mich."
.Du haft Dir ein Rad gekauft?"
Geschenkt hat eS mir Niemand und
gestohlen habe ich eS auch nicht."
.Das Rad ift für Dich? Du willst
Radkabren?"
.Glaubst Du vielleicht, ich .habe esl
für Dich gekauft oder für Beerboom? "
Aber, um GotteSwillen, Edi, Du
kannft doch nicht bedenke doch"
.Bedenke, bedenke!" höhnte Eduard,
bedenken ist gut für alte Damen!
Aber so seid Ihr! Du und der Doktor.
Immer am Schürzenzipfel und Rock
schooß soll man Euch hängen, immer
hinter dem Ofen sitzen, in Watte ver
packt! Aber ich hab'S satt l"
Frau Lambach konnte nur mit Mühe
ein Lächeln unterdrücken.
Wo willst Du eS denn lernen?"
'fragte sie mit besorgter Miene.
Lernen? Weiber lernen Radfah
ren, Männer können!"
Jetzt bekam die Mutter wirklich einen
Schreck.
Ach Gott, sei nur vorsichtig "
Der Direktor klingelte ohne Antwort
Beerboom herbei.
Beerboom, bringen Sie mal das
Rad vor die Thür."
Frau Lambach folgte besorgt dem
Sohn.
Herr Direktor, soll ich Sie sesthal
ten?" fragte Beerboom.
Festhalten? Unsinn! Wozu denn
festhalten? Man setzt sich drauf und
fährt, eS giebt nichts Leichteres auf der
Welt. Das kann jedes Kind."
Der Direktor der GaS und Wasser
merke nahm einen kleinen Anlauf, wäh
rend Frau Lambach und Beerboom in
fichtlicher Spannung, auf den Treppen
stufen der Villa verharrten.
Jetzt schwang er sich mit einem ener
zischen Satz in den Sattel, kippte je
doch im nächsten Augenblick nach rechts
über und lag mitsammt dem Rad auf
dem Rasenrondell.
Er War -sofort Wieder auf den Bei
nen, nahm einen neuen Anlauf, sprang
auf, kippte nach links und lag unter
dem Rad in einer Teppichbeet.Rabatte.
'Zum Donnerwetter, halte doch mal
das Rad, Beerboom, dlS ich im 'Am
bin. Im Zug muß man sein, des ist
Hauptsache. ,
Beerboom hielt daS Rad.
Der Direktor kam in Zug und rage.
wie aus der Pistole geschossen, quer über
daS Rasenrondell, gegen den Draht
zaun deS Vorgartens, wo er abermals
aus dem Sattel, die? Mal aber durch
Abspringen auf seine zwei Füße zu
stehen kam.
Freie Bahn muß man haben, freie
Bahn, das ift die Hauptsache, mach das
Thor auf, Beerboom!" schrie der Direk
tor im Feuereifer.
DaS Ach und Weh der seänastiaten
Mutter verhallte ungehirt, kaum saß
Eduard Lambach mit BeerboomS Hülfe
wieder im Sattel, so war er auch schon
zum Thor hinaus, die Zurückbleibenden
iahen ivn noch eine Weile in Echlan
genlinien die Chaussee hinuntersausen,
dann war er verschwunden.
Unterdessen kehrte Editha HarraS von
ihrem Ausflug in gemüthlichem Tempo
auf der Chaussee zurück.
Sie freute nch des schönen Abends
und der ungewöhnlich milden Luft,
während sie im Stillen über die Räthsel
deS Lebens nachdachte.
Ja. es war für fie selbst ein unlöS
bare? Räthsel, warum sie den Direktor
Lambach so gern hatte, der eigentlich
daS Gegentheil ihres Ideals war, und
warum fie sich nicht da Geringste aus
yarry WedS machte, der doch ganz aus
gezeichnet für fie paßte.
Und Harr liebte sie, während Eduard
Lambach stets an ihr zu tadeln fand.
Am uuartigften war er auf dem letz,
ten GefellfchaftSabend der HilaritaS ge,
Wesen, er hatte ihr gesagt, daS Radfah,
ren fei nicht nur unschön, sondern un
weidlich.
Im höchsten Zorn ihres gekränkten
Herzens erwiderte fie ihm, Bequemlich
kett und Verweichlichung sei noch viel
unmännlicher. .
Woraus er mit einem ganz rothen
Kopf gesagt hatte, wenn er sich noch so
ehr kür eine Dame innrem, sobald er
fie ein Mal auf dem Rad gesehen, ver
löre fie für ihn jeden Reiz.
Da brachte fie eS fertig, mit eifiaer
Kälte zu erwidern, fie könne sich über
Haupt nie für einen Mann interessiren,
der nicht sür allen Sport abgehärtet
und ein Radfahrer sei.
Und dann ane sie ibm den Rücken
gewandt und sich von Harry WebS den
Hof machen lassen.
Sie waren nun wohl sür immer ser
tig miteinander. Für immer!
Er war lächerlich, dieser heimlich boh
rende Schmerz, der seitdem nicht von
ihr wich.
In diesem Sinnen verloren, erblickte
sie plötzlich von fern einen dunkeln
Punkt in Zick'Zacklinien die Chaussee
daherkommen.
Sie erkannte bald einen Radfahrer.
der zuweilen geradeaus schoß, zuweilen
in den seltsamsten Krümmungen und
allerhand Bogen von einem Grabenrand
des Weges zum andern hinüberflog.
Mein Gott, der kann ia nicht sahnn!
dachte sie, da saufte der Radler auch
schon in einem Tempi und einer schnür
geraden Linie heran, al! gölte es ein
Distanzmettsahren. kurz vor ihr machte
er mit der Hand eine grüßende Be
wegung nach dem Hut, worauf das Rad
quer über den Weg gerade auf einen
Steinhaufen lief, und mit Entsetzen sah
Editha den Direktor Lambach, in ele
gantem Bogen, kopfüber in den Chaus
seegraben fliegen, während die Trllm
mer deS RadeS nach der entgegengesetzten
Seite auf der Chaussee zerstreut lagen.
Im nächsten Augenblicke saß fie auch
im Chaufsee.Graben und hatte den
Kopf deS 'Verunglückien in ihrem
Schooß.
In Todesangst preßte fie ihr Battist.
tuch auf die blutende Stirnmunde, und
als fie ihn so bleich und leblos sah, lie
fen große Thränen über ihre Wangen.
Mein Ge, mein Gott, er stirbt
und ich bin schuld," schluchzte fie in Ver
zweiflung, da schlug er die Augen aus,
sah fie lange an und flüsterte: .
Editha!"
Sie faßte ihn fester in ihre Arme, in
dem fie das tropfende Blut, das ftch mit
ihren Thränen vermischte, sanft von sei
nem Gesicht tupste.
' Editha, meine liebe Editha," kam
eZ leise von seinen erblaßten Lippen.
Nicht sterben! nicht sterben!" flehte
fie schluchzend, und überwältigt von
Angft und Liebe drückte fie ihre Lippen
auf die Wunde.
Er richtete sich plötzlich auf und schien
wie aus einem Traum zu erwachen.
Im nächsten Augenblick hatte er fie
mit seinen Armen umfaßt und hielt fie
fest an seinem Herzen.
Die Liedenden vergaßen den Unfall.
fie vergaßen, daß sie an einem staubigen
Chauneegraden saßen, als sie ftch gegen
seitig daS Geständnis; der Liebe auS den
Augen lasen und ihre Lippen sich in
dem ersten, seligen Kuß zusammensan
den.
Mann und Weib hatten sich gefun
den in dem urewigen, schicksalbesiegen,
den Naturtrieb der Liebe, vor dem alle
Aeußerlichkeiten, aller Wechsel von Sit,
ten und Sittengesetzen Spreu find vor
dem Winde, Wolken, die vor einem ein,
zigen Siegesblick dieser Ledenssonne zer,
flattern.
Die Verletzungen, die der Direktor
erlitten, erwiesen sich als ungefährlich
und zum Glück kam eine leere Droschke
deS WegeS daher, welche das Paar und
die beiden Räder ausnahm. So ging S
heimwärts.
Frau Lambach und Beerboom mach,
ten große'Augen über die Art, wie der
kühne Radsahrer seinen Rückzug hielt,
MalitiSs.
Schauspieler (der gern engagirt wer,
den möchte): Wissen Sie, Herr Direk,
tor, wenn ich auf die Bühne trete, bin ich
begeistert wie kein Zweiter, ich sehe nichts
mehr selbst das Publikum erschwin
det!"
Direktor: DaS glaube ich gern!"
verblümt.
A.: Na, WaS sagte Deine Frau, als
Du dielen Morgen um vier Uhr heim
kamst?"
B. (seufzend): .O, die sagt nicht sehr
viel!"
Ein Glücklicher.
Zuchthausdirektor (zum Sträfling,
der nach zehnjähriger Haft entlassen
wird): Sie weinen?"
Sträfling : greuseniyranen, nu
brauch' ich doch nit mehr der Frau
Direktor ihr lavier! viel, anzuhören,
Ausgezeichnete Begründung.
In dem StadtabgeordnetenKolle
gium einer kleinen Landstadt wird,
nachdem ein neues, schönes Rathhaus
erbaut worden, der Gedanke angeregt.
daß alle Häuser des neu anzulegenden
RathhauSplatzeS tn gleichem Stile er
baut werden sollen.
.Ich bitte Sie, meine Herren," platzt
der Stadtverordnete Zapfel heraus, der
gern einen guten Tropfen trinkt, .wenn
alle Häuser gleich aussehen, wie sin
det man denn da nach Haufe?"
Lin gutes Mittel.
Drozuift: .Nun, find die Ratten an
das Gift herangegangen?"
Frau: .Sofort!"
Droguift: .Da find Sie jetzt wohl
von dem aaerzeug vetnitk"
Frau: .Bewahre; das Gift muß
ihnen wohl gut bekommen, denn fle sin
den sich jetzt jeden Morgen zur Fütte
rung ein!"
Bffenberzig.
.Ihr Sohn soll auf seinen Geistes
zustand geprüft werden. Was meinen
Sie dazu? Hallen Sie Ihren Sohn
für irrfinnig?",
.Herr Rath da is er viel ze dumm
dazu."
8oSbjft.
Denken Sie nur, Herr Doktor, wie
ängstlich mein Mann ist; er hat solche
Angft vor Feuersgefahr, daß er mich
nicht einmal an den Kochherd läßt!"
.Ach. solch ein Feinschmecker ift Ihr
Herr Gemahl?"
Unnütze Zrage.
Jüngg saßen fröhlich bei dem Biere
Vereint der Stünde mancherlei.
Und einer war, der trank für viere.
Drum fragte man, was er denn fei.
Da sprach er nur: .Welch' dummes
Fragen.
Mich wundert, daß man'S nicht erkennt;
Wer soviel Schoppen kann vertragen.
Der ift ein ... . luftiger Student!
Heroskop sür iMüe.
Die Mädchen, geboren Im Januar,
sie haben ein Seel'chen, mie'Z Bächlein
so klar, ihr Herz auf dem plappernden
Zünglein schwebt, und AlleS an ihnen
ftetS lebet und webt.
Die Mädchen, geboren im Februar
ic iiuycii , nuyiivm uri uiy unu
Gefahr, sie tragen die Lasten de Lebens
so leicht, auch Manche der Jungfrau
von Orleans gleicht.
Die Mädchen, geboren im Monat
März, sie treiben mit männlichen Her
ren nur Scherz, doch wer sie verstehet
und richtig sie nimmt, fürwahr dann
ein köstliches Kleinod gewinnt. -
Die Mädchen, geboren Im Monat
April, sind launisch und herrisch und
schweigen nie stilld'rum, wer solch' ein
Mädchen zur Gattin sich nimmt, wohl
unter dem harten Pantoffel sich
krümmt.
Die Mädchen, geboren im Monat
Mai. find heiteren Muthes, von Sor
gen ganz frei, sie lieben nicht stürmisch,
doch innig und wahr, und kränzen mit
Blumen den Eh'standSaltar I
Die Mädchen, geboren im Monat
Juni, verschmähen das Kosen, nicht
Abends, nicht früh, verlieben sich täg.
lich wohl zwei bis dreimal, und fühlen
doch feiten der Liebenden Qual.
M. i..k.i. ... . . ni,k..L . : . w in.iii , .. &
Die Mädchen, geboren im Juli
Monat, sie werden der Liebe und Arbeit
leicht satt. Und seufzen zum Monde,
verstehen sich nicht, umdüstern mit
Schmermuth ihr holdes Gesicht.
Die Mädchen, geboren im Monat
August, sind ftetS ihrer Reize zu sehr
sich bewußt, vertändeln am Spiegel die
goldene Zeit und blicken auf schönere
Schwestern voll Neid.
Die Mädchen, die Monat September
befcheert, bekümmern sich fleißig um
Haus und um Herd; fie wissen in
Küche und Keller Bescheid, d'rum glück
lich der Mann, der solch' Mädchen sich
freit.
Die Mädchen, geboren im October
Mond, find nur ein geräuschvolles Leben
gewohnt ; fie lieben Theater. Conzerte
und Ball; man sieht fie. wo fich'z gut
lebt, überall.
Die Mädchen, die Monat November
uns giebt, find würdig der Liebe und
werden geliebt; d'rum frei ift ihr Köpf
chen und heiter ihr Herz, ihr Seelchen
stets lustig, geeignet zum Scherz.
,
Die Mädchen, die Monat Dezember
uns , bringt, sind immer von düsterer
Schwermuth umringt; fie sehen Ge
spenfter, bei Tag und bei Nackt, und
weinen da. wo man sonst jubelt und
lacht. .
Ach so!
.Du. dieser Meier bat da Neck h,l
Damen!"
Ich dächte nicht! Er treibt kick nock
schon jahrelang in Damenkreisen herum
und ift immer noch ledig!" '
wink.
Köchin (vor dem Manöver): Wirft
Du auch häufig an mich denken.
chatz?"
Soldat: ..jedesmal, wenn ick
ein
Packet von Dir kriege!"
Nette Familie.
Wovon lebt der alte Schulze?"
.Der borgt überall."
.Und was thut feine Frau?"
.Die läßt Alles anschreiben."
.Und der ältere Sobn. der Lim.
tenant?"
.Der macht Schulden."
.Und der zweite, der Student?"
Der pumpt."
Zmmer derselbe.
Student: .Fräulein Anna, kckenken
Sie mir einen Kuß."
Kellnerin: .Nein, nein, daraus wird
nichts."
Student: .Na. dann pumpen Sie
mn einen. Sie bekommen ihn am
nächsten Ersten wieder."
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,WaS macht denn eigentlich der B.
ren in der Sommerfrische?"
.Na. er ervolt ftch von leinen fünf.
undachtziz Gläubigern!"
Z'us-dcm kramen.
Professor: .Herr Kandidat, ich hebe
oeben über Zeit gesprochen und bnen
eine entsprechende Definition gegeben.
Was ift nun Raum?"
Kandidat (schlecht vorbereitet, heraus
platzend): Raum ift in der kleinsten
Hütte für ein glücklich liebend Paar."
lnnte gerochen.
Frau (gegen Abend ,u ihrem Manne
der im Begriff ift. auszugehen): .Papa,
weicht Stiefeln soll ich Dir denn zum
Ausgehen bereit pellen ; doch Deine .
neuen?"
Mann: .Nicht doch, die knarren mir
,u sehr.
Frau: .narren? Wie kanae ball
Du denn da vor. auszubleiben 1