Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, November 26, 1896, Image 11

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Q
tsrä a
Der fjclö.
Bon l't I f t R o s e g ge r.
Um die Zeit der letzten TUrkenemsälle
war das Walbbachsthal bevölkert von
Hölzern, Hirten und Kleinbauern. Der
absonderlichste unter ihnen war An
toniuS Hirtlauser, genannt dir Wald
dachbauer. In seiner Jugend war er
Fuhrmann gewesen, und weit in der
Welt herumgekommen. Er war der
Einzige in der Gegend, der seinen Na
mcn schreiben konnte. Mit vierzig Jal,
ren hatte er am Bache ein HauS, ein
Weib und ein Kind. Im Laufe deS
Jahres nahm er etlichemal seinen Korb
auf den Rücke und ging hinaus nach
Breitenwang, wo er bei'm Kausman
und bei den Gemerbsleuten Bitnder,
Leder, Nägel, Salz und andere Dinge
einkaufte, mit denen er daheim im
Waldbachthal einen kleinen und red
lichen Handel trieb. Ein Rüßlein konnte
der Fuhrmann hier nicht mehr brau
chen, denn durch die Schluchten heraus
ging keine Fahrstrasze, bloß ein holper,
ger Fußsteig über Gestein und Baum
gcwurzel.
So war Antonius Hirthauser auch
an icnem Eharsreitage nach Breiten
wang gegangcn. Sein Weib hatte ihn
nicht wollen fortlassen, denn eS war
eine unfricdliche Zeit. Vom Ungar
lande her war der Türke, auch der
feindselige Magyar wieder im Anzug,
und allerhand Eesindel streifte in der
Gegend umher. Hirthauser aber be
ruhigte sein Weib, indem er sagte, ihm
geschehe nichts. Sollten ihm Feinde
begegnen, so wisse er mit ihnen umzu
gehen, und für alle Fälle habe er sein
Beil bei sich. Sie möchten daheim nur
stets die Thür verschlossen halten, nior
gen werke er bei Zeiten wieder da sein
mit seinen Waaren, die er für Ostern
brauche. Er müsse ja auch dabei sein,
wenn am öharsnmstag oben in der
großen Hochschlag-Knechthütte die Män
ner zusammenkämen, um Rath zu hd
ten, was zu Schuß und Wehr gegen
den wieder drohenden Feind zu geschehen
habe.
So war er fortgegangen, gegen
Abend nach Breitenwang gekommen,
hatte dort seine Einkäufe gemacht, und
dann im großen Wirthshaus des Ortes
um Nachtherberge zugesprochen. Nach
dem er als Ehnrfreitagsmahl nur ein
Stück Brod und einen Krug Messer zu
sich genommen hatte, ging er in die ihm
angewiesene kleine Kammer, wo er sich
bald zur Ruhe legte.
Da war es um Mitternacht, daß zu
Breitenwang Lärm und Aufruhr ent
stand. Am unteren Ende des Ortes
tobte ein Feuerbrand auf, durch die
Gaffen flutheten fremde Gc alten zu
Fuß, zu Roß. zu Wagen; bis an die
Malme bewaffnete braune Münner man-
gen in die Häuser, um von denselben
Bentz zu nehmen. 23er yeind war va
Unser Waldbauer wollte hinaus zum
Straßenkamvf. er ertaßle ein Beil.
Das war zu spät. Es wirbelte schon
zum Thcre herein. Hirthauser hatte
kaum noch Zeit, sich in seine Kammer
zurück zu flüchten. Bon derselben aus
aber konnte er heimlich durch eine Thür,
suae in die anstoßende große Stube
luäen. wo so etwas wie der Generalstab
der feindlichen Truppe sein Quartier
aufschlug.
Es waren ihrer acht der zehn Mann
mit knochigen Gesichtern, krummen Sä
beln. bald in orientali cher Gewanvung,
aus rotbem Turban lange Federn, im
Gürtel schwere Pistolen. Sie saßen auf
Tischen, auf dem Fußboden mit unter
schlagenen Beinen, sie aßen rohes
Fleisch, rrelcheS sie mit den Zähnen zer
rissen, sie machten schrillen Lärm mit
wieherndem Gelächter. Bon glimmen,
den Spähnen wurden sie roth beleuchtet,
Allmäblick in eS gedämpfter her,
Kriegsrath schienen sie zu halten, und
mancherlei Sprachen zischelten durchein
ander, darunter auch ein erwelschtes
Teutsch. Und da hat es oer !vcann
aus dem Waldbachthale belauscht, wie
sie verabredeten, am nächsten Frühmov
cen tiefer in's Gebirge zu dringen, und
eine große Waldhütte zu überfallen, wo
die Streitlrast der Gegen ver,amme,i
sein würde. Durch einen Berratv scrne,
nen sie von allem zu missen. Bon dem
Hinterhalt einer Schlucht her wollten sie
in großer Uebermacht die Hütte umritt'
gen, anzünden und die Männer nieder
achen. Nun schien ei, als wäre ihnen
ihr Angeber abhanden gekommen, der
fit hätte führen sollen.
M Hirthauser hatte genug gehört. Eilig
turnte er davon, noch in r um oem
WalddachThale, derHochschlagKnecht
hütte zu, um die Männer von der Ge
fahr ,u benachrichtigen! Doch als er im
Wirthshaus? durch das Thor hinaus
wollte, wurde er von der Wache mit
Kalben urück aelloßen. Zwei Roth
Hosen nahmen ibn fest und schleppten
ibn in die große rtuve, vor oen iao.
m ,ren uaendlick wollten ibn die
johlenden Gesellen am Osengeländer
auilnllpsen, tat oeryinoei ein immi
mit martialisch aufgespießtem Magya
nnbarte. der türkische, ungarische und
deutsche Wörter durch einander sprach.
8 dem Alpenspitz-Hute des Bauers
hatte dieser Spießbart geschlossen, daß
dn Gesängen vom Gebirge her sem
müssen. So fragte n Hirthauser im
mangelhaften Teutsch, d n die große
Hütte wisse, die in der Wildniß siehe,
und Hochschlag . nechkhüttt genannt
werde. Ja, die wisse er, gestand Hirt
Häuser. Tann könne tt seinen Kops
rett. und kick, einen Beut?! Kupfer ver
Dienen. Er solle mit ihnen gehen und
f u jener Hütte den Weg weisen. .TaS
will ich gern thun!" antwortete Hirt
hauser, dabei soll ein mächtiges Aus-
leuchten gewesen sein in seinem Auge.
Und am Morgen nach dem ersten
Hahnenschrei, da ging eS gen das
Waldbachthal. Nicht mit gefülltem
Waareulvrb den stillen Pfad, sondern
an der Spitze einer großen Truppe seit
sanier Wesen, ungarischer und slovaki
scher Söldner, türkischer Janitscharen.
Zigeuner und anderen Gestndels, in
Fetzen und abeiiteuerlicher Gewandung.
mit allem denkbaren Zeug bewaffnet.
Einige waren m Pferde und zu Wagen
gewesen, die hatten freilich zurllckble!
den müffen; der große Hause fluluele
an den Bachufern, an den Hängen und
auf schlechten Steigen vorwärts, zumeist
leise huschend, denn aller Lärm war ver
pönt. Der Hirthauser mußte ats Weg
weiser voraus gehen, zwei knochige Ja
nitscharen führten ihn an Stricken, da
mit er nicht entfliehen konnte.
Nach etwa zwei Stunden kamen sie
zu jener Felswand, die aus dem Walde
scharf hervorsteht, und hinter welcher
zwei Waffer zusammenrinnen. Das
eine koniint rechts aus dem Waldbach
thale. das andere links aus den Eng
schluchten der Schallwände. Hirt
hauser bog links ad. Einen flüchtigen
Blick hatte er noch geworsen Zwilchen
die dunklen Fichtenwipscl hinein in das
morgendliche Waldbachthal einen
wchevollen Blick. Er wußte wohl, daß
es der Abschied war!
Das Waffer auS den Schallwändcn
kam wild und lehmgrau dahergeschoffen
und wüthete schäumend zwischen Fels
Mücken dahin. Am Ufer grünte schon
der Rasen, am Berahange standen Pn,
mein. grUHIiug. Ueber den Niiflercn
Baumkronen leuchteten die Felswände.
Die goldene Morgensonne lag auf ihnen.
In den Karen lagen Schneewuchten.
Zu solcher Jahreszeit fahren sie gern
nieder Eharsamstag! Hirthauser
dachte in seinem Gemüth an die Grabes
nche des Herrn.
Immer schlechter würben die Pfave,
immer wüster die Schlucht, immer im
geduldiger und schnaubender gebührdete
sich die Rotte. Die krummen teööel,
die Beile und Morgensterne, die kurzen
Schwerter und langen Flinten, ste klirr,
ten an einander und grelle Flüche häuf'
ten sich von Schritt zu Schritt. Da
trat der Spießbart zu Hirthauser heran,
riß ihn an der Achsel zurück und fragte
..Wohin. Du Hund?!"
Zu den Oberschlag Knechthütten,
Herr General!"
Wenn Du solltest den Weg sitf,
schen!" radebrechte der Andere mit
fletschenden Zähnen und machte dabei
einen zuckenden Griff an sein Gürtel,
meffer.
Ich weiß es." antwortete der Mann
aus dem Waldbachthale. Und sie stob
Veiten weiter, den Wildgraben hinauf.
Hirthauser rechnete nach, wie viele
Stunden lang er den Feind irreführen
mußte, bis die Männer in der große
Hütte sich zerstreut haben oder wehrhaft
geworden sein konnten.
Leicht ist sie nicht zu haben, die
Oberschlag'Knkchthütte." sagte er zum
Spießbart. Seht Ihr'!, dort ,,,
schen den Wänden? Zwei Gemssteige
sllhrcn hinauf. In drei stunden low
nen wir dort sein."
Also voran. Schwab!"
Ihr führt mich an Stricken." setzte
Hirthauser bei. Traut Ihr mir nicht,
warum folgt Ihr min"
Der Andere tastete wieder an sein
Meffer, gleichsam als wollte er sagen:
das da ist unsere Sicherheit, daß Du
uns nicht verrathen wirst!
Der wunderliche Zug bewegte sich
immer bergan, in den Runsen, zwischen
elsblöcken und durch m einander ge-
klemmteS Holzgefälle, von Windbrüchen
stammend. Keiner dieser Fremdlinge
hatte seinen Fuß wohl t in solche? Al
denaebiet gesetzt, man merkte eS an
ibrem unbeholfenen Bormärtsklettern,
Nur ein paar bartlose Gelbqesichter,
Söhne des Kaukasus, liefen mit katze
artiger Behendigkeit bergan. Bei
einer Quelle, die zwischen mofigem Ge
ftein hervorbrach, ließ Hirthauser sich
nieder, um zu turnen. Ver Gaumen
war ihm trocken, in seinem Herzen war
eine unendliche Traurigkeit. Im von
gen Sommer war's gewesen, als er sein
sechsjähriges Söbnchen mit herauf a
führt hatte in die Oedniß, damit es
Gemsen sehe. An diesem Brunnen hat
ten sie gerastet.
AuS Schluchten herüber rollte ein
Donnern, daß der Boden bebte, und
der Staub einer Lawine ftieg in die
Lüste. Der Führer wurde an Stricken
emvor aerinen. damit er den Zug wei
tn leite aus diesem Orte de? Berber
denS. Und fteilanwärtS ging'S in die
Hänge und Lehnen, über deren fahlen
Rasen das Wasser niedersickerte von den
Schneewuchten. die hoch in den Hiinden
lagen. Tie Sonne schien warm, von
mittägigen Bergen her zog ein weiches
Lüstchen, l'on den raunen &coau
wänden nieder, die ihr zackiges Getbürm
in den Himmel hineinreckten, kamen
große graue Böget geflogen und um,
kreisten mit ftarr ausgespannten Flü
aeln. aieria nach Fraß, die schnaufen,
den Gestalten. Ter kriegerische Haufe
war schier aus Rand und Band. Die
einen strauchelten und rollten nieder,
würtS. die anderen brachen tief in den
Schnee, wieder andere blieben erschöpft
liegen auf dem Gerolle. Ta flog oben
in den hoben Karen eine finstere Wolke
aus. ein Weisen, ein Brau en. ein er,
kchütterndeS Tonnen,, ein grauset
Sturm feate AlleS nieder. waZ da
stand, und die Ziiesenlaaine glitt dar,
öder hinweg, dem Abgrund ju.
Etliche de feindlichen Zuges waren
begraben; die Andere, die blos z Bo
den geworse, ermannten sich wieder.
Biele stürzten nun auf Hirthauser
loZ er habe sie in's Verderben ge
führt! Der Waldbachbauer soll dar
auf ur mit den Achseln gezuckt und
kein Wort mehr gesagt haben.
Da erhob sich ein wüster Ausruhr,
und in vielen Sprachen, dumpf grol
lend, fchrill schreiend, wimmernd und
fluchend, verlangten sie den Tod des
Berrathers, Kein Verhör, kein Urtheils
spruch. Ohne Weiteres haben sie den
Mann hinaus geschleppt zu einem Fel
senkamm und ihn über die Wand ge
stürzt in die Tiefe. Im Fallen so
wird erzählt fall Hirthauser in der
Richtung gegen das Waldbachthal die
Arme gebreitet und einen heuen Juch-
schrei ausgrstoßen haben. Später
kam auch der im Schnee zurück geblie
bene Spießbart. dem war das Ge
schehene nicht nach Sinn. Er umging
den Felsen, kletterte hinab zur Stelle,
wo der Mann auf einer Steinplatte
zerschmettert lag. Magyar hält
Wort !" knirschte er und stieß dem i!aa
nam da? Meiler in die Brust.
Mit schweren Mühen und manchem
Verlust an Mannschaft sollen die frcm
den Rotten ans den Steinwüsten herab
gekommen sein und ihren Ausweg ge
funden haben. Weder um die todten
Genoffe haben sie sich gekümmert, noch
ferner ein Verlangen gehabt, die Hoch
schlng-Knechthütte zu suchen. Verloren
haben sie ich aus der Gegend und die
Männer des Waldbachthales sind vor
dem Uebersall bewahrt geblieben.
Im Waldbachthale wird heute noch
ein Lied gesungen mit der Schluß
strophe :
Ter Retter ist gelegen
Auf einem kalten Stein,
Die Engel thäten ihn tragen
Jn'S Himmelreich hinein."
So lebt der Held fort im Herzen des
Volkes, wo sein Andenken manche
Opfersreudigkeit schon entzündet hat
und noch entzünden wird.
Geheilt.
Eine Episode aui Monte Carlo,
Messieurs, faites votre ieu!"
rief der Croupier, und die zitternde
Hand Karls griff in die Tasche, nach
einem zerknitterten Bankschein suchend.
siinttsnh 8 innr itirfitÄ mehr hrirnipn !
Komm mit, Karl, ich bitte Dich,
denke an die Deinen, spiele nicht mehr,"
flüsterte ich ihm zn, und versuchte ihn
am Arme fortzuziehen.
O, nur einmal möchte ich noch
etzen, leih mir Geld, ich bitte Dich. '
Nicht um die Welt," entgegnete ich
darauf. Besinne Dich, Du hast ein
Vermögen verloren, noch kannst Tu
leben mit dem, was Dir in Deinem
glücklicherweise unveräußerlichen Maio,
rat geblieben. Von mir erhältst Tu
nichts, weil ich Tein aufrichtiger Freund
bin. Komm legt mit."
Ich nahm seinen Arm und ging aus
dem Saale, in welchem die Lewenschast,
der Spielteusel mit ehernem Griffel
das Zeichen der Sünde auf fast jedes
Antlitz geschrieben hatte. Ich sprach
ihm zu wie einem Kranken und ach, er
war meines Zuspruchs so bedürftig.
als ich mit ihm die vom Mond durch
leuchteten Anlagen des Kasinoparks in
Monaco durchwanderte! Nach einer
halben Stunde war er ruhiger gewor,
den.
Freund," sagte er, Tu mußt mich
mit meiner Schwäche verachten, die ich
Bewiesen habe. Em Zittern gmg durch
seinen Körper.
Dir ist kalt, komm in'S Restaurant,
dort will ich Dir antworten."
Eine Flasche Cliquot!" bestellte ich
dem veroeigewiniten Kellner. So,
mein lieber Karl, nun will ich Dir ant-
morren. riauoe, vag icy xir eine
kurze Geschichte erzähle, die Dir zunächst
eine Aufklärung über meine Ruhe und
kalte Abweisung der Versuchung zu
spielen geven wird, dann aber auch l,
gen wird, wie viel Mitleid ich mit Dir
habe. Tu hast vielleicht von meinem
Onkel, dem alten Major X. gehört?
Ja? Nun das ist ja nicht zu verwun
dern, er war ein zu sonderbarer Mann.
Dessen Sohn, mein Eoufin Maanus.
war ein flotter Tragonerosfizier, ganz
das Gegeniheil seines BaierS. Als
MagnuS geheirathet hatte, machte er
mit seiner jungen Frau die HochzeitS
reise an die Riviera. TaS Paar kam
auch hierher Tu kannst Tir wohl
schon denken, was geschah. Er ver
spielte an einem Abend das Vermögen
seiner nrn. Zu feige, sich ihr zu ent
decken, wollte er eben im Parke sich eine
Kugel durch den Kops jagen, als sie,
von unerklärlichen Angstgefühlen ge
trieben, im Park erschien und ihn davon
zurückhielt. Am nächsten Morgen langte
ein Telegramm der jungen Frau bei
meinem Onkel an, auf Grund deffen
er nach zwei Tagen selbst in Monaco
eintraf. Magnus war ganz untröstlich,
ganz zerknirscht. Sein Vater hörte die
Reue'Ausbrüche des jungen Mannes
ruhig an. Tann sagte er: Tu haft
ein Unrecht gethan, in zweites hättest
Tu fast gethan. Ich gebe Tir hier
eine Summe Geld, nun geh' und spiele
weiter." Tamit legte er ine Rolle
Gold aus den Tisch.
Ter Sohn sah seinen Pater verstand.
nißloS an. Tann sagt n, ihm die
Hand küssend, etwa Folgendes:
,O Skier, S bedurft dieser Per
suchung nicht mehr. Ich bin geheilt;
nie wieder wird der Spielteufel Macht
über mich gewinnen!" Und er hat
sein Wort gehalten. Noch ost war er
bei Gelegenheit im Spielsaal, aber er
war wirklich geheilt von seiner Spiel
wüth. Karl, mein Freund, Tu hörst
mich?"
,Ja, ich höre Dich, und ich schäme
mich, daß ich so schwach war!"
Schweigend nahm ich eine Tausend
francnote aus der Briestasche und schob
sie ibm hinüber.
Du batest mich vorhin um ein Dar
lehen. Hier ist es," sagte ich auf seinen
fragenden Blick.
Karl schlug die Hände vor das Ge
sicht und stöhnte laut. Als er diese
herabsinken liess, war sein Antlitz erd
fahl. Also 'auch diese Lehre mußte ich
noch hören! Freund, Freund, lies stehe
ich in Deiner Schuld! Nimm Dein
Geld an Dich; ich bin verirrt gewesen,
aber nicht schlecht. Auch ich habe die
Stärke noch in mir, mich selbst wieder
zusindcn; freilich bedürfte ich der starken
Arznei, die mir Deine Freundcsliebe
eingab. Ich werde als ein gebefferter
Mensch zurückkehren in die Heimath!"
Recht fo," rief ich, in die darge-
botene Hand einschlagend, ich habe es
von Dir nicht anders erwartet, ich
wußte, daß Du bald Deinen alten
Geist wiederfinden mußtest! Monaco
hat also doch etwas Gutes bewirkt
stoßen wir an: Die heutige Erledniffe
und ihre Folgen!"
In diesem Augenblick gingen ein
paar alte, bekannte Spieler, Franzosen,
vorbei. Da hörte ich den Einen von
ihnen sagen:
Diese Deutschen sind uns aber doch
nicht über!"
Wir lachten.
Die Ziegen von Magadino.
TaS Dorf Magadino liegt in der
Schweiz, im Kanton Tessin malerisch
am Fuße des Monte Tamaro an der
stelle, woderTicinomden Laao Mag,
giore mündet. Es war früher ein leb
hafter Platz, der wichtigste Hafen am
Lago Maggiore; durch die St. Gotthard-
bahn hat es an Bedeutung eingebüßt,
zumal bei den Reisenden der Ort wegen
der Sümpfe, die Fluß und See hier
bilden, als Fieberort verschrieen ist.
Kein Wunder, wenn auch die guten Ma-
gadiner einen kleinen Rückgang zu ver,
zeichnen haben, und zwar in's Zeitalter
der seligen Schildbürger. Jeder
biedere Acagadiner besitzt ein paar Zie,
gen, die er in den Gemeindewaldungen
weiden läßt. Diese Ziegen nagten mit
Vorliede die Rinde von den iungen Ei,
chenpflanzungen ab. Das war ein Uebel,
dem gesteuert werden mußte von Amts
wegen. Der Eemeinderath stritt hin
und her, endlich fand er ein geniales
Mittel: er ordnete an, daß bei Strafe
im Falle der Unterlassung jeder Bürger
von Magadino gehalten sein sollte, seinen
Ziegen die Zähne ziehen zu lassen! E
nem Schloffer wurde das Amt des Zahn,
operateurs der unglücklichen Ziegen
übertragen. Alle bis aus einen undot,
müßigen Bürger kamen dem Befehle des
wohlweisen Gemeindcraths nach. Die,
sem Wackeren thaten seine arme Ziegen
zu leid, er weigerte sich energisch, die
grausame Operation an seinen Thieren
vollziehen zu lassen, und zur Strase
wurde ihm untersagt, fortan seine Zie
gen in die Gemeindewaldunqen zu laffcn.
Da er es aber trotzdem that, so strengte
der empörte Gemeinderath einen Prozeß
gegen den Schädiger der Gemeinde!,
düngen an. Leider verlor der Kläger
den Prozeß in allen Instanzen, der mit,
leidige Thierfreund ging als Sieger her
vor. Seine Ziegen haben nun bis zu
dem Zeitpunkt, wo eine neue Ziegenge,
neration zabnkrästig herangewachsen sein
wird, das Recht, allein und ohne Furcht
vor der Konkurrenz ihrer zahnlosen Mit,
ziegen die jungen Eichbäume von Maga,
dino zu benagen, falls nicht etwa der kunst,
reiche Schlosser seinen Patienten neue
Zähne einsetzt.
, Da Zwergvolk er kume.
Ueber das neue Zwergvolk der Tume,
welches der amerikanische Reisende Tr.
Donaldson Smith bei seiner Turchque
rung des SomalilandeS im Norden deS
Stephanie-SeeZ, also östlich vom Nil,
entdeckt hat, veröffentlicht Tr. H. G.
Schlichter in dem neuesten Heft von
Petermann geographischen Mitthei
lungen" noch einige Einzelheiten, die er
von Smith selbst erfuhr. Dieser Rei
sende versichert, daß wir es hier mit
wirklichen Zwergen von wohlgestaltetem
und schönem Körperbau zu thun haben.
Sie nennen sich Tume, und er schätzt
die Zahl derjenigen, welche er sah, auf
ungefähr 700. Sie wohnen in dem
Berglande unmittelbar nördlich vom
Stephanie-See, und ihr Körperbau ist
durchweg unter Mittelgröße, etwa ö
Fuß. Sie unterscheiden sich ethnogra
phisch wesentlich von den anderen Stäm
men, zwischen denen sie wohnen. Bo
gen und vergiftete Pfeile sind ihre
Hauptmaste, und wie die übrigen afri
konischen Pygmäen find sie vorwiegend
Jäger. Jedoch haben sie in den Ber
gen auch etwas Vieh. Auch in anderer
Hinficht gleicht ihre Lebensweise derjeni
gen der Akka, Wambutti sowie anderer
mittelafrikanischer Zwergstämme. Nord
westlich von den Tume tras Tonaldson
Smith einen zweiten, den bisher de
schriedene Zwergen ähnlichen Stamm,
Bunno genannt, welche der Mehrzahl
nach den Tume gleichen : Einzelne sind
jedoch größer gewachsen, so daß wir es
hier wahrscheinlich mit gemischtem Blute
zu thun haben. ES kann kein Zweifel
darüber obwalten, daß durch diese Ent
deckung Donaldson Smith's die viele
Berichte, welche wir schon vorher über
ostafrikanische Pygmäen besaßen, ihre
Bestätigung finden, und daß eS auch
einen wohlausgebildeten Zwergstamm
südlich von Abcssinien giebt. Die
Durchschnittsgröße der verschiedene
afrikanischen Zwergstämme liegt nach
zuverlässigen Messungen zwischen 4)
und 5 Fuß. Ein bestimmtes Mindest
maß ist aber nicht die Hauptsache, son
dem die Thatsache, daß ganze
Stämme von wohlausgebildetem
Körperbau die gewöhnliche menschliche
Durchschnittsgröße nicht erreichen.
3 auch".
In Ungarn erzählt man sich folgen
den amüsanten Vorfall: Der alte un
garische Abgeordnete Sykel war man
datsmüde geworden; aber ganz unthä
tig mochte er seine Lebenstage doch nicht
hinbringen. Auch glaubte er sich ge
nug Verdienste um die üiatiou erworben
zu haben, um Anspruch aus eine
Staatsanstellung zu besitzen. Er geht
also zum Ministerpräsidenten muY er
sucht seinen guten Freund aus dem
Parlament um die Stelle eines Guts
Verwalters. Dieser hört den rüstigen
Greis lächelnd an, dann sagt er zu ihm:
Nun gut, lieber Freund, ich werde Tir
eine loicye stelle aus einem ?er siaais
gllter verschaffen; da Tu aber wohl
wissen wirst, daß ein Mensch über 40
Jahre un Staatsdienst nur dann ange
stellt wird, wenn der König hierzu seine
Genehmigung ertheilt, so rathe ich Dir,
Audienz zu nehmen und den König zu
bitten, er möge Dir die Altersnachsicht
gewähren." Ter alte Sykel wirst sich
in sein Nationalkostüm, reist mit Gott
nach Wien und geht in der kaiserlichen
Burg der Habsburger so lange ein und
aus, bis er vor den König kam. Als
er aber vor diesem stand, schnürte es
ihm die Kehle zusammen, krampfhaft
faßte er seinen Säbel, vermochte jedoch
kein Wort hervorzubringen. Nach eiui
gen Augenblicken des Stillschweigens
fragte ihn der Kaiser nach seinem
Wunsch. Der Ungar legte das Maje-
stätsgesuch auf das kleine Seitentifch
chen, drückte seinen Kalpak fester auf
die schweißbenetzte Stirn und stieß mit
halberstickter Stimme die Worte hervor:
Majestät, vierzig Jahre möchte ich alt
sein!" Der Kaiser sah ihn zuerst be
fremdet an, dann versah er lächelnd das
Gesuch mit der großen Signatur und
sagte: Ich auch!"
Ein braver Jung.
12jährige Ausläufer eines Ge
in Neumllnster, ein recht
Der
fchäfts
truschülliger" Bursche, wurde dieser
Tage von der Frau gefragt: Na,
Richard, bist Du güstern ock to Markt
Ja!"
Wovcel Marktgcld häst Tu den
hatt?"
Twee Mark !"
Tu häst Ti dor woll'n Smooraal
för töft !"
Nä !
Koken denn?"
Nä!"
Denn häst Tu dat jawull all up de
Karuffel versöhrt?"
Nä!"
Jung, wat häst Tu denn mit all
dien Geld makt?"
Ick he mien Mudder'n nieden Hot
köft."
Und dorfür haft Tu all dien Geld
utgeven und sülven gor nicks verteert?"
Ja, de Hot schull twee Mark föfti
kosten, aber wiel ick nie mehr Geld
harr, fö de Verköper, ick schull em denn
för twee Mark hemm." Tarauf wurde
der Knabe noch gefragt, ob dieses von
seinem Wochenlohn sei, worauf er sagte,
daß er diesen sofort nach der Sparkasse
bringe, daß er die zwei Merk sich viel
mehr seit dem Augustmarkt an Trink
geldern zusammengespart habe. An
diesem braven Jungen, der auf das
eigene Vergnügen verzichtet, um seiner
Mutter eine Freude zu machen, könnte
sich mancher Jüngling ein Beispiel
nehmen !
tfin Drama im Ztarchncst.
Aus einem Bauernhause inNordschles
wig hatte ein Storchenpaar sein Nest.
Tie Störchin hatte zwei Eier gelegt, mit
denen der Besitzer des Hauses sich einen
Versuch erlaubte. Er nahm heimlich
das eine Storchen-Ei weg und legte ein
großes. frikchcS EntenEi an die Stelle.
Beide Eier wurden zu gleicher Zeit aus
gebrütet; aber kaum halte der Storch
das merkwürdige Geschöpf, das aus dem
Ei herausgekommen war, erblickt, so
stellte er sich der Störchin gegenüber, und
nun entstand eine langwierige Klapper
Unterhaltung, die damit endete, daß der
Storch wegflog. Kurze Zeit nachher
kehrte er mit acht bis zehn Störchen
zurück, und unter andauerndem Geklap
per hackten und stießen diese mit ihren
scharfen Schnäbeln die arme, unschul
dige Störchin, welche den sonderbaren
Sprößling ausgebrlllct und nach ihrer
Meinung auch das Ei gelegt hatte, in
so gewaltsamer Weise, daß sie schließlich
todt vom Tache herabfiel. Ter Storch
nahm sich indeffen der beiden Jungen
an, die sich prächtig entwickelten.
t?i kostbarer Sonnenschirm.
Venezianische Tamen haben der Braut
deS Prinzen von Neapel zur Hochzeit
eine Sonnenschirm geschenkt, der ein
wahres Wunderwerk an Pracht und
Geschmack ist. Ter Uedrizug besteht
auS einem einzizcn Stück aller enezia
nischer Spitzen. Er ist so gcschick, ge
faltet, daß jeder Schnitt vermieden
wurtc. Im Innern ist der Schinn
mit weißer Seide gcsülicrt. Der Griff
wird von einem einzigen Siück blonden
Schildkrots gebildet, um den sich eine
diaiaantene Schlange windet. Der
Schlangenkopf ist nach oben gerichtet,
nach der Königstrone zu, die aus Gold.
Brillanten, saphireu und Rubinen
hergestellt, den Abschluß deS Griffes
bildet. Am unteren Ende dcS Griffes
ist eine goldene Schleife angebracht, anf
der mit kleinen Brillanten die Woite
eingelegt sind: ,,Le siRiioro vcno
ziane lS'.Hi." Der Schirm ist in ei
Etui aus Olivenholz mit Silberbeschlag
eingeschlossen. Den Deckel des Etuis
schmücken überdies zwei Medaillen der
Dognreffa Morosini aus dem Jahre
159s) und der Dogare a Ouir laus
dem Jahre 1694).
Bbcrbaverisch,
In einem Walde unweit Schlicrsce
verunglückte einmal ein Holzknecht bei,
Bau, älle durch einen aus ibu fallen
den Stamm. Der Vorarbeiter schickt
einen seiner Leute ab, um die Nachricht
in s Forsthaus zu bringen. Der send
böte tritt vor den Oberförster: ,,'n
Brentner Hans is halt was passirt!"
Auf die Frage des Beamten ach den
näheren Umständen des Uuglückssalles
lautet der Rapport des Knechts wörtlich
solgendermaßen: Die zwoa Kruck'n
(Beine) san cam o (ab) und todt is er
a suust fehlt eam niacht 'n
nix!"
L!cleben.
Er war ein armer Dichterling,
Denn was er schrieb, war nur gering.
Sie wurde nur am Kochen froh,
Doch was sie schuf, war auch nur so.
So lebten sie als Mann und Frau,
Doch stets in Zank und in Radau.
Denn was er schrieb, das las sie nicht,
lind was sie kochte, aß er nicht.
wenn sie kocht.
Junger Ehemann (Mittags): Ich
weiß nicht, die Sauce schmeckt entschie
den ach Seife!"
Frau (nachdem sie gekostet hat, em
pört): Was Du nur 'hast mit Deinem
Seifengeschmack nach Petroleum
schmeckt sie.!"
Selbstbewußt.
Anna: Weißt Du nicht, Käthi.
warum man uns eigentlich Backfisch"
nennt!"
Käthi: Nun, jedenfalls darum, weil
der Backfisch sozusagen eine kleine De
likatesse ist."
Variante,
Wer nich liebd Wein, Weib und Bemm
chen,
Der. bleibd zeidläm'ns ä dummes
Lämmchen.
Mein Schatz,
Den alten Geizhals nebenan
Den läßt sein Geiz nicht ruhen,
Er zählt des Tages siebenmal
Tie Schätze in den Truhen.
Ich Armer hab' bloß einen Z
Doch geht mir nichts darübkr.
chatz.
Bös mir der Alle all sein Gold,
Mir ist mein Schatz doch lieber.
DeS alten Schütze liegen starr,
Mein Schatz tanzt auf zwei Füßen.
Und wenn ich ihn nicht zählen kann,
So kann ich ihn doch küssen.
Mildernd Umstand.
Kläger: Dann möchte ich noch er
wähnen, daß mich der Angeklagte, be
vor er mich Haderlump schimpfte, ertra
an eine Stelle geführt hat, wo ein Echo
ist, damit ich die Beleidigung jedesmal
doppelt hören sollte, "
Angeklagter: Ja. aber vom Echo
hat man immer nur Lump" verstau
den."
Line rernünftige Gattin,
Sie: Lieber Emil, sei doch ernünf
tig und kauke mir das neu? Kleid.
Wnlll tnillft Tu hpi hin MiI.At.n i.
1 i- .ou
ten auch noch eine Doktorrechnung be
zayieni
Ein Vorschlag,
Onkel: Immer wieder muß ick Dir
mit Geld aushelfen; wird das denn nie
aufhören?"
Neffe: Sofort, wenn Tu eine Kneipe
aufmachen würdest. Onkel!"
vnrchschant.
Frau: Ich werde Tir recht
bald
,cyre,oen, Männchen!"
Mann: Oho. bald vier Wochen
wirft Tu doch hoffentlich mit dem Gelde
auskommen, das ich Tir mitgegeben
habe?"
Unter guten .Zreundinnen.
Alte Jungker: Ich habe heute furcht
bar schlechte Laune."
Freundn: .Tu haft in den Spiegel
gesehen!"
Zch.
Hausherr: (zu dem ftcllesuchenden
Tienftmädchen): .Haben Sie ein Ver
hältniß?"
Ja!"
Da kann ich Tie nicht gebrauchen!"
.Na wiiiea S'. mit Ihnen hätt' ich
mich ohnehin nicht abgegeben. Sie alter
Knabe!"