Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, January 04, 1894, Image 9

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    V
' Drei Einsame.
tn ViltzchkN oul E,'.,kftmiacht. ?,
Ri HaNmann.
H (marirtm Zimmer unb Rede
räume in dem berühmte Wkinreftcmrant
wartn heult am cpioennooeno
rüStt, ohtr kltiner Gesellschaft
besetzt. Ja dem große Hauxtsaloa war
m t m m r i L O V fS 1 -
nytUninmagig ,eer und nw. u
nmks,nkkn KIK sabea offenbar bl
, nur ihren Abend ab, eil sie sooft nicht
zu beginne wutzien. TchltkViiq orui
sich einer nach dem ander, wohl um m
et fttffm usiusucken.
An drei einzelnen Tische saß je ein
einzeln Gafl, mu in na, getaner
Miene, vor eine Flasche Wein. Der
Ein war ei Mann mit grauen Haaren
. w . cm m l
aver BOOinomn, veuen ugcs, cc
ine Flasche Rheinwein trank.
Der Zweit war ein sogenannter ,ftar
.., ker Dreißiger etwa philiftrö aus
f btnh. ffr trank Bortwein.
Der Dritt war in Jüngling mit
ernstem, ftnnenvem Vltcr, vianem ts
ficht, schwer Gedanken aus der mohlge
tonnten ltrne. Vanz auein iproco,
dem Otselliaea Irans, dem Sekt tu.
er
Leerer würd da Zimmer, ttllber
brannten dieFlammen, immer näher rückte
brr Srinrr hi Smüls immer lkbbasler
wurde Gesang und Gespräch au den mit
sroherGeselligrettersülllenNevenraumen.
Da stand der ältere Mann, der mit
dem grauen Haar aus, trat zwischen o
iitifl nnhrn TtsAf und faote laut:
.Wollen wir UN nicht zusammen thun
und den Anbruch de neuen Jahre ge.
meinsam seiern? Ich glaube, e ist nicht
ithmrr nii für itrfrnbt. denn, man
I 7 -y I - w '
denkt doch mehr oder weniger dasselbe in
cu mnve. Kommen e nur. jung
Herr, mit Ihrem Sekt. Wir wollen noch
sin Klakck daiu bestellen.'
Der junge Mann zögerte nämlich zu
kommen, während, der Andere mit dem
Portwein ganz bereitwillig ausgestanden
Nun saßen sie Alle beisammen, beim
Sekt.
.Wir müssen un verständigen, wen
wir leben lassen sollen hatte der ältere
Herr gesagt. .Seien wir ausrichtig gegen
einander, erzählen wir einander, ob
wir in diesem Jhre rlebt haben, so da
Wesentlichste. Daran wellen wir dann
unsere Hoffnungen für da neu Jahr
knüpfen I
Diesmal stimmte der junge Mann mit
nrr m 1 . on r a. 1 t 1. 1 r . I
Wanne 0(1. ) 'oriqrag iqren innern
romantischen Sinn zu gesallen. DerPhilt
fträse dagegen war ein wenig überrascht,
doch fiiate er Nch.
.Wir wollen fuhr der Grauhaarige
soit, .um un ungenirt auSzusprechen,
einander nur unsere Vornamen nennen.
Ich heiße Konrad, meine Hmen
.Ich heiße Wilhelm sagte derPhili
ftrSfe. Ich heiße Bruno fügte der J2ng
ting hinzu.
.Und nun rief Konrad, der mit dem
offenbar früh ergrauten Haar, und nun
ollen wir auf bin Kern der Sache lo
gehen. Jeder von unS hat wohl inen
besonderen Grund an diesem Abend so
allein und trübsinnig dazusitzen, nicht i'
Die beiden Anderen stimmten zu.
.Nun in meinem Falle fuhr Kon-
tob fort, .handelt S stch um in Weib
trotz meiner grauen Haare. Aber mein
Herz ist noch jung und ich bin auch noch
) nicht so alt, al ich aussehe!'
Man mußte S ihm glauben, ösetn
Gesichtsfarbe war frisch, seine Augen
leuchteten jugendlich.
.Auch in meinem Falle handelt S stch
. um aufrichtig zu sein um ein Weib
gestand Wilhelm. .Und ich wählt jetzt
ine schweren Wem, um nucn zu oeiau
ben. um meinen Gram zu vergessen.
.Natürlich ist da auch mein Fall
lies Bruno.
.Nun so sprechen Sie zuerst, Bruno,
saate Lonrad.
Wieder zögert der junge Mann eine
Weile. Dann 1;g er mit eidenzqast
bervor:
' .Sie liebt mich nicht 1'
.Sind Si dessen ganz sich? frug
Konrad.
,OH ganz sicher knirschte Bruno.
.Liebt si, inen Anderen?'
.Da will ich nicht behaupten
meinte der junge Mann, .aber sie liebt
mich nicht so, wi ich geliebt sein möcht!
Sie hat die Probe nicht bestanden,
eine Probe, die nicht ich, die ihr das
Schicksal auferlegte
, Vielleicht war die Prüfung zu schwer
meinte Konrad.
.Entscheiden Sie selbst rief der
junge Mann immer lebhafter. .Ich bin
Kandidat für da höhere Lehramt, habe
gute Aussicht, aber ich weiß noch nicht,
wann ich angestellt werde. Meine Jugend
war eine entbehrungsreiche unter fchwe
ren Kämpfen habe ich meine Studien
vollendet. Mein einzige Trösterin war
die Poesie di Schöpfungen unserer
großen Dicht verschönten meine einsamen
Stunden. Ich vertraute meine heim
lichen Schmerzen der Muse. Dann wurde
.Si meine Mase, meine reizende Helene.
Ich liebte ste glühend, mit jedem Tropfen
meines Blute?, mit jedem Gedanken mei
n Seele wie nur ein heißes Herz wie
da meine lieben kann. Si erwiderte
meine Liebe wir hatten Stunden un
auSsprechlichsr Seligkeit unsere Seelen
tauchten ineinander, wurden eins. Sie
gelobte, an meiner Sei!e auszuharren,
bis wir dahin kämen, uS ein eigenes
Heim zu gründen. Si schien an m'ch
und an meine Zukunft zu glauben
.Wie lang mußte sie glauben und
Ijoflen? frug Konrad.
.Fünf Jahre gab der j trige Mann
in venig kleinlaut zu. .Aber ich habe
AlleS gethan, um ste meiner LUbe zu
versichern, um st zu erheben! Nun hat
.:en wir ein bestimm! Hoffnung ich
Der äonntagSPst.
Jahrgang 14.
sollt zu Neujahr in Anstellung rhal
ten aber meine Hoffnungen trogen mich
wieder. Nun wurde Helene unwillig
gestern machte sie mir den Vorwurf, ich
sei Schuld an dem Mißerfolge, sei nicht
energisch, nicht thatkräftig genug, sei ein
müßiger Träumer! Das war mehr, al
ich ertragen konnte. Bin ich vielleicht kein
sehr praktischer Mensch, so big ich mir
anderrsit meine Werthe bewußt:
ich weiß, daß ich tn meinem Denke
und Empfinden über die Alltäglichkeit
hinausrage wenn Helene mich liebte,
wie ich e von ihr erwarten darf, so
müsse sie mich besser verstehen, besser!
schätzen wissen. Genug, wir haben un
schwer ntzwkit. Aber ich bin in' tiefste
Herz getroffen. Seit ich da Herz mei
ner Braut mir abgewendet weiß, kommt
mir die Welt verödet und ausgestorben
vor. und la qame mich tat, da zu
gestehen
.Auch ich habe mich mit meiner Frau
entzweit sagte derjenige, der stch Wil
Helm genannt hatte. .ES klingt nicht
so romantisch wie die Geschichte deS jun
gen Herrn. Aber nahe gegangen ist mir
die Sache auch, sehr nahe. Hören Sie!
Zehn Jahre lang hab ich mit meiner
grau in glücklicher Ehe gelebt. ES geht
bei un wie nach dem Uhrwerk und da
ist mir recht. Mit dem Glockenschlage
ist die Suppe auf dem Tische. Martha
kommt immer mit dem Wirthschastegelde
au. Meine Pantoffel sind immer parat,
wenn ich nach Hause komme. Wenn An
dere über abgerissen Knöpf rc. klag,
so lächele ich. Ich kenne da nicht. Ge.
nug, meine Martha ist eine gute HauS
frau. Natürlich hat sie ihr Eigenheiten.
Aber Ich habe sie respeklirt. natürlich.
Nie bin ich mit schmutzigen Stiefeln her
eingekommen, ich hab st im Korridor
ausgezogen. Denn Martha hält etwa
aus den gebahnten Boden, auf den neuen
Tevvicb. Nie babe ich in der auten
Stube geraucht, wegen der Gardinen.
Nun, da find Kleinigkeiten. Aber ich
bin auch Abends niemals weggegangen.
Ich glaube, S ist heute Abend zum ersten
Male
Er sagte S mit bebender Stimme.
.Gerade beut in der ReujahrLnacht
meinte Konrad theilnehmend. .Wie
konnte das geschehen'
.ES war wegen der weißen Maule
sagte Wilhelm in wenig kleinlaut.
.Wegen der weißen warnt r mtottt
holten di Beide verwundert. Sie
glaubten, der Redner habe in Glas
Pottwein zu viel getrunken. '
.Ja, wegen der weißen Möus
bestätigte dieser, .ich hab st tn einer
Scherz Verloosung gewonnen, di zu
wohlthätigem Zweck stattfand. Zwei
niedliche weiße Mäuschen. Jch lief schnell
nach Hause, einerseits weil ich nicht zu
spät kommen wellte, andererseits, eil
ich dachte, es ist 'n bißchen jfirr zu still
und leer bei uns im Hause. Die MSuS
chcn werden Leben in die Bude bringen.
Aber Martha freute sich nicht recht. Sie
meinte, Thier mache immer Umstände
und für die BüraudienerPensioodkasse
konnte ste stch nicht begeistern, man wisse
bei solchen Veranstaltungen nie, wohin
das Geld eigentlich komme. Ich aber
freute mich an den niedlichen, wekßen
Mäuschen. Am anderen Morgen sagte
Martha: .Weißt Du, Mann, ich habe
Kopfweh, die Mäuf haben inen üblen
Geruch
Kind, da, bildest D Dir ein,"
sagte ich. . .
.jch glaube, oag ie rteqen tagte
Konrad.
.Ich weiß darüber nicht Bescheid
meint Bruno.
.Ich auch nicht, ich habe Stockschnu,
psen fuhr Wilhelm fort, aber ich
räumte die Möglichkeit ein und behaup,
tet nur, Manha würde stch an den
Geruch gewöhnen. Ma gewöhnt sich
doch an Alles, besonders an Gerüche.'
.Das ist wahr destStigte Konrad.
.Sie aber wollte sich durchaus nicht
daran gewöhne. DaS Geklöhne hört
nicht auf. Die Schneiderin und der
Briefträger hatten dto üblen Geruch
auch gleich bemerkt. Das Essen konnte
einem dadet nicht tchmecren. . und lo
ging eS fort. Erst widersprach ich liebe,
voll, dann wurde ich böse. Aber nach
geben wollte ich nicht, ich war doch Herr
im Hause. Die Mäus sollten bleiben.
Run hatten wir immer zu sonn,
Fest und Geburtstagen einen ledigen
Bureaukollegen von mir zu Gaste; schon
am Weihnachtsabend war eS ungemü!h
lich, denn mein Frau hatt sich ringe
bildet, ich würde, um ihr eine Freude zu
machen, die Mäuse weggeben, und das
that ich natürlich nicht. Für heute halt
ich meinen Koueaen geladen. Da sagte
meine Frau ad, sie wollte, sie mußte zu
hrr kranken Tante. Ich wußte, warum
iich'S handelt; die Mäuse sollten fort.
Run, die Mäuse sind noch da, aver allem
zu Hause. Meine Frau ging zur Tante,
dem Kollegen wurde abgesagt, und ich
bin zum rsien Male m der Kneipe, und
noch dazu auf Silvester l Wilhelm
chwieg und lieg betrübt den ops düngen.
Nun, bevor ich mir erlaube, Zynen
einen Rath zu geben sprach Konrad sehr
ernst, .will ich ganz kurz von meinem
chitkjal sprechen. Ich halt eine schön
Beilage zum Nebraska Staatö-Anzeiger.
liebenswürdige Frau, welche zwanzig
Jahre jünger war al ich. Ich aber
liebte ste und liebt si wie in Jüngling.
Si rralhen, ich wurde eifersüchtig
auf einen Nachbar, welcher meiner Frau
kleine Aufmerksamkeiten erwies. Ich
bin sonst ein vernünftiger Mensch, aber
di Vernunft ließ mich diesmal im Stich.
Die alte Geschichte von dem Schnupftuch,
diesmal war e in kleines, besonder
hübsche Visttenkattenportefeuille, daß ich
meiner Frau geschenkt hatte. Sie hatte
e angeblich verloren und ich glaubte
bei unserem blondgelockten Nachbar zu
sehe. Ich würd ganz toll, trennte mich
von meiner Frau, klagt auf Scheidung.
Sie war sehr gekränkt, betheuerte ihre
Unschuld; ich aber hatte mir' inmal so
zurecht gelegt, daß ein Mann mit grauen
Haaren von einer jungen Frau gefoppt
werden müsse. Und da Ende? E ist
ein sehr traurige, meine Herren. Es war
im vorigen Jahre, um die WeihnachtS
zeit, da sah ich in einem Schaufenster
eine ganze Sammlung derselben Visiten
kartentchchen, wie ich eines meiner Frau
geschenkt hatt. DaS macht mich schon
stutzig; am S. Januar sollt der letzte
Termin in meinem Scheidungsprozesse
stattfinden. Nach langem, schweren
Kampfe entschloß ich mich, zu meiner
Frau zu gehen, sie wohnte bei ihrer
Mutter.
ES war ein schwerer Gang, ich wollte
mir aber doch Klarheit erschaffen! Es
war auch noch eine ältere, ledige Schur
st meiner Frau da, ein grundehrliches
Geschöpf, die würde mir die Wahrheit
sagen.
So kam ich denn hin, der kalte Schmeiß
stand mir auf der Stirne. Ich fand das
Neft leer. Meine Frau war fort, nach
Bremerhafen abgereist, um stch nach
Amerika einzuschiffen. Sie wollt stch
dort erheirathen mit einem Vetter, der
einst um ste geworden
.ES blieb ihr nichts anderes übrig,
Sie haben sie ja mit Gewalt weggejagt!'
so sagte man mir.
.Meine Schwiegermutter und meine
Schwägerin erklärten mir den Sachvcr
halt. Meine Frau hatte das Täschchen
bei ihnen verloren; ein unredliche Dienst
mädchen hatte gefunden und behalten.
Heut Morgen, am 81., war sie abgezo
ge und man hatte da Täschchen in ihrem
Koffer gefunden. Ich erhielt e zurück
das war in trauriger Svlvefterabend.
Di beide Damen behielten mich bei
sich, obgleich sie Recht gehabt hätten,
mich hinauszuwerfen.
Darum, meine Herren, sitze ich auch
heute so allein und traurig hier. Ich
habe mein Glück verspielt und verscherzt.
Meine Scheidung wurde vollzogen und
meine Lydia hat sich in New Aork ocr
fWnifi Cfcrft fith sin (ffvnrfirt tfth
yviiMtyvt 9 yvtv v i it tivvvt9 v
als das Ihr als di weißen Mä
4. L. n tt r m n t '
un oen unveriianoenen Vchsngklfl
Ein Paus trat ein.
.Eigentlich ist Helenen'Sklngeduld
rieoei- lagre vcr unglmg Axuno klein
laut.
.Na, ich werde die wM, Mäuse in's
-ylera,vr ,qicreni' tjc Wilhelm ent
0)io:n.
.Ihre Braut, j Frau sprach
onrad bewegt, .sitid noch in Ihrem
Bereiche, Sie brcnKhm nur di Hände
B.-.ri . . W . . r if ' . . .
auszunrecceni a flrtfe in'S Leere.
mktn üvdia ist rfir unwiederbringlich
verloren.
.tote erde n0ch i anderes Glück
finden!' rief Brrlo. .Sie sind inner,
lich jung und duch Erfahrung gereift.
DaS Trauerjahr vorüber. Das neue
Jahr soll uns alle das häusliche Glück
bringen. Unser Krauen sollen leben !'
Di Gläser klang, zusammen und
wie zu festem Gebniß schüttelten die
Drei sich die Hände
Lünfunözwanz
gtausend Mark.
-ÜLl
t 'W Marli
Hmoreske viU Marlin Wehrend.
Ich saß harmlos w, nichts ahnend im
Zimmer. Soeben kr ich vom Bureau
nach Hause gekommen sund Mtt meiner
C -st 4i?lfi. I . CL. . - .
c,cn vs v?usstanosgeld für
den folgenden Monat gegkben, und stopfte
nun, in dem angenehm Bewußtsein,
daß daS Leben doch ischSn sei. meine
Mecrschaumpfeise, die jtzt bereits
volle zehn Monate hattet nd die ich mit
garnicht zu vernichtender Kunstfertigkeit
schön gleichmäßig braun Wirnch! hatte.
Ein wohlige Gefühl uv.gr über mich
gekommen, daS Gejühl derufriebenheit,
denn meine Stellung, die ich, un bereits
feit beinahe zwei Jahren miL hatte, er
nährte mich sehr anständig. i$kfW Um.
stand wußt ich sehr wohl zu würdigen,
da ich schwere Kämpfe durchzenXacht hatte,
ehe es mir vergönnt war, in a en Hafen
der Ruhe einzulaufen. 1
Das Abendbrot, wenn such e,
nfach so
doch nahrhaft und reichlich, wa
ausge,
gerade
tragen, rnttn G altin schenkte m
eine Tasse Thee in (ich trinke
lich drei), da wurde an die Thür
ewöhn
'klopft.
und z-vac in ganz iaenartiger
Weie;
theils bescheiden, theils stürmisch
begehrend, daß ich mit einem gan
Einlaß
beZon
deren Ausdruck tn der stimme
rief, worauf stch di Thür ö
verein
te und
Mein
mein Nachbar in's Zimmer tra
i
il.
r
Ä
1
Y
u
Rr.
Nachbar hatte inen klein Zigarrnla
den. in dem er nicht nur Rauchartikel,
sondern auch nebenbei noch Lotterieloose
verkaufte. Ja sämmtlichen Artikeln war
ich sei Kunde.
Der Besuch hatte durchaus nichts Be
sremdende an stch, denn mein Nachbar
war häufiger Gast bei mir, weshalb ich
ihn auch heute bat, am Abendessen theil
zu ehm,n. Doch er lehnte ab und be
gann dann mit ganz feierlicher Miene:
.Herr Doktor, da Glück ist blind;
das muß ich in meiner Eigenschaft all
Lotteriekollekieur am besten wissen. Dem
Einen wirft e einen großen Gewinn,
dem Anderen einen kleinen Gewinn in
den Schooß, der Dritte erhält inNit.
Von dkntn, welche eine Niete erhalten,
bekomme ich, ich spreche selbstverständlich
nur von einem Lotteriekunden, sehr häufig
die Bemerkung zu hören, daß sie nicht
wieder spielen wollen, von den Gewin
nern bekomme ich fast immer ein kleineres
und größeres Douceur; j: nach der Größe
deS Gewinnes, respektive nach der No
blesse der Kunden.
Sie, geehrter Herr Doktor, haben nun
niemals, so oft ste auch in der Lotterie
durchfielen, die Drohung ausgesprochen,
mir Ihr geschätzte Kundschaft entziehen
zu wollen. Deshalb hab ich Ihnen auch
bei jeder Ziehung von ganzem Herzen
einen Gewinn gewünscht.
Dieser Wunsch ist nun diese Mal er
füllt worden. Jhr Loos ist heute gezogen
vorden
' .Viel?' fragte ich, indem ich vom
S'fa aufsprang, während meine Gattin
in freudiger Erwartung meinen Arm
krampfhaft drückte.
.Aber s reden Sie doch endlich!' rie
fen meine Gattin und ich wie aus inem
Mund. .Ist eS ein großer Betrag?'
.Wie man eS nehmen will. Für den
Einen ist eS viel, für den Anderen ist es
eben nicht viel. ES kommt auf die Ver
rnögenSoerhSltnisse der Betreffenden n,'
.Aber so rede Sie doch endlich wie
viel e ist ! Sie spannen unS ja auf die
Folter!'
.Geehrter Herr Doktor, werthgeschätzte
Frau Doktor, noch einmal regen Sie sich
nicht auf
.Nein, nein, wir regen uns nicht auf!
Wir sind ganz ruhig: aber um alles in
der Welt, sagen Si uns doch endlich,
wieviel wir gewonnen haben?'
.Fünfundzoanzigtausend Mark!'
Ich sah meine Gattin, diese mich
sprachlos an; dann kam es gurgelnd aus
meinem Munde: .FünfundzwanziatM
send Mark! I'
.Fünfundzwazigtausend,Mark!' wie
derholteMMGattin-
31lr....w . . . r t rm na ... l -
i ,-(ruiiuiiujwHiijig(uucnB üiimw wie
lier holte der Kollekteur, und dann siele
wir uns alle drei in die Arme.
Der erste, welcher von dieser gymnasti,
schen Uebung Abstand nahm, war ich, in
dem ich meine Gattin faßte und mit ihr
im Zimmer herumtanzte, bis uns der
Athem ausging. Dann fielen wir auf
das Sofa, wo wir, nach Athem ringend,
fitzen blieben, bis wir endlich uns soweit
erholt hatten, daß wir wie aus ein ge
gebenes Zeichen gleichzeitig ausriefen:
.Fünfundzmanzigtausend Mark!' Dann
setzten wir uns nieder, um gleich darauf
wieder unseren Schlachtgesang auszu
rufen.
Dann ergriff ich plötzlich meinen Feder
Halter, tauchte diesen an dem verkehrten
Ende in di Tint und begann unsere erst
vor inigen Tagen weiß lackirte Thür mit
der beglückenden Zahl zu beschmieren.
Ich kam jedoch nicht weit. Mehr als
den Buchstaben F. brachte ich nicht fertig.
Dann suchte ich bereit ach eim ande
ren Gegenstand, um hieran meine tolle
Freude auözulassen. Es war unsere
prächtige Fruchtschale, in Hochzcitg
geschcnk eines meiner Freunde. Krachend
flog sie im gewaltigen Schwünge zum
Fenster auf die Straße hinaus, wo sie
natürlich einem Passanten auf den Kopf
fiel, der selbstverständlich in wenigen
Minuten in Begleitung !ne Schutz,
mannes auf der Bildfläch( erschien. In
meiner glücklichen Stimmung jedoch ge
lang eS mir schnell, jeder Unannehmlich
keit vorzubeugen, indem ich dem von der
Fruchtschale Getroffenen einen Zwanzig
marksSchein als Schmerzensgeld aus die
Wunde klebte und den Schutzmann
jubelnd in die Arme schloß und ihm mit
dem Rufe: .Freund Nachtrath', einen
Kuß gab.
Dann ergriff ich meine schöne Meer
schaumpfeife, die vollgestcpst mit Tabak
auf dem Tische lag, und schenkte sie, in
dem glühenden Verlangen, irgend einen
Menschen eine Freude zu bereiten, dem
verdutzt drei schauenden Schutzmann.
Dann fiel mir ein, daß ich in der
großen Freude ganz vergessen hat!e, mtu
nem Nachbarn, der mir die frohe Bot:
schaft gebracht hatte, eine Erfrischung
anzubieten, und da meine Gattin und ich
auch sehr gut eine Herzlr?ung vertra
gen konnten, so schickte ich das Mädchen
zum Weir.hZndler und lUß ein halbes
Dutzend Flaschen schweren spanischen
Wein holen. ,
DaS erste Glas galt natürlich der Zu
kunst, die ja jcht so r?z vor unß log,
das zweite und dritte Glas galt der Liede
und Freundschaft und so fort, bis meine
No. 33.
Gattin, von dem viele Wein ermüdet,
sich zurückzog nd un Männer allein zu
rückließ.
Al wir am andere Marge erwach
ten, lag mein Rachbar mit dem Oberkör
per unter dem Tisch und mit den Füßen
aus dem Sopha, welches er mit seinen
mit Eise beschlagene Stiefelabsätzen
derartig zugerichtet hatte, daß der ganze
Plüschüberzug in Fetzen herabhing, ih
rend ich auf dem Teppich lag und unseren
schönen Regulator, der aber jetzt total
zertrümmert war, krampfhaft umschlun
gen hielt. '
Schwerfällig erhoben ir un, um
unsere schmerzenden Köpfe unter die
Wasserleitung zu halte und da küh
lende Naß darüber strömen zu lasse.
Da half inigkrmaßen. Wir konnten
wenigsten aufrecht stehen.
Natürlich lud ich den braven Lotterie.
Kollektor, der Junggeselle war, ein, mit
mir gemeinschaftlich zu frühstücke,
mich in Bureau zu begeben, fiel mir
heut selbstverständlich nicht in und
beauftragte das Mädchen, ein recht fchö
neS Frühstück, bestehend aus Butter,
Brod, saure HSringen, Pfeffergurken
und Anchovis zu bereiten. Als Getränk
bestellte ich Sodawasser.
Meine Gattin ließ sich nicht sehen.
Sie verhielt stch in ihrem Zimmer ganz
ruhig. Dasür kamen aber, nachdem das
Frühstück kaum aufgedeckt war, mehrere
Nachbarn, welche durch das Dienftmäd
chen vsn dem glücklichen Umschwung unse
rer pekuniären Verhältnisse in aller Eile
tn Kenntniß gesetzt worden waren, um
ihr Gratulation anzubringen und ver
schiedentlich mich um meine Betheiligung
an ihren Unternehmungen zu ersuchen.
Selbstverständlich willigte ich in, und
al der Letzt von denen, die mir zu
inem guten Geschäft gerathen hatten, da
von war, hatte ich mich mit inem Kapi
tal von einhundertfünsundstebenzigtau,
send Mark verpflichtet. Daß der ge,
sammt Besuch sich auf meine Einladung
hin an unserem Frühstück betheiligt, er,
wähn ich nuk der Ordnung ege.
Inzwischen war das schlechte Befinden,
mit welchem mein Kumpan und ich er
wacht waren, gewichen. Da die freudige
Stimmung jedoch, wen auch in gemil
derler Form anhielt, so beschlossen wir
uns wieder etwas zu gutk.zu Ibun, und
bald darauf staub 'zum zweiten Mal (ine,
Batterie FlafHe vor uns, di wir lang
sam Entleerten. Es war jedoch diesmal
M leichter Rheinmein, der unser Blut
allerdings schneller in unseren Adern tret
sen ließ, unS aber sonst nicht viel anthat.
Wir wollten jetzt in aller Ruhe über
legen, waS mit dem vielen Geld anzu
fangen sei ; denn daß ich mich bereits
mehreremal verpflichtet hatt, mich an
Unternehmungen zu betheiligen, hatten
wir längst ergessen. Wir riethe hin
und her. Doch nichts war passend für
mich. Theils hatte ich keine Lust dazu,
theils war eS nicht Mit meiner Stellung
zu vereinigen. Ich hatte so recht Gele
genheit, zu bemerken, wi schwer S oft
reichen Leuten fallen müsse, ihre Kapita
lin gut anzulkgen.
Die verschiedensten Beschäftigungen
ließen wir Revue passtren ; aber nichts
fand meinen Beifall, bis ich mich endlich
entschloß, eine groß Zeitung herauszu
geben. Wenn ich auch nichts davon er
stand, so konnte ich mir ja Leute engagi.
ren. ES war ja selbstverständlich, daß
zur Herausgabe einer Zeitung fremde
Kräfte nothwendig waren. Alfa eine
Zeitung ! Ich hatte ja schon immer etwas
geschristftellert ; nur das di Erzugnisse
meiner Feder von keiner Redaktion ange.
nommen worden waren. Jetzt natürlich
wollte ich mei Licht nicht mehr unter den
Scheffel stellen lassen, sondern dem gro.
ßen Leserkreis, welchen mein Blatt ent.
schieden bald haben mußte, di Kinder
meiner Muse vor Augen zu führen.
Das Erste, waS ich zur Verwirklichung
der Zeitungsidee that, war, daß ich die
Frau, welche gerade daS Morgenblatt
brachte, nach den internen Verhältnissen
ihres Geschäftes fragte, wonach sich mein
Lotterie Kollekteur im Stande rklärte,
di Erpedition der .Fackel', so sollte das
Blalt heißen, selbständig zu leiten.
Immerhin mußte ja noch einig Zeit
vergehen, ehe an die Verwirklichung der
Idee geschritten werden konnte; und da
die Zeit doch ausgefüllt werden mußte,
so entschloß sich mein Nachbar, einmal
nach seinem Geschäft zu sehen; .denn so
lange man sein Metier betreibt meinte
er, .muß man auf dem Posten sein.
Sein Gang war langsam und schwer,
als er mich verließ. Aber mir schien eS,
als schwebe der Mann, der mir mein
Glück verkündet hatte. I
Noch ein liebevoller Blick auf den
Fortgehenden, dann lehnte ich mich auf
meinem Sitze zurück - und -schlief ein.
Herrliche Träum umgariZn mich ;
Träum von Reichthum, SL3i5 und
Größe; noch schöner sogar, als mir solch
im wachen Zustand( vor der Seele ge,
gaukelt waren.
Ich mochte so vielleicht eine halke
Stunde geschlummett haben, als ich mich
plötzlich hesiig an der Schulter geschüt
teil sühlle. Ich fuhr auf; und schon
wollte ich den Störer meiner Träume
heftig anfahren, als ich in diesem meinen
ktterieKolltkteur kannte, der krrid,
bleich vor mir stand od, mich streichelnd
und flehend die Hände erhebend, in di
jammernd Wort aukbrach : .Herr
Doktor, lieber ter Herr Doktor; e ist
nicht wahr. Ich hab mich entsetzlich
geirrt.
.Wa, ist iiä)t wahr? Wi hab,
Si stch geirrt?'
.Sie hab e vicht ge,n,ev!'
,Wa,?'
.Rein! Ich habe mich i der Nnv
geirrt
.Mensch, sind Si wahnflnnig?'
.Leider ia
Ich war ie vor de Kops geschlagen.
Ich sollte vicht gtwonneu haben? Mei
füufundzwanjigtausknd Mark solte
nicht wahr sein?
Aber da wn ja g icht möglich t
S konnte ir doch icht mitgespielt,
worden sei.
Und dvch ei möglich. E war
wirklich so. Ich hatt nicht gewonnen I
Der Unglückmnsch von LottrrieKlltk,
Uut hatt sich in de Nummer geirrt.
Die Nummer irgend in wildfremd
Menschen hatte gewonnen, während mein
Nummer mit einer Riet gezogen wordeu
war.
Wi mir nach dieser Aufklärung z
Muthe war, vermag ich nicht zu schildern.
Wie in geknickte Lilie kam-ich mir selber
vor.
Mein Gattin schlief noch. Ich ollii
sie nicht stören. Da Erwachen, da
entsetzliche Erwachen au ihren schöne,
Träumen in die krasse Wirklichkrit
sollte ihr s lange ie möglich erspart
bleiben.
Ich bi heut inigrnnaße von mtim
Schmerze geheilt und habe mich mit
meinem Schicksal wieder ausgesöhnt.
Mit meinem Nachbarn jedoch bin ich
nicht. Ich beziehe weder meiue Cigarren,
noch meine Loose von ihm. Denn eine
Genugthuung für die Enttäuschung, die
er mir bereitet, will ich wenigsten hab.
Schwere Wahl.
. Im siebenten Jahrhundert gehört der
größte Theil de Lande an dem Flusse.
Etrik in Schottland dem Grafen Handon,
welcher seinen Sitz zu Bakeood Tor
hatt. E war in stark befestigte G.
bäude, dicht am Flusse, William Scott
(nachmals Wir William), da Ha
die er gamttte, unternahm einst
Raubzug wider die Murr,' von
rank, deren Besitzungen nur inige
len entfernt are. Er fand aber
Feinde auf der Hut. wurde in die
geschlagen uud gerieth selbst in G,
genschaft. Sir Gideon, da Oder
der Murra,', führt seinen Gefan,
in die Burg und zeigte ihn seiner Gc,
die ihre Gemahl fragt, wa r
Gefangenen zugedacht habe.
.Den Galgen!' erwiderte
Gideon, .an den Galgen mit
Räuber !'
.Aber warum?' entgegnet
.Wesyatv den jungen or von
von aufknüpfe, da ir drei
weniger., yrivsch Töchter z
heirathen haben?'
.Du hast Recht ersetzte
.Der Einfall gefällt mir. Er
großmäulige Mcg heirathen
zappeln.'
AIS dem Gefangenen di W
lassen wurde, zog er e anfängll
sich auttnupten zu lassen, al
mäulige Meg zu ehelichen, der
eigentlich Agne war. Aber dJ
Vorkehrungen zu seiner Hinricht,,
änderte er seine Vorsatz, er
fein Weigerung und zog da
Band der Ehe dem wirkliche
Hans um den Hai vor.
Die Eh urd geschlossen
nicht unerwähnt bleiben darf,
obschon so gewaltsam erzuu
glücklich. DaS Paar lebte tn
Eintracht mit einander und zö
Nachkommen. William Scott
diese Heirath in den Besitz seh
llcher Güter, die von ihm fte
Aelteften , der Familie ererb
find.
äftler'eslm, in l
. In welchem Ansehe die
kunft im Jahr 1640 in Berli
hat, darüber giebt in Best
kunst, eiche tn Malcrgese
Gabriel Nietzel empfing, al
fürstlich Dienste aufgenom
Es hte unter Anderem tn diel
daß er nicht allein im Hoflaii
auch aus Reisen, so Ost
aufwarten solle, und wa ih
ursarften ,tn , allerlei
Historien, Contresaiten,
Landschaften und wie 8 gn
möcht, mit seinem besten V
erfahrenheit nach, mit alles
embstgen Fleiß verfntigrn
undt tnjonderheit alle? das.
Zier, vtasstren, vergulde
mit öyl oder waffnsarb
außerhald der Gemächer
anzustreichen vorfiele, wi
horsam verrichten und
Und diesem Künstler sa
jaijtiica itaaicr
Thaler Gehalt zu
ven o tgetd. trete
dung xtra bewilligt
heutigen Kunstmaler
Käthe
Pro enor: .Wa,
Spartanern die n t
der ausgesetzt?'
' Schüler: Mti
risch wäre.'
Schi
Schriftstellers
Lrama aukge
wenn e s a n
hätte sie da
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