Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, February 28, 1895, Image 12

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    von Juan.
Novkllklte buh mil ft J)!au.
surr fulivstb Schmiednagel, Rentier
und H mSdesiher. befand sich aus ein
Echeizeneise. Er war em untersetzter,
wohlbeleibter Mann von etwa spießbur.
gerlichem ulsehen. aber so gut erhilten
u . -T . . . - . t . em 11 IfU ,k kb VI
und so frisch inote Wett umu, ug
Hotellkellnn immer t Zweifel waren,
s , y,a ittlick Kesckiövschen. in
dessen Begleitung er reiste, mit .Mi.
dame oder .Fräulein' ansprechen soll,
ten. , msrfoaar schon u komischen
MißoerstZadniffea gekommen, die Cäcilie
nicht wenig Spaß machten, während sie
Herrn Schmtednigel nur an'angZ bei
tert hatten, dann aber imner rnster
stimmten. Ec wir sich , um tlstea Male
beamjjt geworden, daß seine Tochter kein
,nd mehr war, und in ver nouin .ou
risten.Totlette, mit Herrenmeste, Jacket
und keck tn da krause Blondhaar ge,ey.
tem Ftlzhutchea sah sie in der That so
reif und verführerisch auS, daß man sit
auch für eine sunze Frau halten konnte.
SStxx Schmiednagel hing ab an dem
MZdel aus' Sittlichste, und in dem
Augenblicke, da sich ihm solche Betrach.
tunaen oukdrlnaten. musste auch die
Sorge in seinem Serien wachen.
Man war von Lindau nach Bregenz
gefahren, hatte den Pfänder befttkgen,
dann Rohrschach, St. Gallen und Kon,
stanz besucht, und nun ging e von
Schaffhausen hinab zum Rheinfall. Auf
dem Wege dorthin, der an den Gebäuden
der Aluminium.Fabrik vorbeiführt, hielt
Herr Schmiednagel feiner Tochter einen
kleinen Bortrag über oicsc tnurenont
Metall, aber CZctlie hört nur mit hal
dem Ohr. Sie dacht an einen jungen
schlankgewachsenen Mann, mit spitzem
dunklen Bartanflug, der sie an derTable
d'hott in Konstanz so sonderbar ange,
blickt hittt und der dann aus dem Bahn
Hof doch nicht in da Kupee stieg, au
dem st eben herauSguckte. Dabei huschte
bisweilen in schalkhafte Lächeln über
ihre Lippen, ihr Augen sahen träume
risch in die Fern, und al Herr Schmied
nagel mit den begeisterten Worten schloß:
.Dem Aluminium gehört fcie Zukunftl'
da schrak sie plötzlich zusammen und
fragte verwirrt: .Die Zukunft, Papa?
welche Zukunft meinst Du?" Herr
Schmiednagel gab natürlich die ge
wünschten Aufklärungen, und dann ging
S den Berg hinab und unter dem Tosen
der gewaltigen Waffermasse weiter bl zu
der Wendung de Flusse, von der au
man den Fall am besten übersieht.
Hier steht im Schatten matter a
stanien eine Bank, und al man dieselbe
erreicht hatte, ging in jähe Zucken über
da frische Gesichtchen. An dem unteren
End dieser Bank saß, die Beine wett
Vorgestreckt, behaglich ein Pfeifchen
schmauchend, ein Arbeiter an dem
oberen Ende sah der junge Mann mit
dem schwarzen Bartanflug. Al er die
Beiden herankommen und Hrn. Schmied
nagel zögernd nach der Bank blicken sah,
machte er mit in einladenden Geberde
Platz, während der Arbeiter sitzen blieb.
.0 bitte ich willSi nicht berauben,'
wandt Herr Schmiednagel ein. Aber
der junge Mann ntgegnete, daß er noch
hinüber nach Schloß Lausten wolle, zog
den Hut und entfernte sich. Herr
Schmiednagel erwiderte den Gruß us'S
Freundlichste, und dann sagte er mit
einem weniger freundlichen Blick auf den
Arbeiter, dessen Knastervolken Cäcilie
schon zum Husten reizten: .Da war
doch einmal in liebenswürdiger Mensch
Cäcilie nickte, aber sie dachte an Andere,
sie fragte sich, warum er vnr wieder
gleich fortgelaufen war.
Ein Vtertelstund später hatt sich
Herr Schmiednagel auf Borschlag feine
Töchtecletn entschlossen, auch hinüber
nach Lausfen zu gehen und dann von der
Station Dachse aus die Reist fortzu.
setzen. E war ein köstlicher Sommer
tag, nicht heiß, die Luft noch frisch von
dem letzten Gewitter, der Himmel klar,
ticsblau, und die Sonne warf reizende
Lichter durch die smaragdgrünen Laubge.
wölbe und di Schaumperlen des abstur
zenden Wasser. Aber CScili zeigte
nur wenig Interesse für die anmuthigen
Bilder, und selbst al man unten auf dem
in den Fall hinaus schauten KZnzeli stand,
in erschreckender Nähe de großartigen
Schauspiels, mahnt sie gleich wieder
zum Aufbruch.
.Vor fünf Uhr können wir doch nicht
fon entgkgmWPapa, aber dann meint
sie, daß er ja noch eine Tasse Kaffee trin
ken wolle, und daß man sich auch noch
auf dem Wege da oder dort aufhalten
könnte, und so jagte sie ihn von einem
Punkt zum andern, biö sie endlich wie
der draußen auf der Straße nach Dachsen
standen.
E war vier Uhr, noch eine Stund
Zkit bi zum Abgang de Zuge, aber in
zehn Minuten hatte man den kleinen
Bahnhof der zugleich Hotel ist, bereit
erriicht. Da gesammte Reisegepäck hatte
Herr Schmiednagel direkt nach Zürich
geschickt, uud jetzt war er nur mit seincm
Ueberrock, seinem Opernglafe, seiner
Trtnkflasche und seinem Regenschirm be
lastet. Trotzdem quoll ihm der Schmeiß
von der Slirn, und er begann wir r
sagte skiv Bein zu spüren. Al
man aber in die Nähe des Hause gekom
men war, vergaß er plötzlich die Aussicht
auf Ruhe, Schatten und ein Tasse
Kaffee, er blieb vielmehr in der hellen
Sonne stehen, neigte den Kopf ein wenig
vor und lauschte. Vielleicht fünf Minu
ien lang und dabei kam ein verklär
ter, wonniger Ausdruck in sein runde
Geficht und als r sich endlich wieder
aufraffte und weiter ging, nickt Cäci
lie zu und sagte: .Da hat mir wieder
einmal wohlgethan!-
Herr Schmiednagel war nicht bloß
Rentier und Hausbesitzer, er war auch
Kunstentbusiaft. und wa da drinnen
auf dem lavier gespielt morden, da
war Musik, wie man sie nur selten zu
hören bekommt: etne jener rüsten tresftn
nizea und doch süß melodischen Weisen
in der Act Valegrina'. Cäcilie war
jetzt geduldig neben dem Laier flehen ge
blieben, denn eine dunkle Stimme sagt
ihr, daß der Spieler der junge Mann
mit dem blaffen Gesicht, den sausten
Augen und dem sonderbar hübschen
schwane Spitzbart war. Und sie hatte
sich in der That nicht aeiäu cht. All si
die Thür öffneten und in da Gastzimmer
traten, da schloß er da Piano, stand auf,
verneigte sich grüßend und wollte gehen
Aber Cäcilie wurde plötzlich seltsam
energisch. ,Ent!chulSig?n Sie," sagt
sie leicht erröihend, .hier mein Pzp,
mein Papi. . . ' und sie betonte da
Wort .Papa' ga:n auffallend. . . .mein
Papa ist ein großer Musikfreund wir
haben sie belauscht bitte, spielen tote
ihm noch klwa jaf"
Der Fremde narrte sie erst vermun
dert, verlegen an, bei dem Wort .Pspa
aber war e, al ob ein Blitz über seine
Züge hin leuchtet, und nun thaute er
aus, wurde gesprächig, liebenswürdig im
höchste Grade und setzte sich endlich wie
der vor da Klavier und begann aus'
Neue zu spielen.
All um fünf Uhr der Züricher Zug
kam, stiegen die drei in ein und dasselbe
Eoupee, und jede kefand sich in sichtlich
gehobener Stimmung. Nun nannt auch
Herr Schmiednagel feinen Namen, und
der neue Gesahrte überreichte seine Karte,
Dr. Franz Kopetzky' stand aus dersel
den, und während Herr Schmiednagel sie
n ein Brtesta che Neckte, sagte er
reundlich : .Ja Frankfnrt haben Sie'
gut getroffen. Da wohnen viel reiche
Leute, da haben &ie wohl schon eine
chöne Praxis?'
Dr. Kopetzko aber schüttelte lachend
oen ops.
.Ich bin kein Mediziner, ' erwiderte er
.Als Jurist wohl bei Gericht?'
ragte Herr Schmiednagel.
,Nur Doctor Phtlo opbtae". war die
Antwort.
..Nun die Vbilosovble ist ia otii
eine schön Sache. Sie verdienten übri.
gen Doctor der Musik zu sein, ihr
Spiel hat mir wirklich wohlgethan. Lei
der hört man so etwa selbst in den Con.
certen nicht oft. Aber die Herren Lehrer
haben wohl immer Borliebe für di alten
Meister."
Nun lächelte der Docior abermals.
,Jch bin auch nicht Lehrer," sagte r.
Btelletcht gar Mustker von Fach?"
Allerdings. Ich bin Gänger."
Sänger?" fragte Hen Schmiednagel
gedehnt.
Bis vor kurzem noch Bariton de
Mainzer Stadtlheater gegenwärtig in
Frankfurt zur AuShülfe und wenn eS
mir glückt, in Bälde Mitglied Ihres
HoftheaterS. Ich soll schon im Septem
der in München gaftiren."
Diese Aufklärungen hatte zur Folge,
daß sich die Stimmung in der kleinen
Gesellschaft ein wenig änderte. Herr
Schmiednagel wurde schweigsam, nach,
denklich, ernst, sonderbar aufgeregt, näh
rend Cäcilien Heiterkeit sich plötzlich
noch steigerte. Zuletzt bewegte sich da
Gespräch fast nur noch zwischen dem
Mädchen und dem jungen Mann hin und
her, und Papa schien feine ganz Auf
merksamkeit dem Fortschreiten der Uhr
zeig und dem Vergleich der Station
namen mit seinem Fahrplan zu widmen.
I Zürich angekommen, hatte er kein
einladende Wort für den Reisegenossen,
aber diesem fiel eS gar nicht in, an Ab
schied zu denken, und dann stieg er in
denselben Hotelmagen, zu dem Herr
Schmiednagel seine Tochter führte. Dann
hieß es Auf Wiedersehen", ober eS
sollte dazu nicht kommen. Da Abend
essen ließ Papa auf' Zimmer bringen,
und am Morgen begrüßte er da MSd
chen mit den Worten: Ich habe mich
ander besonnen in Zürich ist nicht
viel zu sehen wir reisen gleich weiter."
Cäcilie erbleicht, und die Thränen
schössen ihr in di Augm. Dann fuhr
st mit einer jähen Bewegung in die
Tasche ihre Kleide und reichte dem ver
blüfften Vater ein Blatt Papier.
Herr Schmiednagel sah feine Tochter
an, den Briefbogen und wieder seine
Tochter, und endlich Ia er da folgende:
.Verehrte Fräulein!
Ich lege Ihnen mein Herz zu Füßen,
und ich glaube, daß ouch Sie mir gut
sind. Leider ist Ihr Vater mißtrauisch
geworden. Ich weiß nicht, wa ihn plötz
lich gegen mich eingenommen hat. Ich
merkte e gleich, und dann sind Sie ja
auch zum Abendessen nicht hinabgekom
men. Da Stubenmädchen wird Ihnen
diese Blatt zustecken. E ist in Eile ge.
schrieben, aber ich muß Ihnen heute noch
sagen, daß ich Sie liebe, und daß Ihr
liebe Wesen immer bei mir ist und bei
mir sein wird. Wenn ich mich in Ihren
Gefühlen nicht täusche, dann, theuerste
Fräulein, ergründen Sie vor Allem da
Mißtrauen Ihre Vater und helfen Sie
mir, c zu besiegen.
Ihr Franz Kopetzkv.'
Al Herr Schmiednagel gelesen hatte,
schritt er eine Weile heftig erregt durch'
Zimmer, dann blieb er vor Cäcilie stehen
und sagte:
.leide dich an! Wir reisen.'
.Warum, Papa?' fragt sie zitternd,
mit gefalteten Händen.
.Weil dieser Mensch ein Theatermensch
ist. Ein Sänger, ei Bariton, ein Mäd
chenversührer. Aber da verstehst du
nicht, geh. kleide dich an.'
.Ich verstehe dich. Papa. Das also
ist eS!'
Herr Schmiednagel sing wieder an zu
marschiren.
.Sie versteht mich!' brummt er.
.Diese Jugend heutzutage! Oh oh oh!
....' Dann zu Cäcilie gewendet, fuhr
er fort: .Nun gut. Da du mich ver
fiehl, wirst du auch einsehen, welch
Antwort auf diese Uaveischämlhett ge
bort."
.Wenn du mit ihm sprächest, Papa
wenn du erlaubtest, daß.... er würde
kommen und um meine Hand bitten.'
J.'tzt lachte Herr Schmiednagel auf,
Dann aber würd er gleich wieder ernst
und eiterte weiter:
.Du bist in Närrin. Du würdest
ein unglückliche,- glqäälte, betrogene
Weib werden. Aber ich, dein Bater, ich
kenne da und ich, ich liebe dich
wahrhast .... ich werde e zu verhindern
wissen. Diese Menschen sind alle Don
Juan. Uad ich will nicht, daß du da
Op er etr Don Juan wirst.'
.Du verkennst ihn, Papa,' erwiderte
sie sanft mit bebender Stimme. .Steh
ihm nur einmal in die Augen die sind
so gut, so ehrlich und ein Munn, der
Kirchenmusik spielt I'
.Da war nicht al eine Intrigue
Die Bariton sind immer Intriganten
Erst überließ er un die Bank dann
sagtt r, daß r nach Lauffen gehe o,
diese Vampzre, diese Rattensänger, diese
Dämonen .... und dann .... dann . .
al da Mäuschen richtig kam, da spielte
er Poleflrma I Kleide dich an. Cäcilie!
.Paxal'
Er trat zu ihr und faßte ihre Hände.
.Du bildest dir also ein, ihn zu
lieben?'
.ES ist so sonderbar in mir. . . . '
.Der Blick des Holländer l Laß gut
ein, arme Senka, ich bin dein Vater und
ich führe dich fort. In acht Tagen haft
du alle vergessen. Geh und kleid
dich an l'
.Papa!' schmeichelte ste, ihm um den
Hat tauend.
Aber er blieb fest. Zehn Minuten
pZter venteszen sie da Hotel, ohne daß
Dr. Kopetziv sichtbar geworden wäre.
und dann fuhren sie weiter nicht nach
Luzern und auf den Rigi, wie e im Plan
gelegen hatte, sondern nach Genf und
über den Simplon nach Italien. Herr
schmiednagel hoffte, daß die neue Welt.
die sich hier dem Mädchen erschloß, ihr
leichter über da Erlebte hinüberhelftn
würde, al irgend etwa andere. Aber
die gedrückte Stimmung schwand nicht so
rasch, und erst in Venedig wurde Cäcilie
wieder heiter .... nachdem sie dort im
Poftbureau die Antwort Kopetzkv' auf
ihr Brteschen gesunden hatte. . . .
Zwei Monate später, in der letzten
Septemberwoche, war da Gastspiel
Franz Kopetzky' in München angetan
digt.
Am Tage seiner Ankunft schon war der
Künstler bei Herrn Schmiednagel ge
wesen und hatte eine lange Unterredung
mit ihm gehabt. Er schilderte ihm feine
Verhältnisse, seine Vergangenheit, die nur
der Arbeit und dem Studium gewidmet
gewesen, und versicherte ihn in leiden
cha tltchen Worten, daß sein Gefühl für
Cäcilie da aufrichtigste der Welt sei.
Und obgleich ihn schon bei der ersten Le
egnung der Liebreiz ihre Gesichte, ihr
blonde Haar, ihr frische anmuthigeS
Wesen unwiderstehlich gefesselt, sei r
doch von ihr geflohen. . . . weil er sie nicht
ür die Tochter, sondern für die grau
ihre Begleiter hielt. .Ist daS nicht
der beste Beweis.' schloß r, .daß ich
icht rn Lüdrian, sondern ein ehrlicher
Mensch bin?'
Herr Schmiednagel antwortete nicht
gleich, r blickte ihm lange forschend in
die Buzen, und dabei sagte er sich, daß
Kopetzkv jetzt, nachdem er sich den schwor
zen,Spttzbart wegrastrt hatte, ja ganz
vertrauenerweckend aussah. Auch die
Bemerkung über die .Flucht' vor Cäcilie
that ihre Wirkung. Endlich hatten ihn
di blassen Wangen de Mädchen und
ihr verweinten Augen etwa erweicht.
Aber das Vorurtheil des alten, ein wenig
ptegvurgerltchen Mannes gegen das
Theateroölkchen war doch zu groß, und
überdie hatte er es bereit unternom
men, diese Vorurtheil psychologisch zu
begründen, m war überzeugt, daß da
Wesen eines Künstler so sein mußte, wie
man eS gewöhnlich auffaßt, daß ohne den
Trop cn G! t" tm Biut die er Leute ein
weltliche Kunst unmöglich, gerade so wie
ein geistliche ohne den wahren au dem
Herzen strömenden Glauben unmöglich
ist. $) alle wog er jetzt gegen einan
der ab, und zuletzt siegte doch da Vor
urtheil und die Psychologie, und wie
chwer es ihm auch stet, er sagte .nein'.
VDaS Mädchen ist noch nicht einmal
achtzehn Juhre alt,' fügte er dann hinzu.
Wenn tote Ihren Weg nicht mehr kreu
zen. wird sie vergessen und Sie werden
auch vergessen. Und wenn nicht. ... Da
Zllt mir etwa ein, lieber Doktor. War,
tet beide fünf Jahre lang, und wenn Ihr
nach fünf Jahren noch wollt, dann habt
Ihr mich geschlagen, dann sag' ich Ja
und Amen zu Allem.'
.Ginge e nicht mit drei Jahren?
Oder mit zwei?' erwiderte Kopetzky.
Ader setzt stand Herr Schmiednagel
auf, steckte die Hände in die Hosentaschen
und wandte sich ab.
Der Kunstler erhob sich seufzend und
empfahl sich.
.Werden Sie mir morgen die Ehre
geben?'
.Gtwlfi da will ich. Und klat
schen will ich anch mit Handschuhen
ogar obwohl ich .Rigoletto' nicht
mag und e mir lieber wäre, wenn Ste
icht engagtrt wurden.
Damit war die Unterhaltung zu Ende.
und am nächste Abend wandert Herr
Schmiednagel, wie versprochen, in'
Theater.
Er war ein so warmherziaer Kunstlieb
Haber, daß Cäcilie von diesem Abend
Alle erhofft. Wenn eS Franz gelang,
sich i sein Herz zu zwingen, dann würde
wohl auch der letzte Widerstand besiegt
werden. Und e würde ihm gelingen
sie glaubte an fein Talent, und sie betet!
ja für ihn. El würde ihm um so meh
gelingen, al der Spielxlan geändert
worden war. Man gab .Don Juan
man sang Mozart Mozrt, den Pra
unter allen weltlichen Meistern am HZch
stell stellte. Wenn er ihren Franz Mo,
zart singen hörte, dann mußte sein Herz
sich erweichen, dann mußte Alle gut
werken.
In ängstlicher Spannung verbrachte si
die Stunden. Immer und immer so
sie nach der Uhr, und dabei wurde ih
trotz allem Hoffen doch gar oft auch wie,
der bleischwer um' Her. Endlich ging
n ! is.sr..i k. k oirx
ii tu s wf jiuiuui, mute iicn iciiu
richtet Alle sorglich so her, wie' de
Vater gein hatte. Dann betet si wie
der, weinte, lief durch alle Stuben,
machte sich Vorwürfe, daß sie nicht heim
ltch auch tn t Theater gegangen war,
ordnete den Tisch aus' neue, sah au
dem Fenster, flehte den Geist ihrer Mut
ter um Schutz und Hülse an und sank
endlich müde, fiebernd, om ganzen Kör
per zitternd aus men tuhl.
Da ertönte draußen die Klmoel. und
vag ging ihr wie ein Blitz durch Herz
rvteichend und gleich wieder er
röthend sprang sie auf, und jetzt öffnete
stch die Thür, und Herr schmiednagel
trat em.
Der Ausdruck feine Gesichte sagt
ihr schon, daß alle verloren war.
.Nun. Cäcilie?" fragte er. al er sie
so wirr zusammenschaudernd vor sich sah
Wie war e denn?" stammelt ste
und jetzt glitt da mißmüthig höhnische
Lächeln über seine Lippen, da sie so gut
kannte.
Am Ansang," erwidert r in ver
drießlichem Tone, applaudirte die
Cleque."
Und dann?"
Dann verlor auch sie über dem
Gezische de Muth. Ich wsr der Ein
zige, der klatschte. . . . Aber wa haft du
denn?"
Sie war auf eine Stuhl gesunken
und verbarg da Gesicht in den Händen.
Ach so... ja.... richtig.... arme
Kind!
Er neigte sich zu ihr und legte seinen
Arm um ihren Nacken. Dann küßte er
ste aus die Sttrn und sagte lächelnd:
Ich bin ge chlogen, Cilli. Wenn er
morgen wieder kommt, werde ich sagen
Nehmen Sie da Mädel. Der Mensch
ist kein Don Juan der wird nie in fei
nem Leben ein Don Juan Ich habe so
etwas noch nicht mitgemacht I"
Cäcilie blickte ihn mit den Augen einer
Wahnsinnigen an und dann brach sie
aus s neue tn Thränen aus.
Papa?!"
Der Mensch hätte Pastor werden sol
len, aber kein Opernsänger. Heiralhet
tn Gottes Namen I"
Und nun hatte si ihn ganz begriffen
und schlang seinen Arm um seinen HalS
Seitdem find 5abr oeraanoen. und
der Name Korekkn ist in der .Runfirntli
längst oeraessen. ftrant ist aber natllrlicb
nicht gestorben, sondern der glückliche
yemann ver vwnoen itut. zn er
Villa im Englischen Garten", die beide
mit Vava Scbmiednaael bewobnen. wird
zwar viel Musik gemacht, aber an den
)on Zua erinnert nichts mehr als ver
schwarze Spttzdart. Und auch den laßt
ftratu stch nur wachsen, weil er eben
Cäcilie gar zu gut gefällt.
$tau. Lva.
Von Hermann Heiberg.
Da zweistöckige Hau lag mitten in
der Stadt, und da obere Stockwerk
bewohnte Frau Eoa mit ihrem Gatten,
der zu de König Ossizieren gehörte.
Sie waren erst einige Jahre verheiratet
und besaßen in dreijähriges Töchterchen.
ES war um die Sommerzeit: die Ver
denen und Astern blühten im Garten und
die Fuchsien nickten mit ihren blaurothen
Blüthen auf die Beete herab.
Kurt Grabow Eoa Mann
hatte schon seit acht Tagen die Stadt ver
lassen müssen. Die Truppen waren mit
Spiel und Klang zu len großen Uebungen
abmaschirt. Alle Welt guckt aus den
Fenstern ; die Schufterjungen, die Müßig
gäriger undSchulbuben liefen eineZeitlang
mit, und endlich verklang Schinder und
Trommelschlag, und insam lagen die
Gassen. Auch grau öoa hatte am Fen
fter gestanden, al sie vorüberzogen
Sie hielt die kleine Eva im Arm. und
als der Papa-Lieutenant erschien, klatschte
ein Tochterchen tn die Hände und ries
mit seiner hellen Stimme : .Papa Kurt!
Papa Kurt!'
Er senkte den Degen und schautehinauf :
er legte alle in einen letzten Gruß und
in einen letzten zärtlichen Blick.
Jeden Morgen flieg Frau Eoa in den
Garten herab und pflückte Blumen, mit
denen sie ihre Zimmer schmückte. Ein
mal waren e rothe und weiße Rosen,
einmal JriS, Reseda und JaSmin, wie'
eben kam.
Mitunter lief die kleine Eoa mit. bis
weilen blieb sie bei Marie, dem Mädchen,
dem sie sehr zugethan war und dem ste
btSmetlen wichtig in der Küche hals.
Jeder munte der leinen gut sein ; es
gab kein zärtlicheres Geschöpf, und dabei
war si so liebreizend, das eine Tage
ei Freund de Hause gesagt hatte :
man möge sie vor der Obrigkeit ver
stecken, denn sie sei wirklich polizeiwidrig
niedlich!'
Frau Eoa lächelt und sah aus ihren
keinen Schatz, der die Augen de Vater
und de sanften Ausdruck der Mutter
hatte.
! war gegen Ende der Woche.
Draußen ging die Sonne voll und breit
pazieren und die Welt war heute schön.
daß jedem, der Gesühl für die Reize der
Natur halte und nicht glaubte, e entstehe
alles nur so von ebenher, fromme Ge
danken emporsteigen mußten. - I
Und grau Grabow schnitt Blumen
Goldlack und Rosen und grüne Blätter,
wie immer, that sie alle in ihre Schürze
und ging über den Hos ia die Wohnung
zurück Sie wollte im Parterre beim
Krämer einen Einkauf besorgen und
wählte diesen Weg, statt nach ihrer Ge
wohnhelt durch den Garten zu schreiten
Nachdem sie die besorgt hatte, wandt
ste ihre Schritte über di Straße und
schaute arglo zu den Fenstern ihrer
Wohnung mpor. Aber e schwindelt
ihr vor den Augen und wie in Siein ver
wandelt blieb sie stehen, al si Eoa hoch
mporgerichtet, neugierig und ausmerk
sam herabschauend, in dem offenen Fen
ter stehen ah.
.Eoa!' wollte sie schreien, ober der
Instinkt der Multe, liebe, der steig d
Richtige trifft, unterdrückte, wa stch ih
auf die Lppen drängte. Sie eilt in
Hau ; sie flog di Treppe empor. W
war Marie? Hatte sie Eoa allein gelas
sen? Alhemlo, mit zitternden Knieen
erreichte sie da Wohngemach, und schon
wollte sie die Thür zum Nebenzimmer
öffnen, al ihr einfiel, daß ouch hier eine
p'ötzliche Störung da Kind erschrecken
und gerade da bewirken könne, wag si
verhindern wollte. Eine namenlose Angst
legt sich aus ihr Bruit ; zweimal be
rührte die Hand den Drücker und ledeS
mal zog ste sich wieder zurück. In beben
der Unschlüssigst stand ste da. Ihr
Herz schlug so gewaltig, da ste eS laut
pochen hörte, ihr Körper zitterte, ihr
Ihem flog Barmherziger Gott, ich
flehe dich an I Lenke mein Thun WaS
oll ge chehen
Ah! vielleicht besser, sie ginge nicht
seitwärts tn Gemach, e suhlte auch etne
Öle von der Küche tn Innere.
Nein! da noch weniger l Ein unbekann
te Geräusch hinter dem Rücken de Kin
de konnte da Allerschlimmste herbeisüh
ren.
Und jetzt jetzt beugt stch Eoa viel.
leicht vornüber, um besser sehen zu kön
nen, denn ein Wagen fuhr vorbei. Sie
lauchrte stet, wenn st Pferde sah. Da
reizte ihr kindlich Neugierde.
Dte Sekunden flogen, und immer noch
stand las arme Weib in qualvollem Zau
der. Glühender Schweiß bedeckte ihre
Stirn, ihre Hände flogen. Nein! E
war kein Augenblick mehr zu verlieren -
Jetzt oder nie! Sie öffnete leise, zit
ternd, behutsam die Thür Und
dann ertönte ein Schrei, wi er sich nie
zuvor einer menschlichen Brust entrungen
hatte. Eoa stand nicht mehr am Fenster
Ein Wagen rasselte just vorüber
Vielleicht war da Kind i diesem Augen
blick
Sie eilte vorwärts : sie spähte rasch, in
wahnsinniger Angst umher sie flog an
gen ter ste blickte herab Barm
herziger Himmel!
Kreischend und ohnmächtig sank die
Frau zu Boden dann war alle
still
Frau Ea Haar war in jener kurzen
Spanne Zeit weiß geworden, aber ihr
Liebling lag, al sie die Augen wieder
öffnete, an ihrer Brust und ries mit angst
licher Stimme : .Wach doch auf, Mama!
Hörst du nicht? Wa fehlt dir? Bitte,
bitte, hab' doch Coa lieb '
,O süße Kind.' schluchz' die Frau
und preßt die Kleine ii namenloserWonne
an ihr Herz.
Und wie gekommen war? Die kleine
Eoa kletterte, da sie sich bald satt gesehen
hatte, von dem Fenster herab, und weil
sie niemand im Hause fand, wollte ste in
den Gatten lausen, besann sich aber, al
sie die Hausthür offen fand, trippelte auf
die Gasse und nickte den Nachbarn zu
ivcetne arme grau! Meine theure
Evai' sagt Kurt Grabow. al kr zu
ückkehrte, und liebevolle Hände legten
stch aus da silberweiße Haupt der jun
gen Frau, die mit blühenden Wangen
bereits eines Menschenaller Qual auf
ihrem Scheitel trug.
Zttttergutsöesttzer und Nachtwächter
zugleich.
Aus einer kleine thüringischen Stadt
btrtchtet man den N. M. N." folgen
0(9 vettere, 013 wahr verbürgte Vor
kommniß: In der weiteren Umgebung
unserer Stadt kaufte vor einigen Jahren
ein noch sehr jugendlicher Rentier von
hier ein Rittergut, biS er nun schlecht,
aber nicht recht bewirthschaftete, so daß
di Wirthschaft seitdem den Krebsgang
geht, und verscherzte sich tm uebrigen
durch sein brutales protzenhafte Auftre
ten gar bald die Sympathie de biederen
Landvolkes. Kürzlich fand nun etne Ge
meindeverfammlung statt, um über die
Neubesetzung be Nachtwächterposten zu
be chlteßen. Man entschied stch sür einen
tüchtigen Bewerber, der allerdings statt
de bisherigen GehalteS von 180 Mark
ür da Jahr deren 200 forderte. Da
erklärte der allezeit streitsüchtige Herr
RtttergutSdesitzer tn der Hitze des Wort
gefechteS, die Zulage fei völlig ungerecht
erttg; sur 180 Mark würbe r selbst den
Dienst versehen. Sprach'S und verließ
empört die Gemeindeschänke. Seine An
regung war aber aus sruchtbaren Boden
esallen: lt Versammlung sah von der
erst in' Auge gefaßten Kandidatur ab
und wählte inftimmig den Herrn
Rittergutsbesitzer zum OrtSnachtwöchter
nach Maßgabe de alten Kontrakt
hSItnisseS !
SeschZftsxflicht.
Wenn Du aber alle Tage soviel
trinkst, bekommst Du einen miserablen
Magen!"
Du weißt doch, ich habe unter meinen
Kunden drei Apotheker: An die muß man
auch denken!"
Resignation.
A.: Wie, Du hast Deine alte HauS
hälterin jetzt geheiralhel?"
B.: ES kam aus eiriS heran, zu be
fehlen hatte ich doch nicht mehr!"
5in gutkk vc'rschlg.
Anna (tu ihrem Geliebten, einem
ZahnaiztgehilfenZ: Abscheulich! Jetzt
kommt Ihr Prinzipal. Herr Doktor
Schneemilch! Wa wird der denke, wen
er mich in seinem Zimmer mit Ihnen
alle, steh,?"
Z.hnarzkgehilse : Lassen Ci sich
schnell einen Zahn herausnehmen! Da
sälll'l nicht aus."
m wki! Richter.
Rechtkanwalt: .Ich beantrag, meinen
Clienten nur wegen einfacher, nicht wegen
öffentlicher Beleidigung zu oerurtheilen.
Er hat die betreffenden Wort zwar im
Willhihause, aber doch nur in Gegen
wart eine einzigen Zeugen, in, Bar
bier, gesprochen!'
Amisanwalt: .Vor einem Barbier?
Da ist mehr al öffentlich; ich beantrage
öerurtheilung wegen öffentlicher Belei.
dtgung mit erschwerenden Um
standen!'
Anginehme; Gesiändniij,
Baron: Denken Sie nur, Doctor,
gestern fahre ich mit tem Doctor Kali,
durch den Park mein Gaul geht durch
mir stiegen Bede au dem Wagen
dir Doctor bricht den Fuß und ich komm
gut dabei weg !"
4)octii Brom: .Donnerwetter i Wenn
Sie mir glkich gelagt hätten, daß Ihr
P'erd ein Durchgänger ist, wäre ich nicht
mit eingestiegen !'
Baron: Aber, bester Freund, deshalb
nehme ich mir ja stets einen Doctor mit,
wenn ich mit dem Luder sahre l'
Ein freund der Genauigkeit.
Herr gallbach: .In welchem Jahr
sind Sie denn geboren worden, Fräu
lein?"
Fiäulein vasiasia tttufzend): .Ich
trau' mich' kaum zu gestehen Anve
Neurmndskchzlg !"
Herr gallbach: ,A ch t z y n y u
drt?'
Ein Unmensch.
Fräulein Pepi (die ihre Katze ver
chenkt hat): Richt wahr, ich darf doch
morgen nochmal zu Ihnen kommen und
meinen Liebling besuchen?'
Restaurateur: .Ich könnte Jhnin ja
eine Portion herüberschicken!'
vom Kasernenhofe.
Unterossizier (an der Mühe int
Soldattn kinn Strohhalm bemerkend):
Na. da haben wir' ja! Jetzt wächst
dem Kerl, dem Paddemann, da Stroh
chon sogar au dem Kopse heraus !'
Zarter wink.
Dame: .Nun. mein Junge, sage nur
Deiner Mama, daß ich für da Geburt
bouquet besten danke. Sagte si sonst
twaö?'
Knabe: .Ja: sie sagte, ich solle mir
aber kein Stück von der Geburtstag,
torte fordern, sondern ruhig warten, bi
ich eins bekäme.
Das genügt.
Frau A, : .Haben Sie gestern den ent
glichen Sturm gehört?'
Frau B.: .Nein!'
Krau A.: .a. dann waren Si: wobl
gestern nicht tn der Stadt?'
ffrau B.: .Gewiß, aber ich hatte eil
kleine Kaffeegesellschaft.'
Lr kennt sie.
Frau (zu ihrem krank zu Bett liegen
den Mann): .Die zwei Stunden sind
wieder um, hier nimm die Medizin
und. . . . ich gehe jetzt 'mal eben aus süns
Minuten zur Nachbari hinüber, hörst
Du?'
Mann: .Ja.... aber wer giebt mir
denn nachher die Medizin?'
8ewisscnd.aft.
GenSdarm (der einen Strolch beim
Betteln abgefaßt hat) .Vorwärts, zum
Am!l Was bleiben Sie noch stehen?'
Strolch (ein Notizbuch herausziehend:)
Einm Augenblick, will mir nur otiren,
bei welcher Hausnummer ich aufgehört
habe, damit ich die Leute später nicht
nochmal belSfltgel'
Die vorsorgliche Mutter.
... Mama, denk Dir. aekter
Abend hat mir der Professor Müller sein
Lteoe geflanoeni"
..ran Dir da von dem nur aleicb
christlich geben, sonst weiß er morgen
nichts mehr davon!"
Uebertrumxft.
Herr: Auf meinem Gute war der
Wilcftand im letzten Jahr so stark.
daß wir jeden Tag Rehbraten gegessen
oben,"
Oberförster: DaS ist noch gar nicht:
alt hatten ia einem Jahr einmal so
viel Wild, daß meine Frau immer di
Kanarienvögel damit fütterte."
Bescheiden.
Dame: Warum hat man Sie gerade
Nicslau getauft, Herr Schiller.
Friedrich wäre doch hübscher gewesen."
Herr: Wissen Sie, gnädige Fräu
lein mein seliger Vater war ein gar
bescheidener Mann, der wollte nicht
haben, baß ich dem großen Dichter so
ehr ähnlich werde I"
folgerichtig.
Schreiber: Herr RechtSanwalt, ich
bitte um eine kleine Gehaltszulage!"
RechtSanwult: Wen die Anderen
damit auskommen, können Si auch aus
kommen!"
Schreiber: Die Anderen kommen auch
icht mit auS!"
RechtSanwalt: Na also, weshalb
wollen Sie denn da einen Vorzug
haben?"