Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, April 02, 1896, Image 9

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    Ostermasser.
jikrz,lg von So st v, .K o u (i.
(5t der Tausend, aus derWintersaal
Innn dies Jahr 'mal was rechtes wer
den, sie ist besser durch den Winter gc
lammen, als im letzten Jahr, ich glaube
gar, sie fängt schon im April an sich zu
erstanden," meinte der junge Hos
besitz, indem er sich von der grill)
jahrSbestellung hcimwandte und freudig
betroffen vor einer grünenden Weizen
breite Halt machte, um sie zu betrachten.
Das ließe sich unsereiner rechtschaffen
gefallen, mit dem Holzhandel wird's
doch immer weniger, seit auch hier oben
die lZisenbabn feist, und sie uns die
erwünschten Kohlen bis hierher herauf
bringen. Wer weiß, vielleicht bringt
der Weizen dieses Jahr allein die Zin
fcn!" Dabei löste er die Braunen von
der Egge, die soeben leicht wie im Tanze
über das umgepflügte Erdreich gchiipft
war, und schwang sich auf den Stücken
des Gaules, um heimzukehren. In
Erwartung der beginnenden Osterfest
sreude baumelte er vergnüglich mit den
Beinen und ritt einen munteren Schilt
tcltrab, indem er dazu einen flotten,
während seiner ßiardedienstzcit gelernten
Berliner Gassenhauer pfiff und ihn
seinen Empfindungen anpassend und
variirend noch mehr verdübelte. Nahe
am Eingange des Dorfes liegt das
Wirthshaus Zur Tanne", das sicher
allen im gesegneten Thüringer Lande
Reisenden bekannt sein wird, denn es
giebt dort allezeit die theuersten Forellen.
Ueber das ländliche, aber stattlich und
fast anspruchsvoll errichtete Gebäude
hinaus ragt das lebende, grüne Emblem
des Hauses, eine Prachtvolle Edeltanne,
die dem Gehöft den Namen gegeben
hat.
Der junge Hofbesitzer mustert im
Vorüberreiten die Fenster, die ganz
städtisch aussehen und mit frisihge
waschenen Gardinen umkleidet sind,
und scheint etwas zu suchen. Jetzt
erhebt er die Peitsche und klatscht, um
sich bemersbar zu machen. Weil er
aber ungehört bleibt, scheinbar wenig
stens, muß er absteigen und nach
sehen Das das Wirthshaus um
gebende Gehöft ist leer, bis auf eine
Magd, die das Milchgeschirr scheuert.
Sie scheint erschrocken, vermuthlich von
dem Peitschenknall. Und der Anblick
des Kommenden vermehrt sichtlich den
Schreck das Holzgefäß entschlüpft
ihren naffen Händen und kugelt mit
lautem Geräusch vor die Füße des
Gastes, einige andere rollen hinter
drein Es bedarf wirklich einiger
Geschicklichkcit, um ihnen auszuweichen.
Aber der gewandte Bursche fängt sie auf
wie im Spiel und hält sie lachend hoch,
wie im Triumph. Dabei treffen sich
zwei Augenpaare, und Schreck malt sich
plötzlich in den Gesichtern, besonders in
dem, des Burschen. Augenscheinlich
vermuthete er eine andere an dieser
Stelle, an welche er auch bei dem Peit-
schenlnall gedacht haben mochte.
er ist schnell gesammelt und gut bei
Wege. Schreck und Scham nach dreister
Burschenart durch Keckheit zu mal
kiren.
Ei, Ihr laßt einen ja hier Hals und
Bem brechen kurioses Willkommen!"
schilt er laut und ungestüm.
O, ach, es geschah unversehens
Fritz, wollte sagen Herr Fritz Beyer,"
stotterte in höchster! ganz unbegreiflicher
Aufregung das Mädchen. Die Milch
satten sind naß und glatt vom Scheuern
sie entfuhren den Händen, so
kam's " Dabei hatte die junge
Magd die hölzernen Flüchtlinge längst
wieder zwischen die kleinen, starken
Finger geklemmt und rieb fast krampf
haft darauf los, obschon sie langst blü
tbenweiß.
Unversehens? Hoho, das kann Je
d sagen, Fräulein Anna. Unver
jehens mit Willen geschehen, meint Ihr
wohl?" höhnte ungroßmüthig der
Bursche. Ja, e giebt Leute, die mir
allezeit gern etwas in den Weg rollen."
Das Wort mußte eine schwere, er
schreckende Bedeutung haben, denn die
Magd stammelte tonlos: Meint Ihr
mich?"
Ich meine den, der sich's annimmt,"
fertigte Fritz Beyer bequem ab, denn
feine Gedanken und Empfindnngen
schienen durch etwas anderes Hingenom
men. !
Aus einem langgestreckten Seiten
flügel des Wirthshauses drang plötzlich
Mädchengelächter. Tort lag zu ebener,
Erde, äußerlich einem Schasstall ähn
lich, der Tanzsaal, wo morgen der
Ostertanz stattfand. Die Fenster wa
ren geöffnet und ließen den Blick in's
Innere frei. Fritz trat gewandt hinter
den Fensterladen, um hineinzuspähen.
Die Lauscherecke paßte ihm fichtlich, das
zeigte die gute Laune und pfiffige
Miene, die er plötzlich aufgesetzt hatte.
'Selbst die scheuernd Magd an der
Brunnendank dort bemerkte es. machte
ine Pause und schien nach Athem zu
ringen. Aber nur einen Augenblick.
Da Schmerzgefühl, das sie unzmeiscl
haft durchdedte, war entweder schnell
überwunden, oder mit großer rast nie
dergekänipft. Fritz übersah den Raum
ds Tanzbodens vollkommen. Er war
rein gefegt und mit weißem Sande be
streut. Die Ecke, in der die Musikanten
saßen, war mit Tannen umpflanzt,
und auf der umschließenden Holzgal
leri stand ine Reib dünner Lichter,
beinah wie Weihnachtslichtlein anzu
schauen. Tazmischkn abr standen große
Sträuße von Widnk'.tzchen. an ,,ruy
linaswahrzeichen. Dazu waren zwei
frischt ädchengeftalten beschäftigt, die,
Da
Jahrgang I.
beide hölzernen Tragbalken des Primi
tivcn Gebäudes mit langen Mooskränz-
chcn zu uniwinden, als letzte Fest
Vorbereitung. Die kleinere hielt das
Ende des 'Kranzes, während eine grö
ßere auf die Bank gestiegen war, um
das andere Ende an einem an der nie
drigcn Decke befindlichen Nagel zu be
festigen.
Es wäre natürlich gewesen, wen der
Bursche den Mädchen zu Hülfe gekoin
nie wäre, aber es behagte ihm un
qalanterweife besser, den Zuschauer zu
machen. Er zog sogar seine Pseife
hervor, pflanzte sich behaglich in's Jen
stcr und ließ yie Rauchringel dreist in's
Zimmer ziehen. Dazu ward der Aus
druck des Lauschers immer pfissigcr.
Sitzt der Kranz fest endlich?" frug
die kleinere ungeduldig zur größern hin
auf, die sich droben vergebens mühte.
Die Fragerin war von ungewöhnlicher
Schönheit, das Gesicht rosig und mit
einem Diadem röthlich blonder Haare
umwunden. Sie trug es stolz, wie eine
Schönheitskrone.
Ich mein', es muß halten," erwi
bette die andere und probirte abermals.
Daß Du mir nur pünktlich bist.
Trina ! Halb zwölf kommst Du mich
holen !
Ich kann mir nicht helfen, aber ich
fürchte mich, Gundel !"
Willst Du vielleicht zurückhaken?
Ich leid's nimmer ! Haben wir's nicht
fest beredet? Wahrlich, Du hast das
Schönwerden nöthiger als ich. Ich
thu's nur um die Sommersproffen, und
weil ich so ein weißes Fellchen haben
mochte wie die schöne Kausmannstochter
in Berlin, die letzten Sommer in unse
rer Erlerstube wohnte."
Ich mein', der Gottfried bleibt mir
auch anders gut. Hab' ich ihm nicht ge
fallen just wie mich der liebe Gott ge
macht hat?"
Weil 's nicht besser weiß, denn
daß ich ihn nehme daran hat er doch
nicht denken können ! Es möchte sich aber
doch vielleicht eine andere ins Nest setzen.
Laß mich nicht warten ! Bester ist
besser!"
Ja, besser ist besser !" stimmte Trina
überwunden und kleinlaut zu.
Seit die Sommerfremden schaaren
weise kommen, sind unsere Burschen ge
scheut geworden," sagte Gundel. Sie
machten große Augen, als mich der
Maler in sein rothes Buch zeichnete,
und wiffen nun auch, was schön
ist...."
Das haben wir lange gewußt, dazu
brauchen, wir kein Malergesindel,"
platzte Friß von draußen dazwischen
und paffte wie ein Schornstein hinein.
Die Mädchen kreischten im Schreck über
laut. Das ist schlecht von Dir!" rief
Trina.
Das sieht Euch ähnlich ! Schändlich,
uns so zu behorchen !" schalt Gundel.
Ich habe nichts gehört !" meinte mit
dreister Lüge der Bursche. Mein klei
ner Finger weiß kein Sterbenswörtchen,
fragt ihn nur !"
Was wollt Ihr eigentlich?" frug
Gundel freundlicher.
Euch guten Tag sagen und einen
Schoppen trinken. Dazu trieb mich's,
mir den ersten Reihn von Euch zu holen,
Fräulein Kunigunde. Soll ich?"
Da Ihr einmal hier seid nun mei
netwegen !" sagte Gundel geschmeichelt
und mit dem Stolz des Ritterfräuleins,
dessen Namen sie trug. Die Romantik
ist in den thüringer Bergen immer noch
nicht ganz ausgestorben.
Tann adjüs jetzt die Gäule müssen
heim !" Damit war er hinaus.
Er hat S doch gehört, ich fürchte mich
vor seinen! Schabernack in stockfinstrer
Nacht," sagte Trina beunruhigt. Wir
wollen die Anna noch mitnehmen !"
Die Magd? Nein, sie könnte mei
nen, sie sei unseresgleichen !"
Nun, ihr Pater war auch ein Eigen
wirthschafter, wenn er auch zuletzt die
erbettelte Suppe auf der Hausdiele aß.
's ist eigentlich schlecht von Fritz, daß er
sie im Stich läßt und sich an Dich hängt.
Tie Anna ist so traurig "
Kann ich dafür, daß ich ihm besser
gefalle? 's ist, seit er von den Soldaten
zurück ist. Aber meinetwegen mag die
Anna mitgehen, meinte Gundel fug
sam. Zuerst war s ihr lieb, daß sie
zu dreien waren, und wenn Fritz einen
Streich plante, so traf derselbe auch
Anna. Gundel fürchtete, daß er sie
noch liebe, und ahnte, daß er sie um
ihre Armuth vergaß. Darum theilte
sie Anna auch gleich die Auszeichnung
mit.
Ich brauche kein Ofterwasser, ich bin
gesund," wies Anna aber ab. Und
Schönheit brauch ich auch nicht, denn
ich habe keinen Schatz."
Gundel wollte schelten, aber dem
spitzen Zünglein wurde die Rede abge
schnitten. Tie Tannenwirthiv trat zum
Hauie heraus und rief:
Anna, mach den Hühnerftall auf,
sie wollen auffliegt! Und such dit
ämntagsgaj!.
Beilage zum Nebraska Staats-Anzeiger.
Scheune ab, die schwarzwcißcn Hühner
verstecken die Eier in das Stroh. Gun
dei mag in's Hirtenhaus hiuüdergchen
und ein Dillsrad Ostereier als Almosen
hinübertragen. Ich hab' sie schon mit
Zwiebeln Hochgeld gefärbt "
O, laßt mich doch in's Hirtenhaus
gehen, wartet bis zum Feierabend, ich
spute mich," bat Anna ganz herzlich
und eindringlich. Die Muhme war
tet "
Nein, ich lasse meine Gundel nicht
um das Gotteslohn betrügen!" entschied
die Tanncnwirthin. Geh!"
Gundel hatte zum Spaß Annas ver
lassenen Platz bei der Arbeit eingenom
men. Aber nur einen Augenblick.
Dann stellte sie dem Hoshiinde die
Milchsatten hin, um sie durch dessen
breite Zunge reinwaschen zu lassen.
Kommst Du endlich? Ich meine.
Du bist in Ewigkeit nicht im Hirten
hause gewesen? Wer fragt nach einer
alten Frau? Böse Dirne!"
. Dir Redende war eine Kranke, die
im Bette lag, und Annas einzige An
verwandte, AIs ihr Bater in Armuth
gestorben war, hatte Muhme Christel
das Mädchen in's Haus genommen und
bei sich behalten, bis Anna in einen
Dienst ging. Das Brod, das sie empfan-
gen, war gro wie eine Nuß und hart
wie ein Stein gewesen. Dennoch ge
dachte Anna jener Zeit immer noch mit
Entzücken, denn dieser Zeit entstammte
ihre Bekanntschaft und Liebe zu Fritz
Beyer. Als Nachbarskinder hatten sie
viel zusammen verkehrt und sich nach
ländlicher Sitte sriihzeitiq lieben gelernt.
Nachdem Fritz aber den Soldatenrock
ausgezogen, fand er mit einem Male,
daß es doch vortheilhaftcr sei, eine reiche
Frau zu nehmen, am allerbesten ein
Einheirather zu werden. Die Tanne
und die schöne Gundel schienen Vortreff'
lich dazu gemacht. Dennoch gelang es
ihm immer noch nicht ganz, die alte
Liebe zu überwinden, obgleich er sich
Mühe gab, sich Anna gegenüber recht
borstig zu zeigen. Sein bäuflqer Sser
kehr in der Tanne", woselbst Anna
in Dienst stand, gab ihm dazu Gelegen-
heit,
Soll ich Euch das Bett aufschütteln,
Muhme?" frug Anna sanft, 's ist
längst Schlafenszeit, ich habe nicht
früher zu Euch kommen können,"
Ist's Schlafenszeit? Ich meine für
mich ist's bald immer Nacht die
Augen, die Augen! Der Doctor weiß
nichts mehr und will doch kluger sein
als der Schäfer. Sahest Tu den
Fritz?"
Still von ihm!"
Nein, ich will reden von ihm. 's
ist schlecht von ihm, daß er Dich sitzen
läßt und dem Gespött preis giebt. Wir
wollen fort zusammen!"
O, gern! Aber wo denkt Ihr hin,
Muhme, Eure Augen, dazu seid Ihr
krank" 's giebt noch ein Heilmittel
dafür, wirklich! Hol' mir Ostermasser,
diese Nacht, willst Tu Mädel, 's ist die
best' Armei!"
Anna erschrak leicht, war aber er
bötig zu gehen. Sonderbar, daß dasselbe
Bedangen heute zum zweiten Male an
sie herantrat, doch galt es in diesem
Falle kein Besinnen. Tarum sagte sie,
nachdem sie den Abendscgen gelesen
Ich schließe die Thüre nicht, denn ich
bring' Euch den Heiltrank frisch! Gute
Nacht!"
Draußen rief der Wächter die zehnte
Stunde, Auch in der .Tanne" war's
still geworden, Friß Beyer und Gott
stieb, Trina's Schaß, waren die einzi
gen Gäste, Anna setzte sich hinter den
Ofen, um ihr Weggehen abzuwarten.
Aber sie hatten noch mancherlei zu
bereden, wobei Fritz den Ton angab,
Paß auf, sie treiben das Holz wieder
höher hinauf," sagte er überlegend,
dazu das Stehlen, 's ist nicht mehr
zu zwingen mit der Aussicht, Wenn
man bei dem Holzhandel nicht ein bis
chen wieder stiehlt, ist's nicht auszu
halten "
Gottsried, der sich vorgesetzt hatte,
auch ein durchtriebener Bursche" zu
werben, schwieg, dafür drang von der
Ofenbank her leise ein Seuszer. Und
durch die Tabakswolkcn hindurch suchte
Fritz's Blick plötzlich Anna, die den
Seufzer ausgeftoßen in Herzensangst
und Seelenpein. Er sieht ihr schönes
Auge bittend, flehend auf sich gerichtet
und suhlt sich gezwungen, selbst das
Auge niederzuschlagen.
Eine Stunde spater schreitet Anna !
unoemeru oie iort ttiiK inab. um
den Heiltrank zu holen. TaS Gesas; in
ihrer Hand verrath ihre Absicht, so geht
der Wächter grußlos an ihr vorüber,
weil der Gang stillschweigend geschehen
muß. jedes gesprochen Wort vereitelt
die Htilkrast des wunderthaligen Was
sers.
Nur dem wilden Pochen ihres Her
zens kann sie nicht gtbleten. Täglich
sah sie Fritz sich mehr von ihr entfernen,
nein, es gab keine Umkehr mehr ! Bit
ter und salzig drangen sich die Thränen
hervor, sie friert plötzlich bis in's Herz
hinein , , , , Tranken vor dem Torse
ist's todtenstill. Schnell och das kurze
Stück Weg, und sie steht an Roß
mannsbache. Das Gewässer ist durch die Schnee
schmelze angeschwollen und hat den Bo
den theilweise überfluthet. Zwei starke
bromdecrumrankte Eichenstämme stehen
am Rande des gebildeten Beckens, das
so recht zum Schöpfen einladet. Leise
und andächtig faltet auch das Mädchen
schon die Hände um der Griff der
Kanne, betet ein Vaterunser und tritt
herzu, um den Krug zu füllen.
Und merkwürdig, bei Annas Heran
treten taucht plötzlich aus dem tief auf
das Wasser herabhängenden dicht ver
zweigten Geäst des Eschenstammes, just
über ihr, eine ziveite menschliche Gestalt
hervor. Der Kops eines Mannes
streckt sich hoch oben auf dem Baume
aus dem Dunkel ans Licht, wie um
deutlich zu sehen. Und der hervortre
tende Vollmond unterstützt ihn, es ist
fast taghell, so hell, daß sich die im
Geäst des Baumes schwebende Gestalt
im Wasser unten wiederspieqelt
Anna steht plötzlich wie gebannt. Neckt
sie ein Spuck, indem er ihr die Gestalt
des Geliebten zeigt? Unwillkürlich,
überwältigt öffnet Anna die Arme, und
beugt sich tiefer wie um hinab zu
sinken
Der Mann droben erschrickt. Aber
ehe er hinabgleitet, ollzieht sich schon
ein rettender Zwischensall. Auch .im
Geäst bebändern Baumes wird's leben
big, und durch die Lust dringt ein sau-
sendes Geräusch, fast wie ein Hagel-,
schauer. Die vom zweiten Baume ent
sendeten Hagelkörner schlagen als
Knallerbsen und allerlei kleine lustige
Feuerwerkskörper aus, geben kurzen,
grellen Feuerschein. Anna sährt zurück
und ist gerettet !
Doch neue Ueberraschung ! Durch die
Rächt tönt ein kreischender Schrei aus
Äcädchenmunde. Gundel und inna,
die ihr Ostermasser schöpsen wollen,
haben ihn ausgestoßen. Der Empfang,
der ihnen durch den auf dem zweiten
Baume verborgenen Gottfried zutheil
geworden, ist aber auch übel genug.
Er wollte es diesmal dem Kameraden
an Schabernack noch zuvor thun. Und
der Streich ist geglückt Schreck und
Entsetzen haben die armen zum Schwei
gen verurtheilten Müdchenlippen ent
siegelt! Gottfried, der Verzeihung seines
gutmüthigen Schatzes sicher, ist vom
Baum geglitten und steht lachend neben
Trina, während Fritz noch auf seinem
Beobachterposten verbleibt. Trina ist
auch mit einem Kuß versöhnt, Gundel
hingegen, die den Zweck ihres Kom
mens durch die schadernäckischen" Bur
schen vereitelt sieht, geräth in Wuth,
und ihr Grimm sucht und findet einen
Ausweg, als sie Anna erkennt.
Guck mal einer an, da ist sie ja
doch, ihr Ostermasser zu holen! Und noch
vor uns ist sie gekommen? Ganz heim
lich ! Also wir wollen auch schön werden?
Willst ihn wiederhaben? den Fritz? mei
netwegen? Ich halt ihn nicht! Aber er ist
von selbst gescheut "
Thu ihr nichts mit bösen Worten zu
leide," bat Trina.
Anna, die wie in Erstarrung befan
gen, hatte sich jetzt glücklich gesammelt.
um zu schweigen. Noch ist der Zweck
ihres Kommens nicht erreicht! fco
beugt sie sich muthig von neuem über
das Becken und schöpft. Tann wendet
sie sich stumm und eilt dem Torfe zu.
Und immer schneller wird ihr Gang,
denn sie hat sich verweilt, und Gundel
wird sicher Lärm schlagen, wenn die
Magd nicht im Hause ist. Noch sind
ihr Kopf und Herz benommen, wie
Zauberei erscheinen ihr die Erlebnisse
der Nacht. Verfolgt sie der Spuk im
mer noch? Deutlich hört sie ihren Namen
rufen von geliebter Stimme. Wer ist
hinter ihr? Fritz?
Gottlob, da ist das Hirtenhaus, in
welchem der Muhme ein Asyl angewie
sen ist. Die Anverwandte ist unruhiger,
wilder als vorhin, wenn sie auch nicht
redet. Das Gesicht ist zerfallen, todten
bleich. Unruhig irrt der Zeiger des
Lebens hin und her, als misse er nicht.
wohin er sich zu stellen habe, auf Leben
oder aus od.
Anna ist hoch erschrocken, doch glaubt
sie das Ende noch nicht nahe. Bringt
sie nicht das untrüalichste kieilmittel.
nach welchem die Kranke sie ausgeschickt.
und dem si selbst felsenseft vertraut.
Schnell ein Tuch ins Waffer und behüt
sam auf die Augen! Und ist es die
sanfte, beruhigende Berührung der klei
nen Hand oder die frische Kuhle des
Wassers, das Zucken hört aus, und die
Züge des verfallenen Antlitzes werden
ruhiger, nur der Athem ist leiser als
sonst.
Inzwischen ist auch Fritz hinter Anna
No. 40.
däreinrennend, am Hirteuhause ange,
langt, und die Fenster gestatten eine
Einblick in das erleuchtete Zimmer. Er
sieht und versteht! Nach kurzem
Besinnen tritt er in das Haus, setzt sich
leise und fast andächtig aus die olz
dank nieder, um auf Anna z warten,
Auch wäbrt es nur kurze Zeit. Als
Anna die Muhme eingeschlafen sieht
schickt sie sich an, den kleinen Haushalt
noch eilig zu beschicken. Die Holzscheite
im Ofen sind niedergebrannt, es muß
irischer Borrath aus dem toniu ge
holt werden. Die Leuchte in der Hand
schlupft sie auf leichten Sohlen hinaus,
Da zwingt sie ein Geräusch zum Still-
stehen.
Wer ist hier? Um Gotteswillen "
Ich, Anna, Fritz Beyer, Dein
Fritz leibhaftig!"
Die Lampe in ihrer Hand schwankt,
aber sie hat die Kraft, sich zu halten.
Ich komme zu Dir zurück, Anna
aus immer! Morgen ist Ostern, und
draußen ist alles im Auferstehen, und
schöner als je! Auch meine Liebe ist
auferstanden, besser, viel besser ich
weiß alles! Frag' nicht, ich war ein Bock
und mußte erst ein bischen umherstoßen.
Ja, so wirds wohl gewesen sein, doch
laß das, und sei wieder mein Schaß
wir gehören zu einander!"
Anna war ansangs sprachlos ge
wescn, dann war ihr wie im Himmel.
Zu erstem Sträuben, um Vergeltung
zu üben, hatte sie ihren Burschen viel
zu lieb; sie sagte kein Wort, aber das
Glück strahlte so hell aus ihren Augen,
daß Fritz den Arm um sie legte und
wieder küßte. Endlich wehrte sie ihn
doch ab und sagte:
Laß', ich will Holz holen 's kalt in
der Stube, die Muhme soll's warm ha
ben. Wir holen's zusammen! Gieb
die Leuchte!"
Und als sie mit den Holzbündeln in
die Stube traten, war,en sie ganz die
beiden Genossen wie früher. Was
würde die Muhm: sagen, würde sie
sich freuen? Leise beugte sich Anna, um
den Athem zu belauschen, aber sie hört
ihn nicht, und die Hand, die sie faßt,
ist kalt. Nun nimmt sie das Licht und
leuchtet. Das Antlitz ist gelblich blaß,
aber friedvoll wie niemals: Die Muhme
ist todt. Das mit Ostermasser befeuch
tete Tuch von Stirn und Augen neh
mend, spricht sie leise: Das Wasser ist
köstlich, die beste Arzenei "
Friß tritt herzu, um die Schwan
kenoe zu stützen und bestätigt: Ja. 's
ist die best' Arzenei! Auch mir hat sie
geholfen!"
Der Schein trügt.
iinial'eschichlk ans dem
tischen von &ion Nosca,
(rine
Cnig
Jonathan Bradford hatte eine Schenke
in Oxfordshire auf dem Wege von Lon-
don nach Orford und stand in einem
sehr guten Rufe. Ein reicher Mann,
Namens Christoph Hayes, Esq., (es
war im Jahre 1735), der zu Oxford
einen Verwandten besuchen wollte, kehrte
bei Bradford ein, hier kam er in Ge
sellschaft mit zwei anderen Herren, mit
denen er zu Abend speiste und denen er
im Gespräche ohne Rückhalt erzählte.
daß er eine beträchtliche Summe Geldes
bei sich habe. Sie begaben sich zur ge
hörigen Zeit aus ihre Zimmer; die Her
ren, welche in dem Zimmer mit zwei
Betten schliefen, ließen, wie es Biele
thun, ein Licht in der Kaminecke bren
nen. Als sie einige Stunden zu Bette
waren, wachte einer von ihnen auf und
glaubte in der daranstoßenden Stube
ein tiefes Aechzen zu hören. Ta dies
nicht nachließ, so weckte er seinen Freund
auf. Sie horchten, und da das Stöh-
nen immer zunahm und wie das eines
Sterbenden klang, so standen beide so
gleich auf und gingen stillschweigend
nach der Thür des nächsten Zimmers
hin, aus welchem sie das Stöhnen ver
nahmen. Tie Thür stand offen und sie
sahen ein Licht im Zimmer. Sie gin
gen hinein; unmöglich aber läßt sich
ihre Bestürzung beschreiben, als sie Je
mand sich in seinem Blute wälzen und
einen Mann mit einer Laterne in der
einen Hand und einem Messer in der
anderen davorstehen sahen. Der Mann
schien wie versteinert, sowie sie selbst,
allein sein Schrecken errieth sogleich
alle Zeichen der Schuld.
Bald erkannte sie in der Person des
im Bette Liegenden den Fremden, mit
dtmsie den vorigen Abend gespeist hatten,
und in dem Manne, der bei ihm stand,
den Wirth. Sie faßten sogleich Brad
ford an, rissen ihm das Messer aus den
Handen und gaben ihm den Mord
Schuld; jetzt nahm er eine ganz un
schuldige Miene an, leugnete das Per
brechen durchaus und versicherte, cr sei
in denselben menschenfreundliche Ab
sichten hierher gekommen, wie sie; denn
als er einen Lärm gehört, auf den ein
Stöhnen gefolgt, sei er aus dem Bett
gesprungen, habe ein Licht genommen.
sich mit einem Messer zu seiner Per
theidignng versehen und fei blos ine
Minute vor ihnen in's Zimmer ge
treten.
Man legte wenig Gewicht ans dies
Versicherungen; er wurde bis an den
Morgen streng bewacht und dann vor
den benachbarten Friedensrichter ge
bracht. Bradsord leugnete die Ermor
dung, allein der Verdacht gegen ihn
war so groß, daß der Friedensrichter
sich der sonderbaren Aeußerung gegen
ihn bediente: Herr Bradsord! l5nt
weder Sie haben diesen Mord begangen,
oder ich."
Diese außerordentliche Geschichte
machte die Unterhaltung dn ganzen
umliegenden Gegend aus; Bradford
wurde in jeder Gesellschaft verurtheilt.
Uulerdeß kam die Gerichtssitzung zu
Oxford heran. Bradford wurde vor
geführt und behauptete, er sei unschul
dig. Nichts zengtc stärker gegen ihn,
als die Aussagen der beiden oben er
wähnten Herren: Sie hätten Hayes in
seinem Bette ermordet gesunden, Brad
ford habe an der Seite der Leiche mit
einer Laterne und einem Messer in der
Hand gestanden, das Messer und die
Hand wären blutig gewesen; bei ihrem
Eintritt in's Zimmer habe ex alle Kenn
zeichen eines Schuldbelasteten verrathen
und nur wenige Augenblicke zuvor hüt
ten sie noch das Stöhnen des Ermorde
ten gehört,"
Bradford's Vertheidigung vor Ge
richt war dieselbe, wie vor den beiden
Herren: er habe plötzlich Lärm gehört.
habe eine schlechte Handlung vermuthet,
Licht angeschlagen, ein Messer di in
zige Waffe in seiner Nähe) zu seiner
Vertheidigung mitgenommen, und der
Schrecken, den er verrathen, sei blos der
Schrecken der Menschenliebe gewesen,
als er eine solche Greuelscene erblickt
habe.
Diese Vertheidigung wurde icdoch als
schwach angesehen; sie stand mit mehre
ren wichtigen Umständen in Wider
spruch, welche gegen ihn zeugten. Der
umständliche Beweis sprach gegen ihn.
Es war wenig Spielraum zu Ver
muthunqen übrig, und der Richter for
derte die Geschworenen auf, ihr Urtheil
zu sprechen. Dies lautete: Schuldig!
Wobei die Geschworenen nicht einmal
aus ihrer Loge hinausgingen.
Bradford wurde bald nachher hin
gerichtet, behauptete aber fortdauernd
er sei nicht der Niörder von Hayes und
wisse auch nichts von seiner Ermor
dung. So starb er. Aber niemand
glaubte ihm.
Und doch waren diese Versicherungen
nicht unwahr. Ver Aiord war von
Herrn Hayes' Bedienten begangen wor
den. Sobald dieser seinen Herrn r
stochen hatte, nahm er ihm das Geld.
die goldene Uhr und die Schnupftabaks
dose aus den Beinkleidern und eilte da
mit wieder auf seine Stube; dies konnte
den Umstünden nach kaum zwei Sekun
den vorher gewesen sein, ehe Bradford
in's Zimmer des unglücklichen Hayes
trat. Die Welt hatte diese Kenntniß
den Gewissensbissen des Bedienten auf
seinem Krankenbett, achtzehn Monate
nach Bradford's Hinrichtung, zu ver
danken. Er starb wirklich und der Tod
entriß der Gerechtigkeit ihr Opfer.
Es wäre zu wünschen, die Erzählung
könnte hier geschlossen werden, aber dies
ist unmöglich. Obschon Bradford un
schuldig war und nicht um die Ermor
dung wußte, so hatte er doch, wie er
dem Geistlichen, der ihn zum Tod vor
bereitete, gestand, ebenfalls die Absicht
gehabt, Herrn Hayes seines Geldes
wegen zu ermorden, als er sich aber zu
diesem Behufe, mit einem Messer be
waffnet, in dessen Schlafgemach begeben,
fand er den Unglücklichen zu seinem
nicht geringen Entsetzen bereits von
einem anderen Bösewicht des Lebens be
raubt.
tHttt Kricgserinncrung.
Lieutenant B. von einem bayerischen
Jägerbataillon sieht einen Soldaten sei
ner Kompagnie aus einem Kramladen
Villejuifs kommen und hört, wie diesr
über die Tutnmheit der Malefiz-Fran
zosen" raisonnirt. B. fragt den Jäger,
was er denn in dem Laden habe kaufen
wollen: a Salz, Herr Leutnant, und
segn's die Kerl habn g'wieß gnua und
wolln mer ner kans geben. Ich Habs
zehnmal g'sagt, a Salz, a soa Salz
zum aizcn moan l, n,t amol verstan
den habn sie's, wenn i'S noch so laut
'schrien hab." Lieutenant B. nimmt
ein Blatt Papier aus seinem Taschen
buch und schreibt darauf du sei".
So, da stehts draus, was Salz auf
französisch heißt, jetzt werden sie's ver
stehen." Ich dank g'horrschamst, Herr
Leutnant."
Andern Tags fragt B. den Soldaten,
ob er sein Salz erhalten habe. Net
gleich, Herr Leutnant, die haben a nit
recht französisch verstanden: ich hab'
zwnnzigmal g'sage, an .Tusel" will ich.
und die Lampcl haben mich nit verstan
den: erst wie ich g'sagt hab: Jetzt hau
ich aber gleich Euer ganz Malefizklump
z'samm!" und hab' so a bissei mit der
Faust auf 'n Tisch klopft, da derwischt
Oan den Zettel nachher hab'ns mer
gleich a Salz geben."
D,e rsichtige Löchin.
Sag einmal. Luise, was hat denn
dieser Feuerwehrmann in der
Küche zu suchen?"
Ader, gnadige Frau, erit sagen Si
mir alle Tag', daß ich mich ja mit dem
Feuer in Acht nehmen soll, und nun
halten sie sich darüber aus. wenn ich
Vorsichtsmabr,geln ttcfttl"