Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, August 02, 1894, Image 11

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Das reibe Vxd)".
Vi ?llrea un J'fv:änb!t;i; Itr na:r,b",:
idjcn fleoaluiion. i'ort . t. Rlfp'a.
Die Schreckensherrschaft von 1792 bi
1794 wirb in der Geschichte olä ein
Schandfleck der französischen Nation ge
brandmarkt. Dir Lehr ,r 00n fctn
Ursachen unb Wirkungen bietet wohl
nirgend! treffender Beweise, all in der
Verfolgung der zahlreichen Lmzelheiken.
die den Prolog zu diesem Trauerspiel
bildeten. Die Episode, die wir im
Nachflehenden schildern wollen, kann all
eine der lehrreichsten dieser Einzelheiten
gelten.
In der constiiuirenden ZZationaloer
sammlung zu Pari, au deren Scheoß
die bewegenden GZHrungSstoffe hervor
gingen, tauchte zu Ende November 17k?
da Gerücht auf. eS eristire eine aeheime
Liste der königlichen LuSzaben. die mit
ihren Posten ganz frappirende Lichteffekle
auf die Hof und NegierungSw'.rthfchaft
zu werfen geeignet fei. Der Jznsenist
Armand Gaston Camu (Advokat der
französischen Geiftlichkeii. Beiralh d
Fürsten Salm Salm und de Kurfülsien
von Trier), ein Ehrenmann im vollsten
ginne de Worte, war i, welcher der
Versammlung auf die Spur jenes Ver
zeichnifse half, da man nun um jeden
Preis zu sehen wünschte. Ihm war be
kannt, daß alle die Penstonen und
.Ehrengeschenke", aber welche die ab
scheulichsien Gerüchte umliefen, in dem
sogenannten rothen Buch" genau regi
stritt waren. Er beabsichtigte ansang?
die Einsicht in diese berllchtigte Buch
nur zu dem Zweck, die Mchmirlhschaft
de Penstonkwesen aufzudecken und zu
bekämpfen, ohne Ahnung von der Trag
weite der Enthüllungen, die aus den
Blättern des .rothen Buche?" hervor,
gingen.
Die Nationalversammlung beschloß
also, den Finanzminister Necker, in dessen
Verwahrung sich da rothe Buch befinden
sollte, zur Herausgabe desselben zu ver
anlassen, worauf e durch Drucklegung
dem öffentlichen Urtheilt unterbreitet
werden sollte. Aber hier stieß man auf
schier unüberfleigbare Schwierigkeiten.
Anfang? leugnete der Minister über
Haupt die Existenz diese Buche, al ihn
aber der hartnäckige Camu an der Hand
unwiderlegbarer Beweise von der Wahr
heit überführte, suchte er Ausflüchte der
lächerlichsten Natur. Bald behauptete
er, da Buch befände sich im Privatarchio
de Königs, bald sollte e wieder in
Händen von Beamten sein, die eS in 8er
tust gerathm ließen u. s. m. Aber alle
diese Ausflüchte scheiterten an der uner
bittlichen Zähigkeit Camu', der nicht
nachließ. Zudem waren wohl die Vor
wände deS Ministers durchaus nicht dar
nach angethan, die einmal rege gemachte
Wißbegierde der Nationalversammlung
zu beschwichtigen. Man begehrte mit
immer wachsender Energie die Bekannt
machung deS rothen Buche.
Al letzten, allerding sehr schwachen
HoffnungSanker gebrauchte Neckn schließ
lich die hinsällige Ausrede, der Druck
de Buche würde ganz ungeheure Kosten
verursachen, die in keinem Verhältniß zu
der Bedeutung seine Inhalts ständen.
Aber auf diese Ausflucht fehle CamuS
seiren schlagendsten Trumpf, indem erder
Versammlung eine Tage ankündigte,
Laß der Buchdrucker Baudoin sich erboten
habe, die angeblich so kostspielige Druck
legung umsonst zu besorgen.
AI diese Anerbieten einstimmig an
genommen wurde, konnte Necker da
rothe Buch nicht mehr zurückhalten.
Aber er verzögerte die Auslieferung un
kluger Weise noch durch allerlei Mittel,
chen, bi sich endlich am 5. März 1790
au dem Schooß der Nationaloersamm
lung eine eigene Commission unter dem
Vorsitze Camu bildete; die lediglich die
Untersuchungen über da rothe Buch zu
leiten hatte. Necker schützte Krankheit
und alle Mögliche vor, die unausbleib
liche Auslieferung der fo heiß begehrten
Ausgabenlifte hinauszuschieben, wag ijin
irklich noch für die Frist von zehn Ta
gen gelang.
Endlich am 5. März konnte CamuS
da rothe Buch der Nationaloersamm
lung vorlegen und in Druck geben.
Ludwig XVI. hatte aber die Bcdingung
gestellt, daß die Ausgaben, die noch in
der Regiecunzszeit seine Großvater
undVorgänger, Ludwig XV. zurückditir
ten, gezeim bleiben sollten. Obgleich
eine solche Pietät einem Monarchen wie
Ludwig XV. gegenüber nicht gerecht
fertigt war, achtete doch die Nationuloer
sammlung den königlichen Wunsch und
ließ die Blätter, welche die geheimen
Ausgaben de verstorbenen König auf,
wiesen, mittelst weißer Papierftreifen
überkleben.
Da rothe Buch präsentirte sich als
ein in rothen Maroquin gebundener Fo
liant, der 232 Blätter umfaßte. Die
ersten 10, die eben noch Notizen auS der
Zeit Ludwig XV. enthielten, wurden
verklebt. Die folgenden 32 Blätter ver
zeichneten die Ausgaben Ludwig XV.
die übrigen waren leer.
Anfangs April ging da B-ich endlich
au der Druckerpreffe hervor. Die ganze
Nation sah der Veröffentlichung mit be
greiflicher Spannung entgegen. Camille
Deömoulin, der ,GeneralProcurator
der Laterne", wie er sich selbst nannte,
schrieb damals in der No. 21 feiner ,Re.
volution de France et la Brabant":
.Wir haben endlich da rothe Buch
Der Pensionsausschuß hat endlich die
siebe Siegel gelöst, die e verschlossen,
und die furchtbare Weissagung de Pro
pheten: Du sollst nicht einmal ein Fei
genblatt finden, um der Welt Deine
schmähliche Nacktheit zu verbergen," ist
in Erfüllung gegangen. Man wird
Deinen Aussatz erblicken und Dir das
Schandmal aufbrennen, daß Du ancien
regirne" verdiknstl Wir haben das
rothe Buch!"
Gleichzeitig erschien in dem Journal
Lau'la'.o!' .Revolution de Pari' eine
Äx?str?xhe, d:e zu charakteristisch ist, um
sie hier zu üdergehea. Da hieß ti unter
Andtinn: .Zeit den letzten Regierung
jähren Lud jig de Fünfzehnten und der
Thronbesteigung Ludwig de LechZzehn
ten ist da Elend de französischen Pol
ke immer größer geworden.
In den Städten verbarg ein sinnloser
Luru, der fast alle Klassen der Beoölke,
rung veidarb, nur notdürftig die gräß
liche Armuth. Die Bauern in der Nähe
der Städte waren von allen Lastern der
letzteren angesteckt und nur von Hab und
Raubgier statt der Arbeitslust beseelt.
In den Provinzen aber lebte da Land
volk in zerfallenen Hütten, in Lumpen
und vhie menschenwürdige Nahrung.
Nächst den Bauern hatten die Soldaten
da jammervollste Loo zu ertragen. Die
Haup:ursache dieses allgemeinen Elend
war die geradezu wahnsinnige Lerschwen
dung und Genußsucht de üppigen
Hose, wo Buhlerinneii, sxeichelleckende
Schranzen und vergnügungssüchtige Ne
rone um den Preis der Ehrlosigkeit und
der Verworfenheit stritten, wo jede Ver
gnüen die Ruhe einer Million Menschen
kostete, wo Gold da Verbrechen und da
Verbrechen Gold erzeugte, und wo da
französische Volk weniger galt, al ein
Rennpferd oder sonst ein Spielzeug könig
licher und hochadeliger Personen. Seht
in da rothe Buch!'
Da wurden unglaublich: Detail ent
hüllt und e kamen Geschichten au den
im rothen Buche verzeichneten Zahlen zu
Tage, die eine gewissen höhnenden Hu
mor nicht entbehrt hätten, wenn nicht
ein Abgrund der Schändlichkeit dahinter
aufgegähnt wäre. Und wa mögen nun
erst die verklebten Seiten enthalten
haben?
Die Summt der Pensionen und Ge
schenkt, die der Hos von 1774 bi 1789
verausgabte, betrug 227,985,517 Liore.
Aber da war noch nicht im Vergleich
mit der Art und Weise, wit diese Mlllio.
nen vertheilt wurden.
Die beiden Brüder de Köniz, der
Graf von Provence (nachmals Ludwig
der Achtzehnte) und der Graf von Artoi
(nachmals Karl der Zehnte) bezogen jeder
eint jährliche Apanage von 8,240.000
Liore, ein Taschengeld, mit dem sich
allenfalls hätte auskommen lassen, aber
dem war nicht so. Im rothen Buch stand
e deutlich zu lesen, daß der Graf von
Artoi in der Zeit von 1783 bi 1787.
also in vier Jahren, einen Zuschuß von
14, 50,000 Liore erhalten hatte. Auch
der zweite Bruder, der Gras von Pro
oence, brauchte in derselben Frist außer
seiner Apanage 13,824,000 Livres.
Noch ertraoaganter waren die .Dou
crnrfl", mit denen die Hofschranzen be
dacht wurden. Man war sogar so schäm
le genesen, den Zweck dieser Gratisika
tionen ganz unverblümt neben die ein
zelnen Posten zu schreiben; da rothe
Buch war eben nicht für die Blicke Unbe
rufener bestimmt. Da standen Tausende
verzeichnet, die man dem Chevalier von
So und So al Ertragehalt für .kleine
Dienste" bewilligt hatte. Ein Günstling
erhielt eine halbe Million zum Ankaufe
eine Gute, das ihm gefallen; ein An
derer bekam Unterstützung zur Führung
eine Erbschasts-Prozesseö; wieder An
'dere, um sich .Chargen kaufen zu
können", wie es öfter al einmal im
rothen Buche hieß. Ja, man hatte sogar
.Ehrenworte" gekauft und belohnt. Ein
zelne Posten waren geradezu klassisch.
Da stand z. B. zu lesen, daß'der Polizei,
Generallieutenant Sartim 200,000
Liore erhalten hatte .zur Bezahlung
feiner Schulden". Dieser Sarline
war, beiläufig gesagt, der famose Po,
lizeipräfekt, der die Spielhäuser eing?
führt und da Briefgeheimniß aufgehoben
hatte.
Die Gräfin Louise Marie Albany be,
zog al die Gattin de täglich bi zur
Sinnlosigkeit betrunkenenPrinzenEbuard
Karl Stuart eine JahreSpenflon von 60.
000 LivreS, obgleich sie selbst einer der
reichsten AdelSsamilien angehörte.
Leute, die von Hau au schon über
ungeheure Einkünfte verfügen konnten,
sackten JahreSpenstonen von 120,000 bis
150,000 LivreS ein. Die Familie Po
lignac entnahm der Staatskasse jährlich
mehr als 700,000 LivreS; die Familie
NoailleS fast zwei Millionen. Ebenso
bezog jeder Prinz außer den Renten sei
neS Prioatoermözen eine jährliche
Staatssubvention von durchschnittlich 2j
Millionen LivreS.
Ein Herr DesgaloiS de la Tour erhielt
gleich drei Pensionen im Gesammtbetrage
von 22.720 LivreS und zwar für dreierlei
Verdienste: erstens als erster Präsident
und Intendant"; zweitens ,al Inten,
dank und erster Präsident"; und drittens
für dieselbe Stellung.
Der Marqui d'Äntichamp bezog vier
Pensionen. Die erste .für die von fei
nem verstorbenen Vater geleisteten
Dienste", die zweite edendafür", die
dritte .ebendeshalb' und die vierte
.ebendeswegen".
Ein italienischer Prinz erfreute sich
gleichfalls einer vierfachen Pension, die
sich folgendermaßen vertheilte: die erste
.für feine Dienste als Oberst"; die zweite
.für seine Dienste al Oberst"; die dritte
.für seine Dtenfte als Oberst"; die vierte
für feine Dienste als NichkOdcrft".
(Wörtlich : "Pour ses servier comrne
non-colonel".) Was mögen da wohl
für Dienste gewesen sein, die sich hinter
dieser geheimnißoollen Bezeichnung ver
bargen?
Sehr charakteristisch ist der Titel, unter
dem der Generalanwalt Joln de Fleurrz
eine Pension bezog: jährlich 17,000
LivreS .weil er seine Stelle an seinen
Sohn abgetreten hat".
Der H?f-Fr!seur Ducrot erhielt eine
lebenslängliche JahreZ-Pension von 7000
LivreS .weil er daS Töchtcrchen dS
Grafen Artois frisirte". Da ist gewiß
ein brillantes Honorar, um so mehr,
wenn man in Betracht zieht, roa? con
statirt ist, nämlich, daß eben diese Töch
lerchen de Grasen Artoi bereit so früh
starb, daß e überhaupt noch keine Haare
halt.
Außerdem gab e noch Pensionäre, die
nicht nur unter ihrem eigenen Namen,
sondern auch unter dem ihrer Frauen,
Kinder, Brüder, Schwestern und der
übrigen Sippe ungeheure Renten ein
heimsten. Andere, wie z. B. die Mar
quise de la Force, bezogen ihre Pensiznen
wunderbarer Weise fort, nachdem sie
schon längst gestorben waren.
Einer der unverschämtesten aller hab
gierigen Blutegel mar aber unstreitig der
Kriegsminister Philippe de Segur, der
neben seinem gewiß nicht unbeträchtlichen
Solde und den mannigfachen .Ehrenge,
schenken", mit denen ihn der König über
häufle, für sich und seine Familie jährlich
98,622 LioreS bezog.
Unter seinen elf Kindern waren nach
seiner Angabe zehn verdiente Offiziere,
die sich bei genauerer Prüfung als
Mädchen herausstellten. NichtSdesto
weniger wmde ihnen aber die Pension
nicht im Mindesten geschmälert. Als
der brave Kriegsminister im Jahre 1737
feine Demission gab, verlangte er om
König noch verschiedene Kleinigkeiten:
ein erbliche Herzogthum, ferner nebst
feinen bisherigen Bezügen eine JahreS
xension von 60,000 LivreS für sich und
15,000 für seine Kinder, und schließlich
noch 50,000 Liore um seine Schulden
zu bezahlen. Da rothe Buch erbrachte
den Bewei, daß ihm diese bescheidenen
Wünsche auch thatsächlich vollständig er
füllt wurden.
Wie eS sich eigentlich mit dem .großen"
Charakter deS wackeren Mirabeau, diese
angebeteten VolkSlribunen, verhielt, da
von gab da rothe Buch auf feiner 25.
Seite eine interessante Ausklärunz.
Außerdem, daß er eine jährliche Sud
venlion von 200,000 Liore bezog, er
hielt er 1776 für da Manufcript seine
berühmten Werke Essai ur les lettrea
de cachet" 50,000 Livre. und im
Jahre 1789 195.000 Liore für ein
Ehrenwort: .die Pläne der National
Versammlung zum Scheitern zu bringen."
E war natürlich nicht vollständig zu
vermeiden, daß ein indikcreter Blick unter
die Geheimnisse drang, die durch die er
wähnten Papierftreifen im rothen Buch
verdeckt werden sollten. Er enthüllte
eine noch entsetzlichere Geldgier und Cor
ruption unter den oberen und obersten
Schichten der französischen Gesellschaft,
als die offen vorliegenden Blätter.
2lvancirt.
Humoreske von HanZ Leiter.
Den Humor, den kleinen listigen
Schalk von der Straße, au dem Ball
saal, au der Dienerkemenate, wir ken
nen ihn genügend, er macht die Moden
mit, er paßt sich dem Geist der Zeit an
und verdirbt mit ihm. Aber nein; wir
wollen ihn anderwärts zu sinken ver
suchen, in natürlicher Reinheit, umge
schminkt, unbeleckt von der Glasur der
Etiquette, des faden GeckenthumS. Wir
müssen hinaus, in die Natur; auf dem
.grünen Rasen", da sehen wir ihn seine
lustigen, harmlosen Sprünge machen; eS
thut un wohl sein heiteres Gesicht zu
sehen im Gegensatz zu den vor Geldzier
funkelnden Menschenaugen. .Hebt mich
auf." ruft der kleine Kobold, .ich will
Eich das Leben erleuchten und die trüben
Gedanken verjagen."
Aber, besindet sich der Kobold des
.grünen Rasens" nicht eben erst recht im
Gewühl und Getriebe der steifen, blan
ken Salonwelt? Gewiß, ja; indessen
dient der grüne Rasen nur diesem seinen
Wucher, ist er nur ein Rennplatz, wo
Pferde um die Wette und Menschen Wet
ten rennen! Auf grünem Rasen vergnügt
sich die Jagd; auf grünem Rasen aber
auch spielt der .Krieg im Frieden", da
Manöver.
Wir sehen die Reihen der Soldaten
marschiren, fechten, ererziren; wir sehen
da Bivouak, sehen die Fanale, welche
den Kessel erwärmen und ihre Gluth mit
rothem Glanz auf die braunen Gesichter
der Krieger werfen. Da läuft auch er
herum, der kleine Kobold; wir erkennen
ihn an der Schellenkappe, an dem unver
dorben. fröhlichen Gesicht mit dem tltb
nen Schelmenaugen. Er läßt sich grei
fen. und da er weih, daß wir .Spaß ver,
stehen", so läßt er stch nicht lang: bitten,
sondern giebt un etwa .zum Besten",
schüttet seine Weisheit au und erzählt
uns einen Schwank au seinem vielbe
wegtea Leben: ES war auf diesem
Felde"; so hebt er an. .da Dragoner,
regiment Nr. x , welche heute vor sei
nem General eine Probe seiner Tüchtig
keit leisten sollte, rückte langsam und
schwer auf der staubigen Chaussee heran
und formirte auf dem thaufeuchten Rasen
seine Glieder und Züge zu der bevor
stehenden Parade. Aller Augen warteten
auf den Kommandirenden. Der
alte Wachtmeister, welcher schon Tag
zuvor seinen Leuten schnurrbartdrehend
auseinandergesetzt hatte, daß sich der
Soldat durch ein .gewisse Etwa" von
dem Civil unterscheide, blickte unruhig in
die Richtung der Stadt, ob der Ersehnte
nicht bald erscheine und die Schmachten
den erlöse. Die Herren Offiziere raunten
und plauderten. Da, jetzt, von ferne
erscholl Musik; die Standartenschmadron
kam heran, geführt von Sr. Ercellenz
und dem Herrn Oberst. Alle war aus
seinem Platz; Mann und Roß funkelten
vor Sauberkeit, und unter den Klängen
des PrSfentirmarfcheZ salutirle daS Regi
ment den .Gestrengsten", welcher befrie
digt die Front entlang ritt.
Die Uebung begann; hin und her
flogen die Adjutanten; der Hügel wurde
altaquirt. jener Graben mit Sturm ge
nommen, und es war alle schön und
ausgezeichnet gegangen. Da Regiment
faß ohne Ausnahme im Sattel, und
selbst der Einjährige Maier machte fei
nem Namen Ehre.
Di Gluth stieg, der Siaub ward
dichter; Mann und Roß dampften. Der
Herr Oberst, welcher nunmehr feinen
breiten corpu, der von oben d:S unten
voller Orten hing, bequemer und zufrie
dener denn je im Saite! zurechk rückte,
zog heimlich die Uhr und lächelte w
gnüglich, denn nur noch eine halbe
Stunde, dann konnten seine .Kinder'
abrücken, glänzend belobt, und er
war der Urheber diese Ruhme.
Wieder sormirten sich die R:iter: die
Musik spielte den Parademarsch und im
Takt wiegten sich die Pferde, in Reih'
und Glied, als feien sie verkettet.
Dann kam der Parademarsch im
Trabe, und a! auch dieser glänzend ver
laufen, erscholl da Kommando: Eöka
dron Galopp!!"
Der Boden dröhnte, die Musik
rauschte, der General nickte und schüttelte
dem Herrn Oberst die Hand; aber,
wa war da? Al sei ein Feind au der
Erde aufgeschossen, so tummelten sich
plötzlich die einzelnen Glieder durchein
ander; da Bild einer Flucht, einer ab
geschlagenen Attrque. Zornig ertönte
da Signal zum Sammeln. Die Reiter
jagen zusammen heran, das Glied schließt
sich, da Regiment steht wieder keuchend
da. Der Herr Oberft will soeben Er
cellenz bei der auszutheilenden Stand
pauke den Vorrang lassen; da, o Grau,
0 Entsetzen. Drüben im Felde läuft ein
Schimmel, ein ledige Roß. und
an dem Steigbügel hängt da auSgeris
sene Bein eine gestürzten Reiters!
,Wa ist da, was ist das." ruft
Ercellenz; der Oberst. athemloS und
halb ohlimächtig. ruft ängstlich: .Wem
fehlt denn ein Lein?" Da endlich erhebt
sich in der Ferne eine entsetzliche Ge
ftalt Den Helm auf dem mit
Sand bestaubten Kopfe, die Klinge in
der Faust, kommt der einjährige Meyer
angewankt; er kommt näher, jetzt ist er
da, und mit scheuem Blick hinter die
Front kriechend, will er sich verbergen;
da ruft Ercellenz: .Hierher der Kerl!'
Dem Armen schlägt das Herz, er wankt
näher. Plötzlich erschallt ein brausendes
Gelächter, in welche sogar Ercellenz mit
einstimmte, denn Meyer hatte sich
beim Sturz seines einen Hosenbeine ent
ledigt. Während de Galopps mar er
gefallen, mit dem Fuß im Bügel sitzen
geblieben, und hätte nicht der Himmel
erbarmend eingegriffen, so hätte Meyer
auf dlt Frage de Herrn Oberst mit
einem wimmernd.en ,,,m,ir" . antworten
müssen. Da Pferd wurde einqefangen
uno in der That hing im linken Bügel der
Stiefel mit dem Hosenbein. Ercellenz
schwieg lange. Meyer stand Höllen
quälen au, wa mit ihm geschehen
werde, aber e blieb Alle ruhig, und die
Offizier wurden zur Kritik versammelt,
welche eine glänzende wurde. Da er
scholl Meyer'S Name. Ercellenz hob
sich hoch im Sattel und nach einer Lob,
rede über da Regiment ertheilte der
.Gestrengste" dem armen Meyer die Er
laubniß zum Anlegen der Gefrkiten
knöpfe, weil da Pferd fo vorzüglich ge
sattelt war, daß sich nicht an der
Packung verschoben hatte!
Ja, ja, so aoancirt man."
Skugerfchcinungcn ohne sichtöare Ikü
gclöcwegung.
Die ellgemeine deutsche ornithologische
Gesellschast beschäftigte sich mit einer der
schwierigsten Fragen der ornithologischen
Mechanik, mit ten Flugerscheiaungen,
welche sich, ohne sichtbare Bewegung der
Flügel, zeigen. Professor Dr. Müllen
hoff, welcher da Referat übernommen
hatte, theilte diese Flugarten in vier ver,
schitdene Gruppen. Man fleht ersten
die Vögel ohne Flügelschlagen in der Luft
dahingleiten, bald aufwärt, bald ab
wärts, und dann wieder nach oben ge,
trieben. Das ist der sogenannte Gleit
flug. Di Art de Fluges ist leicht zu
rklären.
Der Vogel erhalt durch feine Flügel
fchläge eine große Geschwindigkeit, er ist
im Schuß' und benutzt die fo gewon,
nene lebende Kraft, um je nach der Stel,
lung der Flügel und des Schwänze in
beliebiger Richtung vorwärts getrieben
zu werden. Diese Methode wenden
Raubvögel an, um im Zickzickfluge in
die Höhe zu gelangen. Schwieriger ist
daS Schweben zu erklären. Man steht
an der Küste von Helgoland oft Möoen
in der Luft stundenlang an derselben
Stelle. Dies bewirkt der an den Fels,
wänden anprallende Wind, welcher einen
beständigen Lust ström nach oben ver
ursacht; durch diesen wird der Vogel
stets genau um soviel aufwärts gedrückt,
al er vermöge seiner Eigenschwere ab
wärt? fallen würde ; der Luftstrom trägt
den Vogel und läßt ihn unbeweglich an
derselben Stelle verweilen.
Aehnlich ist der Vorgang beim Segel
flug, bei welchem der Vogel über dem
Segelschiff schwebt. Das Schiff wird
durch den Wind fortgetrieben, welcher die
Segel bläht; der iUinb geht natürlich
schneller IS das Schiff und würde den
die Flügel nicht bewegenden Vogel über
das Schiff hinwegtreiben, wenn nicht der
am Segel abprallende, nach oben drän
gende Luftstrom dem Vogel gestattete,
durch geeignete Flüzclstellung feine Vor
wärlsbewegung zu verlangsamen und
ftet auf demselben Punkte zu verharren.
Am unbekanntesten sind die Vorgänge bei
dem Kreisen der Vögel, wo daS Thier
mit unbewegten Flügeln in Spirallinien
langsam höher und höher steigt. Die
wunderlichsten Hypothesen sind hierüber
aufgestellt worden, keine einzige hat stch
begründen lassen. Lord Raleigh ver
suchte diese auffallende Erscheinung in
folgender Weise zu erklären. Je höher
wir in der Luft aufsteigen, desto stärker
wird der Luftstrom; der aufsteigende
Vogel wird von der unteren Schicht ge
hoben, von jeder höheren Schicht etwa
stärker. Die genügt, um da Ibir
allmählich nach oben zu belegen. Baste
und Lanaley Zehen et wirksame Ursache
die in kurzen Intervallen erfolgenden
Wechsel in der Windstäike an und t'iiien
lhal führt da Kreisen auf schwach auf,
steigende Luftftröm zurück. In dieser
Frag werden noch viele genaue Beob
achtungen angestellt erden müssen, lii
man zur Klarheit gelangt sein wird.
kFi tönig als ?!ctl,r von ?Lcuschen
ktöt.
Al König Oskar von Schweden kürz
lich in Paris weilte, wurde allgemein U
merkt, daß er die französische Rettung'
Medaille auf der Brust trug. Wie ir
diese Auszeichnung erlangte, ds zeigt
folgende Geschichte: Im Jahre 18?4
verweilte er tn Nizza und hielt dort auf
der Corviche die scheu gewordenen, toll
einherrasenden Pferde einer Privatequi
page rechtzeitig auf, die Insassen rettend.
Für diese That wurde ihm die französi
fche Rettungsmedaille verliehen.
Aber schon fünf oder sechs Tage später
bethätigte er sich abermals al Leben'
retter. Er zog nämlich ein Kind au
dem Bassin im Jardin Public in Nizza,
Ueber diesen zweiten Fall erzählte er
kürzlich einem französischen Würden
träger, mit dem er nun Nizza wieder
durchwanderte. Auf die Aeußerung des
Franzosen, e sei merkwürdig, daß man
von diesem Falle nie habe erzählen hören,
erwiderte der König: ,O, ich konnte mich
damals nur mit Mühe den Ovationen
seitens der Menschenmenge, die mir zuge
sehen hatte, entziehen. Man wollte
durchaus meine Namen wissen, aber ich
verrieth ihn nicht, und e gelang mir,
unerkannt zu entwischen. Man hätte
sonst am Ende gesagt, der Kronprinz von
Schweden spiele sich al professioneller
Lebensretter auf und fei nach Nizza ge,
kommen, nur um sich in dieser Speziali,
tät zu zeigen."
Sine heitere Geschichte
so schreibt der .Ostaf. Ll." geht
uns au Wutfchang (am Z)ang fe) zu.
Der dortig: Generalgouverneuc hat da
selbst mehrere Fabriken angelegt. Nun
ereignete e sich unlängst, daß ein junger
Mann au wohlhabender Familie, der in
der Nähe dieser Fabriken lebt, bedenklich
krank wurde. Ein bezopfter Mediku,
welcher zur gleichen Zeit daS Handwerk
eine Wahrsager betrieb, wurde herbei
gerufen und erklärte, dß die Krank,
heit auf die üblen Einflüsse zürückzu
führen sei, die durch die hohen Fabrik,
schornfteine verursacht würden; er rieth
seinem Patienten daher, in eine andere
Lokalität zu ziehen. Die kam dem
Generalgouverneur zu Ohren, der, dar
über aufgebracht, nach dem .Doktor'
sandte. Die .Audienz' war sehr kurz,
doch soll der Mediku mehr todt als
lebendig da AmtSgebäude verlassen
haben; auch ist dieser Jünger AeZculap's
hinfort jederzeit zu schwören bereit, daß
e in der ganzen Umgegend keinen ge
sunderen Platz giebt als die nächste Um
gcbung der Baumwollfabriken. Für
den armen Mediku ist die .Geschichte'
offenbar nicht heiter gewesen!
2t)curtS Jutter.
250 Mark für ein Pferdefutter da
ist ein Bischen reichlich, aber ein Be
mohner von Lüchow bei Salzwedel hat
kürzlich diese Summe daran wenden müs
fen. Er hatte 350 Mark in Rkichskas,
senfcheinen in den Futterkeu'el gtthar.
Ein Butterbertel dient un allerdings
wohl mehr zur Aufbewahrung von Fut,
ter, als von Kassenscheinen. DaS dach:
auch derjenige, der den Futterbeutel u
diesem Zwecke benutzte, ohne zu wissen,
welche Schätze darin verborgen waren.
Al der Besitzer hinzukam, waren bei: 1
zwei Einhundertmakkscheine und ein
Fünfzigmarkschein den Weg de Pferte
sutter. also in den Magen de Pferd, S
gewandert; der dritte Hunderter konnte
noch, zwar auch schon zerknittert und an
gefressen, gerettet werden.
Bange Frage.
Junge Frau (am Tag nach der Hoch
zeit): .Sag' mal, Carl, haft Du nicht
gefunden, daß in meiner Heirathg.
annonce, worauf Du Dich gemeldet haft,
viele orthographische Fehler enthalten
waren?"
Mann (stockend): .Du willst doch da
mit nicht sagen, daß auch die zehntausend
Thaler Vermögen ein orthographischer
Fehler war?'
Genügend
Reicher Fle schermeister: ,s)trr Direc
tor, ich wollte mich einmal nach meinem
Sohn erkundigen ; glauben Sie, daß
'mal etwa au ihm werden wird?'
Gymnastaldrector : .Welchen Berns
wollen Sie ihm denn 'mal wählen las
sen?"
Fleischermeister : .Ja, sehen Sie, ich
bin sehr reich ; alle, aS ich habe, soll
er 'mal bekommen,, und arbeiten braucht
er überhaupt nicht."
Gymnastaldirector : Na, nachdem,
wa ich bisher von Ihrem Sohn gesehen
habe, dazu, glaube ich, weiß er genug."
verrathen.
Diener (zum Zeitungsjungen, der spä
ter wie gewöhnlich kommt): Jetzt hat
der Herr Doctor keine Zeit mehr, die
Blätter zu lesen seine Sprechstunden
sind vorüber !"
Ungelehrig.
Student A.: .Du hast ja Deinen
Hund abgeschafft!"
Student B.: Da Vieh war mir zu
ungelehrig; ich hatte ihn schon drei
Monate und er konnte nicht 'mal den
Gerichtsvollzieher vom Geidbriefträger
unterscheiden!"
in Aind der Ztii.
.K-'l. Du mußt folgen! I Ich
n?ch k!r::i war, war ich stet artig und
ehorscm !"
.Ach, Mama, da werde ich meinen
Kindern später auch erzählen I'
Der tiaaefl'lj.
Herr (zum Baibier): .Sie haben
mich ganz zersetzt und ze, kratzt wahr,
hastig, ich sehe wie verheiralhet au.'
Mißrerstanden.
Vater (von der Tiroler Reise eizäh
lend): .In Innsbruck traf ich Herrn
vcn Klingelstein, r hatt die Uniform
mit der.Lo'denioppe vertauscht."
Klein Ebi: .Himmel, muß der aber
einen Rausch gehabt haben!'
CouIati3.
.Ich wiederhole Ihnen, ich unter
stütz Sie nicht!'
,Na Herr, dann geben Sie mir
wenigstens ein paar Pscnnige, damit ich
Sie nicht ganz umsonst belästigt habe."
t kennt sie.
Mann (zur eintretenden Frau und
lochte,): Wo rvar't ihr?
Tochter: Bei der Nachbarin."
Mutter: Wir haben un lange aufge,
halten."
Mann: .Ueber u-en?"
SicherfreUung.
A. : .Ich fürchte. Deine Braut wird
Dir al Frau nicht lange Iru hallen;
sie ist sehr flatterhaft."
B. . ,O. da ist nicht zu fürchten! Die
Treue, die sie mitbringt, steck ich ja
sofort in' Geschält!'
Anspruchsroll.
Biaut: Ich glaube. Du traust mir
noch immer nicht Karl?
Bräutigam: Nicht eher, al bi Du
mir vor all' meinen Gläubigern inen
Kuß gegeben haft!
Immer nur selbstbewußt
Dam (zu einem Lieutenant, welcher
ihr einen Ver in Stammbuch geschrie
ben hat): AberHerr Likutenant, ich wußte
noch gar nicht, daß Sie auch den Pegasus
reiten!
Li utenanttAeh, mußPegasuS auch mal
der Ehr eines Ritt'S würdigen.
Schlagfertig.
Wie können S meine Jungen piü,
geln, jlooben Sie, ich hab' meine Kinder
uf de Straße gesunden?"
Ne, da hätten S s gewiß liegen
lassen!'
Moderne Malerei.
Maler: Da, sieh Dir mal mein neue
Bill, an. wie gefällt S Dir?'
Freund: O, sehr gut, ausgezeichnet,
aber ich glaube, daS Original von dem
Bild ist nicht so roth.'
Maler: DaS Original! Mein Gott
von wem sprichst Du denn?"
Freund: Na, natürlich von Deinem
Onkel."
Maler: .Da ist ja nicht mein Onkel,
da ist ja ein Sonnenaufgang!'
Etwas für Nationalökonomcii.
Lehrer (in der Rechenstunde): .Wenn
ein Scheffel Weizen einen Dollar kostet
und ein zweipfür,diger Laib Weizenbrot
fünf Cent, wa kostet dann letztere bei
einem Weizenpreise von fünfzig Cent
per Scheffel? Na, Tom Schwammig,
Du als BLckerssohn solltest es doch wi
sen?"
Tom Schwammig: , Luch fünf Cents!"
verdrieszlich.
In einem Wiener Abendblatt fand sich
kürzlich folgende S:elle: Auch sonst war
dem Besitzer deS Hotel Jmperial in den
letzten Jahren das Leben durch Krankheit
und Verdrießlichkeiten aller Art Froh
ner war zweimal verheiralhet gewesen
vielfach verbittert,'
Pech.
Student (auf dem Spozicrgang):
.Donnerwetter, endlich nach einer halben
Stunde kommt mir ein Mensch mit einer
brennenden Zigarre entgegen, dcn ich um
Feuer bitte konnte, und nun muß e
gerade mein Schneider fein."
Schneidig.
Dame: ,C ist doch ntsetzlich, diese
Fliegenplage im Sommer.'
Preußischer Lieutenant: .Sage Ihnen,
bei mir ist nicht ein Fliege im Zimmer,
die Thiere haben zu viel Angst, weil
fortwährend die Champagnerpfrrpfen an
die Decke knallen.'
Zeitbestimmung
Fester Bauer: .Wann ist denn Euer
Michel vom Hose weggegangen, Cölc
ftin?"
Zweiter Bauer: ,E wird ungefähr
drei Pfeifen lang her sein."
rzarte vrc?hung.
Präsident: .Angeklagter, benehmen
Sie stch anständig hier im Gerichiösaale,
oder S sind zum letzten Male hier ge
wesen!"
lvoh! überlegt.
A, : Warum stattet denn die Kom
merzienrLthin den Salon, in dem ge
tanzt wird, mit so vielen antiken Büste i
aus?"
B. : Damit ihre Töchter etwas jugend
licher aussehen!'
Naiv,
Onkel: .I Deine Bibliothek nach
dem Alphabet geordnet, Junge?"
Neffe (Student): .Ja!"
Onkel: Wo ist denn der Buchstabe
,S'?'
Neffe: .Du suchst doch wohl keine
Sparkassenbücher, Onkel?"