Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, June 07, 1894, Image 11

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    Tii V.itimi ii-c CoMriefibr
Vt ettnnz auseiurbjeianr.
Von Zeit zu Zeit h!,t man von jenen
schrecklichen .JtueiSbtünflen, bei denen
von den Bewohnern de brennenden Hau
fe die Ymen all verkohl' Leichen au
Um schenschult hervorgeholt werden,
die Andern durch einen Sprung au dem
?nst sich zu retten suchen und zer
schmettert auf da Pftafl stürzen;
Dienstboten au der Mansarde, welche
die Blihableitergange entlang klettern,
sallen sich zu Tode, während e nur We
vigen gelingt, waghalsig ein Vestm enk
lang lausend oder aus da Dach steigend,
sich nach dem Nebenhau in Sicherheit zu
bringen. Glücklicherweise treten diese
ffSlle sehr selten ei. Sie sind nicht da
Produkt eine einzigen Unfälle, sondern
einer Kombination vvn Unfällen; da
Feuer wird zu spät bemerk!; die Feuer
wehr, nur aus .leinseer' avisirt, langt
mit ungenügenden Geräthschaslen an.
Unterdessen hat der Brand bedrohliche
Dimensionen erreicht. Die Flammen
steigen die Treppe hinaus, ihre glühenden
Zungen lecken nach Zerstörung, greifen
da Gebälk an. E ist eine jähe gul
niß. welche im Augenblick da Werk von
Jahrhunderten vernichtet. Da grlbt
und wühlt in den Holzlheilen und schlägt
plötzlich vom Windzug genährt siegreich
in i'okjen empor. In einem Augenblick
ist alle in ein Feuermeer getaucht. Eine
fflucht der im Hause Wohnenden übeidie
Treppe hinab ist nicht mehr möglich. Sie
können nur durch Fenster den Rettung
weg auf die Straße gewinnen.
Da Lösch und RettungSmesen hat
im leyten Jahrhundert bedeutende Fort
schritte gemacht, doch sind e erst Anfänge
der Entwickelung. Manche Einrichtun
gen stehen freilich vollkommen aus der
SShe der Zeit. Besonder ragt in den
rohflädten durch feine Borzüglichkeit
da Alarmwefen hervor, da mit Hülfe
de elektrischen Feuertelegraphen rgani
sirt ist. Inmitten belebter Straßen sin
den sich Apparate, welche jeder Beliebige
zur Feueranzeige benutzen kann, wenn er
nur einfach die Glasscheibe de eisernen
Kasten einschlägt und einen Schlüssel in
Bewegung setzt. Sosort ist da nächste
Feuerwebrdevot und von hier au die
Centrale und da Polizeiamt benachnch
tigt. Ist die Feuerwehr an Ort und
Stelle erschienen und hat sie sich von dir
Große de Brande emeVo.'flellung ver,
schafft, so kann ein Mann, während die
übrigen sich sofort an die Arbeit machen,
mit Hülse eben desselben Straßenappi
rate die Centrale über die Größe de
Brande und über etwaige noch nöthige
HilsSkläste telegraphisch tnsormtren. Fer
ner verfügt die Neuzeit über fahrende
Damxfspritzen, deren Kessel angeheizt
wird, mährend die kräftigen Pferde im
rasselnden raus nach der Brandstätte hin
stürmen. Mächtige Schiebeleitern steigen
an den Stockwerken in die Höhe und er
möglichen die Handhabung der Wasser
schlauche an geeigneten Stellen außerhalb
de brennenden Hause. Mit sogenann
ten Rauchaxparaten, welche den Aufent
halt und die Athmung in raucherfüllten
Räumen gestatten, vermag die Sieig
Mannschaft in die brennenden Zimmer
einzudringen und schwächliche, kranke oder
hal'berstickle Personen, die sich nicht selbst
retten können, au den Rauchwirbeln
herauszuholen und in' Sicherheit zu
bringen.
Neben den Leitern und Rettungsseilen
dient der Rettungsschlauch, um Personen
au höher gelegenen Stockwerken durch'S
Fenster sanft auf die Straße hinab zu
besördern. Der Rettungsschlauch ist
eine der besten Mittel zu diesem Zwecke.
In diesem sackZhnlichen Schlauche können
eine größere Anzahl Menschen nach ein
ander in rascher und sicherer Weise auf
die Straße hinabgleiten, ohne Lebens
gefahr und, wa auch eine gewisse Wich
tigkeit besitzt, ohne Zeit und Gelegenheit
zu zögernder Furcht und unnützer Ver
zwetflung zu finden. So erzählt Mag!
ru in seinem Buche über da Feuerlösch
roesen, wie eine Frau durch einen solchen
Schlauch herabgelassen wurde: .Ich hob
die Frau unten au dem Schlauch und
fand sie ganz verwundert, daß sie unten
sei. Die erklärt sich durch den umstand,
daß da Herabrutschen rasch und sanft
geht und daß da Auge im Schlauch kei
nen Anhalt findet, nach dem sich die Ge
schwindigkeit der Bewegung beurtheil:
ließe.
Da Wichtigste aber bleibt die Orga
nisation und Schulnig der freiwilligen
und BerusS Feuerwehr. Sie ist ein
Produkt unserer modernen Zeit. Die
erste freiniillige Feuerwehr wurde im
' Jahre 1846 in Durlach gebildet : die
erste BerufS'Feuerwehr im Jzhre 1851
in Berlin. Beide stnd al AuSgang,
punkte einer neuen Periode zu betrachten,
Denn der vorzüglichste Apparat ist nutz
lo, wenn er nicht in richtiger Wese ge
handhabt wird. Eine gediegene Organi,
sation kann mit einfachen technischen
Hül'Smitteln ungleich mehr leisten, al
die best. klügelten Apparate.
Diesem Bilde einer modernen Feuer
wehr gegenüber steht im grellen Gegen'
sah da Bild au der guten alten Zeit
de 14. und 15. Jahrhunderts und noch
später. Damals gab e der AuSbruch
eine Brande noch nicht jene stille ge
räuschlose Art der elektrischen Mitthei,
luvg, welche nur vie Berufenen zur
Brandstätte herbeiruft. Damals wurde
durch Anschlagen einer Glocke daS auf
. gebende Feuer angekündigt und der
Thurmwächter, der fleißig ausschaute,
war verpflichtet, Sturm zu läuten und
die Einwohner de Orte von dem aus
brechenden Schrecken zu benachrichtigen
Ottomar Fiedler schildert un in fetner
.Geschichte der deutschen Feuerlösch und
RettungSanstalten eine solche Feuer
löschscene recht anschaulich. Zu dem
Sturmgeläute gesellte sich das Blasen der
Wächter, da trommeln oes Bürgermitt
tärS, das Abfeuern von Alarmschüssen
und der-Ieichen mehr. Lie hwatlnet
.. 4 . f unb gtabti
Lüraericil btkt't Thore und Stadt
mauein. Tie Ihore wurden geschlossen
und die Schufcgatter herabgelassen, sie
Bü'ger warben Dämm aus, um da
Wasser, wo e in offenen Gerinnen auf
den Streben faß, nach der Brandstelle
zu leiten. Uebeldie mußten vor die
Häuser von den Bewohnern gefüllte
Wassergesäße gestellt werden.'
Brach da euer bet Nacht au, 10
zündeten die Besitzer von Eckhäusern die
Pechxsannen an, die da gehängt
waren; Andere stellten brennende Lichter
an die Fenster, damit die Löschmannschaf
ten nicht in ihrer Eilfertigkeit aufgehal
ten würden und dabei im Finstern sich
und Änderen Schaden zufügten. An der
Brandstelle selbst suchte man nach Mög
llchkeit Ordnung herzustellen. Die Lösch
Pflichtigen bildeten eine lange Menschen
kette, die gefüllten Eimer gingen von
den aufgestellten Wassergesäßen durch
Hunderte von Händen vi an ,euer.
Lon den Dächern benachbarter Häuser
wurde dann der Inhalt de Eimer, so
weit er nicht untermeg verschüttet war,
in Feuer gegossen. Man besaß auch
Handspritzen. Unterdessen herrschte in
der Stadt Unsicherheit. Da Feuer
konnte listiger Weife von einem auSmär
tigen Feinde angelegt sein, der die Ver
wirrung der Bürger zu einem Uebersall
benutzen wolle, Dann strich auch beule,
lustiges Gesinde! drch die Straßen. E
mußten daher Sicherheitspatrouillen die
Stadt durchziehen, ihr Augenmerk aus
die Feuerdiebe richtend.
ei dem engen Bau der Städte im
Mittelalter und bei den unzulänglichen
Feuerlö chemrichtungen ist e, denn nicht
zu verwundern, daß ganze Straßenvier
tel, ja ganze sladte von den vernichten
den Flammen in Schutt und Asche nie
dergelezt wurden. Einige Städte wie
der, weiche flch durch grogen Gemetnsinn
und eine vorzügliche Obrigkeit hervor
thaten, wie z. B. das in gewissem Sinne
demokratisch verwaltete Nürnberg, zeich,
neten sich freilich durch ein wohl organi,
strleS Feuerlöschwesen auS. In jenen
Tagen, ungefähr im Anfange des IS.
JrhrbundertS, wurden auch zu Augsburg
und Nürnberg die , Wasserkünste" etnge-
führt; daS ist daS, maS wir jetzt als
,Fku:rspritzen" bezeichnen. Dann kam
im 17. Jahrhundert die holländische Er
findung der .Schlangen' hinzu. Diese
Schlangen, sür welche ihr Erfinder, von
der Hevde, in feinem Werke, daS im
Jahre 1S90 zu Amsterdam er chlenen ist,
sehr varm und mit großer Beredtsamkett
eintrat, find nicht Andere al unsere
heutigen Gpritzenschläuche
Durchblättert man einen Band Pi
tentschristen au den letzten Jahren, so
findet man unter der Anzahl von Ret
tunaSapparaten kaum einen oder zwei.
welche wirklich lebenSsähig find od
überhaupt einen neuen Gedanken dar
stellen. Da Löschen de FeuerS mit
anderen Mitteln IS mit Waffer, z. B
mit Staub, Alaun und Chemikalien, ist
nicht ganz neu. Schon die Römer hiel
ten e für oorlheilhast. Essig ine Wasser
zu mischen. Heutigen TagS hat man
eine ganze Reihe solcher Loschmtttel er
funden, welche mehr oder weniger wirk
sam stnd. Auch die Löschgranaten und
die Ertinkteure, denen wir heute so oft
begegnen, haben ihre Vorläufer gehabt.
So hat unter Anderen der Silberstecher
Zachartal Greil tn Augsburg tm Ansang
deS vorigen Jahrhunderts einen Apparat
erfunden, der eine Tonne aus Eichenholz
darrellte von etwa zwei Fuß tm Durch
misser. Sie war mit Wasser gefüllt.
In der Mitte der Tonne befand sich
ein Metallgefäß, welches Schießpulver
enthielt und einen Zünder, sobald diese
Tonne inS Feuer geworfen wurde, ent
glimmte der Zünder, brachte das Schieß
pulver zum Erplodtren und dieses, die
Tonne zerreißend, schleuderte das Wasser
mit großer rast um flch und löschte da
Feuer. Diese Erfindung erregte Au
sehen. Wir finden fle in der Reichsstadt
Augsburg angewendet. Ein sehr getst
reiches Mittel stnd ferner die Feuerlösch
dosen deS Geh. Bergraths H. G. Kühn
in Meißen auS dem Jahre 1346. Die
selben enthalten die gleichen Bestandtheile
wie chießpuloer, nämlich alpeter.
Schwefel und Kohle, nur in anderem
Ml chungsverhaltnm. Nach angestell en
Versuchen scheinen sie sich bewährt zu
haben. Wars man in einen geschlossenen
Raum, etwa eine Küche vier ein Wohn
zimmer, in welchem ein kräftiger Brand
angefacht worden war, eine solche neuer-
löschdose, so erstickie da Feuer v illstän
big. Erst nach mehreren Stunden be
gannen die glimmenden Theile wieder in
Flammen auSzuschlagen, sobald daS gen
ster geöffnet und frische Luft zur Nahrung
der Gluth hereinaelanen wurde. Die
Wirkung dieser Dose erklärt sich leicht;
durch Verbrennen des PuloerkuchenS tn'.
wickelt sich fchwefliche Säure, und e soll
feststehen, daß tn eine? nur mtl 2 mt.
diese Gase geschwängerten Lust das
Feuer verlischt.
Man kann im Großen und Ganzen
sagen, daß aus diesem Gebtete sich noch
sehr viel leisten läßt, nicht so sehr durch
die Erfindung ganz neuer Dinge als
durch weise Ausnutzung und Bervoll
kommnung jener Anregungen, welche be
reit seit Langem gegeben stnd. Haben
doch schon die VorbeugungSmaßregeln
Forlschritte gemacht, so z. B. die Ver
wenlung von geuerschutzmassen, seuer
sicheren Wänden und die Jmpräqnirung
leicht brennbarer Stoffe, wie Theater
dekorattonen, Vorhänge, Kleider u. f. w.
Die Lösung der Hauptaufgabe aber bleibt
noch dem Architekten. Beim letzten
Holelbrand in Frankfurt a. M. ist eS
vorgekommen, daß eine Frau mit großem
Wagemulh da Gesten an der Vorder
front des Hiuse entlang geklettert ist,
um flch in daS Nachbarhaus zu retten.
ES erscheint angezeigt, im Vorhinein au
solche Bedürfnisse im Augenblicke der Ge
fahr bedacht zu sein. ES exiftiren eine
Reih (bereit wieder erlöschter) Patente
auf Eisenleilerri oder Steigeisen, welch
an den Häuserfronten entlang vom ober
stea Stockwerk zur Eide laufen. Diese
Elsenleikern sind derart zusammensall
bar, daß ft leicht in eme Vertiefung der
Frontwand hineingeschoben und maSkirt
werden können. Doch scheint die Gegen
wart noch wenig Interesse sür dtrgleichen
Vorsichtsmaßregeln u besitzen. Am
schlimmsten spricht sich die Vernachlässt
gung der SicherheltSmaßrtgela tn der
Konstruktion dtr modernen Thkatkrgk
bäude au. Diese sollten, wie schon oft
betont worden ist, bei FeuerSgefahr sich
mit einem Gusse entleeren können. Ei
sollten deshalb die AuZgänge auf Galle
rien münden, welche außen um da Thea
ter laufen und von denen Treppen direkt
auf die traße fuhren. Denn bei all
diesen UnglückZsällen, bei denen die
Menge so leicht den Kops verliert, ist e
da Wichtigste, daß die Bedrohten so
rasch alS möglich frischen Athem schopsen,
sich in Gölte frei Last" wiedkrfinden.
wo die Verzweiflung eicht und der
Muth wiederkehrt.
kuisette.
;ftjte aZ dem Pariser i'cben.
Oben auf dem Montmartre, in der
Rue de Ablesse bescheint die aufgehende
FrühlinqSsonne ein Bild de Jammer
und deS Elends ; dort in einem kleinen
Zimmer fast ein Kämmerchen wo
die nackten Wände von keinem Bilde ge
ziert werden, liegt auf einem armseligen
Lager eine junge Frau. Neben ihr steht
ein elfjähriges Mädchen und ringt ver
zweiflungSvoll die Hände.
Jetzt schlägt die Kranke die Auzen
aus : .Luisette, Du mußt hungrig sein."
,O, nein, M'ma, ich kann warten!'
Ein schmerzlicher Zug malt sich auf
dem Gesicht der Kranken, dann haucht sie:
.So kann 8 nicht bleiben, armes,
gutes Kind. Versuch'S doch einmal mit
den einstigen Freunden Deine Vater,
gehe zu dem Herrn Maieur und zu dem
Herrn Pririer ; vielleicht leihen die uns
eine kleine Summe; wenn ich wieder
arbeiten kann, dann zahle ich e zurück.'
Die arme kleine Luisette war mpthig
mu leerem Magen nach den Hallen hin
unter gegangen ; aber leider Herr
Pririer war verreist, nach dem Bade
Trouoille und wurde erst im September
zurück erwartet. Dann hatte sie wieder
ihren ganzen Muth zusammen genommen
und war weiter geeilt, nach dem Ouar
ti Latin, wo Herr Majeur, der einstige
Freund ihre Vaters, seinen Juwelier
laden hat.
Auf die Frage deS KommiS, was sie
wünsche, hatte sie ein zaghaftes .Ich
wünsche Herrn Maieur zu sprechen", ge.
antwortet. Der KommiS wieg nach dem
Pulte hin ; sie tritt näher und trägt ihr
Anliegen vor.
Herr Majeur zuckt mit den Achseln,
er bedauere, da Geschäft fei still und
er könne beim besten Willen nicht für sie
thun.
Der Kleinen laufen Thränen über die
bleichen Wangen; sie ringt oerzmeif
lungsooll die Hände und stöhnt :
.Großer Gott, wa soll nur au mei
ner armen, kranken Mutter werden ; wir
haben keinen ou mehr tm Hause I'
Herr Majeur zieht einige Sousstücke
au der Tasche, reicht fle dem Kinde mit
den Worten hm :
.Kauf Dir Trot dafür, und dann
finge, Luisette, singe; Du wolltest ja
immer Sängerin werden, beginne jetzt
Deine Carriere, singe I"
Sie steht wieder draußen, aus dem
Boulevard atnt Germain.
.Singe,' hallt S in ihren Ohren
wieder.
Wie im Traume, wie unter der Macht
einer Betäubung betritt sie eines der
großen Sandfleingebäude, tritt zur Haus
Meisterin, die gerade den Hos reinigt,
und sagt:
.Meine Mutter ist krank, kein Geld
im Haus, gestatten Sie, daß ich im Hose
finge,"
.Ja. mein Kind!'
Mit klopfendem Herzen betritt sie den
Hos. Ansang klingt ihre Stimme
bebend, bald verfchnindet jede Scheu:
sie ist ganz bei ihrem Gesänge, diesem
Zauberer, der so oft ihre kindlichen
schmerzen eingelullt und auch jetzt wie
der thren Kummer zu betäuben cheint.
Eine solche Stimme hört m,n selten
in den Pariser Höfen. Bald blicken die
Einwohner au den Fenstern hinaus,
lachttn der Kleinen dort unten zu und
was ihr mehr werth ist werfen ihr
Kupfer und llbermunzen herunter.
Strahlend vor Glück heimst fle die Gaben
ein; sie zählt ihr Geld, kaum vermag sie
es zu glauben, sie hu zwei Franken und
sechs sous erhalten; für sie em Ver
mögen.
Sie betritt andere Häuser.
In einigen wurde sie von der Hau
Meisterin unwirsch sortgewiesen, andere
gestatten ihr das singen.
In einem Hause der Rue de l'llnioer
site wurde ihr Gesang einen Augenblick
durch das laute Beifallklatschen eines
Boroetgehenben, verstehen geblieben war,
um zu tau chen, übertönt.
Während sie die Münzen sammelt.
tritt dieser Herr zu ihr heran mit der
rage:
.Wie heißt Du, mein Kind?'
.Luisette.'
.Und Deine Eltern?'
.Ich habe nur noch meine Mutter und
die ist krank; dabei kein Geld tm Hause;
deshalb singe ich heute übrigen das
er sie ucai.
.Du brauchst deshalb nicht zu er
rothen, liebes Kmd. Dein Platz ist aber
nicht im Hofe, sondern im Kon,erte, aus
der Bühne! Ich bin der Direktor ine
vorstädllschen Eafe-Konzerte; Du singst
jeden Abend einige Lieder; ich lasse Dich
ausbilden und sorge vollständig sür Dich
und Teine Mutter. Paßt Dir dZ?'
Luisetle steht sprachlos vor Glück und
Freud!
Noch am leiben Abend debütirt Lui
sette dort, gerade so wie am Morgen im
hellen ärmlichen Kleide, mit demselben
Lied!
Der Direktor fand e originell, sie al
Strabenkänüeiin auftreten 1U lassen.
Und al der letzte Per verklungen und
die liebHA Kinderstimme lchwiei. er
scholl ein nicht endenwollender Applau.
Ihr Mattn ist genesen. Luisette ist
srch und glücklich; sie ist jetzt da Wun
derkmd, da jeden Abend, auch an den
Wochentagen den Konzertsaal diS
zum letzten Platz süllt.
Singe, Luisette, finge!"
Ocklsame Menschen.
Einer der wunderlichsten Sonderlinge
und zugleich einer der besten und geift
vollsten Menschen war ein Fürst Lobko
witz, der in der ersten Hälfte unsere
Jahrhundert in Wien lebte. Aus seine
eigenthümlichen LebcnSgewohnheiten
daß er nur de Nacht ausging, keine
Briefe las, feinen Palast beständig um
bauen ließ, nur mit sehr wenig Men
schen und auch mit diesen nur sehr selten
verkehrte u. dgl. m. wollen wir hier
nicht näh eingehen. Aber seine Art,
Wohlthätigkeit zu üben, verdient wohl,
der Vergessenheit entrissen zu werden.
Bittsteller ließ er nicht vor, Gesuche be
achtete er nicht, Empfehlungen berück,
flchtigte nie. Und doch that er unend
lich viel GuteS. Er hatte in seinem
Wohnzimmer einen großen Spiegel an
bringen lassen, der so gegen da Fenster
gestellt war, daß er, im Lehnstuhl sitzend,
daS Treiben auf der Straße beobachten
konnte, ohne selbst gesehen zu werden.
So ftudirt die Menschen, die über den
Platz vor seinem Palaste kamen, und
glaubte er irgendwo wirkliches Elend,
geheimes Leid zu entdecken, dann wurde
der Betrefsende oerfolqt, feine Verhalt
nisse wurden ausgeforscht und gar ost
kam so in daS Heim einer unglücklichen
Familie unverhofft die Hilfe wie ein Ge
schenk des Himmels.
Ein Sonderling ganz anderer Art war
ein Herr von KireSoalfy, der vor Jahren
in Ungarn gestorben ist. Sein Leben
war in der Hauptsache nicht der Wohl
thättqkeit gewidmet, sondern dem tu
dium der edlen Weine, an denen sein
Vaterland so reich ist. Nun gibt es ja
auch ganz vernünftige Leute, die solche
Studien mit einer gewissen Beharrlich
seit und Regelmäßigkeit betreiben, aber
Herr von KtreSoalsv wollte Tokayer unb
Rüster, Menescher und El lauer ruch im
Tode nicht missen und tn seinem Te'ta
mente stellte er den Erben die Bedingung,
daß an gewissen Tagen de Jahres steig
eine gewisse Anzahl Flaschen versqtele
ner Weingattungen auf sein Grab gegos
sen erden müßten.
AIS dritten im Bunde führen wir end
lich einen Pariser Monsieur Josse an,
dessen Freiheitsbedürfniß so groß war,
daß er sich ein HauS auf Rädern baute
und dasselbe bald da, bald dorthin suh
ren ließ, je nachdem S ihm eben gefiel
Aber er hatte auch noch andere Sonder
backetten. Die bemerkenSwcrtheite bar-
unter war feine Leidenschaft, von anderen
alS unnütz Weggeworfenes zu sammeln,
ohne daß er eS etwa nöthig gehabt hätte,
denn er war gut situirt. So ließ er sich
auch das ermähnte HauS auf Rädern fast
ganz aus Dingen bauen, die er aus der
Straße aufgelesen hatte, aus Blech
büchsen, Holzabsällen, Kiftendeckeln,
Filzhüten u. f. w. Die Wände waren
zum größten Theil auS alten Hüten ju
fammengenäht.
Versicherung gegen ßhekosigkeit.
Die jetzige außerordentliche Rührigkeit
unter den Versicherungsgesellschaften ist
ein bemerkenswertes Zeichen der Zeit.
Nach jeder Richtung hin regt sich die Un
tkrnehmungSluft und der Trieb geschäft
lich Ausnutzung. Jedes nur denkbare
um nicht zu sagen: dachte Risiko
kann durch Zahlung einer jährlichen Prä
mie abgewendet werden. Zwillings,
gcburten und TyphuS, Diebgahl und
körperliche Unfälle, Krankheit und
Selbstmord all und jedes ist zum Ob
jekt verschiedener Versicherunzen gewor
den. Jetzt ist nun von einem findigen
Kopfe der Vorschlag ausgegangen, auch
eine Versicherungsgesellschaft gegen
alte Jungfernschaft zu gründen. Hier
nach soll jede? Mädchen, die aus beliebt
gen Ursachen bis zum 40. Lebensjahre
unvermählt bleibt, sich durch Entrichtung
einer JahreSprämie die Auszahlung in
gewissen Summe sichern können, deren
Höhe sich nach dem Betrage der selbst
bestimmten Prämie richten würde. Tritt
sie nach dem 40. Lebensjahre noch vor
den Altar, so hat sie diese Summe zum
Besten der versicherten Mitschwestern zu
rückzuzahlen. Ueber das Bedürfniß für
eine solche Gesellschaft dürfte wohl nur
eine Ansicht herrschen. Schon der Um
fland, daß eS in Deutschland z. B. 5
pCt. mehr Frauen al Männer giebt und
von den letzteren so und so viele aus ver
schiedenen Gründen auch nicht hkirathen,
läßt eS als wünschenswerlh erscheinen,
den nothwendiger Weise unvermählt blei
bendcn Fraukn inigermaßen ihre Unab
HSngigkeit zu sichern. Junge, schön
Mädchen von 1725 Jahren dürften
freilich nicht leicht al Kundinntn für
diese wohlthätige Gesellschaft anzuwer
ben sein; immerhin ist der Vorschlag,
eine Versicherung gegen Ehelosigkeit in'S
Leben zu rufen, nicht leichthin zu ver
lachen und zu verwerfen, zumal da sich
eine wenigsten ähnliche Einrichtung in
Tänemark schon seit länger Zeit recht
gut bewährt hat.
?5akSman'5 ?!cttung.
.Ach ja', meinte Försttr Trubrger,
,mlt den Hunden lebt man allerhand!
Zum Beispiel mein Waldmann dort, der
jetzt so harmlo beim Ösen liegt, al
könnte er nicht bi fünf zählen, hat mir
einmal ein schöne Stückerl' geliesert.
t'euren le irq, er, maqreno um
abwesend sind, einen großen Krug voll
Petroleum au, der durch in Versehen
unverschlossen geblieben war. Ich ent
deck natürlich die Sache beim Heimkam
men sofort. Der Hund verbreitete inen
penetrant Oelgeruch, und sein jämmer
llche gedunsenes Aussehen klärte un
rasch vollends aus. Schon griff ich nach
dem Gewehr an der Wand, um ihn nie
deriiisckieken. ebe er langsam elend tu
Grunde ging da plötzlich sprang da
t)t m lern letzie nrarr win,einv
aus den Tisch und schaute sehnsüchtig
nach der Lampe hinaus.
,Hal,o)I" rief ich wl in Btltz war
1 mir durck den Kons aekabren .rasch
inkn langen Docht her vielleicht ist
dem armen Kerl noch zu helfen!' Im Nu
war der Docht zur Hand. .Such'.
Waldmann such schön fressen!' rief ich;
unb lenken St sich, ver Huno qaui
mick dankbar an und schlingt behutsam
um kein Loch hineinzubeißen, den langen
Docht hinunter, o vag nur noq oa
ffnhc au feiner Scknauie vorstand, ftä
zünde dasselbe vorsichtig an, die Flamm
brtnnl, uno 'alvmann immer was
drauf blasend, damit sie ihm nicht die
Schnauz versengte sitzt geduldig den
ganzen Abend al unfreiwillige Familien
lamrie mitten aus dem Tisch und bleibt
die ganze Nacht dort, bi er endlich am
nächsten uiiorgen ausgeorannr war. jt
Flamme losch, ich nahm mit leichter
Mühe den Docht heraus und das ge
fcheidle Thier war gerettet. Gelt,
Waivi"
5ch?i'!)r und cenoriil.
Gegen das Jahr 1860 lebte in EberS
berg bei München ein junges Schul
meisterlein, eigentlich nur ein Schul
anwesn, schlecht und recht von seinem
kärglichen Verdienste. Nach allen Set
ten späht aus, seine kümmerliche Lage
tu verbessern. Da schien ihm ein Glück S
ftern zu lächeln. In der Hauptstadt
wurde eine Lehrerstelle frei mit einem
ährlichen Gehalte von 260 Gulden
Alle Minen ließ der zwanzig Jahre zäh
lende Schulanwes springen, Alles v
suchte er, um in den Besitz dies für ihn
an ehnlichen Stellung zu gelangen.
Doch der Herr KreiSschulrath wieg
ihn ab! Verzweifelt gab der junge Mann
feine Lehrerlaufbahn auf, warf Kreide
und Hafelftock in die Ecke und ging
zum Theater. Hatte er doch eine Tenor
stimme, deren Schönheit oft schon Be
wunderung erregt! Er wollte Chorist
werden, ab der Generalmusikdirektor
Franz Lachn engagirte ihn, sowie er
sein prachtvolles vrgan geprust, als
Solisten und ertheilte ihm höchstselbst
muilkall chen Unterricht. Nicht lange.
und die München jubelten dem Er
Schulmeister zu, als er in Weber'S
.Freischütz' am 5. November 1865 als
Mar zum ersten Male auftrat. Und
fettdem hat Heinrich Vogl als Hofopern,
fänger, namentlich in Wagner'ichen
Opern, unbegrenzten Beifall geerntet
und ist weit über Europa hinaus berühmt
geworden. Aber eine Schulmeisterstoch.
ter hat der ErSchulmelft doch gehet
rathet. Jedoch singt sie auch, sie ist auch
HofoperrisZngerml
stin e-kzenlrisch ßyarakler.
Kürzlich wurde ein alter Zahnkünstler
beerdigt, der 50 Jahre nur damit ausge
füllt hatte, seinen Mitmenschen die Zähne
auSzureißen, da er, um ihnen zu helfen,
ein anderes Mittel, al dieses radikale
Verfahren nicht kannte. In seinem
Testamente aber verlangte er, daß alle
von seiner Hand je ausgezogenen Zähne
auch mit ihm verscharrt werden sollten.
Dies sonderbare Wunsch wurde von den
Testamentsvollstreckern auch süllt, die
ihm 30,000 Zähne mit in den Sarg leg
ten, welche der Verstorbene tm Laufe von
50 Jahren seinen Klienten ausgezogen
hatte. Dreißigtausend Zähne! Man
überlege nur! Da liegen über 800 voll
ständige Menschengebisse mit unter dem
Hügel des Sonderlings!
Zu schlecht.
Ein junger Ehemann gibt, um mit
seiner grau allein m Couxee bleiben zu
können, dem Schaffner einige Cigarren.
Bei der nächsten Station aber öffnet die,
s, etwas blaß ansehend, die Thüre ur d
sagt : .Ich hab' zwei Stück geraucht
Sie müssen wieder 'rauöl'
Angepaßt.
Herr: .Heißt Euer Lehrer nicht Stieg,
litz?'
Schüler: .Ja, wir haben ihn ab
Wachtel getauft, weil er immer
schlägt!'
In der Badeanstalt.
Badediener: .WünschenSie ein Voll
od ein W an nen bad?'
Herr: .Geben Se mir' gemischt:
E' Wanne, ab ganz voll!'
keichte Abhilfe.
Sie (ach vorausgegangenem Strkit
schmollend): .DaS ist nicht schön von
Dir. War, daß Du so einsilbig
bist!'
Er ärgerlich) : .So nenne ich hclt
Maximilian!'
Aus der nslrukiinjslunl'c.
Sergeant: .Wenn der Herr Hau?t
mann die Freundlichkeit hat und sich
herabläßt, (inen Witz zu machen, fo
müßt Ihr solche Bewtise väterlichen
Wohlwollen u schätzen wissen. Ihr
dürst nicht die Mäuler bi zu den Ohren
aufreißen, daß man Eure KrokodilSzähne
steht, nicht an den Bauch greifen, al
wolltet Ihr die Gedärme halten, Ihr
müßt mit einem Worte militärisch
lachen!'
lVt sich die lvelt in feinem Kctft malte.
Ein Gutsbesitzer, der seine Stallunqen
durchwanderte, sah da Kind seine Kut
scher aus der Erde fitzen und mit andern
Kindern spielen. .Weigt Du, wer ich
bin, mein Kerlchen?" fragte er den Kl
nen, der sich nicht um ihn zu kümmern
schien.
,O ia Du bist der Mann, dir immer
in Papa Kutsche söhrt.
Gut gedient.
Ehemann: .Warum heiralhen S e
eigentlich nicht, Fräulein Müller? Sie
müsst sich dranhaltkn, ein Bissel ein
späte Mädchen stnd Sie ja schon!'
Fräulein Müller : .Wenn ich so an
spruchslos wäre, wie Ihre liebe Frau,
dann wäre ich längst verheirathet.'
falsch versiinde.
Julie: .Wie man zählt, mein Lie
b, bewegst Du Dich in sehr übler Ge
sellschaft.'
Moritz (wild) : ,W erlaubt sich, so
wa zu sagen? Nenne ihn mir, und ich
schieße ihn über den Haufen! Mir kön
nen sie anhängen, soviel sie wollen, das
ist mir ganz egal. Wenn sie ab an
fangen, mich mit Dir aufzuziehen, dann
sollen sie sehen, mit wem ste'S zu thun
haben!'
Trkannt.
... .Ich versichert Sie, Herr May,
ich kann ohne Ihre Tochter
nicht leben!'
.O, Sik SberschStztn mich!'
Der guie Frübling.
Dichterling: .Ach, wie oft habe ich
schon den Frühling besungen!'
Freund: .Und kommt doch alle
Jahre wieder!'
Darianie,
A: .Warum wird denn diese Sän
gerin so sehr begünstigt? Ihr Gesang ist
doch recht mittelmäßig!'
B: .Ja, wissen Sie, fle ist hatt sehr
schön und da drückt man gerne ein
Ohr zu!'
Schlechte Zeiten.
.Wie geht das Geschäft, Hr Bau
mkistn?'
.Miserabel I Und noch dazu muß man
jetzt bessere Material vwen
dn, weil man die Häuser oft ein paar
Jahre lang nicht anbringt l'
Immer nobel.
Gouvernante : .Erschrecken Sie nicht,
gnädiger Herr, der Emil hat soeben ein
20-Markstück verschluckt!'
Commerzienrath : .Wie haißt, er
schrecken?! Geben Se meinem Sohn
noch e' 20.Markflück!'
Bescheiden.
A : .Denken Sie sich nur, was für
enormkS Pech ich habe ! Fehlt mir nur
ine Nummer auf den Haupttreffer!'
B : .Was. Sie Glückspilz, das hei
ßen Sie Pech? ! Ein Anderer wär' froh,
wenn er so nahe hinkäm'!'
Je nachdem.
.Wie larpe wüßte mein Bub bei
Ihnen lernen?'
.Die Lehrzeit richtet sich ganz nach
dem Lehrgelb, welches Sie für ihn be
zahlen wollen! Zahlen Sie 100 Mark,
so braucht er blos ein Jahr zu lernen,
geben Sie mir ab 200 Mark, dann
können Sik ihn gleich wieder mit
nehmen l
Gemüthlich,
Schaffn (einer Sekundärbahn):
.Bebau, mein Herr, Alles besetzt?
Wenn Sie aber mitlaufen wollen in
der nächsten Station steigt Jemand aus I'
Genau.
A: .Warum haben Sie denn gerade
diesen Herrn Bummerl in Ihr Geschäft
genommen? Sie hätten doch leicht einen
fleißigeren Arbeiter bekomtren können !'
B : .Das wohl, ab der Krl hat
mir sein Offert unfrankirt
gesandt, und so habe ich ihn enga
girt, um ihm lai Strafporto von
seinem Gehalt abziehe zu
können !'
Ltirlich.
D Michel wurde beim Raufen schreck
lich zugerichtet. Als man ihn nach Hause
getragen, kommt der Arzt. .Nun',
meint dieser, .jetzt werdet Ihr wohl nicht
mehr raufen?'
.Na, HerrDoctor', antwortet Michel,
.erst mann i' wieder g'sund
bin!'
Aufrichtig.
Gutsbesitzer: .Du, Ferko. schämst
Du Dich denn gor nicht ain biss'l, do
gonze Johr gor nir zu orbaiten?'
Ferko: .Lieb Herr, bevor ich wos
orbait', schäm' ich mich doch lieber ain
bisserl.'
7tolz.
Oekonom (zum Besuch, vor dem
Schweinestall) : .Sehen Sie, das ist ein
junges, kolossales Thier, daS fetteste un
t allen in der Gegend. . . ach, was sage
ich S ist der weiße Rabe unl
den Schweinen!'