Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, October 22, 1891, Image 3

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: ..., die Singer gelien Hnem doch über Alles!"
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PYNCHON & BOWMAN -
Momit Aorest Addition.
Geld zu verleihen
a solch Lkutt, welch Hlllser zu bauen gedenken.
1 und. O Strasse.
Hncidcrmcislcr.
Die modernste Anzügen nrerbeti nach Maß angefertigt, ach hat derselbe in
' seinem Saget
Jcine Mgrrcn und Tabak stets vorräthig.
2? ß traNe. Linco'n, Neb.
ttro. Hub leindändler in
( DRY GOODS and GROCERIES.
Oftseite Goverumenr square,
UNCOI.N NFiV
E. R. GUTHRIE, 1540 0 ST.,
Händltr in
alawagcn und
Ncit und Pftrdkgrschirre.
0. öi. ulhri verfügt aber die xräcbligst und reichste Ausmahl von Waaen
in Lincoln, Kaufet nicht, bis ihr lein W.iaenlaaer in Zluaenscbein aenommen bndl.
Ihr werdet ein günstig Gelegenheit unbenutzt vorübergehen lassen, wenn ihr nicht
er oreivei: lerner verruai v,e e irma uvec Den aronicn orraili tn ..Vicuclci
I I. e
erchants' Hrchange !"
Ebbe und Zluth.
Roman aal dem Hamburger Lebe.
, ri'l 3cmm.
Se,enSberde?Pst.Ofsic LiOCOlD, Neb.
?,K ud Icon kr Morgens hl UhrAddO.
Der Vesiher diese prächtigen Lokale nvrb nur Waare der feinsten Qualit f
führe und seinen Kunden in bn zuvorkommendsten Weise da meltdcriihmte T'ck
Vro. Lagerbier kredenzen.
SchiU'er's .: Wirtschaft
128 südl. 10. lr.,
A iivcoi-rs.
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TV 15131.
Da berühmt
chenscr-Bufch Bier
ethisch a Japs.
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tLvcnsaus pic ciicn AZciric u. Viiflamn.
I. B. Trilkcy (5o.
'Chrmacher ii. Juwelcnlcindler
1035 D trahe, Lincoln, Nedr.
D alte renommirte JuwlenHandling könne wir dem Publikum wegen de
Solidität und Eleganz der Waaren, so,' der mäßigen Preise besten empkehlen
Hermann Brothers.
Klcidcr und Scrrcu-
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Gardcrobc'Artikcl.
1017 & 1019 0 Strasse,
Lincoln. Nebr.
Kaussrauen
gebrauchet
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Baker's Kleider - Laden )
1125 0 STRASSE.
Anzügen für Männer, Knaben und
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JUIlütT
nde u niedrigeren Preisen verkauft, al in irgend einem anderen Geschäft der
Stadt. Wir besitzen da grösste Lager in Garderobeartikeln für beiler.
X Kaufbedingungen: Baar.
(Zrts,'tzug.)
m-Da't" sagt Markha Briiikmai,
verivundert. .Wa hast Du mit dem
Manne?"
,O. ichl Besonderes.- entgegnele
er finster. .Xu weiszt. daß ich siülicr
Burcauvorsielier beim Doktor Wilsou
gewesen bin ; es war eine gute. a
kvmmliche Stelle. Aber iSilion war
ic, Änivalt. und er ich mciiie tce
i,,c bekaiipicte. daß ich mich einer
Uuregclmaszigkrit schuldig gemacht haite.
Du lieber toit. al ob da nicht Jedem
passire kviiuicl iiur; und gut, ich
wurde entlasje. (Glaubst Du den,
daß ich mich sonst als ÄZolkSanwalt an
spucke ließe V"
Sperber nahm seinen Hut und ging
nach der Tbiir. Also den Brief stl,ick,t
Du ab, Martha. und ach acht ,agen
komme ich wieder vor. Aber er wird
wohl schon früher von sich lim. lassen,
ji'iir lein Äuerbieie annehmen ohne
mich hörst Du ?-
.Und was forderst Du selbst?" frug
Martha Brinkmaiin, entschlosjen. auch
diesen Punkt zn erörtern.
ür strich sich mit einem lächeln den
struppigen Schunrrbark. Du bist och
eine recht 'stattliche Person. Marlha."
entgegnele er dann langsam, und da
Iunggcsellcnlebcn behagt mir nicht mehr
sa recht. Icl, habe mir zwar schon ein
mal eine orb geholt, aber man wird
vcrnünstiger und legt in späteren Iah.
rc mehr (Äcivicht auf innere Vorzüge.
Guten Abend."
Martha Brinkman stand aNein mit.
teil in ihrer eii'samcn Stnbe nd blickte
sich fchcn um. hr Auge fiel unmill.
knrlich ans das Svpha. wo vor wenig
Tagen ihr todter Mann gelegen hatte,
und es lief ein Frostein Über ihren
Körper.
Gott soll mich bewahren," sagte sie
leise, ich glaube, ich wäre im Slande.
eine Dummheit zn begehen. Es ist
nicht schon, wenn der erste Mann sich
wegen anderer cnte Schlechtigkeit die
Kehle abschneidet, aber wenn andere
Veute dem Zweiten wegen seiner eigenen
Schlechtigkeit 'mal a die ehle wollten,
da wäre denn doch nch schlmner I"
7. Kapitel.
Wenn man vor zwanzig Jahre vom
großen Ncnmarkt ans in gerader Rich
lang nach der Binnenalster gelange
wollte, so war da vom Eintritt der
Dunkelheit an ein nicht ganz nbedenk.
liebes llnterihmcn. E lag nämlich
d lieat zum Tbcil noch lwiimen die
seil beiden Punkten ein Gewirr von
Gassen nd Gäßchcn, welche jedem
pamonrger unter dem Flamen tsange
viertel" wohlbekannt ist, in guter Ge
sellimait aber nicht gerne genannt wird,
weil e eine dunkle,, Punkt der alte
nd schöne vaniclladt berührt.
Wen Berbrechcn und Laster sonst
bei groben Gemcinwcien a den anizer,
sie Grenzen ihre Höhlen haben, sind
sie hier gewissermaize im Innern der
sladt kigea,nrt. a sie trete in einen
grellere Gegensatz zn dem geinno fni
iirenden Leben, seitdem die Verhältniß
mäßig elegante Westrasze diesen Suinps
iliiuairr uno plyiiaier erivm,nciiic.i
wie mit einem Da durchschnitten
und in zwei Hallten getheilt hat.
Während der Blick der Passante
vorwärts nd rückwärts schweifend an
einer stattlichen Häuserzeile entlang glci
tet. vermeidet er gerne die recht und
links befindlichen schmalen Ocminncie
denn diese sind ebenso viele Eingänge
in eine vielleicht nicht nnintere,ant, ic
densaa aber unheimliche und selbst
von der Polizei gerne gemiedene Welt.
Vamvicrtel" tzat der traurige BvikS
witz diesen Stadttheil nicht mit Unrecht
gctanst, denn i e i b t Der onrre itnocye,
mann kau die enge ineinander gc,
schachtelten Gassen nicht durchschreite,
ohne mit der klirrenden Sense jede
einielne vans bernlircn.
Aus dem vierten, fünften Stock der
vorwärts geneigten Gcbände vermöchte
die gcgenübenvohnenden Nachbarn sich
die Hand zu reichen, aber sie strecke
sich im ewigen aber nr die ,van t in s
Gesicht : ans der Gasscnsohle sind Licht
und Lust unbekannte Begriffe, aber die
Bcwoiiner sraacn nicht am der onne.
den sie flecke Tag über in ihren
muffigen Spelunken und leben zur
Nachtzeit.
Da ganze Stadtviertel maa im
Miltelaller eine Art Ghetto gewesen
fei ; der Ebräergang" deutet noch da
rauf hin, aber die Juden find vcr
fchmnnde, nd ein internationales
Gannerlhn! hat ihre niisreimMigen
laiien sieiivliiig eingenommen.
A einem nebeligen Aprilabcnd, we,
nige Tage ach den geschilderten Er,
eignisscn. trat ei Man ans einem
banfällige Hanse des Ebräeraangcs.
Das Gebäude war ein Gasthos fünften
Range, aber immer noch anständig im
Verhältniß z seiner Umgebung, nud
wenn der Sieger jim zn leinem ceiie
gesährten geäußert halte, daß ihn ledig
lich ei billige Unterkomme i diese
verrnsene Gegend geführt habe. 10
mochte da hinsichtlich der Preise dieses
HolelS" zutreffen. Im Uebrige schien
zin uvrr auo) iioai anocrr jivcae zu
venolge.
Er bog in eine nebe dem grünen
Papageien" mündende Gasse, die alS
lißrathcneS jiind des EbraergangeS
gelten konnte, überschritt eine morsche
HolzbrUcke nd gelangte nunmehr in
einen dritten Gang, dessen AcußereS
jedem Anspruch an mcnichenwnrdigeS
Dasein kinicch Höh sprach.
Ein verdammleS Nest," sagte der
Sieger eie. .achte, mein Einige,
da liegt ein besofsener Ehristenmensch in
der Gosse ; hoffentlich beißt er mich nicht
in die vaoe r
Erst welche haben, oller Tinten,
fisch !" brummte eine rauhe Stimme,
und da wüste Gesicht eines Mannes
hob sich vom glirtschngen Pslaiier in
da trübe Licht einer einsame Laterne.
Da folgte die ganze verlotterte Ge
stall nd pflanzte sich breitspurig vor
den ariiiicndcn ?,eger.
öS war ein muskulöser Mann im
mittleren Lebensalter ; ans dem von
struppigen Baithaareu mwuchertcn
Branntivcingciicht ragte eine ungeheuer
licke Nase in die Luft.
Wen daS ein Spaß fei soll, dann
ist es ein fauler." murrle der Fremde,
kannst Du eine ehrlichen Kerl nicht
Ichlasen lae, verdammter Äiiggcr!"
Er zoa feine ftanste au den naschen
de zerrissenen Bcinkleidc und setzte
schwankend den rechten Fuß vor, al
yaiie er Ln,t z einem Bvfkamp,e.
Jim lächelte verächtlich. Laßt da,
e düisie Euch schleck, bekommen, a,
merad!" sagte er. seine iÄeaner mit
eier leichicn Handbemegnng zurück
schiebend .ucli .d Eurer werthen
Na,e. Hab, Zl,r denn keinen Nickcl in
orr .aznik. um uuch bei Batcr WiU'm
uoer o chia,iau zu yangen?
Vangl na, selber!" mrm.elt
Jener, durch die Krastprobe de Neger
ciuiu criiuuicn, uoer va yapert
aiuriich !
Freilich, so weit sind wir noch nicht,
lachie Jim.
Na, vielleicht werden' Andere be
sorgen," versetzte der Betrunkene höh
lisch.
Auch möglich, Kamerad!" .
Der Strolck Unvt ni trat einen
ScZliiit näher. .Wirklich? I,o auch
vom Handwerk? Da hallet Ihr gleich
sagen können, jtamerad." !
,ommt aus sie 'pezialit a ;
wa ist Eure?"
.Hm" brummte der Andere, mit
einem mißtrauische Blick.
,Na, nur nicht angsilich ! Seid Ihr
vielleicht gar der Knorpclsritze, he?"
,lld wenn ich es wäre f"
.Dann kömmt mit zu Baler Will'm,
er hat Euch mir empfohlen, nd Ihr
wißt, daß er vorsichtig ist und sich seine
Leute ansieht. Wen Ihr also Lust
habt, eine hübsche Anzahl von dem da
zu verdiene "
i)er Sieger griff in die lasche iiiii.
öffnete dann die geballte Hand : bei dem
matte Schein der Laterne btitjte es wie
ildcr oder Geld ans. und die Nach.
läfsiglcil. mit welcher Jim den vcr
lockenden Mamivn unter die begehr
lichcu Augen de Trunkene hielt, be
wie am beste da eibstbewußtsein,
mit welchem ihn seine körperliche Kraft
erfüllte.
'Der als .norpelfritze- Bezeichnete
war bei dem Anblick des Geldes plötzlich
nüchtern gcwpiden. Er schluckte ,u,r
och hastig ei paarmal und fuhr sich
mit der Hand durch die struppige
Haare, dann richtete er seine kräftige
Gestalt f traut m auf und sagte : ,E
ist gut. alter Junge, daß Ihr mit den
hübschen Dingern da just an einen ehr.
lichen Kerl gerathen seid. Ucbrigcn
braucht Ihr nicht so laut damit zn
klimpern, da ist hier ei gcsäbrlichcr
Ton. Also Vater Will'm, sagt Ihr?
Ans die Empfehlung will ich mit Euch
gehe, und wen' ei anständige Ge
schäst ist '
Er brach kurz ab und ging mil festen
Schritten voran ; Jim folgte ihm auf
den Fersen, nd Beide betraten gleich
daraus einen Keiler, dessen trübe, rothe
Lampe vom Ende der Gasse herauflcuch
tete.
Der als .Batcr Will'm" bezeichnete
Wirth kam ihnen entgegen und führte
sie ach wenigen, leise mit Jim gewech
selten Worten in ein nach hinten gclc
gencS niedriges' Zimmer, stellte ei
Talglicht aus den Tisch, brachte zwei gc
füllte Groggläser und entfernte sich.
Die beide Männer saßen einander
gegenüber nd betrachtete sich prüfend
bei der trübe flackernde Kerze.
Endlich nahir. der Knorpelsritze, oder
Fritz Gchrke, wie er mit seinem eigent
lichen Name hieß, daS Work.
Ich sehe, daß Ihr nicht gelogen
habt ; Bater Will'm kennt Euch, sonst
säße wir nicht in seiner guten Stube
beisammen. Also thut' Maul aus,
Mann, und sprecht."
Ihr seid Schränker?" frug Jim,
an seinem Grogglase nippend.
Gehrke legte seine breite Faust ans
den Tisch nd nickte. Mit einem g
tcn stcmmciscn breche ich die Hölle ans,
wenn'S daraus ankommt."
.Die Mühe könnet Ihr Euch spa
ren," meinte der Neger ruhig. Aber
ich denke, mit einem chreibtisch oder
nöthigensallS einem Geldschrank werdet
Ihr fertig."
Selbstverständlich. Habt Ihr 'wa
ausbaldowert ?"
Könnte schon'sei. Kennt Ihr die
Villa sanguessa ans Uhlenhorst t"
Der Einbrecher dachte eine Augen
blick ach. Richtig, der Brasilianer I
Ein reicher Herr, aber wenig zu holen,
Kamerad ; er hat sein Geld aus der
Bank liegen."
Bis auf da, was man für' Hau
braucht und da dürste für Euch genug
abwerfen. Ich selbst mache keinen
Anspruch daraus, ich will nur mit dabei
ein."
Gchrke hob erstaunt den Kops und
betrachtete den Neger mit sonderbaren
Augen. Hört, Kamerad," sagte er
langsam, Ihr scheint mir ein sonder
barer Heiliger zu sein. Was bei allen
Teufel veranlaßt Euch, dem Herrn
einen Besuch abzustatten, wenn Ihr
e, Geld nicht wollt f"
Ich will mehr," entgegncte der Ne
aer finster.
Mehr ?" Fritz Gchrke rückte feinen
Stuhl zurück und kreuzte die Arme über
der breiten Brust, uiichr, sagt Jlir,
Mann? Ich will nicht hoffen, daß
ich Euch richtig verstehe. Nach dem
Geld kommt da Leben, wie das Amen
nach der Predigt. Wenn's an dem ist.
dann geht ein Haus weiter, ich habe
noch nicht roth gefärbt und da Abfah
ren möchte ich mir auch nicht nnöthig
beschleunigen."
Jim lächelte verächtlich. Seid ohne
Sorge, da habe ich nicht damit ge
meint. Wenn es sein müßt und
man kann ja nie wissen, wie so eine
Sache abgeht dann nehme ich die
Arbeit ans mich allein. Hort Ihr,
Mann, aus mich allein, und da ist
mehr als Ihr fordern könnt, denn Ihr
selbst wißt ja auch niemals, ob man
nicht im letzten Augenblick gezwungen
wird, sich seiner Haut zu wehren."
.Pah." sagte Gchrke, da ist dann
Nothwehr ! Goddam, man wird sich
doch nicht seine sauer verdienten Gro
scheu abjagen lassen, wie 'ne Katze den
Kanarienvogel l Die kratzt schließlich
auch."
Also, da Kratzen besorge ich,"
schloß Jim.
Ruorpelsritz fuhr sich mit alle fünf
Fingern durch die Haare. Da klingt
Alle recht gut." sagte er bedächtig,
aber reiner Wein ist' immer noch
nicht. Ihr wollt nicht rauben, Ihr
wollt nicht todlschlage, aber dennoch
soll ich mit Euch einbreche ; da kann
sich der Deubcl einen Reim d'rans
mache !"
Jim antwortete nicht. Er trank sen
neu Grog ans nd starrte in da leere
Glas. Sein dunkle Gesicht hatte einen
wahrhaft eivtsctzlichen Zug von Haß und
Rache angenommen, so daß selbst der
abgehärtete Verbrecher sich scheu um
blickte und unwillkürlich seine Hand an
den Hosengnrt und aus den Griff le
dort steckenden Messer legte.
Dann blickte der Neger plötzlich auf
und frug kurz : Wollt Ihr eine Ge
schichte höre, Mann ?"
Eine Geschichte? Warum nicht,
wenn sie gut ist und nicht zu trocken."
Der Neger wandte sich um. Heda,
Will'm eine Flasche Wein !"
Der Wirth brachte da geforderte
Getränk und Jim goß die Gläser voll.
Nach dem ersten Schluck schüttelte er sich
und sagte: Just viel besser al Gift ist
da nicht, aber meine Geschichte paßt da
Wißt Ihr, Mann, wa ein
Sklave ist?"
Fritz Gchrke kratzte sich verlegen den
Kops. Hm da i,t so 'ne kitzliche
Frage. Goddam, Sklaven sind wir am
Ende Alle. Wenn ich znrüSdenkc
mein Alter starb im Znchthauje und
meine Alte irgendwo hinter' Zaun.
Wenn er 'mal 'rauskam, haute er mich,
nd so lange sie noch nicht die Gier t
halte, war sie darin mit ihm einig. Er
ahm für gewöknli6 den Schürhaken.
und sie die Feuerzange oder den Besen
stiel, aber 'nen großen Unterschied hab'
ich nicht gespürt. Da war wohl schon
so 'wa wie Sklaverei, ich glaube nicht,
daß e mit der Peitsche härter tl,t.
Dann kam ich so nach und ach selbst
in' ArbeitShau, und ich dachte zuerst,
daß mir ganz wohl wäre. Gehanen ha
den sie mich da nicht, aber ich mertte
bald, daß Prügel und Freiheit besser
sind, al Gefangenschaft ohne Hiebe.
Na, nun bin ich 'mal wieder 'raus, und
ein Weib labe ich auch nicht, aber hol'
der Satan da elende Dasein, ich glaube,
ist heute noch miper Sklaverei die
alte Leier, den die Polizei "
Fritz Gehrke brach ab und horchte
hinan. E hatte sich ein Lärm ans
der Gasse erhoben, dann wurde wieder
Alle, still.
Da könnt Ihr es gleichkfeh'n." sagte
der Verbrecher aufathmen. m bt
just nicht Besondere aif dem Kerb
holz, aber schon der Gedanke an die Po
lizct und das Zuchthaus macht mich nrx.
öS wie ein Frauenzimmer. Ist da
nicht Sklaverei genug?"
Ihr seid ein Narr," entgegnele der
Reger geringschätzig. Wenn Ihr nicht
Schlimmere erfahren habt in Eurem
Lebe, al Prügel von Vater und Mk
ler nd ei biöche Wollspinnen aus
Staatskosten, dann mögt Ihr Euch
glücklich preise. Manul Wenn
mein Vatcr mich noch ziichtigcn könnte,
ich wollte, so all ich bin, stille halten
und nicht mucksen. Aber man hat die
Hand abgehauen dicht au meinem Kör
per, al sie mich festhalten wollte, wie
ein Vater seine einzige Sohn sesthält,
den er liebt l Ihr habt nicht Weib und
Kind, sagt Ihr, und freut Euch dar
über? Aber ich hatte Weib und Kind,
und wcnn'S armselige Nigger waren,
ich hatte sie doch licb, und e that bitter
wch. aus dem Sklavcnmarkt von ihnen
getrennt zn werde. Wen ich ei
Räuber und Mörder gewesen wäre und
sie hätte mich in' Zuchthaus gesteckt
gut ! Dann saß ich drinnen und
wußte warum, und wcin meine Zeit
aus war. dann kam ich wieder heraus.
Aber warum ich eingefangen werden
mußte wie ein wilde Thier und verkauft
werden, blos weil meine Haut schwarz
ist und mein Schädel dicker als Euer
Schädel ; und warum die Sklaverei
dauern sollte bis an mein Leben,
ende das habe ich nicht begreife kön
neu. Glaubt Ihr, Mann, daß die
Hiebe mit der Peitsche sanfter schmecken,
wen man sie bekommt nicht sür'S Faul
lenzen, sondern als Aufmunterung zur
Arbeit, und meint Ihr, daß da Mais
kolbcnfniter glatter herunterrutscht,
wenn eS mit einem Fußtritt vorgemor
seil wir nd wenn da Gesegnete
Mahlzeit" lautet : Friß, verdammter
Nigger?"
norpclfritze hatte den Kops aus beide
Fäuste gestützt und selbst da Trinken
vergessen. Unverwandt hatte er den
Erzähler angestarrt.
Wen da AllcS wahr ist, da muß
eS Euch freilich schlimm genug ergangen
sein," sagte er jetzt.
Wahr?" rief Jim verächtlich. Wa
ich Euch erzählt habe, ist nur der kleinste
Theil von dem. wa ich erlebt habe.
Ihr glaubt es wohl nicht, weil mau am
grünen Tisch den Sklavenhandel jetzt
auch in Brasilien aufgegeben hat ? Aber
wie' in Wirklichkeit aussah, wie ich
noch drüben war, davon hat man hier
in Eurem Lande keinen Begriff.' Wenn
Ihr eS genauer wissen wollt, dann
nehmt Euer Stemmeisen, klopft dran
ßcn aus Uhlenhorst bei Don Fernando
Sangnessa an und fragt, ob er sich noch
des Häuptlingssohnes vom Nigerstuß
entsinne und dieser Male da l"
Der Neger riß sei wollenes Makro
senhemd herunter und beugte de muS
tiiloc Nacken in den Lichtschein der
Kerze. Aus seinem Rücken zeigte sich
tiefe, entsetzliche Narbe. .
Goddam !" sagte der Einbrecher
zwischen den Zäbne, stckeu die a
che so? Uno das da stammt von dem
seinen Herrn ?"
Nicht von ihm. Der betrieb nur
den verbotene Handel durch seine Leute
und strich die Dollar ei. Ich selbst
stand einige Jahre bei ihm in Dienst.
Die Strieme aber hat mir ei Anderer
lejchhgen sei Sohn."
Warum?"
Weiß nicht," knirschte der Neger.
Braucht'S bei den Herren denn immer
einen besonderen Anlaß ? Er war eben
in der Laune, zu hauen ! Bin nachher
fortgelaufen, aber habe geschworen,
mich und meine Brüder an dem elenden
Burschen zu rächen. Und nun will
ich Euch auch sagen, Manu, waS eS mir
dem Einbruch auf sich hat. Es müßte
doch mit dem Teufel zugehe, wenn der
Alte nicht och im Besitz von Papiere
sein sollte, die ans sei frühere Ge
werbe Bezug habe. Und er hat auch
noch Verbindungen mit drüben, darauf
könnt Ihr Euch verlassen. So 'was
liegt natürlich nicht aus der Bank, das
hat er in seinem Hanfe, denn wenn
irgend ein Unberufener dahinter käme,
wäre es mit seiner Stellung in Ham
bürg aus. Und an dieser Stellung
hängt er mehr als an seinem Lebe
versieht Ihr mich?"
Gehrke nickte. Mir dämmert so
'was auf, alter Bursche. Ihr wollt
seinen Schreibtisch ein bischen durch
stöbern, und, wenn sich vielleicht 'was
findet für den Hamburger Kurier" oder
sonst ein Blatt aber ich dächte,
Mister, daß die Rache für afrikanische
Blut etwa schwach wäre. So eben
bei, so etwa als Zugabe laß ich es
gelten, denn die Beiden kamen mir nicht
glimpflich fort. Aber da? geht mich ja
schließlich nichts an !"
Da meine ich auch," sagte der Neger
düster.
ES war eine unheimliche Ruhe über
ihn gekommen, wie die trügerische Stille
vor dem Sturme. Selbst das' rohe
Gemiith des Zuchthäusler ahnte so
elwa. .
Er trank den Nest seine Glase an,
stand auf und sagte: Wir bereden
scre Sache och näher, aber ich bin da
bei. Wa Ihr wollt, ist mir einerlei,
und weuii'S eine Abrechnung werde
soll, kab' ich auch nicht dawider. Jl,r
könnt meinetwegen da Stemmeisen
nehmen oder ein Messer halten thue
ich ihn nicht, aber Euch auch nicht.
Wer Schulden einkassiren will, ist in
seinem Recht und man soll nicht d'reiii'
reden. Gute Nacht I"
Al Jim ans der dunklen Gasse stand,
schlug eS von allen Thürme Mitter
nacht. Die Töne der verschieden ge
stimmten Glocken verschmolzen zu einer
Art Melodie, nd der seewärts herein
wehende Nachtwind trug sie aufwärts.
Der Neger stützte sich einen Augen
blick aus da maische Geländer de
vtegeS, der eine offene Kloake über
brückte. Sein zertretene, von Rache
erfüllte Gemüth vermochte den feicr
lichen Eindruck der mitternächtigen
Stunde nicht mehr zu fassen, er sah
hinunter in das schwarze, von einer ein
zige Laterne matt überblitzte Wasser
und ans eine eniportauchende und fort
schwimmende Ratte.
ES ist gut, daß ich ihn nicht hier
habe," murmelte er, ich würde ihn
vielleicht da hinunterstoßen und da
wäre zu rasch !"
8. Kapitel.
Senator Steenhnscu pflegte sich Vor
mittag nm zehn Uhr an seiner Woh
nniig in das auf den Großen Blei
chen belegene GcschasiSburcau zu be
geben. Mit Untcrbrcchung durch eine
kurze Frühstückspause, welche in die
Börsenzeik eingeschoben wurde, verblieb
er dort bis' Nachmittag gegen fünf
Uhr, um dann zu Hause im Kreise sei
er Familie die Hauptmahlzeit einzu
nehme. Nur Sonnabeud, wo der
GefchaflSdrana erbeblich stärker war.
und au SitzungStage de Senat er.
litt diese fciiitebeude itte c nach be
Umständen einige Abänderung. Und
heute war ein solcher Tag.
Wie ungefähr alle vier Wochen fand
eine große sitzung des Senat statt, in
welcher diejenigen Zugezogenen, welche
die Hamburger Staatsangehörigkeit er
warben halten, den Bürgereid ableiste
tcn, nd die ehrwürdige hanseatische
Verfassung verlieh dieser Handlung da
Gepräge einer besonderen Feierlichkeit.
Die Mitglieder der hohe Körper
lchast erschienen bei dieser Gelegenheit
in der seit dem Mittelalter hcrkömm
liche spanischen Tracht, mit fcliwaaui
ESlarpin. Radmantck, Spitzenkragen
und Sloßdegeu, uud es war jedesmal
für den Hamburger Pöbel ein befand
re Gaudium, die oft seltsame Erschein
rnrng der alten Herren bei ihrer Aus
sahn vor dem Ralhhause zu begaffe.
Die Sitzung war um zwölf Mittag
anberaumt, nd Punkt zehn Uhr ver
ließ Ewald Sleciihiisen in der vorer
wähnten Tracht sein Zimmer, weil er
zunächst ans sein Kvinptvir fahren und
dort die dringendste geschäftliche An
gelegcnheitcn erledigen wollte.
Wie er langsam, die linke Hand am
vergoldeten Dcgenknopf, die breite
Treppe zur Eintrittshalle hinabstieg,
hatte man denken .könncn, die Gestalt
eines alten Kauflierrn ans der Fugger
zeit vor sich zu fchcn, den nicht allein
sei hoher, hagerer Wuchs Paßte zu der
knappen Tracht, fonder auch die feste
Züge feines Gesicht waren heute n
möglich noch erustcr uud eherner, als an
sonstige Tagen,
Aus der Treppe begegnete ihm Käthe.
Da junge Mädchen hatte in den wen,
gen Tage des neuen Dienstes den
Kanshcrrn kaum zu Gesichte bekommen;
sie nahm natürlich in Folge ihrer unter
geordnete stelln g an den Mahlzei
teu der übrige Dicnci schaff hcii, und
hatte das Gefühl, als wisse stccnhiiscu
kaum etwas von ihrem Dasei. Uni
so mehr war sie erstaunt, als er stehen
blieb und sie anredete.
Meine Tochter hat mir mitgetheilt,"
sagte er In seiner gemessenen Weise,
daß Ihre Dienstleistungen den Ge
wghnheiten des Hanfes entspreche ; ich
bin gerne bereit, daS lobend anznerken
neu, m so mehr, al Jlne Vergangen
heil Sie nicht aus Ihre jetzige Stellung
angewiesen hat ; fahren ie so fort und
vergessen Sie nie, daß jede Pflichter.
süllnng einen Lohn in sich trägt."
Jch bin mir dessen bewußt. Herr
Senator," entgegiielc Kathc ruliig.
Er nickte und sast hatte e den An.
schein, als bräche ei wärmeres Licht
ans seine graue Auge ; aber dann
drückte er das Barett fester i die
Stirn, ging wortlos die Treppe hin
unter und bestieg seinen am Portal
wartenden Wagen.
Ewald stccnhnscn halte keine gute
Nacht hintcr sich ; es war am Tage zu
vor etwa Seltsames, vollkommen Un
erwartetes geschehe. Im Laufe des
Nachmittags war ein Brief eingetroffen,
in welchem ' Alfred Sangnessa um
Annie's Hand anhielt.
Eigentlich hatte da Schreiben keine
förmliche Werbnng enthalten, sondern
vielmehr die Mittheilung, dajjSchrti'
dcr sich sllr die junge Dame interessire
und an den Vater die Frage richte, ob
eine persönliche Werbung Aussicht aus
Ersolg haben werde. Die Wendungen
des kurzen Briefes hielten genau die
Mitte zwischen einer geschäftlichen Zu
schrisk nd der kühl ehrenhaften Zurück
Haltung eines vornehm denkenden Man
es, wenigstens fand sich nirgends die
leiseste Andeutung eine bereits weiter
vorgeschrittenen Verhältnisse.
Vielleicht Hütte ein Eingeweihter so
gar zwischen den Zeilen lesen können,
daß der Verfasser des Briefe on vorn
herein des Mißerfolge sicher fei und
nur eine schriftliche Bescheinigung des.
selben wünschte, aber Slecnhnsen war
eben nicht cingeiveiht.
. Er halte sich sofort hingcsepf nnri ;u
ebenso kühlhöflicher Form erwideit.
daß die Beziehungen zwischen beiden
Familien eine engere Verbindung nicht
als wünschenswcrlh erscheinen lassen
könnte, daß jedoch im Uebrige die
Ehre de Antrags gewürdigt ud die
aus der Fassung ersichlliche ehrenhafte
Gesinnung nicht verkannt werden solle.
Dann war er mit beiden Briefen zu
seiner Tochter hinüber gegangen und
hatte sie ihr stumm zum Durchlescn ge
reicht.
Er glaubte schon im Voraus ihr sil
bcrhclle Lachen zn hören, und war des
halb nicht wenig erstaunt, aus ihrem
hübscheu Gesicht ganz ungewohnten
Ernst zu entdecke, und als sie dann auf
eine halbe scherzhafte Bemerkung hin
nur entgegneic : Wenn Du bereits
entschieden hast, dann bedarf eS keiner
Antwort meinerseits," da war diese
Erstaunen in ein unbehagliche Gefühl
der Unsicherheit Übergegangen.
Der Brief war daraushin abgcgan
gen, und im Lause de Abend hatte
keiner der Betheiligten der Sache noch
mal Erwähnung gethan, aber e lag
wie ei dumpfer Druck über dem kleinen
Familienkreise.
Uud dann kam die stille, einsame
Nacht.
Senator Steenhusen konnte keinen
Schlaf finden, er suchte in seinen eige
neu, längst begrabenen Erinnerungen
und sand, daß auch er einst jung gerne
seit, und daß auch er einst eine Liebe ge
hegt habe, welche nicht die Billigung der
Familie fand. Und dennoch hakte er
seinen Willen durchgesetzt und sich nicht
vor der Meinung seiner Eltern ge
beugt.
Freilich die Verhältnisse lagen da
mal doch ganz ander ; von einer ent
schiecencn Weigerung der Eitern war
niemals die Rcde gewesen, sondern nr
von anders gearteten Wünschen, und
später kalten sich die Gegensätze in,
eine vollkommene Harmonie ausgelöst ;
aber
Konnte da heute nicht auch der Fall
sei ?
War denn die Abneigung Steen
hnsen' gegen die Familie Sangnessa
mehr als ein instinktives Gefühl, viel
leicht nicht mehr al ein ungerechtes
Borurlheil ? Wenn der Zwist gründ
los war. warum sollte er denn bestehen
bleiben ?
So bewegte der ruhelose Mann wäh
rend der Nacht seine Gedanken und er
faßte endlich den Entschluß, genauere
Erkundigungen einzuziehen, vor allen
Dinge aber daS Herz seiner Tochter
zu erforschen. Wen sich dann ergab,
daß er sangnessa Unrecht gethan, so
war eS immer och nicht zu spät zum
Einlenken.
ES hatte ja keine Eile I
Ewald Stceiihlisen machte wenig
sten den Versuch, sich einzureden, daß
e jederzeit in seiner Macht liege, Annie
so glücklich zu machen, wie sie es ver
diene.
Es war ei schöner Tag. und der
Kutscher hatte da Verdeck de Wagen
zurückgeschlagen ; die Leute aus der
Straße konnten den Senator erkennen
und sie sahen an seiner Tracht, daß er
im Begriff stehe, in den Senat zu sah
reu. Fast Alle grüßten ihn, theil feine
Person, theil sein Amt ; Manche biie
den bei dem Gruß sogar stehen, so daß
e fast den Anschein hatte, als ob ein
Fürst durch sein Land fahre.
Steenhusen war durchaus nicht un
empfänglich für Ehrenbezcngiingen ; er
legte als Sproß eines alten Patrizier
Hanfes Gewicht auf die Vorzüge von
Rang nd Stellung, und wenn er auch
niemals die Anerkennung feiner Person
sorderle. so that sie ihm doch überall
wohl als die Bestätigung vo etwas
Selbstverständlichein.
Heute ganz besonder.
E war ihm. als bedürfe er eine be
sonderen Bcwcise, daß sein Name nicht
nur makellos, sondern glänzend an der
Bürgerschaft anfrage, al müsse er hier
an die Pflicht herleiten, a Jeden, der
ihm nahe treten wollte, den streng
sten Maßstab der Ehrenhaftigkeit zu
legen, einen strengeren, als die Leute
dort unten, die ehrerbietig grüßend zu
ihm ausblickten.
Jetzt hielt dcr Wagen vor dem Ge
schäskshanse craf den Großen Bleichcn.
Steenhusen ging in sein Comptoir und
ließ sich die Mappe mit den Briefschaften
ringen ; er erbrach die einzelnen Schrei
den und machtk sofort am Räude, keine
rniertungcn für die Korrespondenten.
Hinter ii,i stand ein Eomptoirist, der
die erledigten Sachen sofort abnahm
und weiter beförderte.
Unter den Briefen befand sich einer,
der nicht die Adresse der Firma, sondern
den Privaliianien des KanfmannS trug ;
es kam znwcite vor, daß der Postbote
solche schi'.-iku im Eoniptoir anstatt
in der Wohnung abgab, und da Stccn
hnsen alle Eingänge persönlich öffnete,
legte er ans ein derartige Versehen kein
großes Gewicht.
Aber er haue sich daran gewöhnt.
Privatbricse nur in feiner Wohnung zu
lesen, und machte infolge dessen eine
willkürliche Bewegung, um auch diese
vorläufig in die Brufttasche zu schieben ;
e war noch Victe zu erledigen, und die
Zeit drängte.
Dann aber siel sein Auge och einmal
flüchtig auf die Schriftzüge der Adresse;
sie waren ihm unbekannt nd dabei so
steif ud unbeholfen, daß er neugierig
wurde und de Umschlag aufriß.
Er entfaltete mit spitze Fingern den
unsaubere Briefbogen und begann zn
lesen ; erst oberflächlich, da immer
langsamer.
E war das Schreiben von Martha
Brinkinann.
Der Eomptoirist, welcher in achtnng
voller Entfernung von seinem Lhcs
stand, wartete, daß auch Über diese
Blies, dessen Aufschrift er nicht gesehen
halte, verfügt werde ; er wartete lange
uud vergeblich. Er trat von tinem guß
ans den ander, blickte von Zeit zu jy?.t
ans den stetig, vorrückenden Zeiger dcr
Uhr und ans dcn noch eröffneten
Bricfhaufc ; endlich räuspcrte er sich
hinter der vorgehaltenen Hand.
Steenlinscn futir mit dcm Kopfe her
um und trug rauh : Wa wolle Sie ;
warum sind Sie noch da?"
Verzeihen der Herr Senator," stam
Hielte der junge Mann erschrocken, aber
ich wollte mir nur erlauben, gelorsamst
zn bemerken, daß eS bereits halb zwöls
Uhr vorbei ist. nd der Herr Senator
doch in die Sitzung zur Eidesleistung
müssen."
steenhusen blickte wie geistcsabwc.
send in das Gesicht seine Untergebene
und hob dann langsam die Hand nach
der Stirn.
Dann saftete er langsam den Brics
jnsamnicn, schob ihn in die Tasche und
stand ans. Sie haben Recht ich
danke Ihnen, daß Sie mich daran ernt
erteu. Herr Prokurist Petersen soll
den Rest der Eingänge erledigen, ich
werde beule wahrscheinlich nicht mchr
in'S Geschäft tommen. Ich fühle
mich "
Er brach plötzlich ab ; sein Blick war
in den gegenüberhängenden groß:
Spiegel gefallen, nd das Glas warf
ihm fein eigenes Bild In einer seltsam
fremdartigen Gestalt zurück.
Der Comptoirdieuer soll den Spie
gcl besser putze," sagte er mit einem
schwachen Versuch zu lächeln," mau
sieht ja förmlich verzerrt darin au.
Finden Sie da nicht auch ?"
Der Eomptoirist verbeugte sich stumm
und ließ seinen Ches vorangehen, dann
rassle er die Briefe zusammen und trug
sie eilig auf den Plag des ersten Pro
kuristen.
Der Herr Senator ist krank." sagte
er leise, man sieht es ihm an. Er
meinte, der Spiegel wäre Schuld daran,
aber er sieht wirtlich ganz erbärmlich
ans."
Ewald Steenhusen stieg in seinen
Wage.
Warum habe Sie das Verdeck
heruntergeschlagen?" sagte er zu dem
Kutscher. Glauben Sie denn, daß ich
eine Paradefahrt mache will?" Und
als der Menn sich entschuldigen wollte,
winkte er ungeduldig mit der Hand :
Vorwärts I ,
Der Rntschcr richtete sich stramm
aus und faßte die Zügel dcr senri
gen Trakchncr fest. Es war Her
kommen, daß die Senatoren lang
kam i die Sitzung fuhren, tun die
Würde ihres Amtes auch äußerlich zu
kennzeichnen und mit der steife Tracht
in Einklang zu bringen. Aber schon au
dcr Ecke dcr Poststraßc nd dcs Ncncn
Wallcs bcugte Steenhusen sich uuge
duldig vor.
Haben Sie denn einen Leichenwagen
hinter sich, Jakob ? Fort !"
Nun griffen die Rappen mächtig au
nd die Häuser flöge an beiden seilen
.vorüber. Ewald steenhusen sah nicht
mehr, ob die Leute grüßten. Er heftete
die Augen auf da rothe Samiiictpvistcr
seine Wagens ni,o nagte nablässig an
der Unterlippe.
Und dann stieg er die Treppe zn dem
großen Siyungsfaale mechanisch empor.
Er hatte auch nur das dunkle Bewußt
sei, daß er ans seinem Platze an dem
hnfeisciiförmigen Tische sitze, an wel
chem sich dcr Scnat zu versammeln
pflegte. Die Fenster waren sämmtlich
dicht verhängt, so daß kein Strahl der
hellen Mittagssonne hindurchdringen
konnte, auf dem grüne Tuch der Tafel
brannten schwere Wachskerze und ganz
oben, ans einem erhöhten Platze, saß der
Oberbürgermeister mit der goldenen
Amtskctte um den Hals.
Ewald Stcenhuscii sah Alle wie
durch einen Flor; cr hörte die Stimme
eine neben ihm sitzenden weißbärtigen
Senator fragen : Ist Ihnen nicht
wohl, Herr Kollege?" Und dann ver.
nahm er das Aufstampfen der Hellebar
den am Saaleingange und den Schritt
vieler Männer, die scheu und ehr
snrchlsvoll in den Kreis des Senats
traten.
Geben Sie Acht auf die Mienen der
Leute," snhr der- alte Senator fort ;
die Jüngeren meine, unsere Ver
samuiluugen legte zu viel Gewicht auf
Aeußerlichkeiteu, aber man kann die
Heiligkeit und Wichtigkeit eines Eides
nicht genug hervorhebe. Die Leute
werde sicherlich einen dauernde Ei,
druck mit nach Hanse nehmen, und viel
leicht hält diese Erinnerung Manchen
ab. da gegebene Versprechen der Treue
zu breche. Ich wünschte, daß die Gc
richte bei Abnahme der Eide ebenfalls
feierlicher zn Werke gingen, vielleicht
hätten wir da weniger Meineide zu
verzeichnen, al es leider der Fall ist."
Der alle Mann hatte mit gedämpfter
Stimme gesprochen und seine Hand da
bei ans den Arm Steenhusen' gelegt ;
nun richtete sich dieser aus und eittgeg
neie mühsam : Gewiß. Herr Kollege,
e werde viele Falscheide geleistet;
aber ich meine, daß ein guter Theil
glicht aus bösem Wille, sondern aus
einer Verkettung unglücklicher Um.
stöiide beruht. Wir sind ja Alle
Menschen und dem Irrthum unter
worfcn."
Dcr Mensch prüfe sich selbst,"
sagte der Alte ernst, und dann hob er
den Finger: Stille, die heilige Hand
lungnunint ihren Anfang."
so wahr mir Gott bclse durch Je
sum Ehristum, meinen Erlöser."
So lautete die uralte Formel, welche
der Oberbürgermeister mit erhobener
Stimme vorsprach, und die von den
versammelte neuen Bürgern achge.
sprachen wurde.
E war eine bunt znsammengcwür.
feite Menge au allen ständen, vom
Gelehrten bis zum Arbeiter, und man.
cher Miene konute man deutlich ansehen,
daß der Gedanke an einen Gott oder
Erlöser seit den Tage der Kindheit
leine Raum mehr bei ihnen gesunde
hatte.
.Wa bindet sie? sagte Steenhusen
leise und lehnte sich in seinen Sessel zu
rück. Eine leere Form "
Sein Nachbar blickte ihm erstaunt in
da Gesicht ; er wußte, daß Ewald
Steenhusen, wie die Mehrzahl der
Lamkuraer Vatrizkr. zu der stritte
chlichcit Partei gehöre, und er ?,
sich nicht in den Sin de Worten
finden.
Wa sie bindet?" frug er langsam.
Nun, Herr Kollege, Sie und mich zu
ächsi der Glaube au eine Gott, der
seinen Namen nicht verspotten läßt, den
Ungläubigen dcr rechtschaffene Eharak
ler occr zum Mindesten die Ehre,
Alle da Gesetz."
steenhnjen schob seinen Slnhl hcs.
tig zurück, die Feicrlichkcit hatte ihr
Ende erreicht uud die euatorcn ver
ließen den Saal.
Ai Ausgang trat dcr Oberbürger
meii'i.'r au Siccuhusen heran, saßle ihn
vertraulich unter den Arm ud sagte
halbtaut: Sie kommen doch bestimmt
in die nächste Sitzung, Herr Kollege ?
E steht iiutcr Ander, ein Gnadenge
such zur Beraihung. vo dem Kaus.
man Holm, wissen Sie. der vor zwei
Jährn, wegen Meineid zu vier Iah
rc Znchlhau vcrurtheilt wurde. ES
ist eine Partei vorhanden, die den Man
begnadigen möchte, ich halte es aber bei
bei Ucbcrhandnahme der Meineide
nicht für gerathen nd möchte ngcrn
Ihre Stimme missen, weil ich weiß, wie
streng Sie in solchen Sache deute.
Also bestimmt, nicht wahr. lieber Mol.
lege?"
Ewald Steenhusen saß wieder i sei.
nein Wagen, den der Kutscher diesmal
vorsorglich geschlossen hatte. Beim
Einsteigen sagte er: Fahren Sie mich
zu meinem Rechtsanwalk. zum Dollar
Wilfon." Aber schon ant Ende der
AdmiralilätSstiaße änderte er feine
Anordnung und befahl, nach Hause zu
sahreit.
Annie und Tante Malchcn waren
ausgegangen und Stccnhnscn bcgab sich
geradcswcg in fein Arbeitszimmer.
Den Diener, welcher Ihm beim lim klei
den behilflich fei wollte, schickte er fort,
und riß hastig mit feiner eigene Hand
fein Ehrcngcwau herunter, als sei c
ein Ncffueflcid. Dann fetzte er sich an
feine Schreibtisch, ahm ca Urtheil
in Sachen Steeiihuseii oontra Brik
in an aus dem Fach, legte den Brief
vo Martha Brinkinann daneben und
stützte den Uopf in beide Hände.
War da eine falsche Behauptung
zum Zweck der Erpressung, oder war es
entsetzliche Wahrheit ? Und wen da
Letztere, wie war S denn möglich, daß
er, Ewald Steeuhuseit, den Eid ge
schworen halte?
Allmälig dämmerte in seiner Eriniie
rung ein bestimmte Bild auf, wenn
auch in unklaren Umrissen ; er hatte das
dunkle Gefühl, daß ihm wirklich an der
Börse während seine Streites mit
Sangnessa ein Brief durch Wilhelm
Sturm übergeben worden sei; aber
Klarheit Über diesen Vorgang zn ge
Minne, war ihm unmöglich. Aber
wenn er den Brics erhalten und ihn
achtlos eingesteckt hatte was war da
mit geschehen ? Hatte er ihn erst Nach
mittags gelesen oder sofort, und war
spater dcr Meinung gewesen, daß eS
rst Nachmittags gewesen sei? Im
ersteren Falle war der Eid gerecht abge
leistet, denn er hatte nur geschworen,
daß ihm bi Mittag zwöls Uhr keine
Kenntniß vom Untergang de schisse
geworden fei; im letztere Falle lag
mindesten eine grobe Fahrlässigkeit
vor und obendrein würde kein Mensch
an eine Irrthum glauben, sobald dnrch
Sturm'S Zeugniß nachgewiesen wurde,
daß er thatsachlich sc Brief bereits
Vormittags erhalten habe. Jeder
Mensch liest doch seine Briefe sofort
ach dem Empsang I
Das Gedächtniß ließ den Senator
hier vollkommen im Stich, er wußte
nur soviel, daß sein eigenes. Gewisse
ihn von dem vorsätzliche Meineide frei
sprach, nicht aber ebenso sicher von
einem sahrlössige.
Vielleicht zum zehnten Male las
Steenhusen be Brics Martha durch.
Die Absicht desselben lag klar zn Tage ;
er enthielt eine Erpressung iu straf,
rechtlich unantastbarer Form, dieFas
fung war trotz des unbeholfenen stilc
so geschickt und vorsichtig, daß sich ein
juristisch geschulter Kopf unschwer hin
ter de Koulisfc vermuthen ließ. E
lag hier ein sein auSgesonnene Gau
erspiel vor, man hatte ein Netz auSge
spannt und begann langsam die Schlin
gen desselben zusammenzuziehen. Aber
welche Hände hatten an den Maschen
diese Netze geknüpft ?
Steenhuseit sah sich unwillkürlich um,
ob nicht hinter den Falle der Thürvor
! länge ein heimlicher Lauscher vc, borgen
ci, der jede seiner Bewegungen über
wachte und die Dicböfingcr nach neuen
Beweismitteln ausstreckte ; aus welche
Weise sollten seine Gegner denn in den
Besitz des verhängnißoollcn Briefe ge
langt fein, wenn nicht durch Verrath
der eigenen Hausgenossen? Die Ge
schichte mit dcm abgelegten Rock war ja
doch etwas unwahrscheinlich. ,
Und nun fiel es dem Kaufmann wie
Schuppen von den Augen.
Wilhelm Sturm und Käthe Brink
mann !
Der Erstere war Ueberbringer de
Briefe gewesen, er hatte seine Hand
sicherlich mit im Spiele. Und er hatte
die zunächst an dcr Sache betheiligte
Tochter des Maklers .Brinkinann in
das Hans steenhusen' gebracht, um
dort nach B?weismittelu zu forschen
und den Dienstherrn zu bestehlen.
Der aufgeregte Mann sah plötzlich
Alle mit entsetzlicher Klarheit. In
seinem Bibliothekzimmer standen meh
rere, mit weniger werthvolle Schrift
stücken angefüllte Schränke ; dieselbe
waren zwar verschlossen, aber leicht zu
öffnen. Die Briesfchasie waren nach
Jahrgange geordnet, und e konnte
einer glücklichen und geschickten Hand
nicht schwer sallen, das richtige Papier
herauszufinden.
Es begegnete bei dieser Vorstellung
dem Senator etwas Skitsamcs. Ob
gleich er nicht die leiseste Erinnerung an
den Inhalt des verhängnißvollen Brie
je besaß, so hielt er in diesem Augen
blick e doch sür wahrscheinlich, daß
Brinkinann denselben geschrieben und
durch Sturm an ihn gesandt daß er
selbst diesen Brief auch erhalten und ge
lesen habe. War die aber dr Fall, so
hatte er auch, weil er niemals ein ge
schäftliche Schriftstück z vernichten
pflegte, den Brief aufgehoben und ihn
seiner Gewohnheit gemäß sofort in den
betreffenden Schrank nd in da Fach
de Jahrgange lS2 gelegt. Da
Alles war sicher, den eS war die Folge
einer langjährige unabänderliche Ge
pflogcnhcit, und das Fehlen jeglicher
Erinnerung konnte a diesen Thatsachen
nichts ändern.
Ewald Steenhnscn erhob sich lang
sam von seinem Schreibsessel : er wollte
in da, a, entgegengesetzten Flügel de
Hauses gelegene Bibliothekziminer hin
übergehen und Nachforschungen anfiel
len ; nicht etwa nach dem Schriftstück,
sondern nach den Spuren seiner Ent
Wendung,
Käthe Brinkman war ihre tög
liche Obliegenheiten nachgegangen.
Dieselben drehten sich lediglich um die
Person der Tochter des Hause und
waren ziemlich einfacher Natur; um so
größere Sorgfalt glaubte aber da
junge Mädchen anwenden zn müssen,
zumal Annie in ihrer leichtlebigen Weise
wenig Gewicht ans die kleinen Erfvrder
isfe de tägliche Leben zu legen
pflegte.
Käthe hatte an dem HanSklcide ihrer
jungen Hcrrin einen geringfügigen
Schaden bemerkt, und weil sie sonst
nicht Dringende zn thu hatte, be
schloß sie. denselben in Annie' Abwe
sciiheit auszubessern. Da e trotz de
sonnigen Apriitage in dem alten Hause
uemlich kühl war. beaab sie sich mit dem
Bekleidungsstück iu dc Salon, wa
gelindes Auicr in dem Kamin brai?
sie bedurft, mit ihren Zweck V
erreichen, noch einer Rolle Zü-ii n, ,
entsann sich, eine passende Soue
Annie' Nahlisch gescheit zu habe
welcher tn einer ,vcilcrische de sa,
Ion and. Der Schlüssel steck, ml
Schloß, nd da innge Mädchen 0,'iietc!
arglos die Schublade, i
Da siel ihr ein zusammengefaltete!
Papier tu' Auge.
Anuic hatte, bevor sie mit Tante
Matche das Haus verließ, nach einer
Rechnung ihrer schneiden gesucht,
nd äihe war dabei, wenn auch ohne
Erfolg, behilflich gewesen ; infvlgr dcf
fen war der Gedanke, daß dicfc Papier
die vermißte Rechnuiig fein werde, zieui
lull natürlich, und sutb( emfatiete es
daher, um sich von der Nirlitigtcit ihrer
Vermuthung zu überzeuge.
Jede Ncugitr. jeder Gedanke an einen
Vcrtraiicnbruch U g ihr dabei inuit onl
ine fei, und sie ei schrak joinmrti, al
ihre Ailgcu aitfialt auf die crivsftr
Rechnung, auf cinen Äliies fielen, zu
gleich aber aus die llutei jclntit desselben :
Dein treuer Aliicd,"
Käthe Blinkn, wollte, ihrer erste
unwillkürlichen Regung folgend, dc
nie iingiiricil luicoc, un iciiicii ve
stecken ; abcr da,,,, sah, ihr plötzlich
durch den Sin, daß sie Alfred sau
gnesia mit le siccuhuseu un zooiu
(fischen Garlcn zusammen gefche hatte.
Sie lauiitc die Feindschaft dcr beide
Vater und da zwischen Miete uns
Alfred wegen einer Verlobung de Letz
lere abgebrochene Verhallniß. 12
kam ihr der Gedanke, daß hier etwa
Unerlaubtes vor sich gehe, vielleicht der
Beginn eines Verhältnisses, vor wcl
chem sie ihre junge Herrin behüten
konnte. Das Unrecht ihrer Handlung
weife fühlend, abcr fähig, dcr Vcr
fuchnug zu widerstehe, begann sie zu
lesen :
Meine süße Annie I
Wie voraus zu sehe, hat Deut Va
ter meine Werbung abgewiesen, und ci
bleibt u ii dem nach nur die bcreils sür
diesen Fall verabrcdcle Vcrbiuduiig ohuc
seine Eiiiwillignug.
Ich habe mir nbcrlcgt, daß die Ge-
schichte mit Deiner Tante i B reiner, ,u
gcsähilich ist, da T ein Vater ans den
Gedanken verfallen tonnte. Dich zu be
gleite. Finde Dich daher morgen
Abend unter ngend einem orwanS
lein ans dem Vcnloer Bahnhof ein ; um
nenn Uhr geht dcr schucuzng nach Bie
nie ab, und am nächste Morgen tun
nett wir den salondampfer ach La
dvn beuiitzcu.
Ich bringe Dich dort in dein au
schließlich für Dame bestimmten Hotel
Gcimaiih" in der Wallstreet Avenue '4
nter. uud werde aiedan ungesäumt
die erforderliche Schritte zu unserer
ehelichen Verbindung einleiten. Alle
Nähere mündlich.
Dein treuer Aisred."
Käthe Briickinann ließ die zitternde
Hand iu den schoß sinken.
Der Tag war im scheiden bcgnffcn.
und das untergehende Licht dcr onne
mischt sich mit dem flackernde Schein
dc KainiufeiicrÄ.
4. an ocuiimi gcgennocr Hing cm nii-.
welches den Gang nach Emmau dar
stellte ; eine fromme Hand, die Hand
von Annie Stecnhufen'S Muttcr, hatte
das Wort darunter geschrieben : .Bleibe
bei uns, Herr, den es will Abend wer.
den" und Über dieses Bild flog der
rosige Lichtschein.
Käthe Brinkinann hatte hänsig beob
achtet, daß der Kaufmann, wenn er
AbendS von feinern Tagwerk heimkam,
vor das Bild hinltat und es -ange be
trachtete. Tan lösten sich seine harte
Züge iu weichere Linien, uud i dir
sriedkvolle, abgeklärte Erinnern, ,g an
eine Todte mischte sich da Gefühl eine
ruhige, vor herben SchicksalSschliigen
behütete ffamilicuglüekc.
E will Abend nicrdcn.
Das junge Mädchen mußte nnwUI.
fürlich die Augen fehließen, um sich die
Nacht zu vergegenwärtige, welche sie
kommen sah.
Sie hatte wahrlich feinen Grund, mit
besonderer Liebe an Ewald Stccnhnfe
zu hängen, aber sie sühlle mit dein rich
tigen Instinkt einer reinen Madchen
seele da surchtbare Weh, da dem Se
naior bevorstand, und da unglückliche
Schicksal, dem Eine ihres Geschlechte
entgegenging. Annie Stccnhnscn hätte
nicht einmal die gütige Herrin z sein
brauchen, die sie thatsächlich war. Um
Käthe'S wärmste Theilnahme zn wecke.
Aber was sollte sie thun? Miete
Kriiger als Zeugin gegen Alfred san
giiefsa ansrusen und ihrer Herrin den
leichtsinnigen Charakter des jungen
Mannes enthüllen?
Käthe mußte unwillkürlich lächeln bei
diesem Gedanke ; sie war erfahren ge
nug, um zu wissen, daß wenige Man'
ner in die Ehe treten, ohne zuvor ein
Verhältniß" unterhalten zu haben,
und Alfred war doch ehrlich genug ge
Wesen, dasselbe zu lösen. Diese That
fn-fa, fftttntii tMhir hf tnminltl.t
I""f-" '-"'- I"",. !Hi"iÜ .!-.
hüteten und erzogenen Tochter de
KanfmannS nicht unbekannt sein, da
mit durste Käthe nicht kommen, ohne
sich selbst dein Verdacht der Gehässigkeit
auszusetzen.
Sollte sie Annie bitten, mit Rücksicht
ans ihre Vatcr dcn unbedachte schritt
zu unterlassen? Oder sollte sie Letz
tereitt gegenüber den Angeber spielen ?
Das Erstere schien ihr eisolglos. das
Letztere verwerflich. Aber was thun ?
Senator Gteeuhuseii mußte, um i
die Bibliothek zu gelangen, durch den
Salon gehen, wenigstens war dies der
kürzere Weg ; er hatt geräuschlos die
Thüre geöffnet Und schritt über dc
weichen Tevoick : so stand r nloiilirh
nebe Käthe und sah auf ihrem Schovße
das wohlbekannte Hauekleid seiner T och
ter und in ihrer Hand einen beschriebe
neu Zettel.
In diesem Augenblick hob Käthe
Briiikmauii den Kops, ihre Auge sie,
len gerade aus das finstere Gesicht de
Kaufmanns, und mit einem leichte
Aufschrei, einer vlöktichcn iiiiiiliri trniru
Regung folgend, ballte fit das Papier
zusammen und schlenderte e in die
Flammen de Kamin.
Da hätten wir ja die saubere Main
sell ertappt." sagte Steenhusen mit
schneidender Stimme. Freilich, die
Gelegenheit zum pioniren sonnte gar
nicht günstiger sein, denn die Damen
des Hauses sind ausgegangen, und dcii
Hausherrn glaubte matt noch im enak.
Ihr verstorbener Vatcr. Früiilcin Brink
man, war wohl ein urzuoerlässiger
Geschäftsmann, aber zum Dieb nd
Erpresser hat er eS meines Wissens doch
nicht gebracht. Diese Vorzüge bliebe
seiner Tochter vorbehalten. Ich bin
ei Thor gewesen, daß ich Sie in mein
Hans ansnahin. und vielleicht werde ich
meine Gnimuthigkeit buszcn inniicn.
der ein Recht steht mir glualtcherweir
noch zn."
Er beutete mit einer
auna der Hand nach der -
fort: Ihre Sachen wöge Sie dtired
einen Tiensiman abhole lasse, ich
bin sehr rücksichtsvoll, wenn ich dieselben
nicht polizeilich nach Dietrichen und
ähnlichen Dingen durchsuchen lasse, j
habe mich hoffentlich verstanden, Fräu
Kitt Brinkinann !"
Damit wandte er sich ab und ging
denselben Wcg zurück, den er gekommen
war; es fiel ihm gar nicht ein. ach dem
Inhalt des verbrannten Zettels zu for
scheu, das Feuer hatte ihn verzehrt, und
Liicicii mochlc cr nicht Kören.
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I. CfflcKell,
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