Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, April 02, 1896, Image 11

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    's IPiescben.
Oine ?oi'iqtjd)Kliit. Von fliiriam
3Iiiiu)iii.
Bin
Ein liebes eines Xirubt war das
Wieschen ; Augen hat cs gehabt so blau
wie die Pcrgisimciiiuicht am Wieseubach
und einen Mund so herzig und roth,
daß man immer ein Busserl hat d rauf
brüsten mögen. Trotzig ist'S auch ge
wcsen, Herrje, ganz surchtbar trotzig,
aber das hat ihm just gestanden, ja,
gerad' so gut hat's ihm gestanden, wie
das schwarze Tiichel, das es um den
Kopf geschlungen trug und das rothe
Zonalen, inner oem vie jiinien iicincn
tfUße yervoringien.
Wann's nit so arm thiit sein, dann
wär's leicht die Rechte für mi," hat der
Sternenfranzl ost gemeint, denn 's ist
a blitzsauberes und kreuzbraves Dingerl,
's Wiesche, Jessas, 'S ist doch a Jam.
nur, das; d' schönsten Dirndln allewcil
's wenigst Geld haben,"
Und dann hat er laut geseufzt und
die dicke Gundel boni Kranzlhof in die
Backe gekniffen; denn die Gundel, die
hat 's Geld dick gehabt, eine echte Sil
berkette trug sie um den Hals, und zu
jeder Kirchmeih' hat sie ein anderes
Kleid bekommen, erst ein blaues mit
Eammetstreiscn, dann ein griines mit
bunten Schleifen und zuletzt ein brenn
rothes, das hat dem Iranzl so in die
Augen gestochen, daß cs ihm schier den
Athem genommen hat.
Die Gundl nimmst und keine
Andere," hat sich damals der Sternen
franzl gedacht, denn 's ist doch besser
a reiche Frau, wann 's auch nit so ge
fohrli schön ist, als so a blutarmes
Maderl, das sein ganze Aussteuer in a
Taschentüchel kann zusammenpacken."
Das Wicschen, das weinte sich oft die
Augen roth, wenn der ffranzl gar so
schön mit der Gundl gethan hat. aber
um die Welt hatt' 's'ihn nicht merken
lassen, daß es ihm schier das Herz ab
drückt, und recht kalt und gleichgültig
hat 's ihn immer angesehen, wenn sie
sich getroffen haben aus dem Wcender
steg oder am Brunncnplatz, wo er
Abenbs gern gesessen hat, wenn die
Dirndln mit dem Wasscreimer aus den
Gehöften gekommen sind.
Am Liebsten war' es ihm ganz' aus
dem Weg gegangen, aber das ging halt
nicht von wegen dem Gered' das es
sonst im Torfe gegeben hatte.
Was hab' i blos verschuldet, das.
mi Gott gar so unglücklich macht?"
schluchzte cs ost, wenn es an den Iranzl
und die Gundl dachte. Die Waber
bäuerin aber, bei der das Wieschen
im Dienst stand, die hat die Thränen
nicht leiden können, denn erstens, meinte
sie, daß das dumme Gehen! doch zu nicht
nutz sei und 's Wieschen nur zum
Schaffen untauglich mache, und zwei'
tens fürchtete sie, die Nachbar möchten
glauben, daß Wieschen so blaß und
krank aussehe, weil 's schlecht gehalten
würde im Waberhofe und nichts wie
Schelte und schmale Kost bekäme.
Und das duld i nit," hat sie sühnsch
(wüthend) qechrien. Hörst wohl,
Ludowike, i duld's nit, daß man so
was von der Waberbäuerin sagt ! 's hat
noch allzeit bei mir g nq zum Effcn qe
den, Erdäpfeln und Willi kannst haben
so viel D' nur willst, und a groß Stück
Speck gicbt s zweimal jede Wochen
Wann i jemals hör', daß D' Ti be
klagt hast, dann schnürst gleich Dein
Bündel und machst, daß T' fort kommst
von mein Hof !"
Jeffas, Bäuerin, i hab ja gar nit
klagt." schluchzt das Wicschcn. das
schivarze Tuchel hat es dann fester unter
dem Kinn zusammengcknotet und den
großen Korb aus den Kops gehoben, um
nunter zur Trockcnwiese zu gehen.
Gerad, wie es über den Wccnderstcg
geschritten, ist der terncnsranz l um
die Ecke gekommen, seine kurze Pfeife
hat er im Munde, und die braune
Joppe, in der er immer so sein aussah,
die hat er auch just angehabt.
Schau, schau, wo kommst denn
her?" fragte er und wollte gleich dem
Wieschen den Korb nehmen, denn dcr
ist doch viel z' schwer für so a klein's
Haschen," hat er lachend gcneckt.
Was geht's Di an, wo i herkomm?
wollt's Wieschen rufen, aber es ist ihm
in der Kehle stecken geblieben und statt
dcffen hat'S recht artig gesagt: Gruß
Gott, Franzl, wo sollt i denn herlom
men, wenn's nit vom Waberhof wär'?'
Tann find sie nebeneinander berge
gangen, der sternenfranzl hat S Wies
eben ost von dcr Seite angesehen, eZ hat
aber gethan, als ob's von nichts was
merkte und schlug die Augen so sittsam
nieder, daß der gestrenge Hm Pfarrer
seine helle ffreude gehabt hätt', wenn
kr s hatte sehen können.
Was zichst denn an zur nächsten
irchwcihr fragte endlich der Franzl,
denn er ist allzeit ein bijscl neugierig
gewesen, und hat immer mehr an die
WtibSleute und deren Kleider als an
seine Arbeit in Feld und Hof gedacht.
I bin garnit hier zur Kirchweih."
sagt'S Wieschen betrübt, i geh in d'
Stadt, um da an Dienst anz'nehmen,"
dennn 'i hat gemeint, daß ti finden
müßte, wennS noch lange im Torfe
bliebe und jeden Tag ansah, wie der
Franzl dn braunen Gundl den Eimer
ach Hause trügt. Und fort hatS ge
wollt, weit, weit fort, w,'S nichts mehr
zu boren braucht vom Franzl und der
Gundl.
,Zn di Stadt !" ruft der Franzl er
schreckt, und waZ möchft denn in dr
Stadt machen?"
.Reichwerden will i, Hat'S geant.
wortet und ihn angeschaut mit den
trotzigen Augen.
Dem Franzl ist's aus einmal ganz
eigen um's Herz geworden, wie er hurt,
daß 's Wicschcn fort will, ganz mutier
seelenallein in die große Stadt, wo es
keinen kcnnt und wo's keiner gut mit
ihm meint, wie daheim im Dorfe. Und
die Burschen in dcr Stadt sind auch
nicht blind, die werden bald genug
sehen, was sür liebe blaue Guckcrln da?
Wicschcn hat, und wenn sich dann am
Ende gar einer von denen in den Kopf
setzen thäte, so ein Küßchen auf ihr
rothes Goscherl zu drücken Sakra !
Er hat gar nicht weiterdenken mögen,
fuchsteusclsmild ist er schon bei dcm
bloßcn Gedanken geworden. Und 's
Wieschen ist ja so klein und schwach,
das kann sich nicht wehren und sträu
ben, wie zum Beispiel die Kranzlgundl
eS thut. Ja, die kann's, die Gundl,
das muß man ihr lassen, neulich, wie
er sie vom Tanzboden heimbrachte und
nur ein ganz, ganz klcincs Bussel ihr
geben wollte, da hat sie ihm mit dcr
diesen Hand gleich so in's Gesicht ge
patscht, daß es ihm jetzt noch weh thut,
wenn er daran denkt.
Uh je. das war a gehörige Wat
schen!" senfzt der Sternenfranzl und
hält sich unwillkürlich die rechte Backe.
Bon was für a Watschen sprichst
denn?" forscht's Wieschen und blickt
mitleidig zu ihm empor.
Natürli doch von der, die mir die
Kranzlgundel geben hat."
Und z'was braucht Dir denn d'
Kranzlgundl a Watschen z' geben?"
Na, wie i ihr letzten Sunntag a
Büffel gab."
Das gebt dem Wieschen aber doch
über den Spaß, zitternd vor Zorn
bleibt es stehen und stemmt die geball
ten kleinen Hände aus die Hüften.
- Schämst Di nit, schämst Di nit,
Sternenfranzl?" rnst es mit halber
stickter Stimme, dann reißt's ihm den
Korb mit der Wäsche weg und stürmt,
so schnell es seine Füße tragen, den
3 eq zur Trockcnwicse hinab.
Da wirst es sich in's Gras und weint
zum Gotteserbarmen.
Die Gundl hat er küßt, die Kranzl-
gundl hat er küßt," jammert cs immc
wieder, nu ist s aus mit all mei grcud
auf Erden. Wann 's nit so a Himmel
große Sünd' wär und nit gar so schrcckli
wch that, dann möcht i mir's Leben
nehmen. Jeffas Maria, Jeffas Maria,
wenn i doch sterben könnt."
Von dem Tage an ist's Wieschen
dem Franzl ausgemichen auf Schritt
und Tritt, und wenn es ihm doch 'mal
begegnet ist, so hat's nur ernst Grüß
Gott" oder B'HUt Gott" gefragt, aber
es ist nicht stehen geblieben, um ein
paar sreundliche Worte mit ihm zu
wechseln.
Erst bat dcr Franzl gethan, als ob er
sich nichts draus machte, doch bald hat
er gemerkt, wie gut er eigentlich im
Herzen dem Wieschen gewesen ist und
wie schön es war, wenn's ihm früher so
das Patschcrl nichte und mit der weichen
Stimme fragte: Wie steht's denn,
Franzl, D' schaust ja so müd und traun
aus, D' hast doch kein Kummer, der Di
drückt?"
Känz trostlos ist er geworden, wenn
er daran dachte, den Kopf hat er hängen
lassen, und auf dem Tanzboden, wo er
sonst nie gefehlt, hat er sich kaum noch
blicken lassen. Von der dicken Gundl
hat er auch nichts mehr wiffcn wollen,
und wie sie ihn neckte, daß er aus
schauen tbät wie a liebeskranke Kak'."
da hat er sie so barsch angcschriecn, daß
sie vor Schreck mit dem Millikiibel hin-
gefallen ist und sich beinahe die Hust
verrenkt halte. Ja, was ihm wohl ge
fehlt haben mag, dem Sternenfranzl?
Es ist am Borabend von St. Jo
hannis gewesen. Da gab's viel zu thun
im Waberhofe, denn der Bäuerin ihr
Schwestersobn sein Bub' hat am Jo
hannistag Hochzeit machen wollen mit
der flachshaarigen Annemarie ans der
Schanklmiihle. Da hat's flink Kuchen
backcn heißen, und 's Haus ist gründlich
geputzt worden vom Keller bis zum
Giebel hinauf, und die Kranzjungfern
haben im Wald Blumen gepflückt, um
für dcr Annemarie ihr Ehrentag"
Guirlanden und Kränze zu flechten.
In der Küche haben sie zusammen
gegessen, die übermüthigen Dirndl: die
Reste mit den braunen Zöpsen, die Loni
und die schmucke Bervcl, die große Tine,
di immer so schön hat erzählen können
und die Kordl mit den schwarzen Augen.
Beim Binden ist gelacht und geschä
lert, und Jede hat dabei an ihren eignen
Schatz gedacht und gewünscht, daß es
mit ihr selber auch erst mal so weit war
wie mit der Annemarie von der Schankl
mühle. 's Wieschen hat auch mitgeholfen,
aber es acbtcte aar nickt ans das lufiine
Gercd' seiner Freundinnen und blickte
nur immer still auf die Arbeit.
Bin narrifch k' yat der alte Waber!
bauer geschrien, als er von ungesahr in j
di Klich kam. waS haft denn da sür a ;
sonderbares Ding im Schoß? Ist das a
Kewind' wi man's für a sroh, junge
Braut macht? 's ist ja nix als Tannen
zweig' und weiße Rosen, und schaut juft
fo aus wi a Todtenkranz!
Ta ist'S Wieschen zusammengefahren
und bleich wie ein Tischtuch geworden,
dann hat s aber fchnell eine Hand voll ,
bunter Blumen genommen, recht viel durch einen niedrigen Wald, als plötz
gelbe, und kotde. und blaue, und bat sie ; lich die Pserde scheuten und dann in
überall in den Kran, gesteckt. Wie s j rasendem Galopp mit uns dahineilten,
damit fertig war. ist'S heimlich davon I Bald gewahrten wir auch die Ursache
geschlichen, und ist runterqelausen zum i deS cheuwerdens unseres Gespannes.
Zhalsteinerqeböft. wo sei Patheiden rechts und links vom Schlitten
wohnte. Abschied Hat'S von der nehmen tauchten, aus dem Walde kommend,
wollen, den morgen sollt'i ja schon, ein Rudel Wolf aus. welche uns laut
fort in die Stadt um sich da einen
Dienst zu suchcn.
Wie'S so dahingelausen ist wie ein
Wiesel, da ist plötziich dcr Franzl auf-
getaucht, gerad bei der Brücke am Wie-
senbach, einen Enzianstrauß trug er am
Hut uud sah so stolz aus als ob er scl
bcr ei Hochzeit wär.
Wo kommst denn her?" hat er just
wie damals gcsragt, und wie 's Wies
chcn schüchtern vor ihm stcht, hat er
ihn, d.n Weg versperrt und lustig ge-
meint: Dirndl, hier kommst nit vorbei
wann in nit a Bussel als Brückenzoll
krieg."
Blutroth ist das WicSchcn geworden
und ängstlich zurückgewichen, böse hat's
ihn dann angeblickt, und I brauch Dir
kein Zoll z'geden," hat's gesagt,, die
Brücken g'hört nit Dein, und 's kann
Jeder im Dörfli driibergchcn. Kannst
mir s immer verwehren wenn i aus d
andere Seiten will."
Meinst wirkli?" lachte der Sternen
franzl. Schau, schau, das hört sich
g'spaßig an! So komm doch 'nüber
wann Dn 'n Muth hast. Du klein's
Dingerl, Du."
Während er so spricht, ersucht's
Wieschen an ihm vorbeizuschlüpsen, der
Franl aber ist aus seiner Hut gewesen,
flink hat er den Arm um das Maderl
geschlungen und es herzhaft auf den
Mund geküßt.
Das Wieschen ist ganz still dagestan
den mit großen erschreckten Augen und
zwei dicke Thränen sind ihm langsam
Über die Backen geflossen.
,,Z' was weinst denn?" fragt der
Franzl erstaunt, hat's denn gar so
schlecht schmeckt, oder i hab Dir wohl
wch'than mit meine große, ungeschickte
Hiwd?"
Das Wieschen schüttelte traurig den
Kopf.
's ist nit das", versichert es und
wischt sich mit der Schürze o Thränen
ab, 's ist nit das, Franzl. Aber daß
D' mi für so a schlechte Dirn hältst, die
sich von die Mannsleut abbnsseln läßt,
daß hat mi so weh, so fürchterli weh
than."
Und wer hat denn g'sagt, daß i
schlecht von Dir denk?" meint der Franzl
und zieht ihr die Hände vom Gesicht
fort. Glaub's nit, Wieschen ; 's Best,
nur's Allerbest denk i von Dir. Schau
her, für wen glaubst denn, daß i heut
Morgen das Sträuße! Enzian da vom
Berg holt hab?"
Na, für d' Kranzlgnndl natürli",
hat's Wieschen geantwortet, das Lächeln
ist ihm dabei wieder aus dem Gesichtchen
verschwunden und 's hat versucht dem
Sternenfranzl davonzulaufen.
So, für d' Gundl?" sagt der
Franzl, denkst denn, daß i sür so a
dicke Mchlnudel bei die Sonneiihitz in's
K'birg stieg? Fallt mi nit ein! Für
Di ist's, Wieschen, für Di bin ich 'nauf-
kratzclt in der Früh, denn i hab wußt,
daß D' allweil den Enzian gern haft,
und i hab meint weil D' doch morgen
fort willst, da wollt i Dir a kleine
Freud' machen. Denn i hab Di lieb,
Wieschen, viel lieber als all d' reichen
Dirndl im Ort, und i hab Di fragen
woll'n ob ob ob D' mi auch a
klein bissel gern haben könnst?"
Franzl ! Franzl ". schreit's Wics
chen auf, kanns benn wirkli wahr
sein, daß D' mi lieb hast !" Die Arme
hat's ihm um den Hals geschlungen
und das verweinte Gesicht an seine
Brust gelehnt.
Laut aufgejauchzt hat der Franzl vor
Glück, 's Wicschcn hat er hoch in die
Luft gehoben und cs immer wieder auf
das herzige Goscherl geküßt.
Dann-sind sie heimgegangen in's
Dorf, gerad' Über den Briinnenplatz,
wo als die Madcrln und Buben beim
Wafferschöpfcn waren, und der Stcr
ncufranzl schaute stolz umher, ob's auch
alle sahen was für ein liebes Dirndl cr
als Schatz hatte.
Die dicke Gundl ist beinahe hinten
übergefallen wie sie die Beide gesehen
hat, das Gesicht verzog sie höhnisch und
meinte laut der Sternenfranzl würd's
noch hundertmal bereuen, daß er so a
Bettelbraut" sich ausgesucht.
Der Franz aber hat nur glücklich ge
lacht, denn er hat gewußt, daß sie vor
Neid am Bersten war, 's Wieschen hat
er fester an sich gezogen und ist schnür
stracks an der giftigen Kranzgundl vor
deimarschirt.
Im nächsten Frühjahr ist die Hoch
zeit gewesen. Eine liebe kleine Frau
ist ihm's Wieschen geworden und den
winzigen Sternenhof hat's so sauber
und blitzblank gehalten, daß es eine
wahre Frcube war, ihn anzusehen.
Oh, nein, der Sternenfranzl Hat'S
nie bereut, daß r's klein Wieschen
zum Weide nahm.
Jägerlatein
Meine Herren, ich werd Ihnen
ein mcrlwuroigesAbkntkuer mit Wölfen,
wclchcs ich in den Karpathen erlebte,
erzählen.
j An einem Wintertage suhr ich in
j Gesellschaft zweier mir unbekannter
j Herren in einem offenen Poftschlitten
i von N. N. nach 9J. N. na. die
Namen der One tbun nichts zur Sache,
Wir mochten eine Strecke von beiläufig
zwei Stunden zurückgelegt haben und
fuhren gerade im langsamen Trab
heulend vcrfolglcn. Rasch zog ich
meinen Revolver, um mich nöthigen
falls gegen dic Bestien zu vertheidigen.
So verging eine bange halbe Stunde,
als mit einem Male die Kräfte unsrrcr
Pfcrdc nachzulasscn begannen. Die
Wölfc hatten dann auch bald unseren
Schlitten eingeholt und umzingelt. Ich
gab auf eines der Thiere Feuer, ebenso
meine Reisegefährten, und drei Wölfe
wälzten sich im Schnee. Eben wollte
ich wieder auf einen derselben meinen
Revolver abschießen, als der größte
von den Wölfen, wahrscheinlich der
Anführer derselbcn, in unscren Schlitten
sprang.
Meine Herren, Sie werden mir
gewiß nicht in Abredc stellen, wenn
ich sage, es war dies ein höchst kritischer
Moment. Im erstcn Schrccken waren
wir auch gar nicht im Stande uns zu
vertheidigen, und es wäre dem Wolfe
ein Leichtes gewesen, mit nns fertig
zu werden. Doch merkwürdigerweise,
er that nichts dergleichen, er zeigte
nicht einmal eine böse Absicht.
Und jetzt meine Herren, das höchst
Originelle von der Geschichte, er gab
erst dem Einen, dann dem Anderen
meiner Reiscgefährtcn seine rechte Pfote,
Hierauf umarmte der Wolf abwechselnd
die Beiden, worauf cr sich nach einem
Pfotenhändedrucke wieder aus dem
Schlitten entfernte. Nun blieben die
Wölfe zurück and sahen uns nach, bis
wir infolge einer Siraßenbiegnng ihren
Blicken entschwanden.
Es drängte mich natürlich, von
meinen Begleitern Über das räthscl
haste Gebaren des Thieres Aufklärung
zu erhalten, da erfuhr ich nun, daß
die Bestie ihnen und mir deshalb nichts
gethan, weil diese sie für Perwandte
hielt. Meine Reisegefährten waren
nämlich Brüder und hießen: Wolf."
(in Salom.
Abdul Hamid ben Ali war ein weiser
und guter Regent. Sein Volk verehrte
ihn als einen gütigen und gerechten Ba
ter, und die schmierigsten Rechtsfälle
fanden ihre Entscheidung durch ihn,
wenn sie und das geschah regelmäßig
vor die Stufen seines Thrones gc
langten. Eines Tages traten Murad ibn Abner
und Muleyzwei Jünglinge in der Ju
gend schönster Blüthe, bor ihn und trn
gen ihm ihren Fall" vor.
Herr," begann Murad, wir sind
seit frühester Jugend die besten Freunde;
und nun droht unser Freundschaft arge
Gefahr, denn wir lieben Beide, Fatme,
die Tochter Deines Kämmerers: von ihr
laffen, können wir nicht und unsere
Freundschaft zerstören, wollen wir nicht
entscheide Du, Herr!"
Hm", sprach Abdul Hamid, wer
von Euch Beiden ist der Reichere, daß
er dem Mädchen ein ruhiges und schönes
Leben bieten kann ?
Wir sind Beide mit Gütern gleich
gesegnet, Herr und Gebieter," antwor
tete Muley.
Und wem ist Fatmc besser gesinnt?"
forschte der Richter weiter,
Erröthend schwiegen Beide.
Wohlan, so ruft mir Fatmc!" be-
fahl der Sultan seinen Trabanten.
Fatm erschien, schön wie der Tag
wenn er von der Sonne geküßt wird.
Tritt näher, Fatme," befahl der
Sultan milde. Tiefe beiden Jünglinge
werben um Dich wähle!"
Ach, Herr." sprach Fatme und ein
glühenber Blick traf die edlen Gestalten
der Werber sie stehen meinem Herzen
gleich nahe und ich will nicht, daß durch
mich ihre treue Freundschaft in Brüche
gehe."
Ter Sultan zog die Stirne kraus.
Dann glitt in Lächeln Über sein kluges
Gesicht.
Und r sprach: So hört! Murad und
Muley! Kennt Ihr ein noch stärkeres
Gesühl als die Liede zu Fatme?"
Ja, Herr," rief Murad rasch, die
Liebe zu Dir!"
Und Muley setzt warm fort: Wie
der Sonne Strahl, brennt die Liebe zu
Dir, o Herr, und wie das liebe Licht
der Sterne leuchtet in uns die Liebe zu
Fatme!"
Wohlan," entschied dcr Sultan, so
hört! Ich danke Euch für Euere Treue.
Und da sie größer ist, als die Liebe zu
Fatme, so werdet Ihr in dieser Euere
Herrin ehren, denn heirat hen
werde Ich sie!"
Anstinkt der Berftand.
Ein Abenteuer in meiner Eigenschaft
als Zauberkünstler, wie ich selbst weder
i vorher noch nachher eines erlebte, will
ich Ihnen doch zum Besten geben.
Auf einem Jahrmarkt stand meine
Bude direkt neben einer Menagerie
nur durch gespannte Tücher von einan
der getrennt. Ein Gitlerlafig mit einer
Riesen-Boa Eonstrictor stand in nach
ster Rahe meines Arbeitstisches, auf
welchem ich meine Produktionen aus
übte. Gab ich nun eines meiner Haupt
lunftstücke zum Besten, welches darin
bestand, daß ich ein paar Lapins aus
meinem Cylinder hervorzauberte, so sah
ich ost zwischen einer zurückgeschobenen
Zwischenwand die Augen der Schlang.'
mit lüsterner Begierde stechend aus mich
gerichtet.
Eines AbendZ wer beschreibt mein
Entsetzen! sehe ich nach Geschäfts
fchlusz. wie die Boa ihrem Käfig entron
nen war und. vor mir liegend sich an
schickte, sich an mir auszurichten. Hilfe
war keine in der Räh so galt S, sich
selbst zu ntten.
Rasch griff ich nach meinen Lapins
und bot sie der entsetzlichen Schlange
doch, o wch, vergeben! Mit einem
Ruck ihres Oberkörpers schleudert sie dic
Thicrc von sich und umschlingt mich mit
ihrcii Windliiigcu höher und höher.
Ach glaubte an mein Ende. Schon
überragt sie mich da sühlc ich mit
einem Male, wie mit der Eiilindcr vom
Kopfe ganz sanft gciiommcn wird und
wie sich die Windungen der Schlange
von meinem Körper lösen. Und was
schc ich nun? Mcincn Eylinder im
Rachen, schlüpft sie selbst wieder in
Kasten, sich und ihren Raub in Sicher
heit z bringen. Das kluge Thicr
hatte die Hase verschmäht und sich in
den Besitz der Quelle gesetzt, die sie ach
ihrer Anschauung für unerschöpflich
halten mußte.
Heidentod.
Der preußische General von Borstel
hatte beschlossen, bie in ber Hand der
Franzosen befindliche Festung Wesel,
in der Nacht vom 24. auf ben 25. Dez,
1813 zu überrumpeln. Alle Borberci
hingen waren getroffen, ein Plan der
Fcstung befanb sich in ber Hanb des
Generals. Ganz in der Stille rückte
daS Korps gegen Abend vor dic Festung.
Jcdcr Soldat war mit einer Faschine
versehen, um die Gräben auszufüllen.
Um Mitternacht begann der Anlaus,
und anfangs ging Alles glücklich. Nach
dem schon mehrere Hindernisse Überstie
gc waren, kam man an einen Graben,
der, ungeachtet aller hineingeworfenen
Faschine, nicht ausgefüllt werden
konnte. Ta bekam eine Ordonnanz des
Generals, ein Ulan, den Befehl, leise
hineinzutreie, um zu erforsche, ob es
nicht möglich sei, hindurch zu wate.
Der Ulan reitet vor, sinkt jedoch bald
im Schlamme unter, und im Sinlen
winkt er, ohne einen Laut von sich zu
geben, ohne sein Thicr herumzureißen
und sich dadurch zu retten, nur mit der
Hand, zurückzugeben, was von den am
Boden liegenden Beobachtenden deutlich
bemerkt wurde. Hätte cr das geringste
Geräusch gemacht, so wurden die unweit
stehenden Schildwachen es gehört und
er das schon zu weit vorgedrungene
Korps in die größte Gefahr gebracht
haben. Seelengroß opferte er sich selbst
für die Erhaltung der Kameraden.
Das preußische Korps ging still und un
bemerkt zurück, und von Borstel mußte
den Plan, Wesel auf diese Art zu ueh
rnen, ausgeben.
Der gerupfte Hase.
Frau Dr. Vogcl in Magdeburg hatte
einen Hasen gekauft. Das Küchen
Mädchen, welches aus Pommern stammt,
sollte ben seiften Angehörigen bcr Fa
milie Lampe zum Braten fertigmachen.
Tu weißt doch, wie cs gemacht mird,
Riete?" fragte die Hausfrau. Wat
soll ick bat nich weiten!" meinte der
dienstbare Geist beleidigt und ging mit
dem Thiere ab. Als bie Hausfrau sie
nach einiger Zeit in ber Küche aufsuchte,
hatte Ricke ihrcn Lampe zwischen bie
Knicc geklemmt und rupfte ihn wie eine
Gans. Tat is 'n flicht Arbeet, so'n
Diert to nippen. Aewer de Hoor
möten doch runner!" meinte sie, als sie
das erstaunte Gesicht ihrer Herrin be
mertte. Ungelegen.
Fräulein (zu einem Reisenden, der
von seinen Erlebniffen in Asrika er
zählt): Ist Ihnen denn in der Wüste
nimals ein Löwe begegnet. Herr
Spätzle?"
Reisender: Ein einziges Mal; aber
ich zeichnete gerade und hatte deßhalb
keine Zeit, mich mit ihm abzngeben!"
5tark beduselt.
Herr: Was soll denn die alte Näh
Maschine da in der Hausflur?"
Hausknecht: Die haben der gnädige
Herr gestern Abend aus bem Wirths
Haus heimgebracht. Dafür haben Sie
aber Ahr Velociped stehen laffen!"
urz.
Was ich höre, Herr Mannstein. Ihr
Neffe reist nicht mehr für Sie?"
Nein, ich hab' jetzt einen anderen
Reisenden."
Was hat Sie denn veranlaßt zum
Wechsel?"
Ein Wechsel!"
Anspielung.
Lehrer: Heute sind wir in der N a
t u r g e s ch i ch t e bei der Gans ange
langt, . hat vielleicht Jemand von Euch
ine bei sich?"
Aus dem Gcrichtsiaal.
Richter: Sie haben die Dame erst
angebettelt, bevor Sie ihr das Geld
täschchen raubten '."
Angeklagter: Freilich, Herr Amts
richter ich hätt' ja sonst nicht ge
wußt, wo's steckt!"
Ganz egal.
Sie werben um meine Tochter.
Herr Lieutenant ja können Sie sie
auch ernähren ?"
Na, Herr Eommerzienralh. i ch s i e
oder sie mich das ist unter Ehe
kameradcn doch ganz egal!"
Z?enacktteilizt.
Straßenraub (der bei einem Rei
senden, den er ausgeplündert, auch eine
auittirte Hotelrechnung findet): Wie,
solch' eine unverschämte Hotelrechnung
bezahlen Sie!.. Wiffen Sie. daß
Sie mich dadurch mindestens um 20
Mark gtichädigt haben 5!"
Deutlich,
Erster Hochzeitsgnst: So, Kinder,
jetzt singen wir 'mal ein gemcinsamcS
Lied; was denkt ihr von .Freiheit, dic
ich meine'."
Zwciter Hochzeitsgast: Nein, das ist
nichts; der junge Gatte muß doch auch
mitsinge.könneii."
9liit.
' Herr Meyer (bet über ein Hilfeisen
gestolpert ist): 's ist doch was d'ran,
baß so ein Hufeiseit Glück bringt
jetzt hätt' ich Arm und Bein zerbrechen
könne, und zerreiß' mir nur die Hose!"
Ividersxruch,
Also dcr Sherr Staatsanwalt Iliii
wegen Betruges ein Jahr. Gcsängniß
gegen feie Beantragt, neun leugnen
Kiv hnrh niifit VAnner nlitit kirnen in
doch nichts. Haben Sie die Strase ver-
oiem ooer nicyi k
Ehrlich erdient, Herr Vorsitzen
der." Ebenso gt,
Richter: Sind Sie schon vorbc
straf,?" Angeklagter: Nein, aber verhei
rathet." , ?Ireg ach ülafz.
Sie: Siehst Tu, Karl, Dein
Freunb versichert seiner jungen Frau
mindestens zehnmal täglich, wie sehr er
sie liebt und Tu sagst es mir kaum
einmal so im Vorübergehen."
Er: Ja, das ist ach ganz etwas
anderes dessen Frau bekam auch zelm
Mal so viel mit!"
Ganz gleich,
Fräu: Wir können Niemand mehr
etwas bezahlen, und dennoch willst Du
diesen berühmten, theuren Arzt konsul
tiren?" Mann: Nun, daS bleibt sich doch
Schnuppe, ob ich 'nein berühmten oder
'nem unbcrühmten Arzt 's Geld schuldig
bleibe?!"
Vor Gericht,
Richter: Der Angeklagte hat Sie
.Kameel' genannt, als Sie ihn arretir
ten, da war er gewiß betrunken?"
Zeuge (Schutzmann): I bewahre; er
hat ganz vernünftig gesprochen!"
Das höchste.
Verliebter: Ach, Fräulein Klärchen,
Ihnen zu Liebe könnte ich Bureaube
amter werden, blos um auch am Tage
von Ihnen träumen zu können."
Kurzes Vergnügen,
Herr: Hat das Fräulein das Bou
quet mit Freuden aufgenommen?"
Dienstmann: Ja! Aber die Plaisir
hat nit lang' 'dauert! Ihr Alter is
dazu komm'n un' hak ihr eine 'nauf
g'haut.". Der Klügere giebt nach,
Ah, schon wieder die Ehre, Sie
sagten doch, Sie wollten in der anderen
Richtung reiten."
Wollte ich auch, hatte aber kleine
Meinungsdifferenzen mit dem Pferd,
nnd als der Klügere mußt' ich doch na-
türlich nachgeben."
Wie man spricht,
Prüfet alles und das Beste behal
tel!" dachte dcr Einbrecher, da nahm er
aus dem Geldschrank nur die Tausend
markscheine mit.
?chlauk!ixfche.
Die kleine Alice hat sich auf den
Knicen eines jungen Manncs bequem
gemacht, der sich bemüht ihrer älteren
Schwester den Hof zu machen; plötzlich
fragt sie denselben: Habcn Sie Geld?"
Gewiß. Alice."
Recht viel Geld?"
Jnteressirt Dich denn das so sehr?"
Ja. ich möchte nur gern zehn Mark
verdienen, meine Schwester sagte ge
stern, sie würde zehn Mark geben, wenn
sie wüßte, ob Sie reich sind."
Gemüthlich.
Frenidcr: .Bitt' schön, wann trifft
denn der Abendzug hier ein?"
Stationsdiener: Ja., so um a
achte 'rum timmt er gern!"
Ein glückliter ffis.
Vorstand der Jury einer Biehaus
stellung: Ihr Ochs. Stoppelbauer,
hat den ersten Preis bekommcn!"
Bauer: Das muß i' ihm gleich
sage der wird a' Freud' habe!"
I Der Friedenssiifter,
j A.: . . . Wir haben uns ja solange
nicht mehr gesehen was haft Tu denn
j getrieben
B.: Za. weißt Tu, wie ich neulich
i beim Schreiner Hobel drüben war, prü
gcllcn sich der Mcistcr und seine Frau.
Ich wollte sie auseinanderdringen: da
i haben sie mich wetzen Hausfriedens
bruch verklagt, und ich mußte daiür
drei Wochen sitzen!"
in alfirfliaVr Gatte.
Eommerzienralh. (soeben geadelt,
ins Zimmer stürzend!: Tenl' Tir.
Rosalie A h n s r a u bist Te gewor
den!" 2?eim plvloaraxbeii,
Fräulein: Ist mein Bild auch recht
hübsch geworden?"
Photograph: .Na. ich sage Ihnen,
daaeaen find Sie ieim
!sal!"