Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, November 02, 1893, Image 9

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    Die Llzre gerettet.
Sul b THopf atut P,li;edeamim. Csn
Z,se,i rl".
Ralwer. rascher. Kutsch, fahrt zu!
,D W'g ist schlecht. Herr, und der
Wage '
.Mg in Trümmer gehen, nur vor
rfrtl."
.der di. Pferde -'
.Fahr sie lahm, ,ch hafte für die
Kosten.'
Der utscd hieb auf seine GSule
in, der Wagen raffelte über die holpe
rige vom geschmolzenen Schnee aufge.
eichte Vicinalstraße. die wir von der
Ehauffe abbiegend eingeschlagen hatten.
, aar eine entsetzliche Fahrt, aber ,ch
achtete nicht darauf, nur der Nothschrei
klang mir immer noch in den Ohren, den
ich vor einer Stunde au angsterfülltem
Frauenmund vernommen, die inhalt.
schweren Wort - .um Leben oder Tod. '
Durch heftige, Pochen war ich au,
l i3i,M. .m,-ft nrken. in den ICQ
vrin b ' '
in meinem JnspectionSzlmmer erst, nach.
Mitternacht verfallen war. Eine junge
Frau stürzt durch di Thür. Trotzdem
sie nur nothdürftig belleidet war und
blo ein Schleier die halbgeöffneten blon.
ben Haare unooll'ommen verhüllte, er,
kannte ich auf den ersten Blick, daß sie
dn befferen Ständen angehören mußte.
.Um de Himmel Barmherzigkett
willen, stehen Sie mir bei, Herr Com
issir.
.Wa, ist Ihnen geschehen?'
.Mein Mann hat soeben da. Hau,
erlassen - r ist fortgefahren zu einem
Duell mit dem Grasen 31. '
.Ihr Mann?"
'Der Adoocat Dr. S. Ich bltte und
beschwöre Sie, thu Sie Alle,, wa in
Jhr Macht liegt, da, Schreckliche zu
verhindern. E, handelt ftch um Leben
oder Tod.
.Um Leben oder Tod?'
'Ja wohl. E, ist entsetzlich. Wie
e, so weit gekommen, weiß ich selbst nicht.
Gras R. wurde mir Heuer auf dem
Akademieballe vorgestellt. Er converstrte
den Abend wiederholt mit mir, machte
mir am folgende Tage seinen Besuch,
erwie, mir einige Aufmerksamkeiten und
o. Herr CommissSr. beurtheilen Sie
mich nicht falschl-ich habe mich viel,
leicht au, weiblicher Eitelkeit etwa,
schwacher gezeigt, als ich e, Hütte fein
dürstn. aber ich Hai nicht, Schlechte,
ieqangen. Bei dem unschuldigen Haupte
meiner inder kann ich e, beschwören.'
.Sie haben Kinder?'
.Einen Knabt und in Mädchen.
Sie find so allerliebst. Wenn nicht mit
mir. haben St doch mit den schuldlosen
Wesen Mitleid. Sie sind wohl auch ver
heirathet und Familienvater. O. eilen
Sie. eilen Sie, ehe eS zu spät ist,'
Und wo soll da, Duell stattfinden?'
'Etwa in Stund außerhalb der
sxtnM dtt Ruine Fraabura. Ein
Billet' eine, Secundanten meine. Man
, da, ich auf dessen Schreibtisch ge
funden, hat mir Alle, verrathen.'
.Und die Stunde?'
.Sieben Uhr Früh.'
.Sech, Uhr schon vorüber, dann habe
ich'keine Minute mehr zu verlieren.'
.Ich beschwöre Sie, rasch, Herr Com
missör. in Ihren Händen liegt mein
Lebensglück. an jedem Ihrer Schrrtte
hängt Leben oder Tod.'
Bi, ich die rforderlichen Polizei
Agenten zu meiner Begleitung commsn
dirt und einen Wagen verschafft hatte,
waren wieder zehn kostbare Minuten ver.
rönnen, Zubern erwie, sich der Weg
nach ver Ruine Fragburg so schlecht
practikabel. daß ich wohl kaum mehr
hoffen durfte, rechtzeitig mein Z'el zu er
reichen. Jedenfalls mußte ich da, taug,
lichfte dazu versuchen. Der Fall war
geeignet, große Sensation zu erregen,
Graf R. war eine stadtbekannte Perjön.
lichkeit, ebenso der Advokat Dr. S., des.
sen vortreffliche Vertheidigungen in
mehreren der jüngsten großen Straf,
procesie ihm au, bisher bescheidenen Ver
hältniffen den Weg zu Ansehen und
Reichthum zu schließe schienen. Der
. Advokat stand in den besten Mannesjah.
ren und war erst seit einigen Jahren ver.
heirathet. Seine Frau, die Tochter eine,
höher gestellten Beamten, hatte bisher
ur durch ihre Schönheit und Unzugäng
lichkeit von ftch redm gemacht.
Erst in letzter Zeit waren die pikanten
Causerien der befferen Gesellschaft unserer
Stadt durch die Kunde bereichert worden,
daß Graf R. der schönen Adookatenfrau
seit dem Fasching in auffallender Weise
hofir. Die, genügte, um den bösen
Zungen eintn willkommenen Stoss zu
geben, den sie in gewohnter, .mit der
Wahrheit keineswegs ängstlichen Weise
erwerthen konnten. Dr. S. mußte
mehr davon gehört haben, als ihm im
Interesse seine, ManveSehre zulässig er.
scheinen mochte. Wie wir bereit? infor
mirt waren, hatte er vorgestern Abends
in inem kekannten Cafe mit dem Grafen
R. eine diesbezügliche Auseinandersetzung
gehabt, welche die mir soeben von der be
dauernSwerthen Frau stattet Anzeige
Vollkommen glaubwürdig erscheinen lieh.
In schnarrenden Tönen schlug die
Thurmuhr der Dorfkirche zu T. die
siebente Morgenstunde. Betroffen con
trolirtk ich meinen Chronometer. Auch
von der ftzdtüblichen Zeit fehlte nur
mehr wenige Minuten auf Sieben und
wir brauchten mehr als eine Viertelstunde
noch, um unser Ziel zu erreichen. Die
Ruine Fragburg lag malerisch auf einem
Vorsprunge des Mittelgebirges, welche,
sich wellenförmig im Süden der Stadt
ausdehnte. Im Sommer war dieselbe
in beliebter AuSflugSpunkt der Städter,
jetzt im Frühjahre, wo der Schne nur
zzm Theil von den Wegen geschmolzen
war. lag sie, und speziell zu so früher
Morgenstunde, öd und verlassen. Der
2Ua mir Mr bie y"iu?chib blut
Ver
Jahrgang 14.
Austragung eine, Ehrenhandel, mit Ge
schick gewählt.
I der Wagen den Fuß der Anhöhe
erreicht hatte, sprang ich au, demselben.
.Mir nach!' rief ich meinen beiden
Agenten zu und eilt den ziemlich steilen
Aufstieg hinan. Da war die, nicht
ein dumpfer nau, oann noch einer
mir erstarrte da, Blut in den Adern,
ein Blick auf di aufmerksam gespannten
Mienen der beiden Agenten vewie, mir,
daß ich recht gehört wir waren zu spät
gekommen.
Zu spät. Da lag er, der jugendkräf,
tige Mann, vor Kurzem noch glücklicher
Gatte und Vater, die stolz Brust, welche
da, Selbstbewußtsein und Vertrauen auf
in glänzende Zukunft geschwellt, von
'er Kugel durchschossen. Das warme
Herzblut tropft au, der Wunde nieder
und rölhet di Schneeglöckchen, welche
wie im Schauder ob solchen Geschehnisse,
kaum die Köpfchen au, der weißen
Schneedecke heroorzustecken wagten. Die,
war der erste Eindruck, den ich von dem
entsetzlichen Bilde empfangen. Ich eilte
sofort aus den Schwerverletzten z. Der
Arzt hatt dessen Haupt auf seinen
Schooß gelegt und drückt den inCom
presse auf die offene Wunde. Unter dem
feuchtkalten Drucke zuckte schmerzlich da,
Antlitz de, unglücklichen.
.Rettungslos?' frug ich den Arzt
Derselbe nickte ernst mit dem Kopfe
.Haben Sie noch einen Wunsch, Herr
Doktor S.?' frug r dann mit hörbar
bewegler Stimme. Der Sterbende schien
ihn nicht verstanden zu haben. Er gab
keine Antwort. Dann löste sich ein
Seufzer von den bleichen Lippen und in
gebrochenem Tone klangen von denselben
Du Worte: .Alle, Aue, verloren, nur
die Ehre gerettet!'
Und al, ob diese letzte Anstrengung
alle Kräfte verzehrt hätte sank sein
Haupt schwer zurück. Langsam ließ der
Arzt den Körper in den Schnee nieder
gleiten.
.Wir find zu Ende!' sagte er; .mir
bleibt nicht, mehr übrig, al, den Tod
des Dr. S. zu conftatiren.'
Da trat Graf R., der während dieser
erschütternde Scene mit kalter Miene
mit seinen Secundanten, zwei Cavallerie.
Offizieren, seitwärts gestanden war und
den Pistolenkaften in Ordnung gebracht
hatte, hinzu.
.Todt?' fragte er.
.Ja wohl, Herr Graf. Der Schuß
muß das Herz Ihre, Gegner, gestreift
haben,' erwiderte der Arzt.
.Dachte es mir, habe mein Ziel scharf
genommen. Ich danke meine Herren.'
Damit verbeugte er sich leicht und wollte
sich entfernen. Da trat ich rasch zu ihm
und stellte mich in meiner amtlichen
Eigenschaft vor.
.Ich muß Si rsuchen, Herr Graf,
uns zu begleiten.' Der Graf blickte
mich fichtlich überrascht an. .Wozu,
mein Herr? Ich stehe jederzeit zur Ver,
fügung der Behörde. Mein Name
bürgt für mich zur Genüge. Ihr Thä.
tigkeit dürfte übrigen, dort erfolgreicher
in Anspruch genommen werden.' Er
wie, auf den Leichnam deS unglücklichen
Advokaten.
.Da Herr Graf sich selbst zu stellen
bereit erklärt haben, ersuche ich Sie, sich
Nachmittag, 3 Uhr in meinem Bureau
einfinden zu wolle. '
Ohne Erwiderung entfernte sich Graf
R. mit seinen Secundanten. Ich selbst
aber veranlaßt mit Hilfe de, Arzte,
und der beiden Corpsstudenten, welche
die Secundanten des Advokaten gewesen,
die Uebersührung des Leichnams.
Der Nam deS Grafen R. war ein
schlechte Bürgschaft gewesen. Er er
schien zur bestimmten Stunde nicht in
meinem Bureau, und die daher noch sei
nem Verbleib eingeleiteten Recherche
ergaben, daß er in da, Ausland ent
flohen war. Was lag daran? Wenn
er sich auch nicht der Strafe entzogen,
hätt doch di ganze Strenge des Ge
fetze, keine Sühn für die furchtbaren
Folgen seiner That geboten. Diese
Ueberzeugung hatte ich erhalte, al,
mich die schwere Aufgabe getroffen, die
Leiche de, Gatten zu seinem unglücklichen
Weibe zu geleiten. Ein herzzerreißende
Scene spielte sich vor meinen Augen ab.
Nie in meinem Leben werde ich vergessen,
wie da, schön, im Schmerz aufgelöste
blonde Weib zu meinen Füße lag und
ihr bkidea vor Entsetzen und Angst zit.
ternden Kinder, welche die Schwere es
Unglück, nicht begriffen, an ihre Brust
gedrückt, mich um die letzten Worte ihre,
Gatten fragte. .Alle, verloren nur
die Ehre gerettet,' berichtete ich wahr,
heitSgetreu.
.Alles verloren ja, Alles verloren,
Ihr unglücklichen Kinder, Ihr seid nun
arm und verlassen nicht, ist Euch mehr
geblieben, al, ine verzweifelnde Mutter,
die an der Leiche Eure, Vater, schwört,
daß sie kein Sünde begangen!'
Ich habe ihr auf' Wort geglaubt.
Und all dies grenzenlose Unglück
damit die Ehr gerettet!?
A: .Ich halte meine Frau gut!'
B: .Ich entschieden noch besskrl'
ff: .tt"d ii ,um B en!'
JXIl
Beilage zum Nehrasla Ttaatö.Anzeiger.
wenn man Nichten hat.
Eine Jenmiade on Jturt Wallicht.
Ich weiß nicht, ob in allen Familien
der jüngste Onkel on seine Neffen und
Nichten mit einer solchen nun, sagen
wir ameradlchastlichkett behandelt
wird, wie e, in meiner Familie der Fall
ist. Wen diese aber der Fall ist. dann
möchte ich alle diesen jüngsten Onkeln
rathen, ihre Ersahrungm zu veröffent
liche. Ich glaube, e würde manche,
Beachtenswerthe der Vergessenheit ent
rissen werden.
Ich habe nun Nichten, Neffen nicht.
Dafür aber sind meine vier Nichten der
Art gerathen, daß sie mindesten, für
sechs Neffen gelten können. E sind
die Kinder meiner zwei Schwestern, die
schnell nach einander heiralheten; infolge
dessen die vier Cousinen nicht weit im
Alker von einander verschieden sind. Sie
stehen in dem für Andere gefährlichen
Alter von vierzehn bi fechSzehn Jahren
und besitzen einen Uebermuth, der für
den Zuschauer recht belustigend, für den
davon betroffenen jedoch nichts weniger
al, angenehm i't.
Besonder meine älteste Nichte, Olga
heißt die LiebmSwürdige, ist von einer
Lustigkeit und einer Erfindung in losen
Streichen, die geradezu erschreckend ist.
Unter fünfzig Streichen (soviel kommen
ungesayr aus eine Woche), find 45 von
ihr ersonnen. Da Schlimmste bei der
Sache jedoch ist, daß die jungen M2d
chen sich garnicht vorstellen können, daß
ein loser streich ausgehkckt werden kann,
bei dem ich nicht der Mittelpunkt, das
heißt, der leidende Theil, bin. Ich will
in iachstehendem einige dieser IiebenS
würdigen Streiche mittheilen:
Es war im voriacn Sommer. Müde
und abgespannt kam ich eines Nachmit
tags nach Hang (ich wohnte bei meiner
älteren Schwester) und begab mich auf
mein Zimmer. Eine angenehme Kühle
durchwehte dieses; und frsh, eine Stunde
ruhen zu können, legte ich mich auf das
Sofa. Es war ein zweisitzige, Sofa und
viel zu kurz für mich, so daß ich, der ich
etwas zu lang gerathen bin, die Beine
über die Lehne desselben legen mußte.
Trotz dieser unbequemen Lage jedoch um-
sing mich bald ein tiefer schlaf, welche,
ich dadurch bewies, daß ich. wie Clotilde.
die Zweitälteste meiner liebenswürdigen
Nichten sich ausdrückte, emen harten Äst
durchsägt. Sie meinte natürlich, daß
ich schnarchte.
Wie gesagt, ich schlief fest und er
quickend. Es war geradezu ein Labsal
an diesem entsetzlich heiße Tage. Da
öffnete sich leise die Thür und herein tra
ten, auf den Zehenspitzen gehend, meine
vier Nichten, welche sich mir mit aller
Heimlichkeit näherten. Dann banden sie
ein Tau um meine in der Luft schweben
den Beine und gellten eine Verbindung
zwischen meinen und den Beinen des
lsosas her, indem sie da, eme Ende des
Taue, an eine, der letzteren banden.
Hierauf traten sie zurück und ein fast
diabolisches Lächeln glitt über die Züge
dieser kleinen Teufel.
Plötzlich ergriff Olga in gefüllte?
Wasserglas, beschrieb mit ihrem Arm,
in welchem ;e dieses Instrument hielt,
einen großen Bogen, und platsch schlug
mir der Inhalt desselben in das Gesicht.
nt etzt tuyr ich aus, uderblickte im
Nu die Situation, und voll von Rache
gedanken, machte ich einen großen Satz,
um dieser Blut habhaft zu werden. Da
ein Ruck meine Füße wurden vom
Fußboden in die Höhe gerissen und
meiner ganzen respektable Länge nach
lag ich auf dem Fußboden.
Lautes schallendes Gelächter erscholl in
vierstimmiger Harmonie, dann stoben die
harmonische Wesen zur Thür meines
Zimmer, hinaus, die Treppe hinunter,
durch den Garten, dessen Thür sie hinter
sich abschlössen.
Wenn der Chor der Räch aber ge
glaubt hatte, dieses Mal, wie schon so
oft, ungestraft davon zu kommen, dann
hatte er sich geirrt.
So schnell wie die Umstand , zulie
ßen, wickelte ich mich au meiner Lage
heraus, stürzte den holden Wesen nach,
erblickte sie auf der Planke, welche unse
ren Garten von dem de, Nachbarn schied,
sitzen, nahm einen Anlauf, um über die
verschlossen Gartenthür zu setzen, sprang
zu kurz, und lag mit einem Riß von
dreiviertel Meter Lange in der einen
Beinumhüllung meiner Unaussprechliche
aus oer rde.
Wüthend erhob ich mich. Aber o weh.
Ich hatte mir bei dem verunglückten
Sprunge da, Bein verstaucht und konnte
mich nur mit Mühe fortbewegen.
Jetzt kamen die Bier, welche da, un
glück angestiftet hatten, mit schrecken,
bleichen Gesichtern von der Planke her
unter, und wen meine Schmerzen eö
gestattet hätten, so wäre mir Genugthu
ung durch die Angst, welche sich auf den
Gesichtern der jungen Mädchen malte,
geworden.
rft kamen sie mnivltio aus mich zu,
gestürzt, um mir zu belfen. Dann aber
hielten sie plötzlich in ihrem Lauf auf,
aus Furcht, sich mir zu nähern.
Drei volle Wochen muPe ich da, Bett
1 . ... . L
ii ssrd i
MMVMi.
W
hüten ; nd ich gefleh , aufrichtig, ich
bereue e, nicht.
Denn, nachdem meine Nichten in de
ersten acht Tagen Alle, ausgebste hat,
teu, um meiae Verzeihung zu erlangen,
ließ ich sie erst nach Verlauf dieser Zeit
z mir herein, um ihnen ganz riesig di
Köpfe zu waschen und dann gnadevvoS
meine Verzeihung auf sie herabtröxfela
zu lassen.
Vo dieser Zeit au durften sie mich
pflegen ; und ich muß gestehen, daß ich
noch niemals so gut bedient worden bin,
wie iu meiner RekonvaleSzentevzkit.
Jeder Spott, jede Unart war verfchmun
den und ich fühlt mich wahrhaftig als
würdevoller Onkel.
Diese vier Mädchen hatten geradezu
acht Natur. Vier Koboldsnaturen und
vier Taubennaturen.
ES begann jetzt ine schöne Zeit für
mich. Mein vier Nichte führten sich
fünf Wochen lang geradezu musterhaft
aus. Dann aber kam der Rückschlag
Man war de, trockenen Tone, satt ge
worden und hatte beschlossen, wieder
Teufeleien auszuspielen.
Eine, Abends spät stieg ich zu meinem
Zimmer hinaus, um zu Bette zu gehen,
Meiner Gewohnheit gemäß zündete ich
kein Licht an, schlug die Bettdecke zurück
und griff tn da, Kopfhaar eines ivccn
scheu, der sich unbefugterweise in mein
Bett gelegt hatt.
Entsetzt prallte ich zurück. Dann aber
sprang ich wieder auf da, Bett zu und
ergriff im nächsten Augenblicke eine
Kopfeule, wi solche zum Reinigen der
Gardine benutzt werden.
Ein schallende, Gelächter hinter der
Btubentyur verrieth nur zu deutlich,
wer vte Urheber dieser ueberraschung
waren.
Am nächsten Morgen waren meine
Nichten im ganzen Haus nicht zu finden.
Sie hatten es vorgezogen, meinem Zorne
auszuweichen.
Dagegen erwarteten sie mich, als ich
am Abend nach Hause kam, bereits an
der Hausthür und erzählten mir voller
Auslegung, dasz ihre Eltern kaum die
Wohnung verlassen hatten, al, auch
schon ein Bettler gekommen sei und fle
belästigt habe. Auf ihr Geschrei sei der
Mensch aber nicht fort, sondern nach dem
Boden gelaufen, wo er sich noch befinde
Erstaunt hatte ich der Erzählung zu
gehört; dann hatte ich meinen Revolver
au, meinem Zimmer genommen, und
stieg, gefolgt von den Mädchen, über
deren Muth ich mich nicht wenig wun
derte und von denen ein, sogar mit einer
brennenden Lampe dicht hinter mir ginq,
die Bodentreppe hinauf.
Ich suchte in allen Ecken: aber kein
Mensch war zu sehen. Schon wollte ich
wieder umkehren, als Olga plötzlich auf
schrie, und mit der ausgestreckten Hand
nach einer Kammer zeigte, deren Thür
angelehnt war.
Dort mußte der Cinschleicher sein;
und mit einem machtigen Satze befand
ich mich tn dem Raume. Kaum icdoch
hatte ich mich umgesehen, als die Thür
krachend hinter mir zufiel und ein Hohn
gelächter meiner liebenswürdigen
Schwesterklndn den Beweis gab, daß
ich wieder einmal das Opfer eines ihrer
Streiche geworden war.
DieseSmal sollten sie aber nicht
glimpflich davon kommen; an die Thür
eilend, wollte ich diese aufreißen. Aber
eS ging nicht. Die Thür war von
außen zugeschlossen und hinter ihr ftan
den di jungen .Damen' und lachten
mich auS.
.Oeffnet die Thür I' brüllte ich.
.Nein, lieber Onkel!' kam S ironisch
zurück
.Oeffnet die Thür, sage ich; oder ich
rufe daS ganze HauS zusammen.'
.Da, wird Dir wohl nicht viel nützen.
Papa und Mama respektive Onkel und
Tante sind ausgegangen und das Mäd
chen ist von unS inftruirt, sich nicht um
Dein Schreien zu kümmern. '
.Zum Donnerwetter önnet, sage ich
zum dritten malt. Ich beseht es
Euch.'
.Rege Dich nicht aus, lieber Onkel;
das könnte Deiner Schönheit schaden.
Wir öffnen nicht eher, als bis Du uns
um Verzeihung gebeten hast.'
Seid Ihr verruckt geworden i Ich
soll Euch um Verzeihung bitten?'
Ja, lieber Onkel; und zwar dafür,
daß Du uns gestern in Gegenwart Dei
neS Freunde Doktor Harden, der un
nebenbei bemerkt, sehr affig vorkommt,
dumme Gänse genannt haft.'
.Oeffnet die Thür! Versteht Ihr.
Ich werd mich schön hüten, Euch vm
Verzeihung zu bitten.
.Dann kannst Bu auch nicht aus der
Kammer heraus, liebe? Onkclchen.'
Ich raste beinahe vor Wuth. Ich,
sollt um Verzeihung bitten ? Nie I
Niemals I
.Nun Onkelchen, haft Du Dich be.
sonnen?' fragte Olga.
.Geht zum Kuckuck."
.Wie Du willst, liebeS Onkrlchen.'
mFif ' rti i nli 1 fl.rM.r.
daß meine Peinigerinnen ftch anschickten,
VVt 'vl IM VVI4llfc4l,
den Boden zu verlassen.
.Hast Du Dich,en! chlosjev, Adbitt
zuthu?'
No. 24.
.Nein.'
.Dann kommst Du auch nicht heraus;
mir erde un, nach dem Garten be
geb,.
.Da, erdet Ihr bleibe lasse.'
,Dna thue Abbitte.'
.Wa soll ich dnn sagen?'
.Ich erd Dir Alle, vorspreche.
Als,: Ich bitt Euch hiermit; also'
.Ich bitt Euch hiermit-'
.Um Verzeihung'
,m Ver Nein.'
.Wie Du willst. Adieu liebe.
Onkelchen.'
.Halt.'
.Um Verzeihung! '
.Um Verzeihung'
.Daß ich Euch-'
.Daß ich Euch'
.Dumme Gänse genannt habe.'
.Dumme Gänse genannt habe.'
Die Thür flog aus. und wi di wild
Jagd stöbe mein Nichte die Treppe
hinunter.
Ich ging auf mein Zimmer und legte
mich wüthend über meine Niederlage zu
Bktl.
DaS find einige on de Streichen,
e meine Nichte mtr gespielt haben,
Jetzt sind st älter geworden und All
oerhenathet. Wen ich e, genau über
lege, war aber damal, eine schöne Zeit
Die ältesten Entdeckungsfahrten
Ja einem kürzich veröffentlichten Werke
mit dem Titel: Tne joarnal of Chris
topher Colambue and documento
relating to the voyagea of John
Cabot and G&spar Corte Real"
(Iiakluyt society, London 1893) sind
di wichtigste der Urkunden abgedruckt,
die sich auf die Entdeckung Nordamerika,
durch den Venetianer Johann Cabot und
eine söhne beziehen. Wir wollen da,
Bemerkenswertheste darau hier mitthei
len. Am 13. Dezember 1479 schrieb
der Gesandte des Herzogs von Mailand
am englischen Hose seinem Henn: .In
diesem Königreich lebt in gewisser
Venetianer Namens Johann Cabot, in
sehr tüchtiger Seefahrer, dem die Be
sihergreifung unbekannter Inseln durch
die Könige von Spanien und Portugal
den Plan eingab, ähnlich Ländererwer
bungen für den König von England zu
machen. Nachdem ihm durch in König
liche Urkunde die Nutznießung aller Ge
biete, die er entdecken würde, unter der
Oberhoheit der Krone zugesichert war.
vertraute er sein Vermögen einem kleinen
Schiffe mit einer Besatzung von achtzehn
Mang an und fuhr dan von Bristol,
einem Hafen im westlichen Theil dieses
Königreichs, ab. Nachdem er Irland
hinter sich gelassen hatte, steuerte er zu
erst nördlich und dann östlich. Aus diese
Weise erreichte er nach langer Fahrt
festes Land, wo er die Königliche flagge
aufpflanzte; mit verschiedenen Gegen
ständen, die Zeugniß von seiner Ent
deckuvq ablegten, kehrte er daraus zurück.
Da er aber ein Ausländer ist, würde
man ihm doch wohl keinen Glauben ge
schenkt haben, wenn nicht die Bemannung
seine Aussagen bestätigt hätte. Dieser
Johann Cabot besitzt eine Darstellung
der Welt auf einer Karte, such auf einer
Kugel, die er selb angefertigt hat und
auf welcher er die Orte zeigt, wo er ge
wesen ist. DaS von ihm entdeckte Land
soll ausgezeichnet und von mildem Klima
sein; das Meer voll von Fischen, die
ledoch nicht mit Netzen, sondern mit
Körben, die durch Steine beschwert sind,
gesangen werden. So hat Johann Cabot
S mir selbst erzählt.... Es geht hier
auch das Gerücht, daß in kurzer Zeit
seine Majestät mehrere Schiffe für ihn
ausrüsten und ihm alle Taugenichtse
mitgeben will, damit er ihnen ein Kolo
ni gründe kann. So hofft ma Lon
don zu einem größeren Stapelplatz für
Gewürz zu machen, als Aierandria,
Die hervorragendsten Männer dieses
Unternehmen find in Bristol ansässig.
ES sind groß Seeleute, und jetzt, da sie
die Richtung kennen, behaupten sie. daß
die Reise oo Irland aus nicht mehr als
vierzehn Tage beanspruchen wird. Ich
habe mit einem Burgunder gesprochen,
der ein Gefährte Johann CabotS war,
mir die Alles bestätigt und auch die neue
Reise mitmachen will, weil der Admiral
ls wird err Johann etzl genannt) tym
ein Insel gegeben hat.'
Am 25. Juli 1498 chriev ver pam
ch Gesandt aus London an Ferdinand
und Jsabella: .Der König von Eng
land sandte fünf Schiffe mit einem wie
ColumbuS aus Genua gebürtigen Mann
an der Spitze aus, um die Insel Bra
filien und ander tn zener Gegmv auszu
uchen. Sie find mit Lebensmitteln aus
ein Jahr versehen und werden im Sep
tember zurückerwartet. Nach der Rich.
tun, die sie eingeschlagen haben, müssen
die Ländergebiele, die sie sich zum Ziel
genommen haben, in der Besttzfphäre
Eurer Hoheiten liegen, er xonig yai
mit mir mehrere Male über diese Ange.
leaenheit gesprochen und scheint ein großes
Interesse daran zu nehmen. Ich glaube,
die Entfernung von hier betrügt kaum
400 Meilen.'
Ueber die Reifen deS Portugiesen
GaSspar Crs Real im S,mmer b,
Jahre 1500 und im Frühling de f.l.
genden Jahres vo dieser Reis kehrt
er nicht wieder zurück lieft man in der
"Chronica do Feliciinio Ilei dm
Ernanuel" ooaipomU per Duaien
de (Jot (Linaabon 1500): .Galpar
(fort Real in unternehmend
Mann, tapfer und ehrgeizig. 9t saht
de Plan, Länder in nördlicher Richtung
zu nldecken, eil schon so viel t sid
licher entdeckt worden wäre. Der König
begünstigte sein Unternehme, und i
Sommer de Jahre 1500 segelte er mit
einem wohlauSgerüftete Schisse au de
Hafen o Lissabon. Auf dieser Reis
entdeckte er in Land, da sehr kalt und
wie all Länder in jener Richtung dicht
bewaldet war. Er nannt e .Grünes
Land' (die Oftküst von Reusundland ist
Semeivt). Di Eingeborene find dar
arisch und ild, fast ebenso sehr ie
diejenige de Lande vo Sancta lkruz
lBrafiliev).... Nachdem GaSpar Corte
Real ein groß Strecke aa der Kiste
jene üandeS entlang gefahren war, kehrt
er nach diesem Königreich zurück. Da er
aber mehr von dieser Provinz entdecke
und besser mit ihren Vortheile bekannt
werden wollte, fuhr er am IS. Mai 1001
von Neuem au dem Hase vo Lissabon
ab, aber ma weiß nicht, wa ihm ans
dieser Reise zustieß, denn ma sah und
hört ni wieder etwa von ihm. Die
Ungewißheit über sein Schicksal erav
laßte seinen Bruder Miguel Cort Real,
der ihm in großer Liebe zugethan war,
ihn auszusuchen. Er verließ Lissabon
am 10. Mai 1502 mit zwet Schiffen,
aber auch on ihm hörte ma ni etwa
wieder. Der König empfand den Berluft
dieser beide Brüder in hohem Grad
und rüstet im Jahr 1503 auf seine
eigenen Koste zwei Schiff au, welche
die Verschollenen aufsuchen sollten; über
ihr Schicksal konnte jedoch nicht sepge
stellt werde.
Hinzufügen müssen wir, daß in der
beide Schiff, welche Gaar Cort
Real auf der Reise nach de Küsten
Nordamerika mit sich führte, glücklich
heimkehrt und nicht allein Kund vo
inem gewaltige Festland mit große
Flüssen und ungeheuren Wälder und
reich an Früchten und Fische und Wild
aller Art mitbrachte, sondern auch Ein
geborene der bi dahin unbekannten Ge
genden, die in Lissabon di allgemeine
Neugierde im höchsten Grad erregten.
Man bewunderte sie wegen ihre tadel
losen Körperbaue und fand Gefalle
an der unbefangenen Heiterkeit ihr
Wesen. In einem zeitgenössischen
Briefe auS Lissabon heißt e von ihnen?
Obgleich st wilde Menschen zu sei
cheinen, sind sie doch bescheiden und
anftmüthig, und ihre Arme, Schultern
und Beine so wohl gebildet, daß ich st
nicht beschreiben kann. Sie spreche,
aber Niemand versteht sie. Ich glaub,
man hat sie in allen Sprachen angeredet.
DaS tzlsen ist ihnen unbekannt, dassr
haben sie aber steinerne Messer und auch
ie Spitzen ihrer Pfeile bestehe au
Stein.
Ländttch.sittttch.
An dem Darß, hart an der pomm-
isch-mecklenburgischen Grenze, liegt i
Dünen eingebettet das Dörftein Ähren
hoop. Heute erhebt sich am Strande ein
stattliches KurhauZ, Hotel Bogiöla ge
nannt, wo sich zur Sommerszeit nament
lich Berliner Maler und Malerinnen
aufhalten, um Wellenschlag und Luft
ftimmunge an der See zu ftudiren.
Vor zwei Jahren aber war nur ein ein.
sacher Dorskrug rm Ort, und Vater
Maiß. in altr seeoesahrener Mann,
kredenzte den Gästen Braur,bier und
einen .chiuck", worunter ummel
branntwein zu verstehen ist, dem für
Leckermäuler ein Schuß Himbeersaft bei
gegossen wird. ,
In jener Zeit des JdvllS, da nun die
Hochfluth der Kultur überschwemmt hat,
ust wie das einst fruchtbare DorsqelSnd
durch die letzt große Sturmftuth ver
anbete, dielt ich fo nählt un tu
Freund der .Täglichen Rundschau'
als Ich von Wuftrow au, ein Küsten
Wanderung nach dem Darßer Leuchtthurm
machte, oottsl AhrenShooperKrug Rast.
Gun Zvkorrn oi, arr," sagt Vatrr
Maaß und schiebt mit kräftigem Ruck de
Hosenträger auf die Schulter hinauf, der
überm dicken, erschossenen Flanellhemd
die einzige Bekleidung seine, Oberkör
per bildet: .Wat willn Se drinken?'
Ja, Vadder Maaß, enen Schluck!'
Vater Maaß bringt geschäftig zwei
Flaschen und ein Gläschen und stellt
Alles vor mich hin. Ich fchänk mir
ein, da ich die Landesart kenn, erst au
der .Kömbuddel': dann halt ich Vater
Maaß das Gla hin; e schwamm Sm
lich ein mächtiger Brummer drin, den die
Lüsternheit nach dem Himbeersaft da
Leben gekostet hatte. .Ja,' fegt Vater
Maaß und hält erst daS Glas, dann die
Himbeerflasche vor' Auge: .dor iS kee
Proppen up weft!' Stellt Beide wieder
hin und schiebt wieder den widerspmfti
gen Hosenträger hinauf. .Awer dat
kann ick doch nich drinken. Vadder
Maaß!'
.Dar mögen Se Ich drinken?' er
widert er, führt da, Gla zum Mund,
trinkt'S mit inem Wupp au, fördert
den Brummer, den er klüglich zwischen
den Zähnen behalten, mit dem unnach
ahmlichen Schick des Seebären wieder
an' TaqeSlicht, daß er erst einen Sprung
auf die Tischplatte und dann einen zweiten
auf die Erde macht, schänkt das GlaS
wieder voll und reicht mk'S hin: .So,
Han! Wohl bekomm'!'
Auch ein Grund.
.Ich werde mich hüten, diesem Ver
s ch w n d r meine Tochter ,ur Frau zu
eoenl ischreivi nur ver Mensch 'nen
Zrief und schüttet so viel Streusand
d'rauf, daß ich muß bezahlen da. Straf
porto!'