Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, October 01, 1896, Image 11

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    Der vergiftete Pfeil.
Su btin ZIrmkklibcn beä gnncn Westnii
von W. 0. Eckittbraiid.
Lieutenant SMcolrn war erst 28
Jahre alt, aber im Westen halte er sich
Icho einen deneidenSwerthen Ruf er
worden als ein Mann, der Umsicht und
Ruhe mit großer Tapferkeit verband.
Die Indianer sUrchleten ihn nicht blos,
sondern sie achteten ihn auch wegen sei
ner Kenchtigkeitsliede, die ihm die
Feindschaft von mehr als einem betrll
gerischen JndianerAgenten, besten Lie
serungen er als minderwerthig oder un
genügend zurückgewiesen, eingebracht
halte. Aeußerlich war Lieutenant Mal
colm (oder wie ihn die Indianer nann
ten: Straight Heart") groß, mager,
ftnrlknochig und mit röthlichem Haar,
was allein schon seine schottische Ab
kunft bezeugte. Mit einem Wort, er
war durchaus kein AdoniS, und als es
in Fort Holborn und aus der Reser
vation bekannt wurde, daß er sich mit
Maggie Pingree, der gefeierten und
sehr hlibschen Tochter des MajorS und
Commandanten des Fonts, verlobt habe
und nächstens die Hochzeit ftattsindcn
solle, da wunderten sich Viele, denn das
schöne Mädchen hatte schon mehreren
viel stattlicheren und besser situirten Be
Werbern einen Korb gegeben. Denn
Malcolm war nicht allein häßlich mit
seinem sommersprossigen, sehr rothen
Gesicht, sondern er war auch bis vor
Kurzem die einzige Stufe seiner Mut
ter und seiner Schwester gewesen. Letz
tere war nun aber derheirathet und die
Mutter todt, so daß Malcolm an's Hei
rathen denken konnte.
' Das Verhältniß zwischen ihm und
Maggie hatte übrigens, ohne daß es be
kannt geworden war, schon einige Jahre
gedauert; zur Zeit als daS Mädchen bei
Verwandten ihres Vaters in Washing
ton auf Besuch und der Lieutenant in
der Bundeshauptstadt noch auf Com
mando war, hatte die erste Annäherung
stattgefunden. Und als dann Malcolm
nach Fort Holborn, New Merico. zur
Dienstleistung gesandt worden war, da
hatte er die Geliebte wieder gefunden.
Zuerst mochte ihn der alte Major nicht
leiden, seines trockenen Humors wegen.
aber nachdem er den tüchtigen Kern in
dem lungen Mann erkannt, da be
gUnstigte er besten Bewerbung um die
Hand der Tochter. Und wäre nicht die
langwierige und gefährliche Erkrankung
Maggie s, die ne an den Rand des Gra,
des brachte, dazu gekommen, so wären
die Zwei wohl schon vor sechs Monaten
ein Paar geworden. Jetzt indeß waren
alle Hindernisse auS dem Weg geräumt
und übermorgen sollten sie von dem
Armeekaplan, dem alten weißhaarigen
Dr. Lefter, getraut werden, denn besten
Anwesenheit in Fort Holborn mußte
benutzt werden eS konnten sonst
Jahre vergehen, ehe die Gelegenheit
wiederkehrte.
So standen die Dinge am 27. August
18'Jd.
Major Pingree war wüthend. Der
kleine, sei Mann rannte in dem
Bureau schnaufend und pustend umher.
sich ab und zu an seinen Adjutanten
Lieutenant Saze, einen langen, bleichen
Manne wendend, dem man die kürzliche
Genesung von einer schweren rankheit
deutlich ansah.
Was soll ich thun, San? Um Got.
te Willen, so sprechen Siedoch! Man
nerS ist krank, Rowle? und Brilton de
urlaudt, Proctor zu unerfahren und
ungeschickt, teie selbst zu schwach noch.
Wen soll ich hinschicken, wenn ich nicht
Malcolm schicke? Ich selbst ja, wenn
ich nicht so hitzköpsig wäre aber ich
würde es mit den Halunken von Stottz
häuten sosort verderben. Hm, hm
eine ganz verfl Geschichte.
Lieutenant Sare sagte gar Nichts,
und Da? brachte den cholerischen Major
noch mehr aus der Fassung.
So sagen Sie doch 'was, Saxe. um
Gotteswillen !"
.Herr Major. Z ist da Nichts zu
sagen außer Sie schicken mich hm!"
Das geht nicht. Hm, hm die
Ordonnanz soll kommen."
Diese kam und wurde sofort nach
Lieutenant Malcolm abgesandt.
Während Testen schritt der alte Krie
ger noch immer wie ein schäumender
Eber im Zimmer herum.
ES war nämlich vor 15 Minuten ein
reitender Eilbote von der Reservation
angelangt, der berichtet hatte, daß die
Apaches ausgeregt und einem Ausbruche
nah seien, weil sie von dem Bundes
Eontrattor bei der letzten Lieferung von
Fleisch und sonstigen Borräthen betro
gen worden waren. Eine sofortige Be
schmichtigung der aufsässigen Indianer
war nöthig, wenn man einen blutigen
Ausstand nicht gewärtigen wollte. Und
das Schlimme an der Sache war den,
daß Niemand im Fort zur Hand war,
außer dem künftigen Schwiegersohn des
alten MajorS. dem die wichtige Mission
anvertraut werden konnte. ES schien
grausam, denselben am Vorabend seiner
Hochzeit aus ein derartiges Unternehmen
auszusenden, in Unternehmen, das
immerbin Gesahr für daS Leben deS
Unterhändler in sich trug, denn dn
tückische jähzornige Charaktn dn
Apaches war bekannt, und obwohl
Lieutenant Malcolm bei ihnen ange
sehe und beliebt war, konnte man
immerhin den AuSgang dn Mission
nicht vorhersagen.
Lieutenant Malcolm trat indeß ein.
als fei n auS Er, gegosten. ruhig und
. , ...
Nachdem ihm dn alte Mai m dn
nahe traurigem Tone die besonderen
Umstände mitgetheilt hatte, die thu
nöthigten, den Bräutigam seiner Toch
ter 48 Stunden vor des en Hochzeit auf
eine so gefährliche Expedition zu senden,
neigte Malcolm nur stumm sein Haupt
und sagte: Gut wann soll ich gehl
und wen soll ich mitnehmen?"
Am besten Sergeant Schmidt, den
Preußen da ist ein tüchtiger Kerl,
und Korporal HlgginS. Este tonnen,
wenn Sie Glück haben, morgen Abend
wieder zurück sein. Also viel Glück auf
die Reife. Mil Golt!"
Und der alte Major drehte sich um
und wischte sich mit der flachen Hand
eine Thräne auS den Augen.
Der Abschied von Maggie war kurz,
aber schmerzlich. Lieutenant Malcolm
bemühte sich, einen scherzhaften Ton
anzuschlagen, aber es gelang ihm nur
schlecht. Und wenige Minuten später
war er im Sattel und ritt durch die
glühende, staubige Ebene, nach der
Reservation zu.
Dort ging Alles schneller und besser
ab, als man angenommen. Natürlich
ohne die langen Reden und nachdenk
lichen Berathungen ging es nicht ab,
die dem Indianer einmal zur zweiten
Natur geworden find. Ader die Bucks"
und Brakes" kannten den Lieutenant
und hatten Zutrauen zu ihm, und als
er sich dasllr verbürgte, daß ihnen Ge
rechtigkeii widerfahren solle, da glaub
ten sie ihm und besiegelten am Schlüsse
der mehrstündigen Berathung den Frie
den mit verschiedenen Händedrllcken. So
schritt denn der junge Ossizier am
Schluste befriedigt aus dem Zelt nach
seinen Leuten hin.
Draußen aber vor dem Zelt hatte
Wanomo, die eherne Tochter des ober
ften Häuptlings Mvsawi, auf das
Wiederericheinen des weißen unterhänd
lers gelauert. Schon lange war fie
für ihn in Liebe entbrannt, aber der
junge Ossizier halte ihr Entgegenkam'
men bisher stets mit Kälte zurückge
wiesen. Nun hörte sie auf einmal
durch die Indiskretion der zwei Untev
Offiziere war es ruchbar geworden
daß Lieutenant Malcolm am nächsten
Tage mit der Tochter des alten Majors,
der schönen Maggie Pingree, Hoch
zeit feiern solle. Und wilde, ver-
zehrende Eifersucht hatte sich ihrer be
mächtigt.
Wie eine Schlange, geräuschlos und
geschmeidig, schlich sie hinter dem
ivianne, der ihre Liebe erschmäht,
durch das hohe Gras. Ein zischendes
Geräusch, und ein Etwas flog durch die
heiße Lust und blieb im Arm deS ra1
dahineilenden Offiziers sitzen.
Er wandte sich um kein Feind war
zu sehen. Er zog den Pfeil heraus aus
der Wunde.
Nun einige wenige Blutstropfen
sickerten aus derselben und fielen aus
die Erde. Lieutenant Malcolm aber
hielt den Pfeil in'S Sonnenlicht und
untersuchte genau die Spitze. Er ern
deckte eine dunkle Flüssigkeit an derfel
den, die jetzt rasch eine andere Färbung
annahm.
Vergiftet, " murmelte er mit zucken-
der Lippe.
Er sann nach. Der Contraktor war
nicht auf der Reservation. Er hatte
Schutz im Fort gesucht. Kein Arzt,
keine Medizin, keine Gegengift näher,
als im Fort.
Lieutenant Malcolm wußte genug
über die schnellwirkenden, absolut tödt,
lichen Pfeilgifte der Indianer, um zn
wissen, daß er wahrscheinlich durch kein
der Wissenschaft bekanntes Mittel flch
retten könne. Dennoch bewahrte er
feine eherne Ruhe. Er betrat fein
Zelt, wo die beiden Unteroffiziere, feine
Begleiter, schon auf ihn warteten, als
ob Nichts vorgefallen sei. Tann trank
er seine Feldflasche voll Whiskey völlig
leer. Vielleicht half'S jedenfalls
würde eS ihm die Reife in'S Jenseits
erleichtern.
Die Drei schwangen sich aus'S Pserd
und fort ging S zurück nach dem Fort.
Nach Mitternacht langten sie dort an.
Lieutenant Malcolm lebte noch, als
man ihn vom Roste hob, aber seine
in Fieber glänzenden Bugen und die
Schwere und Fühllosigkeit seiner Glie
der zeigten, daß sein Tod nahe bevor
stehe.
Am Morgen seines Hochzeitstages,
als kaum die Sonne sich rothglühend
wieder erhob, kniete Maggie Pingree
weinend und in wildem Schmerze vor
dem Lager ihres Bräutigams, dessen
glanzlose Augen daS Licht nicht mehr
sahen.
)m Blumenladen.
Bon Bertha kni.
ES sah gar zu anmuthig auS, wie fie
mischen all' den bunten Blumen saß.
zu beiden Seiten schlank aufstrebende
Palmen. Ihr, Heues, angenehmes Ge
ficht hob sich von dem dunklen Grün
wie ein großes, weißes Blumenblatt.
Fräulein Elli. eigentlich hieß sie
Elisabeth. wand Rosen und Veilchen
zu kleinen BouquetS. mit weichn Be
schäsiigung sie erst aufhörte, wenn ge
ug Vorrath für die nächsten Stunden
vorhanden, oder wenn Kunde kamen.
Sie hatte dem Geschäft eine Menge
.Stammkunden" angeworben, und diese
waren darin einig, das Steffens Blu
menbazar" noch keine liebenswürdigere,
anmuthigere Verkäuferin besessen i die
höhne Töchtn auS dem Echwarz'fchen
Pensionat drüben schwärmten förmlich
für sie, dn Blumenkonsum dn Gymna
ftasten und Studenten war untn Fräu
lein Elli'S Regiment ein überraschend
großer geworden, und sie alle schwuren
daraus, Fräulein Elli müsse etwas
Höhere sein als bloß eine Ladnerin",
solche Allüren besitze nur ein Mensch
von gutem Hause und guter Er
Zieh.
ffrau Steffens, die reich gewordene
Gärtnersfrau, wußte auch zur Genüge,
welchen Juwel fie an Fräulein Elli be
saß, kümmerte sich wenig mehr um den
Verlaus und erschien höchst selten im
Laden. Dasür schloß sie aber auch die
Waise in ihr Herz und hielt fie fast
ihren eigenen Kindern gleich.
Fräulein Elli ordnete ihreträußchen
in einer Majolikaschale.
ES klingelte.
Zwei Damen traten ein, eine ganz
junge mit-einem frischen Kindergeftcht
und großen fragenden Augen, eine
etwas ältere im langen, kostbaren Pelz
kragen.
Ich möchte ein Bouquet bestellen".
sagte die Aeltere, eS soll etwas recht
Scaönes sein, ein Brauldonquet, aus
den Preis kommt es nicht an I"
Fräulein Elli hatte auch nur an
etwas Feines gedacht. Sie hatte einen
Blick dasllr, die Portemonnaies der
Leute nach ihrem Exterieur und Auf
treten zu taziren ; selten ging sie fehl :
überdies kannte sie die Jüngere, die bis
vor kurzem zu den Pensionärinnen drü
den zählte, eine ihrer besten Kundinnen,
sie war die Tochter eines der höchsten
Beamten in der Stadt.
Sie lud die Damen zum Sitzen ein,
öffnete dann eine Thür des Glasschran
kes und entnahm ihm einen großen
flachen Karton. Es waren meist zarte
Atlasmanschetten mit duftigen Spitzen,
die sie den Damen vorlegte, fie mit Be-
dacht imnier ordnend, daß die Feinheit
derselben besonders ins Auge siel.
Dabei ist nichts, was mir gefällt".
entschied die Aeltere dann etwas von
oben herab, haben Sie nichts Beste-
sr
Gewiß, gnädiges Fräulein ; doch
kommt es schließlich ja auch auf das
Arrangement des Bouquets selbst an I"
Indem langte fie schon einen ungleich
kleineren Carton hervor, in dem nur
einige ausgewählte, besonders kostbare
Eremplare aufbewahrt wurden. Lang,
sam nahm sie eine nach der anderen
empor, während die Damen sie durch
Lorgnetten mu inten.
Diese ist prachtvoll", sagte plötzlich
die Jüngere, während fie eine echte
Sdpitzenkante aushob.
So nehmen wir sie, Edith, hier ist
la Ge chmack massgebend r
Die Kleine erröthete leicht und nickte.
Wie Du willst, liebe Marie !"
Also diese !" entschied nun die Dame
kurz.
Darf ich um die Adreste und den
Zeitpunkt der Ablieferung bitten, gnfr
diges Fräulein?"
Heute in vierzehn Tagen, sagen
wir, damit es zeitig da ist, 12 Uhr Mit-
tags, Anders, Königftraße 10."
Anders, Kbnigftraße 10," wider,
holte Elli ganz verstört; ist es die
Eier und Butter Großhandlung?
fragte sie dann gegen alles Herkommen.
Dieselbe", erwiderte die Dame kurz.
wünschen Sie noch nähere Details?
Das Bouquet ist für meinen Bruder.
Erich Anders, vielmehr für dessen
Bram venimmt.
Sie blickte hochmüthig in Fräulein
Elli's blaß gewordenes Gesicht, das so
farblos wie die weißen Azaleenblüthen
neben ihr er chien.
Dann gingen die Damen, nachdem
sie noch ein kostbares Palmenarrange
ment in Auftrag gegeben hatten.
Fräulein Elli lehnte nun krastlos an
dem Glas chranke. die vände vor dem
Gesicht wie Schluchzen rang es sich in
ihr empor.
Also deßhalb war er all' dieZeit über.
fast drei Monate, nicht gekommen, hatte
er nichts von sich hören lasten!
Freilich, sie war ja auch nur eine
schutzlose Waise, eine arme Verkäuferin,
was brauchte es da großer Entschul-
digungen und Erklärungen! Und alle
die Schwüre und Betheuerungen, daß
sie die Seine würde, nur Geduld müsse
sie haben, damit er die Eltern langsam
voroereile.
Frau Steffens behielt also doch Recht
m,l lyrer Beyaupiung, dasz die alte
Anders", hochnäsig wie selten eine Reich
gewordene, nie und nimmer ihre Ein
willigung gebe, wende sie doch das Haupt,
wenn si;, Frau Steffens, die es doch
auch gut könne, ihr begegne.
Und doch erinnere fie sich der Zeit, da
die Gnädige die Produkte, durch welche
die Ander? spätn den großen Reichthum
worden, neben ihrem Blumenstände
feilgehalten, und oft genug etwa?
WarmeS". das fie ihr geboten, nicht
verschmäht" habe.
Aber sie hatte seinen Auaen. seinen
Worten ja so gern geglaubt, vom ersten
Augenblicke an, da n, einen kleinen
Strauß erstehend, sie so überrascht und
tteuherzig angeschaut hatte!
Tie Hände suhren vom Gesicht
wieder klingelte es.
Zwei gan, lunge Tinaer. frisch und
fröhlich wie der junge Maientag, die sich
fast täglich ein VkilchenftröuSchen inStef
fens' Bazar leisteten und gern eine Weile
mit Fräulein Elli plauderten! Freund
lich grüßend, legten fie ihren Obolus
auf daS Zahlbrett und knüpften ein Ge
sprich an. daS aber nicht recht in Fluß
kommen wollte.
Fräulein Elli umwickelte die beiden
Sträußchen mit Staniol.
Sie find ja so schweigsam", meinte
endlich eine der beide, .und so blaß!
Ich glaube bestimmt, z taugt aus die
Dann nicht zwischen all' den Blumen !
Dieser starke, berauschende Tust,
ich muß doch morgen in der Botanik
unseren allen Professor sragen, ob der
nicht auch der Ansicht, daß eS ungesund
ist !"
Sie mögen i Recht haben", erwi
derte Fräulein Elli mit klagen Gesicht.
während ihre Augen mechanisch den ro
sigen Fingern der jungen Dame folgten,
die den Veilchenstrauß im oberen Knopf-
loche deS Jäckchens befestigten.
GesSngnibftrast in tf l)ini.
Die Chinesen haben ein ebenso zweck
mäßiges wie einsachcS Mittel, um aus
dem Gesüngniß entwichene Menschen so
fort zu erkennen. Dieses Mittel ist weit
wirksamer, als die in Europa übliche
eigene Kleidung für Gefangene. Sie
lasten nämlich allen Sträflingen die
Kopfhaare wachsen. Da nun aber von
irgend welcher Pflege der Haare keine
Rede ist, so müssen die Jnsaffen eines
KerkerS einen überaus verwilderten Ein
druck machen, der allerdings wohl genau
zu den Höllcn", wie die Chinesen ibre
scheußlichen Gefängnisse nennen, passen
wird. Einmal im Jahre befällt jedoch
manche von den sonst so hartherzigen
Mandarinen, die die Kerker unter ihrer
Aussicht haben, ein menschliches Rühren,
nämlich am Beginn der sommerlichen
Hitze. Da ist es vielfach Sitte, den
Gefangenen die Wohlthat eines allge-
meinen Bardierens zu Theil werden zu
lassen. So wurde am 7. Juli sämmt
lichen sechzig Jnsaffen des Gesängnisses
in der Ehincsenftadt der ganze Kops
rasirt. Sollte es einem von ihnen dann
zufällig bald nachher gelingen, auszid
brechen, so würde er doch noch wegen
Mangels emeS Zopfes kenntlich sein.
falls er sich nicht etwa ein Gewand der
gleichfalls zopflosin buddhistischen Prie,
ster zu verschaffen wüßte. Eine cigent,
liche Gesängnihstrafe kennen die Chi
nesen nicht, vielmehr werden die Kerker,
von ganz vereinzelten Ausnahmen abge-
sehen, nur zur Unter uchungshast be,
nutzt. Diese wissen die grauenhaften
Kerkermeister allerdings sehr vst will
kürlich auszudehnen, wenn die Unglück
lichen Opser nicht das verlangte Geld
bezahlen wollen, sodaß in Wirklichkeit
die Untersuchungshaft oft eine weit här
tere Strase ist, als was die armen Sta
der nachher erwartet. Lebenslänglich
eingekerkert werden fast nur gemeinge
sührliche Irrsinnige, weil es der Väter,
lichen Regierung" niemals eingefallen
ist, für diese Unglücklichen besondere
Häuser zu erbauen. Hat jedoch ein
geisteskranker Mensch seinen eigenen
Bat:r erschlagen, o kommt er nicht in
Gefängniß, sondern er muß diese That
aus dieselbe Weise büßen, wie ein geistig
gesunder Mann, indem er m Stucke ae,
hauen wird. Noch kürzlich stand wieder
ein Beispiel für diese Barbarei in der
offiziellen Pekinger Zeitung. Die S3,
wohnn der Nachbarhäuser aber bekam
men dann Hiebe mit dem Bambus da
für, daß sie nicht ordentlich geholfen
haben, den Verrückten strenger zu übn
wachen.
Fatal.
In Pappelhaufen gab es nur einen
Zahnarzt, den Doktor Brecher, der sich
in Folge dessen einer sehr lebhasten
Praxis erfreute. Da ließ sich eines
schönen Tages der junge Doktor Reißler
gleichfalls als Zahnarzt nieder und
schnappte sehr bald dem älteren Kollegen
einen Theil der Kundschaft weg. Die
Menschen sind nun einmal so! DaS
Neue ist immer besser als daS Alte!
DerIDoktor Brecher war wüthend! Er
nannte den Reißler einen Psuscher, n
Charlatan, einen Dummkopf und be,
kam vor Anger die Gelbsucht, während
der Andere lachte und sich nicht im Min
ften stören ließ.
Da bekommt der Doktor Brecher zum
ersten Mal in seinem Leben Zahnschnier
zen, und nachdem er alle ihm bekannten
Mittel ersucht hat, muß er sich doch
mit schwerem Herzen entschließen, zu sei
nem Feind und Concurrenten zu gehen.
Er kann'S eben vor Schmerzen nicht
mehr aushalten! Reißler empfängt ihn
sehr höflich, besieht sich die Zähne, greift
nach einer Zange und reißt damit'?
Gelaufe nicht immer ist gleich drei
Zähne heraus!
Ter alte Brecher ist halbtodt ! Das
das so weh thut, hat er nicht gedacht !
as Ta chemnch vor den Mund ge
preßt, wankt er in'S Vorzimmer und
trifft dort mit einer Frau zusammen,
die ebenfalls ein Anliegen an den Tok
lor Reitzier hat.
O ie! ES hat wohl recht weh ge
than?" fragte fie mitleidig.
Brechn murmelt nur etwas Undeut
liches und zieht seinen Rock an.
Aber seu Sie srch, daß Sie beim
jungen Doktor gewesen sind und nicht
beim Alten!" fährt sie tröstend fort.
Ich sage Ihnen, bei dem tbuti
gerade so weh, aber außerdem ist er
auch noch ganz nichtswürdig grob !
Von diesem Tage an soll dn Doktor
Brechn mit seinen Patienten etwas
sanster umgegangen sein !
tttut Ine Hundes.
AuS Laibach wird eine rührende Ge
schicbe von dn Treue eines HundeZ ge
meldet. Am 24. August Nachmittags
hörten die Grundbesitzer Franz Rozman
und Vinzenz Notsch in dn Nähe der
svelschiza.AIp Hundegebell. Es schien
auS kinem tiefen Abgrunde zu kommen,
la das Gebell ein anhaltendes und son
dnbar klagendes war, gingen die Bei
den dem Tone nach. Tief unten in ei
nem Abgrunde fanden sie in Leiche,
die sie als die deS Wirthe Andreas
Ifotf an Karnervellacb erkannte, der
offenbar von den steilen Hängen abge
stürzt war. Neben der Leiche hielt der
Hund deS Verungliicklen Woche, dessen
Gebell erst verstummte, al die Leiche
aufgefunden ward. Der verunglückte
Wirth, ein Svjähriger kräftiger Mann,
war Tag zuvor um 6 Nhr Morgens
vom Hause weg aus die Ävetschiza-Aip
gegangen. So viel sich erheben lies!,
machte er zwischen 8 und ! llhr Bormil
tags kauf dem Wege Rast. Man fand
im iinn RaWell nock keine lederne
Tasche mit Proviant. Von dort stürzte
er über einen Felsen drei toi lies.
Aus den im Sande vorgefundenen Fuß
knurrn taut in entnebmen, duft Notsch
den Felsen wieder erklimmen wollte.
Hierbei mußte er aiisgeglittcn und an
dun eilen Bnaabbana über 40g Meter
tief in den Abgrund gestürzt sein, wo
hin ihm sein Hund folgte, um Tag uno
Nacht (30 Stunden lang) di zur Auf
siudung dn Leiche an derselben Wache
zu halten.
D kranken Steuerbeamten.
Der Geheime Medizinalrath Doktor
Heim, der bekannte alte Heim", kam
n Jahre lötn aus einer Reise naq
Blinzlau und blieb dort über Nacht.
Am nächsten Morgen ließ er den Wirth
kommen und erkundigte sich, wo man
Biinzlan S Wahrzeichen, den grotzen
Topf, und die geographischen und astro-
nomischen Darstellungen des Webers
Hüttig kennen lernen könne. Der Wirth
giebt genügende Auskunft, fährt aber
weiter fort: Würde der Herr Geheim
rath nicht vorher die Gnade haben, mit
den Steuer-Beamtcn zu sprechen, die
,m Vorzimmer ehrfurchtsvoll harren
Aha", denkt Heim, kranke Leute,
die davon gehört haben, daß du gekom
men bist !"
Er geht m das Vorzimmer. Hier
stehen eine Menge Steuerbeamte, alle
in Uniform, alle in höchster Gala, und
alle machen sie vor dem heraustretenden
Geheimrath einen tiefen Kratzfuß. Heim
bleibt dagegen sehr gleichgültig und tritt
an den ersten besten heran.
Wo fehlt's Ihnen?" fragte er.
O, Herr Geheimrath, wenn Sie
die Gnade haben wollten, mir hundert
Thaler Gehalt zuzulegen," ist die Ant-
wort.
Kann ich denn das?" brummt der
alte Heim.
O, der Herr Geheimrath können
wohl, wenn Sie nur wollen!
Heiir schüttelt, mit dem Kopfe und
fragt den nächsten: Und wo sehlts's
'nen V
Wenn ich dem Herrn Geheimrath
die Bitte allerunterthäuigst vorlegen
dürste, ob ich mir Hoffnung machen
kann, auf die erledigte Stelle in "
Heim unterbricht ihn und ruft:
Für wen halten Sie mich denn
eigentlich, meine Herren?"
Sind Sie denn nicht der Geheime
Obernnanzrath Hag?"
Nein, ich bin der Geheime Medizi-
nalrath Heim. Gegen die Krankheiten,
an denen Sie leiden, habe ich kein Mit,
tel. Guten Morgen!"
Richt recht glaublich.
Lagasse, einer dn eifrigsten Radfah,
rer unter den Pariser Anwälten, pflegt
seine Kunden in den Gefängnissen auf
seinem Fahnad zu besuchen. Neulich
traf er hoch zu Stahlroß in Mazas ein
und richtete an den Gesängnißportier die
Frage, ob er sein Rad in dn Einfahrt
flehen lassen könnte.
Seien Sie ünbesorgt," erwiderte
der brave Mann, wir haben keine Diebe
hier."
Lagaste schüttelte dazu bedenklich den
ops.
Gedankensplitter.
'Durch namenlose Briefe wird oft
namenloses Unheil angerichtet.
Die Menschen haben Mitleid mit uns.
wenn sie nicht mit zu leiden brauchen.
Die kleinste Kammer
Sieht Luft und Jammer.
Anmuth ift aeeianet. Armuth der
gessen zu machen.
Schminkederbrauch.
Ein boshaftn Statistiker in Teutsch.
land hat berechnet, daß mit der Menge der
kchminie, welche allein von den Frauen
und Mädchen in Amerika alljährlich ver
braucht wird, 37,000 Häuser angcftri
chen werde könnten, jede dieser Auf
frischungen zu 300 Mark gerechnet.
Naiv.
Wenn ich Ihnen. Fräulein
Anna, jetzt plötzlich einen Kuß rauben
würde was würden Sie da sagen?"
TaS weiß ich noch nicht!"
Ein gn Vater.
Tn Papa läßt sich bei der großen
Hitze, während n sein Mittagsschläfchen
hält, von seinen Kindern die Fliegen
wegfangen. Für jede Fliege bekommen
sie einen Pfennig, und für daS gesparte
Geld dürsen fie dem Papa Eigenen
kaufen.
Dn adgIZnbische kannes.
... .Wissen S'. Hnr Toctor. früher
hab' i' auf de Toctor gar niz 'geben;
seitdem Sie dn mei' grau kurirt
hab', bin i' doch abergläubisch
worden!"
Ein Kenner.
Studiosus (zu seinem Retter au Le
bensgefahr): Wie kann ich mich Ihnen
dankbar erweisen?"
Herr: .Pumpen Sie mich nicht an,"
Dilemma.
Fräulein A. : Ich bin in großer Ver
legenheit."
Fräulein B. : .Wieso?"
Fräulein A.: Karl hat mir ver
sprochen, das Trinken auszugeben, wenn
ich ihn nehme, und Georg will damit
anfangen, wenn ich ihn nicht heirnthe."
Bahnst
Tochter (jammernd): Ich habe mich
beim Günscschlachtc in den Finger ge
schnitten!"
Vater: Tröste Dich, die andere
GanS ist ja noch schlechter wcggekom
men."
kusant tmikle,"
Großmama, mach' doch einmal Dei
nen Mund aus!"
Warum denn, mein Kind?"
Ja, ich will 'mal nachsehe. Papa
hat gestern gesagt, Du hättest Haare auf
den Zähnen."
RiicksichtSvoU,
Vater: Alfred Du bringst ja aber
eine elende Censur nach Hause!"
Alfred: Ja, Papa, aber Du sag
teft, Du wolltest mir drei Mark geben,
wenn ich eine gute Censur nach Hause
bringe, ud da wollte ich Dir die Aus
gäbe ersparen."
Gegenseitig,
A. : Ich möchte Sie bitten. Ihren
Hund am Bellen zu verhindern, unser
Kind konnte die ganze Rocht nicht schla
fen!"
B. : Sehr gern, aber dann hindern'
Sie auch Ihr Kind am Schreien, mein
Hund konnte auch nicht schlafen."
Line kitzliche Sache.
Menageriedesitzn (zum Besitzer eine
zoologischen Gartens): Mir sind meh
rere Thiere krepirt; können Sie mir
nickt mit einem benaaliscben Tiaer und
zwei Riesenschlangen unter die Arme
greisen?"
Unbedacht.
Dienstmädchen: Sie hatten mir doch
bestimmt versprochen, mir ein Paar
Schweinsohren zu rejnviren!"
Schlächter: Na, zum Kukuk, wenn
keine mehr da sind ich kann sie mir
doch nicht selbst vom Kopfe schneiden!"
Im Eifer.
Gattin: Oskar, Tu bist heute so
zerstreut I"
Major sehr beschcistigt) : Laß zum
Sammeln blasen!"
Beim Rendez-vons.
Er: .Haft Du lange aus mich ge
wartet, mein süße Lied?"
Sie: Ja, eine ganze halbe Viertel
stunde!"
in kzeld.
A : , Das weiß meine Frau nicht
anders, wenn ich Mittags heimkomme,
muß die Suppe schon auf dem Tisch
stehen."
B: Wenn aber die Suppe einmal
nicht auf dem Tisch steht?"
A: Na, dann warte ich halt ein
wenig!"
ZZadl-RkgkI.
Ueb' immer Rücksichtslosigkeit
Bis an Dein kühles Grab
Und weiche keinen Finger breit
Vom Weg fllr's Fußvolk" ab.
Schneidiger Bescheid.
Hauptmann: Wie ich gehört, haben
fie den Rekruten Dämlich geschlagen; er
hat eine dicke Backe, warum thaten Sie
das?"
Unteroffizier: Ich wollte ihm einen
schlagenden Beweis meiner Unzufrieden
heit geben, Herr Hauptmann!"
Anzüglich.
Gattin Irirtet, rfiriftH?TlirS in ifirr
Freundin): Ach, Irma, ich bitte Dich
um Teinen Rath, ich möchte meinem
Gatten I (pitirm ßifhnrttnn tmnS
kaufen, worin er feine Dichtungen auf
oewayren lonnn: Was wäre woyl das
Geeignetste?"
Freundin: Ein Papierkorb!"
ranane,
1. Soldat: ...,Wie. Tu trink
Wein?"
2. Soldat: Ja. mein Verhält
n i ß erlaubt mir das!"
Aasemenhosdluthe.
Unteroffizier: szu einem Re
kruten): Kerl. Tu sitzt ja zu Pferde,
wie eine verrückt gewrdene Klammer
auf der Wäscheleine!"
Schlecht SkschSft.
ferr Knickn lWflfA.wMiilff'l. TM
Stedkraaeri aesallen mir ich mfMr in
Tutzend davon kaufen, wen Sie mir
oie vaie ocs Preiies nuniniasien.
Verläukn! ?,!mh irhr- tut mfii.
sen sie sich schon in ei Geschäft für
elzirage oemuyen.
Büreavkratiich.
Assessor: .In neue Schreiber ift
schon wieder mit seiner Arbeit fertig,
Hnr Rath!"
Rath: Schon wiederls ...
Bei dem scheint' an dn richtige Ein
theilung och sehr zu fehlen!"
, - - - -7 " .J- V. r:,fS