Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, August 27, 1896, Image 12

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    in musikalisches Genie.
Humoreske von (' u g t u Wellenberg,
Der Rcntier CchueeberAcr ist ein
aroker Musilenlbustast. Ob er sich in
einem Bilse'onzcrte befindet oder den
Tönen eines verstimmten Leierkastens
lauscht, gilt ihm eins, sobald er nur
Musik bort, ist er befriedigt und über,
selig. Zu seinem größten Leidwesen ist
es ihm in seiner Jugend nicht vergönnt
gewesen, sich der edlen Frau Musika zu
widmen; denn sein Vater, ein biederer
(erbermei er. hatte ihm be, der er ten
schüchternen Andeutung derartig seinen
üppigen Haarwuchs getuyiel, ou er es
Donna, nie wieder darauf anzuspielen.
Wenn er jetzt daran denkt, entringt sich
ein mclimütkiaer Seiltet semer Brust,
de,i seiner Meinung nach hat der alte
Gabermeister einen ungeheuren Frevel
verübt! er hat ein grches Talent der
Welt vorenthalte
Späterhin, als er die Gerberei feines
Vaters übernommen und geheirathet
hatte, machte er den Versuch, das da
maliae Modeinstrument, die Guitarre,
zu erlernen; aber auch jetzt stellten sich
ihm unüberwindliche Hindernisse in den
Weg. Denn seine Frau erklärte ihn.
nach zwei Tagen ,n einer Rede, die ge
nau eine Stunde und achtundfünfzig
Minuten dauerte, daß sie. salls dieses
entsetzliche Wimmern nicht aufhörte,
sich sofort von ihm scheiden lassen
würde.
Widerstrebend mußte er sich fügen
und das Wimmerholz wanderte in die
Rumpelkammer.
Jetzt hatte seine Frau das Zeitliche
gesegnet und ihm nur einen einzigen
Sohn hinterlasse,, den er wie feinen
Augapfel hütet. Seinetwegen zieht er
sich sogar bald von allen Geschäften zu
rück, um sich der Erziehung des Lieb-
linas aan, widmen ju können. Letzterer,
der nach dem Willen der Mutter, einer
Psarrerstochter, den alttestamentarlyen
Namen Hiob" erhalten hat, ist ein
dicker, phlegmatischer Junge von elf
Jahren. Verstand besitzt er nicht allzu
viel, dagegen einen machtigen Appetit,
wodurch ersterer Mangel ja einiger
maßen ausgeglichen wird.
Und trotzdem bleibt sein Vater dabei,
daß in dem dicken Jungen ein großes
Talent verborgen sei. Aber lassen wir
ihn das lieber selbst erzählen, und zwar
genau so, wie er es jedem Unglück
lichen mittheilt, dessen er habhaft wer
den kann.
Ja. mein Lieber," beginnt er stets,
das ist eine wunderliche Geschichte.
Sitze also nach deni Essen ganz still in
meinem Zimmer, lese eigentlich nicht,
sondern dusele so und denke an nichts,
da höre ich im Nebenzimmer fo'n Ge
quietsche, so'n Summen. Stehe also
auf, schleiche aus den Zehen zur Thür,
und was sehe ich, mein Lieber? Sitzt
mein Hiöbchen mitten im Zimmer, hat
meine alte Guitarre auf den Knien lie
gen und kratzt mit beiden Händen ener
gisch darauf herum ! Das Genie bricht
sich instinktmitßig Bahn ! Habe Thrä
neu geweint, faje ich Ihnen, Freuden
thränen !"
Wehe dem Aermsten aber, der es
wagen sollte, hiernach nicht vollständig
von dem großartigen Talente Hiöbchens
überzeugt zu sein ! Dann braust Schnee'
berget aus.
Sooo? Sie zweifeln an dem Talente
meines Sohnes, mein Lieber?
Natürlich, wenn Jemand gar kein Ver
ständniß für Musik besitzt, dann "
Hier bricht der in seinein Stolze ge
kränkte Vater ab, wirst dem Unglück-
lichen Zweifler e,nen verächtlichen Blick
zu und laßt ibn gänzlich iiledergeichniet
tert stehen.
Acht Tage nach dieser wichtigen Ent
deckung wird Hiöiichen in ein Musikin
stitut gegeben, um sich zum Violinvir
tuosen auszubilden. Für die Nachbar
fchast beginnen jetzt Tage der größten
Trübsal. Hiöbchen übt! Am ersten
Tage große Erstaunen, am zweiten
Entsetzen, am drillen Revolution. Die
Hausbewoher schicken eine Deputation
an Schneeberger ab mit der dringenden
Bitte, dieses' fürchterliche Gequietsche
doch baldigst zu beenden. Hiöbchen
quietscht nrter, täglich acht Stunden,
und Schneeberger sitzt dabei und sieht
selig lächelnd zu. Die Hausbewohner
beschweren sich beim Wirth. Als Alle
einstimmig erklären, auszuziehen, kiin
digt er He in Schneeberger die Woh
nung. Dieser nimmt das sehr gleich
giltig auf und zieht aus., Hiöbchen
quietscht weiter. Der neue Hausmirth
will sich das auch nicht gefallen lassen
und kündigt. Schneeberger lacht er
ächtlich und führt fortan ein Leben jwi
fchen Ein und Ausziehen.
So vergeht ein Jahr. Hiöbchen hat
bereits sür ein kleines Vermögen Darm
satten verbraucht, aber leider sehr wenig
Fortschritte in seinem Studium ge
macht, weil es ihm nämlich absolut an
Gehör gebricht. Er selbst hat die ganze
Geschichte auch bereits gründlich satt
und wird vom Vater nur dadurch zum
Ueden bewogen, daß Letzterer ih nach
vollendetem Studium die schönsten
Leckerbissen verspricht, worauf Hiöbchen
weiter quietscht. AIs der dicke Junge
nach unbeschreiblichen Mühen endlich
im Stande ist, das Lied Freut euch
des Lebens" einigermaßen geläufig zu
spielen, giebt Schneeberger in der
Freude sein Herzens ein splendides
Diner, wobei Hiöbchen sein Bravour
stück spielen muß. Wer beschreibt aber
das Entsetzen be braven Rentiers, alt
ach Beendigung dn Pie ih ein jun
gn Mann anscheinend ganz rm besangen
fragt, was denn das für ein Stück ge-
wesen wäre, ob der Naturwalzer oder
ein Trauermarsch ; er hckbe es nicht so
recht unterscheiden können.
Einige Monate später veranstaltet
das Musikinstitut, in welchem sich Hiöb
chen zum künftigen Pagauini ausbil
dete, eine öffentliche Prüfung. Schnee
berger befindet sich schon acht Tage vor
her in größter Aufregung.
Er schläft nicht, ißt nicht und trinkt
nicht. Er träumt nur noch von den
Erfolgen seines Sohnes. Er sieht sich
im Geiste bereits auf dem Podium
stehen und mit gerührter Stimme im
Namen Hiöbchens beim Publikum für
den ungeheuren Applaus sich bedanken.
Endlich ist der wichtige Tag da. Vor
der Hansthür bleibt Schneeberger plötz
lich stehen und schlägt sich vor die Stirn.
Er hat etwas vergessen: Hiöbchen hat
keine Lackstiefeln an! Entsetzlich! Nach
Schneeberger's Meinung muß jeder
Künstler Lackstiefeln tragen; schnell also
in den Schuhladen dort gegenüber!
Hiöbchen ist die Sache egal. Statt
der Stiefel hätte er lieber etwas Eßba
reS. Aber er muß sich fügen. Der
Schuhmacher sucht und kehrt den ganzen
Laden um. Lackstiefel sind in Hülle und
Fälle da, aber Hiöbchens Nummer fehlt.
Schneeberger schwitzt. In zehn Minu
ten soll das Eonzert seinen Anfang neh-
men. Endlich hält der Schuhmacher ein
paar Stiefel empor. Schneeberger ata-
tnet auf. Die Stiefel kommen ihm
zwar etwas klein vor. Der Schuhmacher
streute große, Mengen Talkum in das
Stieselpaar, dann muß Hiöbchen noch-
mals den Versuch machen, hinein zu ge,
langen. Er zieht aus Leibeskräften,
Schneeberger zieht, der Schuhmacher
zieht. Ein Ruck, dann noch einer, und
der zukünftige Virtuose hat Lackstie-
sei an.
Jetzt macht er einen Gehversuch und
verzieht dabei das Geficht, als ob er auf
spitzen Nadeln ginge. Schneeberger er-
greift seinen Sohn am Arm und zieht
ihn in rasender Eile ,n das Institut.
Das Eonzert hat bereits begonnen,
Man weist die Beiden in ein Neben-
zimmer, worin die anderen angebenden
Birtuosen unter Herzklopfen und Zähne,
klappern des Augenblicks harren, wo sie
av. die Reihe kommen und vom Direktor
in den Saal berufen werden. Schnee,
berger nimmt Platz. Den armen Juw
gen drücken die Stiefel fürchterlich,
Vielleicht könnte man sich derselben ent
ledigen, wenn auch nur für einen
Augmblick. Ehe er an die Reihe kommt,
hat er ja beide Marterfutterale schon
längst wieder an. So, auch das ist
gethan. Damit aber Niemand seinen
schuhelosen Zustand bemerke, stellte er
schlauerweise den Violinkasten auf seine
?vuße und stimmt nun anscheinend un
befangen sein Instrument.
Da önnet sich die Thür zum Saal.
Das hagere Gesicht des Direktors erscheint
für einen Moment.
Herr Schneeberger, schnell, wenn ich
bitten darf, Ihr Solo ist dran!" ruft
er und verschwindet wieder.
Hiöbchen stößt den Violinkaften zur
Seite und versucht schleunigst in seine
Marterfutterale zu fahren.
Schneeberger blickt entsetzt auf das
Gebahren seines Sohnes. Er begreift,
daß Vorwürfe nur dazu angethan sind,
die Situation zu verschlimmern, und
beeilt sich daher, seinen Sohn zu unter
stützen. Vergeblich! Die Eleven es
sind deren sieben wollen sich nützlich
machen und eilen den Beiden zu Hülse.
Da sie nicht Alle an dem einen Stiefel
anfassen können, ziehen sie an Hiöbchens
Rock und Hosen, um ihren guten Willen
zu beweisen. Vergeblich!
Die Thür öffnet sich abermals.
Herr Schneeberger!" ruft der Direk
tor und staunt die merkwürdige Gruppe
an. Dann springt auch er hilfreich
hinzu. Jetzt ziehen sie Alle: Hiöbchen,
Schneeberger, der Direktor und sieben
Eleven.
Aber wenn so ein Stiefel eigensinnig
ist. dann hilft Alles nichts. Plötzlich
hört man etwas reißen und bald darauf
einen lauten Knall. Hiöbchen, Schnee
berger, der Direktor und die sieben Ele
ven sitzen mit verblüfften Mienen am
Boden. Ein Lackftiefel läßt sich eben so
Manches gefallen, aber schließlich reißt
ihm doch die Geduld.
Der Direktor rafft sich zuerst auf.
Herr Pesecke," wendet er sich an ei
nen der Eleven, bitte, kommen Sie
schnell! Sie übernehmen das Solo
Schneedergers!"
Dann entfernt er sich, ohne da? arme
Hiöbchen auch nur eines Blickes zu wür
digen.
Herr Schneeberger senior sitzt am Bo
den wie eine geknickte Lilie. Seine j
schönen Hoffnungen sind dahin. Wenn
eine Birtuoleniautbayn schon mit so
bösen Anzeichen beginnt, was soll da erst
später werden!
Hiöbchen faßt die Sache bedeutend
weniger tragisch auf. Ehrgeiz ist ihm
gänzlich fremd. Er weiß eigentlich nicht
Ein Jahr später. Begeben wir uns
nach der Wohnung des Herrn Schnee
berger!
Seltsame Töne dringen daraus her
vor, Hiöbchen übt: aber diesmal nicht
aus der Violine, sondern aus einer Kla
rinelte. Und Schneeberger sitzt dabei
und sieht selig lächelnd zu. Seit jenem
Unglückstage ist der Rentier auf einmal
zu der Ansicht gelangt, daß sein Sohn
mehr Talent sür Blasinftrumente be
sitze. Deshalb muß Hiöbchen jetzt die
Klarinette malträtiren. Schneeberger
hat, nachdem sein erster Zorn verraucht
war, bald eingesehen, daß er selbst an
dem Fiasko die größte Schuld trug.
Hätte er nicht so hartnäckig auf den
Lackstiefeln bestanden, dann wäre viel
leicht Alles gut geworden. Er sucht des
halb sein Unrecht an Hiöbchen wieder
gut' zu machen, indem er ihn fast zu
Tode füttert.
Eines Tages kommt Letzterer etwas
niedergeschlagen nach Hanfe. Auf sein
ängstliches Befragen erfährt Schnecber
ger, daß in vierzehn Tagen wiederum
eine öffentliche Prüfung stattfinde.
Hiöbchen soll eine Piece auf der Klari
nette spielen, und de: Direktor selbst will
dazu die Klavierbegleitung übernehmen.
Schneeberger bekommt bei dieser Nach
richt heftiges Herzklopfen. Wenn nur
diesmal Alles ant Klausen mnAt!
Hiöbchen verspricht ihm das seiet
lichst. Dann schenkt der Rentier ihm
einen Thaler, stellt ihm noch einen
zweiten in Aussicht, wenn er sich brav
verhalte, und zieht sich dann endlich
etwas beruhigter, an.
Um zwülf Uhr soll die Prüfung statt
sinken. Eine halbe Stunde vorher tre-
ten Schneeberger Vater und Sohn aus
ihrer Behausung. Beide haben sich
natürlich wieder in Gala geworfen, und
der Rentier blickt mit Befriedigung auf
die neuen Lackstiefel seines Sohnes, oie
diesem für den heutigen Tag ertra an
gefertigt sind und vortrefflich passen.
Boch trotzdem will eine gewisse Beklem,
mung nicht von ihm weichen. Er hat
so eine eigenthümliche Ahnung, als ob
ihm wieder etwas schief gehen werde.
Aeh !" macht er deshalb seufzend,
Aeh!" macht Hiöbchen unmittelbar
daraus ebenso.
Schneeberger sieht seinen Sohn ver-
wundert an.
Bist Du auch ängstlich. Hiöbchen?"
fragt er theilnehmend.
Nein, Vater."
Du hast doch ober geseufzt?"
Ja. Vater."
Warum hast Du denn nun geseufzt.
wenn Du nicht ängstlich bist?" forscht
Schneeberger weiter.
Mir ist o schlecht!" stöhnt Hiöbchen
weinerlich hervor.
Schlecht? Wovon?" fragt der Ren-
tier dringender.
Von den Bonbons!" stößt Hiöbchen
weinerlich yervor.
,Bon welchen Bonbons?"
Na, von den Bonbons, die ich mir
sur ven Thaler gelauft habe, welchen
Du mir heute Morgen geschenkt haft,"
jammert der dicke Junge.
Schneeberger prallt ein paar Schritte
zurua.
Du hast für einen ganzen Thaler
Bonbons aufgegessen!" fragt er er
schrocken.
Hiöbchen nickt.
Schneeberger schlägt die Hände über
dem Kopf zusammen.
Junge," schreit er verzweifelt, wenn
Du mich heute wieder blamirft, dann
sollst Du einmal etwas erleben!"
Hiöbchen winkt ihm beruhigend mit
der Hand.
Blasen werde ich schon," sagt er
mürrisch, deswegen brauchst Du' keine
Angst zu haben."
Na gut," versetzt der Rentier ruhi
ger, ich verlasse mich darauf, daß Tu
mir heute Ehre machen wirst. Sei ein
Mann und nimm Dich zusammen!
Das bischen Uebelkeit wird bald der
gehen." Eine Viertelstunde später sehen wir
Schneeberger im Eonzertsaal sitzen. Er
hat feinen Sohn in das bekannte Zim
mer zu den übrigen Eleven geschickt und
ihn anempfohlen, eine Flasche Soda zu
trinken.
Nach einer halben Stunde öffnet sich
die Thür und der Direktor erscheint;
ihm folgt, etwas bleich, Hiöbchen mit
seiner Klarinette. Schneeberger versagt
ver lyem. ter demcrtt. daß sein Sohn
sehr niedergeschlagen aussieht, und um
idm Muth zu machen, beginnt er un,
willkürlich zu applaudiren.
St !" macht das Publikum ürgev
lich.
Schneeberger führt erschrocken zusam,
men. Er siebt ein. daß er eine aroße
ummyeil ceganqen hat. Hiodchen
wird immer blasser. Der Direktor läßt
nun am lavier das Borfpiel ertönen
und Hiöbchen. jetzt kreidebleich gewor
den, steckt den Schnabel der Klarinette
in den Mund. Es scheint ibm sedr
sträubt sich, und aus feinem Jnstru
mente erklingen jetzt Töne, so ängstlich,
so gequetscht, daß das Publikum schau
dernd zusammenführt. Jetzt vernimmt
man einen überlauten Ton, der wie das
Aufschreien einer geängstigten Seele
klingt, dann folgt noch einer der einem
ersterbenden Seufzer gleicht, und nun
fliegt die Klarinette zur Erde, und
Hiöbchen stürzt, beide Hände vor den
Wagen gepreßt, wie von Furien gepackt,
aus dem Saale. Der Direktor sieht
erst erstaunt auf seinen Zögling, dann
stürzt er wüthend hinterdrein.
Schneeberger toeiß nicht, wie ihm ge
schieht. Er glaubt Anfangs, er
träumte; dann umfängt ihn eine wohl
thätige Ohnmacht.
Am anderen Tage steht eine Droschke
vor Schneedergers Wohnung, auf welche
zwei große Koffer aufgeladen werden.
Etwas später treten Schneeberger senior
und junior, beide sehr vergnügt aus
sehend, aus dem Hause und setzen sich
in eine Droschke.
Da tritt ein Bekannter zu ihnen.
Nun, Herr Schneeberger," meinte
er pfifstg lächelnd, Sie wollen wohl
eine kleine Erholungsreise antretend
Na, die ist Ihnen auch zu gönnen nach
der gestrigen Affäre. Ja, mit Gewalt
läßt sich so etwas nicht erzwingen. Ein
musikalisches Genie ist eben nicht Jeder
mann!"
Schneeberger sieht den Sprecher halb
höhnisch, halb mitleidig an.
Hm," sagt er dann, da haben Sie
Recht, mein Lieber, ein musikalisches
Genie ist nicht Jedermann, aber
mein Sohn ist eins! Jetzt weiß ich
nämlich erst, woran ich mit ihm bin.
Als ich ihn nach der gestrigen Affüre
tüchtig durchprügelte, und er so laut
und mächtig schrie, da wurde mir plöd
lich sein eigentlicher Beruf klar: mein
Sohn wird Sänger! Wir reisen jetzt
zu seiner Ausbildung nach Italien!
Adieu, mein Lieber! Kutscher, fahr zu!"
Der Bohnensack.
Eine Episode aus dem kubanischen jinege.
Von Ralph (raljani !obcr.
einmal, was das ist. Ja, wenn es , schlecht zu Muthe zu sein,
etwasEßbareS gewesen wäre, hätte es ihn Schneeberger bemerkt das Alles mit
vielleicht mehr intereisirt. Ihn durch i wachsender Unruhe und erhebt sich vor
zuckt nur die freudige Ahnung, daß er Aufregung, um seinen Sohn besser
sich jetzt nicht mebr mit den Stiefeln ad j beobachten zu können,
zuquälen brauche. Er lächelt deshalb! Setzen!" tont eine Stimme hinter
vergnügt. Schneeberger bemerkt das , ihm.
unglücklicherweise. Seme Verzweiflung Der Rentier achtet nicht darauf. Da
verwandelt sich in Wuth. Er möchte
weinen, und sem Sohn lacht!
Was dann geschieht, will ich diskret
übergehen. Ich kann nur verrathe,
daß man aus dem Zimmer ein fürchter
licdes Jammergeheul vernimmt und
verspürt er plötzlich ein starken Ruck und
fühlt sich mit Vehemenz auf feinen
Stuhl herabgezoger:. Seine Nachbarin
hat ibm dieken Liebesdienst geleistet.
Jetzt blickt der Direktor Hi.'dchen
mahnend an. Dieser versteht den Wink
bald daraus Hiodchen lehr gelni und! und sängt an zu blakn. Ein paar
mit sehr rothen Wangen, die Reste sei Takte geht es. Au einmal wird dn
ner Violine unter dem Anne, nach Hauke , dicke I unge unruhig. Er wird abroech-
schleicht. I'e'.r. rotb und Maß. Sein Haar, schwarz, das ist der Tod
Es war Sonnenaufqangszeit,
Die gelbe Ebene dehnte sich gleich einer
goldigen See von den weißen Lehmwän,
den der Hacienda bis bin zu dem äußer,
sten Rande des Horizontes, an welchem
die ersten gluthrothen Strahlen der
Sonne aufstiegen.
Die schwere Thür des Hauses kreischte,
als sie sich langsam in ihren Angeln be
wegte, und eine Anzahl wettergebräun
ter Männer trat aus ihr heraus. Sie
stellten sich rechts und links vom Ein-
gang aus.
Jeder dieser Männer war schwer be
waffnet. Im Gürtel steckten breitklin
gige Dolche, schwere doppelläufige Pisto
len, und Jeder trua überdies noch einen
Karabiner.
Jetzt trat noch eine Gestalt hinzu.
Offenbar einAnführer der Truppe, denn
sein weiter Sombrero trug eine dreifache
silberne Schnur und sein Rock an den
Aermeln breite, verschnörkelte silberne
Litze.
Antonio !" sagte er.
Kapitän !" war die Antwort.
Es ist ein herrlicher Sonntag," sagte
der Kapitän. Ein Tag, wie geschas
fen, um glücklich zu sterben. Geh',
Antonio, bringe mir die Spanier her.
Wieder salutirte Antonio, die Hand
am Sombrero, dann drehte er sich auf
seinen Hacken um und verschwand in
dem Hause. Einige Augenblicke vergin
gen und der Kapitän drehte sich eine
neue Zigarrette.
Dann plötzlich wurde es im Hause
laut; Schritte wie von einem Truv
Menschen wurden gehört; und eine
Schaar von mit Blut bewridten und
zum Theil auch vermummter Männer
mit auf dem Rücken gefesselten Händen
trat heraus.
Bumas dias. Senores". bearükte
die Kapitän die Gefangenen. Heute
ist sonnlag und die Rationen klein.
Zu klein, um unter so viel Leute der
theilt zu werden. Wir sind unserer zu
viele. Darum hab' ich Euch eine Ueber
raschung zugedacht."
Die Gefangenen sahen einander an.
Eine fluchtige Hoffnung war in ihnen
erwacoi..
War e? denn möglich? ließ man sie
frei?
Bindet den Gefangenen die Hände
los", befahl der Kapitän.
Also doch! doch! Gab man ihnen
wirklich die Freiheit.
Aber nein.
Ein seltsames Lächeln umschwebt die
Lippen des Kapitäns.
Da. dieses Söckchen habe ich Euch
zum- Geschenk gebracht", sagt er und
hebt ein leinenes Säckchen hoch.
Also doch!" flüstert ein alter Ge
fangener einem jungen Manne zu, der
fragenden Blickes neben ihm steht.
Das Bohnensäckchen siehst Tu? das
Säckchen !"
O Gott", stöhnt der Andere, ist es
denn möglich? Ist's möglich?!" j
Da", sagt der Kapitän. Weiße
Bobnen und schwarze. Kommt her und
zieht.'
.Um Gotteswillen." flüsterte Pablo
zum Alten, wenn ich eine schwarze
ziehe, schwört mir, daß Ihr für mein
Weib, für mein Kind sorgen wollt."
Ich schwör' es."
Und der Erste tritt zu b;m Kapitän
hin und zieht.
Die Bohne ,ft weiß
Ja. er weiß es. Und mit einem heise
ren Schrei stürzt er mit einem Sprung
sich aus einen der bewaffneten Männer,
im selben Augenblick aber fällt er, von
einem Kolbenschlage getroffen, zu
Boden.
Der Kapitän lacht, dann giebt er
Antonio einen Wink und er tritt hin
und zerschmettert dem Liegenden mit
einem Schusse den Schädel.
Das wirkt.
Keiner wird mehr das Unsinnige
wagen.
Und der eine zieht weiß, und zwei
oder drei oder vier ziehen schwarz.
Nun tritt auch Pablo hinan. Tod
tenbleich ist er, aschfarben, wie er zieht.
Langsam senkt er die Hand in den Sack,
langsam zieht er sie wieder heraus und
langsam öffnet er sie.
Dann lacht er schrill auf; er hat eine
schwarze Bohne gezogen.
Nun ist die Reihe am Alten.
Darf ich, wenn's weiß ist, mit
Jemandem tauschen?"
Wie Du willst."
Und der Alte wühlt lange und be
dächtig. Dann zieht er die Hand aus
dem Sacke.
Da", sagt er und tritt auf Pablo
zu, geh' da hinüber und lasse mich
hier," und er läßt eine weiße Bohne
aus der Hand gleiten.
Nein, nein !" ruft Pablo da.
Ter And:re aber schiebt ihn saust zu
den Anderen hinüber, zu Denen, die
nicht dem Tode verfallen.
Ich habe kein Weib und kein Kind,
so wie Du. Ich habe die heilige Jung
frau gebeten, mir für Dich die weiße
Bohne zu schenken, und dann ich habe
ja auch genug schon gelebt."
Peblo drückt dem Alte die Hand
dann taumelt er wie ein Trunkener zu
den Anderen hinüber.
Dort steht er und schlägt die Hände
vor das Gesicht in Verzweiflung.
Und er sieht nicht, was um ihn ge
schicht, er hört nur plötzlich das Krachen
von Schüssen.
Nicht! nicht!" schreit er ans und
stürzt sich nach vorne.
Der Kapitän aber dreht sich lachend
die Zigarrette. Dummkopf", sag' er,
sei froh, daß Du lebst."
Aus einer Se,nei!rr,tl,ssitzng in (Sniiijc
füre.
Bäuerin: Wo willst d n hin. Gott
fried?"
Bauer: In de Gemeenderathssitzuiig
will'ch,"
Bäuerin: Sag' 'mal, Gottfried,
was macht Ihr denn do?"
Bauer: Na, was foll'n m'i'n machen?
M'r berothen."
Bäuerin: Aber wie fangt'r'n da
an?"
Bauer: Wie m'r das anfang'n?
Da schau! Der Vorstand trägt uns de
Sach' vor, und mir sagen Ja" oder
Nee". Sag'n m'r Ja", so is de
Sitzung aus und m'r gehen in de Schänk'.
Sag'n m'r aber Nee", so setzt'S uns
d'r Vorstand so lange ausänander, bis
m'rsch Alle erstehen und dann sag'
m'r z'rletzt ooch Ja" und geh'n norr &
bissel später in de Schänk'."
Zm Zweifel.
Wie siiid Sie denn mit Ihrer neuen
Küchin zusrieden?"
Welche meinen Sie; die neue, die
ganz neue, oder die, welche diesen Mor
gen eingetreten ist?"
Vergängliche Schmucksachen.
Unter allen Schmuckgegenständen, de
nen wir einen hohen Werth beilegen,
sindet sich nur einer aus relativ sehr
vergänglichem Stoffe: die echte Perle.
Rein auflösen, wie es von Kleopatra
geschehen sein soll, läßt sich die Perle
freilich nicht; wirft man sie in Essig, so
entsteht nach 24 Stunden eine breiige
Masse, und wenn es auch leicht denkbar
ist, daß Aegyptens schöne Königin diese
Masse verschluckt habe, so Hütte doch
Antonius auf alle Fälle das interessante
Schauspiel nicht genießen können. Aber
die Perlen sind ziemlich weich, und schon
durch die gegenseitige Reibung an einer
Schnur werden sie mehr und mehr ver
letzt. Sie bestehen aus gleicher Schicht
wie die Muschelschale, nur mit dem Un-
terschiede, daß bei ihnen die Perl
mutterschicht außen und die Eonchiolin-
schicht innen liegt, während die Faser,
schicht wie bei der Schale in der Mitte
ruht. Die 53 großen Perlen, die man
bei den Ausschachtungen des Bodens für
die jetzige Peterskirche in Rom in der
bei diesem Anlaß freigelegten Grab
stiitte der Tochter Stilichos fand, zer
fielen be! der ersten Berührung in
Staub, loährend die gleichzeitig gefun
denen Edelsteine sich natürlich unver
ändert erhalten hatten. Wenn so man,
cher Perlenschmuck, dessen Werth auf
ein schönes Vermögen geschätzt wird.
auch ein ehrwürdiges Alter besitzt, so
dankt er dieses nur dem seltenen Ge
brauch und der vorsichtigen Aufdewah-
rung.
Äemicdlich,
Ein Sachse hielt durch fortgesetztes
Winken mit dem Schirme einen Sekun
därbahnzug auf. Ach, mei' Gude
sder," meint der Sachse zum Zugführer,
der in der Meinung, daß etwas passirt
sei, den Zug halten ließ, endschuldi
gen Se nur, ich wollde Se blos wissen,
wie späde es is, mir is Sie nämlich
meine Uhr schdeh'n geblieben."
Besserung.
Trinkt Ihr Zimmerherr, der Stu
diosus, noch immer so fürchterlich?"
Der hat sich bedeutend gebessert.
Jetzt macht er zuiveilen schon Versuche,
allein das Schlüsselloch zu finden."
Pech.
Studiosus A.: Süffel, Du sitzt ja
da, als hättest Du Spinnen gegessen!"
Studiosus B.: Ist auch nicht an
ders möglich! Denk' Dir nur! Schreib'
ich meinem Alten heim, er solle mir
siebzig Mark zur Bezahlung meines
Schneiders schicken, und was kommt:
Die quittirte Schneiderrech
nung! So 'n Pech!"
prompter Bescheid.
Reicher Mann: Weshalb betteln Sie
denn?"
Bettler: Sie brauchen mir ja nur
Ihre Tochter zur Frau zu geben, dann
kann ich das Geschäft aufgeben."
Der Schmeichler.
Straßenräuber (nachdem er eine Dame
gänzlich ausgeraubt hat, ihr noch die
Brillantnadcl aus dem Haar ziehend,
so daß dieses auf die Schulter herab
fällt): Sehen Sie, so kleidet Sie das
Haar auch bedeutend bester!"
Tropische Klimate.
Um den Europäern tropische Klimate
erträglich zu machen, empfiehlt T. E.
Paterson die Einimpfung des Blutes
gesunder Eingeborener in den Körper
des weißen Mannes, welches ihn dann
den mörderischen tropischen Fiebern
besser widerstehen läßt. Eine derartige
Blulüdersührung aus einem in den
anderen Körper, wie sie in Zentral
Afrika sehr gebräuchlich ist, besteht
darin, daß ein Heiner Schnitt in das
rechte Handgelenk jedes der beiden
Theilnehmer gemacht und dann das
Blut deS einen in den Körper des an
deren und umgekehrt durch Einsaugen
übertragen wird. Europäer sind dieser
Art Blutsbrüderschast" gewöhnlich aus
dem Wege gegangen, so daß über deren
physiologische Wirkung keine Erfahrun
gen vorliegen: nur Stanle soll die
Operation circa fünfmal durchgemacht
haben, was Trumbull zu der Erklärung
veranlaßt hat, daß das Blut erster Fa
milien von Aeauatorial Afrika in
Stanlev's Adern rollt, wobei er glaubt.
daß dieser Blutaustausch nicht wenig
zu dessen Ausdauer und Erfolgen im
schwarzen Erdtheile beigetragen habe.
praktisch.
Junge Frau: Sag' mir aber mein
Schatz, wo bleibt denn das versprochene
Nadelgeld?"
Mann: ,,Geh' mir doch weg mit
Deinem ewigen Nadelgeld. Weißt Du
was, ich kauf' Dir lieber gleich die
Nadeln!"
Em Alibi !?ackwe,s,
Meine Herren, daß der ehemalige
Soldat Schulz nicht auf dem Wege zu
feiner Braut, sondern sich anderswo be'
funden haben solle, erscheint ganz aus
geschlossen, denn wie die Zeugin, die
Braut, selbst beschwört, kochte sie an dem
betreffenden Abend für ihre Herrschaft
Erbsen, Sauerkohl und Pökelfleisch, das
Leibgericht des Angeklagten."
Zclbsterkcnnrnig.
Erster Gast: Ich glaube wirklich,
daß es viele Hunde giebt, die mehr Per
stand haben, als ihre Herren!"
Zweiter Gast: Ja, darin haben Sie
freilich Recht! So ein Hund ist eben
mein Hektar!"
Begriffsrüyig,
Geschäftsreisender (der hinausqewor
fen wird): Aber erlauben Sie
was wollen Sie damit sagen?"
In der Oerlegenbeit,
Gensdarm (zum fechtenden Hand-
Werksburschen): WaS haben Sie hier
auf dem Bureau der Gasanstalt ge
macht?"
Handwerksduriche (keck): Um Arbeit
angefragt!'
Gensdarm: So: was sind Sie denn
von Beruf ."
Handwerksbursche: Ich ich. ..
Gasometer!"
Unter Studenten.
Erster Student : Tonnerwetter,
meine Uhr ist ja schon elf. was ist denn
Deine Uhr?"
Zweiter Student: Versetzt."
Zwei Biedermann.
Michel (nach heftigem Streite): Dir
zünd ich noch das Haus über m Kops i Damen ihr Alter verleugnen
verunglück! Kompliment.
AeltereS Fräulein (zu einem Herrn):
Ich kann nicht begreifen, wie manche
Ich zum
an!
Hans: Und wenn'S bei Dir einmal
brennt, lösch ich!"
iBei einem Gemitter.) Peperl. was
machst Tu denn da droben auf dem
Baum?"
Der Vater bat a'saat. daß man sich
Und der Zweite der Zweite zieht , während eines Gewitters nicht unter
einen Baum pellen oav,r
Beispiel würde jederzeit mein richtiges
Alter angeben."
Herr: Aber bitte, graulein man
würde es Ihnen nie glauben!"
TPzi Seltenes.
Fräulein: Herr Doktor, ich habe
gestern Bier getrunken und habe fmch
terlich Kopsweh!"
Doktor: Des ist freilich etwas Un
j gewöhnliches ein weiblicher Kater!"