Ein Gespensterschiff. Von Reinhold .lernet, Ron,r Admiral a, D. Den Seeleuten wird nachgesagt, sie seien sehr abergläubisch. Es mag da hingestellt bleiben, ob dies in böherem Grade der Fall ist als am Lande, selbst unter den höheren Klassen, wo den Meisten höchst unbehaglich zu Muthe wird, wenn sie zufällig die Entdeckung machen, daß dreizehn zu Tische sitzen, aber jedensalls dient dem Matrosen zur Entschuldigung, daß er auf See so Mancherlei sieht, was zwar mit nulür lichen Dingen zugeht, was sich aber sein einfaches Gemlith nicht zu erklären er mag und worüber selbst die Meinungen der Gelehrten noch auseinandergehen. So z. B. erblickt man bisweilen ein Schiff auf so nahe Entfernung, daß man mit bloßem Auge jede Einzelheit und jede? Tau unterscheidet und plötzlich ist es spurlos verschwunden, als ob das Meer es verschlungen hätte, oder ein anderes segelt Über dem Horizonte in der Luft, die Masten nach unten, statt nach oben gerichtet. Die Ursache der ersteren Erscheinung ist noch nicht einwandsrei festgestellt, obwohl es ziemlich sicher ist, daß sich plötzlich, namentlich in der Dämmerung, ein dem Auge nicht sichtbarer Nebelstrei fen auf das Meec niedersenkt und das Schiff den Blicken verbirgt, während die zweite eine sogenannte Fata Morgana, eine Luftspiegelung ist. Der unge schulte Geist des Matrosen hält beides und noch anderes Merkwürdige für etwas Wunderbares und es ist daher er klärlich, daß aus dergleichen Erscheinun gen, die unter den Seeleuten verbreitete und durch die Phantasie der Erzähler verschiedentlich ausgeschmückte Sage vom Fliegenden Holländer" entstand und noch jetzt von Vielen darauf geschworen wird. . . Seitdem die Dampsschiffe immer mehr die Segelfahrt mit ihren drei bis vier Monate dauernden Reisen zurück drängen, sowie mit der verbefferten all gemeinen Schulbildung, verliert der Aberglaube der Seeleute allmählig an Boden. Auf den langen Reisen und in ihrer Eintönigkeit gab es immer Erzäh ler nn Bord, welche die Langeweile zu unterbrechen suchten, ihrer Einbildungs kraft freien Spielraum ließen und die Gemüther ihrer gläubigen Kameraden mit allerhand Spukgeschichten erfüllten, die jene für wahr hielten. Jndeffen auch in neuerer Zeit ist un ter den Seeleuten die Empfänglichkeit sür letztere noch groß genug und die nachfolgende Erzählung von einem der hexten Schiffe, die ich der Mittheilung eines mir bekannten Kapitäns verdanke, ist ein Beweis dafür. Ich war Untersteuermann auf dem Schiffe Maria", erzählte er. Dieses Schiff hatte zum großen Schaden seiner Rheder fast zwei Jahre lang in seinem Heimathshafen still gelegen, weil es nicht möglich war, eine Mannschaft da für zusammenzubringen. Es ging das Gerücht, in früheren Zeiten sei einmal ein Mord an Bord geschehen, zeiten eise zeige sich der Geist des Getödteten und deshalb wollte kein Matrose sich inschiffen. Mit vieler Mühe wurde endlich eine Mannschaft zusamniengebracht und wir gingen, nachdem wir vierzehn Tage auf günstigen Wind gewartet, in See. Als dieser eintrat, wollte der Kapitän nichts versäumen, aber unglücklicherweise segel ten wir an einem Freitag I Wir in der Kajüte dachten freilich nicht daran, aber die Mannschaften desto mehr, daß es in Unglückstag sei. In Anknüpfung an diesen Aberglauben wurde natürlich sofort wieder die Mordgeschichte mit dem umgehenden Geiste ausgegraben, und wenn es möglich gewesen wäre, würde das ganze Schiffsvolk noch desertirt sein. Indessen beruhigten sich allmählig die Gemüther, als die Reise in den ersten Wochen unermaitet gut verlief und nichts Außergewöhnliches passirte. Viel trug dazu einer der Leichtmatrosen, Namens Karl Hennes, ein junger Mensch von 13 bis 19 Jahren, bei. der durch sein luftige? Wesen, seinen ange dornen Witz und durch sein Erzübler talent den Leuten die Zeit vertrieb und sich bei ihnen sehr beliebt machte. Ich hatte ihn auf meiner Wache und oft Gelegenheit, mich über den munteren Burschen zu amüsiren. Wir waren schon zwei Monate untev weos und ohne jeden Zmischenfall in der Nähe deS AequatorS angekommen. Tort herrschen Windstillen und Segel schiffe haben oft Tage und Wochen lang mit ihnen zu kämpfen, bevor sie sie überwinden. Auch wir lagen eineS Nachts in Stille. Ich hatte die Wache und sah eines der vielen Gewitter her aufziehen, von denen man in dieser Gegend geplagt wird. Da man nie weiß, ob in einem solchen nicht heftiger Wind sitzt, heißt sUr Eeeleute vor sichtig sein und rechtzeitig die kleinen Segel bergen, sonst kann es leicht Stengen und Raaen kosten. Noch mehr wurde ich dazu veranlaßt, al auf den eiseubeschlazenen Spitzen der Masten Elmsfeuer erschienen, jene blauen Flämmchen, die wie Irrlichter in Moorgegenden, sich an Bord zeigen, xnn die Luft stark mit elektrischen Stoffen erfüllt ist. Diese Elmsfeuer retrbm von den Matrosen sehr ungern sehen; sie erblicken darin die abge schiedtnen Geister verunglückter Käme raden, und wenn zufällig ein solches Licht auf eine ode in der Takelage beschäftigten Man zeigt, dann xropbe zcien sie ihm einen baldigen Tod, wenn dies auch, wie bei allen Propbezeiun gen. in den seltensten Fällen zutrifft. Jedensalls merkte ich aber, daß un sere Leute wieder einmal seh: aufgeregt und empfänglich für Wunderbares wa ren, was denn auch nicht auf sich war ten ließ. Ich beschloß in Ansehung de nahen den Gewitters, das Großoberbramsegel vorn und im hinteren Mafte führten wir keines festmachen und die Bram segel niederlaufen zu lasten. Als erste res gegeit war, schickte ich die beiden Leichtmatrosen der Wache, unter ihnen auch den flinken Karl hinauf, um es zu beschlagen. Sie enterten auch Beide schnell nach oben, waren aber erst im Stengewant angekommen, als ich sie plötzlich Halt machen und dann eilfertigst wieder her unterkommen sah, während das Segel in dem Winde, der sich inzwischen auf gemacht, sich blähte und klatschte. Was zum Kukuk fällt Euch ein?" rief ich zornig hinauf, weshalb macht Ihr das Segel nicht fest?" Sie blieben einen Augenblick im Großwant stehen und Wilhelm, der zweite Leichtmatrose, erwiderte mit weinerlicher Stimme: Ach Steuer mann, im Vortop ist ein Geist!" Ein Geist, Du Dummkops?" fragte ich, Ihr scheint alle Beide verrückt zu sein." Ja, ganz bestimmt, Steuermann," sagte Wilhelm in angsterfülltem Tone, Karl hat es auch ganz deutlich gehört, wie er mir zurief: Wilhelm, mach das Segel nicht fest, es ist Dein Unglück!" Die Stimme kain vom Vortop her über." Augenblicklich geht Ihr wieder nach oben und macht das Segel fest, sonst werde ich Euch helfen," war meine Ant wort, und ich ergriff ein Tauende, aber wie der Blitz waren Beide ganz auf das Deck niedergesprungen und baten mich flehentlich, sie nicht wieder nach oben zu schicken. Beide zitterten am ganzen Leibe und Wilhelm begann vor Angst sogar zu weinen. Ich wußte nicht, was ich davon den ken sollte, sandte jedoch einen Matrosen hinauf. Als er wieder herunterkam, sagte er, er habe keine Stimme vernom- men, aber er hatte sich seiner Ausgabe so wunderbar schnell entledigt, daß ich den Verdacht nicht los werden konnte, auch er habe Angst gehabt, um o mehr. als ich nachher auf dem Vordeck die Leute die Köpft zuammenfleaen und miteinander flüstern sah; da kam ganz bestimmt wieder die Mordgeschichte auf das Tapet und die Elmsfeuer thaten das Ihrige dazu. Ich rief Karl zu mir auf das Hinter deck und fragte ihn auf das Gewissen, ob auch er die Stimme vernommen. Er bejahte es, indem es wie ein Schau der durch seinen Körper lief, und meinte, sie mu e aus dem Vortop ge kommen sein; es sei ihm so gewesen, als ob er dort sich etwas habe bewegen sehen. Ich schickte sofort einen Matrosen in den Vortop, ob vielleicht Jemand von den Leuten einen schlechten Witz geinacht habe; aber Jener meldete beim Her unterkommen, oben sei Niemand. Mir war die Sache räthselhaft, aber da die Wache verging, ohne daß sich etwas AehnlicheS ereignete, mußte es eine Sinnestäuschung gewesen sein merkwürdig war, daß sie beiden Leicht matrosen passirt war. Einige Tage darauf ging ich mit dem Kapitän auf dem Hinterdeck auf und ab und mir sprachen gerade über das selt same Ereigniß, als plötzlich der Koch mit schnellen Schritten nach hinten kam und den Kapitän fragte, was er von ihm wünsche. Ich wünsche nichts," erwiderte dieser verwundert, wie kommen Sie daraus?" Sie haben mich doch eben gerufen," sagte der Koch, indem er den Vorgesetz ten ganz verblüfft anschaute, dann ging er, etwas zwischen den Zähnen mur melnd, wieder nach vorne in seine Kam büse. Zehn Minuten später erschien er je doch eiligst zum zweiten Male. ' Was wollen Sie schon wieder?" herrschte ihn der Kapitän ärgerlich an. Sie haben mich gerufen." Ist mir nicht eingefallen; machen Sie. daß Sie weiter kommen." Der arme Koch war ganz niederge schmettert. Die Thränen standen ihm in den Augen, als er sagte: Ich kann darauf schwören, daß Sie mich gerufen haben. Ich fahre seit drei Jahren mit Ihnen und kenne Ihre Stimme zu genau." Dann zog er wie der nach vorne ad, indem er sich heilig gelobte, nicht wieder hinzuhören und wenn er noch zwanzig Mal gerufen würde. Was meinen Sie dazu, Steuer mann?" fragte mich, der Kapitän. Nach dem Aussehen des Kochs zweifle ich nicht daran, daß er fest glaubt, ich habe ihn gerufen." Ich wußte nicht recht, was ich darauf antworten sollte und sprach von Sinnes täuschung. aber es war seltsam genug, daß sich das fo in kurzer Zeit wieder holte. Wieder vergingen einige Tage, ohne daß etwas BemerkenswertheS vorfiel. Tann hatte ich die erste W:che. ES war schöne Wetter, die Segel standen eben voll und das Schiff zog geräuschlos seine Bahn durch das Wann nd eben so still war'S auf dem leck. Ta hörte ich plötzlich, wie auf dem Verdeck die Leute durcheinander liefen. Im Glauben, daß ein Unglück ge! schehen, und vielleicht Jemand über Bord gefallen sei, ries ich, waS loS sei. Eine Stimme antwortete: Es spricht Jemand im Vorraum." DumineS Zeug," erwiderte ich, Ihr schmatzt einmal wieder Unsinn." Kommen Sie, Steuermann, und hören Sie selbst !" Ich ging nach vorne und eS siel mir auf, wie erregt die Leute waren. ES wird Jemand unten fein, der sich mit Euch einen Spaß machen will," sagte ich. Nein, nein!" war die Erwiderung; da? ist nicht die Stimme eines Le bendigen sie klingt wie aus einem Grade!" Die Leute waren um die Vorluke gruppirt und in ihren Zügen sprach sich blaffer Schrecken auS. Am ängstlichsten erschien Karl Hennes. Er stand aus der vorderen Seite der Luke und blickte starr hinunter, als ob er sich unter einem Bann befände. Ich wartete einige Minu!en, ohne etwas zu hören und war schon im Be griff, die Sache in's Lächerliche zu ziehen, als plötzlich aus der Luke deut lies) die Worte hervordrangen: Wie schrecklich, ein Geist zu sein und nicht heraus zu können!" Ich prallte zurück und lief nach hin ten, um dem Kapitän Meldung zu ma chen. Er war der Ansicht, es müsse sich durchaus ein Mensch im Raume be finden und ging mit mir nach vorne. Die Luke wurde geöffnet und wir leuch teten mit einer Laterne hinein, aber dort konnte Niemand verborgen sein: die Ladung füllte das Schiff bis dicht unter die Luke. Das Suchen hilft nichts," ertönte dieselbe Grabesstimme, ich bin ein Geist, und man kann mich nicht sehen." Potz Teufel und Pumpstock" rief der Kapitän, dem aber auch unheimlich zu sein schien, da er sich mit seinem Taschentuche die Schmeißtropfen von der Stirn wischte, todte Menschen kön nen nicht sprechen, also mußt Du leben big sein. Ich rathe Dir. den Unsinn zu laffen und schnell herauszukommen, sonst könnte es Dir schlecht gehen." Die letzten Worte kamen schon mit et was unsicherer Stimme heraus. Es erfolgte ein kurzes Schweigen, während alle mit gespanntester Auf merksamkeit lauschten. Ihr könnt mich nicht fangen, ich bin unsichtbar," wiederholte jetzt die Gei sterstimme, aber diesmal weit fort, sie schien aus der Großluke zu kommen. Nein, das ist zum Tollmerden," rief der Kapitän und ging nach hinten. Ja, es war zum Tollwerden, und wir wurden alle abergläubisch, vom Kapitän- bis zum letzten Schiffsjungen, nur der Obersteuermann nicht, der seinen Schlaf geopfert und ebenfalls nach vorne gekommen war. Er schrieb es einer Sinnestäuschung zu. Das Schiff sei alt und das Kreischen und Stöhnen seiner Gehöizer sei von uns für menschliche oder Geisterstimmen ge halten worden. Weshalb passirt denn dergleichen niemals ans meiner Wache und stets nur bei Ihrer?" fragte ev zuletzt. Das machte mich argwöhnisch; er hatte Recht und dennoch konnte ich mich nicht von einem Gefühle des Grauens los machen, wenn ich über das Erlebte nach dachte. Acht Tage lang ließ der Geist nichts von sich hören, dann aber meldete er sich von Neuem. Wir lagen Mieder in Windstille, ich hatte die Mittelmache und ging ruhig auf dem Hinterdecke auf und ab, als einer der Leute von von zu mir kam und mir meldete, daß Je mand zu dem Schiffe von Außenbords spräche. Sie haben wohl geträumt!" erwi derte ich ihm. Nein, Steuermann," sagte er seiet lich, ich bin so wach gewesen, wie ich hier vor Ihnen stehe. Es ist dieselbe Geisterstimme wie neulich aus der Vor lute und die ganze Wache hat eS deut lich gehört." Ich lief nach vorne, weil ich im ersten Augenblicke glaubte, ein Boot fei in der Nähe, von dem unser Schiff angerufen wurde, vielleicht Schiffbrüchige. Die meisten Leute standen zusammen auf der Back in der Nähe deS Krähn ballen. Ich blickte über Bord, sah und hörte aber nichts. ES war draußen ebenso still, wie im Schiffe selbst. Weshalb schaut Ihr über die Seite?" fragte jetzt eine schwache Stimme, die aber mehr aus der Luft, als aus dem Waffer zu kommen, schien, ich bin hier I" Da flüsterte einer der Matrofen: jetzt spricht er zum dritten Male. Wohin wir auch sehen, immer ist er an der anderen Seite. ES muß Jemand im Wasser sein." äußerte ein Anderer. Nein, nein," sprach dumpf ein Dritter, es ist der Geist des Gemorde ten, der im Schiff umgeht" und er schüttelte sich wie im Frostschauer. .Tu lügst", ertönte jetzt die Geister stimme ganz klar und ich selbst hätte darauf schmoren mögen, daß sie wieder von der anderen Seite kam. Alle sprangen entsetzt auf und es ging wie ein Stöhnen aus ihrem Munde. In mir blitzte jedoch plötzlich die Erkenntniß auf. Ich hatte zufällig in das Geftcht deS in meiner unmltteldaren Nähe stehenden Karl HenneS gesehen und es kam mir fo vor, als d er die Lippen bewegte. Ich faßte feinen Arm und sagte: Sei so gut und komme einmal mit mir auf das Hinterdeck, ich habe einige Worte mit Dir zu sprechen." Er schien sehr erschreckt und ich fühlte, wie er zit terte. Wso Du bist der Geist." fuhr ich sort, als er aus Hörweite seiner Käme raden war. Hättest Du Dein Ge heimniß bewahren wollen, so müßtest Du eS vermeiden, so nahe bei mir zu stehen. Nun begreife ich auch, weshalb die Stimmen immer nur auf meiner Wache gehört wurden. Nur heraus mit der Sprache ; Du bist es gewesen, also bekenne 1 Wenn Du es thust, will ich schweigen, vorausgesetzt, daß Du mit dem Spiel aushörst. Andernfalls sage ich es dem Kapitän und hche die Leute auf Dich." Die letzt' Drohung schien den groß ten Eindruck auf ihn zu machen. Er gestand: Ja, ich bin es gewesen, aber um Gottes Willen, schweigen feie, Steuermann: wenn die Leute es er fahren, daß ich sie angeführt, bringen fte mich um, sagte er angstersüllt. Das war die Lösung des Räthsels. das uns Alle wochenlang in so große Aufregung versetzt hatte. Karl war ein geschickter Bauchredner und hatte dies Talent benützt um sich an dem Schrecken der Besatzung zu weiden. Obwohl ich mein Versprechen hielt, mußte die Wahrheit doch wohl auf irgend eine Weise durchgesickert sein; denn nach einiger Zeit, als sich keine Geisterstimme mehr hören ließ und die Mannschast sich allmählig wieder be ruhigt hatte, wurde davon gesprochen, daß Karl täuschend allerlei Stimmen nachmachen könne, die bald von hier, bald von dort kämen. Wir ließen ihn dann in die Kajüte kommen, wo er uns eine richtige Vor stellung gab und uns durch seine außer ordentliche Gabe der Bauchredner auf das Höchste überrascht Auch die Leute söhnten sich mit ihm aus, als er sie mit seiner Kunst amü sirte, vergaßen den Poffen, den er ihnen gespielt und schließlich wurde der Strick ihr erklärter Liebling. Unser Schiff hörte aber auf, ein Spukschiff zu sein und der Geist des Gemordeten ging nicht mehr um. Nach Rückkehr von unserer Reise gab Karl die Seefahrt auf. Er glaubte wohl mit Ausnützung seiner außerge wöhnlichen Kunst ein besseres Geschäft machen und bequemer im Lande leben zu können, als an Bord. Nach einigen Jahren traf ich ihn in Hamburg zufällig als geschätztes und sehr gut bezahltes Mitglied eines Spe zialitätentheaters, wo er auf dem Ge biete der Bauchredner Großes leistete und allabendlich das Haus füllte. Wir verlebten einen frohen Abend zusammen und erinnerten uns mit großem Ver gnügen des allgemeinen Schreckens auf dem Gespensterschiff Maria". Gewitterregen. Von Bernhard Ostertag, Es war eine genußreiche, schöne Zeit welche ich auf dem Landgute meines Freundes verbrachte. Und eine hübsche kleine Episode aus jenen Tagen steht heute noch lebendig vor mir. Während der Erntezeit war es. Mein schon seit mehreren Jahren verwittweter Freund saß mit mir im Garten Nach mittags am Kaffeetisch, den seine alte Wirthschaften Brigitte sehr schmuck und appetitnq hergerichtet hatte. Mein Freund blickt heute ernst und träumerisch und ist seltsam zerstreut; es fällt mir auf, daß er häufig nach dem Pfarrhaus hinüberschaut, dessen weißer Giebel mit blanken Fenstern durch eine Lücke im Laubwerk des Parkes freund lich hinübergrübt. Das tiefe über dem Gartew lagernde Schweigen wird plötzlich in froher Weise unterbrochen. Zwei Knaben, in hellen kleidsamen Matrosenkostümen', nähern sich mit raschen Schritten; beide sind erhitzt, die gebräunten Wangen glühen förmlich, und ihre hellen Kinderaugen strahlen vor Vergnügen. Fritz, der ältere, schwenkt triumphi rend sein Taschentuch, in dem irgend ein Ding heftig zappelt, und spricht, noch athemlos: Rathe 'mal, Papa, was wir gefangen haben?" 's ist gewiß wieder ein greuliches Thier, das Ihr Taugenichtse auf den Hof schleppt," entgegnet der Vater in scheltendem Ton. schaut aber mit zärt lichen Blicken auf die blühenden Söhne. Willst 'mal hineingucken?" fragte Fritz, und lockert vorsichtig den Knoten des TucheS. Aber laß Dich nicht beißen, Papa!" warnt Mar, der jüngere, während er seine blutende Hand im Sprühregen des Springbrunnens wascht. Einen großen, alten Hamster haben wir gefangen!" prahlte Fritz. Ein böser, wilder Kerl!" ergänzte Max, er hat übrigens auch fleißig ge erntet; als wir seinen Bau auSgruben, fanden die Arbeiter einen ganzen Berg der schönsten Weizenkörner, die derNim mersatt zusammen gehamstert hat." Na, laßt das Vieh nur wieder lau fen!" räth der Vater. Aber wo denkst Tu hin, Papa," spricht Fritz vorwurfsvoll, der schöne gelbe Pelzmürtel kommt in unsere Me naqerie." Tann stürmten die beiden jugend kräftigen Gestalten wie ein Wirbelwind davon. Tu solltest Deinen Knaben wieder eine Mutter geben." sagte ich, zum Freund gewendet. Tiefer entgegnete ernst, fast weh müthig: Ich habe diese Nothwendig keit schon oft erwogen, fühle mich auch recht einsam in dem weiten Haus, aber für eine zweite Ehe bi ich wohl schon zu alt; die Silberfäden in meinem Haar erinnern gleich de zarten weißen moin des fliegenden Sommers daran, daß der Herbst des Lebens nahe - Dann erhebt er sich rasch von dem be aueinen Rohrsessel, greift nach dem Feldstock und spricht: Entschuldige mich, Kamerad! Ich muß noch in den Wald, um mit dem Förster zu sprechen, der Wildfrcvel nimmt wieder über Hand." Mit einem letzten Blick nach dem Gie bclstübchen deS Pfarrhauses entfernt sich mein greuild ela t chen Schritts. Heut wär' ein prächtiger Abend zuin Forellensang." spricht der ergraute Gärtner, der sich schlürfenden Schrittes genähert hat und das erforderliche 3to gelgerüth mir überreicht. Danke schön lieber Alter! Werde mein Glück versuchen." Ich bewaffne mich mit der langen elastischen Ruthe und gehe langsam am Wiesenhang dem Walde zu, wo mir der Gärtner eine (stelle als besonders lisch reich bezeichnet hat. Drückend schwül ist die Luft, aus fahlem Strauchmerk tönt das knarrende Quaken eines Laub froschcs. Die Sonnenscheibe scheint von einem dünnen gelben Schleier verhüllt zu sein; staubige Blumen am Wege lassen matt die durstigen Köpfchen hän gen. Schon hatte ich zwei schöne Lachsforellen erbeutet, die gierig nach der buntschillernden Kunstfliege schnapp ten; mein Eifer, noch mehr zu er haschen, ließ mich nicht bemerken, daß eine dunkle Wetterwand sich aus gethürmt hat; plötzlich leuchtete es grell vor meinen Augen, dumpf grollender Donner folgt. Bald fegt die Winds braut durch den Wald und beugt, un heimlich brausend, die schlanken Tan nenwipfel. Rasch hänge ich das Wassertönnchen mit den Fischen über die Schulter und eile dem Dorfe zu. Die Windstöße werden heftiger, schon wirbeln sie hohe Staubwolken empor, wieder zuckt ein Blitzstrahl nieder, und krachend dröhnt der Donner über meinem Haupt. Als die ersten dicken Tropfen fallen, habe ich das Pfarrhaus erreicht, ein willkom menes Asyl. Das ehrwürdige Ehepaar nimmt mich freundlich auf, aber seine Mienen sind kummervoll; ich erfahre, daß die Gatten in großer Sorge um die älteste Tochter Johanna sind; Dorfkinder haben sie am Nachmittage dem Wald zuschreiten sehen, mit einem Körbchen am Arm. Der Regen rauscht in Strömen herab; doch nach einer bangen Stunde hellt sich der Himmel wieder auf und die erquickenden Fluren sind vom Glanz der Abendröthe überhaucht. Da kommt Hannchen endlich!" ruft durch's Fenster blickend die Frau Pa storin und athmet befreit auf. Aber die Tochter kommt nicht allein, fondern in Begleitung des Gutsherrn, der in kurzen Worten Bericht erstattet. Jo hanna hatte vor dem hereinbrechenden Unwetter in der verfallenen Hütte eines Kohlenbrenners Schutz gesucht, und mein Freund that instinktiv dasselbe; er schließt seine Aufklärung mit den Worten: Nun gestatten Sie, daß ich um die Hand Ihrer lieben Johanna bitte, mir wird dadurch ein lang geheg ter Herzenswunsch erfüllt." Glückstrah lend schmiegt sich die junge anmuthige Braut an den mildblickenden, gereiften Mann. Zur Verlobungsfeier hat der greise Prediger eine ,duftige Psirsich'Bowle gebraut. Nachdem die Gläser hell zusammen klangen, neigt sich zu mir die Braut mutter und flüsterte in heiterem Tone: Das hätte meine zukünftiger Schwie gersohn eigentlich bequemer haben kön nen." Wer weiß?" entgegnete ich eben so leise, ein tüchtiger Platzregen ist biswei len der beste HeirathS-Vermittler und macht langem Zaudern rasch ein Ende." Ursache und Wirkung. Vater (zu seinem Sohne, einem flot ten Studio): Aber sage mir nur, Alfred, wie konntest Tu denn schon wieder durchfallen?" Sohn: Ja, weißt Tu, lieber Papa, es war halt wieder Eramen!" vsrrecht der Freundschaft. Herr Tapperl (der Abends auf der Straße einem Herrn unversehens auf den Fuß getreten): Pardon!" Herr (in guter Freund Tapperls): Bitte sehr (ihn erkennend! ah, Tu bist'S, Tapperl'.. . . Gib doch Acht, Tu Rindvieh! kinausgehslfen. Nun, Herr Doktor, was sagen Sie zu meiner Tochter ? Haben Sie sich ein Urtheil gebildet?" Sie haben eine ausgezeichnete Tochter, Frau Rath, ti wäre j a m m er schade, wenn sie heiratben würde!" Don der schmiere. Schauspieler (zum Dorf Poli zisten): Ach, sind Sie so freundlich und leihen Sie mir Ihren Mantel ich hab' heute Abend einen F e l d m a r schall darzustellen!" Gnsinendast. Backfisch: Sag', Mama, wie viel' Küffe schickt man seinem Bräutigam im ersten Brief?" erschnappt. Schwiegermutter: S.g'mal,Schmie acriob. es ist du niertiniirhm ,i mich Dein sonst so ruhiger Huud immer anoeui wenn ich lomme, und letzt, wo ich fortgehe, wedelt er mich ganz freund lich an." Schwiegersohn: Ja, das Thierchen hat einen ganz merkwürdige Instinkt!" Auf Umwegen, Was thun Sie denn bei dem schönen Wetter mit dein Regenschirm, Herr Professor?" Mein Arzt hat mir Bewegung ver ordnet." Ja, was soll denn da derSchirm ?" Wissen Sie, den laß ich doch irgend wo stehen und bis ich ihn wieder finde, kostet mich das regelmäßig mehrere Stunden L auferei !" lvandlnnge. Als Fräulein Meyer Herrn Lehman kennen lernte, nannte sie ihn Herr Lehmann". Als sie ihn näher kannte, sagte sie zu ihm Karl!" Als sie verlobt waren, nannte sie ih Karlchen!" Vier Wochen vor der Hochzeit hieß er Schatz!" Nach der Hochzeit wurde er Mein süßes Männchen!" Während der Flitterwochen erhielt er den Titel Mein einziges Leben!" Fünf Jahre später bezeichnete sie ihn ihren Freunden gegenüber als Mein Mann!" Und nach zehnjähriger Ehe sagte sie zu ihm Du höre mal!" .und von ihm Er!" . Zerstreut, Nrokenorsaattin (in das Swdiriim mer ihres Gatten stürzend): Wilhelm, um Gotteswillen, ein Erdbeben, das tfiau8 bat bereits Risse bekommen, und der Schornstein ist auch schon einge Iiurzii Professor: So, so, das müssen wir moraen gleich unserem Hauswi:tb sagen." Radikalkur. Patient: Herr Doktor, Ihre Kur bringt mich um!" Arzt: Das thut nichts. le ist ader gesund." ver fchlane Barbier, Herr: Aber, zum Donnerwetter, sehen Sie sich doch vor, Sie treten mir ja fortwährend auf die Füße herum, ich habe Hühneraugen!" Barbier: So? Das wollte ich a nur willen. Wir haben ausgezeichnete Hllhneraugenringe, nur 1 Mark das Stück." erschnappt. A.: Ich meine, Ihre Frau Gemah- lin schon früher einmal gesehen zu ha den, dieses goldblonde Haar kommt mir so bekannt vor!" B. (eilig): Das hat sie aber noch gar nicht lange!" Line Uebertretung". Ein EinjahrigFreiwilliger meldet sich, um sein Jahr abzudienen. Ich habe mein 25. Lebensjahr bereits überschritten"," beginnt er. Warum haben Sie das gethan?"" donnert der Oberst ihn an. viel verlangt. Armenarzt: Hier habe ich Ihnen Medizin verschrieben, davon nehmen Sie alle Stunden einen Eßlöffel." ranker: Ta möchte ich aber den Herrn Doktor bitten, mir auch eine Uhr und einen Eßlöffel zu verschreiben." Lin prozeßhansl. Richter: Der junge Waldmoser will also den Prozeß seines verstorbenen Vaters nicht fortführen, Huberbauer. er überläßt Ihnen den ftreitigenGrund." Bauer: Noi, noi, auf die Art bin I net z'frieda." Richter: Aber sie hören doch, daß der Waldmoser den Grund durchaus nicht will." Bauer: Nachdem prozessir i so lang, bis m a i h n dazu zwingt." Spruch. Mir scheint, daß man der Mode Weise ' Dem Zirkuspferd vergleichen kann; ES läuft wie toll herum im Kreise Und fängt von vorn dann wieder an. Malitiös. Geck (zu einem Fräulein): Ach, Fräulein! Ich hab' einen Gedanken, wage ihn aber nicht auZzusprechen!" Sie haben ganz recht, sonst hätten Sie dann keinen mehr!" Billige Genügsamkeit, Direktor (bei der Rollenvertheilung zu einem Schauspieler): Mit Ihnen habe ich jedes Mal Anftande. keine Rolle taugt Ihnen: da nehmen Sie sich doch ein Beispiel an Müllern, der ist mit je der Rolle zufrieden!" Schauspieler: TaS kann ihm auch gleich fein, er wird in jeder ausge Pfiffen.' Ein Mildervnasgrnnd. Richter: Sie haben dem Herrn Profenor eine Schirm im Restaurant entwendet können Sie einen Milde runqsgrund angeben?" Dieb: Er hatt' ihn ja doch stehe gelassen!"