Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, August 13, 1896, Image 12

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    Ein Gespensterschiff.
Von Reinhold .lernet, Ron,r Admiral a, D.
Den Seeleuten wird nachgesagt, sie
seien sehr abergläubisch. Es mag da
hingestellt bleiben, ob dies in böherem
Grade der Fall ist als am Lande, selbst
unter den höheren Klassen, wo den
Meisten höchst unbehaglich zu Muthe
wird, wenn sie zufällig die Entdeckung
machen, daß dreizehn zu Tische sitzen,
aber jedensalls dient dem Matrosen zur
Entschuldigung, daß er auf See so
Mancherlei sieht, was zwar mit nulür
lichen Dingen zugeht, was sich aber sein
einfaches Gemlith nicht zu erklären er
mag und worüber selbst die Meinungen
der Gelehrten noch auseinandergehen.
So z. B. erblickt man bisweilen ein
Schiff auf so nahe Entfernung, daß
man mit bloßem Auge jede Einzelheit
und jede? Tau unterscheidet und plötzlich
ist es spurlos verschwunden, als ob das
Meer es verschlungen hätte, oder ein
anderes segelt Über dem Horizonte in der
Luft, die Masten nach unten, statt nach
oben gerichtet.
Die Ursache der ersteren Erscheinung
ist noch nicht einwandsrei festgestellt,
obwohl es ziemlich sicher ist, daß sich
plötzlich, namentlich in der Dämmerung,
ein dem Auge nicht sichtbarer Nebelstrei
fen auf das Meec niedersenkt und das
Schiff den Blicken verbirgt, während die
zweite eine sogenannte Fata Morgana,
eine Luftspiegelung ist. Der unge
schulte Geist des Matrosen hält beides
und noch anderes Merkwürdige für
etwas Wunderbares und es ist daher er
klärlich, daß aus dergleichen Erscheinun
gen, die unter den Seeleuten verbreitete
und durch die Phantasie der Erzähler
verschiedentlich ausgeschmückte Sage vom
Fliegenden Holländer" entstand und
noch jetzt von Vielen darauf geschworen
wird. . .
Seitdem die Dampsschiffe immer
mehr die Segelfahrt mit ihren drei bis
vier Monate dauernden Reisen zurück
drängen, sowie mit der verbefferten all
gemeinen Schulbildung, verliert der
Aberglaube der Seeleute allmählig an
Boden. Auf den langen Reisen und in
ihrer Eintönigkeit gab es immer Erzäh
ler nn Bord, welche die Langeweile zu
unterbrechen suchten, ihrer Einbildungs
kraft freien Spielraum ließen und die
Gemüther ihrer gläubigen Kameraden
mit allerhand Spukgeschichten erfüllten,
die jene für wahr hielten.
Jndeffen auch in neuerer Zeit ist un
ter den Seeleuten die Empfänglichkeit
sür letztere noch groß genug und die
nachfolgende Erzählung von einem der
hexten Schiffe, die ich der Mittheilung
eines mir bekannten Kapitäns verdanke,
ist ein Beweis dafür.
Ich war Untersteuermann auf dem
Schiffe Maria", erzählte er. Dieses
Schiff hatte zum großen Schaden seiner
Rheder fast zwei Jahre lang in seinem
Heimathshafen still gelegen, weil es
nicht möglich war, eine Mannschaft da
für zusammenzubringen. Es ging das
Gerücht, in früheren Zeiten sei einmal
ein Mord an Bord geschehen, zeiten
eise zeige sich der Geist des Getödteten
und deshalb wollte kein Matrose sich
inschiffen.
Mit vieler Mühe wurde endlich eine
Mannschaft zusamniengebracht und wir
gingen, nachdem wir vierzehn Tage auf
günstigen Wind gewartet, in See. Als
dieser eintrat, wollte der Kapitän nichts
versäumen, aber unglücklicherweise segel
ten wir an einem Freitag I Wir in der
Kajüte dachten freilich nicht daran, aber
die Mannschaften desto mehr, daß es
in Unglückstag sei. In Anknüpfung
an diesen Aberglauben wurde natürlich
sofort wieder die Mordgeschichte mit dem
umgehenden Geiste ausgegraben, und
wenn es möglich gewesen wäre, würde
das ganze Schiffsvolk noch desertirt
sein.
Indessen beruhigten sich allmählig
die Gemüther, als die Reise in den
ersten Wochen unermaitet gut verlief
und nichts Außergewöhnliches passirte.
Viel trug dazu einer der Leichtmatrosen,
Namens Karl Hennes, ein junger
Mensch von 13 bis 19 Jahren, bei. der
durch sein luftige? Wesen, seinen ange
dornen Witz und durch sein Erzübler
talent den Leuten die Zeit vertrieb und
sich bei ihnen sehr beliebt machte. Ich
hatte ihn auf meiner Wache und oft
Gelegenheit, mich über den munteren
Burschen zu amüsiren.
Wir waren schon zwei Monate untev
weos und ohne jeden Zmischenfall in
der Nähe deS AequatorS angekommen.
Tort herrschen Windstillen und Segel
schiffe haben oft Tage und Wochen lang
mit ihnen zu kämpfen, bevor sie sie
überwinden. Auch wir lagen eineS
Nachts in Stille. Ich hatte die Wache
und sah eines der vielen Gewitter her
aufziehen, von denen man in dieser
Gegend geplagt wird. Da man nie
weiß, ob in einem solchen nicht heftiger
Wind sitzt, heißt sUr Eeeleute vor
sichtig sein und rechtzeitig die kleinen
Segel bergen, sonst kann es leicht
Stengen und Raaen kosten.
Noch mehr wurde ich dazu veranlaßt,
al auf den eiseubeschlazenen Spitzen
der Masten Elmsfeuer erschienen, jene
blauen Flämmchen, die wie Irrlichter
in Moorgegenden, sich an Bord zeigen,
xnn die Luft stark mit elektrischen
Stoffen erfüllt ist. Diese Elmsfeuer
retrbm von den Matrosen sehr ungern
sehen; sie erblicken darin die abge
schiedtnen Geister verunglückter Käme
raden, und wenn zufällig ein solches
Licht auf eine ode in der Takelage
beschäftigten Man zeigt, dann xropbe
zcien sie ihm einen baldigen Tod, wenn
dies auch, wie bei allen Propbezeiun
gen. in den seltensten Fällen zutrifft.
Jedensalls merkte ich aber, daß un
sere Leute wieder einmal seh: aufgeregt
und empfänglich für Wunderbares wa
ren, was denn auch nicht auf sich war
ten ließ.
Ich beschloß in Ansehung de nahen
den Gewitters, das Großoberbramsegel
vorn und im hinteren Mafte führten
wir keines festmachen und die Bram
segel niederlaufen zu lasten. Als erste
res gegeit war, schickte ich die beiden
Leichtmatrosen der Wache, unter ihnen
auch den flinken Karl hinauf, um es zu
beschlagen.
Sie enterten auch Beide schnell nach
oben, waren aber erst im Stengewant
angekommen, als ich sie plötzlich Halt
machen und dann eilfertigst wieder her
unterkommen sah, während das Segel
in dem Winde, der sich inzwischen auf
gemacht, sich blähte und klatschte.
Was zum Kukuk fällt Euch ein?"
rief ich zornig hinauf, weshalb macht
Ihr das Segel nicht fest?"
Sie blieben einen Augenblick im
Großwant stehen und Wilhelm, der
zweite Leichtmatrose, erwiderte mit
weinerlicher Stimme: Ach Steuer
mann, im Vortop ist ein Geist!"
Ein Geist, Du Dummkops?" fragte
ich, Ihr scheint alle Beide verrückt zu
sein."
Ja, ganz bestimmt, Steuermann,"
sagte Wilhelm in angsterfülltem Tone,
Karl hat es auch ganz deutlich gehört,
wie er mir zurief: Wilhelm, mach das
Segel nicht fest, es ist Dein Unglück!"
Die Stimme kain vom Vortop her
über."
Augenblicklich geht Ihr wieder nach
oben und macht das Segel fest, sonst
werde ich Euch helfen," war meine Ant
wort, und ich ergriff ein Tauende, aber
wie der Blitz waren Beide ganz auf das
Deck niedergesprungen und baten mich
flehentlich, sie nicht wieder nach oben zu
schicken. Beide zitterten am ganzen
Leibe und Wilhelm begann vor Angst
sogar zu weinen.
Ich wußte nicht, was ich davon den
ken sollte, sandte jedoch einen Matrosen
hinauf. Als er wieder herunterkam,
sagte er, er habe keine Stimme vernom-
men, aber er hatte sich seiner Ausgabe
so wunderbar schnell entledigt, daß ich
den Verdacht nicht los werden konnte,
auch er habe Angst gehabt, um o mehr.
als ich nachher auf dem Vordeck die
Leute die Köpft zuammenfleaen und
miteinander flüstern sah; da kam ganz
bestimmt wieder die Mordgeschichte auf
das Tapet und die Elmsfeuer thaten
das Ihrige dazu.
Ich rief Karl zu mir auf das Hinter
deck und fragte ihn auf das Gewissen,
ob auch er die Stimme vernommen.
Er bejahte es, indem es wie ein Schau
der durch seinen Körper lief, und
meinte, sie mu e aus dem Vortop ge
kommen sein; es sei ihm so gewesen,
als ob er dort sich etwas habe bewegen
sehen.
Ich schickte sofort einen Matrosen in
den Vortop, ob vielleicht Jemand von
den Leuten einen schlechten Witz geinacht
habe; aber Jener meldete beim Her
unterkommen, oben sei Niemand.
Mir war die Sache räthselhaft, aber
da die Wache verging, ohne daß sich
etwas AehnlicheS ereignete, mußte es
eine Sinnestäuschung gewesen sein
merkwürdig war, daß sie beiden Leicht
matrosen passirt war.
Einige Tage darauf ging ich mit dem
Kapitän auf dem Hinterdeck auf und ab
und mir sprachen gerade über das selt
same Ereigniß, als plötzlich der Koch mit
schnellen Schritten nach hinten kam und
den Kapitän fragte, was er von ihm
wünsche.
Ich wünsche nichts," erwiderte dieser
verwundert, wie kommen Sie daraus?"
Sie haben mich doch eben gerufen,"
sagte der Koch, indem er den Vorgesetz
ten ganz verblüfft anschaute, dann ging
er, etwas zwischen den Zähnen mur
melnd, wieder nach vorne in seine Kam
büse. Zehn Minuten später erschien er je
doch eiligst zum zweiten Male. '
Was wollen Sie schon wieder?"
herrschte ihn der Kapitän ärgerlich an.
Sie haben mich gerufen."
Ist mir nicht eingefallen; machen
Sie. daß Sie weiter kommen."
Der arme Koch war ganz niederge
schmettert. Die Thränen standen ihm
in den Augen, als er sagte:
Ich kann darauf schwören, daß Sie
mich gerufen haben. Ich fahre seit
drei Jahren mit Ihnen und kenne Ihre
Stimme zu genau." Dann zog er wie
der nach vorne ad, indem er sich heilig
gelobte, nicht wieder hinzuhören und
wenn er noch zwanzig Mal gerufen
würde.
Was meinen Sie dazu, Steuer
mann?" fragte mich, der Kapitän.
Nach dem Aussehen des Kochs zweifle
ich nicht daran, daß er fest glaubt, ich
habe ihn gerufen."
Ich wußte nicht recht, was ich darauf
antworten sollte und sprach von Sinnes
täuschung. aber es war seltsam genug,
daß sich das fo in kurzer Zeit wieder
holte.
Wieder vergingen einige Tage, ohne
daß etwas BemerkenswertheS vorfiel.
Tann hatte ich die erste W:che. ES
war schöne Wetter, die Segel standen
eben voll und das Schiff zog geräuschlos
seine Bahn durch das Wann nd eben
so still war'S auf dem leck.
Ta hörte ich plötzlich, wie auf dem
Verdeck die Leute durcheinander liefen.
Im Glauben, daß ein Unglück ge!
schehen, und vielleicht Jemand über
Bord gefallen sei, ries ich, waS loS sei.
Eine Stimme antwortete: Es spricht
Jemand im Vorraum."
DumineS Zeug," erwiderte ich, Ihr
schmatzt einmal wieder Unsinn."
Kommen Sie, Steuermann, und
hören Sie selbst !"
Ich ging nach vorne und eS siel mir
auf, wie erregt die Leute waren.
ES wird Jemand unten fein, der
sich mit Euch einen Spaß machen will,"
sagte ich.
Nein, nein!" war die Erwiderung;
da? ist nicht die Stimme eines Le
bendigen sie klingt wie aus einem
Grade!"
Die Leute waren um die Vorluke
gruppirt und in ihren Zügen sprach sich
blaffer Schrecken auS. Am ängstlichsten
erschien Karl Hennes. Er stand aus der
vorderen Seite der Luke und blickte starr
hinunter, als ob er sich unter einem
Bann befände.
Ich wartete einige Minu!en, ohne
etwas zu hören und war schon im Be
griff, die Sache in's Lächerliche zu
ziehen, als plötzlich aus der Luke deut
lies) die Worte hervordrangen: Wie
schrecklich, ein Geist zu sein und nicht
heraus zu können!"
Ich prallte zurück und lief nach hin
ten, um dem Kapitän Meldung zu ma
chen. Er war der Ansicht, es müsse
sich durchaus ein Mensch im Raume be
finden und ging mit mir nach vorne.
Die Luke wurde geöffnet und wir leuch
teten mit einer Laterne hinein, aber
dort konnte Niemand verborgen sein:
die Ladung füllte das Schiff bis dicht
unter die Luke.
Das Suchen hilft nichts," ertönte
dieselbe Grabesstimme, ich bin ein
Geist, und man kann mich nicht sehen."
Potz Teufel und Pumpstock" rief
der Kapitän, dem aber auch unheimlich
zu sein schien, da er sich mit seinem
Taschentuche die Schmeißtropfen von
der Stirn wischte, todte Menschen kön
nen nicht sprechen, also mußt Du leben
big sein. Ich rathe Dir. den Unsinn
zu laffen und schnell herauszukommen,
sonst könnte es Dir schlecht gehen."
Die letzten Worte kamen schon mit et
was unsicherer Stimme heraus.
Es erfolgte ein kurzes Schweigen,
während alle mit gespanntester Auf
merksamkeit lauschten.
Ihr könnt mich nicht fangen, ich bin
unsichtbar," wiederholte jetzt die Gei
sterstimme, aber diesmal weit fort, sie
schien aus der Großluke zu kommen.
Nein, das ist zum Tollmerden," rief
der Kapitän und ging nach hinten.
Ja, es war zum Tollwerden, und
wir wurden alle abergläubisch, vom
Kapitän- bis zum letzten Schiffsjungen,
nur der Obersteuermann nicht, der
seinen Schlaf geopfert und ebenfalls
nach vorne gekommen war. Er schrieb
es einer Sinnestäuschung zu. Das
Schiff sei alt und das Kreischen und
Stöhnen seiner Gehöizer sei von uns
für menschliche oder Geisterstimmen ge
halten worden.
Weshalb passirt denn dergleichen
niemals ans meiner Wache und stets
nur bei Ihrer?" fragte ev zuletzt.
Das machte mich argwöhnisch; er hatte
Recht und dennoch konnte ich mich nicht
von einem Gefühle des Grauens los
machen, wenn ich über das Erlebte nach
dachte.
Acht Tage lang ließ der Geist nichts
von sich hören, dann aber meldete er sich
von Neuem. Wir lagen Mieder in
Windstille, ich hatte die Mittelmache
und ging ruhig auf dem Hinterdecke auf
und ab, als einer der Leute von von
zu mir kam und mir meldete, daß Je
mand zu dem Schiffe von Außenbords
spräche.
Sie haben wohl geträumt!" erwi
derte ich ihm.
Nein, Steuermann," sagte er seiet
lich, ich bin so wach gewesen, wie ich
hier vor Ihnen stehe. Es ist dieselbe
Geisterstimme wie neulich aus der Vor
lute und die ganze Wache hat eS deut
lich gehört." Ich lief nach vorne, weil
ich im ersten Augenblicke glaubte, ein
Boot fei in der Nähe, von dem unser
Schiff angerufen wurde, vielleicht
Schiffbrüchige.
Die meisten Leute standen zusammen
auf der Back in der Nähe deS Krähn
ballen. Ich blickte über Bord, sah und
hörte aber nichts. ES war draußen
ebenso still, wie im Schiffe selbst.
Weshalb schaut Ihr über die
Seite?" fragte jetzt eine schwache
Stimme, die aber mehr aus der Luft,
als aus dem Waffer zu kommen, schien,
ich bin hier I"
Da flüsterte einer der Matrofen:
jetzt spricht er zum dritten Male.
Wohin wir auch sehen, immer ist er an
der anderen Seite.
ES muß Jemand im Wasser sein."
äußerte ein Anderer.
Nein, nein," sprach dumpf ein
Dritter, es ist der Geist des Gemorde
ten, der im Schiff umgeht" und er
schüttelte sich wie im Frostschauer.
.Tu lügst", ertönte jetzt die Geister
stimme ganz klar und ich selbst hätte
darauf schmoren mögen, daß sie wieder
von der anderen Seite kam.
Alle sprangen entsetzt auf und es
ging wie ein Stöhnen aus ihrem
Munde.
In mir blitzte jedoch plötzlich die
Erkenntniß auf. Ich hatte zufällig in
das Geftcht deS in meiner unmltteldaren
Nähe stehenden Karl HenneS gesehen
und es kam mir fo vor, als d er die
Lippen bewegte.
Ich faßte feinen Arm und sagte:
Sei so gut und komme einmal mit
mir auf das Hinterdeck, ich habe einige
Worte mit Dir zu sprechen." Er schien
sehr erschreckt und ich fühlte, wie er zit
terte.
Wso Du bist der Geist." fuhr ich
sort, als er aus Hörweite seiner Käme
raden war. Hättest Du Dein Ge
heimniß bewahren wollen, so müßtest
Du eS vermeiden, so nahe bei mir zu
stehen. Nun begreife ich auch, weshalb
die Stimmen immer nur auf meiner
Wache gehört wurden. Nur heraus
mit der Sprache ; Du bist es gewesen,
also bekenne 1 Wenn Du es thust, will
ich schweigen, vorausgesetzt, daß Du mit
dem Spiel aushörst. Andernfalls sage
ich es dem Kapitän und hche die Leute
auf Dich."
Die letzt' Drohung schien den groß
ten Eindruck auf ihn zu machen. Er
gestand: Ja, ich bin es gewesen, aber
um Gottes Willen, schweigen feie,
Steuermann: wenn die Leute es er
fahren, daß ich sie angeführt, bringen
fte mich um, sagte er angstersüllt.
Das war die Lösung des Räthsels.
das uns Alle wochenlang in so große
Aufregung versetzt hatte. Karl war
ein geschickter Bauchredner und hatte
dies Talent benützt um sich an dem
Schrecken der Besatzung zu weiden.
Obwohl ich mein Versprechen hielt,
mußte die Wahrheit doch wohl auf
irgend eine Weise durchgesickert sein;
denn nach einiger Zeit, als sich keine
Geisterstimme mehr hören ließ und die
Mannschast sich allmählig wieder be
ruhigt hatte, wurde davon gesprochen,
daß Karl täuschend allerlei Stimmen
nachmachen könne, die bald von hier,
bald von dort kämen.
Wir ließen ihn dann in die Kajüte
kommen, wo er uns eine richtige Vor
stellung gab und uns durch seine außer
ordentliche Gabe der Bauchredner auf
das Höchste überrascht
Auch die Leute söhnten sich mit ihm
aus, als er sie mit seiner Kunst amü
sirte, vergaßen den Poffen, den er ihnen
gespielt und schließlich wurde der Strick
ihr erklärter Liebling. Unser Schiff
hörte aber auf, ein Spukschiff zu sein
und der Geist des Gemordeten ging
nicht mehr um.
Nach Rückkehr von unserer Reise gab
Karl die Seefahrt auf. Er glaubte
wohl mit Ausnützung seiner außerge
wöhnlichen Kunst ein besseres Geschäft
machen und bequemer im Lande leben
zu können, als an Bord.
Nach einigen Jahren traf ich ihn in
Hamburg zufällig als geschätztes und
sehr gut bezahltes Mitglied eines Spe
zialitätentheaters, wo er auf dem Ge
biete der Bauchredner Großes leistete
und allabendlich das Haus füllte. Wir
verlebten einen frohen Abend zusammen
und erinnerten uns mit großem Ver
gnügen des allgemeinen Schreckens auf
dem Gespensterschiff Maria".
Gewitterregen.
Von Bernhard Ostertag,
Es war eine genußreiche, schöne Zeit
welche ich auf dem Landgute meines
Freundes verbrachte. Und eine hübsche
kleine Episode aus jenen Tagen steht
heute noch lebendig vor mir.
Während der Erntezeit war es. Mein
schon seit mehreren Jahren verwittweter
Freund saß mit mir im Garten Nach
mittags am Kaffeetisch, den seine alte
Wirthschaften Brigitte sehr schmuck
und appetitnq hergerichtet hatte.
Mein Freund blickt heute ernst und
träumerisch und ist seltsam zerstreut; es
fällt mir auf, daß er häufig nach dem
Pfarrhaus hinüberschaut, dessen weißer
Giebel mit blanken Fenstern durch eine
Lücke im Laubwerk des Parkes freund
lich hinübergrübt.
Das tiefe über dem Gartew lagernde
Schweigen wird plötzlich in froher Weise
unterbrochen.
Zwei Knaben, in hellen kleidsamen
Matrosenkostümen', nähern sich mit
raschen Schritten; beide sind erhitzt, die
gebräunten Wangen glühen förmlich,
und ihre hellen Kinderaugen strahlen
vor Vergnügen.
Fritz, der ältere, schwenkt triumphi
rend sein Taschentuch, in dem irgend
ein Ding heftig zappelt, und spricht,
noch athemlos: Rathe 'mal, Papa,
was wir gefangen haben?"
's ist gewiß wieder ein greuliches
Thier, das Ihr Taugenichtse auf den
Hof schleppt," entgegnet der Vater in
scheltendem Ton. schaut aber mit zärt
lichen Blicken auf die blühenden Söhne.
Willst 'mal hineingucken?" fragte
Fritz, und lockert vorsichtig den Knoten
des TucheS.
Aber laß Dich nicht beißen, Papa!"
warnt Mar, der jüngere, während er
seine blutende Hand im Sprühregen
des Springbrunnens wascht.
Einen großen, alten Hamster haben
wir gefangen!" prahlte Fritz.
Ein böser, wilder Kerl!" ergänzte
Max, er hat übrigens auch fleißig ge
erntet; als wir seinen Bau auSgruben,
fanden die Arbeiter einen ganzen Berg
der schönsten Weizenkörner, die derNim
mersatt zusammen gehamstert hat."
Na, laßt das Vieh nur wieder lau
fen!" räth der Vater.
Aber wo denkst Tu hin, Papa,"
spricht Fritz vorwurfsvoll, der schöne
gelbe Pelzmürtel kommt in unsere Me
naqerie."
Tann stürmten die beiden jugend
kräftigen Gestalten wie ein Wirbelwind
davon.
Tu solltest Deinen Knaben wieder
eine Mutter geben." sagte ich, zum
Freund gewendet.
Tiefer entgegnete ernst, fast weh
müthig: Ich habe diese Nothwendig
keit schon oft erwogen, fühle mich auch
recht einsam in dem weiten Haus, aber
für eine zweite Ehe bi ich wohl schon
zu alt; die Silberfäden in meinem
Haar erinnern gleich de zarten weißen
moin des fliegenden Sommers
daran, daß der Herbst des Lebens nahe
-
Dann erhebt er sich rasch von dem be
aueinen Rohrsessel, greift nach dem
Feldstock und spricht: Entschuldige
mich, Kamerad! Ich muß noch in den
Wald, um mit dem Förster zu sprechen,
der Wildfrcvel nimmt wieder über
Hand."
Mit einem letzten Blick nach dem Gie
bclstübchen deS Pfarrhauses entfernt sich
mein greuild ela t chen Schritts.
Heut wär' ein prächtiger Abend zuin
Forellensang." spricht der ergraute
Gärtner, der sich schlürfenden Schrittes
genähert hat und das erforderliche 3to
gelgerüth mir überreicht.
Danke schön lieber Alter!
Werde mein Glück versuchen."
Ich bewaffne mich mit der langen
elastischen Ruthe und gehe langsam am
Wiesenhang dem Walde zu, wo mir der
Gärtner eine (stelle als besonders lisch
reich bezeichnet hat. Drückend schwül ist
die Luft, aus fahlem Strauchmerk tönt
das knarrende Quaken eines Laub
froschcs. Die Sonnenscheibe scheint von
einem dünnen gelben Schleier verhüllt
zu sein; staubige Blumen am Wege
lassen matt die durstigen Köpfchen hän
gen. Schon hatte ich zwei schöne
Lachsforellen erbeutet, die gierig nach
der buntschillernden Kunstfliege schnapp
ten; mein Eifer, noch mehr zu er
haschen, ließ mich nicht bemerken, daß
eine dunkle Wetterwand sich aus
gethürmt hat; plötzlich leuchtete es grell
vor meinen Augen, dumpf grollender
Donner folgt. Bald fegt die Winds
braut durch den Wald und beugt, un
heimlich brausend, die schlanken Tan
nenwipfel. Rasch hänge ich das Wassertönnchen
mit den Fischen über die Schulter und
eile dem Dorfe zu. Die Windstöße
werden heftiger, schon wirbeln sie hohe
Staubwolken empor, wieder zuckt ein
Blitzstrahl nieder, und krachend dröhnt
der Donner über meinem Haupt. Als
die ersten dicken Tropfen fallen, habe
ich das Pfarrhaus erreicht, ein willkom
menes Asyl.
Das ehrwürdige Ehepaar nimmt mich
freundlich auf, aber seine Mienen sind
kummervoll; ich erfahre, daß die Gatten
in großer Sorge um die älteste Tochter
Johanna sind; Dorfkinder haben sie am
Nachmittage dem Wald zuschreiten
sehen, mit einem Körbchen am Arm.
Der Regen rauscht in Strömen herab;
doch nach einer bangen Stunde hellt
sich der Himmel wieder auf und die
erquickenden Fluren sind vom Glanz
der Abendröthe überhaucht.
Da kommt Hannchen endlich!" ruft
durch's Fenster blickend die Frau Pa
storin und athmet befreit auf. Aber
die Tochter kommt nicht allein, fondern
in Begleitung des Gutsherrn, der in
kurzen Worten Bericht erstattet. Jo
hanna hatte vor dem hereinbrechenden
Unwetter in der verfallenen Hütte eines
Kohlenbrenners Schutz gesucht, und
mein Freund that instinktiv dasselbe;
er schließt seine Aufklärung mit den
Worten: Nun gestatten Sie, daß ich
um die Hand Ihrer lieben Johanna
bitte, mir wird dadurch ein lang geheg
ter Herzenswunsch erfüllt." Glückstrah
lend schmiegt sich die junge anmuthige
Braut an den mildblickenden, gereiften
Mann.
Zur Verlobungsfeier hat der greise
Prediger eine ,duftige Psirsich'Bowle
gebraut.
Nachdem die Gläser hell zusammen
klangen, neigt sich zu mir die Braut
mutter und flüsterte in heiterem Tone:
Das hätte meine zukünftiger Schwie
gersohn eigentlich bequemer haben kön
nen."
Wer weiß?" entgegnete ich eben so
leise, ein tüchtiger Platzregen ist biswei
len der beste HeirathS-Vermittler und
macht langem Zaudern rasch ein Ende."
Ursache und Wirkung.
Vater (zu seinem Sohne, einem flot
ten Studio): Aber sage mir nur,
Alfred, wie konntest Tu denn schon
wieder durchfallen?"
Sohn: Ja, weißt Tu, lieber Papa,
es war halt wieder Eramen!"
vsrrecht der Freundschaft.
Herr Tapperl (der Abends auf der
Straße einem Herrn unversehens auf
den Fuß getreten): Pardon!"
Herr (in guter Freund Tapperls):
Bitte sehr (ihn erkennend! ah,
Tu bist'S, Tapperl'.. . . Gib doch Acht,
Tu Rindvieh!
kinausgehslfen.
Nun, Herr Doktor, was sagen Sie
zu meiner Tochter ? Haben Sie sich ein
Urtheil gebildet?"
Sie haben eine ausgezeichnete
Tochter, Frau Rath, ti wäre j a m
m er schade, wenn sie heiratben
würde!"
Don der schmiere.
Schauspieler (zum Dorf Poli
zisten): Ach, sind Sie so freundlich
und leihen Sie mir Ihren Mantel
ich hab' heute Abend einen F e l d m a r
schall darzustellen!"
Gnsinendast.
Backfisch: Sag', Mama, wie viel'
Küffe schickt man seinem Bräutigam im
ersten Brief?"
erschnappt.
Schwiegermutter: S.g'mal,Schmie
acriob. es ist du niertiniirhm ,i
mich Dein sonst so ruhiger Huud immer
anoeui wenn ich lomme, und letzt, wo
ich fortgehe, wedelt er mich ganz freund
lich an."
Schwiegersohn: Ja, das Thierchen
hat einen ganz merkwürdige Instinkt!"
Auf Umwegen,
Was thun Sie denn bei dem schönen
Wetter mit dein Regenschirm, Herr
Professor?"
Mein Arzt hat mir Bewegung ver
ordnet."
Ja, was soll denn da derSchirm ?"
Wissen Sie, den laß ich doch irgend
wo stehen und bis ich ihn wieder finde,
kostet mich das regelmäßig mehrere
Stunden L auferei !"
lvandlnnge.
Als Fräulein Meyer Herrn Lehman
kennen lernte, nannte sie ihn Herr
Lehmann".
Als sie ihn näher kannte, sagte sie zu
ihm Karl!"
Als sie verlobt waren, nannte sie ih
Karlchen!"
Vier Wochen vor der Hochzeit hieß er
Schatz!"
Nach der Hochzeit wurde er Mein
süßes Männchen!"
Während der Flitterwochen erhielt er
den Titel Mein einziges Leben!"
Fünf Jahre später bezeichnete sie ihn
ihren Freunden gegenüber als Mein
Mann!"
Und nach zehnjähriger Ehe sagte sie
zu ihm Du höre mal!" .und von ihm
Er!" .
Zerstreut,
Nrokenorsaattin (in das Swdiriim
mer ihres Gatten stürzend): Wilhelm,
um Gotteswillen, ein Erdbeben, das
tfiau8 bat bereits Risse bekommen, und
der Schornstein ist auch schon einge
Iiurzii
Professor: So, so, das müssen wir
moraen gleich unserem Hauswi:tb
sagen."
Radikalkur.
Patient: Herr Doktor, Ihre Kur
bringt mich um!"
Arzt: Das thut nichts. le ist ader
gesund."
ver fchlane Barbier,
Herr: Aber, zum Donnerwetter,
sehen Sie sich doch vor, Sie treten mir
ja fortwährend auf die Füße herum, ich
habe Hühneraugen!"
Barbier: So? Das wollte ich a
nur willen. Wir haben ausgezeichnete
Hllhneraugenringe, nur 1 Mark das
Stück."
erschnappt.
A.: Ich meine, Ihre Frau Gemah-
lin schon früher einmal gesehen zu ha
den, dieses goldblonde Haar kommt mir
so bekannt vor!"
B. (eilig): Das hat sie aber noch
gar nicht lange!"
Line Uebertretung".
Ein EinjahrigFreiwilliger meldet
sich, um sein Jahr abzudienen. Ich
habe mein 25. Lebensjahr bereits
überschritten"," beginnt er.
Warum haben Sie das gethan?""
donnert der Oberst ihn an.
viel verlangt.
Armenarzt: Hier habe ich Ihnen
Medizin verschrieben, davon nehmen Sie
alle Stunden einen Eßlöffel."
ranker: Ta möchte ich aber den
Herrn Doktor bitten, mir auch eine Uhr
und einen Eßlöffel zu verschreiben."
Lin prozeßhansl.
Richter: Der junge Waldmoser will
also den Prozeß seines verstorbenen
Vaters nicht fortführen, Huberbauer.
er überläßt Ihnen den ftreitigenGrund."
Bauer: Noi, noi, auf die Art bin I
net z'frieda."
Richter: Aber sie hören doch, daß
der Waldmoser den Grund durchaus
nicht will."
Bauer: Nachdem prozessir i so
lang, bis m a i h n dazu
zwingt."
Spruch.
Mir scheint, daß man der Mode Weise '
Dem Zirkuspferd vergleichen kann;
ES läuft wie toll herum im Kreise
Und fängt von vorn dann wieder an.
Malitiös.
Geck (zu einem Fräulein): Ach,
Fräulein! Ich hab' einen Gedanken,
wage ihn aber nicht auZzusprechen!"
Sie haben ganz recht, sonst hätten
Sie dann keinen mehr!"
Billige Genügsamkeit,
Direktor (bei der Rollenvertheilung
zu einem Schauspieler): Mit Ihnen
habe ich jedes Mal Anftande. keine Rolle
taugt Ihnen: da nehmen Sie sich doch
ein Beispiel an Müllern, der ist mit je
der Rolle zufrieden!"
Schauspieler: TaS kann ihm auch
gleich fein, er wird in jeder ausge
Pfiffen.'
Ein Mildervnasgrnnd.
Richter: Sie haben dem Herrn
Profenor eine Schirm im Restaurant
entwendet können Sie einen Milde
runqsgrund angeben?"
Dieb: Er hatt' ihn ja doch stehe
gelassen!"