Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, April 11, 1895, Image 9

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    Inkognito.
umouir von Heinrich üi!a.
.Aber ist da, die M5gl!chk.i'. ?.:;?
,?Ja, Lik wissen doch, Herr Je dir,
laß fctnc Hoheit inkognito unititncift,
um dno Un:erlhar.eg kennen tu icrten.
,3a, ja, cl stand im ÄritSanMig.
.Und da wirb ti Äaltau doch richt
Irak liegen lafua bet antm -Katar
schönheiten.'
.I. i"!'
.Und malen soll , wie'a Proseffzr.'
.J. ol -'
,9?b, al denn? Hin 6t er in $"em
dknbuch geschrieben: Georg Herzog, Ma
Kr da ist doch kein Slnder, all
uns neun Herzog Georg vnljfteri
Sie flch darauf; Sie wissen, ich btsitze
Mknschenkennloiß!'
O j, Fritz, aber wenn man' rur
wissen könnte!' Der dicke V.sitzer de
.Hotel yit Krone' traute sich hinter dem
rechten Ohr, all wollt er, von dort Ia,
aas er nicht wußte, herauS'rstzen. Dann
fügte ,r hinzu:
.Aber man müßt doch den Bürger,
tr.etfi....
,Um GotieSwillen nicht, Herr I.
danl warf der Kellner ein. .Seine
Hoheit würde möglicherweise sofort aui
ziehen, wenn sein Inkognito verrathen
würde, und dann bliebe Ihr Wunsch,
Hostraiteur u werden, ewig unerfüllt.
.Ja, ja, Fritz, Sie werden wohl recht
haben.'
.Gewiß! Dat hatte ich ja gleich weg
bei meiner Menschenkenntviß ! Er hat
sich oll Maler Georg Herzog eingischrie.
den ergo müssen w:r ihn all solchen
behandeln, dabei aber immer mit dem
nöthigen Respekt.'
.Ja. ja, Fritz, natürlich! Immer mit
dem nöthigen Respekt. Ich getraue mich
nur gar nicht "
.Ach, Überlassen Sie nur Alle mir
und meiner Menschenkenntviß ich sage
Ihnen, wir werden Hoflieferant!'
.Nun ja, Fritz, ja, machen Sie nur!
Die Ehre für unser HauS wir werden
Hoflieferant!' Und Herr Jordan versuchte
gen Freudensprung.
.Wir müssen aber dafür sorgen, daß
der hohe Herr sich bei unS über nicht zu
beklagen habe, daß ihm nicht abgeht;
Ei müssen auch auf dem Posten '
.Mir geht jetzt soviel im Kopf herum;
da, Mädel, die Martha '
,WaS ist denn mit dem Fräulein?'
.Sehen Sie, Fritz, im Bertrauen, ich
möchte sie gern verheirathen.'
.Ueberlasseu Sie da mir, bei mei,
ner "
.Ich kenne ja Ihre Menschenkenntnis!,
ober Martha will durchaus nicht we
nigften Den nicht, den ich für st be
stimmt habe. Denken Sie, Fritz, da
dumme Mädel schlägt den reichen Matthe
auS.'
.Erstaunlich!' antwortete Fritz, lächelte
aber heimlich so verschmitzt dabei, als
kenne er den Grund von Martha' Wei
gerung. .Vielleicht gefällt ihr Herr
Matthe nicht mit seinem Buckel. '
.Ach, da bischen schiefe Schulter, da
gleicht doch sein Geld aus.
.Aber Herr Jordan, Sie brauchte
auf Geld doch nicht zu sehen, ein so reicher
Mann!'
.Papperlapapp! Sie glauben also,
ich wü;dk mein sauer ermoibeneS Hab
und Gut dem rsten besten Bettler scheu,
ku?' schnob ihn sein sonst so friedferti.
ger Chef in' Gesicht. .Fällt mir nicht
in! Sie heirathet den Matthe, bafia!'
und damit klemmt er sein Embonpoint
durch die Thür deZ RestaurationZzimmerS,
iu dem da Gespräch stattgefunden, und
zog dieselb heftig hinter sich zu.
.Wart nur, Altetchcn, Du wirft wie
der gut und mein Schwiegervater dazu,
oder ich hätte keine Menschenkennt,
nißl' lachte Fritz hinter ihm drem, dann
ging er di aufgestellt Table d'hote ent
lang, um dieselbe mit geübtem Blick zu
besichtigen. Er würde e sich niemals
vergeben Haben, wenn auch nur eine
Kleinigkeit nicht an ihrem Platz gewesen
wäre, tun einer der Gäste nachher etwas
zu erinnern gehabt hätt. In den sechs
Jahren, in denen er da .Hotel zur
Krone' unter seiner Oberleitung hatte,
erfreut sich dasselbe eines auSzezeichneteu
Rufe, und das war sein Stolz.
Herr Jordan wußte, was an feinem
Oberkellner hatte; r schenkte icha da
uzdedingteftk Vertrauen, hätte er aber
gevhnt, daß Fritz mit seiner Tochter ein
Verhältniß .angebandelt' habe, und ba
her die Hauptursache von Martha'S Wei'
gerung war, den reichen Freier zu hei.
rathen, er würde ihn mit Schimpf und
Schande fortgejagt haben. Er hätte es
in feiner Beschränktheit al eine grobe
Beleidigung angesehen, daß ein .armer
Kellner' trotzdem er frlbft 8 ja auch
gewesen eS gewagt, die Augen zu feiner
eigenen Tochter zu erheben. Sein Kind
sollt inen reichen Mann herrathen: der
bucklich MattheZ hatt bereits fein
Wort l
Der neueste Gast des .Hotel zur
Krön' war am Morgen mit seinem
Skizzenbuch in die Berqe gezaugen und
hatte versprochen, zur Table d'hote zu
rück zu sein. Als er hinauSgewandert,
hatte wohl Niemand im Städtchen von
ihm Notiz genommen, wie erstaunt war
r nun, daß er bei seiner Rückkehr der
Gegenstand allgemeiner Aufmerksamkeit
wurde; mau bildete in den Straße,
durch die er gehen mußte, fast Spalier
und Jeder grüßte ihn mit der tiefsten
Ehrerbietung.
Al r in das Hotel kam und sich an
die TaMe d'hote fetzt, glaubt r schier
in in JrrerchauS gerathen zu fein. Alles
stierte nach ihm hin, und e schien so, al
getraue sich Niemand iu seiner Gegen
wart ein laute Wort zu sprechen. Da
Essen blieb ihm ia der Kehle stecken, so
unheimlich wurde ihm dabei; er stand aus
und begab sich aus sein Zimtn. Aber
auch dort ließ man ih kein Nuhe, denn
va
Jahrgang 15.
kaum hatt r di THZr hinter sich g
lAlfiftcn. all fita dieselbe Icbon wieder
öffnete ur.d, ta-se.id Evtsu digunoen
Nzmmeinv, tttf) errunctgie, 00 oem ,gna.
dizflen Herrn Herzog' da, Essen nicht
geaiundet habe, da doch heut mit ganz
txssnderer Sorgfalt zubereitet gewesen
sei.
D. da ff!Tt war wobl aui. nur
schien mir die Tischgesellschaft oer
rückt! WaS will man denn von mirs
pr wen hält man mich?!'
.Gnäoiger Herr Herzog Derzeit,
aber &ht wem Ebre aebübrt! O. wir
haben MenschenktNvtniß, Ew. Ho
hcitl'
.Hahzhal' der Gafl lachte au vollem
fälst, .öobeit?! ich sänge aa iu
begreifen di guten Kaltauer halten
mich für den Herzog Veorg. meine Mit
nur. wegen!'
.Ew. Gnaden sind wirklich nicht
der Herr Herzog ?'
.Gewi bm tch a, aver c Herzog
bin ich nicht.' Und l, Fritz ihn un
ISubia anstarrte. Uktt er bin: .Öa.
bea Sie denn noch kein Bild vom neuen
Herzog gesehen Htr t ferne '459010
graphie und da lesen Sie, mein Lie.
ber. da ist leine fianMAnft: Seinem
lieben Freunde Georg Herzog Herzog
Georg!"
Ab. der onädiae Sbtxx sind ein Freund
seiner Hoheit?! Da kann vielleicht
doch'
.Nun. was denn? Heran mit der
prschel Ihr hattet hier den Herzog
um etwa bitten weilen uno ur
Hoffnung ist zu Wasser geworden,
nicht!?"
.Ja, jawohl! Ich hatte meinem Chef
ntr',mtn. daS ick,, durch die allerarSnte
Aufmerksamkeit in der Bedienung Ski,
ner Hoheit, ihm ven ,ei Vonieserani
r schwärmt sür inen Titel ver
schaffen wollte. Er schwelgte schon in
der Aussicht darauf.'
.Nun, vielleicht kann dem Manne doch
10 ebslsen werden. Sie sehen, dak
der Herzog n.ein Frud ist; jetna ich
darum bitte '
ca ia! Und eS ist dennoch schade.
daß der Herr nicht Herzog ist,' meinte
Fritz seufzend.
.Wär mir auch ganz lieb. Aber waS
hätien S i denn davon?'
.Ich? Gott, ich hatte mir mein Plän.
cheu so schön zurecht gedacht nun ist
ltch! damit. -.Der
Lereoq sollt Sie wohl zum
Hosmarschall machen?'
Ack nein, so boed erste! ich mich
nicht aber nein, nun ist' doch
nicht.'
Vielleicht kann leg zynen nocy ytisen,
erzählen Sie einmal.'
.Nun, der Herr ist so gemüthlich
war'S schon bet der Ankunft und als
ich den Einfall bekam, daß der Herr Her.
zog der Herr Herzog sei '
.Also von Ihnen kam c! ezczee
rung.". . ... . . '
,Jal 0, taj ykv zvienicsenrennrnig
nur bin ich diesmal hineingefallen. Ich
bitte mir nämlich ae!aat: Der Chef.
Herr Jordan, getraut sich mit wem
Herzog nicht viel zu spreqen, vu ipngu
gern, du hast Menschenkenntniß; wen
du ihn nun bedienst, er ist ja in o leut,
seliger Herr der Chef ist so stolz dar.
auf, daß Seine Hoheit bei ihm wohnt
und er giebt ihm auf mein Bitte viel
leicht den Titel oder gar wenn ich'
ihm hätt sage könne legt er ein
Wort sür mich bei Herrn Jaidau ein we,
gen der Martha, die '
.Ein Martha? Ahl'
.Ja, Herrn Jordan'S Tchtr.'
.Nun, der Site will woh! nicht?'
.Nein! Ich darf auch gar nicht wa
gen, mich ihm zu erklären, er nimmt kei
nen armen Schwiegenoha; die Martha
soll den duckllchen Malhes heirathen,
weil er viel Geld hat.'
,AH! Und da? Fränlein ist jung und
hübsch.
.Ein Engel neunzehn Jahr: alt!'
.Aber sind Sie denn wenigsten? mit
dem Fräulein einig?'
.O ja sehr!'
,DaS ist Alles recht schöa und ich
möchte Ihnen gern helfen, aber wie den
Alten Hemmkriegen? W!re ich ber
Heizsg, ja, fo einige Tausendmark,
scheine'
.Der Herr kann mir auch anders hel,
fen, wenn r sich nur hier al Inkognito
Herzog ausspielen wollte.'
.Da soll ich wohl gar eia Heflieferan,
ten-Patent fälschen? Ei, daS geht doch
nicht.'
.Nein, nein! Ich sage Herrn Jordan,
dak, da Incoantto durchaus gewahrt
erden muy und daß er in diesem Falle
den ttti ganz Btuitnau eraau -
.Den soll er haben, daS würde mich
nur ein Wort koken.'
.Nun ja, wenn Sie ihm im Laufe des
Gespräches vnr ein Wort von mir sagen
mallren. viklleickt so. dak ich '
.Lassen Sie mich machen, ich werde
sehr würdevoll den Herzoz spleten, ver
durchaus nicht Herzog sein will. Ihr
Chef wird seinen Titel bekommen und
Sie Ihre Martha yitm?hrea.'
,O. ich aukte e i. der Herr begrün
dek unser Glück. O, ich habe Menschen
I
Sonntagsgast.
Beilage zum Nebraska taats-Anzeiger.
.Jetzt schaffen Sie mir in Flrsche
Wem her, schicken Sie aber den Wirth
selbst damit, sagen Sie, ich wolle thi
sprechen.'
Fritz ging und Herr Jordan erschien
bald daraus in Frack und weißer ZZinde
und servirte unter hundert Verbeugungen
den Wein.
,Hoh ach der gnädige Herr ha
den besohlen.'
.Ich hab bitten lassen, Herr Jordan,
aber wollen wir denn aus einem Glas
triaken?' Er schellt; a'. Fritz in das
Zimmer stürzt, befahl er ein zweite
Gla.
Der Wirth war verblüfft ein Her
zog, sein Landesherr, oll! mit ihm zu
summen Wem trinken I
.Aber Höh , gnädigster Herr, ich
soll-?'
.Nun a, ich bat um Jdr Ge ell chast
und will mit Ihnen anstoßen. Der
Wein wird doch trinkbar sein, will ich
meinen!'
.O, Herr Herzog, der beste, den wir
im Keller haben. Den bekommt nicht
Jeder!'
,ch. sehr schmeichelhaft für mich.
Prosit I Da Weinchen ist gut.'
Der Maler verstand eS, den Alten at--
sprächig und zutraulich zu machen und
bald hatte er ihn da, wo r ihn haben
wollt.
.Si glaub also, wie Ihr Ober,
kelln mir sagte, daß der Titel eine
Hoflieferanten Ihnen im Geschäft för
derlich sein würde!?
.Jawohl. Ew. 0 ach Ew. Gna
den, besonders für den Weinhandel.'
.Ich gelte etwas dei ote, das atm,
Ich bin mit dem Herzog bekannt und
könnt Ihnen dazu behilflich fein; aber
ich muß Garantiern bringen, daß da
Geschäft nicht etwa einmal an den Erst,
besten verkauft wird oder sonst übergeht.
Haben Sie denn einen Sohn, der einmal
nach Ihnen da Hotel übernehmen
könnte?'
.Nein, leider! Aber mein Schwieg'
M-' . .
.Also eine verheiraraete Tochteri'
.Nein, nein, ich will st erst verhei,
rathen.'
.Ah, sie ist verlorn Wann t,t denn
Hochzeit?'
.Cw. Gnaoen, nem, ot Bniovung
soll erst stattsinden. der Freier ist aber!
schon da, ein reicher Mann.' '
,SoI? Ist r denn Fachmann, wtrv
er denn dem Hotel den Ruf bewahren
können, den eS jetzt hat? Dem Herzog
müssen dafür Garantieen gegeben er,
den.'
.Fachmann lü er eigentlich nicht, aber
mit Fritzen Uzterstützung, der ist sehr
tüchtig'
.E, so geben !vi doch dem Ihr
Tochter!'
.Entschuldigen Herr Herr Herzog,
aber der ist arm "
,Hben Si denn fo auf Geld zu
sehen?'
.Nein, nein! Aber ich weiß doch nicht
ob meine Tochter '
.fragen wir sie einmall'
DaS klang wie ein Befehl und bald
stand Martha im Zimmer, zupf: ver
legen an ihrem langen blonden Zopfe und
wagte kaum, di Veilchenaugen aufzu,
schlagen; stand si doch, wie sie vermeinte,
vor ihrem LandeSherrn!
.Nun. Fräulein, Ihr Pzpa möchte
einen Titel, den ich ihm verschaffen kann.
Dieser Titel soll aber auch auf den Nach
folger im Geschäft übergehen, dieser
Nachfolger, den r mir genannt, gefällt
mir jedoch nicht, e fragt sich, ob Sie
darauf verzichten wollen, die Gattin jenes
reichen Herrn &u werden oder können
Si nicht von ihm lassen?'
Herr Jordan stand wie auf Kohlen, er
hätte gern dazwischen gesprochen, doch der
Respekt erlaubte das nicht. Auch Martha
wußt nicht, waS sie sagen solle, so ver,
wirrt war sie; aber sie faßte sich endlich,
handelte es sich doch um ihr Lebens,
glück,
.Hoheit!' platzte sie heraus, .den
MaitheS mag ich überhaupt nicht, lieber
gehe ich ins Wasser!'
.Aber arum den nicht?' schrie ihr
Vater, allen Respekt vergessend, sie an.
.Ich kann ihn nicht leiden!'
.liuftna ein so reicher Mann!'
.Oder liebt da Fräulein vielleicht ei
uen Arideren? He?!'
.Sie wird doch nicht!'
.Ei warum denn nicht? Kind, so ant,
worten Sie doch, ist eS so!' Und bei
diesen Worten zog er die Hände, mit de
nen sie die Gluth ihrer Wangen ver,
decken wollte, herab. .Antworten Sie
doch!'
Nach einem kurzen Kampfe stieß Mar
tha ein festes: .Ja, e ist so!' hervor, und
auf d!e Frage, wen sie denn liebe, ant
mortete sie: .Den Fritz!'
.Die Dirne ist toll, daraus wird
nichts!'
.Und dos nur des Geldes willen, Herr
Jordan? Der Fritz wär die beste G.
rantie, die Ich dem Herzog bieten könnte,
er scheint doch ein tüchtiger Fachmsnn zu
kein, außerdem werden Sie in erster
Reihe ihm den Titel zu verdanken ha
den.'
.Ja, wenn wenn der gnädige Herr
befehlen, ich maß doch aber den Fritz erst
fragen, ob r m "
.Ob er will!' schrie Fritz von de
Thür her. hinter welcher er gehorcht
hatte und stürzte sich an den Hai ftineS
EhefS; auch Martha umarmte de Vater
stürmisch, so daß diesem beinahe der Athem
verging.
.Lakt mich nur lo! Da. habt Euch!'
.Also ich gratulire und lade mich zur
Hochzelt ein, sagte der Maler, dessen
Anwesenheit man beinahe vergessen hatt.
,E wird in große Ehre für uvS sew,
gnädigster Herr. Aber die Hochzeit darf
erst stattsinden, wenn das herzogliche
Wappen über meiner Thür hängt.'
Auf der Hochreit rfuhr Herr Jordan
jedoch, daß der Herzog auf feinen Reisen
Kaltau wirklich nicht berührt hatte. Fin
ster zog der alt Herr die Brauen zusam
men, bald lacht er aber wieder mit der
ganzen Breite seine, Gesicht und reichte
feinem Schwiegersohn die Hand.
.Fritz. Du bist eine Perle ! Ich habe
jikht wirklich Respekt vor Deiner Men
schenkenntniß!'
U?enn die Schwalben wieder
kommen.
Von Arthur Weiß.
An dem Fenster eine kleineu Stüb
chen im Hinterhause einer jener Mieth,
kasernen, mi si in den Hauptstädten
immer mehr gebaut werden, stehen au
einem Sonntag, Nachmittage zwei junge
Menschenkinder und schauen hinab in de
Hofraum, auf welchem heller Frühling
soonenscheiu lagert, der die Blätter und
Blüthenknospen einiger Bäum durch
seine warmen Strahlen zum Auseinander
falten zwingt. Fliegen und andere In
selten summen durch die lau Lust, denen
luftig zwitschernd die ersten Schwalben
nachjagen. An dem Firste KeZ gegen
überliegenden Nachbarhauses baut r
Schwaldenxaar sein Nest; rastlos fliegen
sie hin und her mit der feuchten Erle im
Schnabel und immer weiter schreitet der
Bau vorwärts.
Da junge Mädchen, eine schmächtige
Erscheinung hat ihr Aufmerksamkeit
ganz den beiden Schwalben zugewandt.
.sieh nur Karl,' unterbrach sie das
Schwetsen. .die ersten Schwolden in die
fem Frühling. Wie sie sich aöurühen
und wie niedlich und geschickt sie sich ihr
neues Heim bauen. Wo die sich nieder
lassen, soü ja auch das Glück wohnen,
sagt man.'
.Ja, eS ist wahr,' erwiderte der An
gtttSete, eia junger, stattlicher Mensch
von kräftiger, untersetzter Gestalt, dem
der sorglose Uebermuth auS den Augen
lachte. .ES ist Frühling und Alles baut
sich sein Neftchen. Wie wär', Mari,
wenn auch wir endlich daran dächten, uns
ein Heim zu gründen. Ich werde nSch
ftenS 25 Jahre und du bist auch schon
an die Zwanzig. Zeit wär'S eigentlich.
Woraus warten wir also noch! WaS
wir zum Heirachen gebrauche, haben
wir, und ma unS sehlt, arbeite ich ia
Jen Feierstunden nach, einen schönen Ka,
ften, ein Bett und einen größeren Tisch,
da Andere haft du ja. Immer unter
fremden Leuten hat man doch nicht seine
rechte Ordnung, man weiß nie, wo man
zu Hause ist. Uad find mir erst verhei,
rathet, wird'S mit dem Sparen bei mir
auch besser gehen. So zerrinnt Einem
der schöne Verdienst unter den Händen
und dann wunderst du dich immer, daß
ich' nicht weiter bringe. Also willst
du?'
.Ia, Karl', erwiderte einfach das
Maschen und streckte ihm ihr eiche
Hand hin, die er mit ferner Rechten er
griff. .Du weißt ja, ich habe Nieman
den aus der ganzen Welt, als dich allein,
und wenn du glaubst, daß eS Zeit ist
mir ist'S recht. Aber EinS möchte ich
dich bitten: laß unS vorerst Alles an
schaffen, damit wir unS ia Ehren der
Welt zeigen können und wir von keinem
Menschen abhängig sind. An Wäsche
fehlt mir noch so Manches, und auch ich
werde jede freie Minute benutzen, um
daS Fehlende zu rfetzen. Laß' unS die,
se Sommer fleißig fein und wenn im
nächiien Frühjahr die Schwalben wieder
kommen, dann wollen wir Hochzeit tr.a
chen."
,S soll'S sein" rief der jung Mann
und zog das Mädchen, das ihm nicht
wivkrstrebte, an sich. .Und dann wirst
du meine kluge Frau und du brauchst dich
nicht mehr aa der Nähmaschine zu quä
len. Ich richt' mir dann eine Werk
ftäkle ein und werde selbständig; an
Arbsit wird mir'S nicht fehlen. Aber
nun tumml dich, daß wir hinaus in'
Grüne kommen. Mir ist die Brust so
weit, ich müßt hier im Zimmer ersticken.'
So war wieder ein Bund sür' Leben
geschlossen, wie er trotz des schweren
KampseS um's Dasein noch so häufig ge
schlössen wird. Wonach sehnen sich so
viele Menschen und doch ist S nur einem
kleinen Theil verzönnt: eine geregelte,
glückliche Häuslichkeit, ein Heim, in das
der Mann nach vollbrachter schwerer Ta
ßeSarbeit eilen kann, empfangen von
einer Frau, die ihm die Bürde deS Le.
Ro. -1.
ben fo leicht als nur möglich zu machen
versucht, welch die Sorgen, die fo oft
das eheliche Glück unbarmherzig zerstö
ren, mit dem Gatten theilt, und die dar
nach strebt, im Verein mit ihm ihre Kin
der zu nützlichen Mitgliedern der mensch.
lichen Gesellschaft zu erziehen. E ist
nnr wenig, k,aS diese Arme verlangen,
und wie oft müssen si tat Brot, um
welche sie gern arbeit möchten, nl
Kehren.
Sie marea Nachdarikinder gewesen,
deren Eltern früh gestorben. Leid und
Freud hatten si mit einander getheilt
und ihr Herzen gegenseitig auSgefchllt
trt, alt sie sich unter fremden Leuten ihr
Brod verdienen mußten. Er lernte bei
einem ackeren Meister da Tischlerhand
werk, während sie ihr Fortkommen mit
der Nadel suchte und fand. Im Innern
der Beiden war e schon längst ieschlos
senk Sache, daß sie sich zusammen den
eigenen Herd gründen wollte. Da
Schicksal schien sie auch für einander be,
stimmt zu haben, und so hatte der Ge
liebte ia Worte gekleidet, was das Herz
schon lange gefühlt.
Der Sommer und der Herbst oergin,
gen sür die Beiden in regem Schaffen.
Eia Gulden nach dem anderen wurde auf
di Seite gelegt und mit stiller Freude
sahen sie ben Zeitpunkt der Verwirk
Itchung ihres Herzenswunsches immer
näher heranrücken.
.Marie sagt in Abend Karl,
al r di Geliebt nach gethaner Arbeit
wieder aufsuchte, die grau Huber r
zählte mir, du arbeitest immer bi in die
linkende Nacht; lass' da, wir haben es
nicht nöthig, daß du dich so plagst. Sie
hat Aagft, daß du e nicht lange uShal
ten wirst; der Hüften gefällt ihr nicht,
meint sie. Aber sie sorgt sich gewiß
nicht umsonst, bnn deine Gesichtsfarbe
ist doch frisch und roth.'
Marie beugt sich lies er über di Ar
ieit und schneller flog die Nadel der Näh
Maschine durch die Wäsche, an deren Her
ftellung sie arbeitete.
.Aber warum nicht gar,' meint si
lächelnd, .das Bischen Husten ist ja
nicht der Rede werth; wenn eS nur erst
Frühling wäre,' seufzt si, .dann wird
S wohl von selbst aufhören. Du weißt
ja, FrühlingSlust heilt AlleS.'
Und der Geliebte beruhigte sich. WaS
wußt er, der starke, gesund Mensch,
auch vom Husten, und maS verstand er
von hektischer Röthe! Sie sah gesund
aus, und das genügte,
Der Frühling kam, aber mit dem
Husten wurde e nicht besser. Der Arzt,
de Marie endlich auf Karl'S Drängen
befragte, schüttelte bedenklich sein Haupt
und verschrieb lindernde Medizin ; er
wußte, waS das für ein Husten war.
UnS als di Schwalben wiederkamen und
sich im lauen Sonnenschein tummelten,
da lag in den weißen Kissen ine abge
magert Mädchengeflalt mit blühenden
KirchhofSröSlein auf de Wangen, und
an dem Bette stand in junger Mensch im
Arbeitöanzuge mit Thränen in den Augen
und hielt die fieberheiße, durchsichtig
Hand feiner Geliebten.
.Rücke die Kissen ein wenig höher,
Karl,' flüstert sie. .Ich höre sie, di
Boten deS Frühlings. Noch einmal
lass' mich si sehen, die lieben Thiere.
Ia, ja, da sind sie, die Schwalben, di
uuS unser Glück bringe sollten. Mir
wird so wohl bet ihrem Anblick mir
ist so leicht als ob ich Flügel hätte
ich fühle eS,'m!e ich mit ihnen flieg.'
Sie hatte die Arm ausgebreitet: die
Äugen mit dem brennenden Blick schlössen
sich und sanft ließ der junge Mann den
Körper, aus dem di Seele entflohen,
auf die Kissen gleiten. Und als er das
verklärte Geftchtchen so ruhig vor sich
liegen sah, da ergriff ihn erst der ganze
Schmerz, da wußte er erst, wie lieb er sie
gehabt. Die Schwalben waren wieder
gekommen, aber fein Glück und seine
Hoffnungen waren davongezogen.
ßs kam anders.
Humoreske von B. K.
Fräulein Kußler war nicht hübsch, da
für aber um fo ältlicher. Sie hatt je.
doch die Hoffnung noch keineswegs auf,
gegeben. Ia, sie wär schon zufrieden
gewesen, wenn überhaupt nur Jemand
mal ein Auge auf sie geworfen hätte.
Aber nichts Derartiges geschah. Biß
einmal Einer an, den ihr bescheidene
Sparkassenbuch herbeigelockt hatte, so
hielt er doch nicht auS; bis zu einem
Kusse war eS noch nie gekommen. Und
sehnte sich die Arme wahrhaft nach dem
ihr thatsächlich och unbekannten Ver
gnügea eines KusseS von Männerlixpea.
Zulktzt wurde diese Sehnsucht bei dem
Fräulein zu einer Art fixen Idee. Da
la sie eines Morgens in der Zeitung,
daß ein junger Mann im StaStPark
sein Wesen treibe und zwar hoch oben in
der Nähe der PfauenWies, am oberen
Ende deS SeeS. Er war beschrieben 1
ein junger, hübscher Mann, sehr elegant
gekleidet, mit einem rtndea neuzebor,
en Schnurrbart. Der Zeitung zu
folge operir! der Schändliche in der
Weise, daß er so um die Dämmerung
plötzlich aus eine einsam deZ WezeS lotn-
a:u!e Datr.c zutrat mit teu Wort:
.Da i st Du ja r-dlich. Lied!' sie eh
Äettere iu jeriie A.me schloß und ihr
mehrere schatzede Küsse verfitzte. D
ihn; der Schlaukovf, cl entdeckte er sei
nen Irrthum in der Person, ur.d n
schwand m:t in höflichen Entschuldi
guaz, noch eh di ganz und gar Ueber
raschle wußte, wie ihr geschah.
ßiäulei Kußler fand dies Versah
ra de .Knutschbold!' einfach ent zückend,
um so mehr, al er, wie di Zeitung mel
bete, nebenbei kein Kostverächter war,
sonder abküßte, wal ihm untn dem
neugeborenen Schnurrbart kam: legant
Damen, Gouvernanten, Ladenmädchen,
indkrmädche, ja sogar di halbwüch
sizea Lacksische aui der höheren Töchter
schul. .Da ist mein Mann!' sprach
Fräulein Kußler.
Sie kleidete sich also so elegant wie
möglich, schminkt sich, bi si neunzehn
Jahr alt war, und macht sich am Räch
mittag, ter warm und sonnig war, auf
ten Weg nach der PfauenWiese, wo da
süße Ungeheuer auf der Lauer lag.
Au den bewundernden Blicke, di
si untkrweg von den Männer empfing,
ersah sie, daß si auf Erfolg rechnen
dürfe.
Und nun gar im Dämmerlicht mußt
sie dermaßen verführerisch aussehe, daß
eö sie garnicht gewundert hätte, wen sich
der Löwe von der PfauevWiese mit Ge
brüll aus sie stürzt.
Endlich warft dem Ziele nah. Ring
umher unter den entlaubte Bäume de
Parke keine Menschevseel.
E war gerade die rechte Zeit: cm
Sonn rührt sich ben zum Untergehe.
Ein gellender Schrei durchdravg plötzlich
di winterliche Stille. War e d
Kußlüsterne, oder war eS nur der Pfau?
Doch waS war da? Je näher sie der
Wiese kam, desto belebter wurde . Auf
allen Bänken saßen si: junge und jüngere
und ganz junge, alte, ältere und ganz
alte Mädchen sonderbar, höchst so
derbar! Und nun erst auf den versteckte
Seitenwegen! Da wimmelt förmlich
von ihnen lkgant Damen, Gouon
nantrn, Ladenmädchen, ja sogar halb
wüchstge Backftsche aui der höheren Toch
terschule. Und immer kamen ihrer och
mehr! Immer mehr! Da ging dem
Fräulein Kußler ein entsetzlicher Sisu
sied auf. Bei dieser große Eonurr
renz hatte si keine Chane.
Si floh d'rum dai Revier deS Pfau'
Und grg dann ungeküßt nach Hau.
Schtt0kwoyer.
Da organisch Leben kennt keine
renze auf der Erde. Dem trockenste
WÜftensandt entlockt ein durch Menschen
Hand erschlossen Quell Gräser und
Blumen, Flechte bedeckten di Felsen.
wände der PolarRegion,n und locke
selbst größere pflanzenfressend Säug
thier dahin, und auf di mit ewigem
Schnee bedeckten Gipfel der Gebirge
schwingt sich der Adler rmpor. Ja, der
Schneedecke selbst fehlt eS nicht an pflanz
lichen und thierischen Bewohner. gre
lich ist die Schnee.Flora auf die niedrig
ften Pflanzenwesen, auf die Alge, be
schränkt, von denen einige aber durch
Menge und Farben den Schneefeldern
eia prächtige Aussehen verleihe. Am
bekanntesten ist di karminroth Schnee
alg, di .Blum des Schnee'. Saus
füre, der fi im Jahr 1760 zum eist
Mal auf dn Schneefeldern der Saveaer
Berg sah, bezeichnete sie al .rothe
Schnee'. Man kennt sie jetzt auf den
Alpen, Pyrenäen, Karpathen, Ural, dem
nördlichen Skandinavien, ganz besonders
aber in Grönland, überhaupt ia den
arktischen Regionen. Die durch di Alg
roth gefärbte Schicht de Schnees ist
etwa 50 Millimetn tief, am stärksten
entwickelt an den Stellen, wo der Schnee
durch die Sonnenwärm zeitweilig abge
schmolzen ist, nämlich in den Mulde und
in der Nähe de Randes der Schneefel
der. Hier aber liegt auch der meiste
Schneestaub, und dieser ist S, der der,
Algen die Nahrung giebt. Nach Kerner
stellt sich unter dem Mikroskope die de
Schnee roth färbende Mass als in An
zahl kugelig Zellen dar, di eine färb
los Zellhaut und inen mit Blattgrün
durchsetzten Zellinhalt besitzen.
Unbedeutend.
Gaun (im Cafe, eine Zeitung, ach
dem sie überflogen, verächtlich fort
werfend): .Wurfchtblatt .... bringt ja
nicht 'mal etwas üb mein letzt
großartigen Einbruch!'
Ein arm Teufel.
Vorstand: .Warum kommen Si denn
fo spät? Sie sind gewiß wieder im Ver
satzamt gesteckt!'
Diurnift : .Ach, Herr Vorstand, l sa
günstig Verhältnissen befind ich
mich leider nicht mehr!'
Vereinfachung.
A: .Nun, hat gestern da neu Stück
gefallen?'
B: .Nicht sehr! Bereits nach dem
zweiten Akt war, weil dem Dichtn
nichts Bessere ein, der Vorhang her
unter,, da Publikum herein und da
Stück durchgefallenl'
vorsichtig.
.Weßhalb gaben Sie denn, Herr Ban
kier, Ihre Tochter Ihrem igknen Cassi
rer zur Frau?'
.AuS Vorsicht; denn wenn n mir in
mal mit meiner Kasse durchbrennt, so hat
doch wenigstens meine Tochter 'oa
davon!'
praktisch.
Mann: .Ich muß ausgehen, Du kanng
mir rasch den Slrumps etwas stopfen?'
Frau: .Kleb' doch einstweilen ' Stück
Heftpflaster drauf!'