Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, June 21, 1894, Image 9

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W fcfc.lfcnv
krShlunz au dem Leben. Don Jtantab
Arühsald.
E lebt, um Jahr 188. ich glaube,
tx lebt heute noch in der kleinen ladt
P. de Departement der kflllchea Po
renSen im südliche Frankreich, hart an
der spanische Grenze, in wohlhabenoer
ausmann, der ein alter Junggeselle
und dabei arbeitsam und streng, zwar
nicht geizig, aber sehr, sehr sparsam war.
Polocarp Fsurmanlelle betrieb den o
lonialwaarenhandel en gro und er
sorgte tagsüber seine zahlreichen Runden
dieleit wie jenseit der Pnrer.Ien mit
irastltanischem affee, westindischem
Zucker und afrikanischem Pseffer; de
, Abend aber spielte er im Bürgerzirkel
mit Zlnato! Brouardel, dem Notar.
Caflmir Pitr, belle, dem Friedensrichter
und Agenor Fortenblague, dem penfio
ritten Major, bi 10 Uhr Whist und
trank dazu zwei GlaS geeiste Pfeffer.
munz-Limonade.
Polvcarpe Fourmantelle war da ein
zige noch lebende Mitglied einer ehemals
zahlreichen Familie, deren Sprossen alle
längs! da Zeitliche gesegnet hatten.
Eine Tage wurde der fleißige Kauf,
mann und eifrige Whijlspieler au seiner
Gemüthlichkeit durch einen Brief aufze.
schreckt, der also lauiete:
.Barcelona, 1L. Juli 183.
Mein Herr!
Vor sünf Tagen ist in unserer Stadt
die Wittme Margaretha Gourmalon ver
schieden mit Hinterlassung eine Testa
ment, worin sie ihrem unterzeichneten
Sachmalter den Auftrag hinterließ, ihr
einzige TSchterchen, da heute seinen
siebzehnten Geburtstag feiert, der Pflege
unv Bormunsjazait des Herrn Poiycarpe
Fourmantelle anzuvertrauen, der ein
Schwesterfohn ihrer verstorbenen Groß
tönte, der seligen Frau Cäcilie Patinot
und der einzige noch lebende Verwandte
der jugendlichen Waise ist. Indem ich
mich beehrt, Sie von dieser letztwilligen
Verfügung Ihrer verstorbenen Cousine
in Kenntniß zu setzen, bin ich so srei,
Ihnen anliegend in beglaubigte Ver
zcichniß de von Fräulein Dolore Gour
malon hinterlassenen Vermögen zu über
reichen, und bitte Sie. nebst Ihren die,
bezüglichen Verfügungen auch um An
ordnungen betreffs Ueberstedelung de
erwähnten Fräulein DoloreS Gourmalon
in Ihr geschätztes Hau. Da Fräulein
Befindet sich elnftwctten unter meiner
.Obhut. Die Kosten belaufen sich bi
zum heutigen Tag aus 7S5 Peseta.
Genehmigen Sie, mein Herr, den
Ausdruck der vollkommensten Hochach
tung
Ihre ergebensten Diener
Sallusto da Concha, off. NotariS.
Der sonst so gemessen ruhige Polo
carp Fourmantelle konnt wen kernigen
Fluch nicht unterdrücken, als er diese
SachmalterEpistel laj; auch wollte sein
im Kolonialwaarenhandel ermüdete Ge
bächtniß sich durchaus nicht der guten
Cousine Margarethe Gourmalon erin
nern, die im Dränge vervandschaftltcher
Gefühle ihr verwaiste Töchterlein seiner
oheimlichen Sorgfalt anvertraut hatt.
Plötzlich aber schlug er sich auf die neun
fach gefaltete Stirn und rief so laut,
daß selbst der stille und sanfte KommiS
Gabriel Gautier, welcher in dem an
Polvcarxe Fourmantelle'S Privat Comp
toir anstoßenden Schreibstübchen an der
zweiundflebzlgsten Faktura de 17. Juli
183. rechnete, von seinem Sitze auffuhr:
CTM Ans Atrif t CTM TtFt
yiiuk WVV - vv
Muhme Gourmalon! Sterbend noch
Henkt sie an mich und vermacht mir ihr
FTheuerste, ihr Töchterlein DoloreS I'
Welch' seltsamer umitano yaire Po!y
arpe Fourmantelle' Gedächtniß aufge,
frischt?
Da Vcrzeichniß war e, worin seiner
Mündel Vermögen spezisizirt war; eS
enthielt Zahlen, die einen Harpagon zur
Vormundschaft über eine vom tran
pvrenäifchen Himmel geschneit Nicht
begeistert hätten. So gewaltig waren
diese Zahlen, daß er seine Schreibebrill
aussetzte r traute seinen Lesebrillen
nicht und Ziffer für Ziffer, Buchstab'
für Buchstab' das VermögenSverzeichniß
und dessen Beglaubigung prüfte. Dann
rief er seinen KommiS Gabriel Eautier
und sagte zu dem Herbeigeeilten:
.Dringende Geschäfte rufen mich
heute Abend noch nach Barcelona. Hü
ten Sie Comptoir und Hau?, denn ich
werde erst übermorgen zurückkehren, um
S Uhr geht derElfel bzhnzug, Sie haben
. also noch drei Stunden, um Alle? vor
subereiten, aZ ich vor meiner Abreise
anordnen oder unterschreiben muß.
.Sehr wohl, Herr Fourmantelle
erwiderte Gabriel und wendete sich zum
Gehen.
.Halt, Gabriel! noch EinZ! So,
gleich nach meiner Abreise begeben Sie
sich in den Bürgerzirkel, fragen nach
dem Notar Brouardel und sagen ihm,
daß ich verreisen mußte und weder heute
noch morgen an der Whistpartie theilneh
men kann.
.Sehr wohl, Herr Fourmantelle.
.Laffen Sie sich im Bürgerzirkel
Nirgend eine Erfrischung retchen, mein
lieber Gabriel und bringen Sie mir die
dadurch verursachte Buslage in Rech
nuna.'
.Danke besten?, Herr Fourmantelle,'
gab Gabriel zur Antwort und ging an
sein Geschäfte.
Polucarpe Fourmantelle kehrte am
zweiten Tage nach dieser Unterredung
von Barcelona zurück und brachte zum
zähneknirschend sich ausdrückenden Er
staunen der äußerlich knochigen, innerlich
aber weichen alten Haushälterin Leocadie
in schmächtig sangt? Mädchen mit. E
war nicht schön und nicht häßlich; sein
Gestchtchen ist am treffendsten beschrie
ben, wenn man' die lebendig gewordene
Phrstognomi de kindlichen Ueberrascht
Vcr
Jahrgang 15.
sein nennt. Nur die Augen waren
eigenthümlich interessant. Schüchtern
und mulhmillig. Herzensgut und
Schalkhaftigkeit ausstrahlend, just wie
eine Schelmerei, die auf kaum entquölle
ner Thräne in frische Leben rollen
wollte. Diese siebzehnjährige, in
Trauerkleider gehüllte Geschöpf wurde
von Polocarpe Fourmantelle den zum
Empfange versammelten Hausgenossen
mit den Worten vorgestellt:
.Mademoiselle Dolore Gourmalon,
die einzige Tochter meiner verstorbenen
Cousine Madame Margarethe Gurma
lon, mein Nicht ud Mündel, wird von
heut ab bei un wohnen. Leocadie",
fuhr Polycarpe fort, zur Haushälterin
gewendet, .führen Sie Mademoiselle
Loiore ein (wellen in da blaue kim
mer in der ersten Etage. Gch', mein
Kind", setzte er hinzu und tätschelte
zärtlich die Wangen feiner Nichte, .geh',
mit Leocadie, sie wird für Dich sorgen.
Mit dem Reichihum de jungen Mit
chen schien e nicht seine Richtigkeit zu
haben. In dieser Hinsicht zeigte sich
Herr Fourmantelle sehr enttäuscht. Man
habe sich mit ihm eine Scherz erlaubt,
sagte er, da Mädchen sei arm, wie eine
Ktrchenmau. Aber er werde sich seiner
Verwandtenpflicht, für bi Wais zu sor
gen, nicht entziehen.
Dolore war sett sechs Monaten lm
Hause ihres Oheim und der Liebling
sämmtlicher Hausgenossen, von der
äußerlich knochigen und innerlich weichen
Leocadie herab bi zum alten Kater
Rousse. der unter dem Küchenschrank
schnurrte, nicht zu vergessen de stillen
Gabriel Gautier, ceflen unentwickelte?
Empfinden unter den .eigenthümlich
interessanten' Augen des jungen Mao
chenS zum ersten Bewußtsein der MZnr.
lichkeit reifte.
Polvcarpe Fourmantelle versorgte nach
wie vor tags über seine Kunden mit
Kolonialwaaren und spielte avenolrch mit
den alten Genossen die herkömmlichen
vier Rubber Whist.
EineS Abends war er eben rm Be
griff, nach dem Bürgerzirkel aufzu
brechen, als DoloreS mit den Worten an
ihn herantrat:
.Onkelchen, ich langweile mtqi"
.Oho Mamsell! Du langweilst Dich?
Weöhalb?
.Onkelchen, weil ich tanzen möchte.
.So tanze!
.Ja, Onkel, da ist ja das Lang
wellige. Ich mag nicht allem tanzen.
.Soll ich mit Dir tanzen?'
.Nein, Onkel, das wäre auch lang'
weilig. Aber auf den Ball deS Bürger
Zirkels sollst Du mich führen.'
.Aus den Ball veg Burgerzirrei? i
Bist Du närrisch, Kleine?'
.Nein. Onkelchen! Närrrsch bin ich
nicht, aber tanzluftig. Bitte, Onkel
chen. sage ja!'
Poirzcarpe gourmanteäe aber sagte gar
nicht? und ging in den Bürgerzirkel zur
täglichen Whistpartie.
Dieser Dialog vnederyolte sich, mit
einigen unbedeutenden Variationen, am
nächsten, am zweit und am drittnächsten
Tage, so daß Onkel Polycarpe rst brum
mig, dann zornig würd und endlich ja
sagte. Der ersehnte Abend war heran
gekommen und DoloreS trat am Arme
rhreS Oheims in den Ballsaal des Bür
gerzirkclS. Wohl wurde das fremde,
junge Mädchen vsn den alten und jungen
Weibern beiderlei Geschlechts neugierig
begafft, aber kein Tänzer führte sie zum
Tanz.
Onkel Polvcarxe hatte feine Whist-
partie ausgesucht und DoloreS, die unter
den zahlreichen Ballgaften Sciemand
kannte, war vereinsamt aus einer Ruhe
ban! sitzen geblieben, unbeachtet von den
schmarzbesrackien Stutzern, die rasch ihre
Neugierde an ihr befriedigt halten, denn
sie war weder schön noch basisch und der
Reiz ihrer Augen lag verschleiert unter
den gesenkten Wimpern; sie wurde mit
leidig belächelt von den bcflitterten SänS
chen, die schnatternd im Kreiseltanz wir
belten, denn sie war zwar nicht geschmack
loS, aber höchst einfach gekleidet und
trug eine einzige dunkelrothe Rose in dem
braunen, weichen Haar.
Da trat Gabriel Gautier iu den Saal
und sah, wie DoloreS mit traurigen
Blicken den lustigen Tanzenden folgt.
Rasch ging er auf sie zu und bat um
einen Tanz. Ein Blitz aus ihrem vlötz
lich aufleuchtenden Auge traf den schüch
lernen, vor ihr stehenden Gabriel, sie
nickte leicht und unmuthig mit dem Kopfe
und sagte leise: .Ja!' Der glückliche
Gabriel aber legre feinen Arm um die
schlanke, schwellend Taille der Nichte
eine Herrn und flog mrt ihr durch den
Saal nach den feuriacn Rythmen von
Metra' .Spanischem Walzer'.
Und wieder tanzten sie zusammen, erst
eine Quadrille, dann eine Polka. Die
jungen Herren aber, welche die kleine Do
lore so lange sitzen gelassen hatten, ze
wahrten plötzlich, daß sie eigentlich ein
ganz hübsche und sehr graziöses Mädel
et und baten sie, Einer nach dem Andern
um einen Tanz, zum großen Aerger der
bunlbkflitterten Gänschen. DoloreS aber
dankte Allen freundlich und tanzte nur
mit Gabriel.
Wozu ein Lange und Breites er zäh,
Ä
Beilage zum Nebraska Staats-Anzelger.
len? E war die alte, immer gleiche Ge
schichte. Die beide liebte sich und
wurden trotz de Sträuben? Onkel Po!y
carpe, der sich dem festen Willen seiner
Nichte beuge mußte, an einem Sonn
abend im nächstfolgenden Monat Mai in
deS Erlöserkirche und im Beisein der als
Zeugen fungirenden Whistgenossen ehelich
getraut. Das HocheitSmal war einfach,
woran Niemand Anstoß ahm. weil Do
loreS allgemein als arm und abhängig
von der Gnade ihres OheimS galt.
Am MontagSmorgen, der auf den Hoch
zeitStag folgte, um die acht Stunde,
nahm Gabriel Abschied von setner jungen
Frau. Sie hatten in kleine Wohnung
unsern von Fourmantelle HauS be
zogen, drei Zimmer nur, kokett, aber ein,
fach eingerichtet. So schwer eS ihm
ward, sich dem Wonnerausch deS kaum
empfundenen Eheglücks zu entwinden, er
mußte aufbrechen, um pünktlich auf dem
Comptoir zu erscheinen. Der Patron
hatte dem neuangeheirathetcn Neffen
strengsten anbefohlen, die geschastuchen
Pflichten gewissenhaft zu erfüllen.
.Mein liebliches Weibchen.' sagte Ga
brtel zwischen zwei Küssen, .ob mir auch
da Herz scher wird, ich muß dennoch
fort. Die Pflicht ruft und ich hab' jetzt
für zwei zu arbeiten.'
.Aber HerzenSmännchen, bleib' doch
hier, wenn S Dir so schwer wird, mich zu
verlassen!'
.Leicht gesagt, mein Engel, aber
Aber xeaii"
.Aber, wovon sollen mir leben, wenn
ich nicht arbeite?'
.Ist'S nur deshalb, mein lieber Ga
brtel, dann sei ohne Vorgen' gab Do
lore, plötzlich ernsthaft erdend, zur
Antwort. .Ich befttze in freie? Wer
mögen von mehr alS einer Million;
dessen Zinsen werden zu unserem Unter
halt genügen.
.Träumst Du, Weibchen, oder willst
Du mich verspottend'
.Weder da? Eine noch daS Andere,
mein Liebster. Ich habe da Geheimniß
meine Reichthum absichtlich bis nach
meiner Heirath bewahrt. Nur Onkel
Polvcarpe wußte darum und auch er oer
stand zu schweigen.'
.Ich kann Dich noch immer nicht ver
stehen, DoloreS!'
.Und doch ist die ganze Geschichte so
einfach. Siehst Du, Gabriel, ich wollte
um meiner selbst willen geliebt werden,
ich wollte sicher fein, daß mein Mann die
kleine DoloreS und nicht Fräulein Gour
malonS Geld heiralhen würde. Zürnst
Du mir deshalb, Gabriel?'
Gabriel vermochte nicht zu sprechen.
Aber er küßt herzhast DoloreS' ichwel
lenke Lippen und das glückliche, junge
luZcibchen fand an dieser Antwort solch
Innigen Gefallen, daß die beiden Vcr
liebten erst dann in die Wirklichkeit zu
rückfchreckten. als die Zimmerlhür in
ihren Angeln knarrte und Polvcarxe
Fourmantelle mit den Worten'einlrat:
.Ich dachte schon, Ihr schliefet noch.
Fünfmal hab' ich angeklopft, ohne Ant
aort zu erhalten! Wie geht'S, junger
Millionär?'
Victoria regia.
Die Geschichte einer Enttäuschung.
Von M. H.
Ich war mit mir selbst zusrieden!
Vor einem großen Spiegel stehend,
betrachtete ich dem Anscheine nach eifrig
einige Bilder, doch im Grunde nur meine
eigene Person. Ich hatte eben erst mein
Sludenteneramen gemacht, und reinem
selbstbewußten Wesen nach zu urtheilen,
konnte man es mir gleich ansehen. Ich
dachte darüber nach, wie ich ach! den
Nachmittag todtschlagen könnte. Auf
der Straße mich planlos umhcrtreiben
wollte ich nicht.
Meine Jugendfreundin. Hedwig Be
rend, sagte mir neulich st, daß ich sie
SZ Mal an einem Nachmittage gegrüßt
hätt. Natürlich eine kolossale' Ueber
treibungl
Plötzlich erinnerte ich mich, daß ge
rade heute die berühmte Victoria regia
im Botanischen Garten blühte. Eine
kleine Tour dorthin war nicht so übel.
Man kann ja die Blume besehen, selbst
Andere sehen und wiederum gesehen wer
den. AlleS dies war nach meinem Ge
schmack.
Gesagt, gethan. Ich machte mich auf
den Weg.
Der Botanische Garten war stark ie
sucht, Equipagen wechselten mit Drosch,
ken ab und ein Strom von Menschen
zog ein und aus dem Geasächshause.
Alle wollten die seltene Blume demun
dein.
Eben fuhr ein eleganter Jazdmagen.
von zwei feurigen Rossen gezogen, vor
dem Garteneingang vor. Im Wagen
saßen ein Herr und eine Dame, der Herr
fuhr selbst. Er war ein schöne? schlanker
viann mit etwa schläfrigen Auge,,, sie
eine auffallende Schönheit.
Während der Herr im Wagen sitzen
blieb, um nach den Pferden zu sehen,
stieg die Dame au und vkrabchiede:e
sich auf englisch von ihrem Begleiter.
Also ein Lord und eigenes Fuhrwerk war
mein erster Gedanke. Ich folgt ihr.
ikj- j I lr
4y
WAT
Ja it irrere?' fragt sie, sich nach
mir umwendend.
Freudig erregt öffnete ich ihr die Thür
und bat sie. hinein zu gehe, ebenfalls
auf englisch.
, Sie dankte mit einem bezauierr-.den
Lächeln.
So stand ich denn dicht neben ihr, am
Rand drs Bassin.
Eine große Palm streckte schützend ihre
Zweigt über unsere Köpfe, rings um uns
her schlangen sich erotische Pflanzen und
zu unleren Fünea schaukelte das Miesen
gewäch? der Victoria regia ihre Blät
ter, mährend die halb geschlossene, weiße
Blume auf dem Wasser zu schlummern
schien.
Doch ich hatte wenig Augen für die
Herrlichkeit der Victoria regia und be
wunderte nur die holde Blume neben
mir. Auch sie war ein Victoria regia
und an berauschender chönheu der kö
viglichen Pflanze gleich.
.Verv deautikul,' sagte Molady.
.Very beauiiful, war auch meine
sreulidliche Antwort.
Ich hatte wirklich nie gedacht, so sprach
kundig zu sein. Allerdings hatte ich
englisch in der Schule gelesen aber noch
nie gewagt, eS zu sprechen, und nun ging
eS so herrlich!
Meine Wangen glühten, und daö
Blut kochte in meinen Adern; eS war
aber auch schrecklich warm im Treibhause.
fast ein tropische Hitze, und darin wächst
ja auch AlleS so viel schneller. In der
heißen Zone reift di Frucht an rinem
Sommkrtage. War eS wunderbar, wenn
meines Herzens Liebe bei solcher Tem
peratur schnell emporschoß? Die unbe
kannte Schön wandte sich zum Gehen.
.Erlauben Sie, Mylatv, daß ich
Sie zum Wagen geleite?' fragt ich
zögernd.
.O nein, um deS Himmel? willen
nicht. Mein Mann ist so entsetzlich
eifersüchtig und würde Sie gleich er
schießen.
.Ist er denn Schütze?' fragte ich
lächelnd.
.Ein ausgezeichneter; er würd! ine
Fliege von ihrer Stirn schichen, ohne
Sie zu verletzen, wenn Sie sich ruhig
hielten.'
Zur Erprobung dieses Talente? ver
spürte ich nun keine Luft. Ich war aber
auch nicht sehr begierig, des Lords Be
kanntschaft zu machen.
.Farewell Sir, klang eö mild von
ihren Lippen. Noch einen Blick der
schönen Augen und meine Victoria regia
war verschwunden. Alles erschien mir
wie ein Traum.
Ich sah mich um und merkte nun erst,
daß di Meisten gegangen waren und daß
ich mich allein befand. An der anderen
Seite de? Bassin? stand meine Jugend
freundin Hedwig und betrachtete mich mit
vorwurfsvollem Blick.
Sie war ein frische?, hübsche? Mäd
chen mit langen braunen Zöpfen und erst
17 Jahr alt. Wir waren Landsleute
au? derselben Stadt. Hedwig und ich
spielten als Kinder viel zusammen. Ich
hatte Hedwig auch gewiß ganz lieb, doch
in diesem Augenblick verachtete ich mich
fast selbst wegen meiner kindlichen Nei
gung. Wie war e? denn nur möglich,
aa der kleinen anspruchslosen Wiesen
blume Gefallen zu finden, da mich der
Duft der tropischen Pflanze berauschte?
.Wer war denn die elegante Dame,
mit der Du Dich so eifrig unterhieltest?'
fragte mich Hedwig.
.? war eine nglisch Dam!
.Ach, wie interessant!
Hedwig sah mich lächelnd an, ich war
zerstreut und stillschweigend gingen wir
zusammen nach der Sradl zurück.
.Grüße Deine Lady,' sagte Hedwig
spöttisch, al wir un? trennten.
Ich würdigte sie keines Blickes und
ging in'? Haus.
In der Nacht hatte ich böse Träume.
Mir schien e. als schwämme ich selbst im
großen Bassin und der Loro benutzte
meinen Kopf al? Zielscheibe, auf die er
lustig schoß.
ES war schon voller Tag, als ich er
wachte. Geschwind kleidete ich mich an
und macht einen Spaziergang um die
Promenade, um im frischen Winde meine
brennende Stirn zu kühlen.
Aber war es denn nur möglich?
Ja Irklich, meine Victoria regia
kam langsamen Schrittes v.ir allein tau
gegen.
Ein schwarzes eibenileio neuester
Mode umschloß ihr prachtvoll Gestalt.
Ve war schöner, IS tl
Schon von Weitem lächelte sie, be
grüßte mich als guten Bekannten und
bald schon saßen wir nebeneinander auf
einer Bank.
Ich erklärte ihr. wie unbeschreiblich
glücklich mich dieses unerwartete Zussm
mentreffen machte und schloß damit, daß
ich sterblich in sie verliebt sei. Sie sollte
meine Bealrice, meine Laura, mein Ideal
sein, weiter wollt ich ja nichts.
In meinem Herzen wollte ich in Creib-
hau bauen von Gold und Kristall,
meine Liebe sollt die Sonne sein, die S
erwärmte und in einem Aasftn voll
meiner Thränen, sollte sie blühen, sie,
meine Victoria regia! Nun hatt ich
meiv Bestimmung entdeckt. Durch sie
U II d "T Jvl A jfl 11 II
UUUVMsi.
No. 5.
hatte ich mich selbst erkannt. Dichter
wollte ich werden und sie verherrlichen in
Romanzen und Sonetten, so schwärmte
ich denn weiter für mein Ideal l
Sie hört mich geduldig an, doch be
trachtete sie mich lächelnd von der Seite.
Ich weiß nicht, ob sie mich eigentlich ver
stand, jedenfalls mischte ich in Menge
deutscher Worte in mein Englisch. Doch
den Sinn begriff sie, und diese war für
mich die Hauptsache.
.Sie find in große Kind,' sagte sie,
indem sie mir inen leichten Schlag mit
ihrem abgezogenen Handschuh gab.
Ich ergriff die weiße, wohlgeformte
Hand, an der Juwelen funkelten und be
deckte sie mit feurigen Küssen.
Sie erhob sich. .Ich muß jetzt gehen.
Wenn nun Jemand un gesehen hätte,
wa würde man denken?'
.Soll ich Sie denn nie wieder sehen?'
stammelte ich.
.Vielleicht, kommen Sie nach dem
Tivoli heute Abend.
Sie verließ mich eiligst. Noch ein
Lächeln der rothen Lippen, ein letzter
Blick ihrer dunkeln Augen und sie war
verschwunden.
Zu Hause fand ich in Karte vor vom
Kaufmann Berind. Er war zur Stadt
gekommen, seine Tochter zu besuchen,
brachte Grüße mit vom Elternhaus und
lud mich in, mit ihm und seiner Tochter
im Hotel zu essen und Abend da Ver
giiügung? Etablissement Tivoli zu iv
suchen.
Die Einladung war sehr willkommen,
ich nahm sie an, fand ich dabei doch Ge
legenheit, meine Angebetete einige Augen
blick ungestört zu sprechen.
Beim Mittagessen war ich in bester
Laune und Hedwig war ebenfalls heiter.
Sie ahnt nicht, daß bereits ein Ander
den Platz in meinem Herzen eingenom
men hatte.
Als wir im Tivoli ankamen, suchten
meine Augen vergeblich nach der schönen
Unbekannten. Nirgends war sie zu er
blicken. Zerstreut folgte ich der Vorftel
lung einer Spezialikötenbühne. Herr
Berend bestellte Champagner. Ich stürzte
einige Gläser hinunter, Hedwig beobach
tete mich mit unruhigen Blicken. Der
erste Theil des Programms war zu Ende.
Der Vorhang ging zum zweiten Mal
in die Höhe, eS sollte das Auftreten des
weltberühmten Schützenkönigs mit seiner
Frau folgen. Die Bühne stellte einen
Platz im Walde vor und na3' sah ich
war e ein Spiel meiner aufgeregten
Phantasie? Ach nein, eS ist die schreckliche
Wirklichkeit!
Herein trat der Mvlord in amerikani
scher Jägertracht, die Büchse üb der
Schulter, und ihm auf dem Fuß folgt,
Victoria regia meine tropische
Blume, jetzt völlig erblüht, befreit von
ctvilistrender Kleidung, in einem phan
tastischen Trikotanzug. Sie lächelte
nach allen Seiten, grüßte anmuthSooll,
rgrisi ine kleine, Salonbüchse und
schoß mit Sicherheit nach einer Ziel
scheide.
Ich saß wie versteinert da.
Dann sah ich, wie Mylord und My
lady Beweise von großer Geschicklichkeit
gaben. Ich sah, wie meine Angebetete
sich zum Schluß an die Wand stellte, und
ihr Mann, einen auf ihren Kopf ge,
legten Apfel mit kalter Sicherheit durch,
schoß.
Rauschender Beifall ertönte im Publi
kum und immer wieder mußte da Paar
sich zeigen. Mvlado dankte lächelnd.
Dann war sie verschwunden und der Vor
hing gefallen.
Da saß ich nun, schmerzhaft berührt,
als hätte jede ihrer Kugeln mein arme
Herz getroffen. Sie, meine Herzens
köntgin, entpuppte sich al eine Schützen
königin, und ihr holdes Lächeln, das
mich so glücklich gemacht, schenkte sie
öffentlich Jedem, der das Eintrittsbillet
zu ihren Vorstellungen bezahlt hatte. Ich
fühlte mich wie zerschmettert.
Eine weiche Hand legt sich auf mkinen
Arm und ein Paar freundliche Augen
sahe mich mitleidig an.
.Bist Du krank?' fragte Hedwig,
.Du bist ja so bleich?'
.Nein, ich war krank, doch nun ist eS
vorüber.'
.Vielleicht macht Dich das viele
Schießen nervös?'
.O nein, im Gegentheil, die Vorftel
lang war mir sehr gut und heilsam.'
Wir gingen nun in den Garten. Der
Vater hatte einen Freund getroffen und
Hedwig und ich gingen allein. Ich er
i rmre mich nicht genau, was Hedwig und
ich gingen allein. Ich erinnere mich nicht
genau, was Hedwig und ich Alles be
sprachen, doch als wir uns von einander
verabschiedeten, drück: ich ihre Hand
länger alS nö'hig.
Jetzt, wo sie meine liebe kleine Frau
ist, haben wir oft über mein Abenteuer
gelacht.
Vovinso ßrnsoe's ßikand.
ES ist nicht allgemein bekannt, daß
Juan Fernande; das Eiland, auf dem
Älerander Sclkirk, der Robinson Crusoe
der berühmten Erzählung, mehrere Jahre
aerlebte-jetzt ständig bewohnt ist. Zwei
von verschiedenen Küstenpunkteu auS
gehend Thäler vereinigen sich daselbst
nicht wkit landeinwärts und bi erbebt
sich ein Dörfchen mit kleinen Hütte.' die
um ein einstöckige?, von einer Veranda
umgebene Gebäude erstreut lieoe. 3
diesem Haus lebt der Mann, der die
Insel von der chilenischen Regierung ge
pachtet hat, und da Dorf bevölkern
wenige deutsche und chilenische Familie.
Die kleine nfledlung heißt Sa Juan
Butista. und der krateräbnlicb See
arm, an dem sie liegt uvd Alexander
Selkirk da rettende Land erreichte, kd
Cumberland Ba genannt. Di jähr
iich Pacht sur vi jni Betragt 4000
Mark und wird in gedörrtem Fisch ni
richtet. Der ssana und da Trockne
verschiedener Fische, die Aufzucht on
Rindern und der Anbau einiger Nah
rungSpftanzen beschäftigen hinreichend die
ufrieden lebenden Kolonisten, di den
größten Theil ihre Einkommen au
vem Berraus von Bley und Begetabilien
an oorübersahrevde Schiffe gewinnen,
öier aiebt auch ein Art wilder stand
in großer Menge, und dies sind auS
Ichlieviich aus öte ovden angewiesen
von denen sie sich nähren. Ei sollt
di entarteten Nachkommen der von Epa
niern einst zurückgelassenen Hund sein.
Hinter der kleinen Ansiedlung befindet
ich tn ver ersten sicheren Felswand eine
Reibe von merkwürdigen, in Sandstein
ausgebrochenen Höhlen. Ein jetzt unbc
nutzt Pfad leitet dahin, und nach kur
zem ietkern gelangt man zu den düstern
Eingängen der Höhlen , Vor 40 Jahren
glaubte die chilenische Reaieruna kick der
onurtheilten Verbrecher am besten da
vurch entledigen zu können, daß fle dies
nach Juan Fernande; deporttrte. Hin
muR'en gch die Sirästinae unter der
Aussicht chilenischer Soldaten Wohn
räume in der Sandfteinwand selbst auZ
höhlen. Im Jahr 1884 wurde di Ver
brecherkoloni jedoch aufgehoben und die
Felsenmohnungen verfielen allmählich.
Die schmale Erhöhung, von der Aleran
der Selkirk nach Rettung ausschaute
heißt jetzt ,Dn Sattel', weil sich auf
jedem Ende derselbe in Steinhügel wi
ein Sattelknops erhebt. An einem der
selben befindet sich jetzt eine groß Tafel
mit Inschrift zur Erinnerung an Aleran,
der Selkirk'S langen, einsamen Aufent
halt hikrfelbst. Sie würd im Jahre.
1887 von den Offizieren des britische
Schisses .Topa' gestiftet.
?as Klavier der Königin Marie An
toinette. Am 20. August 1892 nahm ein Kano
vier der Nationalgard mit zahlreichen
Gefährten von dem Schloß dn Tuilerten
Besitz. Er gelangte in den Muflksaal
sah daselbst eine Schaar roher Gesellen
eifrig bemüht, den Flügel der Königin,
der auS Ebenholz mit Perlmutter eing
legt war, in den Garten hinunterzumer
fen. Bereits war es ihnen gelungen,
daS Instrument von dem Untergestell zu
heben, und zwanzig Kerle hoben eS auf
das Fenster; sie brauchten eS nur loSzu
lassen, und e siel hinunter und wäre tn
taufend Stücke zersprungen. Der Kano
nier hatte nur noch Zeit, .Haltet ein!
zu rufen, aber die jubelnde Schaar hörte
nicht auf ihn und bestand auf ihrem van
dalischen Recht.
Da kam dem Bürgersoldaten eine
glückliche Idee. .Wa wollt ihr von
diesem unschuldigen Instrument? Es har
monirt ja mit euch. Stellt den Kasten
nur wieder zurück, ihr werdet hören, wa
er zu euch spricht!' Die Leute folgten
und nun spielte der Kanonin auf dem,
königlichen Instrument die Marseillaise,
di Carmagnol, .ca ira', und di nt
zückte Schaar sang und tanzte dazu. Be ,
sonders die Frauen waren ganz begeistert,
daß ein Instrument, auf dem die Kö
nigin so oft mit fttnkn Händen spielte
und zart Stimme sang, nunmehr nach
ihrer Pfeife mustcirte.
DaS Slavin war aber gerettet; ein
Instrument, da solch begeisternde Lied
miedergab, durfte nicht zerstört werden
fle brachten nun dem Flügel Huldigun
gen dar, und e gelang dem Kanonier,
di Eindringlinge au dem Musikzimmn
zu vertreiben.
Später wurde da so gerettete Elaoier
von dem ehemaligen Elaoierstimmer der
Königin, dem Hauptmana Doubiel, bei
der Versteigerung des Mobiliars der KS
nigin Hottense erstanden; derselbe behielt
e? bis an sein Lebensende, dann gelangte
e? in Prioatbesitz.
Naive Frage.
Bertha (vor der Verlobung, zu ihr
oerheiratheten Freundin): .Sag' mir,
Elise, wenn mich mein Bräutigam um
den ersten Kuß bittet, wie viele
soll ich ihm dann geben?'
wunderbar.
Dame (zu einem Bankier): .Man
spricht dvon, daß Sie sehr reich seien!
Bankier : .Na, eine Million werde ich
haben!'
Studiosus : .Was? So kurz vor'm
Ersten noch?'
Ans der Kaserne.
Sergeant: .Sie Esel. Sie Schaf,
köpf, Sie Heuochs... Sie... Sie...
Ja, wenn man Ihnen die Leviten lieft,
merkt man erst, wie arm unsere Sprach'
,nr
Unteroffizier : ... .Werdet Ihr heut
zutage in einer Schlacht verwundet, f
wird die Wunde luftdicht verschlösse,
und in drei Tagen seid Ihr geheilt.
Diese Erfindung habt Ihr dem berührn
ten Avton Septisch zu verdanke!
Säße Erinnerung.
, . ..Seit ich Sie zuletzt gesehen, ha
ben Sie aber alle Haare verloren!'
.Ach ja d a m a l . . die s ch ö n e
Zeit! Da gingen mir noch Haare,
au!'