Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, August 20, 1885, Image 7

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    tu btt "i). iaati(itunfl-)
IHcro 'gorlier (esdjid)fcn.
tiittr von den ffeinften.
Nach dkin ziemlich einstimmigen llr
,l,ci der Leute in unserm Haufe, z dessen
vielköpfiger Genossenschaft die Familie
be Mr.' Patrick Mcasscrll, ein starke
Kontingent stellt, hätte der liebe (ott in
seinem Zorn besagten Herrn nni Poli
zisten gemacht. Das ist natürlich eine
gehässige Entstellung von Thatsachen, mit
denen e sich in Wahrheit folgendermaßen
verhielt.
Patrick Mc?affertu'S Vor fahren, deren
Reihe sich übrigen nicht weiter rückwärts
verfolgen liefe! als bis auf den schon
etwa sagenhaften Grosumter, welcher
ein Höhlenbewohner und seine Zeiche
der Schweinehirt dc heimathlichen Dor
sc gewesen sein soll, waren Kinder der
grünen Insel, sehr arm, sehr fromm und
schr unzufrieden mit ihrem eigenen und
dem Loose dc geliebten Vatcrlandc,
Wie bei so vielen 'eidensgesährten im
t'onnty Tipperareq die Noth dc Aus-.
,vaderngi'.lgenlcn gemacht hatte, so
sahen auch diese i'eute ihre einige Hoss.
nung auf eine mögliche Wendung zum
Besseren in ihren 'cbcverhätnisscn
darin, daß sie sich eine neue (bristen, i"
der neue Welt jenseit des großen Mec
re 1.11 gründen trachteten.
Wegen gänzlichen Manal an Mit
teln konnte die Ausführung de Plane
aber ur langsam, sjewisscrinaßen stück
weise vor sich gehe, indem ein erwachse
c Mitglied ach dem ander ab- und
hinübergcschoben ivurdc nach New-lork,
Bridget, die älteste Schwester Patrick',
an welche damals noch '.Niemand dachte,
hatte den Ansang gemacht und, weil sie
ei krästigc, arbeitswilliges und fit t
samc Frauenzimmer ivar, in der giosien
Stadt sofort auch eine Stellung iilj
Dienstmädchen gefunden. Bon dem vr.
dienten Lehn wanderte ein Scl e fl in
i den Geheimfonds zur Befreiuuitg
dc armen unschuldigen Lammes Irland
au dc Krallen dc britisch? Löwen,
der ganze Rcst aber in den jungfrä!
lichen Strumpf. Dort blieb da EU-ld
verwahrt, bi eine genügende Suminc
vorhanden war, unr für eine jüngere
Schwester, Mary An geheißen, das
Reisegeld nach der alten Heimath hin-,
überzusenden. Als Mary An darauf
eines Tage ii Castle (Warben auf
tauchte, arbeiteten beide Schwester mit
verdoppelter Kraft und Freudigkeit an
der Ausbringung des Geldes für die
Ucberfahrt dc ältesten Bruders, Omen,
welcher der Stolz und die ganze Hoff
nung der Familie mar.
Seit de! Tage der Einwanderung
Twen's sind schon viele Jahre verflossen,
aber ' in der Kamilieiiqeschichte der
Mcafscrty'S wird der Tag ein ewig
denkwürdiger bleiben, denn von jener
Zeit datirt das Aufblühen der Familie
in den Ver. Staaten. Außer dem Segen
de Priesters und einem politischen"
Empfehlungsschreiben, welche er nicht
lclen konnte, brachte der Hinge Mann ein
Paar riesiger Fäuste und eine in jeder
Beueliuug eisernen Schädel mit; die
fcischc Brüderschaft erkannte in ihm
eine enthusiastische Bruder und ebnete
durch ihren Einfluß bei den irisch, ameri
kanischen Politikern dcm Fremdling so
erfolgreich die Pfade zu einer cinträg
lichen Stellung, daß er schon bald festen
Boden unter seinen Füßen fühlte. Einem
Hcrzczge folgend und nach dcm Bor
bilde so vieler VaiidIfiite, die im Dienste
des BachuS den Grund zu spätcrem
Wohlstände gelegt, widnielk er sich dcm
Beruf eines Schnnkwärtcrs, wurde hin
ter der Bar" bald eine bekannte Per,
sönlichkeit und anierikanisirte sich in im
glaublich kurzer Zeit. Einem dunklen
Gerüchte zufolge soll er sogar schon am
Wahltage desjenigen Jahres, in welche
der Tag' seiner Einwanderung fällt, als
amcriknnischcr Bürger das sctiiiimrecht
ausgrübt haben, ohne daß man die Echt
heit seincs Raturalisationsjchrcibcns an
zuzweifcln den Muth gehabt hätte.
Omcn MeEafscrtq war änilich einer
von den Bons", welckc dazunials in der
Stadt ungefähr Alle thun und lassen
dursten, was sie für gut und für den
Gang" für vortheilhaft befanden : der
Weg zu politischen Ehre ging schnur
stracks durch die Branntwcinschenkc.
Uno in den Besitz einer solchen gelangte
im l'ausc der Zeit init Hülfe dc cldc,
welches die beiden Schwestern von den
im Dicnst gemachten Ersparnissen dem
Bruder gern vorstreckten, der bicdere
Civen, welcher nun auch als politischer
Leithammel untersten Ranges ein so be
deutendes Talent entfaltete, daß der
Wardjührer der glorreichen Partei auf
den jungen Streber bald aufmerksam
wurde und sogar mit ihm rechnen mußte,
wenn er seinen Willen ungehindert durch
setze wollte. Wie Owc McCaffcrly
aber i den Rew-ZIorker Stadtiath und
einige Jahre später gar in das Unterhaus
des gesetzgebenden Körpers von New
Zloik gewählt ivurde, gehört nicht in den
Rahme dieses schönen Bildes von rüh--rcnder
Familienanhänglichkeit.
In seinem Glück vergaß dcr Achtbare"
Omen McEafscrty nämlich nicht dcr alten
Eltern in Irland und de nachgcborenen
BrnderS Patrick, auf welchem sein Auge
noch niemals geruht hatte, war doch das
Kind or etwa füniundzwanzig Iahren
geboren worden, etliche Wochen nach sei
er Abreise aus dcr väterliche Hiiitc.
Wohl hätte er den Jungen längst her
überkommen lassen, wäre nicht immer
etwas dazwischen gekommen. Jetzt waren
Vater und Mutter aber im Armcnhause
de Eountr, wohl untergebracht, die Ge
schmistcr anf diese oder jene Weise vcr
sorgt, und für den jungen Patrick, vcr
für die Eltern hatte arbeiten müssen, bi
die Gemeinde wohl oder übel sich ihrer
annahm, hatte der Bruder in Amerika
etwas ganz Besonderes in Petto. Sein
Name stand in dcr That schon in den
Liste der New-Zlorker Polizcittiacht, als
er selber noch, in die Fußtnpsen dc
sagenhaften Großvaters tretend, anf
de kcimalhlichen Triften die Pflichten
des Schweinehirten übte. Bon dieser
edlen Beschäftigung rief ihm eine TagcS
ein Weidbrief Owen'S nach New
Zsork, wo er den auch mit dem nächsten
Dampfer glücklich und wohlbehalten ein
traf, aus' Herzlichste begrüßt von den
Geschwistern.
Aint he a soine looking fellow?"
rief Bridget begeisterungsvoll im An
blick des jungen Mannes verloren, nach
dem die Kunst des Barbiers und der
Kleiderschrank des Achtbaren" Bruder
den grasgrünen irischen Bauernjungcn
fast zr Unkenntlichkeit in einen modern
ausstafsirten Eelto-Amerikancr verwarn
verwandelt hatte. Zufrieden mit dcr
Metamorphose, geleitete Mr. CroenDtc
Easscrty nach Berlaus einiger Tage den
Bruder nach dem Polizcihauptquartier,
wo Patrick feinen Vorgesetzten vorgc
stellt, einem bestimmten Revier zuge
theilt und in die (Geheimnisse deS Dien
stcs eingeweiht wurde. So ward aus
dcm irischen Schmcittehirten im Hand
umdrchcn ein New Zjorkcr Polizist, und
dcr Rest war Schweige. So bezahlte
man eine politischen Handlanger und
einflußreichen Drahtzieher der Ward i
jenen längst vergangenen Tage, als
das tcheimniß des politischen Erfolges
einzig und allein noch in der festgcfchlos
scnen Organisation dcr Parteien gesucht
werden 5onte
Um die Wahrheit zu gestehe, hat der
Polizist Patrick Mcliafjertii, obgleich er
im Dienste uiimchr ergraut ist, von den
Pflichtc scincs Amtes noch niemals
eine andere Ansicht gehabt. Dem Boß"
und seittem Anhange, durch dessen Macht
spr.ich er aus dem Nichts seiner Bergan
genhcit zu einer vcrhältnißniäßig recht
angenehmen Stellung wie durich ein
Wunder sich emporglhobe sühlt, knech
tisch ergeben, empsindet er für die andere
Menschhcil eine souveräne Verachtung,
oder wie er sich unrichtig auszudrücken
pflegt: What, to hell, ilo I care
Jesus Christ ! "
Selbst seine Geschwister, denen er
doch Alles zu verdanken Hat, was er ist
und besitzt, sind ihm völlig gleichgültig
geworden, nachdem er an der städtische
Futterkrippe festen Fuß gefaßt hat. Den
ehrgeizigen Bruder ärgerte die Gleich
gültigkeit, mit welcher der Polizist jeg
liche Gelegenheit zu einer Beförderung
geflissentlich verscherzte, mährend die so
liden Schwestern, die jetzt längst ihre
eigenen Hausstand und Familien habe,
an dem weiblichen Umgänge deS junge
ren Bruders von jeher Anstoß nehmen
mußten. Seitdem er ihnen aber gar eine
Schwägerin zugcsührt hatte, über deren
Vergangenheit allerlei und leider nichts
Vorteilhaftes bekannt war, mieden sie
seinen Verkehr, so viel sie konnten.
Auch die Leute in unserem Hause wol
len mit dem Polizisten nichis zu thun
habe, weder iin Guten noch im Bösen,
sondern gehen den Leuten weit aus dem
Wege. Zu hören bekommt man freilich
genug von der Familic, in welcher Streu
nnd Zank an der Tagesordnung sind.
Utllll l'U'J UUlt, UIIV113
die Fra das Urbild der Trägheit und
obendrein dem Trnnkc ergeben ist, der
Mann aber an Rohiieit des Gemüthe
init) brutaler Sinnesart feines Gleichen
suchen würde, unter seinen Lansleulen?
Ist eS doch schon so weit mit ihnen ge
komme, daß einmal der Polizeirichter
einschreiten, die Frau wegen Trunken
haftigkeit nach der Strnfinsel und dic
gänzlich verwahrlosten Kinder in eine
öfsentlichc Wohlthäligkcitsanstalt schicken
mußte.
Als das Weib die Strafe verbüßt hatte
und in der Wohnung des Gatten wieder
erschic, that sie den schwur, sie wolle
Gleiches mit Gleichem vergelten, und
noch an dem nämlichen Abend gab ihr der
Mann die von Alters hergebrachte Tracht
Prügel und dadurch die in dc Wortes
eigentlichster Bedeutung bei den Haaren
hcrbcigczcrrte Gelegenheit zu einem
nächtlichen Auftritt, der selbst in dcr
kunterbunten Geschichte unseres Hauses
als ein besonderes Ereigniß vermerkt
steht. Man schrie Mord und Todt
schlag, als einige Kollegen des streit
baren Polizisten die Treppe heraufstürm
ten, m das kämpfende Ehepaar gewalt
sam zu trennen und, weil Jcdcr dcn An
dcrn verklagte, gemeinfchastlich vor dcn
Richter zu schleppen. Trotz ihres Pro
testeS unter einer Fluth von Schimpf
worten und Flüchen ward das Weib doch
als der schuldige Theil erkannt und nach
dem Eiland zurückgeschickt, von woher sie
erst vor wenigen Stunden entlassen war
den war, während der braoc Patrick
McEafserty, unter gebührendem Hin
weis auf seine bislang makellose Ver
gangcnheit, mit einen, einsten Verweise
und der Mahnung, in Zukunft Frieden
zu halten, als freier Mann seinesWegeS
ziehen durste. Unser Haus, mit den
Verhältnissen viel genauer bekannt als
der Richter, mar mildem Urlheilsspruche
freilich gar nicht einverstanden, vielmehr
einmüihcg der Ansicht, daß beide Gatten
iu's Zuchthaus gehörten, und daß man
den schlechtesten Kerl von neuem auf die
Menschheit losgelassen, märe vollends
eine Sünde und Schande.
Au diesem Verdikl der öffentlichen
Meinung spricht nicht etwa blos ein scn
timcntalcs Mitkid für ein Weib, dessen
Schwachen eine galante Menschheit ja
stets möglichst gelinde beurtheilt missen
will, sondern ein ganz bestimmtes Rechts
gesühl, welches auf gewissen Beobach
lungen beruht. Diese anzustellen haben
die Leute in den letzten Jahren aber Ge
lcgenhcit. genug gehabt. Und in unse
rem Hause bildet das Familienleben oer
Nachbarn durchaus nicht den einzigen
Maßstab zur Beurtheilung der Menschen.
Ach, was die mangelhafte Harmonie
zwischen Eheleuten oder die täglich wei-
er werdende Klnft zwischen Eltern und
Kindern betritt, so bekommt man ,
dieser Hiniicht in den Familien
Kasernen" täglich so viel zu sehen, daß
man gern ei Auge zudrückt und fünf
gerade sein läßt, so lange nur der äußere
schein de AtistandeS gewahrt bleibt.
Mit dcn McEaffcrtys war es aber
etwas Anderes. Ueber das von dcr
Straße aufgelesene Weib, das schon da
mals eine Ruf nicht mehr zu vernichten
hatte, als der Mann, wie es hieß, in
einem Augenblicke sinnloser Trunkenheit
sie sich antrauen ließ, ging man mit
einem moralischen Nascrümpsen leicht
zur Tagesordnung über. Den Polizisten
aber fürchteten die Leute, und zwar mit
Recht.
Jedermann weiß, daß Patrick Mc
Eaffcrty der schlechteste Micthsmann im
Hause ist, und dennoch legte der Land
lord ihm gegenüber bei jeder Gelegen
heit eine Langmulh an den Tag, welche
nicht nur dcr den anderen Familien unter
seinem Dache schuldigen Rücksicht und
Billigkeit,, sondern auch dem eigenen In
tercssc schnurstracks zuwiderläuft.
AIS der Eigenthümer einmal z. B. wie
bei allen übrigen Mielhpartcien, so auch
bei dcm Wächter der öfsentlichen Ord
nung dem ersten Paragraphen der Haus
orduung, worin Jeder zur pünktliche
Zahlung des Miethzinscs verpflichtet
wird, Geltung verschasscn und imWcige
rnngssalle mit sofortiger Kündigung
drohen wollte, ward er sofort durch
einen amtlichen Besuch von zwei Sani-tatS-Inspektorc
überrascht, welche ganz
unerwartet ans dic Vornahme gewisser
kostspieliger Reparaturen an dcr aller
dingS defekten Röhrculcitung im Hausc
drangc. Ganz zufällig natürlich wurde
der Polizist Patrick Mciinjferti) Augen
uiid Ohrenzeuge dieser fetale AnSein
andersctznug scincs LandlordS" mit den
Sanitätsbcamtcn und diese hatte sich
mit der Ankündigung, sie würden nach
Verlauf einer Woche wieder nach de
Röhren sehen, sich kaum entfernt als
der Polizist init einer wahren Gönner
mienc dcn hart bedrängten Hausherrn
zu beruhigen suchte, indem er sagte:
"Von neccl'nt worry, sir, ifyou'll
only I t me fix it for you ich the
department."
Die Sanilötsinspektoren haben in
zwischen ihren Besuch in unserem Hause
nicht wiederholt, so dringend die beziig
lichen Reparaturen i Aller Interesse
auch geboten mären, und Patrick McEaf
fertn murde in jenem Monate für die
schuldige Miethe nicht mehr gedrängt.
Daß der elende Wicht gerade bei enen
Behörden, mit welchen das Publikum
hin und wieder direkt in Berührung
kommen muß, einen gewissen geheimen
Einfluß besitzen muß, haben iider Thät
auch die meisten Ladenbesitzer und Klein
gcwerbtrcibendc in der Ward schon zu
ihrem Schaden und Nachtheil erfahren.
Aber deut Treiben des schoflen Snbjck
tes ein Ziel zu fetzen, dazu hat Keiner
den Muth. Der Groccr borgt mürrisch
weiter, obgleich dem biederen Platt
deutschen bei der täglich größer werden
dcn Rechnung längst nicht mehr wohl zu
Muthe ist ; allein er weiß nur zu gut,
daß dieser oder jener kleine Geschäfts
Trick", an dem er Vortheil zieht, einen
prüfenden Blick ail dein wachsamen
Auge des Gesetzes nicht auszuhalten ver
möchte und daß dcr Blaurock, dcssen
Patrouillerdienst in unserer Straße liegt,
mit seinem Kollegen Patrick MrEafserty,
obwohl derselbe einem anderen Polizei
Rcvicr angehört, aus dein freuudschast
lich sten Fuße steht.
Die beiden Biedermänner halten wirk
lich treu und fest zusammen, wie auch
sämmtliche Wirthe im ganzen Precinkl"
beinah' täglich an dcn Brandschatzungcn
ersahreu, welchen das würdige Paar
"on the sly" die Cigarrenkisten und
Getränke mit einer an kindliche Naivetät
und Unschuld grenzenden Unverschämt
heit aussetzt. Und dcr in Geldsachen
etwas genaue deutsche Bierwirth, welcher
die Nothwendigkeit dieser -beständigen
Zwangsanleihen für fein reelles Geschäft
nicht einzusehen vermochte und deshalb
den Polizeikribut eines guten Tages
rundweg verweigerte, sah sich von Stund'
an in so bodenlos gemeiner Weise von
der Aecisepolizei gehetzt und drangsalirt,
mährend seine Konkurrenten rings mher
unbehelligt blieben, daß ihn, nur die
Wahl blieb, entweder den unglcichcn
Kampf aufzunehmen und sein Lokal zu
schließen, oder aber Patrick MeCasferty
und seinem ebenso miserablen Amts
bruder wieder zu verabfolgen, was sie
verlangten. Weise entschloß er sich zum
Lctztcrn und wird nun, wie jcdcr bei der
Polizei gut angeschriebene Wirth in der
Ward, mindestens einen halben Tag im
voraus von der Razzia" in Kenntniß
gefetzt, die aus allerhöchsten Befehl er
folgen soll, um den Diensteifer der hoch
wohllöblichen Polizei bei ber Bürger
schast in das hellste Licht zu setzen.
Der Polizist Patrick MeCafserty weiß
Alles, was in der Ward vorgeht, kennt
die geheimen Schleichwege, auf denen
Laster und Verbrechen wandeln, und
zieht aus Jedem seinen Gewinn. Wie
die Straßendirne mit Leib und Börse
ihm tributpflichtig ist, wenn sie ungestört
ihren Weg in' sichere Verderben verfol
gen will, so schröpft er auch den Spiel
Halter, der in seiner Hölle nur so lange
Herr ist, als seine Rechnung mit der Po.'
lizci stimmt, so stand er bei manchen fei
ner Vorgesetzten seit geraumer Zeit sogar
in dem Verdachte, der geheimen Gemein
schast mit einer organisirten Bande von
Dieben, welche unter den Augen der Be
Horden das Verbrechen handwerksmäßig
betreiben.
Hatte, so lange er im Dienste mar,
sein Umgang sich fast ausschließlich auf
Kreise beschränkt, deren Repräsentanten
beiderlei Geschlechts sich aus dem anrü
chigsten Gesinde! rekrutirten, ob sie schon
unter dcm harmlofenNamen vonSports
leute'n" aufzutreten' pflegten, so waren
letzthin dic Bcrdachtsgründe gegen seine
ehrbaren Lebenswandel so stark gewor
de, daß man im Hauptquartier nicht
länger mehr ignoriren durfte. Sei Ea
pitäti ließ es auch jetzt noch dcm Au
scheine ach bei einer ernsten Warnung
bewenden, stellte dem Gegenstände seines
Argwohns aber gleichzeitig eine geheime
Falle, indem er ihm einen Schatten zu
theilte, dessen Aufgabe eS war, ihn auf
Schritt und Tritt zu beobachten. Ein
Polizeispion als Häscher für einen Po
lizeibüttel! Giebt es einen Anblick, dcr
widerlicher wäre, als dics Versteckenspie-
len? Und doch, wie alltaglich ist eine
solche Jagd !
Patrick MeCafserty treibt es nach wie
vor, ändert weder feine täglichen Ge
wohnheiten in und außer dem Dienst, noch
seine Geschäftsmethoden, welche ihn zum
stillen Theilhaber einer Firma prosessio
neller Einbrecher gemacht haben. Bei
einem ebenso kühn angelegten wie dreist
zur AuSluhrung gebrachten Diebsiahl
tritt er, mit feiner Uniform den Rückzug
feiner Kumpane leitend, vielleicht zum
erste Btale thätig helfend bei einein
Verbrechen aus, wird im entscheidenden
Augenblicke von dem allgegenwärtigen
Schatten" ertappt und zum Gesänge-
ncn gemacht. Wohl flucht er dann über
dic Nicdertracht, dic einem College Fall-
tncke legt, aber er leugnet seine Mit-
schuld nicht; sieht er sein Bild doch im
Ernste schon mit dem Glorienschein eines
plucky telleiw mnacbcn, eine dcr
der nächsten Nummern der Poliee Ga
zelte" zieren, lind wenn er bei der gro
ße Assairc etwas bedauert, so ist e nur
der kummervolle Gedanke, daß e ein
liimpigerEinbruchsdiebstahl sein mußte,
welcher ihn als Held des TagcS den
Aiiqcn der staunenden Welt vorführt.
Hätte er nicht ebenso gut als Mörder,
mit dem rauchenden PNtol in der Ha,d,
den schönsten Triumph seine Lebens un
ter dcm Galgen seiern können fest und
)irin bis zum letzten Utcomeut, dem Heu
ker, wie einen guten Kameraden, dic
Hand zum Abschiede drückend und mit
einem salbungsvollen Lebewohl aus froh-
lichcS Wiedersehen im Himmel 1 . . . .
Das hat nicht sollen sein. Patrick
McCaffertn kommt nur auf fünf Jahre
ins Zuchthaus, und als er abgeführt
wird, ruft die Welt nicht einmal Hur
rah. Aber in unserem Hause heißt es
noch einmal: dcn hat der licbe Gott in
seinem Zorn zum Polizisten gemacht.
Arme Me5anie.
Aus den Wilden Geschichten" von
c. Meinecke.
Den ganzen Tag hatte das regste Drei
bcn und Leben im Zuckerhause geherrscht.
denn heute wurde das letzte Zuckerrohr
enigesahren und war die angcltrengte,
zweimonatliche Zuckcrerntc zu Eude. Am
Earncr" der Walze, welche das Rohr
von dcr Scheuer zu den Presse hinauf
führt, arbeiteten die Negerweiber und
Mädchen noch einmal s fleißig als sonst
und neckten die farbigen Fuhrleute, wenn
einer etwa ungeschickt wendete oder gegen
einen Psosten anfuhr. Selbst der ge
strenge Herr Ausseher, ein langbeiniger
Spanier, ließ sich herab, mit einigen hüb
scheu Mädchen, auf welche er sonst mit
osteiitatiöser Verachtung herabzublickcn
pflegte, zu scherzen, und spie die Tabak
sauee nach allen Richtungen, nicht, wie
gewöhnlich, auf einen Punkt. Er war
vcrgnügt; konnte er doch stolz sein auf
das Resultat seines Fleißes und seiner
Kenntnissc, denn im Lagerraum stand
schon eine beträchtliche Anzahl Fässer,
gefüllt mit dem edlen, wcißlichgclben
Zucker, dem besten im Staate Louisiana, "
wie er prahlend bemerkte.
Endlich wurde die letzte Wagenladung
auf dem Eariicr geschoben und die schrill
tönende Pfeife gab das Signal zur Ar.
beiteinstellung. Lachend und scherzend
wanderten die Neger in Gruppen heim
oder zerstreuten sich im Zuckerhause ; halb
müchsige Buben hatten vor Freude eine
Rauferei angefangen und sprachen mit
ohrenzerrcißcndem Geschrei wie Kampf
Hähne auf einander los, bis das Wuth
gebrüll eines in dcr Hitze des Kampfes
Gebissenen den Aufseher veranlaßte, mit
einem elastischen Zuckerrohr zu inlerveni
ren. Nur an den Kessel dauerte die Arbeit
och fort; schweißtriefend standen die
muskulösen Männer und schöpften dcn
kochenden Zuckersaft mittelst mächtiger,
an langen Stangen befestigter Holzeiiner
aus einem Kessel in den andern, schäum
ten und rührten. Andere dagegen ließen
den genügend gekochten Sast, der jetzt
eine röthllche Farbe angenommen hat, in
einen aus Schienen lausenden Wagen
fließen und vertheilten ihn in den Küh
lern, wo er langsam körnt und die Mo
lasscs ansschcidct.
Als die Sonne in südlicher Pracht un
tcrgegangen war, hatte man, da es kühl
zu werden begann, im Kamin ein kleines
Holzfcuer angezündet, um das sich dic im
Zuckerhaus beschäftigten Weißen versam-
Hielten; dcr Aufjehcr, der Maschinist,
ein etwas rascher, junger Mann von in
telligcntcm Aussehen, der Zuckcrma
chcr", ein Schreiner von Profession, und
der Wächter im Lagerraum, ein junger
Deutscher, den Laune oder Schicksal vom
Norden nach dem Süden verschlagen und
der ein barbarisches Englich radebrechte.
Sie unterhielten sich natürlich Über die
Ernte und waren theils froh, daß sie ge
than war, wie der Maschinist, den es
wurmte, daß er des Tages nur einmal
Kaffee und selten Whisky zu trinken be
kam, und der junge Deutsche, der sein
tagtägliches Quantum Bier sehr ver
mißte, theils traurig, wie der Zuckerma
cher, der wieder zum gewohnten Hobel
greifen mußte, was ihm nicht zu behagen
schien. Sie sprachen über die in der Zeit
erduldeten Leiden, schlechte Löhne und
harte Zeiten, worüber junge Männer ge
möhnlich zu klagen pflegen, als das Ein-
treten eines ?!egermädche ihre Unter
Haltung unterbrach. Die an den Kesseln
arbeitenden Schwarze bcgrüßtc mit
srcui'dlichcin Grinsen und Zurus das
Mädchen, welches indeß, den Gruß kaum
bemerkbar erwidernd, -sich an dcn Aus
scher mit dcr Bitte um etwas Syrup
wandte. Ihre Bitte wurde mit qnädi-
gern Kopfnicken und bezeichnender Hand
bemeanng bewilligt und da junge Mäd-
ehe ließ sich ihren Blechkessel mit dem
hellgelben Syrup füllen und ging, einige
gut gemeinte scherze dcr vcegcr lachclnd
hinnehmcnd, wicdcr hinaus.
Wahrhastig, ein nettes Kind," be
merkte dcr Maschinist zu dcm Zuckerma
cher, sie hat sast gar nicht von dcr Bil
bring und Farbe ihrer Eltern beibehalten
und thut so stolz und hochiniithig, al ob
sie I eine Gelbe besser wäre als eine
ganz Schwarze."
Mag fein," entgcgncte dcr Angcre
dctc ; ich versichere ie, Bell, daß hinter
dieser Hochmiithigkeit absolut nichts steckt
und daß sie eben so sittenlos und üppig
als das andere Kreolcnpack ist !"
Diese Bastordbande hat alle Laster
ihrer französischen Eltern, ohne deren
Tugenden, von denen zwar auch blut
wenig zu spüren war, angenommen, und
man sollte sich eigentlich gar nicht um
sie -" der Aufscher beendigte dcn Satz
nicht, sondcrn spie mit langem, bedächti
gem Blick in das Feuer und ordnete dic
Scheite. Heute Abend ist Ball ; ich
denke, Sie werden nicht versäumen, dic
Nigger 'mal im Ertrem des Vergnügen
sehen zu wollen, Sie tonnen sich zur
Fnrsoige Ihre Revolver beiftecken, denn
wenn die Burschen durch Whisky etwas
erhitzt sind, fangen sie leicht Feuer."
Jawohl, wir kommen," riefen Alle
wie ans einem Munde. Der Aufseher
und der Mnschiuist holten ihre Pferde,
um nach dem Wohnhause zu reiten, wel
che in einer Entfernung von einer hal
ben Stunde am Mississippi lag, umgeben
von den Wirlhschasts-Gebäiiden, de
Stallungcn für Maulesel und den Stal
lungen jür Schwarze, genannt Neger
Hütten. Nur dcr Zuckermacher und der junge
Deutsche mußten noch zurückbleiben und
der Letztere sntg im Laufe des Gespräches
den Ersteren, was wohl der Aufseher
hatte sagen wollen, als er den angesan
genen Satz abbrach.
Das ist leicht zu sagen," cntgegncte
dieser ' Sie haben wohl schon bemerkt,
daß ein Plantagenaufseher eine fast tut
beschränkte Herrschaft über die Neger
ausübt. Die Peitsche ist ihnen zwar
entwunden, aber es stehen ihnen so viel
Mittel und Wege zu Gebote, die Leute,
namentlich die Frauen und Mädchen, zu
quälen, daß dieselben unterwürfig sein
müssen. Ich glaube, er hat seine Augen
auf das Mädchen, das Sie ja vorhin
sahen, geworfen und durch Ucbcrrcdnn
gen und Versprechungen Sie kennen ja
wohl dcn Schmindcl sie seinem Willen
geneigt gemacht. Das Mätcheu ist mit
der Tochter dcö Pflanzcr aufgewachsen,
bis dcr Krieg bcidc trennte ; sie hat etwas
mehr gelernt als dic anderen Neger und
hat jedenfalls in Selbstverblcndiing dic
Bewerbungen des Aufsehers für baarc
Münze genommen. Doch das ist zu ge
möhnlich hier, um darüber Wone zu
verlieren, denn die meisten Schwarzen
fühlen sich geschmeichelt, wenn ein Wci
ßer sich mit ihnen einläßt. Ta kommt
das Souper, nachher wollen wir zum
Neqerball aufbrechen."
Als das Souper beendet mar, brachen
Beide auf, nachdem der Zuckermacher
dem intelligentesten Neger noch einige
Instruktionen betreffs des Sicdcns ge
geben hatte. Es war wurm geworden,
der Mond schwamm mit voller Pracht
in der klaren Luft und versprach gutes
Wetter., Als sie näher an das Ncgcrdorf
kamen, hörten sie schon lautes Gejohle,
'das Kratzen zmcier Geigen und das Ge
klingel der TambourinS.
.!as Balllotat vetand ich kiner
großen, leerstehenden Ncgerhnlte, deren
einer Thcil als Ballsaal und der andere
als Restaurant dicntc. Einige Gallonen
Whisky nebst etwas Cakcs waren unter
dcr Obhut eines alten Neqcrweibcs, der
ei Ncgcr, welcher im Gerüche dcr Tcm
perenz stand, im Falle eines Angriffs
gegen die Flaschen mit einem Knüppel
sekundircn sollte. In diesem duea ret io
saßen die Weißen, rauchten und tranken,
und standen Negerweiber zu alt oder zu
fett, um zu tanzen, Buben und Mäd
chen, dem Getümmel zuschauend. Die
Burschen sahen in ihren Sonutagsanzü
gen, deren Schnitt leider etwas veralte!
war, und in ihren blanken Stiefeln sehr
herausfordernd aus ; die Stutzer halten
bunte Bander um den Hut geschlungen,
ließen den weißen Hemdenbusen mehr
als nöthig hervorscheinen nnd traten mit
derselben Zuversicht auf, wie die einer
europäischen Großstadt. Die Mädchen
waren ebenfalls auf's Beste geschmückt ;
ihre hellen Kleider, grellfarbigen Kopf
tücher, Pcrlfchnürc, schwarzen oder gcl
ben Gesichter, funkelnden Augen, das
krause Haar phantastisch gcflochtcn,
machten das Bild höchst interessant, wenn
nur nicht jenes eigenthümliche Neger
parnim sich allmälig verbreitet hätte,
Mclanic, so mar dcr Namen deS oben
ermähnten Mädchens, war einfacher ge
kleidet; ihre hübsche, schlanke Gestalt
umschloß ein weißes Muslinkleid mit
rothem Uebermurf und nur eine rothe
Rose zierte ihr üppiges schwarzes Haar.
Nach einer Pause begann der Tanz ; erst
spielten sie eine traurige, langsame
Weise, die an die elenden Zeiten der
Sklaverei erinnerte, doch schneller und
immer schneller murde der Takt. Zwei
schlugen mit Füßen und Händen in zit
terndcr, schlangenartiger Bewegung ge
räuschvolk die Begleitung, und der Tanz
begann.
Die alte originellen Negertänze hat
tcn sie ganz vergessen, waren ab, mil
liae Schüler der Franzr Äewesen n.
tanzten Ko,itretx-z' und Pastorelle mit
dersclbc Grazie und Lebhaftigkeit wie
ihre Lehrmeister. Endlich, als schon
dicke Schweißlropfen anf den Stirnen
dcr Tänzer standen, hörte die Musik
auf ; es wurden Erfrischungen genom
men und man zerstreute sich i'u dem
Saale" unter Lachen und Scherzen,
Hinter einer hohen Hecke wilder Ro
sen vor dem Hause, aus der noch einige
verspätete Blüthen hervorliigten, lag der
junge Deutsche und starrte schwärmerisch
und gedankenvoll auf die weiße Mond
scheibc, sich ganz dem Zauber dieser
prächtigen Nacht überlassend, bi ihn ei
in der Nähe geführte (esvräch aus sei
nem Brüte weckte. Die Stimmen ,va
ren Melanicn' und de Aufsehers.
Aber Fred," sprach Mclanic, Du
hallest mir doch schon vor einem halbe
Jahre versprochen, wen die Zuckererute
vorbei sei, mich zu ehelichen'; das alle
Jahr ist jetzt vorbei, die Ernte ist vor
über, ich mahne Dich an Dein 'erspre
chen, denn Du weißt das liebt ige."
Nach einer längeren Pause antwortete
der Ansschcr: Dumme Ding, hast Du
den auch bcdacht, wic meine Stellung
zu den Negern winde, wenn ich ein Ne
germädchen heirathcte? E thut mir leid
um Dich but 1 can't hlp it!" Es
war zu brutal.
Alle blieb still. Der Ausseher ging
in die Hütte zurück, trank ein großes
Glas Whisky und war bald mit einem
Weißen in ein eifrige (Gespräch ver-
wickelt. Au das Mädchen dachte diese
rohe Seele nicht mehr sie .vor ja nur
ein verachtetes Negermädchen,
Melanie verharrte reanl,, eine
Zeit lang auf der Stelle, ' dann, sich
langsam umdrehend, schlug sie Sie !)!ich
tung nach dem Flusse ein,' Ein ivildeS
Lächeln spielte um ihre Lippen, dcr Tro
pscn Negcrblnt in ihre Adern hatte das
andere Blut rebellisch gemacht.
ier (iluß cliimrneite rote eine tiäac.
weiße Masse, ein hellerlenchlele Dampf-
book fuhr lang,a,n den Fluß hinaus;
keuchend und ächzend bewegte sich das
schwer beladenc Boot, obwohl öfters
von den Zuckerwachen am andern User
angerufen, setzte eS doch, ohne anzuhal-
tcn, seinen Lauf ,ort, die kostbare Fracht
bergend.
Dann war wieder Alles still.
Als jedoch von der N'egersiedlnng die
Rufe Melanie ! Melanie!" hörbar wur
den und die Rnscr ziähcr kancn, stand
das-viädchen aus einem weit in den Mis
fissippi hinausreichenden Treibholzstainm
und starrte auf dic mächtige Fluth hin
aus.. Plötzlich warf sie dic Arme in die
Höhe, und ehe och der jnngc Deutsche
hinzueilen konnte, hatte sie schon die
schmutziggelbe Fluth verschlungen.
Am andern Morgen fand man ihre
Leiche einigeMeilcn südlich angeschwemmt
und brachtc sie untcr dem Jainmeigeheul
der W-n'ber und Kinder zurück. Niemand
mußte genau den Grund des Selbstmor
des anzugeben und man erging sich nur
i Vermiilhnngen. Als dcr Aufseher die
Leiche sah, murmelte er einige unver
ständliche Worte und ritt schweigend und
gedankenvoll davon.
Nach einigen Woche wurde der Aus
scher, als er mit mehreren Negern in
den Sumpfen auf der Waschbärenjagd
war, erschossen. Es w,,rde behauptet,
sei Gewehr habe sich zufällig entladen.
Kleiner ärztlicher Uathgeber.
D a dic sogenannte To m
mcrkrankheit gegenwärtig wieder wie ein
Würgengel unter den Kindern umher
geht, nnd zahlreiche Opfer fordert, so
märe es wohl am Platze, den Mütter
ein Rezept zu nennen, welches bis zur
Ankunft des Arztes sich von großem Nu
tzc crmeisen bärste : Man reibe süßes
Mandelöl, arabische Gummi, weißen
Zucker (von jedem 2 Drachmen) gut zu
sammen und mische Iltizc Zimmktwasscr
und I Unze Fenchelwasser hinzu. Davon
gebe man stündlich I 2 Theelöffel voll.
Tritt die Krankheit jedoch so heftig auf,
daß die Glieder erkalten, so muß sofort
ein Sensbad bereitet werden, indem man
I y2 Pfund Senf mit Wasser in ein Söck
chen thut und im Badewasser so lange
ausdrückt, bis das letztere gelb aussieht.
Darauf wickle man da Kind in ein
warmes Tuch und lege es ins Bett.
Wird Jemand von irgend einem
Insekt gestochen odcr mit Giftranke ver
giftet, so soll man sofort die afsicirte
Stelle (so weit die Schwellung und die
Räthe sich ausdchncn) mit reiner Sal
petersäure von sp. gr. 1.42 bcstrcichcn
und dies so lange alle 10 15 Minuten
wiederholen, bis dcr schmerz aufhört,
was gewöhnlich bald geschieht. Nach
Aufhören der Schmerzen verschwindet
nach und nach die Räthe und die Schwel
lung. Wenn die Augenlider der lei
dende Theil sind, so ist stets Sorge zu
'rogen, daß die Säure die Auge nicht
berühre.
fMpsiSlich.
Arzt : Für diese Leiden, meine beste
Gnädige, giebt es in der Medizin keine
Mittel! Das sind eben Schmerzen, wie
sie das gewöhnliche Leben mit sich bringt!"
Dame: Gewöhnliches Leben!? Herr
Doktor, ich muß Sie bitten, sich etwas
zu modcrircn ! Bei einer Dame meines
Standes kann hievon gar nicht die Rede
sein 1 "
V
.
AuS der Schule.
Ein Lehrer nimmt mit feinen Schülern
ein kleines Gedicht durch, in welchem fol
gende Stelle vorkommt:
Es ertönet die Thäler rings entlang.
er Boglein (roher dacdgcang.
Lehrer : .Nun sag' mir einmal, klei
ner Jtziq, wie heißt denn dcr Singular
ron Thäler?"
Mg! Thaler, Herr Lehrer!"
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NÖW
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