Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, December 24, 1896, Image 11

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Q
Das ftaus, wo der Zllord nicht
stattgefunden hat.-
HumorekK ach drn, inglischin von Anna
N a g e l, ,
Wir miisse sparen," sagte meine
Frau eines Tages zu mir.
Das ist mir sehr angenehm ver
setzte ich, Tu wirst als etwa weniger
für Deine Garderobe verwenden?"
Nein, da ist nicht nöthig," meinte
meine Frau, aber wir müssen einen
Miether nehmen."
Ich hasse alle Miether!" rief ich pa
thetisch.
Aber er ist doch solch' netter, liebenS
würdiger junger Mann!"
Wer ist ein netter, liebenswürdiger
junger Mann"
Na. der neue Miether!"
Allmächtiger Gott, Frau!" rief ich.
Du willst doch damit nicht etwa sagen,
daß Du schon vermiethet hast!"
Na, natürlich, er sieht anständig
aus und hat einen reizenden schwarzen
Koffer."
Und solchen Menschen hast Tu ohne
Weiteres aufgenommen, weil er einen
schwarzen Koffer hat? Na, das ist ja
eine schone Geschichte."
Ach, du bist recht undankbar," der,
setzte meine Frau und fing an zu d
nm.
Unsinn, ich bin gar nicht undank
bar " entgegnete ich, aber ich möchte
auch nicht, daß wir eincS schonen Mor
genS als Leichen aufwachen. Darum
werde ich ein wachsames Auge sogar
zwei wachsame Augen auf ihn hab
ten und warten, bis er nach Hause
kommt."
Aber er hat ja den Hausschlüssel,
erklärte meine ftrou.
Entsetzliches Weib. Du vertraust
einem Fremden die Waffe an, die Du
Deinem Gatten orenthältft? Er wird
warten, bis wir schlafen, sich dann mit
dem Hausschlüssel Eingang verschaffen
und unS dann einS, zwei, drei hinmor
den!"
Meine Frau stieß einen Schrei des
Entsetzens aus und verriegelte die Thür
deS Schlafzimmers, während ich mit der
Wohnungsthür dasselbe that.
.So," sagte ich, jetzt muß er ilo
pfen, und so werde ich wenigstens sehen,
wie er ausschaut."
Ich saß in ängstlicher Erwartung,
während meine Frau jammerte, daß
wir keinen Revolver hätten. Zu ziem
lich vorgerückter Stunde hörten wir ein
Schließen mit dem Schlüssel, dem ein
, leises Klopfen folgte; ich öffnete die
Thür, hielt aber den Riegel fest.
Wer klopft so ungestüm?" fragte
ich, indem ich die Thatlachen ein wenig
fälschte.
Der neue Miether," antwortete eine
milde Stimme, und ein blasser, glatt
raftrter junger Mann erschien bei'm
Schein der Lampe. Entschuldigen Sie,
daß ich Si gestört habe."
Ich sah ihm nach, scheu und haftig
ging er in sein Zimmer und schob dann
einen großen schwarzen Koffer nach sich.
Er machte Minen guten Eindruck.
Ich stand Tantalusqualen aus, denn
die Tage wurden zu Wochen und wir
sahen Nichts von unserem Miether. Er
huschte aeheimnißvoll der Tage aus dem
Hause und stahl sich Nachts wieder in sein
Zimmer. ES war, als yaue ein un
fichtbares Gespenst in der Wohnung
und unsere Nerven litten entsetzlich dar
unter. Wegen der Miethe konnten wir
ihm Nichts anhaben, denn er hatte im
Boraus bezahlt ; doch die Situation
wurde so unerträglich, daß ich beschloß,
das erste Verfahren noch einmal zu wie
derbolen und die Thür zu verriegeln.
Dieselbe Sache wiederholte sich, das
Thürschließen, da leise Klopfen. Doch
ich war so ärgerlich, da ich erst ffneie,
nachdem das Klopfen etwa zwanzig Mal
erfolgt war. Doch wie groß war mein
Erstaunen, als ich mich nicht dem Mie
ther, sondern einem schäbig gekleideten
alten. Manne gegenüber sah, der in
, charfem Tone zu mir sagte: Ich werde
erwartet," und in das Zimmer huschte.
Ich lauschte einige Augenblicke, ob zmi
schen ihm und Mr. Moore einigt Be
grüßungsworte gewechselt wurden, doch
AlleS blieb still.
Die Sache wird immer geheimniß
voller, was kann denn der alte schäbige
Kerl mit dem jungen Menschen abzu
machen haben? Ich werde warten, bis
er fortgeht.
... Ich setzte mich in einen Lehnftuhl,
1 spitzte die Ohren und lauschte. Dann
zündete ich eine Cigarre an und machte
mir ein GlaS Grog. Dieses Glas Grog
erneuerte ich mehrere Male, ohne daß
sich das Geringste rührte. Schließlich
verfiel ich unter dem Einfluß des Ge
tränks in einen Schlummer, aus dem
ich erst erwachte, als der Milchmann
klingelte. Ich sprang von meinem
Stuhle auf, eS war Heller Tag. und
klopfte an die Thür deS Miethers. TaS
Zimmer war leer; Beide waren fort.
Ein zerlöchertes rotheS Taschentuch, das
ich um deS alten ManneS Hals bemerkt,
lag auf der Erde; doch der schwarze
Koffer war verschwunden.
Ich werde heute Nacht wieder wa
chen," sagte ich zu meiner Frau, der ich
den Borfall erzählte.
.Ich werde auch wachen," um sicher
zu sein, daß Tu nicht wieder ein
schläfst," versetzte meine Frau, und wir
nahmen in unseren Lehnftühlen Platz.
Meine Frau machte sich eine Tage Thee,
in die sie einige Tropfen um goß.
während ich ein GlaS um, in daS ich
H einige Tropfen Thee goß. nahm. . j
f Zu sehr vorgerückter Stunde daS üb ,
liche Geräusch mit dem Schlüssel, dann
daS Klopsen. Ich öffnete die Thüre
und sah einen wettergcbräunten und
zerlumpten Matrosen mit einem Hölzer
nen Bein.
Schon gut, Herr," sagte der Mann,
ich werde erwartet," und humpelte in
das Zimmer des Miethers.
Die Kache kam mir nicht richtig vor,
ich klopste hestig an die Thür, hinter
der der Mann verschwunden war.
Sind Sie zu Sau e. Mr. Moore?"
fragte ich heftig.
Jawohl, schon seit zwei Stunden!
versetzte die milde Stimme.
Wie sind Sie denn hereingekom
men?"
Nun, natürlich mit dem HauS
schlüffel."
WaS! während Ihr Freund ihn
hatte?"
Jetzt machte sich die andere Stimme
bemerkbar.
Entschuldigen Sie, Mr. Moore hat
mir den Schlüssel vor vier -Stunden ge
liehen, als ich ihin vor der Thüre be
gegnete, und ich bin inzwischen immer
in sein Zimmer gegangen."
Das ist die Wahrheit," versetzte die
leise Stimme des Miethers.
Schön," sagte ich, etwas besänftigt,
mir wollen unS jetzt nicht zanken, aber
morgen werde ich mit Ihnen darüber
sprechen."
Nehmen Sie eS nur nicht übel!"
erklärte die Stimme des Matrosen, eS
soll nicht wieder vorkommen! Gute
Nacht."
Ich berathschlagte mit meiner Frau,
was wir thun sollten, und wir kamen
zu dem Entschluß, abzuwarten, um
welche Zeit der Matrose fortgehen
würde. Wieder nahmen wir in den
Lehnseffeln Platz und meine Frau hielt
mir eine längere Rede, aus die ich nur
sehr einsilbig antwortete, denn ich
fühlte, daß ich schläfrig wurde. Ihre
Stimme klang mir wie das Summen
unzähliger Bienen, die Lampe wurde
mir zum dichten Nebel, als meine Frau
mich plötzlich mit lautem Schrei aus
weckte. Ein Gedanke eine seltene Er,
scheinung bei meiner besseren Ehehälfte
war ihr plötzlich tn den Sinn gekorn,
men.
Vielleicht hat er diesen schmutzigen
Kerl mit in meine reinen Betten ge
nommen!" schrie sie entsetzt. Ich werde
bis morgen früh hier sitzen und dann
das Zimmer unter dem Vorwande, es
zu reinigen, betreten, doch die Wahrheit
mu Im ersavren."
Die Lampe brannte immer trüber.
doch nicht das leiseste hölzerne Bein ließ
nch sehen.
Meine Frau machte den Morgenthee,
stärkte sich mit dem Gebräu und klopfte
an die Thüre des Miethers.
Sind Sie schon auf, Mr. Moore?
Es ist Zeit, daß ich Ihr Zimmer
reinige!"
Verzeihen Sie, Madame, ich bin
nicht wohl und werde jetzt nicht auf,
stehen!"
Meine Frau zog sich zurück, dann
sagte ste zu mir in flüsterndem Tone:
Dieser schmutzige Kerl liegt in mei
nen Betten!" Dann huschte plötzlich ein
Lächeln über ihr Gesicht, sie goß eine
Tasse mit Thee voll, ging zur Thür des
Miethers und sagte in schmeichlerischem
Tone:
Es thut mir recht leid, Mr. Moore.
daß Sie nicht wohl find, ich habe Ihnen
eim Taste Thee mitgebracht, entschuld,
gen Sie, daß ich herein komme. Da
mit trat ste in das Zimmer.
Plötzlich hörte ich ein Krachen von
Ge chur und meine Frau fiel ohnmäch,
tig am Küchenherd nieder. In mei
ner Angst goß ich ihr heißen Thee in's
Geficht und rief sie dadurch in'S Leben
zurück.
Ach. John." rief sie schluchzend.
warum haft Du diesen schrecklichen
Menschen in's HauS genommen? Du
wirft ermordet werden, wie der Ma
trose, und Nichts wird von Dir übrig
vieiven, wie nn ein."
WaS ! Ein Bein !" rief ich wild.
erkläre Dich. Westen Beine, was für
ein Bein?'
DaS deS Matrosen ; es liegt an der
Erde und das ganze Zimmer schwimmt
in Blut."
DaS ift ja entsetzlich !" ftöhnte ich.
ein blutiges Bein !"
' Nein, ein hölzernes Bein, von der
Thür bis an die Bettstelle schwimmt
Blut und kein Matr e ist zu sehen."
Die Sache war verdächtig. Der
Matrose konnte doch nicht ohne seine
Beine fortgegangen sein, ledenfalls
lagen feine sterblichen Ueberrefte in dem
lchwarzen offer.
Schicke nach der Polizei!" schrie
meine grau.
Ich schickte einen Jungen nach der
Wach und ließ dort melden, ein Mord
wäre begangen worden, und das talent
volle Kind posaunte die Neuigkeit in
der ganzen Straße aus, so daß sich
innerhalb weniger Minuten etwa 200
Peisonen vor unserem Hause angesam
melt hatten.
Der Polizeimeifter kam, ich theilte
ihm unsere Geschichte mit, und wir gin
gen zusammen in daS bewußte Zim
mer. Bei'm Anblick deS Beamten
wurde mkin Miether erst blaß, dann
roth und dann wieder blaß. Der In
spektot sah ihn an und ließ ein leise
Pfeifen vernehmen, augenscheinlich
kannte er ihn.
.Sie sind' also?" sagte er dann.
.WaS ift denn das für ein Blutlache?"
Ich habt mir die Rase an dn Thür
gestoßen. alS ich durch' Cchlüffelloch
mit meinen Wirth sprach." versetzte der
Mitthn. .Ich mußte mich nämlich
mit ihm in zwei Charakteren unter
halten."
WaS waren denn das für zwei
Charaktere?"
Ich und der Matrose."
Und daS da?" fragte der Beamte
und nahm das hölzerne Bein auf.
DaS ist mein Bein."
Und der Matrose?"
War ich !"
Und der schäbige alte Mann?"
Ebenfalls !"
Und der schwarze Koffer?"
Enthält meine Garderobe."
Sie sehen," sagte der Beamte, sich
lächelnd zu uns wendend, dieser Mann
ist einer der verschlagendsten Bettler von
ganz London. Er arbeitet in den ver
schledenartigften Berkleidungen. Er ist
der Polizei wohlbekannt, doch wir konn
ten ihn noch nie bei m Betteln abfassen.
Er verdient mehr Geld, als wir bei der
Polizei alle zusammen. Ein Mord hat
hier nicht nttaesllnden, aber Sie thaten
doch gut, Ihren Miether hier loS zu
werden."
Ich werde von selbst gehen, erklärte
der junge Mann höslich.
Der Miether hielt sein Wort und wir
haben unS seitdem nie wieder veran
laßt gefühlt, unser Zimmer zu ver
miethen; doch um den Ausfall z decken,
habe ich daS Cigarrenranchen aufgegeben
und mir eine Pfeife angeschafft.
Unser HauS war lange Zeit der Ge
genstand deS allgemeinen Gesprächs und
die Jungen auf der Straße pflegten zu
jedem Fremden zu sagen:
Sehen Sie, daS ift das HauS, wo
der Mord nicht stattgefunden hat."
Der Zettel im Buch.
Auf dem Sopha liegt Fritz Brom
berg und liest einen Roman von E. T.
A. Hoffmann, den er sich gestern aus
der Bibliothek geholt.
Er wendet eine Seite um und aus
dem Buche flattert ein Zettel auf den
Boden nieder. Der Lesende hebt ihn
auf und findet, daß er mit einigen Zei,
leN bedeckt ift, welche mit Bleistift ge,
schrieben find. Da die Schrift sehr
zierlich und fein ist, so daß dieselbe in
dem nicht mit übergioßer Helligkeit de,
dachten Zimmer kaum zu lesen ist, er,
hebt er sich von dem Sopha, geht mit
dem Papier nach dem Fenster hin, wo
eS ihm gelingt, daS Geschriebene lesen
zu können. ES lautet:
Der Herr, welcher in dem Buche die,
sen Zettel findet, wird von einem un
glücklichen Mädchen gebeten, sich ihrer
annehmen zu wollen. Das elbe hat un,
ter der Tyrannei ihres Vormundes viel
zu leiden und kann ihrem Quälgeist nur
durch eine baldige Heirath entgehen,
Sollte der betreffende Herr nicht ehescheu
sein und den Prinzen spielen wollen.
der das Dornröschen erlöst, so wird er
höflichst aufgefordert, ftch nach Balds
hausen zu begeben, dort in dem Sause
Nr. 12 in der MUllerstraße zwischen vier
und lechs Uhr ükachmittags zu wei,
eher Zeit mein Tyrann stets abwesend
ist zu erscheinen und dem die Thüre
öffnenden Dienstmädchen zu sagen, daß
er Frl. Eugen Bilden zu sprechen
wünsche. Das Weitere wird sich dann
finden. Vielleicht interesnrt es meinen
zukünftigen Gatten, zu erfahren, daß
ich eine Mitgist von öO.OOO Thalern er
halten werde. Wird der Prinz kom
men und daS Dornröschen befreien?"
Gewiß wird er kommen!" ruft der
junge Mann aus, nachdem er zu Ende
gelesen, sogar sofort wird er kommen!
60,000 Thaler ift eine schöne Summe,
die ich mir nicht entgehen laffen werde!
Wenn nur das Dornröschen aber auch
schön ift? Na, das werden wir ja bald
sehen. Zwei Uhr vierzig geht ein Zug
naa Bawsyau?en, fayrt er fort, nach
dem er im Hendfchel" nachgesehen,
der um vier Uhr fünfundzwanzig da
eintrifft, den werde ich benutzen. Jetzt
ift es zwölf Uhr; ich kann als noch de
quem vorher zu Mittag speisen und eine
Flasche Nierfteiner dazu trinken, die
mir den nöthigen Muth zu dem mir be,
vorstehenden Abenteuer verleihen soll
Um vier Uhr dreißig Minuten steigt
Bromberg au? dem Coupee zweiter
Klaffe, das er beute in 9Inhrrnrfit W
U erwartenden Mitgist von 60,000
yaiern oenutzi ane tonst suhr er
stets nur dritter Klasse und betritt
aleich darauf das Städtcben Ralk,
Hausen, das sich mit seinen alten.
großen Patrizier-Häusern und kleinen,
weiken Rillen so mnlrniA nn hm ftn&
deS fteil aufsteigenden, rebenbewachse
nen Berges schmiegt. Langgestreckt
traten seine Häuser bis dicht an den
Fluß heran.
Bald hat er die Müllerstraße und in
dieser das beicknete firni Vmni
Zwölf gefunden. Seil Her, pocht in
rascderen Scklän, als rr M snnntt
ergreift und der Ton derselben nun
nnu ourcy oas Paus fchaUt. Ein
Dienstmädchen öffnet die Thür.
..Nardon, ift Krsiulin Kimm! Wl.
den zu sprechen?" fragt er diese.
Ja! Bitte haben Sie die Güte, mir i
zu folgen!" fordert ihn das Tienftmäd
chen auf.
Eit gehen durch den Hausflur, steigen
,,vr .irppr ,uu,, grivngkN nn NNkN j
llmaen ana. N ne 01 an Venen in
durchschreiten, wo das Mädchen vor
einer Thüre ftehn bleibt.
.In diesem Zimmer werd Sie Frl.
Bilden find!" sagt fit und entfernt
sich gleich darauf.
Bromberg klopft an und tritt aus daß
Herein in'k Zimmer.
.ntlchuldigen Sie, wen ich ftöre,"
sagt er zu der alten Dame, die in einem
Sorgensessel fitzt, mich sührt ein eigen
thümlichcr Umstand hierher. Ich bin
gekommen, um mit einem gewiffen Früu
lein Eugenik Bilden zu sprechen."
Schön," unterbricht ihn die alte
Dame, eine hohe Sechzigerin, die bin
ich. WaS verschafft mir die Ehre Ihres
Besuches?"
Sie Sie si sind Fräu
Fräulein Eu Eugenik Bil
Bilden?" stottert er mit vor Staunen
gelähmter Zunge.
Ja gewiß! Aber warum setzt Sie
Das so sehr in Erstaunen?"
Pardon, haben Sie vielleicht den
Zettel hier geschrieben, den ich heute in
einem Romane von dem seligen Hoff
mann fand?" fragte er, ihr den Zettel
vorzeigend.
Die Alte setzte eine große Hornbrille
auf die Nase und nachdem sie den Zettel
gelesen, bestätigt sie:
Ja, Das habe ich geschrieben!
Schade, daß Sie ihn nicht früher fan
den, denn wahrscheinlich sind Sie der
Prinz, ..der das Dornröschen erlösen
wollte. Sie find wirklich ein ganz
netter junger Mann: nur glaube ich,
daß ich noch kaum als Gattin zu Ihnen
paffen dürfte, denn seit ich den Zettel in
jenes Buch schob, sind vierzig Jahre ver
flössen, mein Vormund ist längst gestor
den und ich selbst bin, wie Sie sehen,
recht alt geworden!"
, Mozart in Berlin.
Von den Mittheilungen für die
Mozart-Gemeinde" in Berlin ift soeben
das dritte, sehr intereffante Heft erschie
nen. Sie enthalten u. A. die folgende
Mozart-Anekdote, die Rochlitz aufgezeich,
net hat. Als Mozart nach seinem zwei,
ten Aufenthalt in Leipzig in Berlin an,
kam, war es gegen Abend. Kaum war
er auSgestiegen, so fragte er den Ober
kelln im Gafthofe (er lag am tzendar
menmarkt an einer Ecke der Char,
lottenstraße), der ihn nicht kannte
Giebt'S diesen Abend nichts von Musik
hier?"
O ja, sagte der Mensch, soeben
wird die deutsche Oper angegangen
sein."
So, was geben sie heute?"
Die Entführung aus dem Serail"
Charmant," rief Mozart lachend.
Ja. fuhr der Mensch fort, es ift
ein hübsches Stück. Er hat's com
poNirt wie heißt er nun gleich ?"
Jndeffen war Mozart im Reiserock,
wie er war. schon fort. Er bleibt am
Eingang des Parterre stehen und will
da ganz unbemerkt lauschen. Aber
bald freut er sich zu sehr über den Vor,
trag einzelner Stellen, bald wird er un,
zufrieden mit dem Tempos, bald machen
ihm die Sänger und Sängerinnen zu
viele Schnörkeleien wie er S nannte
kurz, sein Interesse wird immer lebhas
ter erregt, und er drängt sich bewußtlos
immer näher und näher dem Orchester
zu, indem er bald dies, bald jenes, bald
leiser, bald lauter brummt und murrt
und dadurch den Umstehenden, die auf
daS kleine, unscheinbare Männchen im
schlechten Ueberrock herabsehen, Stoff
genug zum Lachen giebt, wovon er aber
natürlich nichts weiß. Endlich kam es
zu PednllaS Arie Frisch zum Kampfe,
frisch zum Streite" u. s. w. Die Di
rektion hatte entweder eine unrichtige
Partitur, oder man hatte verbessern
wollen und der zweiten Violine bei den
oft wiederholten Worten nur ein feiger
Tropf verzagt" Dis statt D gegeben.
Hier konnte Mozart sich nicht länger
halten; er rief faft ganz laut in seiner
freilich nicht verzierten Sprache:
Verd. . , . wollt Ihr 0 greifen!"
AlleS sieht sich um, auch mehrere aus
dem Orchester; einige von den Mufikern
erkannten ihn, und nun ging es wie
ein Lauffeuer durch das Orchester und
von diesem auf'! Theater: Mozart
ift da! Einige Schauspieler, beson
ders die sehr schätzbare Madame B., die
die Blonde spielte, wollte nicht wieder
hinaus auf'S Theater. Tiefe Nachricht
lief rückwärts an den Musikdirektor,
und dieser sagte sie in der Verlegenheit
Mozart, der nun schon bis hart hinter
ihn vorgerückt war. Im Augenblick
war dieser hinter den Coulissen : Ma
dame," sagte er zu ihr, was treiben
Sie für Zeug? Sie haben herrlich,
herrlich gesungen, und damit Sie'S ein
andermal noch bester machen, will ich
die Rolle mit Ihnen einftudiren."
Di ruhige Wyhnung.
An dem Thor eineS HauseS in der
Hernalser Hauptstraße hing, so erzählt
das I. W. E.", ein Zettel, aus dem
zu lesen stand: Ein Zimmer sogleich
für einen ruhigen Herrn zu ermie
then." Ein junger Mann, der Musiker
bei einer in Wien spielenden Civilkapelle
ift. wollte daS Zimmer miethen; doch
die Besitzerin der Wohnung wies ihn
auS dcm Grunde ab, weil sie nur einen
Miether haben wollte, der stets vor der
Thorsperre nach Hause kommt. .Mein ,
Mann und ich können nur .einen früh
zeitig zu Bette gehenden Zimmerherrn
nehmen." lautete die Entscheidung der
Frau. Ein solcher Mann war der
Freund deS MufikerS. ein Buchhsnd
lungsgehülfe. Tiefer miethete that
sächlich das Zimmer. daS recht nett
mödlirt war, seltsamerweise jedoch nur
ein Feldbett auswies, Tas richtige
Bettgeftell war. wie dit Vermietherin
sagte, beim Tischler zur Ausbesserung
und mußte in einigen Tagen da sein.
Tn Buchhandlungsgehilfe kam schon
um 9 Uhr Abends nach Hause und
nahm Besitz von seiner Wohnung. Er
lag um Zehn bereits im Bette und war
dem Einschlafen nahe, als ein Riesen
lärm ihn ausschreckte. Draußen im
größeren Zimmer fluchte ei Mann
und schleuderte Gegenstände krachend zu
Boden. Die Frau schrie laut um Hilfe.
Der junge Zimmerherr kleidete sich in
der Eile halbwegs an und riß die Thüre
auf. Er sah, wie der Lärmende die
Ouartiersrau in rohester Weise miß
handelte. Doch bald ließ er ad von
seinem uiilöblichen Beginnen, denn der
Anblick des Zimmerherrn machte ihn
starr vor Ueberraschung, Zu was
brauchen denn Sie einen ruhigen Zim
merherrn?" fragte der Miether zornig.
Es entwickelte sich ein hastiges Fragen
und Antworten. Der Gatte der Ver
mietherin hatte es gar nicht nöthig, ein
Zimmer seiner Wohnung zu vergeben,
seine Frau aber hatte während der
Stunden, die ihr Mann geschäftlich
außer Haufe zubrachte, den Zettel an
das Thor gehängt und das Zimmer
heimlich vermiethet, nur, wie sie zur
größten Ueberraschung der beiden Män
ner nach der nächtlichen Prügelei zum
Besten gab, um einen Zeugen für das
ungebührliche Betragen ihres Gatten
zu haben, den ste zu verlassen gedenkt.
Der Buchhandlungsgehilfe zog schon
am Morgen nach der ruhigen" Nacht
aus.
Die Unglus,at,l" 13.
Nansen hat sich kürzlich zu einem
Besucher darüber ausgesprochen, welch'
merkwürdige Rolle die Unglücks
zahl 13" auf seiner Polarfahrt ge
spielt habe. 12 Mann stark waren die
Forscher an Bord der Fram" (Fram
heißt Vorwärts", der passendste Name
für das Schiff deS kühnen Forschers)
hinausgesteuert, da sah ,Nan en in
einem norwegischen Hafen einen ihm
bekannten Mann, den er seiner tüchtigen
Eigenschaften wegen unbedingt haben
mußte. Er gewann ihn auch für seine
Polarfahrt und der Angeworbene hatte
nur noch Zeit, an seinen Bater zu tele,
grapyiren: Geht mit Nansen zum
Nordpol." So kam der Dreizehnte an
Bord. Aber weder dieser noch über,
Haupt einer der Dreizehn büßte aus
Nansen's gewagter Fahrt durch das
Polarmeer das Leben ein; nicht einmal
vom Skorbut, dieser bei Polar-Expe,
ditionen bisher unvermeidlichen Krank,
heit, wurde einer befallen, Alle Drei,
zehn sahen srisch und munter die Hei,
maiy wiever. Am 13. !varz iyu
faßte Nansen den Entschluß, das Schiff
und dessen Mannschaft zu verlassen und
nur mit einem Geführten zu Fuß einen
Bor stoß zum Nordpol zu machen.
Während Nansen auf seiner Futzreise
die abenteuerlichsten Erlebnisse hatte,
war die Fram" am 13. Januar 1896
in eine südliche Strömung gekommen
und am 13. August war eS ihr gelun,
gen, sich von der Eisströmung frei zu
machen und offenes Wasser zu gewinnen.
Am gleichen Tage, am 13. August 189b,
betrat Nansen Mieder den Boden der
Heimath, vom Jubel seines Volkes und
der gebildeten Welt begrüßt. War er
doch schon verloren gegeben worden, als
am 13. Februar 1896 die Nachricht, er
sei in Sibirien gesehen worden, eintraf,
welche sich später als unrichtig erwies.
Spaßhaft ist es, daß sogar Nansen'S
Schlittenhunde dem Einfluffe der Zahl
13" unterworfen waren. Sonft kommt
es selten vor, daß eine Hündin mehr als
sechs Junge wirft, unter Nansen s Thu,
ren hat sich aber der Fall dreimal ev
eignet, daß je 13 Hunde zur Welt ge
kommen sind.
Ei Günstling des Zufall.
Der englische Maler Alma Tadema
ift aus unerwartete Weise zu seinem
Glück gekommen. ES war damals, als
der Kunsthändler Gambart noch den
Markt beherrschte. Als er nach Ant
werpen kam, um Gemälde anzusehen,
führte ihn der Maler LoyS anstatt zum
Atelier eines seiner Rivalen, in das
eines seiner Schüler. Und dieser Glück
liche war Alma Tadema. Gambart
stutzte vor einem Gemälde, das er auf
der Staffelei sah: Sie wollen mir doch
nicht sagen, junger Mann, daß Sie
das Bild gemalt haben?" TaS Bild
war Die Heimkehr von der Kirche".
Der Kunftjünger verbeugte sich er
gebenst. Nun dann," fuhr Gambart
fort, malen Sie mir vierundzmanzig
von der Sorte. Jedes neue Bild will
ich theuer bezahlen." Beifügend meinte
aber Gambart, Tadema möge lieber
sein Talent an Gegenständen des Alter
thumS erproben. Und diesen Rath bat
Tadema bekanntlich zu seinem Vortheil
befolgt. Unter den Vierundzwanzig"
aber befinden sich einige der Kunst
perlen auS dem Schatze des später nach
England übergesiedelten Malers. Den
noch sind sie, wie oben bemerkt, wie
Handschuhe per Tutzend bestellt und
verlaust worden.
Tas AubilSum er artoffel.
AlS die Spanier in den Jahren 15 '5
bis 1543 Peru und Chile in Besitz
nahmen, fanden fie daselbst die Kartof
sel bereits als Culturpflanze vor und
schickten fie, wit allk Naturschätzk und
Reichthum, deren sie hadhast werden
konnten, nach der Heimath. Von dort
gelangte die Kartoffel schon im Jahre
1564 nach Italien, von Italien in den
achtziger Jahren desselben Jahrhun
dertZ durch einen päpstlichen Legaten
nach Belgien, wo ein Verwandter des
Legaten dem Prüfekten von MonS
einigt Knollen schenkte. Ueberhaupt
bat die Kartoffel schon langt vor ihrem
Anbau die Botaniker aller Länder
Europa'S beschästigt, doch scheint fit
nirgends festen Fuß gefaßt zu haben.
Erst im Jahre 1596 (vielleicht auch
1586), also vor genau dreihundert Iah
ren, wurde sie von Sir Walter Rnlkigh
in dem Garten seiner Villa bei.
Joughall, in der Grasschaft Corl, an
gebaut. DaZ HauS Rnleigh's steht
noch und wird als Reliquie betrachtet.
Dem Besucher wird noch jetzt die Stelle
gezeigt, wo Sir Walter Raleigh die
ersten Knollen in den Boden senkte.'
Zm Restaurant,
Gast: Ich möchte ein paar
ganz
frische Eier essen. Herr Wuth!"
Wirth schmunzelnd): Nicht übel!
Ich auch!"
Grosimütlzig,
Kanzlist: Ich bitte um Entschuldi.
gung, wenn ich Sie störe, Herr Direk
tor. Ich möchte Sie um eine kleine
Gehaltszulage bitten."
Direktor: Hm, zwei Bitten auf ein
mal? DaS ist doch ein wenig viel.
Na, ich will Ihnen wenigstens die eine
erfüllen: Ich entschuldige, daß Sie mich
gestört haben!"
jrechlzeit,
Sonntagsjäger (Der den zwölften Ha
sen fehlt): Auch der nicht? Frech,
heit!"
Dann erst!
Nun, Herr Lieutenant, wie hat
Ihnen gefallen das Spiel von meiner
Jda?"
Ausgezeichnet, Herr Kommerziell
rath. Wie müßte sie aber erst spielen,
wenn sie meine Frau wäre!"
Macht dcr iöewoiinleit,'
Dem alten Oberförster Flausenmeier
war das Flunkern so zur zweiten Natur
geworden, daß selbst sein Ende sich
als Ente erwies. Eben sollte sein Te
stammt eröffnet werden, da trat er zum
Entsetzen der Anwesenden, insbesondere
der Erben, frisch und munter in das
Zimmer: er war nur scheintodt
gewesen.
Beweis.
, , Sag'. Adolar, hättest Du Dich
wirklich erschossen, wenn ich Dir damals
einen Korb gegeben hätte?"
Natürlich! Ich hatte mir schon von
vier Waffengeschästen Prospekte kommen
lassen!"
Durchschaut.
Gast: Geben Sie mir doch einige
Geschästskarten, Herr Wirth, ich könnte
Sie vielleicht in meinem großen Be
kanntenkreise empfehlen!"
Wirth: Schon z' spät, Herr. Da
bringt der Kellner schon die Portion,
die Sie bestellt haben!"
Lelbstkritik.
Also das ist Ihr neuer Biireauchef.
der Kanzleirath Müller, . , ,ist der klü
ger als Sie?"
noch viel dümmer."
Bsshafte Frage.
Junge Hausfrau: Alfred! Heute
hab' ich Dir Bouillon, Hammelkotelettes
und Mehlspeise gekocht!".
Gatte: Zum Essen?" -
Geduld genug,
SonntagSreiter (zumPferdeverleiher) 5
Sie sagten, der Gaul sei sehr gedul.
dig, das ist eine Lüge ! Nachdem er
mich wei Stunden getragen. Mars n
mich ab!"
Nil! Ist das nicht Geduld genug!"
vorsichtig,
Publikum (bei einer Premiere):
Dichter, 'raus!!"
Direktor (der nach einer Weile er
scheint): Geehrte Damen nnd Herren,
der Verfasser läßt zuerst ngebenft frä
sten, warum Sie ihn rufen!"
Zm Bürean.
Buchhalter (ärgerlich): .Donnerwet
ter, immer haben Sie was zu fragen!, .
Können Sie denn gar nicht selbst
nanvig sau lenzen k!"
kzvxerbel.
Broseffor: ,Tu. Anna , wie wär's
wenn wir unsere silberne Sockit nicbt
separat, sondern mit der goldenen zu
sammen seiern würden, damit ick, nickt
so oft gestört werde!"
Kaltblütig.
Vicco!o kium St:identk!i d,r ifcm
etwas schuldig bleiben will): Entschuld
digen Sie. ich kann nicht aufschreiben!"
Student: Nun. wenn Tu noch nicht
schreiben kannst, s lsie t Tat nnn
Jemanden aufschreiben!"
Schlau,
Gattin eines Striktstellers du die.
fern): Sieb. Alfred, Du versprachst
mir von den Erträgnissen Deiner neue
ften Novelle ein neues Kleid u kaufen.
für wie unbedeutend müssen die Leute
Deine Arbeiten balten. wenn T.a mir
solch billige Kleider kaufst!"
r bat Recht,
Lehrer: .Ein Svrückmort fat:
der weiß, wo ihn lxr Schuh drückt'.
Jetzt findet dieses Sprüchwort auf Euch
weniger Anwendung, weil Ihr noch
,vrg,o, in oen Tag yineinievi. Anders
ift das bei Euren Eltern. Nun. Fischer,
ift dieS Vielleicht niebt nahr mtl Tn
mit dem Kopfe schüttelst?"
Schuler: ,N. Herr Lehrer, meine
Eltern geh'n barfuß.-