Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, June 04, 1896, Image 9

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    1
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L
S
f ebnuitms Kriegslist.
flfiliiäiljumnK'Jte mm ilieo. ii'eliminn.
Tas wurde eiitftinimia, zugegeben:
er war der grüszte Esser in der ganzen
Compagnie.
Er, der höchstens alle zeli Tage einen
Nickel für einen Zipfel Wurst übrig
hatte, dessen gewöhnliches Zubrot Salz
bildete, der leinen Pfennig on zu
Hause erhielt, er war von der Mutter
Natur wie aus Ironie mit einem un
glaublichen Appetit, mit einer Kau
niusliilatur von unermüdlicher Aus
dauer und mit einein Magen von einem
fabelhaften Fassiiiigsvermdgen ausge
stattet worden. Sein Commislirot hatte
er regeliniiszig schon deik zweiten Tag
bis auf die letzte Krume ausgezehrt,
ganze Berge von Pellkartoffeln ließ er
Mischen seinen kreideweißen Zahnrcihen
spurlos verschwinde und die sonst so
verschmähte braune ßonservensupve lös
felte er mit dem sichtbarsten Behagen
nnpfweise in seinen stets nahrungsbe
dürftigen inneren Menschen ein.
Ja, er war der größte Esser in der
Compagnie. Und als hatte die all
gütige Mutter Natur weiterhin ihre
boshafte Laune an ihm bethätigen wol
len, hatte sie ihm ganz im Gegensatz zu
seinen spärlichen Mitteln ein Antlitz
verliehen, das die Rundung des Voll
monds zeigte, das von Wohlgcnahrtheit
strotzte und das stets von einem feisten
Schimmer glänzte, als würde es Tag
für Tag aus reinem Veldüderfluß mit
Speck eingerieben.
Lehman ., genannt Specklebmann,
war nach keiner Seite hin ein Genie,
das brauchte er Niemandem erst zu de
theuern, Jedermann glaubte es ihm
gutwillig, aber am wenigsten beschlagen
war er in der kopfzerbrecherischen Rechen
kunst. Und doch mußte er, seit er des
Königs Rock zu tragen die Ehre hatte,
rechnen rechnen, daß ihm die dicken
Schweißtropfen von der niedrigen, ecki
gen Stirn perlten.
Zwei Mark zmeiundzwanziq Reichs
Pfennige empfing er alle zehn Tage als
Löhnung aus der kräftigen yand des
scharfblickenden Herrn Feldwebels. Von
diesen zwei Mark zweiundzwanzig
Rcichspfeniiiqen waren vorerst unbe
dingt gewisse Ausgaben zu destreiten.
Eine zweimalige Bearbeitung durch das
schartige Messer des rothsingerigen Bar-
bierlehrungs kostete einen ganzen Nickel.
Für die Pflege seines vorläusig nur
fühlbaren Schnurrbartes und desto
reicheren Haupthaares denöthigte Leh
mann ti. ferner stets einer daumenstar
len Stange der steifsten Wachspomade,
die weitere zehn Rcichspfennige erfor
dcrte. Denn die sorgfaltigste Glattung
seines widerspänstigen Haarwuchses war
der vornehmste Gegenstand seiner be
rcchtigten Eitelkeit.
.Aber Lehmann war außerdem eine
Persönlichkeit, die auf großem Fuße
lebte. Daß der Sockel seiner Gehmerk
zeuge etwas länger als erlaubt gerathen
war, war Lehmann allmählich klar ge
worden, denn eS verging kein Dienst,
wo nicht der lungenkräftige Herr Feld
webel ihm beim Ausrichten der Eom
pagnie die unliebsame Mittheilung ge
macht hätte, daß seine Latschen, wie er
sich auszudrücken gestattete, eine Meile
über die Front hervorsähen. Dazu
waren die unsalonmäßigcn Füße des
Mußketiers Lehmann 0. nicht nur lang,
sondern auch bereit, so daß er bei seinem
Erdenwallen auf Flur und Feld die
eindrucksvollste Spur zurückließ. Dieses
mannhafte Auftreten kostete aber Soh ,
lcnnägel. Und so mußte denn wie
herum alle zehn Tage ein Nickel für die
scs UnterstGungsmittel der militari
schen Marschtüchtigkeit aufgewandt wer
den. Lehmann der 6. war jedoch nicht nur
Soldat, er war auch Mensch. Als sol
chcr besaß er menschliche Schwachen.
Wie oft hatte er es sich nicht schon zu
geschworen, eS nicht zu thun, und doch,
so ost er am Löhnungsabend die unge
heure Summe von zwei Mark zweiund
zwanzig Reichspfennigen in die Hand
gezahlt erhielt, war nach dem Wegtre
icn sein erster Gang in die Eantine.
So, nun konnte er auch einmal, wie
der Eompagnieausdruck lautete, Fett
lebe machen. Mit einem unVergleich
lichen Wohlbehagen setzte er sich auf
einen der handfesten Stühle an den von
Bierreften klebrigen Tisch und ließ von
seiner Cigarre den grauen Dampf wol
Ungleich emporsteigen. Drei Cigarren
zu drei Psennig das tun uns zwei :
Glas Bier für zwei Nickel, diese de
trächtliche Ausgabe leistete sich Lehmann
0. alle zehn age trotz leiner crupel
regelmäßig. Ein jeder Mensch hat hin
und wieder den Drang, aus dem Vollen
zu leben.
Lehmann war kein Genußmensch und
er war auch kein Vergnügungsmensch.
Ader alle vier bis sechs Wochen wagte
er es doch, am Sonntagnachmittag der
Kaserne den Rucken zu kehren. Und
traf er auf dem Tanziaal die dicke
Minna, die ihn mit ihren kleinen run
den Augen immer so zutraulich andlin
zelte und mit ibrem breiten rothen Ge
ficht ermuthiqend anlachte, dann, run
dann ließ auch Lehmann i. ein paar '
Groschen springen, um sich mit dem '
anschmiegsamen Mädchen straff und ge
wichtig im Tanz durch den Saal zu
drehen.
Ader der Montag oncnbarte ihm
dann seinen Leichtsinn mit Schrecken.
So war es auch deut ! Am Sonnabend
war LöhnungStaq geweien. am onn
tag hatte er mit der freundlichen Minna
seiner Zanzlust gcfrobnt. und wie er
jetzt bei dem trüben Schein der schmuck-,
Äcr ällmtagsgast.
Jahrgang 17.
losen Hängelampe in der Mannschafts
stube seine Baarschast gezählt hatte, war
er zu der niederschmetternden Entdeckung
gekommen, daß er für die nächsten sieben
Tage noch über ganze dreißig Reichs
Pfennige verfügte.
Die Znstruktionsstunde war vorüber,
und nun saß Lehmann 0. auf dem
Holzschemel vor seinem schmalen Klei
derspind und grübelte über die Ver
gänglichkeit des unentbehrlichen Mam
mon und die Deckung seiner nöthigste
Leidesbedürfnisse nach.
Die Ellenbogen aus die Kniee ge
stemmt, barg er vornübergebeugt das
Gesicht in den breiten Händen. Geld!
Geld! Geld! Dieser einzige Gedanke
zermarterte sein armes, gequältes Hirn.
Nun, Lehmann, denkst Du wieder
über die Erschaffung der Welt nach?"
erscholl plötzlich eine rasselnde Stimme
neben ihm und eine kräftige Männer
faust faßte ihn an der Schulter an.
Wie vom Blitz getroffen, schnellte
Lehmann . von seinem Sitz auf.
Zu Befehl, Herr Schersant !"
Wenn Lehmann auf eine Frage keine
Antwort wußte, so erwiderte er mit
Vorlieben Zu Befehl!"
Der Sergeant, der schnauzbärtige
Corporalschaftsführer Lehmanns, drehte
sich schnnnzelnd den Bart. So," sagte
er wohlwollend, wie weit bist Du
denn in Deiner Untersuchung gekom
men?"
Lehmann 6. richtete die Augen starr
zur Decke empor, wie wenn er dort
Hülfe suche, bewegte die Lippen, als
wolle er sprechen, und schwieg.
Na, da scheinst Du also noch nich'
gerade viel rausgetüfftelt zu haben."
bemerkte der Sergeant spöttelnd, Die
Sacke is eben so leicht nich', wie sie aus
sieht."
Zu Befehl. Herr Schersant!"
schnurrte Lehmann.
Oder," fuhr der Sergeant nach
einer Pause fort, handelt sich's viel
leicht um die Monneten, daß Du so
tiefsinnig bist? Bist Du mit Deiner
Löhnung schon fertig, und is nun bei
Dir Holland in Noth?"
Zu Befehl. Herr Schersant !" stieß
Lehmann dieses Mal im Tone der voll
sten Ueberzeugung hervor.
Aha, da steckt's!" lachte der Ser
geant hell aus. So, so. Na, kannst
Du denn nich mal nach Hause schreiben?
Dein Bater soll doch wohl Ritterguts
besitz sein?"
Ich habe blos noch 'ne Mutter,"
versetzte der Musketier zögernd, und
die sammelt im Sommer Pilze im
Busch."
Die wird Dir dann allerdings keinen
Tausendmarkschein schicken können. Hast
Du denn keinen Verwandten nich'? So
'nen alten Erbonkel?"
Zu Befebl. Herr Schersant !"
Was ist er denn?"
Der bat 'n Haus in Berlin und
lebt von seine Gelder!"
Na, siehst Tu Mensch, da bist Tu
ja schöne raus. Denn schreib doch mal
hin: Lieder Onkel, nimm 'ne neue
Hypothek auf und schicke mir die
Hälfte !"
Lehmann 6. zuckte entsazungsvoll
mit den Schultern.
Tu meinst," versetzte der Sergeant,
mit den Augen zwinkernd, das nützt
nichts. Wenn er gutwillig nichts raus
rückt und so knauserig is, dann mußt
Tu eben 'n bischen Dampf dahinter
machen. Mensch, Lehmann, Tu bist
'n Kerl, der sieben Pferde umreißen
könnte! Schüttle das Stroh in Tei
nem Kopf 'mal ordentlich aus! Wozu
bist Tu denn Soldat? Ersinne 'ne
Kriegslist, wie Tu den alten Gauner j
faffen kannst, und dann setze Dich hin
und schreib 'ne gediegene Epistel, daß er
Dir schleunigst 'n Sack voll blanker
Goldstücke schickt. Wenn Tu Papier
orauqn, oann tomm zu mir, ta werd
Dir 'n Briesbogen und 'n Couvert ge
den, mein Sohn.
Damit wandte sich der Sergeant um
und schritt dem Verschlag zu, durch den
sein Gelaß von der übrigen Mann
schaftsstube getrennt wurde.
Lehmann hatte sich wieder auf seinen
Schemel gesetzt. In ihm gahrte es ge-
maliig. Der Rath des ernennten,
eine Kriegslist zu eisinnen, durch die er !
nch einen eldzu'ckus verichanen konnte, I
war bei ibm aus fruchtbaren Boden ge
fallen. Ader wie sollte er zu. Werke
geben? Das war die Frage. 2'it1
Mutter.. .. der Onkel 3?nf schrei i
den ... Kriegslist .... Geld .... Alles !
das wogte
in icmem Kopt wild durch-
einander,
Seine Brust hob und senkte
sich stürmisch und ein tiefer Seufzer ent
rang Nch leinen Vippen.
Plötzlich richtete er sich auf. Ein
bald ungläubiges, bald schalkhaftes
Lackeln spielte aus seinem gutmüthigen
Ge'ickt. Für einen Augenblick neigte
er den Kop', als ob er die Richtigkeit ,
feines Einfalles noch einmal prüfen
wollte, dann ftapite er entichlonen nach
dem Veifchlage des Sergeanten.
Beilage zum Nebraska Staats-Anzeiger.
Wenige Minuten später kehrte er mit
einem Briefdogen und Couvert in der
Hand zurück. Er langte das verstaubte
Tintenfaß und den abgebrochenen Fe
derhalter mit der verrosteten Schreib
feder aus seinem Spind hervor, breitete
ein Zeitungsblatt auf dem großen Stu
bentisch als Schreibunterlage aus,
rückte den Schemel heran und begann
mit hochgezogenen Augenbrauen zu
schreiben:
Meine sehr liebe Muhder.
Du wirst Dich wundern, daß ich
schreibe, und ich mich auch. Denn ich
möchte Dich oft schreiben, aber ich habe
kein Geld nich sür die Briefe an Dich,
liebe Muhder. Ich habe auch jetzt kein
Geld nich und deshalb schreibe ich Dich,
ob Tu mich was schicken kannst. Liebe
Muhder. Es gefällt mir sonst sehr gut
dei's Militär und mein Hauptmann is
sehr mit mich zufrieden und sagt, daß
ich sogar vielleicht noch Gefreiter werden
werde. Mein Feldwedel sagt, daß ich
der strammste Kerl von die ganze Com
pagnie bin. Liebe Muhder. Aber
Geld habe ich niemals nich. Auch an
den lieben Onkel in Berlin will ich nach
her gleich noch schreiben, aber von
Geld ich; denn sonst denkt er, ich
schreibe blos on wegen Geldschicke,
Liede Muhder. Ich habe den lieben
Onkel sehr? lieb und denke immer an
ihm. Und weil er Rennthier in Berlin
is, strenge ich mich auch schrecklich an,
damit ich seinem Namen Ehre machen
thue. Wenn er mich sehn konnte, würde
er sich sehre freuen und ich mich auch,
Liebe Muhder. Wenn der liebe Onkel
miffen thäte, daß ich nie kein Geld nich
habe, würde er mich gewiß was schicken.
Denn er is ein sehre guter Mann, den
ich sehre liebe. Aber ehe ich an ihn um
das Geld schreibe, hungere ich lieber.
Denn er könnte sich dadrüber argern
und er soll sich nur über mir freuen,
denn ich habe ihn sehre lieb. Doch ich
will jetzt schließen, weil ich noch an den
lieben Ontel schreiben will, aber von
Geld nicht. Es grüßt Dich Dein lieber
ohn Lehmann 6."
Lehmann legte aufathmend die Feder
auf den Tisch und überlas noch einmal
seine kunstvolle Ausarbeitung. Dann
fetzte er die Nummer feiner Compagnie
und seines Regimentes unter seinen
Namen, steckte den Brief in das Couvert
und schrieb nun mit den schönsten ihm
möglichen Schnörkeln die Adresse.
Nachdem er sich in der Cantine eine
Briefmarke gekauft hatte, trug er das
gewichtige Schreiben hinab zum Brief
kästen des Kasernenhofes.
Vier Tage waren veraangen. Es
war dies eine Zeit voll bangen Zweifels
sur Lehmann t. Wenn seine Kriegs
list geglückt war, dann mußte sich der
Erfolg heute oder morgen zeige. Mit
gespannter Erwartung sah er daher der
abendlichen Befehlsaüsgabe entgegen,
wo die Briefschaften den Mannschaften
übergeben wurden.
Endlich nahte die Stunde, wo die
Compagnie zur Bekanntmachung des
Dienstes antrat. Mit unbeirrbarer
Sicherheit hatte der beleibte Herr Feld-
webel die dienstlichen
Angelegenheiten i
erledigt und nun begann er die einge-;
lausenen Postsachen
an die Musketiere '
i
aiiszutheilen.
Ein, zwei, drei, vier Namen rief er
auf, noch einen einzigen Brief hielt e
in den Handen, da : Lehmann (.!"
Hierrr!" antwortete Lehmann, daß
die Wände dröhnten.
Wahr und wahrhaftig,
der Brief war !
an ihn adreinrt.
Wegtreten!" kommandirte der Feld-!
webel. Klappend machten die Mann-
schatten Kehrt und zerstreuten sich auf
ihre Stuben,
Lehmanns Finger zitterten, als er
das Couvert aufriß, und seine Augen
wurden größer als er zu lesen anfing :
Mein lieber Neffe !
Ick habe von Dir einen Brief ge
kriecht, den von Rechtswegen Deine
Butter kriechen sollte. Das schadet ein -tellmagen von Karlsbad nach dem
aber nichts. Denn ick habe durch ihm schwarzen See, an denen Ufer die Rui
jeschen. daß Tu ein Mensch von Conde ! nen eines alten Klosters lagen; am
Witte bist. Das freit mir. denn ick bin ' rothen Hahn wurden die Pferde umqe'
stolz auf meinem Namen. Tu wirst
wohl die Briete an mir und an Deiner ;
viuiui oerwecoieii aoen. :cr oave l
aber auch keinen Stein nich, sondern
ein Herze im Leide. Damit es Teine
Kameraden nich merken und es lein,
Porto kostet, schicke ich Tir in diesem
Briete " , sich bin. i spornstreichs aus der Thür, dem Wagen
Lehmann schlug das Blatt um. , Bereits am nächsten Tage nahm! nach. ES ging bergauf; die Straße be
Ein Schrei entfuhr seinem Mund. j Wenzel den Kut'cker des Ttellmagens , schrieb einen weiten Bogen, aber der
Im Augenblick war die ganze Corpg- bei Seite. Cbristovb. wenn Tu mor- j Wirth wußte nähere Fußwege und
ral'chaft einfchließlich des Sergeanten ' gen eine Viertelstunde spater kommst, ! kerchend und schweißtriciend holt er den
um ihn versammelt. wie gewöhnlich, dann kriegst Tu von ! Wagen endlich auf der Höbe ein.
Kreideweiß und bewegungslos saß mir ein Zwanzigtreuzerstück; aber Punkt- j Halt ! Halt!" Christoph dielt und
Ledmann ti. aus seinem Schemel. lich abfahren mußt Tu trotzdem, ver-i horte zu seinem Erstaune, daß er wie
Donnerwetter, Lehmann." redete
idn der Sergeant an. was ist denn
los? Hat Tich der Schlag gerührt?"
Nein. Herr Sckersant," drackle er,
stoßwei'e hervor, indem er sich ftraii ai:'-
ncktele. .Meine Mutter mein On-
kel. .. ,e Kriegslist " !
Aha, Deine Kriegslist! Jetzt wird's
Licht. Na, was hast Du denn zusam
mcngedeichfelt?" Ich habe 'n Bries um Geld an meine
Mutter geschrieben
Weiter!"
Und habe dabei meinen Onkel recht
gelobt und geschrieben, daß ich ihn sehre
iiebe und daß ich auch an ihn noch schrei
den wollte "
Weiter, nur weiter!"
Und dann habe ich so gethan, als ob
ich den Bries verwechselte und , , , , "
Und?"
Und habe ihn an meinen Onkel
adressirt."
Ah!" ging es durch die Zuhörer
schaft. Na, und ist er darauf reingefallen?"
fragte der Sergeant gespannt.
Statt aller Antwort öffnete Lehmann
0. die zusammengeballte rechte Faust
und auf seiner Hand lagen vier fun
kelnagelneue Fünfmarkscheine.
Hurrah! Hurrah! Hurrah!" jubelte
die ganze Corporalschaft. In demselben
Moment war auch Lehmann auf die
Schultern gehoben und wurde unter
brausendem Halloh durch die Stube ge-
tragen.
Als sich der Freudenrausch gelegt
hatte, ließ der glückliche Reffe für die
Musketiere aus der Cantine eine Bat
terie anfahren und erlaubte sich auch.
dem Herrn Sergeanten ein GlaS Lager
bier anzubieten, das anfänglich ernstlich
abgelehnt, dann aber dankbar anat
nommen wurde. Lehmann ti. selbst ge
stattete sich, an diesem Abend Fettlebe
zu machen. Den übrigen Betrag der
Geldsendung übergab er am nächsten
Tage dem Herrn Feldwedel zur Ber
Wahrung, damit er ihn hier nach Bedarf
abheben konnte.
Die Kunde von Lehmanns Einfall
durcheilte im Fluge das Regiment. In
den nächsten Tagen begann auf allen
Mannschaftsstuben eine eifrige schrift
stellerei, und eine ganze Reihe von On
kein und Tanten erhielten alsbald in
haltsschmere Briese, die insgesammt an
gefertigt waren nach dem Recept von
Lehmanns Kriegslist.
Der schlaue Wenzel.
1011 Bruno Wazn,
In der guten alten Zeit soll bekannt
lich Alles bester und billiger gewesen sein
als heutzutage, und die Menschen viel
ehrlicher und zuverlässiger; aber schlaue
Gastwirthe, welche die Leute tüchtig
rupften und ausbeutelten, hat's trotz
dem früher auch schon gegeben. Wen
zel Holzhau, der Wirth vom rothen
Hahn, war auch so einer, aber einmal
ist er an den Unrechten gekommen und
wurde zur Strafe tüchtig ausgelacht.
Das Wirthshaus Zum rothen Hahn"
lag an der Landstraße, die von Eger
nach Karlsbad führte und erfreute sich
Jahr aus, Jahr ein lebhafte Zu
spruchs. Jeder Fuhrmann, der Kauf
mannsgüter nach Eger fuhr, hielt beim
rothen Huhn an, um feine Pferde mit
Waner und tch mit -cknaps zu er-
guicken, und die fremden, die in das
berühmte Karlsbad wollten, stieaen aus
ihrer feinen Kutsche oder Erttapost aus
und tranken Wein oder aßen, was Frau
Cordula Holzbau gekocht hatte. Be
sonders in den Sommermonaten mußte
das Ehepaar im Schmeiße seines Auge-
sichtes tüchtig arbeiten; saßen sie dann
Abends allein in ihrer Stube, dann
zählte sie ihre Einnahme und freuten
sich über die Silberftücke und die Kassen-
scheine, die ihnen nieder, zugestoßen
waren, aber Wenzel sagte jedesmal:
Es ist viel, aber noch nicht genug!
Wir müssen mehr verdienen!"
Da kam ihm einst in einer schlaflosen
Nacht ein sehr schlauer Einsall, wie er
seine Einnahmen vergrößern könnte.
Jeden Pormittag fuhr nämlich damals
spannt, und die Reisenden benutzten die i
Gelegenheit, zu Mittag zu effen. Für
einen uioen oeiamen ne im roinen
Hahn: Suppe. Braten mit Zuspeise.
Eierkuchen und eine halbe Flasche La"d-
wein. Sie duiien n:cht so viel Zeit
mm Esten baden!" flüsterte Wenzel vor !
ftebn Tu mick? -onn habe sie nicht ,
genug Zeit, um den sckwarzcn See und
die Klcslerri:inen aründlick zu besehen!"
uno Cdristovd nickte. Tann nabm der
Wenzel auch den Stallduricke Andreas
bei Seite. Wenn Tu die Vor'rann-!
p'erde eine Viertelstunde früher dringst, i
o. 3.
kriegst Du von mir ein Zehnkreuzer
stück. AIs der StcUioagen eintras, stiegen
24 Reifende aus und verlangten Mit
tagessen. Wenzel sührte sie höflich in
das Gastzimmer, wo bereits eine ge
deckte Tafel stand und kassirte im Vor
aus von jedem Gast einen Gulden ein.
Erwartungsvoll saßen Alle da, aber die
Suppe kam immer noch nicht. Nur
einen Augenblick Geduld!" bat Wenzel,
und dann machte er die Gaste aus das
silberne Salzfaß aufmerksam, das mit
te auf der Tafel stand, und erzählte
weitläufig, er hätte es von einer russi
scheu Gräfin geschenkt bekommen, aus
Dankbarkeit, weil sie im rothen Hahn
so vorzügliche Pflege gefunden, als sie
bei einem UnMe mit der Extrapost den
Arm gebrochen hatte.
Wie die Geschichte endlich zu Ende
war, kam die Suppe. Donnerwetter!
War die aber heiß! Als die Gaste sie
endlich ausgelöffelt hatten, wurden
draußen bereits die frischen Pferde an
gespannt und als der Braten aufgetra
gen war und herumgereicht werden
sollte, blies der Postillion: Trara!
Trara! Einsteigen!
Aber, Schwager, mir haben ja noch
gar nicht richtig gegeflen!
Thut mir leid! Ich kann das nicht
ändern! Ich muß abfahren, sowie die
Pferde da sind!"
Es half nichts; seufzend und raio-
nirend kletterten die 24 Reisenden wie
der in den alten Rumpelkasten und
fuhren fort.
Wenzel rieb sich die Hände. Das
war aber ein Geschäft gewesen! 24 Gul-
den eingenommen und der größte Theil
des Mahles noch vorhanden!
Von nun an ging das alle Tage so
zu. Der Christoph kam zu spät, der
Andreas zu früh, die Suppe war furcht
bar heiß und der Wirth erzählte die alte
Geschichte von der russischen Eröffn und,
dem Salzfaß,
Aber der Krug geht so lange zum
Brunnen, bis er bricht! Der Herr
Hauptmann Dogen, ein etwas streit
barer Mann, der in Karlsbad wegen
seiner kranken Leber Sprudel trinken
sollte, hatte ebenfalls aus der Fahrt nach
dem schwarzen See für einen Gulden
nur einen Teller sehr heiße Suppe ge
geffen und gebratene Hühner von Wei
iem gesehen. Als es wenige Tage spä
ter einem seiner Bekannten gleichfalls
so gegangen war, schöpfte er Berdacht,
daß das nicht Zufall, sondern ein Gast
mirthskniff sein könnte und beschloß, den
Wirth zum rothen Hahn zu fangen und
abzustrafen. Kommt! Dem Spitz
buden wollen mir das Handwerk legen!"
mit diesen Worten begab er sich mit sei
nem Freunde am nächsten Tage zur
Post und fuhr mit dem Stellwagen ab,
zunächst bis zum rothen Hahn.
Es war Alles so wie das erste Mal.
Aber als der Postillion zum Einsteigen
blies, blieb der Hauptmann mit sei
nein Freunde ruhig am Tische sitzen,
Es geht fort, meine Herren!" mahnte
der Wirth.
mmer zu! Erst wollen wir effen!"
Es wurde dem Wirth ganz bänglich
zu Muthe, wie die Beiden sich über
Braten und Gemüse hermachten si
aßen für die ganze Gesellschaft ! Dann
verlangten sie die versprochene Mehl-
speise, und Frau Cordula. die sich gar
nicht darauf eingerichtet hatte, mußte
rasch m it Hilfe der Küchenmagd Tchmar
reu backen. Wenzel lief immer ab und
zu und trocknete sich den chmeiß von
der Stirn. Daß Reisende die Fahrt
zum schwarzen wee im tich gelassen,
um sich bei ihm satt zu essen, war ihm
noch nicht vorgekommen. Als er wieder
in'S Gastzimmer trat, siel ihm eine
Lücke auf seinem Tische auf, und wie
er genau hinsah, da mußte er, was
ihm fehlte: das berühmte silberne
Salzfaß! Nur mit Mühe brachte er
die Frage vor, ob die Herren vielleicht
wüßten, wo das Salzfaß hingerathen
fei?"
Ter Hauplmann zuckte mit den
Achseln. Unter den Fremden war
Einer, der mir etwas verdächtig aus-
sah ! Um mit ihm nicht zusammen zu
sein, gab ich die Fahrt zum schwarzen
e auf ! Möglich, daß er das silberne
Salzfaß bei Seite gebracht hat !"
Da war s mit der
Wirtbes vorüber. Da
Mästung des ,
mug icd wie-
der haben !" mit diesen Worten
!N er,
der umwenden und u:m rotben Xv.hn
zur!:ck!,dren sollte. Ter Haugtmann l
und sein Freund waren gerade mit
dem Ci'eu fertig, als der Mlni,-!
wieder ankam. Meine Herren! Wel-
cker von der. Rei'eiidcn derjenige
den Sie sur den Tieb meines Salz-
faffes halte?" fragte athemlos der
Wirth.
Da zuckte der Hauptmann abermals
die Schultern: Kein Einziger! AIS
Sie fort waren. Herr Wirth, entdeck
tcn wir das silberne Salzfaß in der
leeren Suppenterrine! So jetzt haben
wir uns satt gegessen, nun wollen
ivir ebenfalls nach dem schwarzen See
fahren!" Damit stieg er mit seinem
Freunde in den Stellwagen und ließ
den Wirth ganz verblüfft vor der Thüre
stehen.
Wenzel Holzhau soll nie wieder ver
sucht haben, gar zu schnell reich zu wer
den, und hat das Salzfaß in eine
Schrank geschloffen, weil Jeder, der es
ansah, an die Geschichte denken mußte
und ihn auslachte.
Auch naiv.
Daß neben der sprichwörtlichen Ur
wüchsigkeit der Berliner Droschkenkut
scher auch noch Naivetät zu finden ist,
beweist folgender, der Berl. Ztg." als
wahr verbürgter Fall, den eine Frau
aus der Hohenzollernstraße selbst er
zählt: Ich engagirte in der Thiergar'
teiistraße eine Droschke erster Klaffe, um
mich nach Hotel Bristol", Unter den
Linden, fahren zu lassen. Der Kutscher,
ein junger, überaus höflicher Mann,
machte ein sehr verlegenes Gesicht. IS
das rechts oder links in die Linden?
fragte er. Sie kennen das Hotel
Bristol" nicht? Ich werde eS Ihnen
schon zeigen." Ein Strahl der Freude
huschte über fein Gesicht: Danke. Gnä
digste, danke. Habe erst vor Kurzem
den Fahrschein erhalten, komme aus
Posen, jung verheirathet " Dabei
öffnete er den Wagenschlag und ich stieg
ein. An der Bellevuestraße sehe ich eine
junge Frau stehen, die mit einem Ta
schentuche dem Kutscher zuwinkt; es war
ein frisches, dralles Weibchen, Ter
Kutscher hält und steigt vom Bock, dann
öffnet er die Thür und sagt zu mir :
Sehen Sie: Gnädigste, das ist meine
Frau, Sehen Sie, seit vierzehn Tagen
sind wir verheirathet und schen Sie, den
ganzen Tag über haben mir keine
Stunde Zeit für einander. Sehen Sie,
da wollt' ich nur 'mal bitten, daß Sie
meine Frau mitnehmen, dann fahr' ich
wieder nach dem Halteplatz wiffen Sie
wenn man so jung verheirathet ist "
Und dem armen Kerl standen fast die
Thränen in den Augen, und das Frau
chen schaute mich so bittend an. Da
habe ist sie mit einsteigen lassen, worüber
ich mich heute noch freue. Die junge
Frau erzählte mir aus der Fahrt von
dein- Glück ihrer-- juzizen Ehe, so daß
die Fahrt eigentlich recht interessant ver
lies." Alles wiederhott sich.
Die geschmacklosen Schnabelschuhe mit
aufwärts gebogenen Spitzen, mit denen
man gegenwärtig die Gigerln" herum
spazieren sieht, haben schon verschiedent
lich in der Geschichte der Mode eine Rolle
gespielt. In England trug man unter
dem König Richard II. die Spitzen so
lang, daß sie am Strumpfe angebunden
werden mußten. Die Reicheren be-
festigten sie mit goldenen Kettchen oder
Agraffen, bis unter Eduard IV, endlich
ein Gesetz gegen diese Ncodenarrheit er-
lasten wurde. Unter Philipp dem Schö
nen verlängerten auch die französischen
Stutzer die Spitzen ihrer Schuhe der
artig, daß ein königliches Tetret erschien,
welches einzig und allein den Prinzen
von Geblüt gestattete, ihre Schuhspißen
so lang machen zu laffen. daß sie, wenn
der Trüger solcher Schuhe sich bückte,
ihm bis zur Nasenspitze reichten. Die
Schuhspitzen der Herren vom Adel durs
ten nur zwei Fuß und die der bürgerli
chen nur einen Fuß lang sein.
21ffcnlicbc.
., . . Nun hast Tu's für Deinen Hoch
mnth! Auf Jedermann hast Du her
abgesehen. Niemand war Dir als Ge
scllschaft für Deinen Sohn gut genug
jetzt ist er im Examen durch
gefallen!" Allerdings aber in b e st e r G e
sellschaft!" 3" (SciunF.
Professorsgattin (zu ihrem Manne):
Hast Du dem Herrn Huber schon zu
seinem Namenstage gratulirt?"
Profeffor: Nein! . . , . Warum?, . .
Ist denn heute Huber?"
iu:o.
Mutter: ., ,,Nun weiß ich nicht,
ob der Dichter Lammermeier. den mir
für morgen Mittag eingeladen, gern
Knödel ißt!?"
Backntch: O. das werden mir aleick
baden! Ich schaue in der Literatur-
geschickte nach!"
Zm Iw,!;.tiurcm.
Vermittler: Mein Fräulein. Sie
sind entzückend!
. . Wenn mich nicht
um die ich käme.
die Provipon.
reuen wurde, ich wurde
:ie selbst
h e i r a t b e n !"
lv.trö Z.'r'irkinl'eit,
Herr Pro'effor. da ist ein (!Idbrief
gekommen!"
Ach. der ist gewiß von m'ineni
Neffen, der auf der II n i v c r
s i t a I st u d i r I !
Aas
Herr Doktor?"'
ii',
darf ich deute esicn,
Jnfreltor, was Sie
ich gerne effen.
g e"r r. t enen'"
!' ' a darf
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