Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, November 09, 1893, Image 9

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    Das grsße Coos.
P,n Helene 2:0 s..
.Jetzt g?he ich nachfragen, i wir la
gvißeLoo gewonnen haben! Die Loch
t ickke der Matter siZhlich zu und ließ
sie allein.
Die Muttn lehnt sich in ihren Sessel
zurück vnd ließ ftch von ihren Gedanken
umspinnen. Dal große Lov! Wen sie
c gewönne! gewinne für ihre drei Äin
der. Wie würbe ftch da Leben für sie
mit einem Schlage umgestalten! Ein
Jede on ihnen, c braucht da Geld
1 dringend, jo unumgänglich nöthig, um
u dem Schatten in den Sonnenschein
zu treten.
Ihr leitest! Ihr Auge blickte ftol,
od mehmillhig zugleich bei dem Gedan
ken an ihn. Er wollte Arzt werden und
siudirte in der ahen Hauptstadt. Aber
da Studium der Medicin währt lange
und kostet viel. Nur wenig konnt ste,
die mittellose Wittwe, für seinen Unter
halt beisteuern, da llebrige mußte r
selbst verdienen.
Und r verdiente unermüdlich und klag
lol. D Morgen In er einem alKn
Herrn Zettungen und Briefe vor, lang
sam Wort für Wort wei Stunden alle
Tage, bei Abend lief von Hau ,u
Hau, um denkfaulen Knaben di Mühe,
de Lernen abzunehmen, s weit die
möglich ist. Dazwischen Hütte er seine
Collegien, erperementirte, arbeitet bi
rief tn die Nacht hinein. Er schloß die
Augen vor jeder Zerstreuung, nahm wil
lig jede Entbehrung auf sich.
Nur von feinen Erfolgen sprach er,
trenn er bei seiner Mutter war, aber seine
fchmlchlig Gestalt, sein scharfen Züge,
der vorzeitig rnst Blick setner Augen
redeten ewe Spracht, die da Mutterherz
vur zu wohl verstand.
Und wie lange würde er noch so zu
ringen haben! Wann konnt er wohl
daia, , denken, sich als felbftftändiger Arzt
einzurichten in unserer Zeit, welche an
Teschicklichkeit und Tüchtigkeit nicht
?laubt, wenn Süßerer Glanz und selbst,
ewußt Unabhängigkeit st nicht be,
gleiten!
Wenn sie jetzt Reichthum für ihn ge
Snne! Er könnte di gifttSdtndcn
Stunden von sich schütteln, sich ganz und
oll seinen Studien widmen. Er könnt
Apparat, Bücher, Instrumente kaufen,
könnt sich, wenn die Prüfungen hin,
ter ihm lagen, vornehm und glänzend
einrichten, könnte, ohne ängstlich jede
Honorar berechnen zu müssen, ungehin
dnt seinem Ideal nachstreben, für Arme
und Reiche, Vornehme und Geringe ein
gleich hingebender, selbstloser Helfer zu
sein. Ach, daß Sie gewänne, um feinet
willen gemänue!
Und ihr Tochter? Sie war jung und
anmuthig, voll feiner He und Gei
sieSbildung. Ab wa' half ihr da
ohne Geld! Unbeachtet würde sie ver
blühen. Wer freit heutzutage um ein
arme Mädchen! Freilich, e gab wohl
Einen, der sie mit den Augen der Lieb
ansah, aber r war arm wie si. Viel
leicht wagte er e nie, um ste zu werben,
und wenn er e wagte, welche LovS
erwartete ste an feiner Seite? Unter
Arbeit und Entbehrung, mit Sorge und
Noth für di heranwachsende Familie
kämpfead, wa würde au ihrer Lieblich
kett, au der Anmuth ihre Geiste wer
den?
Wenn sie jetzt Reichthum für ihn ge,
Snne! Mit einem Male würde ftch
Alle ändern. Sie würde gesucht und
gefeiert, umschwärmt und umschmeichelt
werden. Sie könnte wählen unter den
Besten, und der Beste würd si wählen.
Im sorglo! schönen Heim, umringt von
allen Annchmlichkttien des Reichihum,
wie würde ihr Schönheit erblühen, ihr
Geist sich entfalten! Ach, daß sie ge
wänne um ihretwillen l
Und ihr Jüngster? Ihr Freuden und
Schmerzenskind! Eben jetzt stand er vor
der Wahl feine Beruft. Die Noth,
mendigkeit, bald zu Amt und Brod zu
kommen, ließ ihn sich für den Lehrerberuf
nlschlietze, wählend da in ihm gäh
rende Eiment ihn stürmisch zum freien,
dichterischen Schaffen dräng. Wenn
sie jetzt Reichthum für ihn gewänne I
Frei und fessello könnte er der
Stimme seine Geiu folgen, au den
reichen Quellen de allgemeinen Wissen
trinken, sich von seiner Begeisterung z
den höchste Höhen tragen lassen, die
dem Mnschengeist erreichbar sind. Er
könnte die Welt sehen, ' die glänzendsten
Kreise aufsuchen, überall Anregung und
Schaffenslust gewinnen, Von seinem
vac der Noch de Leben geschützten, in
harmonischer Schönheit ausgestatteten
Heim könnte er sein Stimme ertönen
lassen sür Alle, wo dem Menschenleben
Werth und Adel gicht. O, daß sie ge
änne, gewänne um seinetwillen, um
ihrer drei Kinder willen!
Sie selbst, ste hatte keinen Wunsch,
Odn'dsch I Vor ihren Augen baute sich
ein kleine, weiße Häuschen auf.
Flieder und JaSmingefträuch umrank:
8, der Garte dahinter quoll von bunten
Sommerblume über, die sonnigen Zim
mer waren mit theure Andenken, mit
Blumen und Bücher und Bildern ge
schmückt. Dort wollte sie wohnen nd
ihr Linder ermatten, die, wie reich uud
.fchon ihr eigene Heim ftch gestalte, da
Heim der Mutter noch trauter und sch?
ner finden sollten.
O, daß fte gewänne! Und plötzlich
war e ihr, al habe sie gewonnen. Da
Glück war ihr tn den Schoß gefallen,
ma sie erträumt, da wurde Wirklich
kett.
Sie sah ihren Aelteüen vor sich. Wie
fest seine schmächtige Gestalt sich auflich,
tete bei der Nachricht de Glücke, welch
jung Ausdruck in die ernsten Augen
kam! Nun brauchte er sich nicht länger
abschließen von jeder Lust, konnte ohne
Wirwurs froh mit den Fröhlichen sein.
E: sammelte die Freunde und Bekannte
vo ' . xcc & i
j j
Jahrgang 14. Beilage zum NebraSka StaatS-Anzeiger. Ro. 26.
um ftch, denen er bisher ein so ungeselli
ger Kamerad gewesen, beim Klang der
Gläser aber, mit dem sie fein Glück
feinten, da erwachte, wa bisher gewalt
fam unterdrückt und zurückgehalten in
ihm geschlummert, di leichte Lebenslust,
daß heiß Verlange nach Genuß. Wa
da Leben der Großstadt an schäumender
Luft zu bieten hatt, da genoß er. Wa
kam darauf an, daß sein Studium in
Stocken gerieth! Ob r seine Prüfunzen
ei paar Semester früher oder später
machte, da hatt für ihn jetzt nicht z
sagen. Sobald er wollte, konnt r da
Versäumt ja nachholen.
Die reis aber, di ihn erfaßt, ließe
ihn nicht wieder lo, fl zogei ihn nur
tiefer zu ftch herab. Zu den unbedenk
lichen Genüssen kamen die bedenklichen,
zu den leichtherzigen Bekanntschaften die
leichtsinnigen. Er, der nicht gekannt,
nicht genossen, wollt jetzt Alle kennen.
Alle genießen. Nach der Erregung des
Genuffe kam die Arbeit ihm schal vor,
so daß er von ihr ftch rasch neuem Ge
nusse zuwandte, bi seine Körperkraft
anfing, zu versage. Zwischen jähem
Sinke und kurzem Aufraffe taumelte
er hin und her, bi r, im leichtsinnig
heraufbeschworenen Ehrenhandel ver
mundet, zusammenbrach. Seiner tn
Vergnügungen erschlafften Gesundheit
fehlt die Kraft zur Genesung. Unheil,
barem Siechthum versallen, sah die
Mutter ihre Aeltesten seinen Einzug in
da flieder und jasminumbuscht Häus
che halten, in dem sie ihrer Kinder
wartete.
Die Tochter? In belln Freud ließ
da plötzlich Glück ihr unschuldSvolle
Antlitz aufleuchten. Einmal recht schön
geschmückt auf dem Ball zu erscheinen,
da war ihr erster kindlicher Wunsch.
Mit stolzer Genugthuung schmückte die
Mutter ihren Liebling. Im glänzenden
Ballsaal aber, umschwärmt und um
schmeichelt, da erwacht di Eoa auch tu
ihr. Sie wußt auf einmal, daß ste schön
war, und fand e süß, zu gefallen. Die
Träume eine stillen, bescheidenen Glücke
traten zurück au ihrer Seele, wie der,
d?r sie wachgerufen, au ihren Kreisen
zurücktrat. Ander ersetzten seine Stell.
Dem glänzendsten unter ihnen schenkte sie
Herz und Hand. Si glaubte, wa er
ihr von Liebe betheuerte, vielleicht glaub!
er ihren jungen Augen gegenüber
selbst. Er sucht, sie hineinzuziehen in
seine DenkungSart, lehrte sie da Leben
leicht und oberflächlich auffassen, Glanz
und Abwechslung al höchste Güter
schätzen. Au dem bescheidenen herzen
warmen Mädchen ward ein seichte, vr
gnügunaSsüchtige Frau. Nur ihren Gat
ten lieb! si, uud er betroz sie. Sie
wollte e nicht sehen, sie brachte Opter
auf Opfer, um ihn an sich zu fesseln,
bi ste nicht mehr zu opfern hatte und
er gleich giltig den Bund löste, der feiner
Selbstsucht keine Befriedigung mehr bo:.
Verbittert und vergrämt, mit zerftör
ter Schönheit und entblätterter Seele
kchrte die Tochter in da Hau der Mut
ter zurück, aus dem man kurz vorher den
ältesten Sohn getragen.
Und ihr Jüngster? Weit und froh
dehnte sich die Flügel seiner Seele bei
Einkehr des Glück! Mit Einem Ruck
streifte er von sich, wa seinen Flug
hindern konnt, Beschränkung, strenge
Arbeit, ein feste Lebensziel.
Die Freiheit ließ fein Talent hoch
auflodern; Ruhm und Reichihum sielen
ihm zu. Die Welt öffnete ihm ihre
goldenen Pforten, und er stürzte sich
jaachzeud in sie hinein.
Bald aber genügt ihm da Er,
rungen nicht mehr, er verlangte laute
ren Beifall, glänzendere Erfolge. Sein
Talent muhte sie ihm bttngm, aber je
ungestümer feine Forderungen wurden,
desto zögernder ntwottet e ihm. Nicht
länger von der reinen Gluth der Be
geisterung, sondern von dem flackernden
Feuer der Leidenschaft genährt, fühlte er
sein Talent Verladern. Er sträubte sich
gegen die Erkenntniß und suchte neue
Wege einzuschlagen. Er bequemte sein
Talent der Zeitftrömung an, stellt e in
den Dienst de Tage, ohne doch mehr
al die Gunst dafür zu erreichen. Um
de Wohllebens, des äußeren Glänze
willen, die r nicht mehr entbehren
konnt, verkaufte er sich endlich selbst,
sein Talent, seine See! nd Gesinnung.
Vergeben wartete die Matter in dem
kleinen, blumendurchdufteten Hau auf
die Heimkehr de jüngsten Sohne. Nur
au der Ferne sah ste ihn angstvollen
t erzen taumeln, straucheln und fallen,
ie kann nicht zu ihm. Wird er sich er
hebe von seinem Fall? Er hat die Kraft
nicht mehr dazu, aber er hat die Kraft,
in End zu machen. Da! si fährt auf.
WaS ist da! Dringt nicht in dumpfer
Schall zu ihr herüber? Nein, nein, e
kann nicht fei! Ihr Ssha, Ihr Klei
vod
.Nichts haben wir gewonnen, Mutter
chen, nichts!' Vor ihr steht ihre Tochter
und hält ihr die Ziehungslifte hin.
Vcrwirrt blickte die Mutter fte cn
,Wir haben da groß Los nicht gezsn
nen? New, fasst du? O, Gott fei Dank,
Gott sei Dank!'
Und das Leben giebt ihrem , Gott sei
Dank Rech:.
Da arbeit!!, entbehrungsreiche
Leben stählt den Körper ihre Aeltesten.
statt ihn zu schwächen. Sei Eifer, seine
Geschicklichkeit dringen ihn vorwärt.
Langsam, aber ftch erreicht er da Ziel,
da er i au den Auge ließ : ei von
Hoch ad Niedrig, von Ar und Reich
gleich gepriesener Arzt zu sein.
Di Tochter wattet geduldig, bi d
Mann, der sie liebte, um ihre Had an
halten konnt. Da einfache Heim, da
fte gemeinschaftlich für sich hergerichtet,
erscheint ihr köstlicher al Alle, wa ihr
der Reichthum biete könnt. Hand in
Hand mit dem Gatt schreitet fte dahin,
seiner Liebe und ihre Glücke gewiß,
jede zusammen überwuudene Sorge, er
rungene Freude al neue Bindeglied
zwischen ftch und ihm begrüßend. Jede
ihrer Kinder nimmt eine Theil ihrer
Schönheit an sich, und dünkt fte dem Tat
ten, von ihnen umringt, liedlicher al
damals, da er fte zum ersten Male in
ihrer Mädchenblüthe erblickte.
Und ihr Jüngster? Im sicheren Port
der festen Lebensstellung, fein leiden
schaftliches Temperament gebändigt von
der Pflicht der Arbeit, sein unstäte
Feuer gestätigt in der Regelmäßigkeit
de engumfriedeten Alltagsleben, so
wächst sein Talent, nicht sprunghaft und
blendend emporlodernd, sondern langsam
Krustall an Krystall setzend. Abfeit
vom Lärm de Tage, verzichtend auf
den lauten Beifall der Menge, so pflegt
er sein Talent a! heilige GotreSgabe.
Keine Schätze erwirbt es ihm. wohl aber
durchduftet e fein ernstes, stille Leben
mit unnennbarer Süßigkeit.
Und das weiße, grünumrankt HäuS
chen der Mutter? ES ward nie erbaut
und nie bezogen. Wo fände sie Zeit,
darin zu wohnen, da jede ihrer-Kinder
fte bei sich haben will? Von einem zum
andern ziehend, überall mit Jubel
empfangen, mit Liebe gepflegt und ge
halten, so hat sie drei sonnige Heimstät
ten gewonnen, für die eine, die sie ver
geblich erträumte. '
Dankbar ist fte sich bewußt: Indem sie
eS nicht gewann, hat sie da große Lvo
gewonnen.
Lin Tropfen Goldwasser.
Ein Lieutenants Idyll von M eta
Heinzel.
E schlug S von der Thurmuhr der
heiligen Ursulakirche zu E. Noch war
der letzte Glockenschlag nicht verklungen,
al Lieutenant Random seinen Degen
umschnallte, schnell in den Paletot fuhr
nd mit flüchtigem Gruß an dem Posten
vorüber den Schauplatz seiner Thätig
keit, die Gewehrfabrik, verließ.
Ein Tag de Dienste wa? wieder
glücklich beendet, und in der frischen Luft
draußen tief aufathmevd, zündete sich
dir schmucke Sohn de War eine Cigarre
an und schlenderte behaglich seiner be
scheidenen Lieutenantswohnung zu. Seine
Gedanken führten ihn zurück nach dem
schönen D., da er vor 4 Monaten ver
lassen hatte, um da sogen. , Schmier
kommando an der Gewehrfabrik anzu
treten. So interessant auch diese Thätig
keit war, die den Offizier mit seiner
Waffe vertraut macht, so angenehm
auch die nette Zulage den stet ia der
Ebbe sich befindenden LieutenavtSporte
monnaie'S zufloß Lieutenant Randow
konnte sich immer noch nicht recht an den
einförmigen Büreaudievft gewöhne
fein Herz sehnte sich nach der Front im
Osten zurück.
Ja dieser elegische Stimmung er
reichte er seine Wohnung. Doch die weh
müthlgen Gedanken wurden bald durch
den Anblick eine lieblichen Mädchen
verscheucht, welchem Random auf der
Treppe begegnete. Sein militärischer
Gruß wurde mit holdem Erröthen er
widert, und schnell entschwand die junge
Dame den schwärmerischen Blicken, mit
denen der junge Krieger der Wirthin
lieblich Töchterlein nachschaute.
Wenigsten? ein Sonnenschein in die
sem langweiligen Nest murmelte er,
.übrigen ein rkizendeS Wesen!"
Neben dem blankgeputzten Mesftng
schild, auf welchem in deutsch m Lettern
zu lesen stand: .Angelika Schmoll, ver
ittmet Steuerkontreleuri (geb. on
Spuhn)', kennzeichnete a der benach
iaxtu Thür etue einfache Vifttenkart
de Lieutenants Behausung.
Hier hartte Schäufgen, di treue, au
D. milonfetzte Burschenseele, de ge
liebten Herrn. Während sich sonst aber
auf dem Gesicht des auffallend hübschen
und intelligent aussehenden Burschen
beim Anblick seine' Lieutenant ein
strahlende Lächeln zeigte, blickte Lieute
nant Randow heute in ein verstörte und
aufgeregte Geftcht, wa ihn zu der
landläufigen Frage veranlaßte:
Wa ist denn lo, Schäufgen?'
Wissen der Herr Lieutenant wieviel
Lqaeur in der Flasch wa,?' lautete die
Gegenfrage.
.WaS soll denn, zum Kuckuk, diese
Frage? Gewiß weiß ich. daß diese Flasche
di zur geschliffenen Linie voll war.'
.Da meine ich auch, Herr Lieutenant,
und seit heuie Mittag fehlt dieser Ruck!'
Mit diesen Worten ertlnaarn cbSufn
dem elegante Liqueurseroic die schön
geschliffen Krvstallflasch und hielt sie
der bessere Einsicht wegen dicht unter
di lieutenantliche Rase.
.Zum Donverwetter, Kerl, Du wirft
doch nicht?'.., platzt Randow ärger
lich Rber da so augenscheinliche Manko
unvorsichtig und gegen seine Wille
herau, aber in demselben Augenblick
legte er begütigend die Hand auf de
treuen Burschen Schulter, al er dessen
gekränkte Miene sah.
D bist ein Schafskopf, Schaufgen,
lass1 da Fratzenfchneiden sein! Du
weißt, daß ich Dich sür in treue Seele
halte, sonst hätte ich nicht de Haupt
mann gebeten, daß er Dich mir au D.
mitgeben möcht. Beim Liqueur irren wir
un vielleicht Seid. Und nun stell' die
Buddel weg und bring mir meine Joxp
und die Zeitung.'
.Zu Belehl, Herr Lieutenant,' mur
melke Schäufgen, um schweigend dem
Wunsche seine Herrn nachzukomme.
Al er aber später allein in seiner Bur
schenflube saß, da stahl ftch ein Seufzer
au seinem Herzen. Bedrückten Her
zen. beständig an den Liqueur denkend,
schlief er endlich in, während der glück
libe Besitzer denselben schon längst ver
gessen hatte und erst am folgenden Tage
daran errinnert wurde, als Schäufgen
noch verstörter al gestern da corpas
delicti zeigte, u welchem wieder ein
beträchtliche Stück fehlte. Run beschloß
Randow, die Ehre seine Burschen fest
zustellen und dem vermeintlichen Dieb zu
Leibe zu rücke.
.Bester Herr Stabsarzt, verschreiben
Sie mir in Brechmittel!' wandte ftch
nach Aufhebung der Tafel Randow an
den jungen Arzt, der mit ihnen fpkifte.
.Mein Gott, lieber Lieutenant, wa
fehlt Ihnen denn?'
.Mir? Nichts, liebe Doktorchen,
aber ich möchte mit diesem unanfecht
baren Mittel gern dem heimlichen Lieb
haber meiner L queurflasch nähertreten.'
- .Ach so, c'est aatre chose, versetzte
lächelnd der Jünger AeSkulapS. .Ein
Brechmittel kann ich Ihnen für diesen
Fall nun nicht gerade verschreiben, aber
etwas Anderes, was dieselbe Wirkung
ohne Gefährdung de Organismus hat.'
Mit diesen Worten schrieb er einige Zei
len auf ein Blatt Papier, das er seinem
Notizbuch entnahm, und überreichte eZ
dem jungen Offizier.
Mit Hilfe de Rezepte hielt Randow
dem neugierig zuschauenden Schäufgen
ein kleine gläschchen entgegen und
schüttete feinen Inhalt in die Liqueur,
siasche, wobei er Schäufgen über die
Wirkung diese nun so präparirten
Trankes aufklärte,.
Mit Spannung sahen am nächsten
Tage Herr und Diener nach der Liqueur
siasche, deren Inhalt sich wunderbarer
Weise und zu SchäufgenS augenschein
lichen Leidwesen nicht verringert hatt.
Aber, o Jubel! Tag darauf fehlte ein
ganz gewaltiger Schluck.
Während des Dienfies hatte Randow
nicht Zeit gehabt, an feine hässliche Ko
mödie zu denken. Von einem Kameraden
bi zur Wohnung begleitet, ging er
unter heiterem Gexlauder heim. Als er,
oben angelangt, den Schlüssel in die
Korridorthür steckte, sich im Stillen
wundernd, warum Schäufgen nicht wie
sonst ihn an der offenen Thür erwattete,
fand er den Burschen zu seinem maß
losen Erstaunen auf der Erde hockend,
da Ohr dicht an die Nachbarthür ge
lehnt. Beim Anblick feine Herrn aber
brach er triumphtrend in die JubeÄaute
aus:
.Herr Lieutenant, sie spuckt sie
spuckt schon seit vier Uhr.'
.Sie? Wer?' rief Randow ver
wnudert.
Da wurde in demselben Augenblick die
Thür aufgerissen, und heurloS stürzte
ein junges Mädchen heraus.
,Urn Gotte Willen, Herr Lieutenant!
Ich komme eben aus der Klavierftunde
und finde meine Mutter sterbenskrank
vor. Bitte, bitte, schicken Sie zum
Doktor. Ach, helfen Sie mir!'
.Gott sei Dank, e ist nicht die
Junge,' dachte Randow, und e flog wie
Sonnenschein über fein Gesicht.
.Beruhigen Si sich, mein Frau,
leiv,' wandte er sich an die junge
Dame. ,E wird gewiß nicht so schlimm
sein.'
N, jemiß nicht, Herr Lieutenant,'
mischte sich schmunzelnd und mit den
Augen luftig blinzelnd, Schäufgsn, alle
Disziplin vergessend, in Gespräch.
Ein zorniger Blick der braunen Mäd,
chenaugen traf deu gefühllosen Burschen,
und Randow donnerte ihn auch an:
.Schweig! Und laufe sofort zu Herrn
Stabsarzt Wendland! Ich lasse Herrn
Doktor bitten, sich doch gleich zu mir zu
bemühe.'
.O, ich danke, Herr Lieutenant,' kam
eS innig von den frischen Lippen, und der
warme Ton dieser Worte, der freundliche
Blick, der sie begleitete, drangen tief in
da Herz des jungen KrregerS, zugleich
fein schlddewußtts Gewissen strafend.
Er murmelte etwa von .selbstverftänd
licher Menschenpjlicht, ' während das
junge Mädchen zu der .erkrankten' Mut
eilte.
Der Stabsarzt lieh nicht lange auf
ftch arte und bracht Rado auch
bald di erwattete Mittheilung, daß
ftch der Zustand der Patientin gebessett
habe. Der .Diätfehler', al eichen
der Doktor die Ursache der Erkrankung
zirtsöhleud bezeichnete, war durch avgeb
lich Aagevschmerzen, gegen welch der
Genuß vou .Goldmaffer' s gut sei
sollte, hervorgerufen.
.Dem alten Drachen gönne ich die
Lektion mich rührte nnr die Angst
ihre liebliche TöchterchenS.' sagte
Randow zu ftch. Doch der .Drachen'
rächte ftch! Sei e, daß Schäufgen ge
plaudert der der .Diätfehler' nicht
stichhaltig war kurz, einig Tag spä
ker fand Randow ia Briefche auf sei
nem Schreibtisch, ia welchem ftch die
Frau Steuerkontoleur .zu ihrem Be
dauern au unvorhergesehenen Grün
den' veranlaßt sehe, Herr Lieutenant
Randow di Wohnung zum 1. Juni zu
kündigen.
.Hol' der Kukuk da unverschämte
Weid!' dachte Randow, .erst trinkt fte
mir meinen Liqueur au, und dann setzt
fte mich an di Luft!' Er war so
wüthend darüber, daß er der unedlen
Regung seine Herzen zu folgen be
schloß, eine Flasche .unverfälschten
Goldwasser' al .AbschiedSgruß für
Fra Angelika Schmoll, erwittmete
Steuerkontroleur, aeb. o Spuhn',
in dem geräumte Quartier zu hinker
lassen.
Verfehlter ze.
Freund Schnarcher war der Sieben
fchläfer unter meinen Kommilitonen.
Er war nicht wenig stolz darauf, schon so
zeitig aufzustehen, daß er von der Wach
parade auf dem Marienplatz noch knapp
da letzte Musikstück prositiren konnte,
und hielt e für höchst unzeitgemäß, daß
man den Professoren immer och gestatte,
am Vormittag überhaupt Kollegien zu
lesen, da ja ein Student mit gesundem
Schlafe sie doch nicht besuchen könne.
Man kann e einem jungen Manne
von so stark entwickeltem Ruhebedürfniß
nicht Übel nehmen, wenn er für fein Bett
und sein Rachtruhe geradezu schwärmt.
AIs wir nun einmal beim Beginn de
Semester ihn gegen Abend auf seiner
Bud abholen sollten, und Niemand aus
unser Anläute öffnete, entschlossen wir
uns, da er parterre wohnte, einfach
durch Fenster einzusteigen, wa un da
durch erleichtert wurde, daß sein Zimmer
gegen den Hof gelegen war, und ein
hoher Stoß von Backsteinen sich un
mittelbar neben dem Fenster befand.
Allein der gute Schnarcher war nicht zu
Hause.
Da faßte wir den teuflischen Plan,
ihm heute einmal di Nachtruhe recht
sauer zu machen. Sofort machten mir
un daran, feine Bude förmlich umzu
kehren. Mit besonderer Sorgfalt wurde
natürlich da Bett behandelt. Der Stie
felknecht kam verkehrt unter da Bettuch,
ebenso die Kleiderbürste; auch ei Paar
alte Sporen, die sich vorfanden, wurden
sorgfältig unter dem Leintuche angebracht.
Hoch oben auf dem Plumeau thronte in
einem allen Cylinder der einzige vorhan
deve Blumenstock, dessen spärliche Zweige
und Blüthen mir durch da Einfügen des
Zahnbürftchen zu ergänzen suchten, wo
durch da Ganze einen künstlerischen
Abschluß erhielt. Von Schritt zu Schritt
wurden zur größeren Bequemlichkeit un
sere Freundes einzelne Backsteine gelegt,
und recht und link vom Bette errichte
ten wir au Stühlen und andere Mö
bei wahr Barrikade.
Nach diesen menschenfreundlich Vor
bereitungen verschwanden wir auf dem
selben Wege, auf dem wir gekommen
waren, und freuten un nicht wenig auf
den sehr begreiflichen Aerger, den der
brave Schnarcher am andern Tage aus
der Kneipe zum Ausdruck bringen werde.
Allein ai der wackere Freund am
nächsten Abend auf der Kneipe erschien,
und wir mit großer Spannung feine
Mienen studirten, da war von einer be
sonderen Erregung auch nicht da Min
beste zu bemerken. Ruhig wie immer
nahm er Platz und stopfte ftch stÄschmei
gend feine Pfeife. Wahrhaftig, mir
hätten ihn nie einer solchen Verstellung
sür fähig gehalten! Als eine ganze
Stunde verstrich, ohne daß er seine
Zimmer auch nur mit einem Worte er,
wähnte, da hielten wir e nimmer au
und fragten ihn theilnehmend, wie er
geschlafen hab. Er versicherte nn mit
der harmlosesten Miene von der Welt,
daß er ausgezeichnet geruht habe wie
immer, und fügte noch bei, daß er gestern
auch gleich eingeschlafen sei. Da war
doch stark! Aergerlich fragten wir ihn
ohne weitere Umschweife, ob er denn in
feinem Zimmer nicht Ungewöhnliche
vorgefunden habe. Auch die verneinte
er mit gut geheucheltem Erstaunen. Da
platzten wir denn herau und erzählte
ihm unseren Streich vom Anfang bi
zum Ende.
Ruhig ließ er un auZerzählen und
sagte, atö wir geendet hatten, mit mür
,em Ernste: .Liede Freunde! Ihr habt
Euch umsonst bemüht, denn leider bin ich
dort schon am Schlüsse de letzten Se
mestcr ausgezogen.'
Vt HetrtSst? Ms rnIM.
Der Freier kommt zum Missionär
sagt: .Ich hätte ohl Lust, mir ew Weib
zu nehmen.'
.Wen?' fragt der Misflonär.
Der Mana nennt ihren Name.
.Haft D mit ihr gesprochen?'
.Gewöhnlich lautet die Antwort:
.Nein.'
.Warum nichts'
,E ist s, schmierig. Du mußt mit
ihr spreche.'
Der Missionär ruft die Jugs ,
sich und sagt ach einer kurze Unter
redung: .Ich glaube, ist a der Zeit,
daß Da Dich erheiratheft.' '
.Ich will mich nicht vnheirathen.'
Da ist aber schad! Ich hab ii
Freier für Dich.'
.Wen?'
Der Misflonär erzählt ihr, er ihn
geschickt hab.
.Der taugt g nicht, ich will ich
nicht haben!'
.Aber,' antwortete der Misflonär,
.er ist flink und schafft Alle in' Hau.
Er wirft seine Harpune gut und n liebt
Dich.'
Da schön Kind lauscht zwar mit
sichtlichem Wohlbehagen, bleibt aber da,
bei: .Ich will ihn nicht habe!'
.Gut, ich will Dich nicht Zwingen.
Ich finde ohl bald eine Andere für
so hurtigen Burschen.' Der Misflonär
schweigt, al erachte er die Sache durch
ihr .Rein' für abgethan. Endlich flüstert
fte mit einem tiefe Seufzer: Wen D
willst....'
.Rein,' autwottet der Pastor, e
Du willst ich will Dich nicht Met
reden ....' Wieder in tiefer Seufz.
Also D willst ihn nicht?'
Herr Pastor!' Sie rröthet iibn
und über und endet ftch ab. Ich
glaube doch, er taugt nicht.'
.So? Hat er nicht im vorige Som
mer zwei Walfische erlegt und all' die
Anderen gar keinen? Also Du willst
ihn?'
.Ja. ja, ich will!' Si schaut ih
festen Auge gerade in' Gesicht. .Na.
dann gebe der Herr feinen Segen!'
Und die Hochzeit findet noch an demselde
Tage statt.
Hübscher esschftK.
Ein .Wissender' fragt in in Ge
sellschaft: .Mein Herren, eich Art
von Ziffern besindet sich auf Ihrer Uhr?'
Männiglich wird hierauf seine Uhr sxrit
der Tasche ziehen und nach geschehe
Prüfung erklären: .Römische. ' .Schön,
fragt der Wissende weiter, .wer vc
Ihnen kann mir, ohne noch einmal aus
seine Uhr zu sehen, die auf ihr befindliche
Vier nachzeichne?' Und lächelnd werdnr
mindesten 90 von Hundert eine IV
niederschreiben. Nun ist aber die Bi
auf dem Zifferblatt infolge ein seit
samen Gewohnheit so: IIII gestaltet.
Richt ganz so sicher ist d Erfolg ein
anderen Frage: .Können Sie die Sech
Ihrer Uhr nachzeichnen?' Wobei zu tt
achten, daß all mit Sekundenzeiger
versehenen Uhren die Ziffer Sech übe?
Haupt nicht haben.
Rene rt der Jagd.
Der Erzherzog Franz Ferdinand oo
Oesterreich hat sich gelegentlich sei
(jetzt fast vollendeten) Weltreis in
ganz neuen Jagdmethode bedient. Nach
seinem eignen, in einer Wiener Zeitunz
kürzlich veröffentlichten Bericht pflegt,
er ine TageS da edle Waidwerk zai
fchen Delhi und Bhurtpoor von einem
Eifenbahnzuge aus. der ihm dazu au,
schließlich zur Verfügung gestellt worden
war. Auf ein Signal de Erzherzog
fuhr der Zug, je nachdem sich jagdbar '
Wild zeigte, ror od rückwärts nd
der fürstliche Gast schoß dann gleich vom
Waggonfenster au. Schließlich bemäch
tigte ftch eine Art Jagdwuth de gesamm
ten Zugpersonals vom Maschine
führn bis zum Bremser und auch die
Lokomotiv selbst schien an dem etwa
unwaidmännifchen Vergnügen Theil eh
men zu wollen, denn e gelang ihr bei
nahe, einen Tiger zu überfahren.
Unser Hauptha.
Wie oft sagt man Unzählig wie di
Haare auf unserm Haupte.' Und doch
ist S jetzt ein Leichte, wenigsten an
nähernd die Zahl unserer Haare zu be,
rechnen, nachdem es un ein fleißig
Engländer vorgemacht hat. Er bracht
nach allen möglichen Berechnungen nd
Versuchen heraus, daß 60 Haare von ge
wohnlicher Stärke durchschnittlich d
Raum eine Quadratzentimet be
decken, daß ab blond Haar reichlicher
wie schwarze wachsen, weil viel seiner,
und die rothen Haare a'S die gröbsten am
meisten Raum bedürfen, so daß eine
erwachsene Blondine durchschnittlich nach
dies Berechnung 140,000 Haare, ei
dunkelhaarige 109,000 und eine roch
haarige 83,000 Haare zu kämmen hat.
kzSber Gewalten.
Ein berühmt Meteorolog hat auf
Sonntag .brillante Wetter' vorauSge
sagt und nimmt an diesem Tag an einem
EesellschaflSaueflug theil.
Bald fängt e an, fürchterlich zu reg,
nen und e stellt sich herau, daß Nie
mand inen Schirm bei sich hat, al d
Herr Professor.
Ei, ei ! Herr Professor', frägt ma
von allen Seiten, Sie selbst vnlassen
sich so wenig auf Ihre Wissenschaft?'
Ja', entgegnet dieser ganz ruhig,
.meine liebe Frau hat gemeint, ich soKie
doch einen Schirm mitnehmen !'
Tin bnmaner Spitzbube.
Angeklagter: .Ich bitt, hoher G
richühof, mich nicht zu verurtheU l
Sie schaden sonst der Canine meines
Vertheidiger !'