Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, October 15, 1896, Image 11

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    M
Panzer oder Torpedo?
Zmel Ckcolsijicröwlüc, 5)dii Ghtl (1 i an
Venkard.
Nein, deine Torpedoboote Imponircn
mir nicht, Iicb,r Kurt; ich lobe n,ir die
Hochleeschlsse.
Eapitüil zur See Sndewall, dem
diese Anrede galt, Uchnle am ffenfler
feines Wolizimmers unbentgegnetr jc
nein Beller. dem Eontre Admiral
Mrcker: Sind eben dock berteiiMte
Dinger. Dcnt' nur, 2(i bis 23 Kno
ten,
Mögen sie meinetwegen 31 Knoten
lausen. Sind ja anch nur von diin
nein Eisenblech und im Hndumdrelien
in den Grund geschossen.
Wenn man sie Iriilt.
Der Admiral lächelte. Nicht treffen?
Mit Revolverkanonen? I, das wärel
. Ein paar Kugeln thn ihnen übri
gens auch noch nicht viel, wenigstens
können sie dann immer noch ihre Tor
pedoS lancire nein, du unterschagest
diese Waffe.
Na, wir werde ja erleben.
Mit den letzten, etwa? unwillig hin
geworfenen Worten brach der Admiral
ein Kesprüch ab, das er schon oft mit
seinem Vetter gesiihrt, ohne daß eine
Verständigung erzielt morden wäre.
Eaprtön Sundemall nahm jedoch beim
Eintritt seiner Tochter, die eine Flasche
Sherry und zwei Gläser brach!?, den
Faden sofort wieder aus: Brav, Sophie,
das ging ja fiz. Halb dem Admiral
zugewendet, bemerlte er mit Bezug aus
das junge Mädchen: Flink wie 'n Tor
itdoteot.
Gesund und kräftig wie ein Panzer
kreuzcr, entgegnete der Admiral, um
keine Antwort schuldig z,i bleiben.
Sophie halte eingeschenkt und cre
denzte den Wein. Abscheulich! schmollte
sie. Nun wird man gar mit Schiffen
vergleichen. So gehl'S aber, wenn man
sein junges Leben in Gesellschaft alter
Seebären vertrauern muß. Warum
hast du eigentlich nicht geheirathet, On
kel Maerlker?
Der Gefragte trank bedächtig sein
GlaS aus. trat an's Fenster und sagte
hinausdlickcnd: Habe da die Zeit zum
Heirathe verpaßt, Komm' mal her,
Sophie, D magst doch die alten See
büren nicht leiden; mie gesallen dir denn
die jungen da unten?
Sie wurde krebsrot!) beim Anblicke
zweier Lieutenants zur See, die, den
Admiral begrüßend, soeben herauf
sahen. Aber Onkel....
Sei)' mir dem Mädel nichts in den
Kopf, brummte der Copitün gutmüthig.
Der Admiral lächle behaglich. Na,
was denn? Das Aller zum Heirathen
hat ste doch und die Beiden da unten
dürsten ihr schon gefallen. Pirat und
Hansom heißen sie, sind mit mir von
Wilhelmöbaven gekommen, schneidige,
junge Ojfijiere, haben rein den Teusel
im Leide.
Wie zwei geladene Torpedoboote,
fing Kapitän Sundewall wieder an.
' Statt ihres Oheims antwortete So
phie : Ihr mit euren häßlichen, mörde
rischen Kriegsschiffen! Da gefällt mir
doch ein hübsches Segelboot, wie der
Kuller dort, tausendmal besser. Sieh'
nur, Onkel, das reizend graziöe Fah
zeugl
Kein Wunder die .Najade". das
schnellste Boot in der Kieler Förde, sagte
der Admiral mit verchmstem kacheln.
Möchten da schmucke Ding wohl h
den? Brauchst es nur dem Papa zu
sagen.
Sophie wandte sich dem Vater zu
388 wahr. Papa? O, lau S mir.
Papachen l Ich segle so leidenschastlich
gern.
Werd'S bleiben lassen, antwortete der
Eapiiän kurz; dreitausend Mark soll
der Kutter kosten, wie man hört.
Wenn's noch 'n Torpedoboot wäre !
höhnte der Andere.
Plölich schnellte Sophie herum und
klatschte in die Hände: Silentium!
Ein Vorschlag zur Güte : Euer Streit
Panzer oder Torpedo" immer noch
nicht entschieden. Wettet doch! Der
Verlierer muß mir die .Najade" kaufen,
Allaemeines Gelächter.
Darauf fallen wir nicht herein, liebes
ind.
Weil ihr eurer Sache nicht sicher seid
und keinen Muth habt.
Oh ! riefen die beiden Herren ,u
gleich, und der Admiral fügte hinzu :
So lange meine Revolverkanonen un
verfehlt find, kommt mir kein Torpedo
boot näher als bis auf zweihundert
Meter heran, das sieht bei mir feljen
seft.
Der CapitSn zuckte die Achseln. Wenn
die Boote schlecht geführt werden
So wettet doch I hetzte Sophie. ?hr
habt ja bald Gelegenheit, die Wette
auZzutragen. wenn Onkel bei den Flot
tenmanövnn dasPanzergeschmader und
Papa die Torpedobootiflottille comman
dirt. Wollt ihr nicht wetten?
Meinetwegen, ich riZIire ja nicht? da
bei. sagte der Admiral, woraus sein
Vetter trotzig krmiderte: Ich nft recht
nickn wetten wir!
Sie reichten sich die Hände, Sophie
schlug durch ! die Witte war geschloffen.
- Ein Ruhetag im Manöver, soweit
man bei einem Flottenmanöon über
baupt ton Ziuhe reden kann. Da
Panzergeschwader machte wenigstens
schon gegen Mittag wieder Dampf auf,
um aufzulaufen nd während der Nacht
die Einfahrt in die Kieler Bucht ,u sor
ciren. Zur PeTtbeidigung bereit onker
ten bei Friedrichzort einige Panzersahr
zeuge, denen die Strandbalterien und
eine ToepeUddootSdioislon ussiitirten.
TaS Torpedoboot 'S" 7, omman
baut Lieiitniiit zur See Pirat, fteuertc
an der GlionBrücke vorbei, als de
eisle Kutter deS Flaggschiffe grade
einige Oilijiere deS scinolichen Gcschwa
der dort lundele.
Morjen Hansom ! rief Pirat herüber,
Morien. Machst wohl die letzte Fahr
mit deinem Kippeikahn? Heute Nacht
aedls euch an den Kragen.
Vorher sprengen wir euch aber in die
Lust.
Werden'S ja erleben. Es bleibt na,
türlich bei unserer Wette.
Eetbstoerständlich adjüs! Pirat
winltc dem Maschinisten ..Bolldamps"
z und flitzte ni seinem Fahrzeug da
oon.
Die noch auf der Brücke stehenden
Offiziere sahen ihin nach und einer
sragte Hansom: Sie haben also auch
gewettet?
jawohl, noch fchärser. als die Ge
schwaderchess, das heißt Pirat macht ftch
anheischig, sich unserem Flaggschiffe bis
ans hundert Meter zu nähern, ohne daß
er Feuer bekommt.
Pirat ist ein Waghals; indessen
wie hoch haben Sie geweitet?
Der Gefragte wurde verlegen. Dann
sagte er rasch: Nicht um Geld; Dis,
cretion Ehrensache.
Mitternacht. Als sei die Hölle los,
gelassen, so blitzt und donnert und kracht
es vor du Kieler Bucht draußen. Die
angreifende Panzerflolle schmettert ganze
Breitseit,n gegen die Ätrgndbatterien,
die natürlich die Antwort nicht schuldig
bleiben. Zwischen der Hasensperre
und dem feindlichen Geschwader schießen
auf dem leicht bewegten, durch elektrische
Scheinwerfer taghell beleuchteten Wasser
spiegkl lleine Torpedoboote hin und wie,
der, grau gestrichen und dem ungeübten
Auge kaum sichtbar. Wie die Bremsen
nmschwärmen sie die feuerspeienden
Hochseeschiffe, um ihnen aus möglichst
geringer Entfernung die fischähnlich
unter dem Wasserspiegel dahingleiten,
den Höllenmaschinen in die Flanken zu
lanciren. Die auf den Panzern sind
auch nicht faul: kommt ein Torpedo
Boot in den Schußbereich ihrer Revol-
verkanonen, dann wird es sofort mit
ffilen zugedeckt" und außer Gefecht ge,
setzt, wädrend ein Torpedotreffer als
schwere Beschädigung des getroffenen
Schisses ,1t.
Am hä, testen bedrängt ist das feind
liche Flaggschiff. Contre Admiral
Miierckcr hat sogar auf der Eommanbo,
Brücke zwei Revolvergeschtttze ausstellen
lassen, die im Verein mit den an Deck
stehenden den Wasserspiegel rund um
das Schiff zweihundert Meter weit fort-
magreud unter Feuer kalten. Unnuf,
börlich knaltern und prasseln die Kugel,
spritze,', übertönt von den Baßstimmen
der Balterikgeschütze und Schnellfeuer-
Kanonen, deren Feuerschlllnde aus die
Strandbalterien gerichtet sind und aut
die wenigen Panzerfahrzeuge der Gegen-
Partei. Hauptlöchlich aber hat es der
General auf die Torpedoboote abgesehen
Er will endlich beweisen, daß ihm die
Dinger nichiS anhaben können: an feine
Wette denkt er gar nicht in der Hitze des
iSesechis.
Anders Lieutenant zur See Hansow,
der die Cteuerpord Oberdcckübalterie
commandirt. Leute, guckt mit allen
euren Augen, daß uns nicht so ein
Racker auf den Pelz rückt! Tust er, mit
der Hand den Blick vor dem Glänze
des elektrischen Lichtes schützend. Diese
Scheinwerfer sind rein des Teufels, und
da kommt wieder ein Boot heran!
Feuer! So, das bat sein Theil.
Aufgepaßt, Leute! Für jedes Boot,
oas mir gemeldet wird, giebt 8 eine
Flasche Cognac, richtigen Cognac, kei
nen Fusel! Lieutenant Hansom hat
gut reden: gewinnt er seine Wette, dann
braucht es ihm auf ein paar Flaschen
Cognac nicht anzukommen.
Eine halbe Stunde lang währte schon
der Kampf, im Ernstsalle hätte wohl
schon mancher daran glauben müssen,
so iiideffen fließt kein Blut, sondern nur
blauschmarzer Pulberlchleim, denn die
von dem schnellen Feuern erhitzten Qbt
Ichützrohre müssen naß ausgewischt wer
den. Oifiziere und Mannschaften beben
vor Aufregung, als ginge es wirklich
auf Leben und Tod. Die äußere Ruhe
ist nur erzwunaen, das kann man aus
den gerötheten Augen ablesen, die aus
den rauchgeschwärzten Gesichtern wahr
hakt unheimlich hervorleuchten. ES han
delt sich ja auch nicht um das alljährliche
Kriegsfpiel allein, vielmehr um die Lö
sung der schwerwiegenden Frage Pan
zer oder Torpedo?"
Da rst CapitSn Sundewall alle
seine Streitkiüfte zusammen und die
ganze Torvedokootsdioinon stürzt sich
von Steuerborbseite und vorn zugleich
aus das Flaggschiff. Wie aus der Ka-
none geschossen, so sausen die gesü,chte-t
ten Schnellläufer heran, doch sie finden
die Gegner auf ihren Posten und wären
im Ernstfälle wohl sämmtlich verloren.
Dennoch ist dem Admiral nicht recht
wohl ill Muthe; er hat, sich umdrehend.
im Kielwasser seines Schiff,? einen so
eigentdümlichen dunklen Schallen vor
üderhuschen sehen. Der Schrecken ist
ihm arg in die Glieder gefabren, denn
wenn das ein Torpedoboot gewesen
wäre.... Der Feind kam ja nur von
vorn und von Steuerbord, tröstet er sich,
dennoch entringt sich ibm ein Seulzer
der Eileichteruna. als piktzlich vom fort
öalkknfte'N ein Raketenfignal aufsteigt:
tat Kurze Halt!
Die Schlacht ist geschlagen. Das
Panzergeschmader Zieht sich von der Küste
zurück und aus dem Flaggschiffe wird in
selbiger Nacht och manch guter Schluck
getrunken, in der Admiralslaslile wie
in der Ossiziersmesse und in den Dimxi
schaslsräumen. DaS Bewußtsein, den
Malefiz Toipedobooten heimgeleuchtet
zu huben, befriedigt männiglich auj'S
höchste.
Mit dem großen Nachtgefecht ist das
Flottenmanöver beendet; ungeschoren
nähert sich nach dem Tagwerken das
feindliche korpidodioisionsborä mit .el
nem Signal, das auf dem Flaggschiffe
die größte Bestürzung verursacht. Un
sinn die wollen uns verulken n
möglich! schwirrt es auf dem Hinlerdeck
durchinander, wo die Ossiziere sieben,
Admiral Maercker ruft: Gig zu Wasser!
Herr Lieutenant Hansom, snhren Sie
unter diis Heck und sehen Sie zu, was
Wahres daran ist.
Hansow that wie ihm geheißen nd
schon nach den ersten Rudcrschlägen füllt
er fast aus dem Boot vor Schrecken.
ES ist wirklich wahr, daß sich in der
Nacht ein Torpedobovt von hinten bis
hart an das Schiff berangeschlichen hat;
unter der Admiralskajüte steht an der
schwarzen SchiffSmand deutlich mit
Kreide angeschrieben: S. 7. Pirat. 12
h. 22 M.
Drei Wochen später harrte C.apitan
Siindcmall in seinem an der Düstern
broker Allee gelegenen Garten der Niick
kuns! des in heißer Seeschlacht errnnge
nen Segelkutters Najade. Lieutenant
zur Lee Pirat, seit seiner vermegegen
Attacke aus das feindliche Flaggschiff
Adjutant des Torpedo Division, Com
Mandanten, pflegte mit dessen Tochter
allabendlich eine Stund.' spazieren z
suhren, um das junge Mädchen in der
Segklsührung zu unterweisen. Daß die
beiden immer allein fuhren, besorgte
den Capiteln weiter nicht, denn unter
Pirats Führung würde seiner Sophie
nichts zustoßen, dachte der alte Herr.
Heute blieb nun der Kuller außerge,
wöhnlich lange draußen, und als er
endlich am Landungssteg anlegte, zeig-
ten sich seine Insassen dem sie erw irken
den Capitün gegenüber ganz auffallend
erlegen und scheu. Sophie erröthete
ein Mal über das andere nd wußte
gar nicht, wo sie Hinsehen sollte, wah
rend ihr Begleiter mit der Miene eines
schlildbemußten Sünders die Segel
barg. Der Capiiün argwöhnte, die
beiden hätten ihm etwas au dem
schmucken Kutter ruinirt, das Boot be,
fand sich aber, wie eine genaue Bc,
sichtiqung ergab, in tadelloser Ord
nung, es mußte also sonst etwas vor
liegen. Vielleicht hatte es sich der Abju-
tant gar zu sehr zu Herzen genommen,
daß er heute früh eines dienstlichen
Versehens halber angehaucht" worden
war,
Am nächsten Morgen wurde der junge
Offizier och viel kräftiger angehaucht
und als Sophie ins Zimmer gerufen
wurde, bekam auch sie ihr Theil: Das
sind mir ja schöne Geschichten! Ich
denke, du läßt dich als strebsame See,
mannstochter in der Segelsiihrunq
unterrichten, und dabei dient euch die
ganze Segelet nur zum Borwand, um
ungestöit Süßholz raspeln zu können,
Was soll man denn dazu sagen?
Ein Blick in deS Vaters Augen be
lehrte sie, daß die Strasprcdigt gar
nicht so ernst gemeint sei, darum wagte
ste zu antwortcn: Am schönsten wäre es,
wenn du Ja" dazu sagtest. Lieber,
guter Goldpapa, sag doch Za,"
too? Uno weifet ou denn auch, um
was dieser Mensch da mit Lieutenant
Hansom gewettet bat? Um dich, um
nieine einzige Tochter hab n die Herren
gewettet! Was tag du nun?
DaS junge Mädchen zuckte leise zu.
sammen. Schändlich ! Darum also die
Gebeimthunei mit der Wette, mur,
melte sie, dem Weinen nahe. Dann
maß sie den Freier mit einem fast feind.
seligen Blick und fragte scharf: Ist das
aaW
Leider ja. entgegnete der Gefragte
kleinlaut, was er weiter sagte, kam
jedoch männlich offen heraus und ohn,
jeden frivolen Anklang: Unser Verbre,
chen ist hoffentlich kein unverzeihliches:
mir Hansom und ich waren infolge
wieoerbolter, ffenfterparaden in eine
und dieselbe junge Dame gleich stark
verschossen, damit es nicht auch noch
zwischen uns zu einer Schießerei komme,
mußte einer freiwillig entsagen. Wir
wetteten also, ebenso wie unsere Herren
Vorgesetzten, Panzer oder Torpedo?"
und der Verlierer mußte es dem Ge
winner überlasten, die nähere Bekannt
schaft der betreffenden Dame zu suchen.
Selbstverständlich gelobten wir ehren
wörtlich strengste Verschwiegenheit: erst
bei der offiziellen Werbung sollte der
Gewimmer sein Gewissen entlasten dllr
fen, wie vorhin geschehen.
Und ich kann mich noch bedanken.
daß der verehrliche Gerinner seinem
Namen nicht noch mehr Ehre machte
und mir nach echter Piratenmanier
meine Tochter einfach entführte, polterte
der Capitön. Er hätte ja in meinem
eigenen Kutter mit ihr lossegeln lön
nen, fort Gott weiß wohin! Doch
jetzt hast du das Wort. Sophie. Gieb
ibm die Antwort, die ihm gehört; du
siebst, er wartet darauf.
Die beiden Männer blickten gespannt
auf da zwischen Lachen und Weinen
schwankende, junge Mädchen. Plötzlich
trat sie dicht vor den Lieutenant hin
und klapp ! hatte er eine kleine
Ohrfeige. So. das ist für deine See
räudeiwkttk. du, garstiger Pirat.
Au I machte der Getroffene, mehr be
lufligt als erschrocken, un hielt sich die
Wange. Tee Capitan aber lachte aus
vollem Halse. Aha I die zeigt ihm zum
voraus, daß sie ebensalls Schneid' hat.
Na dann in Gölte Namen, Kinder;
ich seh', ihr seid euch gegenseitig ge
wachsen, da braucht man nicht lange zu
sragen Panzer oder Torpedo?"
Jur Geschichte der Hüt.
Die Garanaiiten theillen die Schale
eines Straußeneies in zwei gleiche
Theile, woraus sie zwei Kopfbe
Deckungen erhielten. Die Babylonier
bedeckten sich mit einem Barett oder
einer Art von türkischem Bund, und die
Meder trugen eine Tiara, einen spitzi
gen Hut. Der Iheffalische Hut war mit
einem Rande versehen, der das Gesicht
gegen Wind. Regen und Hitze schützte,
wie auch derjenige der Bethrovier. Bei
den Römern hallen die Priester besän
dere Kopsbedeckuiigen, während die Hüte
der Soldaten aus rauhen Schasfcllen
bereitet waren. Zur Erfindung der
Filzdüte sollen die Pickelhauben oder
Helme der Alten Gelegenheit gegeben
baden. Die Bcreiiung des Filz kann
älter sein als Spinnen und Weben,
denn man trifft ihn schon bei wilden
Rationen an, die weder spinnen noch
weben können.
Als die Hüle auskamen, wurden sie
anfangs noch unter dem Kinne mit
einer Schnur gebunden, und ihre Farbe
richlete sich nach der der übrigen Kleider.
Die ältesten Hüte waren weiß; das
Biret, dessen schon 1170 gedacht wird,
war schwarz, pyradenförmig und eö
pas,te genau um den Kopf. 1630 gab
es schon in Nürnberg Hüler (Hut
wacher). In Frankreich setzte man den Anfang
der Hüte in die Zeiten Karls des
Sechsten, der 13801422 regierte.
Der älteste Filzhut daselbst (es wird de
hauplet, daß schon die allen Griechen
Filzhllte gekannt hätten) dürste der sein.
welchen Karl der Siebente, der 1422
14bl regierte, bei seinem Einzug m
Rouen trug.
Im 16. Jahrhundert wurden die
schwarzen Hüte Mode, auch war es schon
üblich, Biberhaare zu Hülen anzuwen
den. Franz der Erste machte den Ge
brauch der Hüte noch gemeiner. Da
mnls war der Hut noch eine spitzige
'Nütze, aus die der Adel seine Wappen
sticken ließ, Karl der Fünfte trug einen
kleinen, mit Sammet überzogenen Hut,
den er bei Regenmetter abnahm, damit
er nicht naß würde. Die ältesten In
nungsgkbräuche der französischen Hui
macher sind von Heinrich dem Dritten
1578 bestätigt; die älleste deulsche Hut-
macherordnnng ist die wüiltembergische
vom 'Jahre 1581. Die erstem Hüle
waren rund und nicht aufgekrampt
aber diese herunter hängende Krämpe
war tm Kriege unbequem, daher wurde
der Hut erst zweimal, dann dreimal
aufgeschlagen. Unter Ludwig dem
Vierzehnten kainen die Federhüte auf.
Und so stnd und werden noch immer
neue Erfindungen und Veränderungen
i der Form der Hüte und ihrem Stoff
gemacht, zu dem man jetzt Biber,
Hasen, Maulmursshoare, Seide, Wol
lengras und Pappelwolle nehmen kann.
Der biedere Geliert singt:
Der Erde ließ ibm nie die vorige Ge
stalt. ,
Das Außcnwerk war neu, er selbst der
Hut. blieb alt.
Der ebirgSsahrer.
König Ludwig der Erste von Bayern
(zest. 1 868), der feinsinnige Kenner der
Wissenschasten uud der ebenso verftänd
nißvolle Verehrer d Natur, pflegte
jeden Sommer mehrere Wochen in dem
lieblichen Tengernsee zu verbringen. Er
trug dann immer die Kleidung der
Bergbewohner, kurze Joppe, Kniehosen,
hohe Strümpfe, derbe Stiefel, ein
lleines Hlllchen und einen großen Berg
stock. Einwal machte er, ganz allein,
eine Bergpartie, und ein Stück vor ihm
gingen mehrere Damen denselben Weg.
Etwa in der Mitte des Weges wendete
sich eine der Damen an ihn und sragte
ihn: Liebster Mann, würden Sie uns
wobl unsere Sachen dis herauf tragen
wollen?" Sie hielt ihn wegen seines
emsachen Kostüms für einen Bergfüh
rer. Sehr gern," sagte Ludwig und
nimmt den Damen bereitwillig das Ge
pack ab.
Unterwegs wird er nach Verschiedenem
gefragt, und die Auskunft, die er gibt,
läßt den gebildeten Mann nicht einen
Augenblick verkennen. Das erregt na
türlich Verwunderung, und eine Dame
fragt ibn: Sie müssen wohl einmal
bessere Zeiten gehabt haben?"
Run, es ist mir eigentlich nie schlecht
gegangen, anlmortete er.
den, sagte die Dame, Sie reden
ganz anders, als die anderen Gebirgs
führer." Ich habe auch jedenfalls länger Un
enickit genoffen, als die anderen Ge
birgssllhrer," versetzte Ludwig.
Unter solchen G sprächen gehen iie
weiter. AIS ste an das Ziel gekommen
sind, zieht eine der Damen ihre Börse
und reicht dem König dreißig Kreuzer.
.Da," sagt sie, thun Sie sich einmal
recht gütlich. "
Ich danke sehr,' entgegnete Ludwig
verbindlich, aber ich darf lein Trink
geld annehmen." '
Warum denn nicht?" fragen die
Damen ermuntert.
Es ist mir zwar nicht ausdrücklich
unterlagt worden." versetzte er lächelnd,
aber es würde sich doch am End etwas
schlecht mit meiner Würde vereinigen."
Die Damen brachen in ein kaute
Gelächter au,. .Mit Ihrer Würde?"
sagien sie höchst belustigt, was beklei
den Sie denn für eine Würde?"
Ich bin der König von Bayern I"
Für einen Augenblick stand den Da
men das Herz still. Sie stotterten dann
eine Entschuldigung nach der anderen,
Ludwig tröstete sie lächelnd über ihren
Irrthum und nahm sreundlich grüßend
Abschied.
Sine Tchrcckciiöiiacht.
Das Wiener III. Eztrablatt" er
zäh : Der Gemüsehändler Johann I,
bewohnt ein Zimmer in Astermiclhe bei
einer in der Rotkelömengasse im 9.
Bezirke wohnenden Wäscherin Katharina
D. Der Gemüsehändler pflegt ziemlich
oft im Kreise munlerer Zecher ein Gla
serl oder auch mehrere Vierteln Wein
über den Durst zu trinken und erst spät
bei Nacht in sein Bett zu schlüpfen; aber
er tbnt dies stets in aller Stille, ohne
die Quartiersrau und ihre Tochter im
Schlase zu stören. Um so mehr erschra
ken Mutter und Tochter in einer Nacht,
als aus dem Kabinet lautes Stöhne
nd Rufen herausdrang. Die beiden
Fraiien waren enlsetzt, als sie deutlich
die Stimme des Grünzeugmenschen er
kannten und die Worte vernahmen:
Hilfel Retlung! Agrabcn! Den
Deckel aussprengen!" Die beiden Lau
scherinnen, die natürlicherweise glaub
ten, daß ein Unglück geschehen oder ei
blutiges Verbrechen an dem Zimmer
Herr begangen worden sei, rafften sich
aus der ersten Lähmung der Angst aus
und Hollen, nachdem sie ihre Kleider
rasch angezogen halten, den Hausmei
ster. Dieser unternahm, gefolgt von
den Mi ans dem Schlafe gerissenen
Frauen, die Expedition in das Kadinet.
Die Thür war nicht versperrt. Als die
drei Personen eintraten, sahen sie das
Beli des Johann I, zerwühlt, aber leer.
Ein Kopfkiffen und die Bettdecke lagen
auf der Erde. Die Hilfernfe des Ge
müsehündlers kamen unter dem Bette
hervor! Wieder erlönle eS, wie in
dumpfer Verzweiflung: Macht's den
Sarg aus! I bin nöt todt, aber i
erstick'!" Der Housbesdrger erwischte
den unter dem Belle Liegenden bei einem
Fnße und zog den Mann hervor. Erst
nun erwachte der Gemüsehändler aus
dem Halbschlase uud erzählte, daß er
über sich und neben sich Widerstand ge
fliiiden habe, und deshalb fein fttrchter
licher Traum, daß er lebendig im ge
schlossenen Sarge liege, auch im wachen
Zustande eine Fortsetzung gesunden
halte. Gegen die Mauer zu wollte er
hinaus, nur aus der freien Seite, von
wo aus der noch vom genossenen Wein
Benebelte unter s Bett gekrochen war,
suchte er nicht die Rettung! Das Enl
setzen der Retter" ging in ein Höllen
gelächter über und seit dieser Schreckens,
nacht wird Herr Johe,nn I.' im ganzen
Hauie nur der Ledendig Begrabene
genannt.
Ei lustiger Schüleraufsatz
macht in Kölner Lehrerkreisen die
Runde. Daß Thema lautete: In der
Schule." H,er ist die Ausführung
Das Schulzimmer besteht aus der
Wandtafel, den Bänken, den Tinten,
fässern, dem Stock und dein Lehrer,
Die meisten Sachen in unserer Schule
slnd lehr alt, nur der Stock ist neu
Wer noch später wie der Lehrer in die
Schule lommt, ist der größte Faulenzer
und wird durch die en be traft. Auf
der Wandkarte sind Flüsse und Städte
gemalt, damit wir ste auswendig lernen
müssen. Der Lehrer hat mit dem Stock
ein Loch ins gelobte Land gestoßen.
Mit dem Globus macht er die Sonnen
sinfterniß. In der Gesangstunde streicht
der Lehrer den Bogen; auch schlägt er
uns so lange den Takt, bis es klappt.
Wir singen do bis la; einige können
noch höher; der Lehrer kann es am tief
gen, aber er kommt nicht in die Höhe.
In der schule oängt auch ein Thermo-
meter, mit diesem macht man es im
Sommer heiß, bis frei ist; der Lehrer
steht so lange darauf, bis es 20 Grad
sind. In der Freiviertelftunde essen wir
eine halbe Stunde lang unser Butter-
brod Der schulinspellor lobt uns
immer, aber der Lehrer ist doch froh,
wenn er wieder fort ist. In der Turn-
stunde springen wir über den Bock; der
Lehrer springt zuerst, daß er kracht.
dann springen wir auch und stärken
unsere Glieder. Der Lehrer macht uns
zu ordentlichen Menschen; denn Fleiß
bricht Ei. Wer epset stiehlt, kommt
einen herunter. Wenn der Lehrer die
Orgel spielt, treten wir ihm den Balg
und singen zweistimmig dazu; wenn
man ihm den Balg zu arg trilt.
auietscht die Orgel. Jetzt ist der Lebrer
krank und halt keine schule; wir wissen
nicht, ob er wieder gut wird, aber wir
Hollen das Beste.
Von der Lokalbahn
Bus Bayreulh berichtet der Frän
lische Kurier": Ein luftig Geschicht-
chen, welches die Fahrgeschwindigkeit
auf der kürzlich eröffneten Lokalbahn
Bayreuth-Warmensteinach trefflich illu
ftrirt und den Vorzug Hit, mabr zu
sein, wird hier erzählt. Am Mittwoch
stieg in der Station Unterfteinach ein
Passagier ein. der erst, als sich der Zug
in Bewegung sttzte, bemerkte, daß r
vergessen hatte, sein Hündchen mit in'S
Coupee zu nehmen. Da dasselbe einen
Fuß stark läoirt hatte, so blieb ihm
nichts Anderes übrig, als auf die! Bei
nen dem Zug ,u folgen. Zum Gau
dium der Mitreisenden kam eS nicht nur
ganz bequem mit fort, sondern gewann
bald auch noch einen hübschen Vor
sprung. l der Zug in tziörschnitz
anlangte, stand der halbinvalide Spitz
bereits da und begrüßte freudig bellend
die Ankunft seines Herrn.
Die Wasserprode.
In Siam giebt cS ein eigentbünl
liche Gerichtsverfahren, um Prozesse zu
entscheiden-. Hat ei Richter zwischen
zwei streitenden Parteien zu entscheidk,
so fordert er mangels der nolhmendigen
Zeugen Beide auf, unter Wasser zu
tauche: derjenige, welcher die längste
Zeit unter Wasser zu bleiben vermag,
hat gewonnen. ES wird in dieser Hin
ficht erzählt, daß ein Kuusinan in
Bangkok, welcher schon zu alt n,ar, um
sich der Wasserprode auszusetzen, seinen
Sohn von den berühmteste Tauchern
hatte ausbilden lassen; auf diese Weise
gelang es ihm, alle seine Prozesse zu
gewinnen.
Unglaublich.
Denke doch, noch sind wir nicht sechs
Wochen erheirathet, und schon kann es
mein Männchen AbendS bei mir zu
Hause nicht aushallen, da gehl er schon
zum Spiel! Unglaublich, nichl wahr?"
Du unterhieltest ihn wahrscheinlich
nicht genug!"
Ich unterhalte ihn ja ganz nd gar,
bitte! Ich habe ja eine halbe Million
mitgebracht."
Ungehörig.
Professor (zu seinem Diener, der et
nen Austrag auszusllhren vergessen hat,
streng): Sie unterstehen sich doch nicht
etwa, zerstreut zu sein, Jean?"
Li schlimmer Patient.
Assistent: Der Wcidenbauer war
hier; er hat es bedauert, Sie nicht zu
treffe!"
Arzt: So; worüber klagt er denn
schon wieder?"
Assistent: Ueber alles; Kopf, Hals.
Brust. , . .sogar über Ihre Rechnung!"
Sparsam.
Wohin. Michel, in aller Früh?"
In d' Apolhck! Mei' Weib is krank
'wor'n heut' Nach!!"
Ist denn der Doktor scho' dag'
w'en?"
Na! I' hab' da neul' in da Stadt
a' R e c e p t g ' f u n d' n, und des will
i' do' vorher mach'n lass' und pro
bir'n!"
Zeitgemäß.
Schauderhafte Zeiten! Verlust über
Verlust!"
Sind Sie betroffen?"
lind wie! Ich habe 8n,000 Mark
verloren, und was das Schlimmste ist
davon waren 100 Mark mei eige
nes Geld!"
ver Schlußstein.
Du, Pepi, Du haft also die
Lehrzeit bei Deinem Meister beend:!?"
Ja-gestern hab' ich die Abschieds
ohrfeig' bekommen!"
Aus der Selellschast.
Johann, holen Sie das Buch, das
in meinem Boudoir auf dem Tiiche
liegt, schneiden Sie es sofort auf,
tragen Sie es dem Baron AlphonS zu'
rück und sagen Sie ihm, ich lasse mich
bestens bedanken und das Buch habe
mich mächtig erschütterst!"
Im CcmfcklionsgeschSkt.
, ... Ick) ersuche, mir aber das Aller
neueste in dicsir Art zu geben!"
Hier, bille, die letzte Nou
v e a u t e !"
Ist der Stoff aber auch dauerhast?"
Gewiß! Sehen Sie. ich trage hier
diese Blouse aus dem gleichen
Stoff' schon zwei Jahre!"
Umschreibung.
Freier: . . . Und wie viel geben Sie
Ihrer Tochter mit?"
Ba'er: so viel Tausendcr als ste
Jahre zahlt!"
Freier: Wie alt ist te?"
Batet: 33 Jahre!"
Freier: .Da da bat sie mir doch
zu viel Mitgtst!"
Ueberflüssig,
,-.Jch versichere Sie. Frau Amts
rälhin, ich kann nimmer schlafen, so bin
ich in Ihre Tochter verliebt!"
Ra da b e i r a t b e n Sie Iie
halt!"
O. . .meine Mama glaubt, das d r
geht so a u ch w i e d e r I"
Anaeiikhm.
34 sag' Ihnen. Frau Nachba.
r,n, fchaukn S , daß Ihr MäM den
jungen Schmidt bekommt! Sein Vater
hat einen schwunghaften Handel mit
E ie r n da darf ftch der junge Herr
nur einmal hineinsitzen!"
Replik.
. .Ihr Neffe ist doch ein merkmllr
diges Talent! Er malt, dichtet, mu
;it -Jawohl,
et ist ein Mensch vm viel
eiliger Talentlosigkeit."
VOia, ums?
Via, was? T Hansjörg Hut Te
'lüxt.
Und Du. Tu haft D'r'S g'talla lau'
und yaft em ob dear Unart net
G'HSrig glei' da oft 'ra'lhau?'."
DeS Ding ist leichter g'fait al 'think
Der Hanjörg ist a brav Bus,
Und so bös hat er S au' net g'moi't. '
Sonst hätt' er net ss g'lach derzua!"