Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, January 30, 1896, Image 12

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    IVtcitt erster lafc.
Humoreske oon M, D. BadinSki,
Wie alle Menschen ihre Fehler und
Schwächen haben, so haben auch alle
W!eschen einen mehr oder weniger ent
wickelten Sin sür diese oder jene Lieb
habem, für diesen oder jenen Sport,
bei Nllen findet nian einen Trieb nach
Lust und Zerstreuung.
Bor allen anderen Liebhabereien, die
auch meinen jugendlichen Sinn ersüll
ten, war ich am meisten sür das Waid
werk beseelt.
Schon in meine, fünfzehnten Lebens
jähre war ich in der Schiesjkunst soweit
vorgeschritten, dasi ich beim Schießen
nach der Scheibe aus zwanzig Schritt
Distanz mit einer Ladung Pogeldunst
stets sicher das Eentnim fehlte.
Bon SpaKen und Krühen war ich sehr
gefürchtet. Bon letzteren ist es nur
zwar niemals gelungen, ein Exemplar
zn erlegen, doch tröstete ich nch, wupe
ich in doch, da traben Pulver riechen
An meinem sechzehnten Geburtstage
hatte mir mein Vater ein neues Gewehr
zum Geschenk gemacht und zwar in Ge
statt eines Vorderladers vom besten Ka
liber. Ich hatte mir vorgenommen, den
ersten Schuß auö meinem neuen Ge
wehr bereits an meinem Wiegenfeste
zu thun nd gleichzeitig einen selbster
legten Hascn zur Feier des Tages zu
beschaffen. Da jedoch die Hascn nicht
zahm herumlaufen und ich den festen
Borsaj, faßte, die Mittagstafel mit
einem selbsterlcgtcn Hasen zu vervoll
ständigen, so musste ich, falls ich meinen
Zweck erreichen tvollte, auf alle Fälle
sicher gehen.
Ich hatte bor etwa einem Jahre das
Glück gehabt, einen Junghasen einzu
fangen, welchen ich in einem abgcschlos
jenen Raum mit Kohl und Rüben ver
pflegte. Zu meiner Freude konnte ich
bald beobachten, wie Meister Lampe stch
von Tag z Tag immer Niehr mehr ent
wickelte. Nunmehr war der Höhepunkt
seiner Körperfülle und seines Wachs
thurns erreicht, und so beschloß ich denn,
zur heutigen Feier meinen Meister Lang
ohr zn opfern. Selbstredend wollte ich
ihn eines ihm würdigen Todes sterben
lassen.
Zu diesem Zweck ergriff ich ihn, be
festigte eine längere Schnur um seinen
HalS, brachte ihn ins Freie und band
ihn alsdann an einem Baum sest. Nach
dem ich mein Gewehr herbeigeholt und
mit einer starken Ladung Schrot und
Pulver versehen hatte, stellte ich mich
auf zehn Schritt Distanz schußbereit hin
und Gewehr, nu thue deine Schul
digleit, mit diesem Schuß sollst du mei
neu armen Lampe aus seiner schmach
vollen Gefangenschaft befreie, mit
diesem Echuß sollst dn ihm einen ehren
vollen, eines Hasen würdigen Tod geben,
mit diesem Schuß sollst du die Weihe
empsangen.
Batcr, Mutter und Geschwister stan
den in nächster Nähe und erwarteten den
schauerlichen Moment, wo sich Meister
Lampe in seinem Schmeiße wälzen sollte.
Auch die Köchin hatte sich, mit einem
Messer bewaffnet, eingesunken, um Mei
ster Lampe nach vollbrachter That das
Fell über die Löffel streifen zu tonnen.
Ich selbst war vollständig gefaßt, mit
einer Seelenruhe, über die ich selbst
staunte, legte ich an, zielte und paff
mein Lampe war nicht mehr.
Nachdem sich der Pulverdampf gelegt
und ich sicgesgcwiß nach der Stelle eilen
wollte, wo ich Meister Lampe todt
wähnte, erscholl hinter mir ein homeri
sches Gelächter, was mich bewog, ruck
wärts zu schauen. Verschiedene Arme
sah ich nach einer Richtung deuten, ich
folgte unwillkürlich derselben und sah zu
meinem nicht geringen Erstaunen mei
nen todtgcglaubten Lampe, mir einen
weißen Punkt zukehrend, welchen er anf
und abwippcn ließ, hinter einem Hiigcl
verschwinden.
Mein Batcr kam lachend aus mich zu,
reichte mir beide Hände und brach in die
mir unvergeßliche Worte aus:
Junge! Dieser Schuß war ein
Meisterschuß, denn wahrlich ich sage
Dir, nicht vielen guten Schlitzen wird
es gelinge, einen gleichen Schuß zu
thun!" j
Wie alles Unerreichbare oder nicht
Erreichte uns den Besitz desselben erst
recht bcgchrenSwerth erscheinen läßt, und
wir weder Gefahren noch Strapazen
scheuen, um in den Besitz desselben zu
gelangen, so erging 3 auch mir nach
jenem vcrhängnisivollcn Schuß.
Bei meinen Geschwistern und Be
kannten wurde ich nach dieser Begeben
heit oft der Zielpunkt verschiedener
Neckereien. Selbstredend trugen solche
auch nicht wenig dazu bei, mein Ber
langen nach nennenswerthcr JagZbeute
zu Ileigern.
Wochen waren veraanaen. der Win
ter kam ins Land gezogen nd noch im-!
mer waren meine Streifereien, die ich
öitcrs aus Wild machte, resultatlos ad-
gelaufen
Eines Abends, eZ war Schnee ge
fallen, ging ich wiederum in den Wald
auf den Anstand. Diesmal rechnete ich
auf Erfolg, zumal ich einige Abende zu
vor eine Anzahl Hasen beobachtet hatte.
Einige stunden hatte ich aus meinem
Posten erharrt, doch schien mir auch '
heute das Glück nicht hold zu sein. ES
war bitter kalt, betrübt und mißmuthig
machte ich mich auf den Heimweg.
Kaum war ich einige hundert Schritt j
gegangen, als ein lonoervares läge
aesörei an mein Ohr drang. Erstaunt
wandte ich meine Schritte dieser Ziich-
tung zu, wo die Klagktöne sich immer
lauter und schneller wiederholten.
Einige Minuten später war ich der
betreffenden Stelle so nahe gekommen,
daß ich in der Dunkelheit einen Gegen
stand zu unterscheiden vermochte, welcher
unter kläglichem Geschrei sich auf der
Erde herumwälzte, zeitweise auch, einem
Gummiball gleich, etwa einen Meter
hoch auf und ab hilpste. Je näher ich
kam, desto rasender wurden die Schwin
gungen und lauter und kläglicher das
Schreien.
Mein Erstaunen wurde immer größer,
ein unheimliches Gefühl beschlich mich,
als ich sah, daß der Gegenstand keine
Anstalten machte, Fersengeld zii neh
inen. Da nun aber jedes Ding ein Ende
haben ttinß, faßte auch ich den Ent
schluß, dieser sonderbaren Sache ein
Ende zn machen. Schnell riß ich mein
Gewehr von der Schulter, legte an,
zielte und drückte los. Ein Blitz, ein
Knall, und unbeschreiblich war mein
Empsinden, als das Ding nunmehr in
langen Sätzen davon stürmte und zwi-
schcn den Bäumen verschwand,
Obwohl es mich reizte, dieser sonder
baren Erscheinung nachzuforschen, mußte
ich meine Ungeduld zügeln. Die Dun
kelheit nahm mehr und mehr zu, und
meinAuge vermochte keinenGegenstandzu
unterscheiden. Ich merkte mir den Ort
und den betreffenden Baum, unter wel
chcm ich die Scene beobachtet hatte, und
ging nach Hause. Am andern Tage
machte ich mich bereits in aller Frühe
auf, nahm mein Gewehr auf die Schul-
ter und eilte an den betreffende Ort,
m nunmehr der sonderbaren Sache
aus den Grund zn kommen.
Am Ziel angelangt, fiel mir die stark
beschädigte Rinde des Baumes auf, un
ter welchem ich die gestrige Scene bcob
achtet hatte. In dem aufgewühlten
Schnee vermochte ich deutlich Abdrucke
zu nntcrschcidcn, welche von einem Ha-
sen herrührten. Bei näherer Unter
suchung fand ich auch, daß an dem Baum
eine Drahtschlinge befestigt war, deren
Ende fehlte.
Nun konnte ich mir den ganzen Zu
sammenhang leicht erklären. Meister
Lampe war in eine ihm gelegte Schlinge
gerathen, und wiederum hatte ich durch
mein Dazwischenkommen, und durch
meine unnachahmliche Kunstfertigkeit im
Schieße, einen armen Lampe ans den
Klauen des Todes errettet.
Obwohl diese Heldenthat recht groß
gewesen sein mag, beschloß ich doch
darüber gegen Jedermann zu schwelgen.
Hatte ich doch schon unter den Folgen
meiner ersten That zu leiden.
Innerlich meine eigenartige Kunst
ferligkeit verwünschend, verließ ich den
Thaiort und schlenderte gedanlcnlos
weiter,
Auf einmal stutzte ich.. Ein Hase kam
direkt auf mich zugelaufen, Pflanzte sich
etwa fünfzehn Schritt von niir entfernt
auf und betrachtete mich mit seinen
Glotzaugen, offenbar meine Nähe nicht
witternd.
In iicr Angst, den Hasen z ver
scheuchen, wagte ich nicht, mich z bette
gen. Mein Gewehr hielt ich unter dem
Arm. Behutsam, ohne meine Stellung
zu ändern, richtete ich den Gewehrlaus
auf den Hasen, suchte mit der linken
Hand den Bügel, legte den Zeigefinger
auf den Druck und gab, das Gewehr
noch immer unter dem rechten Arm hal
tend Feuer. Meister Lampe raffte sich
auf nd lief, soviel ihn seine Läufe tra
gen konnten. Zu meiner Freude be
merkte ich aber, daß er anfing einen
Kreis z beschreiben, und endlich in der
Nähe eines Grabens zusammenbrach.
Diesmal hatte ich, da mich keine Schnur
und kein Draht daran hinderten, Ivirk
lich einen Hasen getroffen.
Ich eilte um ihn zu ergreifen. Doch
kaum daß ich nieinen Arm nach ihm
ausstreckte, erhob er sich wieder, und
suchte schleunigst Über den Graben zu
setzen. Ich kam ihm jedoch zuvor,
einige wohlgezielte Hiebe mit dem Gc
wchrkolbcn streckte ihn nieder.
Stolz wie David, als er Goliath er
schlug, faßte ich meinen erbeuteten
Lampe bei den Löffeln und schleppte ihn
heim.
Zu Hause angekommen, warf ich
meine erlegte Beute prahlerisch ins
Ziinmer, legte mein Gewehr achtlos bei
reite, und ging hinaus, um m der
Küche meine Hände zu waschen
Als ich wieder ins Zimmer trat, sah
ich meinen Batcr mein Gewehr bctrach-
tend am Fenster stehen. Nun Vater,
redete ich ihn an, ein kapitaler Hase,
nicht wahr?"
Ja, mein Sohn, ein recht theurer
Hase sogar.
Was meinst Tu damit, Vater?
Glaubst Tu etwa ich habe ihn aus einer
Wildbandlung gekaust? Nach einer sol
chen dürste ich wohl in unserer weltver-
gelsenen Cede vergebens suchen.
Nein, mein Sohn, dieser Gedanke
war mir
gar ,nicht gekommen; aber
willst Tu Dir 'mal Dein Gewehr an
sehen?"
Ein Blick auf mein Gewehr hatte mir
den icinn meines Paters ertlürt ! Der
Kolben hing lose, nur durch den Bügel
mit dem Lauf und Schloß zusammen
gehalten. Auch das Schloß war voll
standig unbrauchbar geworden.
In meiner Aufregung halte ich auf
den Hasen mit dem Kolben tapfer los,
geschlagen, ohne an die Möglichkeit zu
denken, mein Gewehr dadurch zu be
schädigen. Nun hatte ich die Be
idjeening! Ter Hase wurde m der That
recht theuer,
Um das Maß recht voll zu machen,
erschien auch meine Schwester auf der
Bildflüche. Als sie den Hasen erblickte,
steuerte sie direkt auf ihn los. Doch
kaum daß sie ihn berührte, brach sie in
ein schallendes Gelächter aus. Sie nach
der Ursache ihrer großen Hkiterkeit lc
fragend, zeigte sie stumm auf den
Hafen.
Auch hier erklärte mir ein Blick auf
diesen, die Ursache ihrer Heiterkeit.
Eine mir nur z sehr bekannte Schnur
war an seinem Hals befestigt und kurz
hiiiter dem Knoten abgerissen. Es war
in der That mein Freund Lampe, den
ich vor einigen Wochen ans seiner Ee-
sangenschast befreite.
Das Schicksal hatte ihn nn doch et-
eilt, das Gewehr das ihm die Freiheit
gab, hatte ihm nun auch den Tod ge-
gebe.
Mein Geivehr war vollständig un
brauchbar geworden. Doch hatte es ja
seine Schuldigkeit gethan, gab es mir
doch den ersten Hasen.
Das Lnde eines Romans.
Aus den Aufzeichnungen einer iCithue.
Ich lernte Reinhold Lobe aus dem
Kasinoballe kennen. Er war damals
einundzwanzig Jahre alt, ein schlanker,
eleganter Mensch; mir erschien er als
der schönste, den die Erde tragen könne.
Kaum hatte er mich zu einem Walzer
engagirt und die ersten zehn Worte mit
seiner klangvollen Stimme zu mir ge
sprochen, so war auch meine ganze Seele
sein. Ich weiß und fühlte schon in der
ersten Stunde unserer Begegnung, daß
fast alle jungen Mädchen auf dein Ball-
laale imch um die Huldigungen beneide
ten, die Reinhold mir zu Theil werden
ließ. Er sprach gewandt und gewählt
und tanzte wundervoll.
Wer ist er denn?" fragte meine an
wesende Mutter, als ich ihr nach dem
Tanze mein Entzücken nicht zu verhehlen
vermochte, etwas mißtrauisch. Er hat
die Manieren eines jungen Lebe
mannes, also muß er nach seinen Per-
hältnissen doch auch die Mittel dazu
haben, "
Sie ruhte nicht eher, als bis sie
Näheres über ihn erfahren hatte. Rein-
hold war als Boluntair in das erste
Bankiergeschäft der Stadt eingetreten;
er sei der Sohn einer wohlhabenden
Familie, die irgendwo ein Landgut be
sitze. Was kümmerte all' das mich?
Ich sah nur die Person mit ihren offen
baren gesellschaftlichen Vorzügen an
und war so hingerissen, daß ich mir die
Stimme meines Herzens hörte. Die
erste Liebe hatte mich erfaßt mit all
ihrem, Zauber, mit ihrer göttlichen oder
dämonischen Gewalt. Aber je freund-
Iicher Reinhold im Laufe des Abend,
mit mir sprach und je mehr er mich an
deren Mädchen vorzog, desto mißtrau!-
scher zeigte sich meine Mutter, nur am
Schlüsse des Balles warnte sie mich
vor allen Folgen meiner Unerfahren
heit. Ich habe nichts dagegen," sagte sie,
daß ein jiinger Mann eine Dame in
sein Herz einschließt, aber erst muß er
doch etwas sein, ehe er ihr den Hof
machen darf."
Zum ersten Male regte sich in mir
der Gedanke der Auflehnung gegen das,
was ich für Egoismus und vorgefaßte
Meinung hielt. Was hatte denn der
junge Mann Unrechtes gethan? Abso
lut gar Nichts! Er hatte mich gebeten,
ihm Gelegenheit zu einem Wiedersehen
zu geben, und da meine Eltern nur
warnten, ohne dem Gefühl das Ge
ringste einzuräumen, so sah ich Rein
hold heimlich, und zwar öfter, bis es
doch offenbar wurde. Da behandelte
man mich wie eine große Verbrecherin.
Ich konnte mich nicht mehr frei bewegen.
Immer hatte ich Begleitung, imner
wurde ich bewacht. Mein Vater hatte
ausgekundschastet, daß Reinhold Lobe
keineswegs eine reiche Familie habe.
Nur eine Mutter und Schwester besitze
er noch und zwar nicht in glänzenden
erhaltni icn; es scheine, als wenn der
junge Mann, der so glänzend auftrete,
diese Beiden aiisbeute.
Unterstehe Dich nicht, noch irgend
welche Verbindungen mit solchem ge-
sährlichen Menschen zu unterhalten!
sagte meine Mutter.
Warum sollte denn Reinhold ein ge
fährlichcr Mensch sein? Man that ihm
Unrecht, das war meine feste Ueber-
zcngung. Man verdunkelte ihn, mir
erschien er strahlend hell. Ich war und
blieb verzaubert, und er wurde in die
Opposition förmlich hineingedrängt.
Da er mich weder in Gesellschaft, noch
Abends sehen konnte, verließ er einige
Male das Geschäft zur Zeit der Ar
bcitsstunden, wodurch er sich Unzusrie
dcnhcit seines Prinzipals zuzog. Das
war der erste Stein, den man ihin in
den Weg schleuderte.
Eincs Tages kündigte mir mein Ba
ter plötzlich an, daß er mich zu seinem
Bruder, einem Landwirthe in Ost
Preußen bringen wolle, dort solle ich die
Wirthschaft" lernen. Man wollte mich
wegschaffen und ich mußte gehorchen.!
Aber vorher fand ich noch Gelegenheit.
Reinhold zu sehen und ihm meine
Adrcffe mitzutheilen. Wir verabrede
ten, uns oft zu schreiben. Als ich von
ihm Abschied nehmen mußte, zerfloß ich
in Thränen.
In meinem neuen Aufenthaltsorte
erhielt ich nur einen Brief von Reinhold
ans der allen Heimath, dann waren
seine Briefe aus Wien datirt, wohin er
gegangen war.
Ich hatte darauf daS große Unglück.
daß mein Vater starb. Nach der Be-
ftaitung kehrte ich zum Onkel zurück.
Vierzehn Tage später bemerkte ich plötz
lich einen junge, elegant gekleideten
Mann in den Umgebungen des Gutes
umhergehen und scharf nach allen e
ten auslugen; ich erkannte Reinhold
und gerieth in eine fieberhafte Auf
regung. Der Aermste hat die weite
Reise gemacht, um mich wiederzusehen!
Ich hastete hinaus, ihn zu begrüßen.
Was kümmerte es mich, ob ich gesehen
wurde oder nicht? Die Liebe hat auch
ihre Rechte. Ich hing am Hai e des Ge
liebten und weinte Thränen der Freude
und des Leides. Aber der Onkel kam
dazu und behandelte den jungen Mann
so schroff, daß ich in Zorn gerieth und
meine Empörung aussprach.
Die Folge war, daß Onkel 'mir die
Gastfreundschaft aufkündigte. Ich ging
wieder zu meiner Mutter. Hier fand
ich die Verhältnisse nicht mehr so
günstig wie zu Lebzeiten des Vaters; eö
waren Schulden vorhanden gewesen, die
hatten bezahlt werden müssen und eS
war wenig übrig geblieben.
Die erste Liebe behauptete trotz allem
ihr Recht. Reinhold Lobe erschien
eines Tages wieder und bat nun
um meine Hand, und meine Mutter gab
den Kampf auf. Ich wurde, mit einer
nur dürftigen Ausstattung, Rcinhold's
Frau und nach Ablauf von zwei Mo
naten so lange dauerte es bis zur
Erledigung aller Formalitäten zog
ich mit ihm nach Wien. Der Aufent
halt in meiner Heimath hatte ihm viel
Geld gekostet und er hatte keine Stel
lunq mehr. Indeß sund er endlich
wieder eine solche; nur war er, wie er
mir eine Zeit lang zu verhehlen gesucht
hatte, in Schulden gerathen. Ich suchte
durch Sparsamkeit auf allmähliche Per
be lerunq unserer Lage hinzuwirken und
durch lebe Bethätigung meiner Liebe den
mir 0 theuren Mann in alualiche
Stimmung zu vcrsctzen. Um meinet-
willen, um seiner Treue willen war er
a in diese Lage gerathen! Das Einzige,
was ich an ihm hatte aussetzen können,
war sein Hang zu einem qcwiffcn Lurus,
er war nicht an Entbehrungen gewöhnt
iind lebte gern aus dem Fuße wohb
habender Leute.
TieWaage unscresSchicksals schwankte
hin und her, es ging schlechter und des-
ser. Reinhold erhielt eine neue Anstel
luiig bei einem Bankier in Temesvar,
der ihn seines Vertrauens würdigte.
Wir hatten ein Söhnchen, das den Hirn
rnel meines Lebens ausmachte. Oft
unternahmen wir Ausflüge in die nähe
ren und weiteren Umgebungen der Stadt
und freuten uns an der Freude unseres
Kleinen, Es entgkng mir jedoch nicht,
daß Reinhold nicht selten Anfälle von
Verstimmung hatte; mit finsterer Stirne
kehrte er aus dem Geschäft heim und es
bedrückte mich, daß ich den Grund feiner
Unzufriedenheit nicht erfahren konnte.
Ich suchte diesen in mir selbst und in
einer Veränderung der Neigung Rein
hold's und obschon ich bestrebt war,
meine Liede zu verdoppeln, erfüllte mich
die Besorgniß. daß eine Zeit kommen
könne, wo ich Reinhold nicht mehr glück
lich zu machen vermöchte, doch mit Weh
muth und Angst.
Als die givßen Bankierbankerotte in
Deutschland ausbrachen, stieg Reinhold
Unruhe in einer Weise, die mich peinigte
Einmal kam er Mittags mit ganz ver-
stortern Gestalt nach van e.
Wir müssen fort," sagte er, binnen
zwei Tagen! Frage nichts! Bereite Altes
rasch vor! Packe zwei Kojser mit Kiei-
dein, 'Wasche und f lernen Werthsachen,
und dann fort fort!"
Ich fragte auch nicht, denn ich sah es
meinem Manne an, daß er tics Unglück
lich war und daß eine große Gefahr
nahte. Mit stummem Weh packte ich
unsere nothwendigsten Suchen ziisain-
men und am zweiten Tage, als der
Abend schon dunkelte, fuhr Reinhold
mit einem Wagen vor. !iasch wurden
die Koffer aufgeladen. Mit förmlicher
tficberetle schob er mich und das Kmd
in den Wagen und fort ging es, nach
dem Bahnhöfe. Wir fuhren nach Or
sowa. Was weiter geschehen sollte,
wußte ich nicht.
In Orsowa rasteten wir und Rein
hold ließ unsere Sachen zu einem To
naudanipfer vorausgehen. Tan gin
gen auch wir. Ich athmete förmlich
auf, als ich die LandungSbrücke betreten
hatte. Nur Reinhold konnte noch nicht
die nöthige Ruhe finden; er blickte im
mer mit unstäten Augen auf die gluth
hinaus und wartete auf den Dampfer.
Da nahte sich ein Gensdarm. Reinhold
starrte auf ihn und stützte sich auf das
Geländer, als fehle ihm die Kraft, sicher
zu stehen. Ter Beamte sprach einige
Worte mit dem StationSwärtcr und
bewegte sich dann nach meinem Manne
hin. Ich sah noch, wie dieser eine jähe
Wendung machte und sich einen Schwung
gab es flimmerte mir vor den Augen
und mit einem halblauten Rufe sank ich
zu Boden. Eine tiefe Ohnmacht kam
über mich
Als ich wieder zu mir kam, befand
ich mich im Wirthshaus und das Kind
umklammerte mich mit seinen zitternden
Händchen. E? war Alles aus. Rein
hold war in die Tonau gesprungen und
hatte nicht gerettet werden können.
Nachmals erfuhr ich, daß der Bänke-
rott feines früheren Ehcss ausgcbrochcn
und daß Reinhold durch Fälschungen
mit in das verbrecherische Getriebe ver
strickt gewesen war.
Der Traum meine? Glückes war vor
über. roßderro tse.
Von einem Warnemünder Lootsen j
wird uns folgende hübsche Anekdote
über den Großherzcg Friedrich Franz
dem Zweite von Mccklcnbiirg-Schwe'
rin erzählt: Der Großherzog liebte es
sehr, incoguito im Lande z reisen und
sich ungezwungen mit dem Volk zu un
tcrhaltcn. Einmal kommt er auch nach
Warneinünde und nutcriiiinmt eine
Spazicrsahrt in der Jolle des Lootsen.
Auf das Gemüthlichste unterhielt er sich
mit der biederm Blaujacke über alles
Mögliche und am Schluß der Fahrt
wendet er sich mit der Frage an den
Lootten: Weeten Sei ok, wer ick bün?
Nc, Herr, wovon füll ick dat weeten,
erhält er kurz zur Antwort. Ja, ick
blin bei Großherzog." Aber ohne sich
auch nur im Geringsten aus der Fassung
bringen zu lasten, cntgegnete der Lootse,
während er ruhig das Boot befestigt:
Dass en moi Bahnt;,' (gutes Geschäft,
seiner Posten), dat Hollen 'S man wcß
(das halten Sie nur fest)!" Selten soll
der hohe Herr so herzlich gelacht haben,
als über diesen guten Rath.
Hier och eine andere Aueldote: Ein
neugieriger Badegast fragt einen Wrn
nemünder Lootsen; Sagen Sie 'mal,
mein Lieber, was ist eigentlich ein
Lootse?" Ruhig seinen Priem auf die
andere Seite schiebend, giebt der alle
Seemann folgende klassische Definition:
Schipp ut. Schipp in! Lools is 'n
Loots. Und wat'n Loots' is, wct jrd
wedercin!" Der drcssirte Stier.
Trotzdcm die Polizeibehörde ihm erst
den Einlaß in die Manege des Eircns
Busch verweigert hatte schreibt eine
Berliner Zciinng brachte es der
schwarze Stier des Scnor Fcssi in Folge
seiner vorzüglichen Dressur doch sertiq,
alle polizeilichen Schranken zu über
springen und mit einem fabelhaften
Äatz in der Gunst der Berliner festzu
stehen. Der kleine, schwarze und flinke
Geselle eroberte sich neulich die Sym
pathicn des Publikums im Sturm und
machte das Wort von dein dummcn
Ochsen" durch seine stauncnswerthc c'
lehrigkeii und die imponirende Sicher-
heit seines Auftretens völlig zu schänden.
Als er seinen Herrn auf dem Rücken in
die Manege hineintrug und in flottem
Trabe schwierige Vollen absolvirte, mit
den Vorderbeinen auf der Bande stand
und in das Publikum hincinstiertc, wie
man es nur von einem Stier verlangen
kann, da blieb keine Hand müssig, um
das schwarze Thier mit Beifall z be
lohnen. Fast tosend wurde aber der
Applaus, als der vierbeinige Spanier
von seinem zweibeinigen Landsmann in
Freiheit dressirt vorgcsührt wurde und
sich dabei im Tanze drehte, auf den
Knieen rutschte, Verbeugungen machte
nd elegant balancirtc. Der spanische
Ochse bewies jedenfalls bei seinem Aus
trete, daß er schöner, fizer nd geschei
ter ist, wie alle deutschen Ochsen.
Händel's cdanke.
Der Komponist Händel erhielt einst
so erzählt man, von einem unbekannten
Gönner ein Dutzend Flaschen alten Jo
hannisberger. An dcinsclben Tage
hatte er einige freunde zu ich geladen
und aus Furcht, es möchte ihm nicht
viel davon übrig bleiben, wenn seine
Freunde mittrinken wurden, ließ er die
Flaschen in sein Arbeitszimmer stellen,
das unmittelbar an das Gcsellschasts
zinimcr stieß. Während der Unterhal
tung empfand er große Sehnsucht nach
dem Johannisberger. Die Sehnsucht
wurde immer stärker; plötzlich sprang
kr auf und eilte mit dem Rufe: Ein
Gedanke, ein Gedanke!" in das Arbeits
zininier. Tort that er einen tüchtigen
Zug aus einer der Flaschen und kehrte
mit heiterem Blicke zur Gesellschaft zu
rück, die in ehrfurchtsvoller Stimmung
auf ihn harrte. Doch nicht lange, da
kam ihm ein neuer Gedanke, dem bald
ein dritter und vierter folgte. Das fiel
den Freunden auf, und einer schlich ihm
nach, um zu sehen, wie Händel seine
großen Gedanken ausführte. Da stand
nun der Komponist unter den Flaschen
und that eben einen herzhaften Zug.
Bei seiner Zurückkunst empfing ihn lau
tes Gelächter, und von dieser Stunde
an hieß der Johannisberger unter Hän
del's Freunden: Händel's Gedanken."
Süaö das Volk singt.
Interessant sind die Unifatzzahlcn der
sogenannten musilalisch-vollsthümlichc
Weisen. So hat z. B. das Walzerlicd
Ob Akuglkin sind blau" eine Auflage
von 31,000, Rud. Försters Hampel
Walzer eine Verbreitung von 42,000
und die berühmte" Holzauktion (deren
Urheber überhaupt nicht zn ermitteln
ist) eine Auflage von lii.000 Ezempla
ren erlebt. In noch viel höherem Maße
fand seinerzeit das Hciser'sche Lied: Ach
einmal blübt im Jahr der Mai" Ver-
brcitun. In seinen verschiedenen Aus
gaben hat es die Umsatzziffer von l',0.
000 weit hinter sich gelassen und noch
beute ist diese Komposition ein erklärter
Liebling im Familienkreise. In letzter
Zeit spielen Paul Linckc's Bollskompo-
sitionen die Hauptrolle. Sein erster
Treffer Ta ra a burn ta ra" wurde in
27,000, ein Liedchen Weine nicht,
muß ich auch von dir gehen" in 48,000
Eremplaren verbreitet. Bon der zur
Zeit weltbekannten Geigerkönigin"
sollen bis jetzt 72,000 Eremplare ge
druckt worden fein.
' vnsündnißinni.
A. (den Theaterzettel lesend,: Wif-
fen Sie vielleicht, um welche Zeit die
fes ctitck fvielt?"
Tbeater fangt bei uns im-
mer um acht Uhr an!"
Ilniständlich,
Barbier: Womit kann ich Ihnen
diene?"
Herr: Ich hatte wohl ei Anliegen
an Sie."
Barbier: Nun feilte. "
Herr: Es betrifft meine Haare."
Barbier: Ja, was wünschen Sie
denn?"
Herr: Möchten Sie mir die wohl
etwa kürzer schneiden?"
Zins der Kollc gefallen.
Bater: Und wenn Du Dich willst
verheirathen, so wähle nach Deinem Her
zen; meiner Zustimmung bist D dann
gewiß; ich will ur. daß Du glücklich
bist und daß sie Dir gefüllt, alles übrige
ist mir Nebensache, nur komm' mir et
mit 'neni Mädchen, die nir hat!"
Ein pantojfel.
Ich glnube, es ist besser wir briii
ge unsern Freund Franz nach Hause,
denn in dieser dunklen Nacht wird er
mit seinem Rausch schwerlich den Weg
finden."
Lasse uns nur noch ein Weilchen
warten, ich habe so eine Ahnung, daß
seine Fra bald kommen wird, um ihm
heimzuleuchten,"
jliif alle $3llc. '
Onkel (zu seinem Neffen, der Student
ist): Du, der Herr, den Du jetzt so
freundlich gegrüßt hast, ist gewiß auch
ein Gläubiger von Dir!"
Ach, Onkel, ich weiß es nichl genau!
Ich habe ihn nur auf alle Fälle ge
grüßt!" Bemiitbjich.
Gast: Der Salat hat eine eigen
thümlichen Geschmack; als ob er 'mit
Brcnnspiritus anstatt Ocl angerichtet
wäre!"
Wirth: Mit Brcnnspirilus? Nn-
möglich; aber vielleicht mit Petroleum.
die Flaschcn wurdcn schon 'mal miteiu
andcr verwechselt!"
Der zerstreute Professor.
Maurer (zum Kollegen): Du, nimm
Dich doch etwas in Acht, D spritzest
den Herr unten ja ganz voll Kalk."
Ach, den kenn' ich, das ist der Pro
sessor Streusand; wenn der auch einige
Spritzen mitkiiegt, das schadet nichts.,
der denkt, es schneit!"
Auch ein Zubilöum,
Richter (sich bereits erhebend): Zn
Ihrer Entschuldigung haben Sie wohl
Meiler nichts anzusiihren, nicht wahr?'
Alter Gauner: O doch. Meine
Herren! Es ist dieses meine fünf und-
zwanzigste Strafe. Ich gestatte mir
deshalb, es hncn anheim zu stellen, ob
Sie mir zu meinem Jnbilaum nicht
vielleicht mildernde Umstünde zu Theil
werden lassen wollen."
Vom Lrcrzirpkh.
Unteroffizier: Also, die Pferde wer
den m,r durch Schcukeldruck zum Gehen
veranlaßt." (Zum Rekruten, der trotz
größter Mühe nicht vorwärts kommt.)
Na, Schulze, können Sie Ihren Gaul
nicht raiisdrückc? Man sollte denken,
Ihnen fällt es doch gerade recht leicht,
Sie sind doch sonst solch' Drückeberger."
Unbegreiflich.
Verleger: Ihre Gedichte kann ich
mcht verwerthen!" Ich habe dieselben
gelesen sie haben mich aber kalt ge
lassen!" Dichter: lind' ich habe doch beim
Dichten so viel geschwitzt!"
VOibat.
Gast (zum Wirth, der das Lokal vor
vier Wochen von seinem Vorgänger
übernommen): Diesen Hascnbraicn
haben feie wohl mit übernom
men, Herr Wirth?"
Lcdcnklichcr Zusatz.
Was dies Friulein Minna doch im
mer sür ein rosiges Gesicht bat."
Ja, ja, sie mall sich aber auch
jeden Zag ein frisches."
Line gcmütlzliche Gesellschaft,
Richter Da Sie anwesend waren,
als dem Kläger das Auge ausgcschlagen
wurde, fordere ich Sie auf, 'den Hcr-
ver aae zu erzayien,"
Zeuge: Des ischt o oinsache Sach:
mer sitzet ganz ruhig um de Tisch nun,
auf oimal hangt oim a Aug raus."
wciblickc vipkmalik.
Den stolzen Assessor willst Tu hei
rathen?" Weil das die einzige Mögl,ch'eit ist,
ihn zu demüthigen."
Unrvrsichtiz.
Vertha. was machst Tu denn da?'
Ich loche etwas fVr meinen Bräuti
gam er besucht uns heute!"
Bertha. Bertha! Tu wirst so lange
h e r u m k 0 ch e n . bis die Pe r-
looung zurückgeht!"
rammte.
Wenn D noch eine Butter haft
Zu Teinem Brode, fei zufrieden.
Tenn Manchem aus dem Erdenrund
Ist Margarine nur beschicken.
2Infpnisli5.
Bräutigam: In drei Wochen
Und wir vcrbeiralhet!"
Millionaistochter: 7,ft denn aber
auch Italien bereits für unsere Hoch
zeitsreise reservirt!"