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About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (Oct. 29, 1896)
in Ruß, E,N! (tiidjKau bfin :Holfiiimlai Jnol. Auf dem Solder" (Ballon) des tlri nen ä8itl)bslu(e im lorfe Grätsch saß eine Sommerabends, zur Zeit, als Grätsch och nicht modisch eingerichlet war, ein junger Wiener Künstler. Er hatte zwar sein Slizzenbuch vor sich, um die umliegende Lanbschast im wechseln den Lichte der untergehenden Sonne zu zeichnen, doch gab er diese Zlbsicht aus und ergötzte sich am süßen Nichtsthun. Hatte er doch bereit der Skizzen genug von Merans wundervoller Umgebung. Nun sand er eS aiimntheiidcr, bei mit dem Muskateller mit der liebreizenden Gretel, dem Töchterlein der Wirthin, zu plaudern. Das junge Mädchen wurde nicht müde, die malerischen Vlroeiten fei ner Hand anzustaunen. Und da ist auch unser Kirchü!" rief sie in ihrem herzlich klingenden Dialekt. Mei wia ist dös oalls so schön !" Der Maler beobachtete sie mit warmen Blicken. Da hätte ich wenigstens eine begei sterte Kritikern,!" sagte et lachend. Weißt Tu. kleine Fee, es ist schade, das, ich lein Porträtmaler, sondern nur Landjchaster bin. Ich würde Dich selbst malen und Dein Bild in die Wiener Kunstausstellung senden. Das wurde .Aller Augen entzücken, wie die meinigen." O, an mir ist doch nichts Besonde res," erwiderte das Mädchen ini!beschei den gesenkten Augen. Blickst Du denn nicht manchmal in den Spiegel, um zu sehen, wie schön Du bist?" fragte er mit dem Ausdrucke voll ster Aufrichtigkeit. Ein glühende Erröthen kam auf Gretel's Gesicht, sie wagte es nicht, zu ihm aufzusehen. Sie schmeicheln nur, Herr " Wilbald heiße ich nenne mich so, kleine Fee! Und sag' mir: hat Dir noch nie ein Mann Aehnliches ausgespro chen ?" Was. Herr Herr Wilbald ?" Daß Du das schönste Mädchen weit und breit bist ?" Ach. Herr...." Na, sei mal aufrichtig, Gretchen, wie ist's mit dem Saltner (Weinhilter), dem schwarzäugigen Riesen? Ist das nicht Dein Liebhaber ?" Das junge Mädchen zupfte verlegen an ihrer Schürze. Die Leute sagen so," antwortete sie befangen. Der Anton kommt oft her und ist gut gegen mei Mntterl " Und gegen Dich, wie? Du hast ihn lieb ?" Ich hab Niemanden lieb, als mei Mutterl," erwiderte dasMädchen stockend und dabei quollen ihr ein paar Thränen aus den Augen hervor. Der Maler, ein heißes Wiener Blut, faßte ihre Hand. Könntest Du wohl mich ein wenig lieb haben, liebe kleine Fee ?" Einen Moment erhob sie wie freude strahlend ihren Blick und sah ihn lächelnd an. Tann entzog sie ihm schnell die kleine, von Arbeit rauhe Hand. 'Jetzt muß ich aber fort !" sagte sie. Mutterl ist gewiß bös, . daß ich hier so lange müßig plaudere." Rasch schlüpfte sie daizon. Aber eS währte nicht lange, da kam sie wieder und machte einen kleinen, sehr durchsichtigen Borwand, wie sie schon oft gethan hatte, feit der kurzen Zeit des Aufenthalts des Malers. Denn wie mit Zaubergewalt zog es sie zu dem jungen, einnehmenden Manne hin, und nachdem er ihr deutlich zu verstehe gegeben hatte, daß sie ihm nicht wie jedes andere Mädchen sei, war ihr schuldloses Herz an ihn gefesselt wie mit tausend Ketten und Banden. Sie war wirklich das schönste Mädchen unter den Dörflerinnen weit und breit, beliebt bei allen Burschen des Dorfes. Aber keiner von denen war im Stande, ihr so säße Worte zu sagen, wie der fein geartete Großstädter, der doch kein Modegeck war, sondern ein natürliches, kraftstrotzendes Wesen an sich hatte. Aber auch der Maler widmete dem lieblichen Mädchen eine warme Zunei gung, ohne daza zu kommen, sich die ernsteren Folgen derselben vorzustellen. Alle Bewohner des Torfes wurden ihm vertraut, alle Burschen sahen scheel auf ihn, und ganz besonders wurde ihm der Saltner, der sich als Gretl's Verlobten betrachtete, feindlich gesinnt. Eines Tages war Gretel von ihrer Mutter nach Meran gesandt worden, um Einkäufe zu machen. Sie halte dies dem Maler gesagt und er hatte versprochen, ihr entgegen zu kommen und sie nach Hause zu begleiten. Der Saltner war im Dienst und be obachtete Beide, als sie in traulicher Unterhaltung den Weg hinauf kamen. Plötzlich stand er vor ihnen. Seine schwarzen Augen funkelten unter dem phantastisch geschmückten breiten Hute hervor, krampfhaft umspannte seine nervige Faust die Hellebarde, während seine Linke auf dem Griffe des Piftols in seinem breiten gestickten Gürtel ruhte. Der Maler sah nichts von seiner Aufregung, oder wollte nichts sehen. Er grüßte ihn mil heiterem Zurufe. Freut mich. Sie zu sehen, Salt ner !" .Ich wollte Sie nicht sehen, Herr, son dern das Gretf," engegnete Anton finster. .So ; nun, da ist sie !" versetzte der Maler, einen Schritt zur Seite tretend. .Und sie sprechen", setzte der Saltner hinzu. Der Jahrgang 17. Tann will ich nicht mehr stören bemerkte der Maler lächelnd. Wenn solch' ein Tapferer Sie geleitet, Gret chen, sind Sie in sicherem Schutze. Ich werde allem vorausgehen. Das Mädchen blickte hiilflos auf ihn und hätte ihn am liebsten zurückgehal ten, aber sie durste ihre Empfindungen nicht verrathe und der Maler entfernte sich auch bereits. Absichtlich schritt der Saltuer nur langsam des Weges, so daß das Mädchen nach einigen Minuten mit ihm allein war. Was hast mir zu sagen, Anton?" fragte sie, ohne ihn anzusehen. Kannst Dir'S nicht denken?" ent gkgnete er rauh. Fragen wollt ich Dich, wnS hast mit dem s?tadtherrn?" Mit wem?" fragte sie, sich verstel lend, Ich mein' den Farbenkleckser! Will er Dich etwa heirathen?" Diese Frage gab ihr einen Stich in's Herz. Heirathen! Noch mit keiner Silbe hatte der Mann, den sie über Alles liebte, eine solche Andeutung gemacht. Harmlos war sie in einem eingebildeten Paradies gewandelt, nun kam dieser rauhe Dörfler und stellte mit derbem Wort die Wirklichkeit vor ihre Augen. Welches Recht hast Du, mich so zu fragen?" entgegnele sie. Mehr Recht wie er!" versetzte der Saltner trotzig. Und wenn Du auf meine Frage nicht antworten kannst, wenn er Dich zum Narren hat und vor allen Leuten zum Gespött macht, will ich ihm das Genick brechen!" Er hat doch Dir nichts gethan!" rief sie mit bebender Stimme. Ist freund lich und zutraulich zu Allen." Ja. zu Dir, Thörichte!" stieß Anton heftig hervor. Mag er bleiben, wo er will ! Hier bei uns soll er den Frieden nicht stören. Was willst Du mit ihm? Laß diesen Gioßstädter. Gret'! Du weißt, was ich Dir bin. Ich will jetzt mit Dein' Mutterl sprechen und Dich heirathen. So mach' ein End', Mäd chen!" Ich kann Dich nit heirathen. An ton," sagte das Mädchen mit unsicherer Stimme. Kannst nit wegen ihm?" fuhr er auf. Ich - ich hab' Dich nit lieb," ent gegnele sie; nit so lieb, daß ich Dich heirathen könnt." Er schaute sie lange mit sinsterem Ausdruck an. Ist das Dein letztes Wort?" Darüber, ja!" Bedenk, was Du sagst, Gret'! Du willst mich nicht?" Nein," erklärte sie nun mit festem Tone. Der Saltner murmelte ein Fluchwort vor sich hin, wendete sich um und verließ das Mädchen. Ihr Gesicht war todten- bleich geworden, ihr Herz war voll Furcht und Pein. Sie besorgte, daß der rachsüchtige Man ihrem geliebten Maler ein Leid anthun könne. Am andern Nachmittag sah sie den Geliebte wieder. Sie saß allein auf dem Solder und schälte Obst. Nun, kleine $m" sagte er. Tu stehst so blaß aus. Ist Dir das Zu sammentreffen mit Deinem Berehrer nicht gut bekommen?" Ich hab' keine Verehrer, Herr," er widerte rett leise. Bin ich es nicht?" versetzte er. Bin ich nicht mehr als das? Weiß ich nicht, daß Tu die lieblichste Fee in LaurinS altem Rosengarten bist, von der ich mich nicht mehr losmachen kann?" Ach. Herr...." Plötzlich trat er ihr ganz nahe, nahm ihren Kopf zwischen seine Hände und küßte mit leidenschaftlicher Innigkeit ihre Lippen. Ehe sie sich in holder er wirrung seiner zu erwehren vermochte, hörte sie mit Schrecken die Stimme ihrer Mutter. Der Maler trat sogleich zurück und lehnte sich über das Gelän der, scheinbar mit Betrachtung der Ge gend beschäftigt, aber die heraustretende Wirthin, welche durch den Saltner arg wöhnisch gemacht war, ließ sich nicht so leicht täuschen. Gretel beugte sich tief über ihre Arbeit, um ihr glühendes Ge sicht nicht sehen zu lasten, doch dies ge lang ihr schlecht. Riesft nach mir Mutterl?" fragte sie ohne aufzublicken. Auch ihre bebende Stimme verrieth sie. .Was schaffst hier so lange?" sagte die Wittwe scharf. .Ist hier ein Ar beitsplatz für Tich. oder ist der Solder 1 für die Gäste? Mach' Tich fort in die! Küchcl. wy T' hing'hörst!" j Tief betreten, ohne noch ein Wort zu j sprechen, stand Gretel auf, nahm ihre ; Schüssel und ihr Obstkörbchen und ent fernte sich. Die Wirtbin hatte sich vorgenommen, 1 dem Stadtberrn scharfe Worte zu sagen, aber der Blick, mit dem er sie maß, i schüchterte sie ein und sie zog sich stumm j zurück. I A.n nächsten Tage war Gretel nicht ; , sehen. Ihre Mutter hatte sie weit! Sonntagsgast Bettage zum Nebraska Staats-Anzeiger. fort auf die Alm gesandt, weil der Saltn:r die Kunde von der Erkrankung einer oben befindlichen Nichte der Wirthin gebracht hatte. Erst nach drei Tagen konnte Gretel heimkehren. Es war mit der Erkran kung ihrer Cousine gar nicht so schlimm gewesen. Der Saltuer hatte absichtlich übertrieben. Mit beflügelten Schritten machte das Mädchen ihren Heimweg, und immer schaute sie auf, ob sie den Geliebten irgendwo sehen könne. Doch sie sah ihn nicht. Und als sie in ihrem Häuschen angelangt war, bekam sie ihn auch nicht zu Gesicht. Einen Tag lang hielt sie die Pein der Erwartung ans, dann wurde sie kopfhängerisch und bleich und wo sie ging und stand, war sie wie in Träume verloren. Die Mut ter sah es. Schaust eh nach dem fremden Stadt herrn aus?" sagte sie. Der ist fort, und gut ist es. Hat eine Telegraphen botschaft bekommen, daß er gleich nach Wien reisen mußt." Gretel taumelte wie betäubt zurück. Und, Mutterl, hat er nichts hinter lasten?" fragte sie mit stockendem Athem. Nichts für mich?" Einige Momente zögerte die Wirthin, dann holte sie ein kleines Couvert vom Sims. Wenn D' so sehr danach verlangst hier ist's, was er hinterlassen." Gretel riß begierig das Couvert auf. Ein kleines Billet lag darin, welches folgendermaßen lautete: Liebe kleine Fee! Gern hätte ich, von hier abgerufen, Ihnen persönlich Lebewohl gesagt. Es konnte nicht sein, wie Ihre Mutter mir mittheilte. Ich wußte auch nicht, wohin Sie gegangen waren. Man verschwieg ä mir wohl absichtlich. Ich sollte wohl Ihrem Bräutigam nicht in den Weg treten. Adieu denn und aus Wiedersehen! Wilbald." Gretel's Hände zitterten, als sie das Billet zusammenlegte. Still ging sie damit hinweg und ihre. Mutter blickte ihr kopfschüttelnd nach,' Er hat ihr was in den Kopf gefetzt", dachte sie. Es war höchste Zeit, daß er sich fort machte." Gretel empfand e'ne entsetzliche Leere in und um sich. Einen so dürftigen Trost wie dieses kurze Adieu, hatte sie nicht erwartet. Und was sollte das mit dem Bräutigam? Sie zermarterte ihren Kopf mit Nachdenken und vermochte dennoch nicht zur Klarheit zu kommen. Der Saltner kam wiederholt in's Haus, bedrängte sie mit seinen ernst gemeinten Anträgen, und ihre Mutter lag ihr in den Ohren, sie möge keine Thörin sein. Der Saltner sei der tüchtigste Bursche im Dorfe und weit umher, er könne eine stattliche Frau aus ihr machen; und ob sie denn ohne einen Ehemann alt wer den wolle? Gretel hörte das alles an, ohne daß es Eindruck auf sie machte. Als aber der Saltner mit aller Entschiedenheit von ihr abgewiesen wurde und nun an sing, sie mit dem feinen Stadtherrn aufzuziehen, lernte sie ihn Haffen. Andere Burschen im Torfe verspotteten sie auch ; sie blieb einsam für sich, brü tete und wartete. Hatte doch Wilbald geschrieben : Auf Wiedersehen !" Es vergingen drei Jahre. Der Land- schaftsmaler Wilbald hatte sich mit einer reichen Frau vermählt, und die reiche Frau war von schwächlicher Gesundheit Der Hausarzt rieth Meran zu langem Aufenthalt. Selbstverständlich hatte der beglückte Gatte die angenehme Pflicht, seine Erwählte dahin zu beglei ten. Im Hotel hatte sie König Lau rin's Rosengarten" gelesen und da die ganze wohlsituirte Welt von Meran ge wohnt ist, den heutigen Rosengarten deS Burggrafenamts, diesen schönen sonnigen Gau. zu besuchen, so ging es eines Tages hinaus nach Weffodrunn und weiter nach Grätsch. Sieh doch, Wilbald, mit welch bö sem Blicke Dich der schwarze Mann dort anschaut !" sagte in der Nähe des Tor fes die Frau des Malers mit den Augen zur Seite deutend. Diese Gestalt könnte mich fürchten machen; wie ein italienischer Bandit." Der Maler blickte in der angedeute ten Richtung. Er sah eiren finstern, schlechtgekleideten, hohlwangigen Men schen, in welchem er sogleich den ehema listen Saltner Anton auch ohne die Tracht eines solchen erkannte. Tann lachte er gezwungen. Banditen giebt es hier nicht, liebes Kind. Sei unbesorgt! Der Mann scheint betrunken zu sein. Was küm mert er uns?" Ader plötzlich wurden alle Erinnerun gen an seinen früheren Aufenthalt in ihm wach und eine unangenehme Empfindung bemächtigte sich seiner, durch vieles Reden und einen gewissen Galgenhumor suchte er sie zu bannen. Wa? hatte er denn Unrechtes gethan? Mit einem hübschen Wirthsiöchterlein gescherzt und geliebelt und sie einmal! ein einziges Mal nur geküßt. Das war ein wonniger Moment gewe sen. Was weiter? Sollte er sich gar deswegen das Herz schwer machen, das in einem reichen Ehestande ruhiges Ge nügen fand? Mit energischem Fuß betrat er an der Seite eines Weibes dasselbe Wirth haus, in welchem er drei Jahre früher so gern geweilt, denselben Balkon, auf dem er mit der kleinen Fee gescherzt hatte. Was mochte aus ihr geworden sein? Würde er sie sehen und welches Gesicht würde sie machen? War sie am Ende doch die grau des !vianneS gewov den, der, vielleicht aus neu erwachender Eisersucht, ihn mit den Augen erdolchen zu wollen schien? Es war ihm eine förmliche Erleichterung, als er kein be kanntes Gesicht, sondern eine fremde Wirtinn sah. Er wagte nur keine Frage zu stellen. Nachdem beide vom Solder aus urn geschaut und er seiner Gemahlin die ihm bekannten Orte gezeigt hatte, sprach er den Wunsch aus, seine Skizzen zu einem Gemälde, welches er vorhatte, einmal revidireu zu wollen. Zu diesem Zwecke hatte er sich sein Malzeug nach tragen lassen. Seine Frau erklärte, einstweilen auf dem Ballon Siesta hal ten zu wollen. Sie sei etwas erschöpft. Ruhe süß!" sagteer, indem er sie auf ihr goldenes Haar küßte. Dann ging er. Als er wiederkehrte und seine Frau anblickte, war er betroffen. Es standen ihr Thränen in den Augen. Was ist Dir begegnet?" fragte er besorgt. Oh, nichts", erwiderte sie. Die Wirthin hat mir soeben eine sehr trau rige Geschichte erzählt, die sich hier zu getragen hat. Sie war redselig und wollte die Herrschaften" näher kenne lernen, die ihr Haus beehrten. Als ich ihr sagte, mein Mann sei ein berühmter Maler, da erzählte sie mir, ein junger Maler habe var drei Jahren hier ein schweres Unheil angestiftet. Er habe der Tochter der früheren Wirthin Liebe in den Kopf gesetzt und versprochen, wiederzukommen, sei aber nicht wieder gekommen. Das arme Mädchen sei vor Gram stillem Wahnsinn verfallen und daran gestorben. Die Mutter sei ihr vor einem halben Jahr in's Grab nach gefolgt und der Bräutigam des jungen Mädchens, sonst ein stattlicher Bursche und Weinhüter, habe sich aus Verdruß den Trunk angewöhnt und strolche nun umher, ein Schimpf für alle Dorfbe wohner." Sie blickte ihn an. WaS sagst Du dazu?" fragte sie mit Betonung. Wilbald aber war minutenlang sprachlos. Ist es nicht schändlich?" fuhr seine Frau fort. Drei Leben aus frivoler Laune ruinirt! Wie muß das arme unglückliche Mädchen gewartet und ge hofft haben, ehe der Tod sie brach ! Lei der konnte mir die Wirthin den Namen des Malers nicht nennm. Ich hoffe, es ist keiner von Deinen Bekannten. Wen ich ihn kennte, würde ich ihm meine Verachtung nicht vorenthalten. Er hat feig und nichtswürdig gehan delt; meinst Tu nicht?" Ich ich" stammelte Wilbald. doch gewaltsam raffte er sich zusammen. Wer weiß, ob die Sache nicht anders ist, liebes Kind", sagte er mit festerer Stimme. Man kann nicht alles so glauben, wie es Bauernverstand dar stellt...." Aber der Tod der Tod sprach doch Wahrheit !" rief sie heftig. Ach, Wilbald, wie bedaure ich, heule hierher j gekommen zu sein !' Die Geschichte wird ; mich noch lange verfolgen und mir die gute Kimmung Iruven. jtomni, las; uns gehe !" Der Maler folgte ihr wie ein Gerich teter. Die Schalten der Todten gingen mit ihm. Sie stellten sich noch lange zwischen ihn und die Frau, die er statt des armen Landmädchens heimgeführt hatte. Der INiinchhausen auf ZZiizen. Der greise Wirth auf Stubbenkam mer, bereits vor mehreren Jahren ge storben, war eine berühmte Person in Rügen und Vorpommern. Das Voll nannte ihn den alten Lehrend"; er war eine imposante Erscheinung, sechs Fuß hoch, mit langem, weißem Bart, dichtem Haupthaar und einem so vor nehmen Benehmen und Wesen wie ein Lord auS dem Oberhause. Seine Gäste hatten bei ihm stets des Gefühl, als ob er sie nur aus Höflichkeit bewirthe. Er war ein gerader und zuverlässiger Phn laltei, der a der Wahrheit hielt, Halle er aber an der Tafelrunde seiner Gäste den Ehreniitz eingenommen, dann kam der Geist Münchhaufen'S über ihn und er gerielh in das haarsträubendste Jä gerlatein. Der trockene Humor und die No. 24. unbändige Lust am Hänseln brachen mit unwiderstehlicher Gewalt bei dem alten Herrn durch, und ohne Schonung von Rang und Stand und ost gehör ten seine, Gäste den höchsten Ständen an band er ihnen Allen mit der ehr barste Miene die fürchterlichsten Bä reu auf. Ganz zufällig, wie immer, begann Lehrend eines Abends mit seinen Nach barn ein Gespräch, und Anfangs ging Alles höchst harmlos und glaubwürdig zu ; er erzählte, daß der alte Messing Theekessel aus dem Eckspiude noch ei Geschenk vom Ezaren Peter dem Großen an den kühnen Seeräuber Störtebecker sei, dann von der Ledernen Kanone", die der große Schwedenkönig Karl der Zwölste auf Stubbenkammer zurückge lassen habe, als er vom Königsstuhl aus die Seeschlacht der dänischen und schwe dischen Flotte beobachtete. Diese Ka none sei einer der ältesten Hinterlader und aus einer Reihe abgetragener Stul penstiefel gefertigt worden, als den Schweden bei der Belagerung von Slral fund daS metallene Geschlitzmaterial auszugehen begann. Nun fingen die übcigen Gäste an, aufzuhorchen, und erkundigten sich nä her nach der merkwürdigen Lederkanone ; bald beherrschte Behrend das ganze Ge' spräch mit seinen merkwürdigen Mit theilungen und Erfahrungen, die er in seinem weltvergessenen Winkel gemacht haben wollte. Große Sensation rief seine Erzählung von den gezähmten Seehunden hervor, die er in einem Stalle an dem Fuße der Klippe dicht an der Ostsee beherberge. Seine Seehunde seien so gut dressirt, daß sie die ihm ge hörigen Fischerboote an's Land zögen, die Raubfische von den Lachsfüngen ver jagten, die Häringe vom Meere in die Slellnetze an der Küste trieben und ihre eigenen ungezähmten Kameraden von den Fifchgrllnden, denen sie als große gi chräuder gefährlich werden, in die Tiefe der Ostsee zurücktrieben. Alle lauschten, von ehrlichem Stau- nen füllt, und Behrend versprach einem anwesenden Profeffor der Natur künde, gelegentlich Alles schriftlich auf zusetzen, damit es in einem fachwissen schaftlichen Blatte veröffentlicht werden könne. Da erhob plötzlich ein kleines dicker Herr mit, einem ungeheuren Borstenkopf seine Stimme und sagte sanft, aber nachdrücklich: Gezähmte Seehunde das will noch gar Nichts sagen ich habe zu Hause einen zahmen Lachs. Wenn meine grau ihr Taschentuch in s Was ser wirft und sagt : Hans, bring's wieder," dann apportirt dieser Lachs so fort das Tuch. Allerdings habe ich den erst sehr scheuen Fisch von klein aus per sönlich ausgepäppelt; er war nämlich im zartesten Alter zur Waise geworden. Jetzt ist er aber so zahm, daß er jeden Morgen an unser Frllhstückszimmer her anschwimmt wir wohnen nämlich dicht beim Wo er mit der Ruckenflo e an die Fensterscheibe klopst und sich seine Kaffeesemmel ausbittet." Einen Augenblick herrschte starres Entsetzen an der ganzen Tafel, im näch sten Augenblicke brach ein unbündiges Lachen los; nur der alte Behrend stand starr und stumm von seinem Armstuhl aus, schleuderte einen wüthenden Blick auf den fürchterlichen Konkurrenten im Aufschneiden und sagte mit bebender Stimme zu demselben: Mein Herr, dann kennen Sie wohl auch die Geschichte von den Aalen ?" Ich weiß nicht welche," antwortete höflich fein unerschütterliches 'iegenüber; meinen Sie die. wie die Rügen Fi scher wasserdichte Strümpfe ohne Naht aus Aalljüuten gewinnen? Man fängt zwei armdicke Aale, nagelt sie lebendig mit dem Schwanz an einen Thür Pfosten, macht den Aalen einen Schlitz zwischen die Augen und kitzelt sie so lange, bis sie durch diesen Schlitz leben big aus der Haut fahren ; die zurück gelassene Haut gibt sodann prächtige wasserdichte Fischerftrümpfe ohneNaht." Es war wohl das erste Mal, daß der alle Bhrend seinen Mann gefunden Halle, der ihm in Mllnchhausiadcn über war. Einen Augenblick kämpfte noch Aerger mit Lachlust in ihm, dann siegte die Letztere und mit einem kräftigen Faustschlag auf den Tisch fragte der alte Herr seinen lustigen l'iegner, mit wem er denn eigentlich die Ehre habe. Mein Name ist Fritz Reuter," lau tete die Antwort. Nur wer da weiß, welche ungeheure Volksthümlichkeit der berühmte platt deutsche Dichter besonders unter den Plattdeutschen genoß, kann sich denken, w.'lch' freudige Aufregung losbrach bei der Mittheilung, daß sie Fritz Reuter unter sich Hütten. Der älteste Rothwein und der feinste Ehampagner wurden aufgefahren, und Behrend zog die Spendirhosen" an. Am nächsten Morgem fuhr der Fremde früh ab. Natürlich wurde ihm keine Rechnung überreicht. Als er fort war. eilte Behrend zum Fremdenbuch, um das kostbare Blatt mit Reuter'S Namen unter t'ilaS und Rahmen zu legen. Aber mit dem Ausruf : Herrgott, hat der Kerl gelogen!" legte er still da Buch wieder zur Seite ; den da stand nicht Fritz Reuter, Schriftsteller au Eisenach" d'ri zu lesen, sondern Fritz Reuter Weinreisender ans Lübeck." Abgerichtete Illigalore. Eine in fast ganz Texa bekannte Per sönlichkeit ist ein alter Ansiedler. Namen Buck" StobbinS, der sich vor vielen Jahren in dem Waldesdickicht in der Nähe von Houston niederließ und des sen Haupt und LieblingSbcschästigiuig von jeher die Bärenjagd gewesen ist und der eS wie Keiner versteht. Jagd geschichten zu erzähle, wobei er, wie es ja bei derartige Geschichte üblich und erlaubt ist, sich ost meilenweit von der Wahrheit entfernt. Nach seinen eige nen Angaben hat er eilt halbes Jahr hundert lang der Bärenjagd obgelegen und in dieser Zeit genug Mitgliedern der weitverbreiteten Familie Petz den Garaus gemacht, um mit ihrem Fleisch eine ganze Armee zu füttern. Mag dem nun sein, wie ihm wolle, nicht erfunden ist, wie wir aus zuver lässiger Quelle wiffen, die Thatsache, daß Farmer StobbinS", wie er ge wohnlich genannt wird, ein Paar abge richtete Alligatoren besaß, deren Gelehr samkeit und Geschicklichkeit an das Wun derbare grenzte. Diese beiden Saurier wurden vor Jahren, als Stodbins' ein ziger Sohn zehn Jahre alt war, von diesem gefangen. Auch sie verlebten damals noch die glückliche Jugendzeit, die ihnen allerdings bald durch die Be chränkungen in ihrer Freiheit, die ihnen der junge Stobbins auferlegte, verdit- lert wurde. Der Bursche kam auf die originelle Idee, ihnen Ringe durch die Nase zu ziehen und sie wie ein Paar Ochsen einzuspannen. Mit Hülfe einer Mistgabel gelang es ihm auch nach und nach, sie seinem Willen gesügig zu ma n. Der Knabe und die Alliaatoren wuchsen zusammen auf und als der junge Stobbins, zum Manne gereift. vom Sumpffieber dahingerafft wurde, hatten seine Lieblinge wohl schon eine Länge von lg Fuß erreicht. Farmer Stobbins nahm sich den Tod seines Sohnes so zu Herzen, daß er sei nen Kummer durch Schnaps zu ersticken suchte, und je mehr er trank, desto mehr ging es mit seiner Farmwirthschaft den Krebsgang, bis schließlich sogar das letzte Paar Ochsen durch die Gurgel" gegangen waren. Nun war er rathlos, wie er sein Feld bearbeiten solle; nach langem Hin-und Hersinnen aber kam seine treue Lebensgefährten Nancy auf den gefcheidten Gedanken, es einmal mit den Alligatoren zu versuchen, und siehe da! es ging. Die Thiere wurden vor den Pflug gespannt und verrichteten die Arbeit so willig und gut, wie es die Ochsen gethan. Weniger glaubhast klingt es indeß, wenn der alle Stobbins erzählt, daß er nach dieser glücklichen Erfahrung sein Alligator-Gespann auch dazu benutzt habe, mit seiner Nancq nach der Stadt Houston zu fahren, um Einkäufe zu machen, und wie Alles sei nem wunderlichen Fuhrwerk respekt voll ausgewichen sei, bis ihm in einer der Hauptstraße der Stadt eine Cir cusparade begegnete. Als die Pferde vor dem Musikantenwagen das Amphi diengethier rochen, wurden sie so wild, daß sie durchbrannten und die Insassen des Wagens in den Straßenstaub ab luden, aber auch unter dem übrigen Theil der Parade richtete das sonderbare Zweigespann allerlei Unheil an, sodaß schließlich eine allgemeine Panik ent stand. Das Ende vom Liede war, daß auch Farmer Stobbins die Controlle über feine Alligatoren verloren, sodaß dieselben in wildem Laufe davonstllrm ten, bis sie die Bnffalo-Bai erreichten und mitsammt dem Fuhrwerk in's Wasser plantschten. Mit Mühe rettete Farmer Stobbins sich und seine Nancy vor dem Ertrinken, und von den Alli gatoren hat er seither nichts wieder ge sehen! Tcr humoristische Gerichts-, lieber. Ein Gerichtsvollzieher hatte in einem Cafe im Nordpol in Berlin Alles, was nicht niet- und nagelfest war. gepfändet und abholen lassen. Der Beamte hatte so gründlich ausgeräumt, daß in dem Lokal weiter nichts verblieb als die nack ten vier Wände. Dieser Tage erschien wieder ein Gerichtsvollzieher, welcher nichts Pfändbares vorfand als eine auf dem Dache stehende Fahne. Tiefe de fand sich aber in einem so abgenutzten Zustande, daß sie die Pfändungstoften nicht zu decken vermochte, und so ließ der Gerichtsvollzieher die Fahne weiter flattern, indem er sie als Zeichen der Trauer über seine mißglückte Pfändung auf Halbmast setzte. Schnell gcsszt. . Können Sie denn ack fvir Baron, meiner Tochter eine gesicherte Ezistenz bieten?" Aber. Herr hommerzienrath, da sraaen Sie ftbren iuliinflinn Schwiegersohn?!" ine ante Auinihrmiz. Wahrend meines Landaufenthalts bin ich mit meiner Familie in's Thea ter in die Ränder" gegangen. Es wurde so natürlich gespielt, daß, als das Theater aus mar, meiner Frau das Armband fehlte!"