Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, October 01, 1896, Image 12

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Aus Hunger.
Erzählung wn Hans Richter,
, M!l,tt Uno war sie sprachlos
thatsachlich sprachlos, wo bei einer sehr
temperamentvollen Lviairigen ame
jedenfalls einen ganz beträchtlichen Grad
n NttKlttffuna bedeutet. Wahrhaft
zerschmetternd sprühten ihre blauen
Auqen aus den anno nieo, oer nie
Tragweite seines Berbrechens offenbar
nicht ermaß, denn er iqien in unge,,ot
ter Seelenruhe damit beschäftigt, kunst,
nereM int (SiiKirpitc i drehen. Ciaa
retten drehen, nachdem nein, soweit
konnte menschliche Verworfenheit nicht
gehen; sie mußte sich verhört haben.
So fragte st noch einmal: Also Sie
wollen nicht nach Australien zurück
kehren?"
,lnit nfrtniitihi'tt blickte er aus.
Ich sagte es Ihnen ja soeben, daß
die dortigen Verhältnisse Ihnen wahr
scheinlich wenig behagen würden, und
da ich Sie nicht nur zu eiraiuen, ,on
Wn iiiiii nliicklick in machen wünsche.
ziehe ich es vor, im alten Vaterlande
unseren Hausstand zu gründen, obwohl
ich Ihnen gestehen muß, daß mir die
Uniform der deutschen Polizei und ihre
Wißbegier ganz und gat niqi ge,aur.
Sie werden mit das Opfer meines
australischen Freiheitssinnes mit echt
weidlich sanstmuiyiger anioarien oeo
steilen
Wahrhaftig, er hatte es gewagt, seine
Unverschämtheit zu miederholen, sie noch
zu verschärsen.
Erstens weide ich überhaupt nie
mals heirathen!" rief sie entrüstet
mkitrn beiratbe ich nur einen Ossi
zier, drittens keinen Australier, vier-
iens erwarte ich, Daß mein Gaue ,n
ritterlicher Galanterie und Liebe um
mich wirbt und mir nicht so einmal
gelegentlich sagt: HZren Sie, ich will
Sie heirathen, fünftens wird nicht er
mich, sondern ich werde ihn hei
rathen." .Bitte, daS ist bereits Punkt fünf."
siel er mit einem sehr wohlwollenden
Lächeln ein. .Habe ich Ihnen noch
nicht gesagt, daß ich Kapitän im Mel
bourner freiwilligen Rifle-Regiment
bin? Ich glaube nicht, daß Sie je
schon eine so prachtvolle Bürenmüße
gesehen haben. Auch kann ich mich
ja wieder in Deutschland naturali
firen lassen, wiewohl ich bezweifle, daß
mich der preußische Kriegsminister als
Hauptmann, wenn auch nur der Land
wehr, in seine Armee übernehmen wird.
Aber Ihrer Liebe wird es jedensalls
nicht schwer werden, auf eine dieser bei
den Bedingungen zu verzichten."
Zitternd vor Empörung sprang sie
aus.
Mein Herr, ich liebe Sie nicht und
werde Sie nie lieben und noch weniger
heirathen."
Aber liebe Gerda "
Ich heiße nicht Gerda, sondetn
Fräulein von Hausdorf, und übrigens
kenne ich Sie gar nicht mehr, Mr.
Eckebrecht, wonach' Sie sich hoffentlich
zu richten wissen."
Gelaffen hatte auch Eckebrecht sich er
hoben. Sein tief gebräuntes und schon
von feinen Runzeln durchzogenes Gesicht
wurde jetzt ernster, während er erwi
derte : Liede Gerda wahrhaftig, in
meinem Hetzen werden Sie nie einen
anderen Namen haben zehn Jahres
habe ich in der ödesten Wildniß Gold
gegraben und Ackerbau getrieben,
Schafzucht vielmehr, nachdem im alten
Vaterlande ein harter Schlag die
Ezistenz des zwanzigjährigen Jünglings
vernichtet hatte. Zehn Jahre be
denken Sie ,inmal zehn Jahre fern
von aller Kultur, von gebildeten Wen
schen, von Frauen besonders, da geht
manch Stückchen Schliff verloren. Un
verbraucht und nverzettelt aber bleibt
die heiße Gefühlskraft des Herzens.
Das ist weich und unberührt geblieben,
wie rauh auch meine Außenseite gewor
den sein mag. Und da Sie so gütig,
gegen mich weltfremden Gesellen waren,
da ich glaubte, Sie erständen mich, so
ach, ich habe solch einen Hunger
nach Glück und Liebe, ich habe auch
nicht mehr viel Zeit zu verlieren."
So eilen Sie, an eine andere Thür
zu klopfen," sagte Gerda von HauS
dorf, al er zum zweiten Male stockte,
mit einem unbeschreiblich hochmüthigen
und zierlichen Rümpfen der kleinen
Rase. Ich bin durchaus nicht hung
rig aus Sie und habe noch sehr viel
Zeit." Sie raffte mit der Rechten ihr
leid auf und schritt leichtfüßig davon.
Eckedrecht halte die Cigarrette längst
fallen tonnt. Jetzt klopfte er sich mit
dem Zeigesinger gegen die Stirn und
brummte einige Worte in den Bart,
welche noch kein Mensch in irgend einem
Lexikon des feinen Tone gesunden hat.
Bor einem Jahre war et nach
Deutschland zurückgekehrt, um in Be
haglichkeit die Früchte seiner mühseligen
Arbeit zu genießen. In dem kleinen
Gebirgsdorfe, das n auf einer Fuß.
wandkkuna bersihtte. fesselte den Uniiä
ten plötzlich der Blick zweier blauen
ixaix&enauam.
Tem Zuge der Zeit folgend, hatte
ein spekulativer Gafimirth das unbe
kannte Rest zu einem Lustkurort avan
ein lagen und wirklich hatten einige
Dutzend mehr mit Kindern als mit
Kni atUnntfn Jtnmilirnnstlrr aus den
Köder der verlockenden Annonce angk
feinen. UcdiigenS war es in rucgen
atün nicht schlechter, langweiliger und
thnmr ai in islufmb anderen Som
merfrischen. wie der pensionute Major
don Hausdor! dem unra.l r vcr
sicherte.
Dieser Australier, der nie eine Rcch
nng bemängelte, täglich eine Flasche
Wein trank, sich sogar EHampagner
Hatte verschreiben lasten und Hierdurch
in den Geruch eines NabobS gerathen
war, blieb nach wie vor die iutereffan-
teste Per önlichkelt des Sommer niqitr
Kreises, nur für Fräulein Gerda von
auSdorr schien er kaum noch zu etim
ten, nachdem et ihr seine allzuseht nach
auftralischet Wildnis schmeckende L,e
beSerklärung zu Füßen gelegt hatte
leider nicht knieend als galanler Ritte
sondern sehr bequem im Moose auSge
streckt.
Wie sehr et sich den Korb zu Herzen
nahm, blieb sein Geheimniß. Jeden
falls trank er seinen Wein noch mit
augenscheinlichem Behagen und bfrn
bitte ebenso täglich feine drei Schach
portieen mit dem Major, der übrigens
in diesen Tagen alle i.ne alten Schrna
dronsflüche hetvotholic, um sie übet die
Weiderlaunen" auszuschütten, wobei
er seinen jungen Freund inständigst be-
schmot, niemals zu heitathen denn'
nicht nut die Ftauen selbst, nein, auch
die indet, diese Blitzmädels, die e
Krabben, die kaum die Rase in die
Welt gesteckt
Alles Nägel zu Männersärgen,"
sagte Mr. Eckedrecht verständnißinnig,
ohne den alten Hettn seinen Satz be
enden zu lasten.
Fräulein Gerda ging an ihm vet-
übet, als sei et Luft. Einmal trat er
ihr mit einem geradezu rührend bitten
den Gesicht in den Weck und flüsterte:
Fräulein Getda, ich verschmachte ich
verzehte mich in "
Bitte vetzehten Sie, was Sie wol
ten, mein Hett," siel sie, ganz von oben
herab, ihm in'ä Wort: Ich bin noch
immer nicht hungrig und bebaute daher
nicht mitsllhlen zu können."
Nach diesem zweiten Korbe Witte nach
Gerda's Meinung jeder Kavaliet zur
Abreise pet Ezttapoft beipflichtet ge
Wesen: bet Australier blieb. Nut stieg
et in wenig mehr als sonst in den Ber
gen umher, und bei einet dieser Wände
tungen geschah es, daß et, vom Gewit
ter überrascht, in einer Hütte Schutz
suchte, die Jäger und Holzarbeiter zum
gelegentlichen Unterschlupf eitichtet hat
ten.
Unheimliches Dunkel füllte den klei-
nen Raum, doch im Hintetgtunde
schimmerte gespenfteihaft ein undeut
liches Helles. Da flammte ein Blitz
schein dutch daS kleine Fenftetchm, in
das Krachen bei Donner mischte sich
det leise klingende Aufschtei einet
Mädchenstimme, und det Aufttaliet
sagte ruhig:
Guten Tag, Fräulein Gerda. Es
ist mir außetotdentlich angenehm, Sie
hier zu tteffen."
Mir ist es außerordentlich unan
genehm", klang es scharf zurück.
llebngens war ich vor Ihnen hier.
besitze also das zeitweilige HauSrecht
und bitte mich zu detlaffen." -
.In den Regen hinaus wollen Sie
mich schicken? Ftäulein Getda, Sie
wissen, daß ich füt Sie die Sonne vom
Himmel herunterhole. Aber daß ich
meinen neuen Panamahut vetregnm
fassen soll, biltfen Sie nicht vnlan
gen. Uebtigens ist Jhte Nähe viel zu
i-
So wetde ich gehen."
Bitte!"
Ttotz dies fteundlichen Genehmi-
gung blieb das helle Kleid im Hinter
gründe unbeweglich. Inzwischen hat-
ten sich Eckedrecht s Augen an die
Dämmerung gewöhnt. Er erkannte
einen schmerzlichen Zug aus dem hüb
schen, weichen Müdchenantlitz und fragte
besotgr, ob ihr etwas zugestoßen. '
,,zch gäbe mir den ffu verltaucht.
Fräulein Möller, die mit mir wat, ist
in's Dots hinunter gegangen, um einen
Wagen zu holen."
Wann ist fie gegangen?"
Bot einet halben Stunde."
Eine Stunde btaucht fte zum Ab-
stieg, andetthalb Stunden pet Wagen,
um herauf zu kommen, vorausgesetzt.
daß Ftäulein Möllet nicht auch von
dem Unwetter in einen Unterschlupf
getrieben worden ist," konftatirte der
Australier ohne jede Spur eines Be
dauetns. Abet, das kommt davon,
daß Sie mit leichtsinnigen Mädchen
herumspringen, anstatt sich det sicheren
Führung eines Mannes zn überlassen.
Wenn Sie mich qeheirathet hätten,
wäre Ihnen das Malheur entschieden
mcht passirt."
.Mt.Eckedtecht....'
Liebe Gerda !"
Empört wollte sie auffahren, sank
abet mit einem halb unterdrückten Weh
ruf sofort wieder auf die MooSbank
zurück.
.Sie mißbrauchen meine Hlislotig
keit."
Ich bitte Sie, das-"
Schweigen Sie !"
Wie Sie befehlen !"
Ersetzte sich am Eingang der Hütte
nieder.
DaS Gewitter war zu Ende, es hellte
sich auf, doch der Regen hielt an. In
langen gleichmäßigen Fäden strömte er
nieder, als wolle er nimmer aufgören.
Eine Stunde verging, ohne daß die
Stille der Hüne von Anderem unter
brachen wurde, als dem monotonen
Rieseln und Plätschern der Regen
Kopsen. Gerda wurde es heiß und
der kalt kein Zweifel, das zimper
licht Fräulein Möller war schon unter.
weaS vom Regen festgehalten worden,
und och fester faß sie selber hier mit
ihrem lahmen Fuß. in Gegenwart die
srS adzcheulichcn Mcnichen.
Bcrstobten blickte sie zu ibrn hinüber.
der, als sei sie gar nicht vorhanden, in
einem Reclam Bändchen laS. Nein,
abscheulich sah er eigentlich nicht aus,
recht gutmüthig, vielmehr sogar hübsch,
wenn auch schon ein bischen erwittert.
Abet aus dem glänzenden Offiziers
leben, aus zusammengebrochenem Wohl
stände heraus nach Australien, zehn
Iahte Goldgtäbet und Schaszüchtet
spielen, ein Vetmögen erarbeiten baä
ist doch eine Mannesthat, der man ein
paar Fältchen und graue Haare zu gut
halten kann.
Jetzt öffnete et sein Ränzel und zog
ein Packetchen mit belegten Buttetbro
ten, eine kleine Flasche Wein und einen
silbernen Becher hervor.
Die bisher noch einigermaßen roman
tische Situation wurde nun zu einer
ganz prosaischen. Gerda befand sich in
dem beneidenswerthen Besitz eines außer
ordentlich gesunden, zwanzigjährigen
Magens, sie wat stundenlang betgauf,
betgab gestiegen das Wasset lief iht
im Munde zusammen, während det
Aufttaliet ein Brötchen nach dem an
detn untet seinen weißen Zähnen vet
schwinden ließ. Wahrhaftig, dieset bar
barische Schafzüchtcr schien im Stande,
Alles aufzuessen, ohne ihr einen Bistro
anzubieten! Hunger und Stolz geriethen
in ein Duell, aus welchem der erstere
als Sieger hervorging.
Hett Eckebtecht!" klang eS schüchtern
aus dem Winkel hetvot.
Liebe Gerda?" fragte et empot
schnellend.
Jetzt schien sie die verhaßte Verttau
lichkeit zu Ubethöten.
Wütden Sie mit, gegen Bezahlung
natürlich, ein Brötchen überlasten?"
Gegen Bezahlung nein, doch sonst
sehr gern. Ich möchte nicht mit dem
Wucheraesetz in Konflikt getathcn, das
die Ausbeutung einer Nothlaae verbie
tet" und da kauerte er auch schon
neben ihr, legte ht vot, goß iht Wein
in den kleinen silbernen Bechet und
plaudette dabei, als sci gar nichts zwi
schen ihnen vorgefallen. Er war doch
kein Barbar, im Gegentheil!
Sehen Sie nun, wie weh der Hun-
get nach einem Glück, nach" Eckebrecht
unterbrach sich, denn Gerda war, das
hübsche Gesichtchen in Purpurgluth ge
taucht, scheu beiseite gerückt, abet die
Hand, die et gefaßt, entzog sie ihm doch
nicht. Sie wat seht beiß und bebte.
Aus Hunget haben Sie ein fteundli-
ches Wott gegeben. Warum wollen
Sie denn unsete Herzen vetschmachten
lasten?"
Und plötzlich kam es iht zum Bewußt-
fein, wie einsam und unzufrieden sie sich
in den Tagen gefühlt hatte, in denen fte
ihm aus dem Wege gegangen wat, wie
iht Hetz bei allem ivcädchenttotz doch
nach ihm verlangt, so sehnsüchtig, so
ja wirklich hungrig
Liebe Gerda " da war auch sein
gutes Gesicht dem ihrigen schon so nahe,
daß sie nicht mehr ausweichen konnte.
Halb lachend, halb weinend stieß sie
hervor: Nur aus Hunger, Du Böser,
Lieber!" und dann küßte er sich an fri-
schen Lippen satt.
Tom.
Ja da stand ich in dem Gedränge des
mächtigen Bahnhofs einer mir bis dato
unbekannten Stadt und überlegte ge-
rade, ob ich mich rechts oder links wen
den sollte, als mir jemand auf die
Schulter klopfte und ich im nächsten
Augenblicke den Ausruf vernahm :
.Wie. Franz. bist Du's wirklich?
Wie kommst Du hierher?"
Schnell mich umdrehend, starrte ich in
ein mir anfänglich unbekanntes Gesicht.
Wohl mußte ich dasselbe schon gesehen
haben.
.Na, kennst Du mich denn nicht
mehr. Mephisto?"
Jetzt, als er mich mit meinem studen
tischen Spitznamen anredete, jetzt siel es
mir wie Schuppen von den Augen.
Hermann, altes Haus, wie kommst
Du hierher?"
.Ich sehe, daß Du Deine Schul-
kameraden doch noch nicht ganz vergessen
haft. Was machst Du hin?"
.Ich habe hiet geschäftlich zu thun."
.Dann lasse Deine Sachen zu mir
herschaffen. Selbsttedend bist Du mein
Gast. Meine Ftau witd sich freuen,
Dich kennen zu lernen."
Um meinen Mund zuckte ein spötti
schks Lächeln.
Du bist verheirathet?"
Ja, und grenzenlos glücklich. Ich
sag: Dir, Freund, meine Frau ist ein
Engel. So schön wie fie ist, so gebildet
und häuslich auch. ES fehlen ihr nur
die Flügel." .
Ah! Lange scheinst Du nicht der
heirathet zu sein."
Er sah mich erstaunt an.
.Warum?"
Weil Du so enthusiastisch sprichst.
Warte, nicht zu lange, und Du wün
fchcft Dir die Flügel, um fortkommen
zu können."
Bist eben och der alte Spötter.
Nicht umsonst taufte man Dich auf der
Universität Mephisto. Doch komme und
urtheile selbst...."
Dabei schob et. nachdem wit dem
Dienftmann Anweisung gegeben, seinen
Atm in den meinen und dann zogen
wir loZ. Durch verschiedene Straßen
ging'Z. bis wie endlich vor einem hüb
schen kleinen Höuschen Halt machten.
Ein Heiner Blumengarten zog sich um
dasselbe herum und gab dem Ganzen
eine äußerst freundlichen Eindtuck.
Hier wohne ich und schalle und
walte wit meiner lieben Adele."
DaS Walten und Schalten besorgt
sie wohl allein "
Er gab nur ein iöseS Mephisto !'
zur Antwort, dann öffnete et die Thüre.
Eintretend tönte uns ein lustiges
Hundcbellen entgegen. Gleich darauf
stürzte ein mächtiger Betnhatdinethund
auf uns zu und umtänzelte schweif
wedelnd seinen Hettn.
Ruhig, Tom, tuhig " etmahnte
ihn dieset lachend und fuhr dann zu
mir gewendet sort :
Dieser Hund hat viel zu unserm
Glück beigetragen. Wenn er nicht ge
wescn wäre, dann "
Gedankenvoll fuhr er sich durch's
Haar....
Ach, die Geschichte scheint ja sehr
interessant zu sein."
Du wirst sie schon erfahren."
Wieder laut bellend und mit dem
Schweife wedelnd eilte Tom voraus und
wit folgten.
Hetmann hatte nicht zuviel gesagt,
als et seine Frau einen Engel nannte.
Wahrhaftig, ich hätte mich auch gleich
in sie verlieben können. Durch die ein
fache Hauskleidung wurde ihre Gestalt
nut vortrefflich gehoben. Und wenn
sie lachte, die teizenden Gtiidchen in
den Wangen. Die blitzenden Zahne,
die totben Kirschenlippen . Ich be
neide meinen zufällig wiedergefundenen
ffteund.
Na, was sagst Du?" meinte er zu
mir, als wir einen Augenblick allein
waten.
Ich wat noch ganz in Vetwunderung
versunken. Erst nach einet kleinen
Pause vetmochte ich zu entgegnen :
Wenn man die sieht, möchte man
sie haben "
Laß nut", tief et lachend, die ge-
hott schon mir. Da giebt s nicht zu
verlieben. Uebrigens eifersüchtig bin
ich nicht. Ich brauch s nicht zu sein,
weil ich von ihrer Treue felsenfest über
zeugt bin. Verziehe Deinen Mund nur
nicht so spöttisch. Ich kenne Dich und
weiß, was Du sagen willst. Und nun
Proftl"
'Auf Deines Weibes Wohl !"
Hell klangen die Gläser aneinan-
der.
Abend wat's. In dem Zimmet, in
dem wir uns befanden, war es mollig
warm. Die beiden saßen auf dem
Sopha. Sie innig an ihn geschmiegt
Ich hatte es mir im Sessel bequem ge
macht und die vorzüglichen Cigarren
meines Freundes versucht, dabei kleine
blaue Rauchringel in die Lust blasend,
Tom lag vor dem Tische auf einem
Tigerteppiche und schien sich ebenfalls
sehr behaglich zu fühlen. '
.So, Franz, nun sollst Du Tom erst
techt würdigen lernen ; ich will Dir ev
zählen, wie ich meinen Engel fand."
Die junge Frau erröthete
Hermann aber begann :
Ich war etwa 23 Iahte alt. als es
meiner Mutter einfiel, ich müßte mir
unbedingt eine Frau nehmen. Mein
lockeres Leben, das ich bisher geführt,
sei zu Ende u. f. w. u. s. w. Nun,
wenn Eltern einem Sohne sagen : Du
mußt Dir eine Frau nehmen, so haben
sie meistens schon eine im Auge. Ich
wat gewohnt, mich dem Willen meinet
Ftau Mama in jedet Weise zu fügen.
Das Junggesellenleben witd aufgesteckt
ich heirathe. Richtig hat Mama
auch schon eine Braut im Auge. Sie
hieß Fräulein Lucie Trappet, Rittet
gutsbesitzetstochtet, ach, vaS soll ich
sie Dit schildern. Sie galt als gute
Partie. Mehrere Wochen soll ich auf
dem Rittergut det Eltetn Lucie'S zu
btingen und nut als glücklich Btäuti
gam zurückkehren. Mein steter Beglei
tet wat Tom. Det mußte auch jetzt
mit. So setzte ich mich denn hin und
suht nach HauS Ebetbach. So hieß
das Gut.
Ich machte Augen als ich meine Zu
künstige zum eisten Male sah. Lang
wie eine Hopfenstange, so daß ich unbe
dingt eine Leitet Hütte nehmen müssen,
wenn ich iht einen Kuß geben wollte.
Gott sei Dank, kam'S nie dazu."
Ein leicht Stoß seiner Ftau und
deten Worte :
Tu Tu' ließen ihn eine Pause
machen. .
Wie, Kind, ist es vielleicht nicht so?"
Tann fuhr et fort :
DaS etste wat, daß sie in Ohnmacht
fiel, weil Tom mit wüthendem Knurren
auf sie lossprang. Nuo, wenn Hunde
einen nicht leiden können, so trau ich
dem betreffenden Menschen auch nicht
recht. Thiere haben einen auSgeprög
ten Instinkt. Seit dem Tage herrschte
zwischen Fräulein Lucie und Tom eine
scheinbar unüberwindliche Antipathie,
so daß ich das getreue Thier ganz gegen
die sonstige Gewohnheit an die Kette
legen mußte. Ich spielte den Galan
ten. arrangitte PicnicS. Ausflüge,
Kahnfahrten. Mußte ich mich doch auf
jeden Fall in'S nchte Licht setzen. Nun
lebte aus dem Gute noch eine Nichte, die
ich kaum beachtete und auch ferner nicht
beachtet haben würde, wäre ich nicht tn
die Lage gekommen, ihr auf einem grö
ßeten Spazietgange einen kleinen Dienst
zu etweisen. Die Augen, die die hatte.
Junge, ich sage Dir, die ginge mir
gar nimmer aus dem Sinn."
Wieder ein kleiner Rippenstoß seiner
Gemahlin.
Ich, als getreuer Sohn meiner
Mutter ichnitt Lucie fürchterlich die
Cour, unterließ e? flier nie. hie und da
denn auch einige Worte mit der Richte
ni wechseln. Sie war eine arme
Waise, die aus Barmherzigkeit im
Hause ihres OheimS geduldet wurde
und dort eher dem Dienstmädchen als
einer Verwandten gleich kam. Sie
chien Vertrauen zu mir zu haben
auch Tom stand mit ihr aus gutem
Fuße. Kurz und gut auf einmal
merkte ich, daß mich zu der 'lichte mehr
hinzog als bloße Freundschaft.
kam ein Brief meiner Mutier, wie die
Sache mit Lucie stände. Ich sollte
Ernst machen.
So wollte Ich denn in den saueren
Apfel beißen.
Am andern Tag ein Picnic. Ich
hatte mich enra sein herausgeputzt.
Schmatzet Anzug, beste Leibwäsche ?c.
Heute wollte ich iht gestehen, daß ich sie
zum Weide zu nehmen gedächte, weil's
Mama so wollte. Tom ließ sich schmet
befestigen. Et wollte unbedingt mit.
Abet seine Antipathie gegen Luden hin
derte mich, ihm seinen Wunsch zu etslll
len. Das Mahl im Freien ging zu
Ende. Ich bot meiner Dame den Arm
und entführte sie den übrigen Gästen.
O, eine famose Rede hatte ich mir ein
stndirt. Wir waten allein übet
uns die mächtige Kronen des Waldes
ich wurde immer deutlicher da lag ich
schon vor iht aus den Knieen, ergriff
ihre Hand
Im nächsten Augenblicke höre ich ein
Knacken von Zweigen Tom kommt,
hintet stch ein Stück feinet Kette schlei
send. Et scheint sich losgerissen zu ha
den. Mich sehen und auf mich los,
wat das Werk einet Sekunde. Jetzt
kommt et mit mit seinen schmutzigen
Pfoten auf mein weißes Chemisett, auf
meinen tadellosen Anzug durch den
Anprall komme ich um meine Stütze,
ich falle na, das Bild muß großartig
gewesen sein. Schade, daß kein Ama
teurphotograph da war. Und vor mir
die Hopfenstange halt ihr Taschentuch
vot den Mund und dtoht vot Lachen zu
sticken.
Da wurde ich wüthend. In solch
feietlichem Augenblicke zu lachen. Ich
springe auf, lasse die ganze Gesellschaft
in Stich und suchte die Nichte und
frage, ob sie meine Frau werden wolle.
Und dann packte ich mich auf und teiste
zurück zu Mama. So, da bin ich
und wie Du wünschtest, als glücklicher
Bräutigam.
Große Augen hat sie Anfangs ge.
macht, dann war's gut. Et trank sein
Glas aus und meinte :
Jetzt kennst Du Toms Verdienst
und darum wollen wir diesmal einen
Hund hochleben lassen.
Ftau, schenk ein. Tom, unset Hund
er lebe hoch ! hoch I hoch !"
DaS war das erste und einzige Mal,
daß ich aus einen Hund ein Hoch aus-
brachte. Verdient hatte er s sicher.
Acht Tage genoß ich die Gastfteund-
schast det beiden in vollstem Maße.
Und als ich ging wat ich froh, daß
Tom keine Antipathie gegen mich hatte.
Was hätte sonst Hermann von mir
denken sollen?
Die Unendlichkeit des Welt.
Man kann durch ein Fernrohr noch so
lange gen Himmel sehen und wird den
noch am Ende nicht meht Sterne als
am Ansang wahrnehmen. Wird hin-
gegen eine photographische Platte durch
vtetnenlicht beleuchtet, so kommen desto
mehr Sterne auf ihr zum Vorschein, je
länget sie ezponitt wurde. Es sind
schon wiederholt Dauetaufnahmen von
mehreren Stunden gemacht worden,
und es möge gleich bemerkt werden,
daß in solchen Fällen die Ausnahme
nicht ununterbrochen an einem Abende
vot sich gehen kann, sondetn aus meh
tete Abende vertheilt weiden muß.
Letzthin hat det Direktor det Kap
Stetnwatte, Herr David Gill, fünf
Aufnahmen einer Gegend, die den ver
äußerlichen Stern Etha Argus umgibt,
von sehr verschiedener Dauer gemacht.
Die erste Platte, die nut sechs Minuten
ezponirt wurde, zeigt von dem den be
zeichneten Stern umgebenden Nebel noch
nichts, die zweite mit einer Erpositions
zeit von ein Stunde gibt hingegen
schwach die hellsten Partien des Nebels
wieber. Die dritte Platte, die drei
Stunden gelichtet würd, enthält be
reitZ eine ausgedehnte Nebelmasse und
läßt aus dem Ouadratgrad 10,000
Sterne sehen. Die vier Platte, die
an vier Tagen durch je drei Stunden
der Belichtung unterworfen wurde, zeigt
die Nebelmasse noch kräftiger und ent
hält 50,00 Sterne auf dem Quadrat
Grad, und auf der fünften Platte, die
24 Stunden zut Exposition gelangte,
find 100,000 Stetne auf dem Quadrat
Grad zu zählen.
Die uuflchlbarc Waldhüter.
Herr Schlimpler. d gern in einem
bestimmten Bezirke gejagt hätte und doch
keine Jagdkarte bekomme konnte, oder
wenigstens das viele Geld nicht dafür
zahlen wollte, verfiel, um ungestört
lagen zu können, aus folgendes Mittel:
Eines Sonntags macht er sich auf, geht
auf's Land und sucht den Jagdhüt
No. I auf. Ah, guten Tag. Jakob."
sagte er, leben Sie auch noch? Wie
geht'S Ihnen denn?"
Dn Jagdbüler schaut idn fremd an:
Ganz gut. und bei Ihnen?" ,AuS
gezeichnet! Aber daS freut mich jetzt
mal. daß ich Sie so munter treNe!
Wenn ich nur Zeit hülle, so würden wir
eine Ftasche Wein zusammen trinken!
Na, die können Sie ja auch allein
tnnken. Da. ich will Ihnen 3 Mark
geben!"
Damit drückt schlimpln dem Jag
hütet ein paat Mark in die Hand u.id
entfernt sich unter den sreundichaftlich-
ftin Adschiedimorten. Sie weidin
mich doch wieder erkennen?" fragte et
noch von fetne. Ganz gewiß!" meint
det Beschenkte. Bei Jagdhüict Nnin
met zwei und drei wird es gerade so
geinacht.
Wenn jetzt Schliniplcr mit der Flinte
auf det Schultet jagen geht, läßt
stch kein Hüter sehe, ans Furcht, die
Geschichte mit dem Trinkgeld könnte be
kannt werden.
Mn' iislc.
SMI!blI,,
Mei' Bäsle, mci' BäSle.
Des wisset ülle Lcut',
Des hat a StumpernSsle,
Wie' gar koi zwoit's nct gait!
DeS umpig' StumpernäSle,
So wunzig 's ist und klei',
Des steckt as selbig' Bäsle,
In ülle Süchla mi'l
Wart no'. Du StumpernäSle,
Wart no', weitn di' am End'
Des wundersitzig Bäsle
Amol recht arg verbrennt!
Hiitj gefasst.
Kaufmann: Ich kann Ihnen jetzt
gat nichts abkaufen, mein Liebn, daS
Geschäft geht nicht!"
Reisendet: Nun, geht daS Ge
schüft nicht, geh' ich!"
Malitiös.
Fötstet (in det Kneipe): Denken
Sie, was mit gestern aus det Jagd
passirt ist...."
Bekannter: Ist das die Geschichte
mit den beiden Füchsen?"
Förster: Allerdings; habe ich sie
Ihnen schon erzählt?"
Bekannter: Jawohl; ich glaube
vorgestern!"
Vcr Beweis.
Betlinet Sttaßenhändlet: Hinsehen
Sie das Staunensmetlheste! Die gtößte
Ersindung det Neuzeit! Das echt eng
tische Brillantstahl-Meffer, mit dem kann
der dümmste Ketl Glas schneiden! Pro
biten Sie 'mal, Hett Nachbar!"
Aha!
Schwiegervater: Früh haben Sie
mit immet votgemacht, Sie hätten noch
Bnmögen zu etwarten!"
Schmiegetsohn: Na ja, von Ihnen,
wenn Sie 'mal tobt sind!"
Natürliche IAfe.
Vater (zum Töchtetchen): Diesen
Menschen schlage Dit aus dem Sinne."
Tochter: Vater, das kann ich nicht."
Vater (greift zum Stock): Gut, dann
werde ich ihn Dir herausschlagen."
Sicher Zeichen.
Sanitätsrath: Wie geht'S dem
Herrn Oberförster liegt etwas Be
fonderes vor?"
. Krankenmätt: O, ganz gut. Er
lügt bereits wiedet 'was Besonderes
vot!"
MalitiSs.
Atzt (zum bekannten Schlossetmeistn) :
Sie arbeiten ja jetzt an den Gittern
sür den neuen Friedhos!"
Schlossetmeistn: Jawohl; liefern
Sie auch schon dafür?"
vertauscht.
Hett (dessen Gattin schriftstellert, sei
nem Freund die Wohnung zeigend):
Siehft Du," auf den Herd zeigend,
hier macht meine Ftau das Essen, und
dort," auf das Nebenzimmer zeigend,
kocht sie ihre Gedichte."
Ein Vpcb.
Atzt (die statistischen nichte lesend):
Im Septemb des verflossenen JahreS
war die Sterblichkeit in unser Stadt
am geringsten."
Freund: Den Monat warst Du ver
reift?"
Gutes Beispiel.
Bauer (zu feinem Knecht am Feier
tag. als im Wirthshaus die Stimmung
gespannt wird): Sepp, geh' mit gutem
Beispiel voran und sang' an zu raufen!"
fachmännisch,
Klavierlehrer (zu seiner Frau, die ihn
im Dunklen auf die Nasenspitze
küßt): Eine Octav' tiefer, liebe
Clara!"
Auf der SekundZrbahn.
Passagin: Sagen Sie 'mal, warum
fährt denn der Zug jetzt gar so entsetz
lich langsam?"
Dort vorn am Bahndamm steht die
Schmiegnmutler vom Zugsührn, und
da traut er sich nicht vorbei!"
Durch die Blume.
tan bnn iVrr fflrtnr
ich dabe eine Menae Körbe vertheilt in
meinem Leben!"
Jedensalls aber eine zu viel!"
Bsshast.
ckristli-lln! . Sif alslutVn nur
nicht, wie viel Porto ich jährlich für
Mannscript Sendungen ausgebe!"
Krittlet: Hm eigentlich sollte ei
auch für Manuskripte Rund
reisebillets geben!"
Arancemnit
Vater zu seinem Sohn, der bei einem
Schufter in der Lehre ist): Na, wie
gcht's? Mach Tu Fortschritte?"
Junge: O ja! Jetzt darf ich soacr
schon lachen, wenn der ordne LehiliNA
eine Ohrseige kriegt!"
i