Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, July 18, 1895, Image 12

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    tlnichlinj ivrfjumt !
'.'iouiUnlf iu'ii
'"jH-iocr
Ob tie kraut ober nur nuibc nuir?
Es bcMiaitnitc ibn sehr. Sie fab so
lu'Mid) aus mit Dem im Scklummer
leicht zur 2 eile iV'tH-nIi-u Köpfeten.
Tas schwarze 2ptzeiitck nun balb von
6cm Iidjtbraiinen, welligen 2Aitcl
lieriibiictihttcn. umrahmte über noch lose
das seine, fiirblofc Mestchtsc-Ml und ver
lieh ihm ctipoä l'iaboiinciitHinc. 2ic
f.ih und) recht imu und troh ibrer
schlichten, dunklen :Kctfetlt-ioiina, icl)r(
Dornefynt au. Unixrtfnnbar uuj
gutem Haufe !" buchte Freiherr u. iKcii)-- j
in, ber sie von feiner entfernten Ecf!
I,er schon geraume mit Jntcleffe beob
chtele. Aber es liegt etwa 2merv
liches in il,rem Gefickt !" mmuilinzisirtc
meitcr. Möchte wissen, welche ;
(iefiiiirf diese jiimi GefituU'f so allein
in bie Welt hiiiuiistreibt !" J
Jlmi siel ein Bild ein. das; er wieder
holt in den 2chaufenstern ber Buch
Wndlnngcn gefeiten : ..Verlassen !"
Tara erinnerte dieses schlummernde,
fchiimrwcfleibete Madckr, das l)icr so
allein in dem Wartezimmer Weiler
lasse sas, in eine tefc gedrückt und
verschanzt hinter einer großen, offenbar
schweren Reisetasche und der Zauber
des stillen Gesichts, welches ihn anzog
und fesselte wie vorbei keines in dem
Lebe, machte ihn blind und taub für
Alles rings umher. Er achtete nicht
der beginnenden Unruhe in seiner Um
gebung. überhörte die 2timme des
2chassners. welcher zum Einsteigen rief,
unb gewahrte es nicht, wie sich ber
Waitcsiml allmählich entleerte. Erst
der schrille Pfiff der Lokomotive schreckte
ihn jäh aus seinem wachen Traume
aus. Ta griff er allerdings hurtig
nach feinern Handgepäck und eilte aus
den Perron. Ist das schon der
Tchncllzug nach B.?"
Ter Angerufene nickte zustimmend,
..Aber 2ie kommen nicht mehr mit.
Ta läuft er ja schon !"
Ta lief er allerdings ! Und Rechlin
blickte ihm ärgerlich ach. Tas war
fatal ! 2o mnthwillig den Anschluß ,zu
versäumen ! Ter nächste (niricrzug kam
erst um t Uhr 45, also nahezu vier
Stunden spater ! Und er war dann erst
Abends daheim. Freilich erwartete ihn
'Niemand, dem die Verspätung 2orgc
bereitet hätte. Tas war eine ber guten
Seiten des in bem Uebrigen recht reiz
losen Iuiiggesellcnlebcns, 2o wollte
er denn das kleine, selbstverschuldete
Pech mit lrlaffenheit tragen und feinen
Humor sogleich durch einen guten affee
zu beleben' trachten. tfin paar Zeitun
gen würben ja wohl auch zu habe sein.
' Im Umwenden bemerkte Rcchlin.
daß die unschuldige Ursache seines
Aergers, das blaffe, schwarzgekleidete
Mädchen, vor ihm stand und dem jetzt
nur noch in der Ferne sichtbaren Bahn
zuge mit bestürzter Nciene nachschaute.
Tiefe Anblick zog seine Gebauten von
der eigenen Person ab. Wie es scheint,
habe auch Sie bc Anschluß versäumt,
mein gnädiges Fräulein," sagte er, nt
chöflichcnt Gruße nähertretend. Sie
nickte. Verschlafen habe ich ihn ! Ich
war so todtmiibe von der anstrengenden
Reise. Ich komme von Rußland."
Hier schien es ihr einzufallen, daß
tvcitcrc Bkitiheilungen dein Fremden gc
genüber nicht am Platze feien: sie er
rbthete schwach und bückte sich nach ber
neben ihr flehenden Reisetasche.
Ta müssen Sie wohl in'ö Wartczim
wer zurück?"
Was bleibt mir Anderes übrig?"
sagte sie lit einem kleinen, müden
Seufzer.
...Wenn Sie die Ihrigen durch eine
Tepesche zu beruhige wünsche, so stehe
ich gern z Ticnstcn."
,Sie sind sehr gütig, dessen bedarf
'es nicht. Ich besitze keine Angehörigen
mehr."
Tas klang ziemlich abweisend, aber
ein Etwas in ihrem Gesicht, der bittere,
freudlose Zug, welcher jetzt schärfer her
vortrat, veranlaßte ihn. davon keine
?!otiz z nehmen.
Sie frieren!" sagte er. als sie leicht
zusammenschauerte. Ich werde uns
jetzt vor Allem einen guten, heißen
Kaffee bestellen, und Sie iverden mir
gestatten, ihn in Ihrer Gesellschaft zu
trinken!"
Unschlüssig blickte sie ihn an. aber
ihre Augen verriethen, daß sie wünschte,
ja" sagen zu dürfen. Er sah so gut
unb zutrauenerweckend ans: jede Bewe
gung, jedes Wort verriethen den Eava
itcr. lind sie empfand seine wanne,
sympathische Stimme förmlich als phy
fische Wohlthat in ihrer gegenwärtigen
Verlaffenheit.
Wenn ein paar Seefahrer Schiff
bruch erleiden und gemeinsam an eine
öde Küste verschlagen werden, so fällt es
ihnen gewiß nicht ein, im Salonstil zu
sanimcn zu verkehren, sondern sie wer
den sich ohne Zeremoniell verbrüdern
und einander ihre schlimme Lage in ehr
lichcr Kameradschaft zu erleichtern suchen.
Tas ist unser Fall, mein gnädiges
Fräulein."
Nehmen wir es so." cntgegnetc sie
lächelnd. Ich muß gestehen, mir war
auch recht bange vor dieser endlosen
Wartezeit. Später im Tamcncoupc
fühle ich mich dann gewissermaßen wie
der unter Schutz."
So ging er denn, die Bestellung zu
-machen und fand bei feiner Rückkehr die
.Schiffbrüchige" sehr zu ihrem Vortheil
verändert. Sie halte Mantel und Kops
tuch abgelegt, ilir goldbraunes Haar
frisch geglättet und faß nun in einem
anschließenden, schwarzen Tuchkleide.
da ifcrr schon nrodfllirte et-!t !?'.!
;i:r Weitung brachte, ganz br-'rcn-l,.if:
dcbagl'zch btr.tet dem runden Zi'ck.
;:ber Mi der eil:'. soeben eine ! .:!.;
totbe lecke breitete. 2ie war über-
bannt wunberhubfed mit ihrem feinen,
weißen t'ieficht. den ticfbrauneii Augen.
und dem runbcit vollen MunDcken, das ichlcr Nimmt es mich dock teil! Wun
iii Form und Farbe euer Herzlirfcke . der! Es liegt etwas in Ihiem Besicht
glich. Nachdem J!a"ce gebracht worden ! Fräulein von Scarbina. bas zum Ver-'
ivar. übernahm sie mit Anmuth das trauen, zur Äiltbcilfamkeit anregt.
Amt des tinfckankcns. j Und dann ick babe in Gcfulil. als ob ,
Tie 2 vniie. welche sich so lange hinter , wir auch binsichtlich ?cs Allclnftcbens
bleifarbigen 'Wolken versteckt gehalten. Z 2ckickfalsgeiio'sen seien!" ;
brach gleichzeitig golden burch und um- ..Tarin irren 2ie nickt. Auch meine
wob das anfprechenbe Bild mit einer ! ebensgefchichte ,'t in kurzen Worten er-
sckiinmernben Glorie. ,.in gute?! zahlt. Äcin Vater war polnischer Ab-
Omen für bie neu gefchlonenc Allianz !" staininung. Seine Guter lagen an
sagte Recht in heiter. 0r tiattc feiner ber fchlefifchpoliiifchen Grenze: er ver- j
Brieftasche eine Karte entnommen, bieilor fie ohne eigenes Verschulden, durch!
er nun neben der lasse der jungen , eine unglückliche Konstellation der Ver-,
Tarne legte. Tainit Sie es ganz! baltnifse. Bald nach der Katastrophe!
genau wissen, wein die br? der ait
sreunblchaft an ihrem Tische zu Theil
wirb, mein gnabigez Fräulein."
(Mit schalkhaftes fächeln umspielte
ihren Mund. Aber bas ist ja gegen
die Gepflogenheit der ..Schiffbrüchigen",
wenn ich 2ie vordem recht verstaub.
Tie wurden einander einfach ihren
Name nennen. Und so thue ich denn
auch: Valesca von 2carbina.
(r verneigte sich tief und respektvoll,
dann nahm er ihr gegenüber Platz unb
empfing feine Taye aus ihrer Hand.
Wenn das Rauchen hier gestattet ist !
mich genirt es nicht." sagte ,vräu-!
lein v. :carblna. Bald kraulelten sich
beim auch zartblaue Wölkchen von Rech
lin 's Zigarette auf und zerflossen in,
Emporsteigen in phantastische Figuren,
denen er voll träumerischen Behagens
nachschaute. (Hwt Weile ließen Beide
das Wohlthuende der Angenblickssitua
lion schweigend auf sich einwirken.
Sie wissen nicht, was Sie mir mit
dieser Stunde traulicher Gemeinschaft
gegeben haben, mein gnädiges Frän
lein." sagte Rechlin plötzlich. Sie
blickte ihn ungläubig an, aber ber lernst
feiner Züge ließ sie erkennen, baß feinen
Worten Anbcrcs als banale Höflichkeit
zu Grunde lag. Ta begann er auch
schon wieder: Als meine Mutter noch
lebte, war mir diese Kaffeestunde, in
der wir die Ereignisse der verflossenen
wie der kommenden Tage besprachen,
ganz besonders lieb, Seitbein die treue
Genossin mich verließ feit drei Iah
rett also pflegen mich gerade zu dieser
Zeit die (5rinncrungsschinerzcn mit be
sonbcrcr Gewalt heimzusuchen, und die
Einsamkeit legt sich mir dann wie ein
Alp aus die Seele."
Tas verstehe ich nicht! sagte Va
lesca v. Tcarbina. Warum find Sie
denn einsam t (in Mann kann sich
doch sein Leben mit eigener Hand formen
und ausgestalten wie der Bildner feine
Statue!'''
..Wenn feine Finger und der zu
formende Stoff nicht zu spröde gcmor
den!" enkgcgnete Rechlin mit traurig
ironischem Lächeln. ..Ich versäumte
eben auch hierin den Anschluß! Tcn
Anschluß an Liebe, an Freundschaft, an
Alles, was das Tascin lebcnswerlh
macht, und fühle mich weltfremd, trotz
meiner ncununddrcißig Jahre. Sie
sollen mein ..currieulmri vitae" ver
nehmen, gnädiges Fräulein, wenn es
Sie nicht langweilt; es ist im Grunde
recht inhaltlos und umschließt dennoch
für mich eine große Summe von Glück
und Leid. Ich bin (Gutsbesitzer in der
Mark. Rcchlinshaufen und Uckerow
gehörten den Rcchlin's feit Urzeiten und
wurden immer vom Stammältcsten,
der auch immer Hans Claudius hieß,
übernommen. Ich war meiner (5ltcrn
einziges Kind und kam. da uns mein
guter Pater vorzeitig durch einen Jagd-
untall entrissen wurde, schon sebr lunq
zur Uebernahme ber Güter. Tantals
hatte ich gerabc bei der Kavallerie mein
Jahr abgcbient und wäre gern im Re
gimcnte geblieben. Aber nun rief die
Pflicht. ' Und nun kapselte ich mich mit
meiner Mutter in :iechlinshauscn ein.
Sie war eine engclsgute und gleichzeitig
? v.it Srtvrt UtlhitnA n,tl
sehr geistvolle Frau, deren Bildung weil
über das weibliche Turchschnittsmaß
hinausging. Wir lasen gute Bücher
miteinander, rnusicirten gemeinschaftlich
und eben so fand ich bei ihr jederzeit
Verständniß und Interesse für meinen
landwirthfchaftlichen Beruf, dem ich
mich, da er mir zusagte, mit Eifer hin
gab. Sie können sich benken, daß mir
unter solchen Umständen unser Still
leben, bas durch kleine Somuterreisen
und nachbarlichen Verkehr gelegentlich
angenehm unterbrochen würbe, recht zu
sagte. So verflossen bie Jahre. Bis
weilen mahnte mich mein Mütterchen
daran, daß eö Zeit für mich werde Rech
linshaufen eine junge Hausfrau zu
geben. Und ich sagte lachend: Ja, ja!"
Aber es war uns Beiden nicht ernst da
mit. Wir waren so glücklich mit einan
ber! Und Keines von uns vermochte den
Gedanken zu fassen, der Tod könne diese
harmonische (Gemeinschaft eines Tages
mit rauher Hand zerstören. Tennoch
kam es so! Tie döse Influenza strich ver
heerend dnrch's Land und forderte ihre
Opfer in Schloß und Hütte" tiefath
inend hielt er inne und bedeckte feine Au
gen mit der Hand.
Sprechen Sie nicht weiter ich er
rathe Alles!" sagte Valesca Scarbina.
Und ich kaun es Ihnen nachempfinden,
wie einsam Sie sich jetzt fühlen! Wie
leer Ihnen plötzlich das ganze Leben er
scheint!" Tie Aurikelaugen schauten ihn voll
schüchterner Theilnahme an, und sein
,crz wurde warm unter diesem guten
Blick.
Balten Sie mich nicht für einen
2:?uiii:na'." sagt er. Ich '.: r.em
2:ckfjl als i'iann zu trage::; iretne
Arbeit macht nur noch Freud und tn.lt
mich f.-eli'ch über Wa"cr. auch ist '.iiein
,vr; nicht iZeii!l!o geworben gegen
fremde L:b. Warum ick Ihnen das
,A!!cs nach so kurzer Bekanntschaft er-
starben meine ältern, und ich blieb mit-,
tellos zurück. Meiner Mutter einzige.
unverheiratbete Schwester, Oberin in ;
einem adeligen Tamenstift. nahm fich
meiner sehr gutig an, allein sie starb ,
vor zwei Iahren. Ihr kleines, mir
vererbtes Kapital reichte zum Leben bei :
Weitem nicht hin. unb im Stift gab es
momentan keinen Platz für mich. Ta
aina ich denn unter Fremde, (ine
nach Petersburg verheirathete junge!
Teutsche suchte unter günstigen Beoin-!
qungen eine deutsche Gesellschafterin.
Tiefe Stellung füllte ich zwei Jahre
hindurch aus. unb es liegt nicht an
Frau v. Rosnikow. daß ich sie jetzt auf
gab.
So liegt es an Herrn v. Rosnikow."
sagte Rechlin, und Valescas jähes lr
rothen bestätigte die Richtigkeit feiner
Vermuthung. Armes Kind," fügte
er halb uiiivillkürlich hinzu, ls ruht
eben ein Finch barauf, wenn Jugend
und Schönheit nach Brod geben miif
feil!" Ich konnte mich auch in Rußland
nicht acclimatisiren," sagte sie aus
weichend. Tas Heimweh hätte mich
umgebracht. So begrüßte ich denn die
Nachricht, daß man mich jetzt im Stift
aufnehmen könne und wolle, mit
Freude."
Tas soll also so zu sagen der Ab
schluß Ihres jungen Lebens sein?"
fragte er mitleidig,
Sie nickte mit refigniriem Lächeln.
Ich sehe es als einen großen Segen an.
daß sich gerade mir vvrVielen, jene Pforte
gastlich aufthut!"
Und Sie empfinden gar kein Per
langen darnach, sich im eigenen Fami
lienkreife individuell ausleben, glücklich
fein und glücklich machen zu dür
fen?!" Seine freundliche Stimme klang
leicht bewegt. Wieder glitt ein jähes
rröthen über ihr reizendes Antlitz.
Tergleichen Träumereien wären frucht
los, daher gestatte ich sie mir nicht,"
cntgegnetc sie ernst und erhob sich, um
an'S Fenster zu treten. Sehen Sie
nur, Herr v. Rechlin, wie schön es jetzt
draußen ist! Und 'dort leuchtet ein
Streifen hcrbstbuntcn Waldes sehr ver
lockend herüber!"
Sehen wir ihn uns näher an," sagte
er bereitwillig. Unser Zug koinint
erst in 4." Minuten."
Sogleich fetzte sie ihren dunklen
Schleicrhut auf und schritt dann zu
traulich an feiner Seite über das Bahn
gelcife fort, dein nahen Walde zu.
Tie frische, staubfreie Luft that ihnen
nach der dumpfen Wartcfaal-Atmo-fphäre
doppelt wohl. Und es war so
köstlich still und stimmungsvoll hier in
der Natur, daß Beiden das Herz auf
ging. Rechlin begann von feiner Hei
math zu erzählen, und auch in Valesca
Scarbina wurden Bilder aus der golde
nen Kindheit lebendig, welche ja auch sie
auf dem Lande zugebracht. ,Sie dankte
es Rechlin, daß er diese lichten Erinne
rungen in ihr zum Wiederaufblühen
gebracht, daß er so antheilsvoll zuhörte,
und ihr damit, wenn schon nur für
Augenblicke, ein tiick reinen Kinder-
wiedergab!
. n
(5s kam ihnen Beiden zu früh, als
die Bahnhofsuhr sie zur Station zurück
berief. Tiefer Waldspaziergang war
ein seelisches Jungbad" für mich",
sagte Valesca v. Scarbina mit dank
barem Aufblick zu ihrem Begleiter,
(5r hat mich innerlich frisch gemacht,
und ich will sehen, ob er auch noch als
(srinncrung diese belebende Kraft bc
hält !"
Ter Abschied wird den wohlthuen
den Eindruck der letzten Stunde aus
löschen!" cntgcgncte Rechlin. Für mich
wenigstens."
Und nun lag der Bahnhof schon wie
der vor ihnen. Man hatte den Schnell
zug soeben signalisirt; im Wartezimmer
und aus dem Perron herrschte jetzt ein
buntes, unruhiges Treiben. Rechlin
trug seine und seiner Gefährtin Reife
cffcktcn herbei, und nun standen sie. des
Zuges wartend! still ncbcn einander.
Valesca Scarbina sah jetzt wieder
blaß und ernst aus. Im Zusammen
fein mit ihm, der ihr in der kurzen Zeit
spanne verwandtschaftlich nahe getreten,
war ihr das Bewußtfein ihrer verein
samten Lage wohlthuend entschwunden,
jetzt legte es sich mit doppelter Schwere
auf die Seele. Rechlin verrieth, daß
ihn ähnliche (Empfindungen beherrschten,
indem er sagte: Morgen werde ich also
wieder an meinem einsamen Herde sitzen.
Morgen und alle Tage, bis jedes Glücks
verlangen in mir erstürben ist. Und
Sie werden in die neue Würde und
Bürde gleichfalls allgemach hineinwach
feit wie in Ihre eigene Haut. Aber
werben nur nicht Beide bisweilen
zutu B:U'!cl ve:n! Anblick rerbnb;tn:fr i
Wjlbespnicht - mit einiget W.'.üiuitb
an biete Bege bung znruckbenken .:r es
beüJ.U'n. f'.e nick t in ihrer r??"e!t Beben-,
tunu erfußt zu baben ' '
Tas bv"e ick nicki', cnoibertc Va
lesca Scarbina. obne aufblicken. ,.I
der von uns muß doch mit feinem 2ckick
fal fertig zu weiden fucken und deffe ;
' 'onseguenzen tragen,"
Tavon bin ick Nickt so gewiß über-;
, zeugt", sagte er lebbaft. Belehrten bock ,
ie fclb't vordem nuck eines Autoren j
und Besseren i ,,Tr Mann. kann fick,
sein Leben mit eigener Hand formen
und ausgestalten wie der Bildner seine,
Statue". Woblan! Tas will ich nun,
versuchen! Aber in Gemeinschaft mit!
Ibnen. Fraulein Valesca. wollen 2ie?I
Wir kennen einanbcr burch biefe 2lun-
den ruhigen lebankenaustaufckes bester,
als oft Menschen nach mondclaiiger Be
kanntschast von sich sagen können. Las
fen Sie uns also die fernere Lcbensfalirt
gemeinsam unternehmen ! Ich fordere
keine plötzliche (rutfchcibnng, kein Ge
löbnis! von Ihnen, fonbern nur einen
stummen Hanbedruck zum Zeicken. datz'
sir es mit dem Rei'ege'ahrtcn vcrtuchen
wollen."
Tas Tampfroß stampfte schnaubend
heran. Auf dem Perron begann ein
wildes Lärmen und Turcheinanber
gehen. Zogern Sie nickt, Valesca".
sagte Rechlin cinbringlich. Wir ver
säumen sonst abermals bcn Anschluß
und diesmal den wichtigsten im Leben i
den Anschluß ans tilück !"
Ta leuchten ihn zwei braune Augen
durch Thränen strahlend an. Ta streckte
sich eine kleine zitternde Hand ber feinen
zaghaft entgegen
Ter Schnellzug brauste davon und
trug untet; Hoffenden und ntiäufchten
unter Siegern lind Besiegten ein jun
gcs, echtes Glück der Erfüllung cnt
gegen. Wh ich um meine Erbschaft
kam.
Ich konnte alte Jungfern nicht leiben
wohlgeincrkt solche alle Jungfern
mit spitzen Nasen, einer noch spitzeren
Zunge und einer Figur, welche die
gerade Linie in Körpers orin darstellte.
Tas war am Ende kein Wunder, denn
ich befand mich in den glücklichen Stu
dentcnjahren. Man weiß, daß alle Jungfern der
geschilderten Art mit einem permancn
ten Haß und Rachegcfühl umhergehen.
Tas was ihnen die Geschicke versagt
haben, einen M a n n, bildet nun der
Zielpunkt ihrer gehässigen Gefühle.
Sie suchen sich an der Männerwelt da
für zu rächen, daß diese ihnen die Freu
den des Ehestandes so gänzlich versagt
haben.
Wenn ich's nur geahnt Hütte, daß
eine Strafe dieser Rache auch mich tref
fen würde ! Vielleicht wäre ich milder in
meinen alten Jungfern-Anfchauungen"
gewesen vielleicht !
Turch meine ganze Knabcnzeit spukte
eine sagenhafte Erbtante. Zu Weih
nachten und an meinen Geburtstagen
traf pünktlichst ein Goldstück für meine
Sparbüchse" ein, dein ein paar er
mahnende Zeilen beigelegt waren. Tic
alte Tante, die ein Gut in der Provinz
Sachsen bewohnte und dasselbe nicht
verließ, war immer als bie Tante ge
schildert, die mir 'mal ihr ganzes Hab
und Gut vermachen würde. Aber ebenso
groß, wie unsere Ehrfurcht vor ihr, war
ihre Schrullcnhaftigkeit. Nie tarn sie
aus Besuch zu uns, nie zeigte sie sich gc
ncigt. ihren Erbneffen zum Besuche ein
zuladcn und das, was ich von ihr
kannte, warcn nur die verblichenen
Reste- einer alten Photographie, aus
welcher sie schon etwas altfränkisch, den
noch leidlich" aussah.
Also ich war Studio in Leipzig,
Ich trug Eouicur, paukte, conimersirtc
und rauchte wie ein Fabrikschornstein.
Meine lange Pfeife war mein Leben !
Tic Folgcn eines solchen ungczügel
ten Lebens waen die zu erwartenden.
Meine Schulden fingen an zu drücken.
So faß ich eines Abends mit ziemlich
trüben Sinnen auf der Kneipe und
qualmte ärger als je.
Was hast' denn, Alter?" sägte mein
Leibfuchs.
Nichts !"
Unsinn! Tu mußt was haben!"
Tu hast Recht. Lcibfuchs, und ich
auch. Tcnn ich habe nichts und
ich in u ß was haben Geld n ä m
l i ch !"
So pump' doch !"
Armseliges Wickelkind ! Bei w c in
denn noch?"
Bist Tu schon durch alle Register
hindurch."
Turch die ganze Scala ! Vom Knci
picr bis zu Lob Aaron."
Teufel? Tann wende Tich ver
trauensvoll" an die Alten !"
Geht nicht."
Hast T denn keinen alten Onkel
oder alte Tante, die für dergleichen
Zwecke dienstbar zu machen find."
Mensch !" Ich starrte den Lcibfuchs
an, als fei er ber Bringcr einer Offen
barung bann stieß ich einen Freuden
ruf aus. und riß den Lcibfuchs an
meine Brust.
Frcund. Brudcr, Retter in der
Noth, nimm diesen Tankesknß!"
Tu bist wohl toll geworden, Leib
bursch," meinte er liebenswürdig.
Nein, Kamccl! Aber Tu hast mich
auf iiicinc Erbtante gebracht. Tenn ich
habe eine Erbtante, eine reiche sogar.
Alle Wetter, ich müßte bas Pumpen
nicht aus dem ff gelernt haben, wenn ich
oie nick! gründlich a:i;a'."'k als p:.:fi.ir.
tiver Erb Nei'e. Morgen frnb acbt's
nach furgenbaiifeit brei Eifcnbabn
tunben von bier. Tort bat meine
Taute ihr 'ut. Und nun. feib'ncks.
an 's Werk, um das genügende Rei'cgelb
ziifammenjupumpen '."
Tie Freude über ben rettenöcn 'c
danken wie über einen über alles Er
warten rasch gelungenen ReifePump.
ließen uns unfern Friibfckoppen bis in
bie zweite 2tunbe. nicht Nachmittags,
sondern Nackts ansbebiien. Als wir
dann aufbrachen, kam uns der gloriose
(!ebake. lieber gleich im Babnbof bis
zum Abgang bes Frübzuges durckzu
kneipen, ein Cicbanke. ber aturlick so
fort auch That würbe.
Allein mit meiner Pfeife faß ick in
einem leeren Eoupee bes Frübzuges.
Zum Ciluck war mein Tabaksbeutel
noch halbvoll und recht fiir die nächsten
2tuiiben.
Eine 2tunbe verging unb noch eine
ich näherte mich meinem Ziele.
Ter Tag war hübsch sonnig und bei
ter. und ber leise bei mir fick meldende
.Kater nach der burckkueipten Nackt ver
anlaßt mich, mich breit mit ber lange
Pfeife aus dein geöffneten Fenster zu
legen,
Ta kam eine kleine Zweigftaliou,
Ter Perron lag auf der anderen 2cite.
Wäs kümmerte mich der Perron. Ich
blieb in meinem Fenster liegen unb
rauckte in langen Zügen weiter. Erst
als der Zug schon wieder im Fahren
ivar, zog ich mich und die Pfeife ins
Eoupe zurück.
Brrr !" entfuhr es mir unwillkur
lich. Ans der Bank mir gegenüber
faßen plötzlich zwei alle, spindeldürre
und mit abscheulich häßlichen Nasen be
haftete Weiber, bie. als sie meine bren
nenbe Pfeife erblickten, in ein lautes
(Gezeter ausbrachen unb mich mit gifti
gen Blicken unb zornigen Worten ans
forderten, sofort das Rauchen einzu
stellen. Ich niarkirte den Schwerhörigen und
paffte nun los wie ein Türke. Mein
ganzer Haß gegen die alten Jungfern
nahm dicke Rauchwolken - (Gestalt an.
Tas Gezeter wurde furchtbar, die eine
Alte hustete und die andere nießte. beide
schimpften ivie die Rohrsperlinge.
Auf der nächsten kleinen Station
stürmten sie wie die Besessenen ans dem
Eoupee und suchten ein anderes auf.
Tie Episode hatte mich ungemein er
heitert und zugleich durstig gemacht.
Als ich auf der Station ankam, auf
welcher ich den Zug verlassen mußte,
um nach dem etwa eine Viertelstunde
Wegs entfernten leinte meiner Tante zu
gehen, beschloß ich, zunächst mir durch
ein Frühstück die nöthige Stimmung
für den Anpuiupverfiich zu verschaffen.
Tie beiden alten Frauen trennten sich
auf dem Perron, die häßlichere von bei
ben sandte mir noch einen furchtbaren
Blick nach.
Nachdem ich einen kräftigen Früh
schoppen hinter mir hatte brannte ich
meine Pfeife an, fetzte meine Eonlcnr
Mütze keck auf bas eine Ohr unb bum
Hielte nun nach dein Gute meiner Tante.
Ich ivar in der Stiminung die ganze
Welt zu umarmen.
Ich näherte mich einem schönen Ge
höst und fragte mit freudigem Ahnen
ein Bauernmüdchen nach den Namen
des Inhabers oder der Inhaberin.
Natürlich, ich hatte mich nicht ge
täuscht bas war mein Erbe, das ich
vor mir sah.
Stolz riß ich die Thür des (Wartens
auf und schritt zu dem Haufe hinüber,
als mir plötzlich eine Stimme gellend
entgcgeiiricf
Wollen ic 'mal machen, daß Sie
'rauskommen. oder ich holc dic Orts
Polizei !"
Als ivcnn meine Füße Wurzeln in's
Erdreich schlagen wollten, so fest stand
ich. Himmelherrgott, äfften mich meine
Augen das war die eine der allen
Jungfern aus denilEoupee ich hatte
meine eigne Erbtante aus dem Eoupee
geräuchert.
Refiguirt kehrte ich um, von einem
gaiizc Schimpfconecrt begleitet. Vom
Bahnhof aus wagte ich einen letzten Ver
such. Ich nannte mich ihr. Tcr Brief,
den sie auf die Station sandte, mag ich
gar nicht schildern.
Acht Tage später zeigte mir mein
Vater grollend an, daß dic alte Tante
mich enterbt habe.
Von dcin Tag an hab' ich keine lan
gen Pfeifen mehr geraucht. Tic altcu
Jungfern aber haß' ich um so mehr.
4eretttt.
Wiener Blätter erzählen folgende
Tragikomödie aus dcr Kindcrstubc un
ter dem Titel: Gerettet". Rudi gegen
würtig im zarten Alter von zehn Mona
tcn und unstreitig eines dcr begabtesten
Kinder seines Jahrganges, saß auf dem
Fußbobcn, wo dieser mit einem Stück
Tcppich bcdcckt war und spielte mit cini
gen Knöpfen, die auf eine Schnur ge
fädelt waren; außerdem aber knabberte
cr von Zeit zu Zeit an einem Apfel, in
wohlerwogener Abficht, das Heraus
kommen feiner ersten Zähne zu crlcich
lern. Frau Stcnzcl, seine vortreffliche
Mutter, war mit einigen Nachbarinnen
in einem gciniithlichcn Plausch begriffen.
Als Rubi fand, daß für heute genug
gespielt fei, steckte er bie Knöpfe unter
den Teppich und machte sich nun mit
großer Energie an den Apfel. Ta kam
ihm aber ein kleines Stückchen in bie
Luftröhre und Rudi fing an zu husten,
wurde roth im Gesicht und rollte die
Augen. Tie Knöpfe, bie Knöpfe",
schrie die herbeigeeilt Mutter, er hat
dic Knöpfe geschluckt" und sie riß ihn
in die iyy.H und schütte!! i'.::t an? xtv
b:-!rj'!cü. .Schlage:! 2 ibn ai.'
den Riickci ", ichi ic sie eine Nachbar,!?,
inoem sie vernichte. RnoiZ vr. rv.'ei'c!!
itrampelr.be Bcir.e v. Im'. ten. Er
'ü'.bt, er stirbt ", krei'ckt di ivrzwft
'c'.te Mutter. . Reüiüi i i'gcfc'.l'cka't !"
schrie die andere Nachbarin und rannt
liinaus. Tie ganze Nachbarschaft kam
herein, man legte R;:5i auf den Bauck
und klopü ibn auf den Rucken: man
legt ibn auf ben Rücken und druckte
ihn auf ben Magen: man rieb und
stieß und fcklug ib:t. bis Rubi wild
wurde und ei fürchterliches (Geheul
auffcklug. Tann lief Jemand zu Herrn
2tenzel lind Herr 2tenzel lief nack dem
Arzt, und der Arzt kam und steckte Rubi
ben Finger i den Mund, daß er bald
erstickte, und verordnete warmes Oel
und ein Senfpflaster und sah sehr ernst
ans. Alle waren darüber einig, baß
bie fecks Knopfe inRubi'S Halse steckten,
weil er so roth im Gesicht war und so
heulte unb strampelte. Ter Toktor war
ratblos und Herr Stenzel fragte bitter,
was er getban habe, um ein solches Un
gluck zu verdienen: da fiel es einer der
in und her laufenden Frauen auf, baß
der Teppich, auf welchem Rudi gespielt
hatte, eine Erhöhung zeigte, die nickt
natürlick war: sie hob den Teppick und
sand die Knopfe. Ta wurde Alles
wieder heiter, nni warf das Oelflasch
cken ans dem Fenster nd das Senf
pflaster sammt dem Tollor die Treppe
binunter; Frau Stenzel drückte den nvck
immer heulende Rudi an ihre Brust
und nannte ihn ihren süßen Kudi,
Miidi, Rudi. Wudi.
Borschlag.
General Lefebre, .Herzog von Tanzig,
ber Gatte der Madame Saits-Eicne,"
erhielt eines Tages den Besuch eines
Jugendfreundes, der sich nicht ohne
Neid über die hohe Stellung des Her
zogs ausfprach. Ich werde Ihnen
meine Stellung abtreten," versetzte Le
febre. wenn Sie denselben Preis dafür
bezahlen wollen, den ich dafür bezahlt
habe. Wir werden uns zusammen in
meinen Garten begeben. Tort werden
Sie eine halbe Stunde auf- und ab
gehen, während ich von einer Eornpag
nie Infanterie auf Sie feuern lasse.
In meinem Falle waren es bedeutend
mehr. Wenn Sie in der Zeit nicht
erschossen werden, trete ich Ihnen meine
Stellung und mein Vermögen ab." Es
bedarf wvhl keiner Ertvühiuntg, daß der
Freund dankend verzichtete. ,
Der rechte Au-driic'k,
A.: Man sieht Tich ia aar nicht
mehr mit Teiner Frau
1 1 f i i 1 1 r in t t 1i
Seid Ihr
nicht mehr zusammen V
B.: O doch, aber sie ist auf zwei
Monate zu ihren Eltern gefahren!"
A.: So, so, also nur Waffenstill
stand!" Aus der schule,
Lehrer: Na, Karl, wer hat Tir
denn bei Teilten, Aufsatz geholfen?"
Schüler: Niemand, Herr Lehrer."
! Lehrer: Lüge nicht, wahrscheinlich
hat Tir Tein Bruder geholfen." .
! Schülcr: Ach Gott bewahre, mein
j Bruder schreibt ja selber ab."
Bescheid.
Lohndicncr (der zum ersten Male in
diesem Hause bei einer Gesellschaft die
Garderobe abnimmt): Gnädige Frau
sind gewiß auch eine Freundin dcr Fa
uiilid" Tante: Hm, das gcrade nicht ich
bin dic Schwiegermutter."
CLin Schreckschuß,
Frau Müller (zu ihren Freundinnen):
Haben Sie'S schon gehört? Hart
inann's Acltcste hat sich verlobt mit
einem Hauptmann von der von der
Frau Schulze: Wie?"
Frau Schmidt: Mit einem Haupt
mann?" Frau Lchmann: Und sogar von?"
Frau Rofcnthal: Unerhört!"
Frau Grube: Wohl von der Mar
witz?" Frau Ncumann: Oder von dcr
Schulcnbnrg?"
Frau Müllcr: Aber, so laßt einen
boch ausreden: Von dcr freiwilligen
Feuerwehr !"
Alle (crteichtert): Ach so !"
Zwciftl!ft!.'r Trost.
A. : Nun, mein junger Freund,
schon betrübt und erst so kurze Zeit ver
heirathct?" B. (mißmüthig): Ach, ich hakte nie
geglaubt, daß eine Frau ein so theures
Möbel ist."
A.: Na. aber dafür hat man sie
auch lange."
Tmpsiiidsani,
Warum fordern Sie mich?
babe Sie ia nickt IwIfidLif !"
Ich
Oho, haben Zeche bezahlt an
meinem Tisch bin ich nicht gewohnt
verlange Genugthuung!"
!?crctigter Einwand,
Ich bitte Tich. Männchen, kümmere
Tich boch nicht um die Küche das
ist meine Sache!"
Aber das Essen doch in eine
Sache !"
schändlich,
Ter Herr Professor küßt aus
Zcr-
ttrcuthcit leine Schwiegermutter. Als
ihm das (eschcbcnc klar ist, wird er so
perpler. daß er dieselbe i: o ch c i n in a l
küßt.