Image provided by: University of Nebraska-Lincoln Libraries, Lincoln, NE
About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (Jan. 14, 1897)
o Perfpielt gewonnen. Novell! von Anna Schwarz, Bei Oberst Roden war der Hausball zu Ende! In dem mit vornehmem 2upS ausgestatteten Entree hatten die Diener den Gasten die verschiedenen Mäntel, Paletots und Pelze gereicht, und dann war ein Wagen nach dem anderen donnernd durch den Thorweg gerollt, hinaus in die bereit; menschen leeren, stillen Gassen, in denen die Schneeflocken wirbelnd einen Reigentanz aufführten. Einer der Letzten, die das gastliche HauS verließen, war ein jun ger AriillerieOWer. der, zögernd die Treppe hinabsteigend, immer wieder zurückschaute, wo, über die Brüstung gelehnt, eine schlanke, in blaßgrünem ftlberdnrchwirkten Krepp gehüllte Mäd. chengeftalt. über deren Schulter üppige, goldrothe Locken flössen, ihm mit leiser Stimme eine gute Nacht" zurief. Auf der Straße unten schlug er dann den Kragen seines Mantels in die Höhe, grub die Hände in die Taschen und eilte mit schnellen Schritten einem an der Ecke er Straße gelegenen Cafe zu, das noch erleuchtet war und sogar ziemlich besucht schien, trotz der vorgerückten Nachtstunde. Eben im Augenblick, als er das Eafe paffiren wollte, Ilirrte die GlaSthür desselben auf, und ein viel älter aus sehender, schwarzbärtiger Offizier, der aber der Uniform nach zum selben Regi ment als der erste zu gehören schien, trat hastig heraus. Robert zum Kuckuck bist Du's? Und wie siehst Du aus ist etwas passirt?" Der mit Namen Robert Angeredete blieb stehen und wandte dem Anderen daS Gesicht zu, in dem man bei'm Schein der GaSlaterne deutlich die Spuren einer großen Erregung wahr nahm, denn die blauen Augen glänzten wie im Fieber und auf jeder Wange brannte ein dunkelrother Fleck. Grüß Dich, Leo!" es war eine sympathische Stimme, die aber in die sein Augenblick seltsam gepreßt klang. O, ich bin froh, daß wir uns hier treffen, denn sonst wäre ich zu der spä ten Stunde noch zu Dir gekommen! Ich habe Wichtiges mit Dir zu reden !" Der Andere schob im Weitergehen seinen ArM unter den deS Kameraden. Na, dann komm', Bruderherz, und sag' schnell, waS denn eigentlich los ist bei Dir ! Kommst mir ja ganz seltsam vor, mein Bursche; warst Tu bei Roden'S?" Ja, ja, ich war dort, Leo " Er stockte wieder. Nun und die schöne Clemence wird sich wohl wieder eifrig mit Dir unter, halten und Dich als ihren erklärten Liebling behandelt haben Du wirst es doch einge eyen haben, wies" Leo," stieß der junge Offizier fast heiser heraus, ich bin verlobt " WaS, mit ihr, mit Clemence?" Wie ein jäher Schreck zitterte eS aus der Stimme des Anderen. Unmöglich und Emma, Deine arme Emma, was soll um Gotteswillen aus dem Mädchen werden ! WaS hast Du gethan, Robert?" Der junge Offizier nahm trotz der schneidenden Winterkülte seine Mütze ab und fuhr sich ein Paar Mal mit der Hand über die Stirn und das kurz geschnittene blonde Haar. Ja, es ist wahr, Leo, ich bin wirk lich mit Clemence verlobt, aber der Gedanke an Emma ist's ja, der mir jetzt das Herz zusammenschnürt, der mich so schrecklich quält und Peinigt! Freilich, wenn man'Z recht betrachtet, s hat ja doch Alles so kommen müssen, ein anderes Ende war nicht zu erwar ten, aber " Er stockte und sah, wie Antwort er wartend, den Freund von der Seite an. Der aber kaute an seinem Schnurrbart und ging schweigend weiter, da fuhr der Andere .wieder fort, und es lag etmaZ beinahe Bittende in seinem Tone : Schau', Leo, die Sache mit Emma ar ja von vornherein etwas ganz AusfichtSloseS. AIS vermögenslose Beamtenlochter hätte sie nie die Kaution erlegen können, aber gesetzt auch den Fall, dieselbe wäre unS erlaffen wor den, womit aber hätten wir ein ftandes gemäßes Hau führen sollen? Mit mei ner Gage komme ich schlecht und recht allein durch, heirathen darauf ist un möglich. So lieb ich das Mädchen habe, aber eine Verbindung wäre Wahnsinn mit unseren Mitteln !" Warum haft Tu dann das Ganze angefangen, wenn Tu von allem An fang das voraus gewußt haft? War das schön von Dir, ein armes, er, KauensvolleS Mädchenherz an Dich zu ketten, blos aus Laune, und sie hat Dich sosehr geliebt!" .Nenn' eS nicht Laune. Leo !" In obnt'Z Augen blitzte eS auf : Geliebt hab' ich das Mädchen, das weiß Gott, und wie sehr auch die Vernunft sich da gegen wehrte, ich habe meinem Herzen damals nicht gebieten können. Besser wär' freilich gewesen, niemals anzu fangen, denn nun ift das Ende, das unausbleibliche Ende doch gekommen, Z weh' eS mir thut ! O, ich hatte mir nie ein andere Ledensgesührtin ge wünscht, als sie aber, ich kann nicht anders bandeln Clemence hat eS längst schon deutlich gezeigt, daß ich ihr Günstling bin. sie hat eZ ihrem Vater gestanden, daß sie mir ihr Hnz ge schenkt, daß ich der Einzige wäre, dem sie ihn Hand reichen wolle. Tu weißt, wie der Oberst seine Tochter vergöttert, wie er ihr Alles zu Füßen legen möchte was ihr Herz nur begehrt, und so hat er den auch beute Abend mich bei Seite genommen, hat mir die Liebe sei, ner Tochter erklärt Leo, er hat mich fast gebeten: Machen Sie mein Kind nicht unglücklich" sag', was hättest Tu an meiner Stelle gethan? Hättest Du um einer Jugendliede willen die Dir gebotene Hand eines Mädchens auSae alaaen. das. reich, schön und ge, feiert, unter allen Offizieren unseres Regiments die Wahl hat und sich gerade nur Dich m den huvlchen Trotziops ge, fetzt bat? Als Oberst Roden'S Schwiegersohn ift meine Cariere gesichert, ihm einen Korb zu geben, hätte dagegen dieselbe aus's Spiel setzen geheißen, das mir an ClemencenS Seite so viel 'verspricht Leo, kannst Du mich tadeln, daß ich mein Glück mit einem Opfer erkaufe? Denn Emma aufzuopfern, Emma, die ich geliebt habe, um ClemencenS Wil len, die ich trotz aller Schönheit nicht lieben kann, Leo, das fällt mir schwer, aber ich thue eS doch, weil ich mir ein Leben voll Ehre und Glanz damit er ringe." Sie waren über dem Gespräch bei Robert'S Wohnung angelangt und dort legte der ältere Freund dem slingeren plötzlich beide Hände auf die Schulter, ihm voll und ern t in das schöne, junge Gesicht oliaend: Tu willst es selbst so baben. ob, nun, Jeder ist a seines Schicksals Schmied. Ich will Dich nicht tadeln. mein Freund, aber denken sollst Tu daran, daß nicht der Zug des Herzens Dich jener stolzen Schönheit in die Arme geführt hat, von der man hin und wieder munkelt, daß sie kein Herz im Leide trügt, daß sie die Sklavin ihrer Launen ift: denke, daß auch Du vielleicht so eine momentane Laune von ihr bist, und der Reichthum, den Du mit ihr gewinnst, der ift dann vielleicht nicht im Stande, Dir Ersatz zu bieten für ein glückliches Zusammenleben in der Ehe. Deine Frau wird der Gesell schaft gehören und nicht Dir allein, und dann, Rob, dann denke, daß Du ein leichtsinniges Herz haft, das eben die Liebe schon kennen gelernt hat! Es wird die Zeit kommen wo Du Dich seh nen wirst nach wahrer Liebe, ach, Rob, ich glaub' es kaum, daß Tu glücklich werden wirft auf diese Art !" Einen Augenblick lieft Robert den Kopf auf die Brust sinken, weil ihn eine Rührung überkam, die er kanm zu bemeistern vermochte, dann aber hob er ihn empor, und ein schier troßig stolzes Leuchten war in den blauen Augen: Glaub' mir, Leo. es wird mein Glück sein! Der aussichtslose Liebes träum mit Emma ist ausgeträumt; ich werde eS überwinden, wenn es auch schmerzt, und nur die schöne Erinne rung an eine süße Jugendliebe mit in s fernere Leben nehmen. Und sie, sie wird es auch verschmerzen und sich trösten. Und Tu, Leo, bleib' mein Freund, bleib' mir daS, was Tu mir bisher warst, nicht wahr, Leo, Du thust eS?" Ein leises, schwermüthiges Lächeln glitt über das ernste, dunkle Männer gesicht: Ja, Rob, mein alter, toller, leicht sinniger Rob, ich bleib' Dein Freund, und wenn wir auch einmal getrennt werden sollten, zwischen unS soll sich nichts ändern, wir vergessen niemals. daß wir schon mit einander Kadetten waren, mm wahr? Du hast meine Hand, so, mein Bursch', und nun gute Nacht und daß sich Dir AllcS zum Besten wenden möge !" Sie schüttelten sich die Hände, und da sagte Robert noch einmal: Leo, und wegen Emma gieb Tu mir einen Rath: wie soll ich ihr das Schwere leichter machen; mein armes Mädchen, eS wird ihr sicher wehe thun !" Die Stimme konnte den festen Klang den er sich ihr zu geben bemühte, nicht beibehalten, sie zitterte doch vor Ruh ,rung. Ueber Leo's Gesicht flog noch einmal ein trüber Schatten: Armes Mädchen! Ja. Tu haft Recht, aber Tu hättest das früher be denken sollen; doch laß eZ gut sein. Rob, ich will Tir keinen Vorwurf machen, dazu ift es ja doch zu spät. Wenn es Dir recht ift, so will ich selber zu Emma gehen; ich weiß, daß ihre Mutter schwer erkrankt ift, und ich will suchen, ihr da? Unvermeidnche so schonend, wie mög lich. beizubringen !" Der Andere drückte ihm stürmisch die Hand: O, Leo, ich danke Tir, ja, Tu wirft es ihr am Besten sagen, und sie wird dem treulosen Rob nicht zu viel nach weinen, er hat S auch nicht um sie ver dient !" Tann knarrte die Hausthür in ihren schweren Angeln, und Robert'S Säbel klirrte über die Stufen der Treppe hin auf. Leo aber ging langsam, wie in tieseS Sinnen verloren, durch das Wirbeln der Schneeflocken in die ein fame, menschenleere Straße zurück. Seit jenem Abend sind etliche Jahre vergangen. Clemence. die vieldewunder eautu mit dem goldrothen Haaren und dem blaffen, klassisch schönen, wie aus Mar mor gemeißelten Gesicht, darinnen dunkle Augen wie schwarze Tiamanten glühten, war nach einem nur wenige j Wochen währenden Brautstände Oder! Lieutenant Robert von Fricdberg'S Frau geworden, und kurze Zeit darauf war dessen Ernennung zum Rittmeister ersolgt. Das junge Ehepaar hatte, wie allge mein erwartet wurde, ein glänzendes HauS zu führen begonnen,, und die schöne Frau, die schon als Mädchen umschwärmt und gefeiert gewesen, war nun Abend sür Abend der Mittelpunkt glänzender Soireen und Gesellschaften. Man wußte zwar allgemein, daß Clemence eS gewesen, die zuerst dem schönen Ofsizier eine mehr als gewöhn liehe Auszeichnung vor anderen Gasten ihreS Vaters hatte zu Theil werden lassen, und daß sie eS gelvesen, die er klärt hatte, ihn heirathen zu wollen. Anfang! ihrer Ehe schien sie die zärt lichste, ihren Mann vergötternde Gattin zu sein, nach und nach aber war daS allmählich anders geworden. Clemence, ein von Kindheit auf ver wöhntes verzogenes Geschöpf, dem nie mals ein Wunsch oder eine Laune ver sagt wurde, war demnach eine jener herzlosen, alten Naturen geworden, die in dem Augenblick, wo sie den heiß er sehnten und begehrten Gegenstand ihreS Verlangens in Händen halten, die Freude daran verlieren! Der blonde Mann mit den eigenthümlich schönen blauen Augen hatte ihr gefallen, und sie bildete sich ein, ihn zu lieben. Je kühler und reservirter er sich gegen ihre sieggewohnte Schönheit verhalten, desto höher war in ihr das Verlangen, auch ihn zu ihren Füßen zu zwingen, gestiegen! Sie witterte irgend welche Nedenbuh lerin, erfuhr von seinem Verhältniß zu einer schönen, aber armen Beamten, tochter, und von dieser Minute an setzte ne Alles daran, sein Herz für ich zu er obern und jene Andere aus dem Felde zu Ichlagen. Als eS ihr dann gelungen war, als sie Friedberg's goldenen Trauring am Finger trug, da freute sie der Besitz dessen, den sie nicht so leichten Kaufes errungen hatte, als den so vieler An derer, noch eine Zeit lang, dann aber kam die Reaktion, die Ernüchterung, zuletzt die Gleichgiltigkelt. Wie Leo es an jenem Winterabend dem Freunde prophezeit hatte, war Ro bert nur eine Laune seiner Frau ge wesen, war er nicht glücklich geworden. Er sah sie glänzen tn ihrer berücken- den sqonveil, Borte tausendmal im Tag in allen möglichen banalen Re, densarten sein kolossales" Glück, der Gatte dieser herrlichen, reichen Frau zu ein, prei en und dabei suhlte er mehr und mehr, wie leer und öde eS in einem einst so lebenS und liebesfrohen jungen Herzen wurde! Anfangs, da war Clemence ihm noch manchmal wie in aufflackernder Leidenschaft um den Hals gefallen. Dann hatte er ge danlenvoll mit den weichen Haarsträh nen gespielt, die ihr so goldroth glei ßend über die weißen Schultern sielen, und träumerisch war die Erinnerung in ihm aufgewacht, wie früher einmal ein blonder Mädchenkopf an seiner Brust geruht hatte, der mit so treuen, kinder frommen Augen zu ihm aufschaute. Ja, daS waren ganz andere Augen ge Wesen als die funkelnden, langbewim perten Sterne uud jenes blonde Kind hatte ihn nie so wild geküßt und dabei lachend ihren schönen, schönen Rob" genannt sie war immer so still so sonst und s treu gewesen o, so treu. In solchen Augenblicken kam er sich oft erbärmlich klein vor so recht, als wäre er nur das Spielzeug seiner schönen, verwöhnten Frau. Und auch das hörte auf ! Sie küßte ihn längst nicht mehr, wenn sie des Abends so gleichgiltig zu ihm sagte, sie würde heute hierhin oder dorthin gehen und der russische Botschafter Graf Iwan Fedoross würde sie begleiten, er könne ruhig zu Hause bleiben, dann zog ihm immer etwas das Herz schmerzlich zusammen aber er ließ sie thun wie sie wollte. Macht hatte er keine über sie und gab sich keine Mühe, welche zu besitzen. Etwa zwei Monate nach seiner Hoch zeit hatte er von Leo einen Brief erhal ten, worin ihm derselbe anzeigte, daß er sich am selbe Tage, von dem das Schreiben atirte. in aller Stille mit Emma vermählt habe. Das arme Mädchen gab mir am Sarge ihrer Mutter unter heißen Thrä nen endlich ihr Jawort ! Von Dir ver lassen, den sie mit aller Hingebung ge liebt hatte, rollte sich eine düstere Zu kunft vor ihren Blicken auf sie wäre schütz und hilflos allein in der Welt ge standen da bot ich ihr meine Hand! Sie nahm dieselbe an, wie Tu siehst, aber sie hat mir auch ausrichtig geftan den, daß ihre Liede Tir gehört habe, und daß sie mir nichts in die Ehe bringe, als eine tiefe Achtung eine kindliche Dankbarkeit und den Vorsatz, eine treue, brave Frau zu werden: Ich war es zufrieden und dielleicht wird unser Leben kein unglückliches werden, denn ich liebe das einfache, herzensgute Wesen von ganzer Seele und kann dieser Liebe, die ich früher um Deinetwillen verhehlte, jetzt freien Lauf lassen. Die Caution habe ich aus meinen Mitteln für sie bestreiken können, und morgen begleitet sie mich in unseren neuen Wohnort nach Cattaro in Talmatien. wohin ich auf eigenes Ansuchen versetzt wurde. Gott sei mit Tir aucd in der tfente ftetS Dein treuer Freund 0. TaS war unter Anderem der Wort laut deS Briefes gewesen. Ueber Ro bert'S Herz war eS damals gegangen wie ein leiser, erkaltender Schauer. Ter liebste Freund der ihn verließ und in die Ferne zog und das Mädchen? Er dachte nicht daran, daß er ja daS Mädchen zuerst verlassen hatte, daß er ihr die Treue gebrochen und mit einer Anderen vor den Altar getreten war. sondern er dachte nur, wie sie eS Uber'S Herz bringen konnte, einem anderen Manne die Hand zu reichen! Wie kurz, sichtig kann der Mensch sein in seinem Egoismus! Er fragte nicht darnach, wie schwerwiegende Gründe es gewesen sein mußten, die das arme Wesen zwangen, am karge der Mutter die einzige Stutze, die sich ihm bot. dankbar anzunehmen, er dachte nur: Die hielt ich für treuer als Gold, und sie war es doch nicht. war doch auch nur ein gewöhnliches, schwaches Weib, wie alle Anderen sind. Nach und nach kam über den jungen ledenssrohen Menschen ein seil amer. trüber Ernst eine gewisse Müdigkeit und Gleichgültigkeit, die , sich bis zur Apathie steigerte. Das Einzige, wofür er nach wie vor Feuer uud Flamme blieb, war der Dienst. Pflichttreu und pünktlich bis zum Aeußersten; kannte er nur ein Ideal: seinen brennenden Ehrgeiz. Von Leo bekam er Nachricht aus Talmatien, aber recht selten. AIS echte Soldaten waren sie keine Helden mit der Feder, und das Schreiben war ihnen etwas Lästiges, aber die Freundschaft bewahrten sie sich treulich, auch in der Ferne. Nur einmal kam von Leo ein langer Brief, und darin stand. Emma einem kleinen Buben das Leben geschenkt hatte zur größten Seligkeit des überglücklichen Vaters. Rob haben wir ihn getauft, Dir zum Andenken, schrieb Leo, aber Gott hat uns unseren kleinen Engel nicht lange gelassen, Schwächlich und zart von Geburt aus, bekam er eines Nachts einen Anfall von Bräune, und alle Pflege hat uns unser Kind nicht retten können. Robert hatte eS mit tiefer Bewegung gelesen. Seine Ehe mit Clemence war kinderlos geblieben, und wenn der Freund auch nur ein kurzes, trauriges Vaterglück genossen hatte, er beneidete ihn doch darum. Die Zeit verging. In der Gesell schaft sing man leise an, zu munkeln, daß die schöne Rittmeisterin v. Fried derg und der russische Graf Fedoroff in intimen Beziehungen ständen, nur zu Robert's Ohren hatte sich jenes leise "Ondit" noch -nicht gewagt, denn so auffällig auch der reiche Ruffe die bild schöne Frau hofirte, ein eklatanter Be weis lag noch nicht vor. Eines Tages nun erhielt Rittmeister griedberg Be fehl, sich in dienstlichen Angelegenheiten nach einer entfernt liegenden Garnison zu begeben, um einige Zeit dort zu ver bleiben und eine Inspektion vorzunch men. Er verabschiedete sich mit einer glän zenden Soiree von der Gesellschaft, um am nächsten Tage m Begleitung seiner Frau abzureisen, die während der Zeit seiner Abwesenheit sich in Nizza aufge halten hatte. Daß in dieser Abschieds Soiree Graf Fedoroff fehlte, den man stets an der Seite Clemencen's zu sehen gewohnt war, fiel allgemein auf. bis die Hausfrau selbst leichthin auf öfteres an .c .1 v . m .. e r , eiiagen ernarie, oer rar lei aoge um cuic riivu uiimiiiuujit: sundheit IM Süden zu krästigen. Ein Schreiben, das dem Rittmeister noch im letzten Momente vor der Abreife übergeben wurde, hatte er nun Muße, im Waggon der Südbahn zu lesen; es enthielt nur wenige, aber siir Friedberg erschütternde Zeilen, in denen ihm Emma den plötzlichen Tod ihres Sat, ten, der einem dort epidemisch auftre, tenden Tumpfsieber erlegen war, mit theilte. Todtendlaß lehnte der Rittmeister schweigend in einer Ecke des Coupee aber ein Chaos von Gedanken wüthete hinter seiner Stirn. Nicht einmal die letzte Ehre war er dem heiß geliebten Jugendfreunde zu erweisen im Stande gewesen. Etwas, das stärker, als der Wille war, hielt ihn gebunden, die eiserne Pflicht des Dienstes, die er nicht wagen ourite, zu verletzen. Ihm war plötzlich, als liefe etwas wie ein feuriger Strom durch seine Adern da gegenüber in der anderen Ecke lehnte seine Frau! Unter dem dunkelblauen Schleier eine? Reisehüt. chenZ hervor glänzte und gleißte das goldrothe üppige Haar, und das blasse Gesicht mit den wie dunkle Schatten auf den Wangen liegenden Wimpern sah so kalt, so regungslos aus, wie von Marmor gemeißelt! Ihm fror eS bei nahe, als er sie so anschaute, und un willkürlich dachte er wieder an Emma, die er nun so lange, lange Zeit nicht gesehen hatte und die er doch einst im heißen Jugenddrange so sehr geliebt. War er denn toll gewesen damals, als er sie aufgab, um von Reichthum und Ehrgeiz verblendet, jeneS herzlose, kalte Geschöpf dort zu heirathen. Nun war sie wieder frei geworden er aber blieb gebunden! War eS die alte, längst entschlafen geglaubte Lei denschast, die alte todt gewähnte Liebe, waS sich plötzlich so heiß und begehrlich in seinem Herzen zu regen begann I Der Zua hielt jetzt an der Station, wo Robert auZsteigen mußte. Er stand aus und schlug den Mantel fest um seine Schultern. Auf Wiedersehen, Cle mence, und glückliche Reise bis Nizza. unterhalte Dich gut!1 sie hob kaum den Kopf, alZ sie ihm die Hand reichte: .Leb' wohl. Rob auf Wiedersehen!" Und dann war S ihm. als träte ein Schatten zwischen ihn und sie wieder dachte er an Emma und sich flüchtig heradbeugend. berührte sein Mund nur den feinen pcrlgranen Glacehandschuh dann stand er am Perron und der Zug brauste weiter dem SU den zu. Wie schimmernder Märchcnzaubcr liegt das bläulich blasse Moudlicht über den Gärten und Hainen von Monaco au?gegossen flimmernd und funkelnd spielt eS auf den leise, leise rauschen den Mcereswellen! Man sollte meinen, ein Stückchen Paradies sei hier vor der Zerstörung bewahrt geblieben, und doch ist'S nur der täuschend schöne Rahmen, der ein oft gräßliches Bild umspannt. Durch die tiefe, schier heilige Ruhe tönt auf einmal in rascher Wieder holung die Detonation eines Schusses etwas wie halberfticktes Röcheln klingt dort von der Palmengruppe her dann wird eS wieder so still, daß man nichts hört, als das eintönige An prallen der Wogen an die steinigen Klippen des Ufers. Am anderen Morgen aber, da finden sie unter den schlanken Bäumen den Leichnam eines großen schmarzbärtigen Mannes, dem die Revolverkugel die Stirn zerschmettert hat, und nicht weit entfernt liegt ein schönes Weib, dem die goldrothen Haare wirr über Schultern und Nacken fließen und über dessen wie im Krampfe verzogene Lippen noch ein schmacher Athemhauch zittert. Auf dem weißen Kreppkleide ist an der linken Brustseite, nahe dem Herzen, ein sich immer mehr vergrößernder, kreisrunder Fleck, dessen noch dunkler gefärbter Mittelpunkt die Stelle zeigt, wo die Kugel Eingang gefunden hat. Die Leiche man erkennt sie sofort als diejenige des russischen Grafen Fe doroff bringt man in die Todten kammer des Friedhofes, die röchelnde Frau aber trügt man in's Hotel zurück, wo der herbeigerufene Arzt constatirt, daß jede Hülfe unmöglich sei: die Kugel hat die Lunge, kaum einen halben Zoll vom Herzen durchbohrt sie wird sich senken und so den Tod herbeiführen herauszubringen ist sie nicht! Mit stockender Stimme hat Clemence ein Telegramm diktirt an den Ritt meister von Friedberg in Wien, er möge sich unverzüglich hierher verfügen; dann ist sie in Bewußtlosigkeit ver fallen. Und wiederum am nächsten Morgen tritt ein hochgewachsener blonder Offt zier in das tiefdunkel verhangene Hotel zimmer, wo ein Menschenleben mit dem Erlöschen ringt. Festen Schrittes, aber mit schier un heimlich blassem Gesicht tritt er an daS Bett, wo der schöne Frauenkopf auf dem weißen Kissen ruht, und jetzt erst durchläuft ein Zittern die schlanke Ge ftalt. Er beugt sich nieder zu ihr, da schlügt sie die dunklen Wimpern auf und sieht ihn an mit dem starren Blick einer Sterbenden, in der noch einmal ein klares Bewußtsein zum letzten Male aufdämmert. Sie erkennt den Gatten und tastet unsicher nach seiner Hand, die sie mit kalten Fingern umklammert: Verzeih mir, Rob o, verzeih mir," stammeln mühsam die bläulich gefärbten Lippen, der Tod hebt alle llnden auf! Ich habe Tich elend, schändlich betrogen, denn als ich hierher ging, wußte ich, daß der Vras mich er warte und dann bin ich seine Ge liebte geworden! Gestern Nacht hat er mit mir zusammen Unsummen ver loren, in jener irdischen Hölle da drü den bei dem Teufelsspiel Rouge et noir. Alles hat er zugesetzt, sein ganzes Vermögen, er war ein ruinirtcr Mann geworden, ein Bettler. Da wollte er das Glück zwingen, er spielte weiter mit meinem Gelde. Ader das Gluck hat sich nicht zwingen lassen, er verlor, ver, lor auch, was mein war, bis auf die Brillantnadeln in meinem Haar ver lor Alles. Und nachher hatte er ge lacht, wie ein vom bösen Dämon Be sessener. wie ein Wahnsinniger, und er bat mich hinausgezogen in den Garten da lag AUeS so blau im Mondschein und dort sagte er, wir hätten genug gelebt, das Leben ausgekostet bis auf die letzte Neige und wie er mich an sich drückte und küßte, da fetzte er mir den Revolver an die Brust und drückte los!" Ein furchtbares. irreS Lächeln glitt über die schon erstarrten Züge, sie gräßlich verzerrend. Er wollte mich in'S Herz treffen," flüsterte sie kaum mehr verständlich. aber er hat gefehlt ! Eich traf er besser er war ja gleich todt mich hat Gott leben lassen, auf daß ich Dir noch solle beichten können, was ich verbrach, zur Strafe für meine Sünden. Ob, ich habe Alles verspielt, meine Ehre, mein Vermögen, mein Leben, Alles. Alles. ich habe an Tir gehandelt schlechter als ein Schuft, und ich frage, ich bitte, ich flehe Tich noch an: Lass' meinen Tod sühnen, WaS ich Tir angethan lag' mich nicht sterben, ohne Teine Ver zeibung !" Sie starrte ihn an mit großen, un heimlichen Bugen, aus denen die Qual der Todesangst leuchtete. Da bog der bleiche Mann sich ties herab über die Sterbende und flüsterte tonlos : Ich habe Tir vergeben. Clemence Dir und mir den Irrthum unseres Lebens denn auch das meine ift ein erspieltes Tafein. aber Tu gehe hin in Frieden !" Man sagt, daß sehr unglücklich ge wefene Menschen niemals wieder glück lich zu werden im Stande sind und dennoch ift das nicht immer wahr! Wenige Jahre später ift Robert von Friedberg doch noch ein zufriedener,, glücklicher Mann geworden, der jetzt erst sein Dasein zu schätzen weiß. Damals, als der schreckliche Tod sei. ner Frau und der Verlust ihre? Ver wögen wahre Sensation i der Ge scllschast erregten, wollte Robert den Dienst auittiren und reichte an aller höchster Stelle sein Abschiedsgesuch ei aber nicht allein, daß es nicht angenom men Mlirde, nein, der bei allen Käme raden, Vorgesetzten und Untergebenen so beliebte, pflichttreue Mann erhielt kurze Zeit darauf sogar das Patent zum Major. Nichts desto weniger aber hatten Kum mer und Ausregung ihn später aus' Krankenlager geworfen, und da war eS eine schöne, stille, blonde Frau gewesen, die es bis in die Ferne vernommen hatte, waS den einst so heiß Geliebten ihrer Jugend betroffen hatte und die nun, da kein Band sie mehr gesesselt, herbei eilte an sein SchmerzenSlagcr und den mit einem Nervensieber Rin genden mit unermüdlicher Sorge nd Geduld betreute. Jetzt ist Emma Majorin von Fried berg geworden ! Sie und ihr Gatte sich ren ein bescheidenes, ziemlich zurückge zogcneS Leben, das heißt, zurückgezogen nur soweit, als eS sich . mit dem Range verträgt, den er bekleidet und den er in der Gesellschaft vertreten muß. Ein alter, von Jahren und Kummer ge beugter, von Beiden liebevoll gepflegter Greis theilt dieses Leben mit ihnen. Es ist der längst mit Ehren pensionirie Oberst Roden, der, fassungslos von Jammer über das tragische Ende seines Kindes, damals seine einzige Stütze ge funden hatte in seinem Schwiegersohn, der ihn auch dann nicht verließ, als viele, viele von Denen, die feine Tochter einst umschwärmt hatten, sich vor dem Vater der Abenteuerin und Selbst Mörderin," wie man sie heimlich nannte, zurückzogen. Robert's Sorge war es gewesen, nicht alle kleinen Details jenes traurigen Falles in die Heimath gelan gen zu lassen, und so betrachtete man Clemence vielfach als eine Person, die ihr Vermögen verspielt und dann selber Hand an sich gelegt hatte. In Rohert'S wohl noch immer schö nes Gesicht hatte der bitterste Ernst des Lebens wohl manche harte Linie gegra den, aber die blauen Augen können noch immer in seltsam heißem Glänze aus leuchten, wenn er an stillen, im Kreise seiner traulichen Häuslichkeit erbrach ten Abenden sein geliebtes Weib in die Arme schließend und ihre kleinen weißen Hände küssend, sagt: Nicht wahr, Emma der Mensch soll nie am Glück verzweifeln, und wenn es noch so lange auf sich warten läßt, früher oder später einmal komint eS ja doch im Leben und je mehr man sich sehnen und grämen hat müssen dar nach, desto höher weiß man'S dann zu schützen. Hab' ich doch auch mein ganzes Leben schon für verspielt gehalten und hab' dann doch noch das schönste Glück gewonnen, daS ein Mann nur gewin nen rann : sag , mein leoilng, ist s nicht wahr?" Und die blonde Frau, die den Kopf an feine Schulter lehnt, blickt zu ihm aus mit feuchten Augen und das Ja," fo leise es von ihren Lippen klingt, eZ dringt doch empor aus der tiefsten Tiefe eines reinen, liebevollen Herzens I ' ler Falsche. In einem südungarischen Städtchen so erzählt der Pefter Lloyd" ist Aushebung. Man ruft einen Militär Pflichtigen Namens Mathias HanS auf. Ei herkulisch gebauter Bursche tritt vor die Kommission und sagt zum Prä sidenten, Herr Oberstlieutenant, ich melde mich ergebenst, . ." Schweig' und entkleide Tich!" Ader Herr Oberstlieutenant " Ruhe!" Und der Bursche beginnt sich zu cntllei den; mit freudigem Behagen blickt die Kommission aus seine sehnigen Beine, auf seine mächtige Brust. Die ärztliche Untersuchung ist nicht weniger erfreu lich. Tauglich!" lautet der schnell ge fällte Wahrspruch. Aber HerrOberst lieutenant,. .." Jetzt kannst Tu reden." Herr Oberstlieutenant, melde gehorsamst, daß Mathias Hans krank ist und nicht bei der Assmtirung erscheinen konnte. Daher hat er mich, seinen Nachbar Peter Franz, Korporal in der Reserve, gebeten, dies zu mel den...." Veteranen zur Ztt. Ten Seeschiffen aus Holz wird viel fach die Haltbarkeit und Dauerhaftigkeit gegenüber den eisernen abgesprochen, so daß man in neuerer Zeit selbst Segel schiffe meist aus Stahl fertigt. Und dennoch giebt eS auch unter den Holz schiffen ganz ehrwürdige Veteranen mit so hohem Alter, daß man sich nur wun dem kann, daß solche Schiffe ncch see j tüchtig sind. Nach den in d r neuesten Brit'.sh Mercantile shippmg Lift ent haltenen Angaben über das Alter der noch heute unter britischer Flagge dienst thuenden Holzschisse befinden sich darun ter I Schiff von 122 Jahren. 3 Schiffe von 105 bis 1 10 Jahren. 4 Schiffe von 100 bis 105 Jahren, 13 Schiffe von 93 bis 100 Jahren. 14 Schiffe von 90 bis 95 Jahren u. f. w. Es wäre inter effant, auch von den deutschen Schiffen eine selche Statistik zu haben. rd-biifcrtia. Herr: WaS, Sie horchen an der Thür, wenn ich mit meiner Frau zanke?" Tiener: Ja, ich dachte, vielleicht mußt ich dem gnä' Herrn zu Hilfe km men!"