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About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (Oct. 17, 1895)
Santa Aladoima." Giriern englische,, ?elellio nacherzählt, von ober, rast. In der Wcst.ity Londons ist ein Cafe gelegen, dessen palaisartige Ein richtung nur zur Bewirtl,ung von Fürstlichkeiten oder doch wenigstens ton den Reichsten des In und Aus landes bestimmt zu sein scheint. Der mit dem Zwecke dieses Sasehauscs un bekannte Besucher wird sich aber hoch lichft verwundern, dort eine Gesell schaft von Gasten in geschäftlichen Ge sprächen zu finden, wie er sie bunter zusammengewürfelt wohl selten ge troffen hat. Geckenhaft aufgeputzte Gentlemen unterhalten sich im der traulichsten Tone mit Leuten in faden scheinigen Kaftanen ; wohlgenährte Herren, deren Anzüge den ersten Mo demagazinen Londons entstammen, den in England unvermeidlichen Zy linder auf dem Kopfe, schämen sich durchaus nicht, Individuen mit den ausgesprochendsten Abenteurerphysiog nomien, welche besser in ein verrusenes Spiel-Case passen würden, wohlwollend auf die Achsel zu klopsen oder gar Arm in Arm mit ihnen durch den Saal zu promeniren. Aber gerade unter den unscheinbar ften Gestalten sind einige, welche alle diese Kaffee schlurfenden, schmatzenden und Geschäfte abschließenden Menschen beherrschen, bei deren Erscheinen ein Flüstern im Saale entsteht, und deren Urtheil unwiderruflich gilt es sind die Diamantensursten, die sich hier, dem Weltmarkte der Edelsteine, von Zeit zu Zeit einsinden. Die interessanteste Figur ist jeden saUs jener kleine, bartlose Geselle mit den krummen Beinen, der, mit seinem ' ewigen, höhnischen Grinsen in dem draunledernen Gesicht, die Hände in den Hosentaschen, einem stutzerhaft ge Neideten Manne zuhört. Es ist Mister Houng, von Geburt ein Yankee, der sein Glück als Branntweinkrämer in Südafrika gemacht hat. Er könnte er zählen, wie er einmal einem Schwarzen ein großes Glas Rum einschenkte und als Bezahlung dasselbe Glas mit rothen Diamanten gefüllt bekam, oder wie sein Kompagnon, von den Speeren der Kaffern durchbohrt, neben ihm zu Boden sank und er Besitzer seines vollen Leder beutels wurde. Obwohl Mister Joung bereits seit mehreren Jahren seine ge sührlichen Expeditionen aufgegeben hat und nur noch von einem Diamantmarkt zum anderen reist, um für die geschliffe mn Steine Liebhaber zu finden, thut er doch noch gerade so, als habe er nicht mit civilisirten Menschen, sondern mit Kaffcrn und Hottentotten zu feilschen; nicht einmal sein Aeußeres zu ändern bält er der Müde werth. Der karirte Anzug sieht aus, als hätte ihn Miste? Boung schon in den steppen Asriia s getragen, und einen Kragen, Shlips oder Schnupftuch braucht er hier in diesem Prachtsaal ebenso wenig als auf inem Ochsenkarren Geld, Geld und noch einmal Geld ist bei ihm die Losung, alles Andere in Nebensache. Eines Tages waren die Gäste Cafe's besonders zahlreich vertreten und alle in sieberhaster Aufregung. Ein Holländer Tiamanthändler war einge troffen und bot eine große Anzahl der schönsten Steine zum Verkauf aus. Ab und zu ließ der schon ältliche behöbige Holländer seine Hand im Busen der schwinden und zeigte auf Wunsch einen tibtx den anderen Stein, welcher stets die Begierde bei den Kennern hervor rief. Am ersten Tage hatte der vorsichtige van Deeken, noch kein einziges Geschäft abgeschloffen, er begnügte sich, die Steine bereitwilligst bewundern zu laffen und wartete ruhig auf höhere Angebote um dann das Doppelte zu dnlangen und ein Viertel des Preises sich wieder abhandeln zu laffen. Fast gleichzeitig mit an Decken war ein Mann auf der Börse eingetroffen, der dort zum ersten Male gesehen wor den war, von kleiner, schwächlicher Ge statt, gebückt gehend und immer etwas hüstelnd, wie überhaupt das gelbe, run zelige Gesicht ein inneres Leiden ver rieth. Die ganze untere Partie des Gesichts war von einem leicht ergrau ten, langen Bollbart verhüllt, und der Fez saß bis auf die Augenbrauen in der Stirn. Ibrahim Effcndi, wie er sich nannte, ließ sich von verschiedenen Händlern Steine vorlegen, und da sich nach und nach das Gerücht verbreitete, daß er im Auftrage einiger orientalischen Größen die kostbarsten Diamanten erstehen sollte, und er aus Fragen durch geheimniß volles Schweigen oder dunkle Redens- arten das Gerücht bestätigte, s war der Zürke immer von Händlern umdrängt. Aber nichts schien deffen Erwartungen zu befriedigen, bis er endlich dem van Deeken in gebrochenem Englisch erklärte, die ihm gehörenden Steine ließen nichts zu wünschen übrig. Wenn er, van Deeken, eine genügende Anzahl von Diamanten mit sich führe, ließ sich wohl in gutes Geschäft abschließe, wobei beide Theile befriedigt sein würden. Tan Deeken war hoch erfreut und ging darauf ein, dem Türken am anderen Morgen in deffen elegante Wohnung, in derselben Straße gelegen, in der sich das ?afe befand, zu folgen. Das Haus war ein privates Hotel und wurde ganz besonders von den aus allen Anderen zugereisten Diamanten Händlern benutzt; auch van Deeken bette dort sein Quartier autgeschlagen. Jede Zimmerthür war oben mit einem Glasfenstcr versehen, so daß sich ein ängstlicher Mann nicht leicht vor einem Gewaltakt zu fürchten brauchte, denn auf dein Korridor eilten beständige Fremde oder Hausdiener auf und ab und am wenigsten fürchtete der ms kulöse van Decken den schwächlichen Türken. Ibrahim ließ sich den Schatz des Hol länders auf dem Tisch ausbreiten, und das Feilschen begann Da hörte ein Kellner in dein Ge schästszinimer Ibrahims HUlserufe er schallen. Er sah durch das Fenster und erblickte den Holländer, wie er hünde ringend und gleich einem Wahnsinnigen auf und ab rannte. Der herbeigerufene Wirth hielt es vorsichtiger Weise, im Falle, daß man es mit einem Geistesge störten zu thun habe, für nöthig, nach einem Konstabler zu schicken. Die ver schloffen? Thür ward mittelst eines Nach schlüssels geöffnet, und nun erfuhr man, daß van Decken, als er sich nach einen, heruntergefallenen Diamanten gcbückt hatte, von dem Türken plötzlich einen furchtbaren Schlag auf den Kopf erhal ten habe, wie der Holländer meinte, wahrscheinlich mit einem Gummi schlauch, und als er aus seiner Betäu bung erwachte, war der Türke nicht nur mit den auf dem Tische ausgebreiteten Diamanten verschwunden, sondern der Beraubte vermißte auch die übrigen werthvollen Steine, welche er in einem Beutel auf der Brust getragen hatte, sowie eine große Summe in Banknoten. Den Verlust gab er auf über 50,00 Pfund Sterling an. Die sofort herbeigeholte Krimliialpo- lizei stellte ein Verhör mit allen an, welche sich um diese Zeit auf den Corri doren oder im Portal des Hotels befun den hatten, aber Niemand wollte einen Türken das Haus haben verlassen sehen. Alle Bahnhöfe, alle Schiffe wurden un ter die genaueste Kontrolle gestellt, die Polizei setzte alle ihre Apparate in Be- wegung, um den leicht zu erkennenden alten, hustenden Türken zu saffen, aber die nächsten drei Tage brachten keinen Erfolg. Ibrahim Effendi war ver schwunden, und war nur anzunehmen, daß er sich in irgend einem Schlupf Winkel Londons versteckt hatte und eine Gelegenheit zum Entfliehen abwartete. Jedenfalls hatte man es hier mit einem ganz geriebenen Verbrecher zu thun. 2. Im Speisesaal eines der ersten Hotels Liverpools aßen kurze Zeit darauf spät am Abend ein Herr und eine Dame an einem Tisch für sich und ahmen unter fröhlichem Geplauder die Nachtmahlzcit ein. Die leise, kosende Weise, wie sie sich unterhielten, brachte jeden Beobach ter auf den Gedanken, daß er hier ein auf der Hochzeitsreise befindliches Ehe paar vor sich habe. Der Herr, eine stattliche Erscheinung, Mitte der Dreißi ger, mit leckem hellblondem schnurr- bart, war in ritterlicher Galanterie um seine Dame bemüht, und diese war wirk lich der Huldigungen werth. Die schlanke, zierliche, aber dennoch üppige Figur zeigte in ihren Bewegungen eine Sicherheit und Grazie, zugleich aber auch eine Lebhaftigkeit, welches das Auge entzückte. Schön konnte man sie gerade nicht nennen, dazu waren die Zuge etwas zu knabenhast, aber die schwarzen, funkeln- den Augen, der sammetbraune Teint, das üppige schwarze Haar, hinten in ei- nem nolen zufammengewunden, stem pelten sie so recht zu einem Kind des Südens, das mit seiner wilden Leiden- schaftlichkeit den kalten Nordländer be zaubert. Das enganliegende Kleid mit langer Schleppe zeigte eine etwas aus- fallende, aber geschmackvolle Farbenzu sammenstellung und Form, ebenso wie der breitkrämpige Strohhut mit weißen Straußenfedern keck auf der Seite saß- sie waren erst vor einem Tage im Hotel angekommen und schienen ein -chijf zu erwarten, denn sie hatten an gelegentlich die Fahrpläne der Dampfer ftudirt. Mister Harlington, Planta genbesitzcr in Brasilien, und Gemahlin, hatte er in's Fremdenbuch geschrieben ; er bewohnte mit der Dame zusammen zwei Zimmer im ersten Stock. Die Dame hatte den übrigen wenigen Gästen den Rücken gekehrt, warf aber jedesmal beim Ocffnen der Thür dem Eintretenden aus Neugierde einen schncl len Blick zu, ohne sich dabei in ihrer lci scn und, wie es schien, recht munteren Unterhaltung stören zu laffen. Ein neuer Gast betrat den Salon. setzte sich nicht weit entfernt von dem Pärchen an einen Tisch und vertiefte sich nach Bestellung einer Limonade in die neuestenTportderichte. Auf einmal zuckte er zusammen; ein von Lachen begleiteter. halblauter Ausruf war der Tame tnt schlüpft und ließ ihn das Zeitungsdlatt weglegen, einen Blick nach der Sprecherin werfen, dann aber gleich wieder unbe- kümmert weiterlesen. Nach einigen Mi- nuten trank er sein Glas Limonade aus, bezahlte den Kellner und verließ das Lokal, ohne den Beiden einen weiteren Blick zu gönnen. Auf der Straße erkundigte er sich bei dem ersten Konstabler nach der nächsten Polizeiwache und schlug eiligst den be j schriebenen Weg ein. Eben "bog er um, n trennte, als er mit einem kleinen, ein fach gekleideten Herrn zusammenrannte, j aber ehe er noch ein Wort der Entschul i diauna hätte sagen können, hatte ihn der Andere trotz der Tunkelheit erkannt und riet: Hailoh, Mister Hammond, das nenne ich ein ZuiammentreNen ! Kommen Sie ntra deswegen von jen, scits des Ozeans her um mich über den ! Haufen zu rennen?" i Und er streckte ihm lachend die Hand entgegen; es war ein Detektive, welcher sich eben dienstlich in Liverpool aushielt, und zwar eben derselbe, aus dessen Munde der Erzähler die Einzelheiten dieser Geschichte erfuhr. Ein Glück, daß Sie der Zufall ge rade jetzt mir in den Weg führt," sagte erfreut der mit Hammond Abgeredete und schüttelte dem Detektiv die Hand. Soeben wollte ich auf der Polizei eine Anzeige machen, welche vielleicht von großer Wichtigkeit ist. Jetzt, da ich Sie getroffen habe, können Sie mit Ihrer Erfahrung mir die Sache abnehmen. Haben Sie vielleicht für eine viertel Stunde Zeit, mich anzuhören?" Gewiß, wenn es Etwas zu fangen giebt, habe ich Tag nd Nacht Zeit," erwiderte' der Detektive. Hanimond ahm seinen Arm und be gann ohne Weiteres zu erzählen, wüh rend sie langsam eine menschenleere Straße auf und ab gegangen waren. Sie wissen, daß ich bis vor einem Jahre die Vereinigten Staaten als Pferdehändler bereiste. Mein ?eruf brachte mich nicht nur mit Sportsleuten zusammen, sondern auch häufig mit Circusbesitzern und Artisten. So hatte ich auch einmal mit dem Direktor einer wandernden Kunstreiter Gesellschaft, welche damals gerade in New Z)rt gastirte, eine Lieferung von Pferden abzumachen, und da so ein Geschäft nicht gleich abgeschlossen ist, sondern mit Besichtigung und Reiten der Thiere ein Tag nach dem anderen hingeht, machte ich auch genauere Bekanntschaft nt dem Personal, wohnte ihren Vorstellungen bei und nahm nach diesen auch an ihren Soupers Theil. Es kam sehr viel dar- auf an, daß die Kunstreiter und i!ctte rinnen, welche später nieine Pferde benutzen sollten, über diese beiin Probe- reiten ein gunstiges Urtheil abgaben, und so ließ ich es denn bei den Äbend mablzeiten an Wein und an Sekt nicht fehlen, wofür ich auf Gegendank rech- nen durste. Die beste Kraft der Gesellschaft war ohne Zweifel der Voltigeur, ein gewiffer James Gregor, oder, wie er sich nt seinem Künstlernamen nannte, Antonio. Er sollte aus einer guten, amerikani schen Familie stammen, von einer ita- lienischcn Mutter, und eine sorgsame Erziehung genoffen haben, aber wegen schlechter Sireiche in Geldangelcgenhei- ten von seinem Vater verstoßen worden sein. Man erzählte sich von ihm, daß er erst, nach der Verstoßung aus den. Hause, in einer kleinen Singspielhalle als Eharakterdarstellcr und auch öfters in Damenrollen aufgetreten sei, wozu sich sein hübsches, mädchenhaftes Gesicht, die hohe, vibrirendc Stimme und seine biegsame Gestalt, in der statt Knochen Sprungfedern zu stecken schienen, sehr gut geeignet hätten. Jetzt war er in dieser Gesellschaft als Voltigeur enga- girt und leistete aus ungesatteltem Pferde ganz Erstaunliches. James Gregor wurde aber weder bei diesem Namen noch Antonio geru fen, sondern hieß allgemein bei seinen Kollegen Santa Madonna", weil er diesen Ausruf als ein Zeichen der Freude, des Erstaunens oder auch als eine Verwünschung fortwährend im Munde führte. Vielleicht war ihm die Bezeichnung Santa Madonna" oder kurz Madonna" darum ironisch gege den worden, weil er ein sehr wüstes, unmoralisches Leben führte und seine frühere Thätigkeit als Tamendarsteller bekannt war. Ich konnte den frivolen Burschen Nicht ausstehen und mußte! Mich doch gerade mit ihm, der wegen seiner Geschicklichkcit im Reiten auf die übrigen Mitglieder eine gewiffe Autori tät ausübte, sehr viel abgeben. Etwa ein halbes Jahr später reiste ich nach einer Farm in der Nahe von St. Louis, deren Besitzer, Mister X., mir einige Pferde abgekauft und mir noch aufgetragen hatte, wenn ich in Besitz eines besonders wcrthvollen Thieres kommen sollte, ihm dies mitzubringen. Mister X. war erst seit kurzer Zeit ver- heirathet und wollte seine Gemahlin, eine kühne Reiterin, mit diesem Ge schenk überraschen. So hatte ich außer den bereits gekauften drei Pferden noch ein viertes, eine Prachtvolle, arabische Stute, bei mir. Mister X., seinen Namen muß ich verschweigen, empfing mich auch dem etwa zwei Stunden von seiner Villa entfernten Bahnhofe und war mit dem Kaufe des Arabers sosort einverstanden. Wir langten auf der Farm an. und während meine beiden Reitknechte in dem von einer Fenz eingeschlossenen Porhofe die Zügel der vier Pferde kiel ten, von denen nur der Araber ungcsat tclt war, lud mich er Herr ein, im Hause eine Ersrischung einzunehmen, Kaum waren wir in das Empfangs ZimnM getreten, als auf einmal die Hilferufe eines Weibes durch das Haus gellten. Mein Wirth verliert plötzlich alle Farbe und stürzt aus dem Gemach Ich solgc ihm mechanisch und erreichte , eben den Korridor, als eine weibliche Gestalt an mir vorbeischießt und zur Hausthür hinaus. Wie ich im nächsten Augenblick edensalls vor die Thüre trete, ist mir doch, als sollte ich zur, knecht und reckt noch die Hand aus, in welcher er den Zügel des Arabers ge halten hat, und dieser selbst fliegt eben, mit einem Weide auf dem sattelloscn Rücken. über die zwei Meter hohe Fenz , hinwez. Wie ich noch halberftarrt dastehe. stürmt Mister X. durch den Korridor, schleudert mich aus dem Tbürrahmcn, sitzt im nächsten Moment auf dem Rücken eines anderen icincr Pferde und schreit wie außer sich: Jhin nach, ihm nach," während er derselben Stelle der Fenz zu sprengt, wo der Araber hin übergesetzt war. Jetzt werde ich auch lebendig; ich springe auf das besit der letzten beiden Thiere, nchnie aber vov sichtiger Weise meinen Weg durch das etwas abseits gelegene Hofthor, und wie ich hinauskomme, galoppirt das Pserd meines Wirthes frei aus der Wiese herum, während er scX'st neben der Fenz im Grase liegt, mir aber heftig winkt, dem Flüchtling zu folgen, wcl cher schon einen bedeutenden Porsprung hatte. Das war ein wilder Ritt, und zu gleich ein hoffnungsloser der Araber war mir bald aus den Augen. Nach fünf Stunden kam ich zurück, den hin kenden Araber am Zügel führend; ich hatte ihn nach etwa einer Stunde in einein Wäldchen schaumbedeckt und zit tcrnd stehend gefunden, mit einer tiescn Wunde an dem linken Vorderbein, wahrscheinlich durch einen Sturz zuge zogen. Von dem Flüchtling fehlte mir jede Spur, ich befand mich in einer menschenleeren, mir unbekannten Ge gend, und so hielt ich es für das Beste, nach der Farm zurückzukehren. Mister lt., den Arm in der Binde, hörte schweigend meinen Bericht an, gab mir eine Anweisung auf die Summe, welche ich für den Araber ver langt hatte, besichtigte deffen Wunde, zog alles ohne ein Wort zu sagen einen Revolver aus der Tasche und jagte der Stute eine Kugel's in's Ge Hirn. Nachdem sich seine Wuth etwas gelegt hatte, theilte er mir, mein Schweigen erbittend, den Anlaß zu dieser sonder baren Scene mit. Vor einigen Wochen hatte Mister X. in den Zeitungen um eine Kammerzofe für seine Gemahlin annoncirt. Es hatte sich auch bald ein junges Mädchen ge meldet, dessen Papiere auf Mary Sim mcrs lauteten, und war von Mistreß X. angenommen worden. Sie war mit der neuen Jose sehr zufrieden, nur einmal hatte sie ihrem Gemahl so nebenbei ge äußert, daß das Mädchen öfters ein son derbares, unruhiges Benehmen an sich habe. Heute war Mister X. zur rechten Zeit zurückgekehrt, um seine Frau aus den Händen dieser Person zu retten. Er mußte von ihr hören, daß die an gcbliche Kammerzofe ein verkleideter Mann war und einen Raubanfall ver sucht hatte. Mister F. brach in meiner Gegen wart die Koffer des angeblichen Müd chens auf, und meine Ahnung hatte mich nicht betrogen, als wir die Papiere von James Gregory vorfanden. Nun muß ich aber noch erwähnen, daß ich auch erfahren hatte, wie dieser Gregory vor etwa drei Monaten plötzlich jene KünstlergeseUschast verlaffen hatte und seitdem nicht mehr gesehen worden war, als durch besondere Umstände der Ver dacht auf ihn gefallen war, bei ieinem Raubanfall in einer kleinen Stadt, wo der Zirkus gerade gastirte, seine Hand mit im Spiele gehabt zu haben. Ich sand diese Vermuthung hiermit be stätigt, denn die Koffer enthielten eine Menge jener geraubten Gegenstände, wie sie damals in allen Zeitungen ge nau beschrieben waren. Auch Mister X. hatte wahrscheinlich dieselben Gedanken wie ich, doch meinem Versprechen ge mäß, dem Flüchtling nicht weiter nach- zuspllrcn, behielt ich diese Entdeckung für mich. James Gregory, oder die Madonna, blieb seitdem für mich verschollen. Vorhin nun", schloß der Pferde Händler seine Erzählung, gehe ich nicht weit von hier in ein Hotel, als ich die Ehre habe, der Santa Madonna" zum dritten Male zu begegnen und zwar diesmal, wie es schien, als jung ver heirathcte Frau in Begleitung ihres Mannes. Ich hätte sie oder vielmehr ihn nicht wiedererkannt, denn das sonst blaffe Gesicht hatte er braun gefärbt und sein Damenkostüm verstellte ihn sehr. Da hörte ich ihn mit einem Male .Santa Madanna" rufen, mit einem so eigenthümlichen Tonfall und von! einem so eigenartigen Lachen begleit, t, daß ich ihn an diesen beiden Worten unter Tausenden herausfinden wollte." Ter Detektive hatte aufmerksam und nachdenkend zugehört; als Hammond nicht weiter sprach, sagte er endlich: Und nun gedenken Sie diesen Gre gory verhaften zu laffen. Aber auf welchen Grund, wenn Sie die von ihm in Amerika verübten Thaten verschwei gen wollen?" Diese Frage wundert mich von Ihnen", entgegncte erstaunt der Pferde Händler. Es ist doch allcin schon ein Vergehen gegen die Gesetze, daß er sich als Frau ausgiebt. Und dann ist dcch sicher zu vermuthen, daß sich Gregory ent weder unter der Frauenmaske verbirgt. weil er ein Verbrechen begangen hat. joder weil er eins zu begehen beabsich- tigt. Jedenfalls hat er sich überhaupt ver Vcrbrecherkarriere gewidmet, und der Herr, der sich als Ehemann aus- sich damals bei Mistreß X. als Kam merzest eingefchlichen, hatte doch nur den Zweck, einen neuen Raub zu be gehen, und nur durch seine vorzeitige Eile wurde er an sich selbst zum Ver rälher." Ganz meine Meinung, das beißt. wenn Sie sich nicbt in der Tame ge tauicht haben ! ti. sagte lächelnd der Detec i Hundert Psund zum Pfande, ist er es nicht. Ter Ausruf, die Stimme, da Lachen, die Bewegungen keinZweisel es ist James Gregory; nd wen Sie die Verhaftung dieses Schurken nicht vornehmen wollen, suche ich jemand Anderen " Nur gemach, Mister Hammond, gleich sind wir aus der Polizei-Ttation", unterbrach der Detektive den Ausgc rcgtcn. Dann mache ich Sie nur noch darauf aujmerksain, daß dieser Gregory sich jedenfalls nicht ohne Weiteres verhaften lassen wird. Ich habe ihn in der Menage reiten sehen und weiß daher, daß er ein tollkühner Bursche ist, und trotz seiner schmächtigen Gestalt stählerne Muskeln besitzt." Der Direktor nickt nur und bat ihn, vor der Thüre der unterdcß erreichten Polizei Station zu warten. Einige Minuten später kam er in Begleitung von sechs unisormirten Konstablcrn wie der heraus und alle schlugen den Weg nach den Hotel ein. Es war schon gegen elf Uhr, als der Detektive mit seiner Begleitung, dicht an der Häuserwand hingehend, unbe merkt das Hotel erreichte. Er ließ die sechs Männer in der Hausflur warten, trat an den Schalter des Portiers und bat Hammond, den betreffenden Herrn und die Dame zu beschreiben, worauf der Portier sie als Mister Harlington und Frau bezeichnete. Der Wirth wurde gerufen, der Detektive lcgitimirte sich, erklärte Ersteren,, daß er Mister Harlington nebst Gemahlin z ver haften habe, und fragte, wo diese sich jetzt befänden. Als der Zimmerkellner sagte, daß sie sich eben erst in ihre Zimmer im ersten Stock begeben hätten, welche nur unter sich und durch je eine Thür mit dem Korridor verbunden waren, postirte der Detektive auf der Straße unter, den Zimmcrfenstern drei Policelcutc und begab sich mit den anderen drei, Ham mond und dem Wirth geräuschlos in den ersten Stock. ' Durch eine Ritze der Schlafzimmer- thür des Ehepaares schimmerte Licht. Der Verabredung gemäß klopfte der Wirth an die Thür und wünschte Mister Harlington zu sprechen. Drinnen wurde ein Kofferdeckel zugeschlagen und man hörte lei e nuttern. Tann wurde der Riegel zurückgeschoben und die Thür von Mister Harlington geöffnet, wäh- rend die Tame sich mehr im Hinter- gründ des Zimmers befand, beide voll ständig angezogen. Neben dem Wirth stand nur noch der Detektive, welcher jetzt, die rechte Hand in der Rocktasche am Revolver, etwas vortrat und ruhig fragte, sich mehr der Tame zuwendend: Habe ich das Vergnügen, mit James Gregory zu sprechen?" Erbleichend taumelte der Herr zurück uno stutzte sich mit den Händen aus die Tischkante. Ganz anders war das Ver halten der Dame.- Sie sah, wie jetzt auf ein Zeichen des Detektives die Kon ftablcr in's Zimmer drangen, iin Nu hatte sie ihr Kleid aufgerafft, so daß man unter diesem die Herrenbeinkleidcr sehen konnte, und stand mit einem Satze in dem geöffneten Fenster. Wohl sprang der Detektive mit ausgebreiteten Armen nach ihr hin, um sie zu fassen, aber er griff in die Luft die Frauen gestalt hatte den Sprung aus dem sehr hohen Stockwerk gewagt. Da gellte ein entsetzlicher, kurzer Wcheruf durch die Nacht, ein Krachen, als würde ein irdener Topf auf dem Pflaster der Straße zerschmettert und alles war wieder still. Der Detektive lehnte sich zum Fenster hinaus. Tann wandte er sich um und sagte erschüttert zu Hammond: Ich komme zu spät; Gott hat gerichtet." Beide gingen hinab auf die Straße, Harlington den Konstablcrn überlassend. Auch wenn nicht die drei Policeleute unten postirt gewesen wären, märe doch die Flucht Grcqoru's vereitelt worden. Die lange Schleppe seines Gewandes hatte sich an einem Haken des Parterre Fensters gefangen, der hcrabsausende Körper war durch den Ruck mit ver doppelter Schnelle vornüber und der Kopf hart auf die Granitplattcn ge- schlagen Herbeigeholte Mannschaften trans portirten die Leiche, Mister Harlington und alle vorgefundenen Effekten nach der Wache, wo zuerst die Entkleidung des todten Gregory vorgenommen wurde. Es zeigte sich, daß er unter dem Tamenkleid einen vollständigen Herrenanzug trug, so daß er nur das dünne Oberllcid, den Hut und die Per rücke abzuwerfen und eine in der Tasche verborgene Mutze auszusetzen brauchte. um wieder als Herr aufzutreten. Als der Detektive das mit Luft aus geblasene Korsett öffnete, nahmen seine Züge auf einmal einen überraschten Ausdruck an. Er nahm von der Brust des Todten einen Beutel, hielt ihn hoch empor und nes: Gentlemen, die Tia manten des Holländers." Nach iwni gen Minuten hatten sie auch denen Brieftasche mit Banknoten, von denen nur wenige fehlten, am Körper der Leiche gesunden. Am nächsten Tage wurden die Koffer des sauberen Ehepaares grundlich un tcrsucht, und was gesunden wurde, er j regte nicht mehr sonderliches Erstaunen. re rniuiriirn niuji mit vic nteiutr vrs Türken", den wnqen Bart und Fez. sondern auch eine Menge anderer fal scher Bärte, Männer und Damen konüine, elegant, einfach und arm. Haarsarbcmiltel, Perrücken u. s. w. Wider Erwarten war Harlington, für den vorläufig nur belastend war, daß er von der Verkleidung des Gregory gewußt und sie begünstigt habe, und auf dessen Ableugnen der Mitthäter schast man sich gesüßt gemacht hatte, völlig geständig. Vor eiuiger Zeit hatte ihn Grcgory, mit dem er früher einmal in einem Eircns zusammen gearbeitet hatte, in Amerika im ticsstcn Elend ge funden uud ihm geholfen. Dem bered tc James war es leicht gewesen, ihn durch glänzende Verlockungen dahin zu bringen, daß er ihm, Gregor, bei einem sehr verbrecherischen Vorhaben helfe die Aussicht, mit einem Male ein reicher Mann zu werden, hatte ihn verblendet. Beide reisten nach London, wo sie ein unscheinbares Privatlogis bewohnten, bis Gregory die Ankunst des holländi schen DiamantcnhändlcrS erfuhr. Nun verschaffte sich der geriebene Gauner Pserd nd Wagen, und Harlington mußte in einer Livree als Kutscher firn gircn. Mit dein vorbereiteten Gepäck fuhr Gregory nach jenem Hotel, kleidete sich unterwegs als Türke an und trat als Ibrahim Effendi auf. Nach der Beraubung des Holländers verbarg er das Obergewand, den Bart und den Fez des Türken am Körper und bestieg, hoch aufgerichtet und als Gentleman verkleidet, seinen Wagen, welcher bereits auf ihn gewartet hatte. Während einer langen Spazierfahrt in einen, Parke Londons zog sich Gre gory als Dame an und stieg dann in einem Hotel ab, wartete, bis er von Harlington, der sich unterdessen in einen noblen Herrn verwandelt hatte, abgeholt wurde, und beide fuhren nach Liverpool, um mit dem nächsten Dam pfer nach Sydney zu gehen. Da hatte das Schicksal der Verbrecherlaufbahn Gregorys ein Ziel gesetzt, indem es ihm oen Pferdehändler in den Weg schickte, welcher ihn an dem Ausruf Santa Madonna" erkannte und seine Vcrhaf tung anregte. Die reiche Belohnung des glücklichen Holländers, der sich bereits am vierten Tage wieder im Besitze seiner Schätze sah, nahm der Detektive zwar an, stellte sie jedoch dem Pferdehändler zur Verfü gung. Dieser aber ein sehr wohlhabcn der Mann, schlug jedes Anerbieten ab. An demselben Abend berichtete er nur noch dem Farmbesitzer in St. Louis, wie die frühere Kammerzofe seiner Ge mahlin dem Arm der Gerechtigkeit nicht entgangen sei. Der Walfisch ; Zürich. Man schreibt der Frkf. 3ta." aus Zürich: Passirte da letzthin in unserer ehrsamen Stadt ein ergötzliches Stück chen. Aus hohem Norden kam ein Un ternchmer hergcreist, der einen angeblich frisch gefangenen Walfisch mitbrachte, von dem behauptet wurde, er sei so vor trefflich conservirt, daß er sich noch Jahre lang im besten Zustande erhalten könne. Gut. Die Stadtbehörde giebt die Er laubniß zur Ausstellung des Seeunge heners, und bald erhebt sich am lieb lichen Utoquai eine lange Bretter bude, in welcher der Freund Aegir's den Wiffendurstigcn vorgeführt wird. Aber nach wenigen Tagen schon geht ein Jammerruf durch die Stadt: der Wal fisch riecht so entsetzlich, daß das ganze Viertel verpestet wird. Recriminationen erfolgen von allen Seiten. Endlich ent schließt sich der Stadtrath, den Mann mit seinem dustenden Begleiter abzu schieben. Aber, o weh! Der brave Walsischjäger hatte inzwischen mehreren Bürgern Bären angebunden, als er eines Tages in aller Stille verduften" wollte, fand sich der gestrenge Stadt amtmann bei ihm ein und pfändete den Wal,,,ch. Run war guter Rath theuer. War der Mann boshaft, so ließ er ruhig den sauberen Fisch in der Obhut der Behörden zurück, und die Stadt behielt ihren Geruch. Einige schlugen schon vor, man müsse den Wal auf das Rathhaus schaffen, vielleicht daß dann die Stadtväter in ihrer Noth einen Ausweg fänden. Nachdem schließ lich die Sorge einen Tag und eine Nacht gedauert, entschloß sich der Herr des Wales, zu bezahlen, und gleich darauf dampfte er mit seiner zum zwei ten Male eroberten Beute ab, während die gerettete Stadt hoch aufathmete. ein Panzerschiff aus dem Jahre i.vrn. Gegenüber der weit verbreiteten An sicht, daß die Kriegspanzcrschiffe ein Produkt der jüngsten Zeit seien, ist es vielleicht interessant, daran zu erinnern, daß schon die alten Johanniter-Ritter ein Panzerschiff besagen, welches sich aller dings von unseren mit Stahl gepanzer ten Tampferkolossen wesentlich unter schied. Jenes alte Fahrzeug war im Jahre 15;)0 erbaut und gehörte zu dem Geschwader, das von Karl V. gegen Tunis gesandt wurde. Ter berübnitc Andreas Toria kommandirte jenen Zug, der mit der Eroberung von Tunis endete. Tas Panzerschiff Sa. Anna trug nicht wenig zu diesem Erfolg bei. ES führte eine Menge Kanonenhatte eine für damalige Zeiten ganz unqe wöhnlich starke Besatzung von 3iK Mann und war in jeder Beziehung prachtvoll ausgestattet. Es besaß eine eigene Bäckerei, die täglich frisches Brod lieseitk. und eine Kapelle : das Merk- würdigste aber war sein mit Nageln am -chiffskörpcr befestigter Bleipanzer, der das Schiff, das oft in der heiKcNrn Aktion war. gegen die damaligen ie schone vollkommen undurchdringlich . machte. !