Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, January 02, 1896, Image 12

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    3n cer Svlocstortwdn.
Ciu iMIb am! boin Veben.
Ovhmiiin.
;i 011 :Ncinl)olD
die
Ta-5 tiuer war vorüber, uno
beiden Herren, welche 13 Wtisic daran
tliellakiwinme, hatte sich bereits er
abschiedet zur sichtlichen Erleichte--ruiig
der schönen Hausfrau, die sich
nach ihrem Weggang milde in den ver
goldete, amerilauischen Schaulelstuhl
neben dem flackernden Kaniinfeuer nie
versinken ließ.
Hoffentlich wird es heute Abend
lustiger werden,als es bei diesem Mittag
essen war," sagte sie mit einem nur halb
unterdrückten ' ('(ahnen. Was für
langweilige Besucher hast Tn mir in'
Haus gebracht, lieber Walter!"
Derjenige, an den im Ton eines
säusle Borwurfs diese Worte gerichtet
waren, hielt in seiner nervösen Wände
riing durch das Prächtig ausgcstattete
Zimmer inc und erwiderte nicht ohne
einen Anfing von Gereiztheit
tS sind Kcschastssreunde, denen ich
diese Rücksicht schuldig war, Elfriedc! schweren Schritten die Treppe hinab,
Wenn sie wirtlich nicht ganz so unter- um den Weg ach seinen! ziemlich weit
haltend sind als die Müßiggaugcr nd entfernten Gcfchaflslolal einzuschlagen.
Weisen, die stets über einen unerschöps- j Draußen herrschte grimmige Kalte,
lichcn Porrath von artigen Redensarten und ein scharfer, schneidender Wind, der
versllgen, so haben sie darum doch nicht Millionen feiner Eisiiadeln mit sich zu
weniger Anspruch darauf, von uns führen schien, schlug ihm in's Gesicht,
freiiilblich behandelt zu werde. Den Trotzdem bestieg Ncuhoff heute nicht wie
es sind rechtschaffene tüchtige Männer, 1 sonst eine der an der Straßenecke halten
deren Vertrauen mir tausendmal werth-, den Droschken erster lasse, sonder
vvller ist, als alle die hohle Phrase legte dc langen Weg durch die bei dem
unserer sogenannten guten Srennde."
Die juugc Frau hatte ganz erstaunt
ihr blondes Köpfchen ach dem Sprc-
cheudcn umgewendet, das gedämpfte,
töthlichc Licht einer hohe Säulenlampe .
siel voll ans ihr liebliches (Viichtcheniipiiniuiuii traten dar, noch ungleich
und af den feinen Hals, der elfenbein-
weiß aus dem eleganten Kleide hervor
leuchtete. Mein Gott, ich dachte ja auch gar
nicht daran, ihnen zu nahe zu treten.
Hätte ich gewußt, daß meine harmlose
Bemerlmig Dich verletze könnte, so
w'irde ich sie gewiß für mich behalten ;
haben. Aber sage doch, Liebster !
in welcher Toilette möchtest Tu mich
heute Abend sehen?"
Mit einem bezaubernden Lächeln sah
sie zu ihrem Gatten auf, der sich an- j
schickte, leine niaßlosen paziergaiig
über den weichen Smyrnateppich forkzu
setzen und der ihr dabei eben ganz nahe
gekommen war. Er war ein stattlicher
Mann von vielleicht fnnsunddreißig
oder sechsnnddreißig Jahren, nd seine
Erscheinung wiirde den Eindruck kraft
vollster Gesundheit hervorgebracht haben,
wenn in seinem Gesicht nicht einige Li
liieii gewesen wären, die von starker
Ueberarbeitnng oder von hochgradigen
seelischen Erregungen zu zeugen schienen.
Als sein Blick jetzt über das berückend
schöne Weib hinstreiste, das er seit zwei
Jahren sein nennen durste, wich der eben
och sehr erregte Ausdruck seines Ant
litzes freilich einem beglückten Lächeln,
und indem er sich über sie herabneigte,
sagte er zärtlich:
Ich will mich überrasche lassen,
mein Liebling. Weiß ich doch, baß T
allezeit reizend bist, wie auch immer T
Dich kleiden magst! Aber Tn wirst mir
heiite schon ein lleines Opfer bringen
müssen, Schatz! Ich bin leider nicht
im Stande, Dich schon um neun Uhr
auf den Sylvesterball Deines Bruders
z führen."
Und weshalb nicht, mein Freund?
Ist den etwas Besonderes vorgefal
le, das Dich daran hindert?"
Der junge Banquier vermied es, sei
er Gattin in die Aiigen zn sehen, wäh
rend er merklich verlegen erwiderte:
Nicht gerade etwas Besonderes.
Aber es ist unumgänglich nothwendig,
daß ich noch einmal in's Geschäft fahre, i
und ich weiß nicht, wie lange die Arbeit
mich dort festhalten wird."
Die Arbeit? Heut' am Sylvester
abend? Ja, gehen die Buchhalter
und Kassirer heule nicht wie sonst schon
um sechs Uhr nach Hause?"
Allerdings! Aber gerade am
letzten Tage des Jahres giebt es für den
Ehef eines Bänlhauses mancherlci zu
thun, das eben nur von ihm allein er
lcdigt werden kann. Ich vermag Tir
das nicht so haarklein auseinanderzu
feKen. liebes Kind denn von diesen
Tingen verstellst Tu ja doch nichts, und
sie sind viel zu ninteressaut, als daß ich :
Tich mit einem langen Vortrag dar-! wäre, wurde er sicherlich d,e Äal,riicl
über ermüden möchte. Natürlich werde , ung gemacht haben, daß Walter Neu
ich mich nach Möglichkeit beeilen. Noch hoff dem Aussehen nach innerhalb
vor Mitternacht hoffe ich nach Haufe zu-,
rückzulchren und mich für den Ball um-!
kleiden zu tonnen. is wird Dir
inmitten einer ganzen Schaar von
Freundinn! und Bekannten an Unter
Haltung gewiß nicht fehlen."
Wie ein Schatten schmerzlicher Ent,
täuschuiig hatte es sich über daö strah-!
lende Gesicht der jungen Frau gelegt. !
Wenn es nicht anders geht, werde
ich mich natürlich Deinem Willen fügen," j
sagte sie leise. Ader Tu wirst es mög-,
lich machen, daß wir wenigstens die erste '
Stunde des neuen Jahres gemeinsam
verleben nicht wahr? Willst Tu
mir h.iÄ tvrihrfrfl.'H1'''
Ha seinen Mienen ill urtheilen, i
hatte Walter Neuhoff doch vielleicht eine ,
andere Antwort erwartet. Er preßte!
für einen Moment die Lippen zn,am-
wen und rickte in auffallend verandcr-,
tcm. Indlerem Ton
.Gewiß! Ich werde Tich nicht der
'ic?ahr ausi.tzen. allerlei ironische Fra
gen nach dem Verbleib Deines Mannes
i,,mrte :u muffen. Und Tu kannst
ir ja denken, wie ick mich nach Dei-
ms BriiScrs ausgezeichneten tbamta5!
er nd ach seinen dreitansendMa!
(5iaurren sehne."
In stinci zur Thür: doch ein Zuruf
! seiner Frau eraulaßte ihn, ans selbem
Wege noch einmal stehen zu bleiben,
Veraieb mir, wenn ich eine unae
schickte Frage tl,e," sagte sie.
Ader
es sind doch nicht etwa unangenehme
Tinge, welche selbst an eiem solchenage
Deine Anwesenheit im Geschast noth-
wendig machen'!
Um die Lippen des Banquiers zuckte
es wie ein bitteres Lächeln.
Durchaus nicht, liebe Elfriebe!
Laß Dich um s HimmelSwillcn nicht
durch derartige Ereign, e in Tcinem
Vergnügen stören. (5s Ware um so
zweckloser, als Du mir ja doch nicht hel
sen könntest, wenn mir wirklich ein
mal etwas Unangenehmes begegnen
sollte. Die Torgen eines Gcschastsman
ncs sind eben keine Toilettensorgcn,
mein Kind! Auf Wiedersehen also
und noch einmal: Viel Bergnügcn!"
(fr verlies!, ohne ihre Antwort abzn
warten, das Zimmer, hüllte sich in sei-
neu Pelz und stieg mit langsamen,
abscheuliche Wetter fast ganz menschen-
leeren Strafen zu ftuk zurück.
Auf seinem Gesichte war jetzt wieder
ein tiefer, fast dufterer Ernst, und die
scharfen Linien einer hochgradigen Ab-
dentlicher zu Tage als vorhin.
Achtuugsvoll erwiderten die jungen
Leute im Kontor den Gruß ihres (fs.
In der auffälligen Emsigkeit, mit wel
cher die meiste von ihnen dabei ihre
Federn über das Papier hinfliegen lie-
gen, offenbarte sich etwas wie iqiechies
Gewissen. Die Sylvesterstimmnng
steckte eben heute vom ersten Kassirer
bis zum jüngsten Lehrling Allen in den
Gliedern, und sicherlich war auch a
keinem Tage des ganzen Jahres minder
gut gearbeitet worden als an diesem.
Walter 'Neuhoss schien ideffen zur
große Erleichterung des Schuldbewuß
ten nicht gesonnen, eine hochnothpein
liehe Untersuchung einzustellen. Er zog
sich sogleich in sein Privalkabinet zurück
nd rief durch ein Glockenzeichen den
Disponenten zu sich hinein, mit dem er
eine lange Unterredung unter vier
Augen hatte. Kurz vor sechs Uhr wur
den ihm dann wie immer die Briefe zur
Unterschrift vorgelegt, uud die Buchhal
ter waren im Stillen nicht wenig er-
staunt, daß ihr Ehef ganz gegen seine
Gewohnheit heute nicht die geringsten
Ausstellungen an ihren schriftstellerischen
Erzeugnissen zu machen hatte. Dabei
fiel ihnen durchweg sein schlechtes, ange
griffenes Aussehen ans, und sie tausch
te, als die Glasthür des Kabinets sich
wieder hinter ihnen geschlossen hatte,
unter einander die Befürchtung aus,
daß Herr Reiihoff sich im Beginn einer
ernsten Erkrankung befinden mochte.
Natürlich wurden sie durch diese Be
sorgniß nicht verhindert, den Schlag
der sechsten Stunde mit neuem unter
drückte! Jnbel zu begrüßen und sich
mit einer Eilfertigkeit zum Ausbruch zu
rüsten, die zu ihrem früher bewiesenen
Arbeitseifer eigentlich in einem sehr
auffälligen Gegensatz stand.
Eine Viertelstunde später befand sich
da er auch den Eontordiener nach
Hause geschickt hatte Waller Nenhofs
mutterseelenallein in den weiten Räu
men, m denen nnr noch die beiden
Gasflammen über dem Pult des Kaffi-
rers an dem großen eisernen Geldipinde
brannten.
An diesem Pult, auf welchem jetzt
eine Anzahl der mächtigen Geschäfts
bücher lagen, hatte der Bangnier Platz
genommen, und er vertiefte sich da in
eine Arbeit, die für ihn sicherlich keine
erheiternde und erfreuliche war. Die
dunkle Wolke ans feinern Antlitz wenig
stens schien von Viertelstunde zu Viertel
stunde finsterer zu werden immer
häufiger hob sich, ihm selber vielleicht
unbewußt, in schweren -cufzcrn feine
Brust,
seiner
und wenn fast erwartet einer
gut,!, Bekannten eingetreten
icruudzwuiizig stunden um ahre
gealtert ist
Und Stunde um Stunde verrann.
ohne daß er des Fluges der Minuten
Acht hatte, knisternd wendeten sich unter
seinen bebenden Fingern die mit langen j
Zahlenreihen be'chriebenen Blatter, und
je größer die Ziffern wurden, die er sich
mit haftender Feder auf einem weinen
Bolzen notirte. desto häufiger graten
große Schmeißtropien aus seine -tirn,
obwohl in dem weiten, leeren Raume
allgemach eine emp'indliche Kühle z
herrschen begann.
Nun hatte er einen dicken Strich ge
zogen und wohl eine Viertelstunde lang
en,g gerechnet. AIs die ,'jayl, welche
das Ergebniß dieser Rechnung darstellte,
aus dem Papier stand, entglitt die
cder seiner Hand, die Arme eien
schlaff herab und sein Haupt sank tief
auf die Brust. Ein Laut gleich einem
dumpfen Stöhnen kam über feine Lip-!
Pen, und dann, nachdem er Minuten !
lang in dieser Stellung eines völlig ge-,
brochcnen Menichen verbaut, sagte er!
vaiviaui vor ncz mn :
.Kein Zwei'el mcbr es ist
i
der!
Ansang von, tFnbe der Anfang vom
Ende I"
Unverwandt starrte er mit leerem
Blick aus die furchtbare, unerbittliche
Zahl, bis die Hause Ziffern vor fei
neu Augen verschwommen und bis an
ihre Stelle allerlei seltsame, rasch wech
feinde Bilder traten Bilder, welche
die Qual dieser Stunde in seiner Er
innerling heraufbeschwor und welche in
ihrer grausamen Deutlichkeit nur dazu
angethan waren, ihn den schrecklichen
Ernst seiner Lage noch tiefer uud
schmerzlicher empfinden zu lasse.
Da zogen sie an seinem Geiste vor
über, alle die lippigen, glänzenden
Feste, deren Schauplatz wahrend dieser
letzten zwei Jahre sein allezeit offenes
Haus gewesen war da sah er sie vor
sich, alle die blinkenden Keschnieide und
Kostbarkeiten, mit denen er seit dein
Tage ihres Verlöbnisses sein schönes,
strahlendes, vielbewiliiderteS Weib
imiuer aus 's Neue geschmückt hatte.
Da schien es ihm aus allen Winkeln
des unheimlich große halbdnnkeln
Raumes höhnend nd strafend zuzn
raunen !
Verschwender ! Unsinniger, leicht
fertiger Berschivender ! Wenn Tu
jetzt zu Grunde gehst, so gehst Tu zu
Grunde um der thörichte Bergnü-
gungssucht Deines WeibeS willen. Sie
allein ist es, für die Tu Tich ruinirt
hast. Und um welchen Lohn?
Er grnb die Zähne lief in die Unter
lippe und das Blut stieg ihm in die
Wangen wie in heißer Schani, da er
sich vergegenwärtigt, daß sie kaum
jemals einen beglückten Jubelruf oder
auch nur ei überzeugend herzliches
Wort des Dankes gehabt hatte, wie sie
durch keiiies seiner kostspieligen Geschenke
überrascht worden war oder wenn er
ihr ei neues, verschwenderisches Per
gnügen bereitet hatte. Freilich, er
erinneile sich auch nicht, daß sie ihn
jemals um irgend etwas von alledem
gebeten hätte oder daß auch nur ans
einer leisen Andeutung der Wunsch er
kennbar geworden wäre, etwas davon
zu besitzen. Aber es war ihm von
jeher als selbstverständlich erschienen,
daß ihr Begehren ans die Frenden und
Unaunehmlichkeiten des Lebens gerech
net sei. Sie war ja so jung und so
schön !
Vielleicht, wen er jetzt die Energie
besaß, ihr zu sagen, daß es so nicht
weitergehen könne, wenn er ihr vor
stellte, daß es seine Pflicht sei, sich ein-
zujchranken nd alle nöthigen Aus
gaben zu vermeiden vielleicht war es
dann noch jetzt nicht unmöglich, durch
unermüdliche, rastlose Anstrengung das
arg bedrohte Schifflein seines Lebens
vor dem Untergange zn bewahren, viel
leicht ! Aber die Voraussetzung war
eben eine Unmöglichkeit, Er würde
niemals den Mnth habe, so zu ihr zu
sprechen niemals ; denn er wiirde
nicht ertragen können, ihre niedergc
schlagenc Miene zu sehen und das vor
wurfsvolle Klagen anzuhören, mit
denen er dann gewiß vom Morgen bis
zum Abend überschüttet werden würde.
Nein, sie sollte sorglos und glücklich
bleiben, so lange es möglich war.
Mochte das Verderben immerhin feinen
Gang nehmen, das aufzuhalten er zu
schwach war. Wenn dann die Kata
strophe sich nicht mehr hinauszögern
ließ, wenn die Stunde da war. da Alles
zusammenbrechen mußte, dann nun
dann war immer och Zeit genug, sich
mit Hülse eines gut gezielten Pistolen
fchusses hinwegzuflüchteii in ein Land,
bis zn dem nieder ihre Klagen, noch ihre
Vorwürfe dringen würden.
Er hatte die Arme auf die Pultkantc
gelegt und fein Haupt funk schwer dar
auf nieder. Wie unterdrücktes Schluch
zen erschütterte es seinen Körper. Da
plötzlich sein Herzschlag stockte im
Uebermaß des jähen Schreckens legte
irai timtt uno gut etwas Weiches um
seinen Rücken, und eine kleine marnie ,
Hand ersuchte sei Haupt zu erheben.
Walter ! Mein tbeurer geliebter
y(ann xeiriii konntest Tu alw
nicht aus den Ball gehen darum !"
Elfriede Tu !"
Er fuhr empor und starrte sie an
gleich einer Erscheinung aus einer an
deren Welt. Sie war nicht in dem
Kleide, das sie am Mittag getragen
hatte. Ihr Hut und ihr Mantel aber
waren völlig durchnäßt Beweis ge
nug dasür, daß sie den weiten, nächt
lichcn Weg durch Schnee nd Winter
stürm zu Fuß zurückgelegt hatte. Ihre
zarten Wangen waren von der Kalte
gerathet und in ihren Augen schimnicr
ten große Thränen. Nie war sie ihrem
Gatten so hinreißend schön erschienen!
als in diesem Augenblick-
Er wollte zu ihr sprechen, wollte sie
fragen, was dieser nächtliche Besuch zu
bedeuten habe ; aber nur unznfammen-
hängende Worte kamen über seine Lip
pen. Ta plöülich. noch ehe er es ver
hindern tonnte, glitt Eliriede neben ihn
auf den Fußboden nieder, umicblami
ihn mit beiden Armen und sagte, indem '
ic ihr blondes Kopschen zärtlich an ,
feine Seite schmiegte :
Ich bin nicht auf den Ball gegan
gen, und Tu bist mir darum nicht
böse. Liebster nicht wahr ? Ich!
habe mich Tir bisher immer gefugt, I
wenn xa den Wum vaticn. rau
schenke Feste zu geben oder mich auf die
Feste Anderer zu fuhren. Heute aber ,
faßte ich mir nach langem Kample ein
Herz mich zum ersten Mate gegen Tich j
aufzulchncn ; denn in der feierlichen
Stunde der Jahrcswcnde wenigstens
wollte ich Dick, für mich babcn für
m:i ganz allein. Ich bade eine Bitte
an Dich eine große, bedeutsame,
herzinnige Bitte, und ich meinte, ich
wiirde in der ersten Stunde des neuen
Jahres am ehesten den Muth haben, sie
nuszusprechen. Siel), es ist doch in,
Grunde ein recht thörichtes Leben, das
wir da führen, und ich kann mir's nicht
denken, daß die lärmenden Bergnügun
gen, die einen so großen Theil unserer
Zeit ausfüllen und uns um die schön
sten Stunden unseres Eheledens brin
gen, Dir wirklich wahre und aufrichtige
Befriedigung gewahren. Laß uns doch
einmal den Bersnch machen, sie zu ent
behren. Thu' es mir z Liebe, ZLal
ter ! Ich hoffe, daß es mir gelingen
wird. Dir in unseren traulichen vier
Wänden Alles zu ersetzen, auf das Du
da draußen verzichtest,"
Unfähig, feine stürmische Erregung
langer zu bemeffe, riß er sich empor
und bedeckte ihr Gesicht mit feurigen
Küssen.
Elfriede ! Geliebte ! Ist es
denn Wirklichkeit, was ich da erlebe !
Du Tu bist es, die einen solchen
Wunsch ansspricht T, für die
allein ich rastlos nach Zerstreuung und
Bergnügungen gejagt habe, weil ich
wähnte, daß es Tir unentbehrlich sei zu
Deinem Glück,"
O, Tu thörichter, kurzsichtiger
Mann," sagte sie, uuter Thränen
j lächelnd. Nie habe ich eine wirkliche
Freude gehabt an diesen Dingen
und nur um Deinetwillen habe ich Tir
bis heute verborgen, wie wenig das gc
räuschvoll üppige Tascin meiner inner
sten Herzcnsiicigung entsprach. Nun
aber wird es anders werden nicht
wahr? Die Gewißheit unserer Liebe
wird uns köstlichere Freuden bereiten
als alle Feste und Vergnügungen der
großen Welt !"
Wieder fanden sich ihre Lippen zu
eine, langen, heißen, bräutlichen
Kusse, Draußen auf der Straße aber
wurde es in demselben Moment wun
dcrbar lebendig
Prosit Neujahr! Prosit Neu
jähr !" ertönte es gleichzeitig mit fröh
lichcm Klänge ans zahlreichen Kehlen
und verwehte ilockenklänqe trug der
Sturm zu den einsamen Meiischenkin
der in dem halbdnnkelen, nüchternen
Eontorranme hinauf.
Die Beide aber umschlangen sich
och fester, und wenn auch ihre Lippen
stumm blieben, so lebte doch die Gewiß-
hcit in ihren Herzen, daß ihnen noch
nie ein neues Jahr herrlicher und glück
verheißender ungebrochen war, als
diese.
Sie Böse des fvrrn Professors.
Wh
Ocschichlchcn ans dem vclicn.
'l: ci n 1 . e ii n e r.
Von
So, mein guter Hilarius," sprach
die grau Professor Echwartenwurm
eines Abends zu ihrem Gatten, hier
habe ich Dir Alles, was Tu aus der
Reise brauchst, in den Koffer gepackt;
jetzt handelt es sich blos noch darum,
wie wir es anstellen, daß Tu den Kof
ferschlüssel weder verlierst, noch ver
legst." Ja, wie fangen wir das an, liebe
Patronella," erwiderte der gute Pro
fesfor etwas kleinlaut, da er nur zu gut
wußte, welche unglaublichen Streiche
ihm seine Zerstreutheit schon gespielt
hatte.
Weißt Tu 'was, Alterchen." entschied
Patronella nach einigem Sinnen, am
besten wird es fein, Tu verwahrst den
Schlüssel im Portemonnaie, und damit
Du das nicht verlierst, kleben wir einen
Zettel auf den Koffer, direkt über dem
Tchlümlloch. mit der Aufschrift: Kof
ferschlüssel im Portemonnaie, Porte
monnaie in der Hose."
Das ist eine gute Idee, liebe Patro
nella," schmunzelt der Gelehrte, der
Zettel muß mir, wenn ich den Koffer
öffnen will, unter allen Umstanden in
die Augen fallen, und da ich das Porte-
monnaie nirgends anders als in der !
Holentaiche zu tragen pflege, so ist ein
Irrthum vollständig ausgeschlossen,"
Der glückliche Proseffor belohnte seine
Gattin für ihren klugen Einfall mit
einem Kuß und am anderen Morgen
verfugte er sich, den nicht allzu schweren
Koffer in der Hand, zum nahen Bahn
hos, um mit dem Eourierzuge nach der
Hauptstadt zu dampsen. Hier stieg er
in, Hotel zum Grünen Aal" ad, um
nach kurzer Restauration seines leiblichen
Menschen sofort an die Abwickelung
seiner
t'elchalte zu gehen.
Ziemlich spat in der Nacht lehrte er
i sein Hotel zurück, entkleidete sich und j
stand eben im Begriff, sich schlafen zu
legen, als fein Blick aus den bcdcn-i
z,,.-.-.Il i)..ti,l .1, Qrttt,, :! i
lumi-uvum v)1"" ul" '''l'-l ;
Hm," murmelte er, etwas hat'
meine brave Alte doch vergessen, Porte-'
monnaie in der Hose".' das ist sehr j
schön, aber wo ist die Hose?" Tamit
griff der Proienor nach dem auf dem '
Tilcke lebenden -cbreibieua und vertat,!
'den Zettel ans dem Kolter nn mit ,
dem weiteren Permcrl: Hose bangt am '
Bett."
Jetzt war allen Eventualilatcn borge ; ler Proudhon, Ter Enolg war aber
beugt, uud mit sich und aller Welt zu-, kein bcrvorragcnder. Als Proudbon
frieden, Iroch der Professor Hilarius j eines TagcS gefragt wurde: Sind Sie
Schmartenwurm in die Feder. j mit Ihrer kaiserlichen Schülerin zufrie.
Durch einen gefunden Schlaf gestärkt, ! den?" nkwortetc er: , es ist eine
verließ unser Professor am anderen I gute Person." Und ibre Fort
Morgen in bester Laune fein Lager, zog ! fckirilte?" war die weitere Frage.
sich an. wusch sich und wollte nun sci-
nein Konrr das Ralirljrug entnekmen
er pflegte fick), auch auf Reifen, stets
eigenhändig zu rasieren aber wo war
denn gleich der Schluffel zum Koffer?
Ricbtig, da stand's ja: Schluffel im
Portemonnaie. Portemciinaic in der
Ho'c. Hoic am Bett.
Als hin Bell.
Aber so schars der Proseffor auch den
Bettpsosten, dem er am Abend zuvor
seine Hose anvertraut hatte, in's Auge
faßte, die Hose hing entschieden nicht
mehr daran!
In diesem Angenblickc klopst'S an die
Thür. Herein! es ist der Kellner
mit dem Kaffee.
Sagen Sie 'mal, lieber Man,
spricht ihn der Professor an, sehen
Sie an diesem Pfosten da eine Hofe
hangen?"
Eine Hose? Nein, Herr Proscsjor,"
versetzt der verdutzte Ganpmcd,
Nun. ich sehe auch leine, aber
nichtsdestoweniger habe ich meine Hose
gestern Abend selbst an diese jetzt nbso
tut leeren Pfosten gehängt. Daraus
folgt mit apodictischcr Gewißheit, daß
iibcr Nacht Jemand in diesem Zimmer
gewesen sein muß, der besagte Hose
fortgenommen hat. Meinen Sie nicht
auch?"
Aber," stottert der dienstbare Geist,
hatten Sie denn gestern nicht dieselbe
Hose an, wie jetzt?" j
Jetzt? Hab ich denn richtig, ichj
hab' ja die Hose schon au. Na, da ist's!
gut, lieber Freund, reden wir nicht'
weiter darüber!"
5'i dankbarer Iicl.
Eine höchst ergötzliche, sür Pertbeidi
ger lehrreiche Geschichte spielte sich dieser
Tage vor dem Strafgerichtshofe in Pest
ad, Es handelt sich um einen Dieb,
der seinen eigenen Vertheidiger bestohlen
hatte. Pazul Antouovics heißt der un
dnnlbarc Mensch, der vor einigen
Monaten, eines Tiebstahlö angeklagt,
von dem Advokaten Dr, Paisz ver
thcidigt und vom Bezirksgericht frcige
sprachen wurde. Um sich nun dem
Rechtsanwalte für die ausgezeichnete
Perthcidigung dankbar zu erweise, bot
sich Antouovics. ein Tischler, dem Dr.
Paisz an, seine Schuld abzuarbeiten.
Dr. Paisz beschäftigte thatsächlich seine,,
Klienten, und dieser hatte in der Villa
seines Vertheidigers reichlichen Ver
dienst. Eines Tages besserte er ein
Möbelstück aus. Er war allein im
Zimmer und erblickte auf einem Tru
mcau, ein Schmuckkästchc. Ein Griff,
und ein Paar Prillantboutons im
Werthe von 20006. verschwanden in die
Tasche des Antonovies. Dieser Tage
hatte er sich nun vor dem Strafge
richtshofe wegen dieses Ticbstahls zn
verantworten. Präsident z Dr. Paisz:
Herr Toktor, Sie waren ja seinerzeit
der Pertheidigcr des Angeklagten, Sie
mußten also wissen, daß er ein Dieb ist.
Dr, Baisz: Gewußt habe ich das
gerade nicht, mau hat ihn doch srcige
sprochen aber geahnt habe ich es (Hei
terkeit). Präs, : Wünschen Sie seine
Bestrafung? Dr, Paisz: Nein.
Präs.: Sie verzeihen ihm also? Dr.
Paisz: Damit man nicht glaube, daß
ich Verbrecher unterstütze, muß ich er
klären, daß Antouovics bei der Polizei
Alles geleugnet hat, weshalb er probe
weise auf freien Fuß gestellt wurde.
Meine Frau versprach ihm nun, die
Klage zurückzuziehen, wenn er das ge
stohlene Gut zurückbringen würde. Nun
erst gestand er, die Pontons verpfändet
zu haben, und gab sodann, mit Ans
nähme einiger Gulden, den ganze Be
trag zurück. Ter Gerichtshof verur
theilte Autonovics zu sieben Monaten
Kerkers. Ter Angeklagte erklärte, daß
er appcllire, nd wendete sich mit
schlauem Lächeln an Tr. Vaisz: Nicht
wahr, Herr Toktor, Sie werden so
freundlich sein, die Appellntions
schrift für mich zu verfallen ?" i Heiter
keit.) Das will ich meinetwegen
thun", erwiderte Tr. Vaisz, aber Sie
brauchen sich nicht in meine Wohnung
zu bemühen, ich kenne ja genau den
Fall und jetzt auch Sie."
i,,k schlechte Schülerin.
Keine Kunst ist am französischen
Hose so viel geübt worden, wie die Ma-
lcrei. Die Bourbonen zum Beispiel I
malten oder zeichneten alle. Ludwig!
XIII. hatte pvei Passionen: er schrieb
Artikel für die erste Gazette", die!
Stammmutter der französischen Presse. !
und zeichnete mit Vorliebe die Porträts
feiner Höflinge. Von der Prinzessin,
Marie von Orleans, der Tochter Lonis
Philipp's, hängt eine sehr schöne
Jeanne d'Arc" im Museum von Ver
sailles, Selbst die Poinpadour betha-!
liqte sich in bildender Kunst: sie radirle!
graziöse Miniaturgcnrcs in der Art des!
damals sehr beliebten Malers Franois
Bonchcr, der selbst viel radirle, meist
nach Bildern von Watteau. Und die
Prinzessin Eharlolte Bonaparte litho
. ,
rtr.li)itrtrt k,,.,? Tio MIi-itnaniM n.
MMV'niv Iijui. .iv vl,"3Wi" o1' i
lianna Bonaparte zeichnete sür illustrirtc!
Blatter, und zu einer der Schwarz-!
Weiß-AuSsteilungcn schickte sie einmal !
eine ganze Serie Aquarelle. Auch die,
Kailerm Maria Louise. die zweite Ge-
mablin Napoleons I.
Tocklcr Franz
I. von Oesterreich, sollte sich der Mal-
und Zeichenkimst befleißige, und so er-!
kielt sie als Lehrer den berühmten Ma-,
.Die lancn lepr zu wunicyen uvrig."
lautete d:c Anlivort, Ihre Majestät
furchtet sicd, beim Zeichnen die Finger '
zu besedmiitzen und rührt die Zeichen
stiile kaum an." Und aus die Frage:
,za. was tbiit dknn die Kaiserin sonn
wabrend der -lunden?" erwiderte der
Maler Irockc:? : ,-ic fcblail !
OVijiij.
Arzt: Ich kam, ichls sür Sie thun,
verehrter Herr, Ihr Fall ist hossnnngs'
los!"
Geizhals: Gott sei Dank; ich fürchtete
schon, ich müßte cie große Doktorieck
nng bezahlen!"
Ver ivldene !llitlclim.
A: Gestern kam mein Nachbar, der
voriges Jahr mit mir prozcssirtc nd
wollte meinen Schubkarren zu leihen
nehmen!"
B: Na, hast D' ihm gegeben?"
A: Weißt De, leihen wollt' ich',,
ihn, nicht, abschlagen wollt' ich'S ihn, auch
nicht, und so hab' ich den gold'ncn
Mittelweg gewählt nd bab' ihn,
den Buckel voll gehancn!"
!?ezeichac!,
Der junge Herr Baron ist doch ein
TeuselSlerl! Er erobert sich durchsein
demüthiges, cinschnieichclndcS Wesen die
Herzen aller Damen. Kein Vater weist
ihn, von der Thür'. Ans allen Bällen
weiß er sich zu rechter Zeit cinznfinden,
in den Dame Schmeicheleien zu sagen
und sich satt zu essen!" Ein cckitcr
Salon st r ol ch !"
Die militärisclx Köchin,
Hausfrau (zur Köchin, die eine An
zahl Liebesbriefe verbrennt): Minna,
was verbrennen Sie denn da?"
Köchin: Meine Militarpapiere, Ma
da,'!" Aus dem (5ichl?f,ul,
Richter: Angeklagter, habe Siede
Einbruch allein oder mit Hilfe Anderer
verübt?"
Angeklagter: Unter gefälliger Mit
Wirkung der Kapelle des Kiten Regi
ments!" Richter: Wieso? Erllaren Sie sich
deutlicher!"
Angeklagter: Ja sehen Sie, Herr
Gerichtshof, die Regiments - Kapelle
brachte ein Ständchen, und da hörten
vorne alle Hausbewohner zu, so daß ich
im Riickgebaude ganz ungestört arbeiten
konnte!"
Eine minoMc Ivohmmg.
A:
Warum habt Ihr die Wohnung
nicht genommen, die ich Euch empsoh
len?" Protz: Meine Frau hat nicht ge
ivollt! Die Wohnung ist neben der Over
j und da könnte sie nicht hinfahren in der
Eguipage!"
Snb.
Aeltere junge Tarne lder ein Herr
einige Zeit gefolgt ist,: Mein Herr, ich
verbitte mir eine derartige Belästigung!"
Herr (enttäuscht): Ach, das' nicht
Ihnen wohl keinen Spaß mehr?"
Litt schwere, lötln-r.
Fräulein (mit einen, Lieutenant
Ufer eines Sees promenirendl:
am
La
schnalzte eben ein Fisch aus dein Was-
Kr!"
Lieutenant: Aber das muß er ja
wenn er mir feben will !"
Indirekt.
A szu B): Wenn ich Sie sehe, muß
ich immer an Herrn Bummel beuten!
Ter ist mir nämlich auch zwanzig Mari
schuldig!"
Zeilkinäsz,
Eommis: Haben Sie es schon ge
hört, Herr Prinzipal, der August
i-chliffel hat Bankerott gemacht?!"
Prinzipal: Nun, da kriegen wir doch
wenigstens einige Pro,ent'! Hatt' er
leinen gemacht, hätten wir gar
nichts von ihm bekommen!"
Po Etwas,
Durchlaucht laßt sich herbei, an dem
Kegelabend der Vcrcinsbrüdcr" sich zu
betkeiliaen. lkr ith'teM riiif ffim.-l
welche vorbeigeht. Da der Fürst
kurzsichtig ist, fragt er: jiun, uüe oiel'
sids'?"
Peinliches Schweigen. Endlich rafft
sich der Vercinsvorstand auf und sagt
mit tiefer Verbeugung: Durchlaucht
zwei haben qew a ckel t!"
;itid ein Aim!ianis,Mm!.
Frau: Denke nnr, die Frau Sckre-
"" ",lCLl wa "V
m eum Bt wahrend ich.. . !"
i'uuüutu (.uiuinincnuj: jiuii ja,
Tu sollst auch einen haben: aber
die Sekretärs müifen mir am Ersten
hinaus!"
"Iir nt'Üf "Tl
- j" '
i,t von leiner Reise erzählend,:
i'inen herrlichen ic,ii,ß gewahrte bei
täöntm JWäter die Fahrt über den
grocn -ce. iingsnin der von tcinem
Windbauch bewegte, im Sonnenlicht
glitzernde, meilenwcite Spiegel!"
i-me: Vin meilenweit Spiegel!
.anncucii, da lalircn wir auch hm !"
lttiiji'crftäiidniij.
Rosa: Weißt Tu schon. Anna, daß
meine Schwester einen Maler und An
streicher bcirathet?"
Anna: Was. zwei Männer auf ein
mal! Das ist ja polizeiwidrig!"
rVnnuHuf te Ausrede.
Mama: Aber. Helene, icd babe Tich
docki stets vor dem ersten Kuß so nach
drnckl:cb gewarnt i:! doch "
Todter: Mama, es war ja nicht der
cr'le K::ß. es war der zweite: den ersten
gab :r.:i ibeodoi."