Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, November 19, 1896, Image 11

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    II iciii erster Klient.
S'Vm iVova (loihiu.
Bor zwei Monaten Hatte ich mein
Assessür'tFramen gliicflid) bestandk üd
war nun seit 1t Tagen wohlbestallter
Rechtsanwalt in Berlin. Eine Pas
sende Wohnung in einer der belebtesten
Straßen war bald gesunden, das Bu
reau mit den nöthigen Möbeln, Papie
ren und pro Form auch mit einem so
genannten Bureauvorsleher ausgestat
tet, und nun wartete ich der Dinge
oder, richtiger gesagt, der Mandanten,
die da kommen sollten.
Bei jedem Ausgange liebäugelte ich
mit dem Schilde a meiner Hausthür,
dessen Buchstabe von der anderen
Straßenseite aus lesbar waren, und
kalkulirte, daß von hundert Vorüber
gehenden es mindestens 50 bemerken
mlißten, und von diesen doch wohl
durchschnittlich einer mich aussuchen
würde; eine Berechnung, welche bei der
größten Belebtheit meiner Straße zu
einem außerordentlich günstigen Resul
täte führte. ,
Doch eö waren, wie gesagt, schon vier
zehn Tage seit meiner Niederlassung
vergangen, und noch immer saß ich ein
sam und allein in meiner Sprechstunde.
Meist war ich nach vergeblichem Har
ren aus einen Rathsuchenden sanft ent
schlummert und erwachte erst, wenn
mein Bureauvorsteher nach Schluß der
offiziellen Empfangszeit erschien, um sich
zu verabschieden, und dabei mit ironi
schem Zucken der Mundwinkel fragte,
ob der Herr Nechtsauwalt sonst noch
etwas wünschte. O, dieser Schlingel.
Vor ihm schämte ich mich fast noch mehr,
als vor mir selbst, und diese Scham
hinderte mich auch, ihn danach zu fra
gen, ob er die endlosen langen Bureau
stunden mit dem Drehen von Papier
kugeln aus meinen Formularen oder
mit einer anderen glcichgcwinnbrii'gen
den Beschäftigung ausfülle.
Da endlich! Ich fuhr wie elektrisirt
in die Höhe. Sollte meine erhitzte
Phantasie mir einen heiß ersehnten Ton
vorgegaukelt haben, oder hatte es wirk
lich geklingelt? Doch noch ehe es mir
recht klar war, ob ich träumte oder
wachte, stürzte schon mein Bnrcauvor
sicher in'S Zimmer mit der Meldung,
daß ein Klient, ein wirklicher Klient im
Vorzimmer warte.
Mit fieberhafter Eile waren die Spu
ren des Nachmittaqsschlummers ver
wischt. Der Roman, i dem ich vor
dem Einschlafen geblättert hatte, flog in
den Papierkorb, der Paletot, den ich als
Plaid benutzte, hinterher. Jetzt noch
schnell ein paar dickleibige Bände des
Landrechts auf den Schreibtisch gelegt
und meine Wenigkeit selbst davoe etzt.
scheinbar in das Studium eines Ak-
tenstllcks", thatsächlich eines leeren Ak
tendeckels vertieft und Alles war
zum Empfange des lange Erwarteten
bereit.
Und er erschien. Nur wer sich je
mals in gleicher Lage befunden, kann
nachfühlen, mit welchem Gemiiq von
Neugierde und Ehrfurcht ich dem Ein
tretenden entgegensah. Während der
langen Wartezeit hatte ich genugsam
Muke gehabt, mir meinen ersten Klien
ten auszumalen. Ja, eigentlich hatte
ich ,hn mir doch ganz anders orgefleuk.
Die hochgespannten Erwartungen von
einem hohen Beamten, der in den fal
sehen Verdacht einer strafbaren Hand
luna aekommen. meine Hilfe begehrte,
oder zum Mindesten von einem großen
Finanzier, dessen ganzes Vermögen auf
dem Spiele stand und der gerade mich
mit der Wahrnehmung feiner ammnen
betraute, waren in den Tagen ungestör
ten Alleinseins zwar sehr in'S Wanken
gekommen, doch in diesen letzten Minu
ten wieder aufgelebt. WaS sich da zag
haft zur Thür meines Zimmers hinein
schob, sah nach Keinem von Beiden aus.
Es war ein Mann von mittlerer
Größe mit rothblondem Kopf und
Barthaar, angenehmen Zügen, in der
Kleidung eines biedere Arbeiters im
Sonntagsstaat.
Meiner Aufforderung, Platz zu neh
wen. leistete er bescheiden Folge und be
gann mit vor Erregung zitternder
Stimme, mir sein Anliegen vorzutra
gen.
, Er hieß Gottlicb Schulze. Seit fünf
zehn Jahren arbeitete er in einer bekann
ten Maschinen Fabrik und ernährte
durch seiner Hände Fleiß seine Familie.
Hochgeachtet im Kreist seiner Genoffen,
geschätzt von seinen Arbeitgebern, lebte
er glücklich mit den Seinen, und nun
brach unverschuldet das Verhängniß
über ihn herein. Er war beschuldigt,
einen Tiebftadl begangen zu haben, er,
dessen ganzes Leben makellos und nur
treuer Pflichterfüllung geweiht war, der
seinen Kindern vor allem Anderen den
Spruch an's Herz legte: .WaS nicht
Dein ist. rlldr' nicht an!"
Hier erschütterte ein convulsivischcS
Schluchzen den Körper des biederen
Mannes, und ich hatte Mühe, ihn s
weit zu beruhigen, daß er fortfahren
tonnte.
Unter Thränen erzählte er weiter, daß
sein College Krause, mit dem er seit
Jahren in innigster Freundschaft der
kehrte, gegen ihn die Beschuldigung er
hoben Hai, idm bei Gelegenheit eineS
gemeinsamen dendtrunlS unbemerkt
die Uhr au der Tasche gestohlen ,u ha
ton. An sei er, der unbescholtene
Mann doS Blut erstarre ihm noch jetzt
bei dem Gedanken daran auf Grund
der Tenunziat im vor der Polizei der
nnmirult rdkN. Und dtt MSN dIN
Verleumdn mehr Glauben schenke als
ihm, stehe jetzt gar die Erhebung der An
klage bevor.
Sein Brodherr, der von der Sach
Keliiituiß erhalten, habe ihn auf den
bloßen Verdacht hin aus der Stellung
entlassen, da er nur ehrliche Arbeiter
brauche könne. Nun lebe er und seine
ffamilie schon seit Wochen von ihren
kärglichen Spargroschen, denn eine Er
stcnz wolle er sich erst gründen, wenn
kein Makel mehr an seinem Rainen
haste.
Der Erzähler sprach mit immer größer
werdender Lebhaftigkeit; mit gerungenen
Händen beschwor er mich, ihm als Ver
theidiger zur Seite zu stchen und da
durch ihn und seine ganze Familie vor
dem Untergänge zu retten. Nachdem
ich ihm versprochen hatte, mich seiner
Sache nach Krästen anzunehmen, ein
psahl er sich unter tausend TankeS
Worten, und nur mühsam entzog ich
ihm meine Hand, die er mit Küssen be
deckte.
Ich begann sofort, mich mit seiner
Angelegenheit zu beschäftigen. Das; sie
aus dem Gebiete des Strafrechts lag,
war ganz nach meinem Sinne, denn zum
berühmten Vertheidiger hatte ich von
jeher den Beruf in mir gefühlt; nun
sollte meine erste Leistung den Grund
stein dazu legen. Die ganze Existenz,
sogar das Leben eines Menschen, stand
auf dem Spiele, denn daß ein Mann
mit solchen Gesinnungen die Schande
einer Verurtheilung nicht überleben
würde, stand sür mich scst, und in
meine Hände hatte er seine Sache ge
legt, von mir erhoffte er Rettung! Ja,
das Gefühl, das ihn zu mir trieb, sollte
ihn nicht getäuscht haben! Mit flam
nienden Worten wollte ich den Richtern
seine Lage schildern, meine Begeiste
rung, mein unerschütterlicher Glaube an
die Grundlosigkeit des über seinem
Haupte schwebenden Verdachtes mußte
sie mit sortreißen, und der günstige
äußere Eindruck meines Mandanten
würde mich unterstützen.
Im Zimmer auf und niedergehend.
begann ich schon damit, mir mein Plai'
doycr im Geiste zurecht zu legen: Mein
Herren Richter," so sprach ich halblaut
vor mich hin, blicken Sie den Ange-
klagten an und fragen Sie sich selbst,
sieht so ein Verbrecher aus? Können
diese offenen Züge lügen? Bedenken
Sie, daß in diesem Augenblick das Ge
schick eines Menschen in Ihren Händen
liegt, daß ein Wort von Ihnen ein
blühendes Menschenglück vernichten oder
einem geknickten Mann neue Lebens
Hoffnung geben kann! Die Tarstellung
des Zeugen Krau e dars für Ihren Ur
theilsspruch nicht ausschlaggebend sein;
sie trügt den Stempel der Unwahrheit
an der Stirn. Wie hätte ein mit
solcher Frechheit ausgesührkr Tiebstahl
unbemerkt bleiben können? Dem Krause
würde der Griff nach seiner Tasche nicht
entgangen sein, und es wäre ihm ein
Leichtes qewe cn, den Tieb in fla
granti" zu ertappen. Ich bitte Sie
inständigst. machcnSie meine ticfinnerste
Ueberzeugung von der Unschuld meines
Klienten zu der Ihren und geben Sie
den Unglücklichen seiner verzweifelw
den Gattin, seinen fast verwaisten Kin-
dern, wieder!"
So! Das mußte wirken! Und
befriedigt ließ ich mich wieder vor mei
nem Schreibtische nieder. Es dunkelte
bereits stark und der Schluß der Sprech
stunde nahte wohl schon. Ich griff nach
meiner Taschenuhr sie war fort. Doch
ich mußte mich irren, noch vor einer
halben Stunde hatte ich sie m der Hand.
Ich stürzte Mieder an den Schreibtisch,
durchstöberte den Bücherschrank, Papier
korb, jeden Winkel meines Zimmers,
ne war und blieb verschwunden.
Sollte etwa Gottlieb Schulze???
Doch nein! Fort mit dem häßlichen Ver
dacht! Diese offenen Züge können nicht
lügen! Und doch! Es war Niemand
sonst im Zimmer gewesen, nd bei
genauem Zusehen erkannte ich, daß die
Ührkette dicht am Knopfloch der Weste
mit einem scharfen Instrument durch
schnitten war. Das also war Dein
Handkuß. Eottlieb Schulze! O, Gott
lieb Schulze, warum hast Tu mir das
gethan!
Wie lange ich in dumpfem Brüten
dageseffen habe, weiß ich nicht ; mich
weckte erst das Oeffnen der Thür und
die heute och um eine Nuance ironischer
klingende Frage meines BUreauVor
ftehers : ob der Herr Rechtsanwalt sonst
noch Etwas wünsche. Jawohl, zum
Kukuk wünschte ich ihn und Herrn Gott
lieb Schulze dazu.
Aber was hals das Alles, und daß ich
mich selbst mit den schmeichelhaftesten
Namen der Zoologie titulirte?
Meine Uhr und meinen ersten Klien
ten sah ich niemals wieder!
berliner Witz.
Piavderci von Paul klndenberg.
Der Witz des modernen Berliner
thumS'sußt vielfach noch auf Kaiisch,
Glaßbrenner und den übrigen Humori
ften der fünfziger Jahre; er bildet nach
Fontane ein eigenthümliches Etwas,
drin sich Uedermuth und selbstironie,
Eharakter und Schwankendheit, Spott
sucht und Gulinüthigkeit, vor Allem
aber Kritik und Sentimentalität die
Hand reichen, jene? Etwas, das. wie
zur Zeit Friedrich Wilhelms III.. nur
witziggeschulter und geschmackvoller ge
worden, auch heute wieder alle Kreise
durchdringt, bei Hoch und Niedrig gleich
mäßig zu finden ist und bereits weit
über den unmittelbaren Stadtkreis hin
aus seine Wirkung äußert."
Nicht der letzte Vorzug deS Berliner
WitzeS ist seine Tchlagfertigkcit. Diese
zeigt sich auch schon in vielen Ausdrücke
der Berliner Vollssprache, welche an
Vielseitiulcit und origineller Umschrci
bunq nichts zu ivitnschen übrig lassen,
wobei auch hier ein tüchtiger Prozentsatz
Ironie müunterläust.
Nclimen wir be,,p,eismeie nur o,e
Drohungen mit ihrem ungcmeinen
Reichthum an Krastausdrückcn. Man
nich lange jefackelt!" und Immer feste
uf de Weste!" vertreten die Stelle der
Kriegserklärungen. Als saufte noch
malige Mahnung gilt: Nu reißt mir
aber bald die Strippe!" und als zarte
Frage: Soll ick Ihnen mal die lSis
beene knicken?" Fleundlich klingt auch
das Wort :
Der Mann hat Recht schmeißt
raus!" Manche Drohungen verfügen
über einen erstaunlichen Bilderreich
thiun. Et jiebt eens auf de Riebe,
det Deine Jurke denken soll, ihre Mut
ter ,s n KürbiS lewelen!" oder: ,,oll
ick Ihnen etwa im stcisen Arm verhun
gern lasten?" Kühn hinweg über alle
Kalendertage setzt sich die Ankündi
gung: Ick hau' Dir ecne, det De
denkst, Pfingsten nd Ostern fallen uf
eenen Tag!" und nicht minder lieblich
lauten: Ick jede Dir eene, det De die
Siegessäule vor 'ne Bratwurst ansehst!"
und: Et jiebt eene det De den Mond
vor'n Bäckergesellen hältst!" Und zu
den Schlägen noch den Spott, denn der
Gekeilte" wird höflich genagt: Wenn
Se 'mal wieder wat brauchen?"
Für viele Worte hat der Berliner
eine Murrn drollige iinö vieisaiy ires
sende Umschreibung. Den Eylinderhut
nennt er, weil er von den xamnan
den. den angebenden Bräutigams :c,
aetraae wird. Angströhre," aber
auch Civilhelm" ist nicht unrichtig.
Für eine Gurke sagt er Vegetarische
Wurst", für Na e Riechkolben", au
Kesichts-Erker", siir Ohren Horch
läppen", für Harmonika Schiffer
Pianino" (weil dies holde Instrument
oft zu Kahnfahrten mitgenommen wirv),
für Telephon Oua el strippe".
Die Schlagsertigkeit des Berliner
Witzes heftet sich natürlich mit Vorliebe
sofort an ZalleS Neue. ,lede-Pniail"
taufte der Bolksmund das am Königin
Augllsta-Ufer errichtete stattliche Ge-
bäude der Alters- und Jnvaiioenver
sorgung und Grünspan-Brücke" die
neue Friedrichs-Briicke wegen ihrer vier
mit grünlicher Patinaschicht Ubcrzoev-
neu Bronce-Figuren.
Auf den Schneidermeister Towe schen
schußsicheren" Panzer nimmt die
Scherzfrage Bezug: Ihr Uederrock
haben feie wohl von Towe machen la
sen?" Nun, er ficht so erschossen
ans."
Selbst Verdruß und Unglück können
den Berliner Witz nicht unterdrücken.
Als vor mehreren Monaten i der &cn
Irak Markthalle ein umfangreicher
Brand wüthete und eine Marktfrau
jammerte: Ach Jotte doch, wat wird
aus meine Kartoffeln?" tröstete sie eine
andere: Sei man jut, det jiebt mit
meine Eier und Bücklinge 'n scheenet
Jericht, da hab n wir lange wat dran!
Und als eine der Marktfrauen mit
Thränen in den Augen klagte: Wer
bezahlt aber morien meine Lieferanten?"
rief ihr eine Freundin zu: Laß md,
Luise, wisch ab Dein Geficht, der Lie
fcrante verklagt Dir nich," und dieser
Trost erweckte selbst auf dem Gesicht der
Weinenden ein Lächeln.
Mit seiner Schlagsertigkeit weist der
Berliner manche Veriegenheit, manchen
Verdruß oder manche ihm unangenehme
Zumuthung zurück. Herr Schulze spa
ziert in der Leipzigerstraße und bemerkt
vor sich einen Herrn, den er irrthümlich
für seinen Freund Jeckel hält. Mit
diesem will er sich einen Pak machen,
indem er ihm von hinten mit der flachen
Hand einen kolossalen Klaps auf den
Rücken giebt. Der Getroffene dreht
sich erschrocken um, Herr Schulze be
merkt seinen Irrthum und sucht sich zu
entschuldigen: Ach, verzeihen Sie,
mein Herr, ich habe geglaubt, es sei
Jeckel." Nun, und wenn es denn
Herr Jeckel wäre," erwiderte der
Fremde, müssen Sie denn dem so einen
furchtbaren Klaps geben?" Erlau
ben Sie mal," sagte Schulze grob,
was ick mit Jeckel mache, det jeht Sie
gar nischt an!" Ein Fremder rust
einem Berliner in unhöflichem Tone zu:
He, Sie da, wissen Sie, wo die Konig
Straßeist?" Jawoll, det weeß ick!"
sagt Jener und geht ruhig weiter.
Und durch die Blume" bemerkt ein
Tienstmann: Lieder Herr, seien Sie
doch so jut und jeden Sie jir 'ne
schriftliche Bestätigung, daß Sie mir
diesmal keen Trinkgeld jejeben haben.
Denn sonst jlaubt meine Frau, ick hätt's
versoffen!"
Wie gesagt, Verlegenheit giebt's beim
echten Berliner nicht.
lie anone von Austerlitz.
An den Much hei ?an in her Ha
riser Münze knüpft der Kaulois" nach
träglich eine ganz interessante Erinne
rung. Kaiser Nikolaus setzte das
Schmunarad der Presse in S,me,inn
aus der die ihm angebotene Denkmünze
LAei rt.H.j.ii ..it. .i..;
um wuiii Mitiiul uiullc. .cuuct
dachte aber Niemand daran, den Be
sucher auf den Ursvruna des Sckmuna
radeS aufmerksam zu machen, das aus
ven vki Ausieriitz erbeuteten Kanonen
vergcnelll wurde, wie dies aus den
Tenlmürdialkiten d3 itinamminifW
Napoleons DeS Ersten hervorgeht. ES
yeitzi arm:
Die Heeresbulletins, die von den
bedeutenden Erbeuwnaen ItinhUtbrr
Kanonen berichteten, regten in mir den
Gedanke an, mir eine kleine Theil
davon z sicher. Ich hatte daher mich
der Rückkehr des Kaisers nichts Eilige
res zu thun, als ihn zu bitten, mir 20
Kanonen zu überlassen.
20 Kanonen und wozu ?" fragte der
Kaiser lächelnd. Haben Sie vielleicht
die Absicht, gegen mich Krieg zu siih
reu?"
Gewiß nicht, Tire, die Partie wäre
zu gleich; ich möchte nur den Ge
brauch eines jüngst erfundenen
Schmungraoes verallgemeiiiern, daS
zur Prägung der Münzen dient. Es
ist ganz auf Kupser und mein Budget
ist nicht groß genug, in diese Ausgabe
zu trage. Jede Schwierigkeit ver-
schwände, wenn Ew. Majestät mein
Gesuch gnädig ausnehinen wollte. '
l!0 Kanonen, Herr Minister, das ist
aber viel !"
Ich glaube, daß ich so diel brauche.
Meine Absicht geht dahin, meine neuen
Schwungräder Austerlitz" zu nennen
und sie mit der Inschrift zu versehen :
Kupser, bei Aiisterlitz vom Feinde
erbeutet."
Ah !" sagte der Kaiser im liebens
würdigsten Tone. Sie packen mich bei
der Eitelkeit. Nun, Sie werden Ihre
Kanonen haben. Herr Kriegsminister,
sagte er zu dem General Berthier, der
gleich meinen anderen Kollegen anwe
send war, Sie werden die Weisung
ertheilen, daß 2g unbrauchbare Kano
eil dem Finanzminister zur Verfügung
gestellt werden" Die Austerlitz
Schwungräder dienten vorerst zur Prü
guug aller Münzen, werden aber jetzt,
da die Tampspressen arbeiten, nur noch
zur Prägung von Gelegenheitsdenkmün
zen verwendet.
Des 2oli( Rache.
Fritzel war neun Jahre alt und, was
man so sagt, ein enfant terrible.
Da machte er eines Tages wieder einen
seiner tollen Streiche, wosür ihn die
Mutter gehörig strafte und überdies
beim Vater verklagte. Tiefer hörte
anfangs mit ernster Miene zu, sagte
aber nichts weiter, und Fritzel glaubte,
aus den Lippen seines Vaters zuletzt ein
gewisses Lächeln bemerkt zu haben.
Fritzel gewann daher sosort die iltbix-
zeugung, daß seine Mutter einen Justiz
mord an ihm begangen habe, welchen
er zu rächen beschloß. Nach dem Klas
senunterricht ging er zu allen Damen
der Stadt, von denen er wußte, daß sie
seiner Mutter bekannt waren, und lud
sie angeblich im Auftrag der Mutter
auf Nachmittag vier Uhr zum Thee
bei derselben ein.
Als Fritzels Mutter um diese Stunde
sich eben zum B-snch einer benachbarten
Freundin angelllidet hatte, klingelte es
und klingelte es wiederholt, und eine
Dame nach der andern erschien mit der
Versicherung, wie sehr sie sich freue, der
Einladung habe Folge leisten zu kön-
ne u. . w.
Fritzels Mutter zog sich, so gut es
eben ging, ans der Lage, in welche sie
ihr böser Bube versetzt hatte.
Fritz," rief sie, nachdem sich die
Damen wieder entfernt hatten, zornent
brannt, Unhold, was hast Tu wieder
gemacht?"
O, Mutterl, ich bitt' Dich, sei
ruhig," erwidert Fritzel mit einer ab
wehrenden Handbewegung, w a s
hättest Tu erst gesagt, wenn
alle gekommen wären!"
(in altes Panzerschiff.
Gegenüber der weitverbreiteten An
ficht, daß unsere gepanzerten Kriegs
schiffe erst eine Erscheinung der neuern
Zeit seien, ist es vielleicht interessant,
daran z erinnern, daß schon die alten
Johanniler-Ritter ein Panzerschiff be
saßen, das sich allerdings von unseren
mit Stahl gepanzerten Tampferkolossen
wesentlich unterschied. Jenes alte Fahr
zeug war im Jahre 1530 erbaut und
gehörte zu dem Geschwader, das von
Karl dem Fünften gegen Tunis gesandt
wurde. Der berühmte Andreas Toria
kommandirte jene Erpedition, die mit
der Eroberung von Tunis endete und
zu diesem Erfolge trug das Panzerschiff
Sancta Anna nicht wenig bei. Es
sührte eine Menge Kanonen, hatte für
damalige Zeiten die ganz ungewöhnlich
starke Besatzung von 300 Mann und
war in jeder Beziehung prachtvoll aus-
gestattet. Es besaß eine Kapelle und
hatte eine eigene Bückerei an Bord, die
täglich frisches Brod lieferte. Tas
Merkwürdigste aber war sein mit Me
tallnügeln am Schiffskörper befestigter
Bleipanzer, der, wie unbedeutend er
auch im Vergleich zu den heutigen ftar
ken Stahlpanzern sein mochte, des
schiff dennoch gkgen die Geschoffe der
damaligen Zeit völlig unverwundbar
machte.
Geniestreich.
Von dem Geniestreich des Pförtners
in einem vielbesuchten sächsischen Gast
Hof erzählen die Tresdner Nachr.":
;iBt da Nachts gegen I Uhr der Piört
ner deS Hotels in seinem Stübchen und
duselt so vor sich bin. Plötzlich rüttelt
ihn ein gemüthliches Männchen aus
dem süßen Schlummer mit den freund
liehen Worten : Hörnfe, Herr Bortier.
Sie kennten wer emal die Hausdhire
uffmachen, ich hab' mer vun nnigen
Fremden die Stiesel zu'n Ausbessern
geholt, und da muß 'ch eilen, daß ich se
bis morgen frieh fert'g dringe." Der
Psörtncr reibt sich den Schlaf aus den
Augen und sieht, daß der biedere Schuh
machet sechs Paar Stiefel in de Hän
den trägt, an denen er angeblich Gene
sungskurm vornehmen soll. Nu,
wen Se eenmal die defekten Stiefeln
mitnehme, da könn' Se ovch gleich e
Paar vo mir niitnehmen zum AuSbes
fern, wenn Se di ooch erscht iebcrmor
gen wiederbringen." Mit diese Wor
im iibergiebt der Psörtuer auch seine
Stiesel dem Fußkllnstler, schließt ihm
die Hausthürc auf und entlaßt ihn mit
einem freundlichen Gute Nacht, auf
Wiedersehen !" Der freundliche Schuh
macher hat aber bis zum heutigen Tage
sich mit den Stiefeln nicht wieder sehe
lassen, und sechs Hotelgaste mußten
srüh Morgens mehrere Stunden auf
Strümpfen lausen."
2Ö eine Hau aushalte kann.
Ein Tiroler Blatt erzählt folgendes
charakteristisches Histörchen. Ein Bauer
verletzte sich bei der Holznrbeit die Hand.
Als sich die Wunde verschlimmerte, nahm
er Zuflucht zu einem Mann seines Ver-
trauens, der aber seid tverständtich lein
Arzt war. Dieser legte ihm Tabakblät
ter auf die eiternde 'Wunde. Als nun
der Bauer den dadurch hervorgerufenen
Schmerz nicht mehr ertragen konnte,
ging er zu einem anderen Heillünstler",
der legte ihm Pech auf. Die Hand schwoll
immer mehr an. Ein dritter Bauern
doktor steckte Schafwolle in die Wunde,
damit", wie er sagte, keine Luft zu
komme." Ein Vierter behandelte die
Hand mit Leim! Ter Zustand der
Hand verschlimmerte sich mehr Uiid
mehr und der robuste Mann konnte den
Schmerz bald nicht mehr aushalten."
Jrtzt wurde es ihm denn doch zu dumm
und er fand endlich den Weg in s Vpv
tal. wo ihm durch eine entsprechende
Operation zunächst Linderung und dann
allmähliche Heilung zutbeil wurde. Lie-
der aber hat der Mann Alles vorher ver
sucht und erduldet, als sogleich Heilung
an dem rechten Orte zu suchen.
Bestraft Höflichkeit.
In einem der Pferdebahnwngen, die
in London von Highgate nach Moorgate
street laufen, spielte sich neulich eine
kleine amüsante Scene ab. Der Wagen
war ganz voll, als eine innge Dame,
die kurze Haare und ein goldener Zwicker
ein etwas gefährliches Auslehen gaben,
einstieg. Ein junger Herr bot ihr sei
nen Sitz an und machte ein sehr er-
stauntes Gesicht, als die junge Dame
nicht nur sein Angebot ablehnte, son-
dem ihm mit lauter stimme folgende
Strafpredigt hielt : Ganz gewi nicht.
Diese sogenannte Höflichkeit seitens der
Männer ist nur die Vergoldung unserer
Ketten. Sähen sie in uns ihrcsglci-
chen, so hörten diese dummcn Galan
terien bald auf." Sprachs und blieb
stehen ; die übrigen Passagiere lächelten
vergnügt vor sich hin, und der höfliche
junge Mann sah aus, als ob er sür
alle Zeiten von seiner Höflichkeit kurirt
wäre.
Liebenswürdig.
Als Rossini eines Tages in Paris
mit dem Musiker Braga fpazieren ging,
begegnete er Mcyerbeer, der bekanntlich
sehr eifersüchtig auf ihn war, der aber
sich eifrig nach der Gesundheit Rossinis
erkundigte.
Ach, es geht mir schlecht, sehr
schlecht," versetzte der Komponist des
Barbiers" ; ich habe Kopfichmerzen,
Seitenstechen und kann die Beine kaum
bewegen."
Nach kurzer Unterhaltung ging
Meyerbeer von bannen, und Braga
sragte den groiien omponisten, wie es
komme, daß er plötzlich so unwohl ge-
worden fei.
Lächelnd beruhigte Rossini seinen
Freund und sagte: O, mir geht es
ganz gut; ich wollte nur Meyerbeer
eine kleine Freude bereiten.
Ttt Kaufmann und der Seemann,
Ein Kaufmann fragte einen See
mann, was für eines Todes sein Vater
gestorben sei. Der ermann antwor
tete: Mein Vater, mein Großvater und
mein Urgroßvater sind auf dem Meere
verunglückt."
Fürchtest du dich denn nich!" fuhr
der Kaufmann fort, zur See zu gehen?"
Aber sage mir doch," versetzte der
Seemann, ohne auf die Frage des Kauf
manns zu antworten, wie ist denn dein
Vater, Großvater, und Urgroßvater ge
starben?" Die sind alle in ihrem Bette geftor
storden,' erwiderte der Kaufmann.
Tarauf fragte lächelnd der Seemann:
Und du fürchtest dich nicht zu Bette zu
gehen?"
Auch n'ch.
Ja wohl, Herr Schwiegersohn
und meine innere Stimme sagt
mir "
Schwiegersohn (schon halbtodt von
der stundenlangen Moralpauke): Was,
eine innere Stimme haben Sie auch
noch?"
INittcl
kZöchin: Tu liebst mich so lau!"
Soldat: Zahl' Maß. nachher lieb'
i' Dich rasend!"
Va.
Wirth : Wissen Sie nicht einen hüb
schen Namen sür meine Weinstube?"
Gast : Gmiß ! Nennen Sie sie
Zum Diogenes"."
Wirth : Diogenes? wer war denn
das?"
Gast: DaS war ein griechischer
Philosoph, der in einem Weinfaß saß
und Wasser trank !"
lllelir Sicht.
Er: Warum weinst Tu, ist Tir
unwohl?"
Sie: Ach nein, aber i der Stadt
ist eine so schlechte Bcleilchtuna, daß
meine Freundinnen, denen ich begegnete,
mein neues Kleid gar nicht bemerkt
haben."
jmrner icv (Siei.tje
Brautmutter; Gott sei Tank, daß
Sie endlich kommen, Herr Professor,
die Braut wartet schon mit Sehnsucht
aus Sie!"
Brüiitigam: Ach, ich bitte tausend
mal m Entschuldigung, gnädige Iran,
aber ich mußte och rasch aus die Poli
zeidireltion."
Brautmutter: Ja, was mußte:! Sie
denn dort thun?"
Bräutigam: O, ich wollte nur eine
Adresse nachschlagen lassen; ich hatte
nämlich vergessen, wo meine Braut
wohnt!"
Eine Ringe,
Junge Hausfrau: Die Eier, die
Sie mir da verkaufen, sind wirklich schön
h rtrnfi 11i(4 frifift rtMn,t Uvrn.ii'tt
twiw tt'v, 1M ..'' - ""i"
cie mit morgen iiuaj zivei caioii, uoer
von derselben Henne." '
INaMiös,
Wiiih (jinn Küchenchef): Jetzt ha
den Sie zweimal statt Schweinebraten
Gänsebraten hereingeschickt. Sie den
ken wohl heute den ganzen Tag an Ihre
Braut, die Ihnen untreu geworden
ist?"
Se weiß ZZcscheid,
Herr: Fürchten Sie nichts, Fräu
lein, ich bin ein Ehrenmann."
Dame: Ach ja, aber eben die Ehren
Männer sind siir uns Mädchen die Ge
fährlichsten."
ZZcwiwhci!ctes ?prichnwrt.
Frau (die eben von ihrer Schwieger
tochtcr kommt): Weißt Du, Alter, ich
begreife noch immer nicht, wie sich unser
Junge eine solche antippe znr Frau
nehmen konnte!"
Mann: Hm, man sagt doch: .Wie
die Alten sungkn, so zwitschern die Jun
gen!'" Anzüglich,
Sie: Sich' nur, hinter Tir sitzt
Herr Müller mit Frau. Der muß doch
riefig unglücklich darüter sein, daß sie
so sehr stottert!"
Er: Im Gegentheil, das stelle ich
mir sogar sehr ideal vor, denn ehe sie
herausgebracht hat, daß sie ein neues
Kleid haben will, hat er sich schon zehn
mal angekleidet und ist ansgerissen."
!Na?ki,r,
Herr lzu einem Bekannten): Denke
Dir, unser Freund Meier war vor einer
Stunde noch gesund und munter auf
der Soiree, nd jetzt ist er verlobt!"
Der mafjfi,t.
Lehrer: ,So, so, Euer Sohn studiit
auf der Universität; was studirt er
denn?"
Bauer: Ja, dös kann i nimma
nenna, aber 's feinste muß scho' sein,
denn 's kost' sakrisch Geld!"
'hms minderes.
Aber ich schwöre Ihnen. Anna, daß
ich Sie aufrichtig liebe."
Bedaure sehr, mein Herr, aber mein
Herz ist nicht mehr frei."
Sie wollen also wirklich nicht meine
Frau werden?"
Ihre Frau? O, daS ist etwas An
deres. Warum haben Sie das nicht
gleich gesagt?"
Vei Sonntagsjäger.
Förster: Ich habe mir ausgerechnet,
daß jeder dritte Schuß einen Hasen
trifft."
Na, mir scheint, ich mach' immer nie
ersten zwei Schüsse."
verdächtige tzascnjag!.
Wirtbin (die koebcn einem Gast kia
senbraten gebracht ha!): Ja wissen S',
mein Mann schießt halt alle Hasen sei
ber. und neulich bat er koiur das cch
a'habt. 'n Schornsteinkeaer a bisserl ?u
treffen."
Bo5haft.
Reisender: Was war das denn für
eine Gesellschaft, der Sie gestern Abend
spät noch aufmachten?"
Wirth: Mehrere Herren, die zur
Jagd hergekommen si:,d!"
Reisender: Na, die werden diese
Nacht eine reiche Beute in ihren Jim
mern gemacht haben!"
Gerechte Entrüstung.
Frau:' Ich glaube or. Tu haft
schon die achte Maß, und ich bin noch
bei der ersten halben."
Mann: Lchau, das empört mich
eben so. daß ich halt mmt ncch eine
trinken muß."
rerstnai?xt. '
Richter: Wie alt find Sie?"
Zeug!: VierundManzig."
Richtir: Wann starb Ihre Mut
ter." Zeugin: ,?or zweiunddreißig Iah.
ren."
bedenkliche Krisis.
Maler: Wie finden Sie
mein
neuestes Bild: .Die Wüste'?"
Besucher: Großartig, habe nie 'waZ
Wüsteres gesehen !"