Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, June 06, 1895, Image 9

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Die kleine Herzogin.
Englische Preii Novelle.
John Walter war Kasftrer in einem
Jroßea Modemaarengeschast im West End
oodovl und wenn die rollenden Bälle
der Verkäufer, die ihm die Rechaungen
pnd Gelder brachten, ihm Zeit ließen,
pflegte er von seinem erhöhten Platz
htoabluilicke in die groben Verkauf
räume, um sich da Wogen der unten
Beschäftig hin und her eilenden Meng zu
betrachten. Seit kurzer Zeit war in
junge Mädchen all Lerköukerin ngagtrt
worden, da ihm durch ihr reizende
Erscheinung ausfiel. Ja seinem Ideen
gange gab er ihr den Namen .kleine Her,
zogt" und von Tag zu Tag fesselte da
goldige Haar und die anmulhoollen e
wegungen der jungen Dame immer meh
sein Aufmerksamkeit. El wunderte
ihn, ai sich di Kunden so lange besinnen
konnten, den anmuthlvollea Anpreisungen
der reizenden Berkausnin zu widerstehen,
wenn sie mit ihren zarten Händen vor
ihren Augen die Lammt und Vetvenflon
ausbreitet und dieselben zum Kauf
anbot. Allklding waren wohl noch
ander lunae Damen dort, di anTchöa
beit mit ihr aufnehmen konnten, allein s
viel Grazi und Bescheidenheit wie die
klein Herzogin, besaß seiner Meinung
nach kein. Natllrlich liebte er sie und
ihr Lall würd von ihm mit Spannung
erwartet. Mit Hkrzkloxsen faltet r
ihre klein Nota, welche die zierlichen
Hand berührt halten vorsichtig auSeinan
der und da Geld, welches von ihrer
Hand darin ingm!ckell war, lieg er mit
Behagen durch seine Finger gleiten, kein
der Verkäuferinnen konnt sich ine? glei
chen Bevorzugung rühmen. Seit 2
Monaten, wo er sie gesehen, hall r ver
fchiedentlich mit ihr geredet, zweimal beim
Rachhausegehen und mehrere Mal an der
Kasse, wo fl Irrthümer zu berichtigen
hatte, sie hatte ihm liebenswürdig aber
zurückhaltend geantwortet, so daß jede
Annäherung vereitelt wurde. Er war
so glücklich, ein Taschentuch, welche sie
verlor, aufzuheben, solch in kleine seine
Stückchen Battist mttdemNamen.Nello',
mit Wonne drückte er e an sein Lippen,
den feine Duft de Parfüm, womit
dasselbe getränkt war, aufsaugend.
Widerstrebend nur gab er ihr, nachdem
r e den Tag über an seiner Brust ver
borgen, Abend zurück und fand dabei den
Mvlh, ihr sein Liebe zu gestehen, scheu
aber arm, er empfing dafür einen ver
wunderten Blick au den schönen, blauen
Augen, di zu strahlen schienen, ein .Danke
schön- für da Verlorne Tuch, aber ine
Abwklsung für di angtbottneLtei. Hier,
mit gab er sich aber nicht zufrieden, er
schlang seinen Arm um ihre zarte Taille
und küßte fi aus ihr frischen rothen l!ip
ve, floh ad gleich voraus ve chamt,
ohne sich wieder nach ihr umzuschauen.
Die war vor 14 Tagen gewesen und seit
dieser Zeit halt er nicht gewagt, sie
wieder anzureden. Eine Morgen,
all er wie gewöhnlich flark beschäftigt an
der Kasse saß, sah r sie unten im Laden
im ernsten Gespräch mit einem anderen
jungen Mädchen, welche dasselbe Haar
wie da ihre hatt, dasselbe Goldblond,
welche er so häufig mit Wonne betrachtet
hatte. Wohl schon zwanzigmal war an
diesem Tage ihr Kugel mit Inhalt zu
ihm gekommen, kurz vor Mittag erblickl
er dieselbe von neuem, schon von Weitem
kenntlich an dem Zeichen, womit er die
selbe versehen hatt. Aber jetzt brachte
fl ihm sein Schicksal. Außer der
Nota und dem Geldbetrag derselben
barg sie ein klein zusammengefaltete
Papier, welche überschrieben war ,
John Walter privatim. De jungen
Manne Herz schlug lauter, unten war
teten Verkäufer und Käufer auf die Rück
sendung der für sie bestimmten Kugeln,
während der beglückte junge Kasstrer den
Zettel entfaltend langsam die Wort las:
.Bitt treffen tote mich nach der Krüh
ftückSstunde am Strand, ich bin in Noth,
wollen Sie! Sie sagten doch, daß
Sie mich lieben. Bedächtig sammelt
er di Kugeln und sandte sie herunter,
während sein Blick dabei auf Nellv siel.
die mit bleichem Gesicht fragend zu ihm
herauf blickte. Er glaubte ihre Lippen
sich bewegen zu sehen, während ine
Thrän verstohlen ihr Wangen netzt.
Nach dem Frühstück lief er fort, um den
Strand zu erreichen, dort fand er sie mit
niedergeschlagenen Blicken. .Lassen Sie
un in den Park gehen, e ist dort ruht
gr,' sagt er mit geoampster Vttmme,
gewaltsam an sich haltend. .Gott Lob,
hier sind wir Nellh, und Gott segne Sie
hierfür, Nell,?' .Wofür? fragte
Nelly, nicht wagend den Blick zu dem in
Lieb glühenden Antlitz John' zu erhe.
den. .Dafür daß Sie mir Ihre Noth
mittheilen und mich dazu um Beistand
bitten, jetzt lassen Sie mich alle wissen!
Si sucht di nächst Bank auf, setzte
sich und fing laut an zu schluchzen, va?
John fast außer sich brachte. Nach und
nach kam ihre Geschichte, unterbrochen
von Seufzer und Thränen, zum Vor
schein, die auch ihm ernst genug erschien.
Nellv und ihre Schwester, das jung
Mädchen, welche er heut an ihrer Seite
im Laden gesehen hatie, wollten vor einer
Woche einen Ball besuchen und noch
mehr, dazu neue Kleider haben von der
schönen Seide, welche sie täglich ihren
Kunden anprie. Aber ihrt Börse war
leer und si erfanncn einen Plan, welcher
zwar nicht recht, doch keineswegs unehr
lich gemeint war.
Die Schwester kam in da Geschäft
und kauft dreißig Ellen Seide, zahlte
aber anstatt 3 Pfund und 15 Schilling
nur 15 Schilling dafür. .Die war auf
Abschlag fuhr Nellh fort, .ich nahm
nur etwa Credit in Anspruch wi unser
anderen Knnden e ja auch thun, und
dabei erhob sie ihren Kopf und blickte
John vertrauensvoll an. .Am Sonn
abend wollte ich eine Rechnung auf irgend
einen Namen ausschreiben für drei Pfund ,
Der Sonntagsgast.
Jahrgang 16.
und Ihnen den Betrag in der Kugel hin
aussenden. Glauben Sie ja nicht, daß
ich da Geschäft auch nur um einen
Pfennig betrügen wollte !'
,OH nein! da glaubt ich auch nicht ,"
sagte John und Kelln fuhr fort. ,DaS
ist eben noch nicht alle, wir hatten auch
kein Geld die Kleider machen zu lassen,
und hier kam ein herzzerbrechende
Schluchze, .ich nahm von der nlch
ftea Rechnung die ich Ihnen herauf
sandte, 2 weitere Pfd., so daß der Total
betrag, welchen ich zurückzuzahlen halte,
5 Pfund war, vergessen Sie nicht, Herr
Walter, ich würde eher haben sterben
wollen, a! die Absicht gehabt haben zu
betrügen!
.Natürlich gewiß, ich verstehe ,"
avlwortett John, der aufmerksam zu
hörte, sie aber gar zu gern in sein Arme
genommen hätte, um die Thränen weg
zuküssen.
Dann kam der tev! or W. Greave,
um di Bücher nachzusehen, fuhr sie
fort, er nahm mein Notizbuch, er hat
dit Betröge darin nicht in Ordnung ge
funden und will heut Abend di Bücher
mit dem Kassabuch vergleichen, wobei
Alle herauskommen wird. Ich werde
in die größte Berlegenhett und veoly ge
rathen oh ich bin so sehr elend und
wlid nicht, a ich thun soll!
Und au 'Neue fing da üßeGe chöp
an zu weinen und zu schluchzen, ihre
hilfesuchenden Blicke auf John Antlitz
werfend.
Jetzt hielt er sich nicht langer, er nahm
st wirklich in sein Arm und küßt st
erst auf di Augen, dann auf di rothen
Lippen und wurde noch lang sortgesah,
ren haben, wenn nicht da Lächeln ine
vorübergehenden Gärtmr ihn gestört
hätte, sie setzten sich letzt still nebenetnan,
der bi e 2 Uhr schlug, die erinnerte
st an ihr Pflicht und ilig gingen si
dem Geschäfte zu.
.Ich werd fir Dich Alle tn vrd
nun bringen, Liebling, flüsterte er ihr
zu, ai er sie ein paar Schritte vor der
Thür vorangehen ließ.
Dankbar lächelnd nickte sie ihm zu und
ging elastischen Schritte weiter.
Denselben Nachmittag that r mal,
was er seit Jahren und noch heut Mor,
gen für unmöglich gehalten hätte zu thun.
Er machte einig Veränderungen In sei
Kassabuch, sodaß die schienden 5 Pfund
nicht bemerkt werden konnten.
.Morgen,' so sagt r sich, werde ich
au metner Tasche diese 5 Pfund wieder
einzahlen, und die klein Herzogin wird
mein Schuldner werden und kein Gefahr
lausen.
Aber da Schicksal wollte e ander
Bvsr er noch am nächsten Morgen
einen gewohnten Platz an der Kasse ein,
genommen, bevor Nellv die von ihm dar,
gebrachten Veilchen an ihrem Busen hatte
besestlgen können, kam ein Paltzetveam
ter zu ihm, berührte seine Schulter und
erklärte, ihn tn Hast nehmen zu müssen,
wegen Veruntreuung und uchersal,
chuvg.
E wurde ihm eröffnet, da schon seit
einiger eit unregeimsktglelten im Ge
chästt vorgekommen seien und baß die
Chef eintn Detektiv in ihrem Comptoir
beschäftigt hatten, um den Thäter auS
findig zu machen. Letzte Nacht nun sei
tn seinem Kassabuch eine falsche Buchung
vorgefunden und er sei, al der Urheber
dieser Fälschungen, verdächtig, di anbe
ren Veruntreuungen verübt zu haben.
Leichenblaß kört John Walter die e
Anschuldigung, er sah e ein, wie schwere
Verdschtögründ gegen ihn vorlagen.
Die kleine Herzogin konnte er unmög
lich in diese Sache hineinziehen und selbst
wenn er die Wahrheit aussagte, würde
man ihm Glauben schenken i
Er hatte die falsche Buchung tn seiner
Kasse vorgenommen, den Namen Nellv
mit hineinzubringen, würd nur zwei,
anstatt einen Schuldigen zur Unter,
uchung führen und dann die kleine Hex.
zogin im Gefängniß! Da goldene
Haar beleuchtet von der Sonne und ihr
zart Gestalt in Gefangenenkleidung,
Nein, nimmermehr, er allein wollte Alle
auf sich nehmen und gerade, offenen
Blicke ging er, begleitet vom Polizei.
Diener, zum Burtau de Chef.
.Ich habe gestern 5 Pfund au der
Kasse genommen, meine Herren, be
gann er, .und heute dieselben zurück
gebracht in der Absicht, dieselben wieder
hineinzulegen. Ich schwöre zu Gott,
daß ich niemals einen Pfennig von dem
mir anvertrauten Gelde veruntreut habe.
Seme Stimme zitterte vor innerer
Bewegung, aber fest und offen war sein
Blick.
.Zu welchem Zweck nahmen Sie da
Geld. Herr Walter?' fragt wer der
Herren, in ungläubigen Blick aus
John werfend.
.Ja äußerster Noth,' antwortete die,
er. .uo, glauben Die mir meine
Herren, treu und ehrlich habe ich Ihnen
drei Jahre gedient, gestern entlieh ich
diese Summe der Kasse und bringe sie
heute Morgen zurück. Machen Sie mich
icht unglücklich und zerstören Sie mein
ganzes zukünftiges Leben nicht durch diese
That.
Worin bestano iqxt bringende Noth
gelittn? Joh holtt tief Athem undj
Beilage zum Nebraska Staats-Anzeiger.
zögernd antwortet er .ich kann e
Ihnen nicht sagen!'
Die Inhaber dS Gifchäft zuckten die
Nchseln und glaubte ihm nicht. Meh
al 50 Pfund fehlten tn der Kasse alle
zusammengenommen, er erklärte nur sun
Pfund genommen zu habeu, welche fi
heute bei ihm entdeckt hatten, wo war dai
Uebrige?
Natürlich, er allein mußte der Schul,
dlge sein und e muhte ein warnende
Beispiel für seine Collegen aufgestellt
werden. Begleitet von der Polize
durchwandert er die langen Geschäfts
räume, blaß, mit schlotternden Knieen
aber feste Auge. (sein Leben lang, s
dachte er, würd er nicht die mitleidigen
Blicke seiner College vergessen, welch
ihm nachblickten, den allgemein war er
teliedt gewesen.
Lei der Abtheilung der Seidenwaaren
sah er die kleine Herzogin, beschäftigt ein
Stück Seide abzumessen, mit zitternden
Händen und angstvolle Blicken ihn
bittend anschauend, nicht zu verrathen
Nein! er würde allein Alle tragen,
antworte! er mit beruhigendem Nicken
de Kopse und in letzter Back voll un
endlicher Lieb galt der, welcher er Alle
die? verdankte.
Nach langem Verhöre, wo er feine ge
machten Aussagen wiederholte, aber jede
Auskunft über den Grund feiner Hand
lungsweise verweigerte, kam er mit der
gelinden Straf von 2 Jahren Gefängniß
davon und die kleine Herzogin athmet
aus. al fte dkn Poltztibertcht in der Zet,
tung la und ihren Namen nicht darin er
wähnt sah. Joh schrieb ihr vom Ge
sängniß au einen rührenden Brief, sagte
ihr, daß si nunmehr treu zu ihm halten
müsse, bis er wieder frei kam, er würde
fi dann hetrath und fort au England
ziehen, andrwo woll er sei Glück ver
suche, wo Niemand ihr Vorleben kennen
würde. E wäre gewiß kein kleine
Opfer, welches er ihr gebracht, schrieb er,
gewiß würde sie ihm ihre Dankbarkeit
beweise und ihm treu bleiben. Beim
Durchlesen dieser Zeilen weinte die kleine
Herzogin und für mehrere Tage war sie
still und nachdenklich geworden.
Zwanzig Monate waren vergangen und
noch immer war di kleine Herzogin in
dtm groß Geschäfte al Verkäuferin
thätig, all ihr ine Morgen et Brief
gebracht wurde, dessen Schristzüge ihr
sofort bekannt vorkamen. .Ich bin heute
frei gekommen, liebe Nellv,' schrieb John
Wallers, .komme nach dem Frühstück tn
den Park zu der bekannten Bank. Sie
zögert dieser Aufforderung Folge zu lei
sten, doch die Furcht, daß Walter zum
Geschäft kommen und sie dort aufsuchen
würde, veranlaßte sie nach dem Frühstück
ihr Hütchen zu nehmen und zur bezeich,
neten Stelle zu gehen. Dort saß er, wo
vor fast 2 Jahren fie ihm ihre Noth ge
klagt, wo der Gärtner, welcher vorüber
ging, gelacht hatt, al sie sich küßten.
Er rhob sich, als si langsam auf ihn
zutrat und eine Minute lang fehen fie sich
stumm in die Augen, ohne ein Wort zu
sagen. Sie war schwarz gekleidet, aus'ö
Aeußerste geschmackvoll, mit kleinem
SchneeglöckcheN'Bündel an ihrem Halse,
das golden Haar glänzte unter ihrem
schwarzen Spitzenhut hervor, frisch und
roftg war fie anzuschauen. Er war blaß
und hohläugig, sein früher so lockiges
braunes Haar war ganz kurz geschoren.
Die Kleider hingen lose an seinem Körper
und sein Hände waren roth und hart
von der Arbeit im Gefängniß geworden.
.Meine süße, klein Herzogin sagte
r kleinlaut, streckte seine Hand au und
nahm ihr zierliche kleine behandschuhte
Hand in dt seine. .Ich, ich freue mich,
daß Sie frei find.' antwortet fie. Sogst
lich seinen Blicken ausweichend. .Auch
ich, Nellv, bin froh, jetzt wollen mir aber
alle vergesse, wir werden heirathen und
et neue Lebt beginnen.' Seine Au,
gen leuchteten und ein lebhafte Röthe be,
deckce seine Wangen. Die trunkenen
Augen ruhten mit Wohlgefallen aus der
reizenden, kleine Gestalt vor ihm die in
ihrer ganzen Jugendschönheit vor ihm
stand. .Willst Du mich nicht küssen?'
fragte er und zog Nelly an sich.
Sie bog sich zurück und sagte zögernd:
Ich wußte im Voraus, daß e zwischen
unS au fein müßt, John, denn wo wür
den i da Geld hernehme, eine Frau
zu ernähren, ich würd Ihnen nur eine
unnütze Last fein und ich ich bin ja
Ihrer auch nicht würdig.
Du meiner nicht würdig, Du meine
kleine Herzogin! oh! sage das nicht, denn
steh' der Glaube an unsere Liebe hat
mich Alle, AlleS ertragen lassen, aS
nur ein Mensch zu ertragen vermag.
Wende Dein Gesicht nicht ab von mir,
sage mir, daß Du mich liebst, daß Du
mir treu geblieben.
Em tteseS Roth färbte ihre Wangen
und schluchzend rief sie, ihren niedlichen
Kopf erhebend: .Seit vier Monaten bin
ich verheirathet mit dem neuen Kasstrer,
welcher an Ihren Platz kam, als Sie
da Geschäft verließe, ich hielt e für
das Bist.'
Lautlo ließ er ihr Hand fahren.
warf ihr noch einen langen Blick zu und
langsam, gesenkten Haupte ging er. die
Augen mit der Hand bedeckend, von
bannen.
Eine Schreckensnacht.
Von Arthur Ach'.eitner.
Wie ein Gedicht von kenau, weh
mülhig, elegisch liegt der Ammersee in
den baoertschea Borbergen. Er ist größer,
wichtiger al der Würmset, den man den
lieblichen nannte, bi der Tag kam, der
an seinen Ufern dem beyerischen Volk
schwere Wunden schlug. Jetzt hat auch
der Würmset ktwaS Schaurige. Dem
stillen Ammersee geben die flachen User
im Westen etwa? von der Schwermuth
der Pußta, und wenn dai stolze Gebirge
im Hintergründe, Wtttenftetn und ua,
spitze durch Nebel verhüllt sind, und der
heilige Berg Andech mit feinem halb
tausendjährigen Kloster an der Oftseite
de See unsichtbar bleibt, dann ist die
Erinnerung an die Seen de ungarischen
Tieflande wachgerufen. Lacht aber
freundliche Sonnengold herab auf die
grünblauen Fluthen, dann zittert da
Heiz vor Entzücken über die Schönheit
der fernen dustigen Berg und de SeeS
Abgeklärte Freude erfüllt die Menschen
brüst bei dem Anblick deS Ammersee, eS
ist als athme die ganze Landschaft Ruhe
und Melancholie.
Er kann freilich auch wüthen, wenn
von Südwefte her über die Berge Un
wettn jagen, und de .brüllenden Am
mersee aufgewühlte Wogen fürchtet man
wie den sturmentftsseltea König aller
Seen im BerchteSgadener Land. Vom
Ammersee geht di Sag, daß einem Ver,
brecher da Leben al Geschenk verspro
chen wurde, wenn er flch tn einem GlaS
stürz bi auf den Seegrund hinablassen
würde. Der zum Tod Verurteilte
willigte ein und man ließ ihn hinab, so
wett die Seile reichten. Wieder oben
agte der Verbrecher, eine Stimme habe
hm zugerufen: .Ergrllnd'ft Du mich, so
chluck ich Dich! Von nun an würd
all Jahr am Ammtrfee in Miss ge,
lkstn und in goldener Ring hineinge,
worsen, damit der See nicht auStrete und
das Bavervlavd überschwemmt.
Tückisch ist der St heut noch, obwohl
eine Woge gezwungen wurden, Stahl,
schiff zu trage, die jetzt im Sommer
c 1 1 rii L rr r . . r r l
sttvttgiigernvt gurqen ivzneioeno oas
gewaltige Wasser pflügen. Er hat etwas
Verwunschenes, e soll der Ammersee
tinft MooSgrund gewesen sein, den drei
Jungfrauen zu kultivire hatten. Da
ihnen die Arbeit durch da Wasser
erschwert wurde, sprachen fie den Wunsch
aus, daß der Sumpf zum See werde.
Während im Sommer frischt Leben
xulfirt durch die Fremden au allen ran
dern, die auf einer Rundfahrt alle dit
Reize de schonen SeeS genießen, erstirbt
tm Winter AlleS zur GradtSruhk. Gelbst
die Möoen ziehen weiter, die Dampfer
ruhen tm Dock und halten Winterschlaf,
las vtSchen Verkehr halten die Ein
bäume, schwere Nachtu, aufrecht, die
langsam, mühselig über das Wasser krie
chen, wenn nicht günstiger Wind in dit
Segel bläst und die Fahrt trletchtert.
Wie am Nachmittag tm Winter der
Wafll (Sebastian) von lltttng übersuhr
nach Breitbruvn, quer über die schmalstt
Stelle des Set, da schielte die Sonne
herab zwischen den Wolken, al wollt sie
sagen, sie wäre schon noch da am alten
Fleck, aber mit der Wärme wär' nichts
Dazu kämpften di Winde in den oberen
Regionen, da dt Wolken Fangemaan
chen spielten. Im schwärzlich gefärbten
Wasser schwammen zahlreiche EiSschol
len, dit der Kahn knisternd durchschnitt,
wenn sie auf den leicht gekräuselte Wel,
len dem Bugspriet nah kamen. Die
chlav Kirche aus dem 700 Meter hohen
Berg AndechS ragt schier in di Schnee
verkündenden Wolken hinein, .chaut
kurioS au heut der See und der Him
mel, denkt sich der Wastl, wie er nach
dem Ankette de Kahnes am Oftufer
nochmals gen Wind blickte. Scharf
pfeift ber Wind jetzt über' Wasser, daß
die Wellen eine Schaumkrone bekommen
uud wie tm Groll gegen da erstarrte,
chneebedeckte Ufer gurgeln. Ach waSI
Zum Nachgrübeln kber'S Wetter hat man
nicht Zeit, der Wastl auch nicht, der jetzt
mit langen Schritten seinen Geschäften
nachgeht.
Wie e pfeift im schärfsten Nord bis
in's Mark hinein und feingeriefelten
Schnee herabwirft in schrägt Stricht!
Dit Eisschollen des immer schwärzer wer,
dende SeeS stoße aneinander, brechen
entzwei, sinken zischend abwärt, tauchen
wieder auf zu neuem Spiel. Früh
dämmert es, der Wastl soll sich eilen!
Da kommt er auch bereit und mur
melt etwa von Malesizschnee und ver,
dammtem Wind, roa schwere Arbeit
kosten wird zur Ueberfahrt. Aber e ist
a nicht weiter wie eine Halde Stunde
über den See nach Utting. Also loI
Da Schneetreiben hört bald auf und
der Wind läßt nach, aber gleich darauf
öllt auch schon dicker Nebel ein. dick,
zum durchschneiden. Von der Kälie
pürt der Wafll freilich nichts, er hat flch
warm gerudert.
Merkwürdig, daß die Fahrt heute
durchaus kein Ende nehmen will!
Der Wastl ist doch um 4 Uhr von
Breilbrunn weg, jetzt zeigt die Uhr beim
Schein eines Zündhölzchen über 5 Uhr.
Ro. 3.
Stockfinstere Nacht ist' bereit, man
sieht die Kahnspitzt nicht mehr. Wastl
flucht über Nebel und Wetter, dit .ihm
di Fahrt so verlängern, und ärgert sich
grimmig darüber, io a Lacken ixaqt
und a ganze Stund' brauche Lder'n
Se. ist da nicht zum Lachkni
Horch! Wo läutkn' denn? Sakra,
da ist ja dt Aodechser Glocke und so
nag und deutlich zu hörn: Teuft. Teilst
i glaub' i bi irr gefahren, murmelt der
Wastl. Und wie in de Füßen so
kalt wird, di wahre Eiszapfen, von
einem warmen Blut gar keine Neb mehr,
Der Jrrfahrer fetzt seine Pfeise wieder tn
Brand und rudert in GotteS Namen
weiter. E bleibt ihm nicht andere
übrig, ohne Rudern müßt er a erfrieren
Und wie das Ei alleweil fester wird
heißt sakrisch antauchen, um den Kahn
durch die Eisschollen vorwärts zu bringen,
WaS wohl in Andech geläutet worden
ist? Wird' Aoeläuten gewesen sein
Dem nahen Klang nach müßt' aber Mühl
seid oder Herrscht tn der Nahe sein
aber da wär' ja Wurscht, aS für ein
Dorf ei ist, wenn nur die Numfahrere
ein End' hätt'. Hui die Kälten! Und
der Maleftznebel! Vollmond sollt' sein,
aber er steht auch bloß im Kalender
Bloß ein klein Bisserl Sternlicht wär' ja
schon gut tn der sakrischen Finsterniß au
dem Wasser. Wenn'S noch lang so fort,
geht, dann wird da Wasser alle Ei
und ber See friert zul Htmmelbomben,
element! Wastl, na' bist kaput l Wird
ihm doch bänglich i dieser z'wideren
Lag . Er taucht, was er tauchen mag
mit oller, verzweifelt! Kraft legt er
flch in das Ruder und es geht auch wieder
etwas vorwärts. Nur so weiter, dann
muß das andere End' vom See auch bald
kommen.
Es kommt aber kein Land, Eis Haufen
weis, so dick schon, daß da Schiffe! I
kaum mehr durchbricht. Jessa, wird
doch nicht zum Erfrieren mitten im St
kommen!
Richtig, wie der Jrrfahrer mit der
Kraft der Verzweiflung arbeitet, r er
reicht nur, daß der Nachen noch einen
Ruck vorwärts macht und mit dem Bug
auf eine Eisflächt ausführt. Jess'
Maria, Joskf! Jetzt ist', g'sehltl Der
Wastl hebt da groß Ruder au dem
Zapfen und versucht den Kahn weg vom
Ei zu bringen, vergeben, nicht etvrn
Ruck macht da Schiff mehr. Ha, in
Gedankt! Vielleicht läßt sich das Eis
mit dem schweren Ruder durchschlagen?
Mit aller Wucht schlägt der um sein
Leben Kämpfern) aus bi EtSflSche, in
Hieb, noch einer, da Ei muß nach,
geben. Da, ein Krach, gebrochen ist
etwas, aber nicht da (ftiS, die Ruder
fchaufel ist gebrochen. Jetzt stehen dem
armen Jrrfahrer die Haare zu Berg und
Todesangst erfaßt ihn. Verloren!
Eingefroren, weiß Gott o tm Seel
Der Wastl versucht mit dem Ruder
stumpf das ihn umgebende Eis zu durch
stoßen, eS geht nicht, zu fest ist bereit die
EiSrinde. Als erfahrener Schiffer weiß
er, daß das Einfrieren im See den
sicheren Tod bedeutet. Er muß erfriert
und Hilfe kann nicht mehr werden, selbst
wenn man am User ihn sehe könnte.
Stoßwet k ersaßt den Schiffer die
Todesangst ! Verloren, rettungslos ver.
loren I
AlltS Schaukeln im Schiff ist vergeb
lich, das Ei kruftet sich immer fester an
die Wanten, aber tragföhtg wird inner,
halb weniger Stunden die Eisdecke doch
nicht. El Entrinnen also unmöglich
Dabei diese entsetzliche Kälte! HZvdt und
Füßt starren, wiewohl der Schiffer dit
Arme um den Leib schlägt und mit den
Füßen stampft. Wozu eigentlich, wen
der Tod ja doch sicher kommt tn dieser
chrecklichen Nacht. Einschlafen, lang
sam erstarre und hinüber schlummern.
Der Wind kommt, scharfer Nordoft.
den Nebel in Fetzen reißend, eine steife
Brise streicht über den See, den Wastl
reißt e mit gewaltigem Ruck tn die Höhe.
der Nebel weicht. Um aller Heiligen
willen, waS ist das? Hart neben dem
eingefrorenen Kahn liegt das Ufer von
Diften, ein Sprung und der Mann ist
gerettet I
Zas Veitkrgkstcht bei WiMamsport.
AuS dtm Reitergefecht bei Williams-
port am Maryländer Ufer deS Potomac,
in dem der berühmte südliche Reiterführer
Stuart nach der Schlacht bei Antietam
(17. Sept. 1862) den Rückzug der von
McClellan geschlagenen Armee zu decken
uchte, erzählt der soeben tn Deutschland
verstorbene Hero v. Borcke in seinen
KrikgSerinnerunge di folgende tvter
ssante Begegnung:
.Einer der Zsanket'Osflziere, welcher
wie ich später erfuhr, der Führer der Ka
vallerte war, die ihr Entkommen auS
Harper 8 Ferry bewerkstelligt hatte, er
regte schon in dem erstem Scharmützel,
rai wir bet Wtlltamsport hatten, meine
Aufmerksamkeet durch seine Tapferktit
und durch dit ausgezeichneten, von ihm
getroffenen Dispositionen.
Am folgenden Tage sah ich ihn wieder. !
wie er, unS ganz naht, auf tinen schönen
Grau chimmel umhergalopptrend. schnell
unsere schwachen Punkte erspähte und
demgemäß seine Leute aufstellte und lu
fehligtt. Nachdem ich ihn einige Zeit tn
Ruhe gelassen hatte, hielt ich für
nöthig, seinem Vorgehen Einhalt zu thun.
Zwei Infanteristen, die mir all die beste
chaisschüten bezeichnet waren, zu mir
berufend, ritt ich über den or unsere,
Linie befindlichen offenen Raum direkt
gegen den savkee Offizier lo. Auf xas
send Entfernung vorgerückt, befahl ich
meinen zwei Scharfschützen, auf den küh
neu Oberst zu schießen, der im gemäch
licheo Galopp umherritt, ohn ich
irgendwie zu beachten. Nachdem mehrere
Kugeln In seiner nächsten Nähe gexsiffe,
hatte, hielt er plötzlich, kehrte sich gege
mich herum, ritt einige Schrt"e weitn
und saluttrte mit ritterlichem Anstand.
Dann ließ er sich von einem seiner Reiter
einen Karabiner geben, legt an, zielt
sorgfältig und seine Kugel xsiss f, nah
an meinen Kopf vorbei, daß ich glaubte,
sie hab mir eine Haarlock entführt.
Nun machte ich ihm meine militärische
Begrüßung und wir Beide ritte nach
unseren Linien zurück. So werden zu
weilen mitten im Kampfe Höflichkeit
ausgetauscht.
Herr v. Borke hatte, al er be vor
stehenden Bericht niederschrieb, wahr
scheinlich keine Ahnung davon, daß der
tapfere und ritterliche .Navket'Oberft
in LavdSmann war, nämlich der tüchtige
Chicagoer Oberst Arno Voß, der im
Jahre 1L83 in Chicago gestorben ist.
Voß befehligte die deutsche Kavallerie be
General Milel und schlug sich mit der
selben glücklich durch die Linien der Kon
sodeitrken, während Milel am 13. Sep
tember zu Harper Ferrn vor dem Re
bellengeneral Stonewall Jackson die
Waffen strecken mußte. Arno Voß pflegte
zu Lebzeiten nur wenig über seine alten
KrikgSlhaten zu sprechen und erst nach
seinem Tod würd namentlich seine glän
zende Waffenthat von Harper Ferr i
vettere Kreisen bekannt.
Merkwürdige Sammlunge.
Der Carl von LonSdale hat ein Peit
schevsammlung. Lord Aoergaoenvu hat
eine Sammlung, die von selber wächst,
nämlich eine Sammlung von Eichen.
Jede dieser Eichen ist von irgend einem
berühmten oder sozial hochstehende
Manne gepflanzt. Er hat ein .Prinz
ConsortEtche mit herrlichem Blätter,
schmuck, eine .Königin.Vtktoria.Etche.
in ,GladstoneEich, eine .Marqui,
of.Lorv', in .Prinz o. WalEtch'
aber auch in .Kaiserin Friedrich.Eiche
und in noch junge .Kaiser Wilhelm!
Stämmchen.
Lord Ashburnham hat ein Präten
denten'Sammlung. Alle wa zu ein
stigen oder lebenden Thronxrätendenten
tn direkter Beziehung gestanden, wird ge
ammeit. Namentlich vte .Earltften',
Sammlung ist hochinteressant, ebenso die
Naundorf'Sammlung.
ivir. Eleveland, die Gattin de Pr.
stdenten der Ber. Staaten, sammelt ihre
eigenen Porträt au allen Zeitschriften
d Welt.
Der Prinz von Walt sammelt in
bisch Waffen und Gefäße; außerdem ist
er in hervorragend Autographensamm
ler. .
Der Herzog von Bork besitzt die größte
Briefmarkensammlung der Welt.
Prinze ß Beatrix, dt selb in
Künstlerin auf dem Gebiete der Photo
grapyie ist, hat ich eine großartige pho
tographische Sammlung angelegt.
mx. Frank Beddard sammelt War
wer und de Markini in Neapel Leicht
und TodtenmaSken.
?er Wisstsftxxi.Irnh.
Jemand hat folgende interessant Da
tn über den M,ssissixpiFluß nieder
geschrieben. Der alle indianische Name
de Flusse ist .Michi Eepe, der
.Große Vater der Gewässer. Der
tgentlich Mi st stppt hat in Ur
sprung an der Stell, wo sich dr
Missouri und der Ober.Missi stppi vr
einigen, wenige Meilen oberhalb St.
Lout. Er hat fünf Haupt.Nebenflüsse:
Den Oberen Mississippi, den Missouri.
den Ohio, den Roth.Fluß, denArkansa,
den Weiß'Fluß und den St. Franci.
Die Strecke von der Mündung de Mik.
souri bi zum Golf betrögt 1286 Mei
len, vom Ursprung de Oberen Mtsfif.
ppi 261 Meilen, vom Ursprung de
Missouri 4194 Meilen, vom Ursprung
dt Ohio 2651 Meilen. Die Alluvial.
Fläche dehnt sich au? vom Delta bi zwa
zig Meilen oberhalb von Cairo t Jlli
nois und bi Kap Girardeau in Missouri,
woselbst da Ufer felsig wird. Der
Ober Mississippi ist klar. dr Missouri
hat in schmutzig weiße Farbe, der
Ohio eine grüne, der Arkansa und der
Rothfluß eine rötbliche. Der Betrag an
Erde, welcher alljährlich in den Gols
geschwemmt wird, würde eine Strecke
von einer Quadratmeile in der Höhe vo
241 Fuß bedecken.
Guter Raih.
.Mein Nachbar bat einen aroßea
Hund, vor dem wir un alle fürcht.
Was soll ich dagegen thun?
Nechtsanwalt: .Schaffen Sie fich einen
noch größeren an. Macht fünf Dollar.
Mißglückte Vertheidigung.
.Den Rentier Sanftbeim balte iö kür
inen riesigen Esel.
.Erlaube mal. aus den lasse ich nicht
kommen, der bat mir neulich fünf,ia
Mark geliehen.
.Na, ta siehst Du doch, daß ich recht
habe.
Unter Freundinnen.
Emma: .Liebe Fannv. darf ich Dir
meinen Bräutigam vorstellen?
annv: .Freut mich sehr. Sie kennen
zu lernen. Ihre zwei Vorgänger waren
auch ganz reizende Menschen I'