Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, April 17, 1920, Image 2

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    4
Tg!W Oilh Erlitt
! J
Wie bkotm regieren.
,
' M Friedrich
.150 Iah habe die DkutschkN unser
unS enrnamskrt und nichii geschafft.
1 ' Wir Polen wkiden nur fünf Jahre nötig
hgbm. um die letzte Spuren de
i Deutschtum! zu beseitigen.' Tiej Wort
.Z eines polnischen Führer! ist nicht etwa
1 ver Ausfluß übermütiger Siegesstim
mung, sondern im Gefühl dr Kraft und
zielbewußter Politik gesprochen. Denn
r ? unterscheidet den Polen vom Deut
schen dev großen Masse: Er ist national,
f. Internationalismus. Völkerversöhnung,
! !alt,rbrüdkkllnz sind inrn Kindereien.
über die n lacht. Sein polnisches Reich
ist ihm seine Welt. Alle, andere ficht
kr cli feinen Feind an. Nur beim Po
le, nicht beim Teutschen, konnte ein
C4kichort möglich , fein, wie: .Eher
kann ein Hund atzen zur Welt brin
gen, ehe der Pole den Deutschen Bruder
nennt." - Nur so war tS möglich, daß
mitten unter den Augen der deutschen
Behörden, unmittelbar vor den Toren
der Stadt Posen kerndeutsche Bauern
aus Bamberg in Bayern innerhalb we
Niger Jahre in fanatisch Polen umge
wandelt wurde. Der Verfasser dieser
Zeile ist unier den Lambergera groß
geworden. Er Weib, wie mancher alte
Bamberg Bauer darüber geseufzt hat,
daß sich mit feinen Kindern noch
" leidlich verständigen kann, daß aber die
Enkelkind nicht ei Wort Deutsch mehr
zum Großvater sprechen können.
22 die Geschichte kennt, weiß, wie
die hemaU polnische Landestülr West
Preußen und Posen ausgesehen haben. Er
kennt die drastischen Aussprüche Fried
richs bei Großen und die erschütternden
Berichte seiner Beamten. Preußen hat
an den Polen gehandelt, wie der barm
herzige Samariter an dem unter die
Räuber und Mörder Gefallenen. Er hat
den in Schmutz und Jammer und Ar
inut und Unwissenheit verkommenden
Polen von seinem Blut und seinen Wun
den,, und Striemen gereinigt, ihn auf
fein Tier gehoben, ihm ein menschen
würdiges Dasein verschafft und wie der
Bruder zum Bruder und der Freund
zum Freunde gehandelt.
-Darüber müssen sich Deutsche klar sein:
Der Pole denkt nicht im entferntesten
daran, ähnlich zu handeln. Er kennt
1 i eine Politik, die Politik der starken
Faust. Rücksichtsloses Vorgehen gegen
alles, was nicht polnisch ist. Was schert
eS ihn .daß die Entente den Minder
heiten allerlei Rechte zugebilligt hat?
Seht zu. ws ihr Deutschen euer Recht
findet so sagen sie ihnen lachend ins
Gesicht. .Wer die Macht hat. hat das
Recht. Und wir Polen haben die Macht!"
Die Politik rücksichtsloser Behandlung
hab die Deutschen gefühlt, die schon
vor einem Jahre unter die Krallen des
weiße Adlers kamen. Von ihr können
feufzend auch die Deutschen erzähle, die
seit dem 17. Januar lcZgerissen sind.
Diese Deutschen hatten gehofft, daß die
Polen jetzt mildere 'Saiten aufziehe
würden. Nichts davon ist zu spüren.
Dieselbe Politik der kleinen Nadelstiche,
. dieselbe Politik der brutalen Gemalt und
Rechtsbeugung. Wan will den Deut
fchen den Aufenthalt i Pole derekeln.
Man will sie hinausgraulsn. .Jdz do
marka Lmndenburgk Geh in die Mark
Brandenburg!" Dann sind Wir dich und
du deine Aerger los!"
1772 war die erste Teilung Polens.
Abc? erst am 23. August 1876 wurde
unier Protest der polnischen LändtagS
abgeordneten die deutsche Sprache als
alleinige Amts und Schulsprache in Po
fe eingeführt. Also über 10 Jhre
ließe die Deutschen den Polen Zeit, sich
in die neuen Verhältaisse iminzusinden.
Die Pole dagegen? , Vom ersten Tage
der Besetzung ab ist polnisch Amtssprache.
Alle Amtsschilder, alle amtlichen Schrei
be und Bekanntmachungen erscheinen
nur in polnischer Sprache. Sämtliche
Ortsnamen sind sofort in polnische um
gewandelt worden, auch wen diese Orte
inst unter polnischer Herrschaft nie pol
Nische Ortsnamen getragen haben. Alle
Straßen haben polnische Bezeichnungen
bekommen. Keine deutsche Zeitung darf
mehr Nachrichten aus Warschau. Posen,
Bwmberg, Lissa bring?, fondern mutz
Warszawa. Popern, Bydgodsz, Lefzno
schreibe. Ja. sie darf nicht einmal zur
Aufklärung ihrer Leser de deutschen,
Ortsnamen dahinter fetzen.
Drei Tage nach der Ucbergabe unseres
Städtchens erhalt ein Kaufmann ein
Telegramm von feiner in der Klinik zu
BreÄau fchwer erkrankten Frau. Um
schneller eine Patz zu erlangen, fahren
die erwachsene Töchter nach Posen. Im,
Paßamt tragen sie ihre bescheidene Bitte
vor; Der betreffend Beamte grinst sie
höhnisch an und, antwortet polnisch.
.Ach, bitte, wir verstehe nicht polnisch.
Wir möchten aber das und das haben.
Habe Si doch Mitleid mit unserer
sterbende Mutter!" Wieder polnisch
SstifniorL wieder Krinlen und böbmscker
1 Zynismus. Ml Träne in der Stimme
l kommt die Bitte zum dritten , Mlle:
I Ach, kana uns denn keiner helfen?" Da
i fttönfs mit inrnol in vollendetem
l Deutsch und schneidendem Hohn von dea
Lippe desselben Beamten: .Sie haben
f mit polnischen Behörden polnisch zu
sprechen !' Aber, mein Gott, wir sind
. doch erst feit drei Tage polnisch." .Da
I ist egal. Sehen Sie zu, wo Sie Ihr
Recht finden." - Damit standen die jun
1 gen Mädchen bor der Tür. Denke ld
,L ner, daß das ein vereinzelt Fall fei
I und daß der Beamte nicht in Stimmung
I " war. Nein, das Beispiel ist typisch. Der
j Deutsche wird eben als Bürger zweiter
l Stiatft angesehen.
Bei den vielen Festessen, die setz! i
, allen neuerworbeneu polnischen Städte
behalten werden, wird immer in de,
weglichen Töne von der LeidenZzeit er
3 zählt, die das arme .Pole unter den
preußischen .Kandannreitern' durchzu
1 machen hatte. JndeS wird jedesmal hin,
I zugesetzt, da edle Polen wird aber nicht
i Gleiches mit Gleichem vergelte, sondern
I für Unrecht Recht und für Bedrückung
Zsnihik und selbstverständliche Schonung
j Ut iMgsten Gefühle fetzen. : . ,
C Wütiger Hohn nechme sich solche
p , ttgbtx die Taten aS. Over
'
Wlkßtkm.
ist da' etwa Schonung der heiligsten
P fühle, wenn am EinzugZtage polnisch
Schergen in deutsche Bürgerhäuser lau
fen und die schwarzweiß'koten Fahne
fordern, um de schwarze Streife ab
zureißen und sie dann als polnische Far
den flattern zu lassen? Ist da Scho
nun, wenn in unserem Rathause die
Bilder der alten preußischen Könige fco
dea Wäden ge risse werden, obwohl ist
demselben Rathause die einstigen polni
schen Herrscher unberührt von deutscher
Hand durch die Jahrhunderte hindurch
bi auf dea heutigen Tag herabblicken?
Ist das Schonung heiliger Gefühle, wenn
man die Gedenktafeln gefallener Krieger
den 127071 zerschlägt, Erinnerungs
zc'.chen des großen Weltkrieges, weil sie
dea preußische Adler tragen, derstüm
melt. obwohl dort unter dem Gedenkstein
polnische Kameraden neben deutschen
friedlich gebettet sind? Ist das Freiheit
und Gleichberechtigung, wenn einer deut
schen Geschäftsfrau, die ihr blühende
Möbelgeschäft durch Kauf einer deutschen
Tischlerei vergrößern will, einfach er
klärt wird, in Polen darf kein Deutscher
und Jude Grundstücke uud Geschäfte er
werben? Ist das Schutz der Minder
heiten, wen dem Friedrich Wilhelm
Gymnasium in Posen mit über 600 rein
deutschen Schüler erst der deutsche Cha
rakter der Schul zugesagt und dann nach
und nach polnische Lehrer angestellt wer
den, wen einer rein deutsche Schule in
Graudenz. wo unter 430 Gymnasiasten
29 Polen sind, wenn dem ältesten, evan
gelische Gymnasium Posenö, dem Co
meniusgymnasium zu Lissa, wen einer
Reihe anderer höherer Schulen einfach
erklärt wird, von Ostern ab wird die
betreffende Anstalt nur noch eine pol
vischt Sexta haben, obwohl deutsche
Schüler schon jetzt ichlich angemeldet
sind? Ist das Recht, wen dem deutschen
Gymnasialprofessor auf fein Befrage
ausdrücklich versichert wird, er könne im
Amte bleibe, und Zwei Tage vor der
Nebergabe erscheint ein GreiS von 67
Jahren, ehemals preußischer Professor,
wegen Unfähigkeit schon vor vier Jahre
in dea Ruhestand versetzt und stellt sich
als Nachfolger .vor? Ist daS Aufruf)
tigkeit, wenn der erste , Bürgermeister
unserer Stadt erst gebeten wird zu blei
be und nach vier Tagen schon den Lauf
paß erhält und neben den rein deutschen
fünsköpfigen Magistrat fünf polnische
Stadträte gesetzt werden, so dafz sie mit
dem polnischen Bürgermeister in alle
Fragen das UÄergemicht haben? WaS
sagen die linken Biätter dazu, daß ma
aus Lissa den Führer der Demokraten
Partei, der mit den Polen immer auf
bestem Fuße gestanden hat. de Landes
verwiesen hat, anqeblich weil Polen der
schleppt sind, in Wahrheit, weil er feine
Mühle nicht verkaufe will? . .
Religionsfreiheit, Schutz der Minori
täten. Trotz dieser schönen Worte sind
nicht nur im vorigen Jahre 46 vange
tische Geistliche mit dem GeneralsuperZn
tendente an der Spitze interniert wor
d, sonder dieser Tage kam die Kunde,
daß trotz des Einspruches von edangeli
scher Seite die evangelisch geweihte und
gebrauchte Schloßkapelle zu Posen katho
lisch bleibt. Auch scheinen die Schikane
gegen, evangelisch Geistliche trotz Frie
denköertrageS tticht . aufzuhören. Wie
wir nfcchre. hat man ine bekannte
Führer des Deutschtums. Pastor Willig
man, vo Amt und Gemeinde gejagt.
Er weiß heute noch nicht, warum. Er
weiß nur. daß er feit der Ucbergabe pol.
nischer. Bürger ist und als solcher doch
den Schutz der polnischen Gesetze genie
ßea müßte. ' -
WaS bezwecken die Polen mit dieser
Politik? ' Sie wollen de Deutschen ohne
Frage den Aufenthalt in Posen und
Westpreußen verleiden. Bor alle Din
gen wird der Kampf gegen die Führer
deZ Deutschtums geführt. Hat man sie
mürbe gemacht oder sie ausgewiesen,
hofft man. mit der fuhrerlose Masse
schneller und leichter fertig zu werden.
Aber, daß man sich i Posen nur nicht
täuscht! Die Politik der kleine Nadel
stiche kann auch andere Wirkung hervor
rufen. Dem zurückbleibenden Teil der
Deutsche werdea neu Führer erwach
fen. Die Politik der kleine Nadelstich
ist nichts anderes als eine Politik der
Angst. Angst vor dem deutsche Namen,
der deutschen Macht, die heute zwar noch
am Boden liegt, aber einmal doch wieder
erstehen kann. Die Politik der kleine
Nadelstich ist unklug, ja Torheit. Da
durch schafft man nicht Lersöhnung. An
Näherung. Verständigung, sonder Rek
bung. Haß Todfeindschaft. Will daS die
polnische Regierung? ,
Der flüchtige Vk. '
Wegen Hochstapeleien und schweren
Betrügereien befindet sich der bekannt
Berufs Boxer Röder im Preungeshei
mer Gefängnis. Da er geschlechtskrank
ist. wurde er in da Städtische Kranken
Haus gebracht und dort abgeliefert. Wäh
rend sein Transporteur noch bor dem
Krankenhau ön der Haltestelle auf die
Straßenbahn wartete bemerkte tr, wie
Röder ungehindert da Krankenhaus
verließ vnd sich schleunigst za entfernen
suchte. Der - zufällig dazugekommen
Justizwachtmeister Oetzel und der TranS.
porteur Häfnn fetzten, ihm ach. und Z
gelang ihnen, den. Ausreißer nach iner
wilden Jagd durch ' mehrere Straßen
einzuholen und zu überwältigen. Er
wurde dann erneut dem Krankenhaus
eingeliefert.
.:, -
El'BeS'rksZs in eigmaringkn.
München. 11 März. Der frühere
König Ludwig von Bayern, der im
Laufe dieses WinterS eine ernstliche
Lungenerkrankung durchgemacht hat und
lange Zeit in Locarno weilte, ist zum
Besuch feinez, Tochter, der Fürsti von
Hohenzollern, ia Sigmaringe einge
troffen. ' Wie der .Bayerische Kurier"
rJahiV beabsichtigt der König, dem
wachst wieder seinen Uusenthslt in
- '
Die Ncdc dcs NciWttzlcrs
Bliller iilicr die Gegenrevolution.
Lrste Sitzung der Nationalversammlung in Stuttgart. Der Kanzler
erläuternden putsch und den Sieg der Negierilng. Zriedensvertrag
eme Gefshr für die deutsche Demokratie.
Stuttgart, 18. Marz.
Der geschichtlich denkwürdige Tag, an
dem die Deutsche Nationalversammlung
in Stuttgart i schwerer Zeit zusam
mentritt. trug schon ta seinem Aeuße
rea den Charalt einer außerordentli
chen Begebenheit. Am Kunst'Gebäude
am Schloßplatz wehte die Fahne de
republikanischen Deutschlands. Scharfe
Sicherheitsmaßnahmen nnd ein groß
Aufgebot von PoUzeiwehrmannschaftea
or und im Vcrsammlungshause mahn
tea an dea Ernst der Stunde. Ja der
Kuppelhalle bei KanstgebäudcS sammel
ten sich gegen 4 Uhr ungefähr 200 Mit
glieder der Nationalversammlung, dar
unter drei Deutschnationalk, ' Der Platz
deS Präsidenten war mit einem große
Blumenstrauß und die Rednertribüne
mit den Reichzfarben geschmückt. Vor
ihnen nahmen die Reichsminister Bauer,
Müller. Noske. David. Bell. Koch. Geß
ler. Giesberts und Uaterstaatsselrctär
Mösle sowie Vertreter der süddeutsche
Regierungen Platz. . .
Die Sitzung wird nachmittag? 4 Uhr
15 Minuten durch den Präsidenten Feh
renbach eröffnet. '
Er erteilte dem Reichskanzler Bauer
des Wort, der folgend Rede hielt:
Regierung . und Nationalversamm
lung habe zum zweite Male der bru
talen Gewalt weickend, um das Lebe
der junge Republik zu retten, Berlin
verlassen müssen, um der größten ge
meinsamen Aufgabe gerecht zu werde
und dea Fortbestand deS Reche! sicher
zustellen. Nicht um ei Parteiregiment
durchzuführen, sondern einzig und allein,
um vom Reiche de Zusammenbruch, die
Bedrohung vo innen und außen ab
zuhalten. Der Reichskanzler Mb nua
eine umfassende 'Darstellung der bekann
ten Ursachen und Vorgänge des Berliner
Putschest Dann führt er weiter aus:
Am vorigen Freitag , nachmittag
wurde der Regierung Mitteilung gemacht,
daß die Marincbrigade , Ehrhardt in
Töberitz beabsichtige, nach Berlin zu
marschieren, um gegen die Regierung
vorzugehen. Es tagte gerade eine Ka
binettsschung. an der auch Admiral v.
Trotha teilnahm. Er wurde beauftragt,
nach Töberitz zu fahren und dort Fest
stellungen an Ort und Stelle zu mache.
Herr v. Trotha kehrte am Abend zurück
nd versicherte unS. daß in Töberitz alles
ruhig sei (Hort, hört!) und niemand an
eine ernste Altion denke. (Hört, hört!)
Später hat sich dann herausgestellt, daß
Herr V. Trotha mit zu der Partie ge
hörte, die in die Verschwörung einge
weiht war, ANd sofort mit in dea Dienst
der sozcnünntcn neuen Regierung geire
ten ist. Nachts 2 Uhr wurden uns dann
positive, Mitteilungen gemacht. Der Ab
marsch auS Töberitz war tatsächlich er .
folgt'und die Reichsmarinebrigad rückte
Ichwer-rewassnet gegen Bern vor. Tie
Generale und Offiziere des Reichswehr
Ministeriums hatten sich zu Verhandln ,
gen in der Reichskanzlei ingefunden.
Die Situation wurde besprochen und ins.
besondere auch von einigen Herren er
neut darauf aufmerksam gemacht, daß
die "Forderungen, die General U. Lütt
Witz aufgestellt habe, it 'illigt ' wene
müßte, 4ne.il sonst der Zusammenbruch '
unvermeidlich sei.
. Ich habe mich sofort bemüht, noch
während der Nacht die -Minister zusam,
men zu bekommen, den Herrn Reichsprä
sidenten zu benachrichtige und um 4
Uhr morgens waren die meisten Kabi
nettömitglieder" beisammen. ' Die Bcra
tung ergab eine einstimmige und einmü
tige Ablehnung dieser Forderung (Bra
vo!), auch angesichts der unmittelbaren
Gefahr, der wir gegenüberstanden.
Bi morgens 7 Uhr war eine Frist
gestellt worden.
. Um 7 Uhr wollten die' Marinetrup
Pea a der Siegessäule im Tiergarten
stehe, und je nach dem die Forderung
bewilligt würde, würde der Angriff auf
daS Regierungsviertel einsetzen.
Wir habe es nach reiflicher Ueber
legung für richtig gesunden, dem blu
tizen Kampse auszuweichen. Es waren
reichstreue Truppen vothanden, aber e
fehlte ja jede ' Vorbereitung zum
Kampfe, jede Einrichtung zu dieser Ak
tion. ES wäre deshalb ein ungleiches
"imd blutiges Ringen geworden, deshalb
kam die Regierung zu dem Entschluß.
BerU Zu verlassen und einen, Teil der
abtttettSmttglleder in Berlin zu las
sen, um selbst nach DkeSden zu gehen.
Die Luge deZ Herrn Kapp, die Re
gierung sei geflohen und er und seine
Komplicen hätte sich nur auf die ver
lassene Stühle zu fetzen brauchen, r
gibt sich ohne weiteres auS den Tatsachen.
ES ist nichts als eine Entstellung der
Tatsachen und dreister Schwindel. Die
Regierung ist nur der Gewalt gewichen.
Gewalt wurde auch angewendet gegea
de Stellvertreter deS Reichskanzler?
den Minister Schiffer, der mit dem Un
terstaatSsekretär Albert gewaltsam auö
der Reichskanzlei ntfcrat und später so
gar ia Haft genommen wurde. ,
Wen die Aufrührer nicht, wie sie
wollte und 'scho ankündigten, die ein
zelnea Ministerpostea unter sich verteilt
haben, so ist dieses nur dem
vorbildlichen verfassungstreuen Ler
halte der Beamte der Ministerien
(Bravo!) zu verdanken, die durch den
Mund der Unterstaatssekretäre erlisten
ließe, daß sie nur eine Äegikrung ken
nt, die auf dem Loden der Verfassung
gebaldet, von die Nationalversammlung
anerkannte Regierung. (Bravo!)
Di Herren um Kapp Und Lüttwitz
habe jz feit Monakn ine intensiv
Agitation für sogenannte Fachministerica
entfaltet. Sie forderten, daß die Tüch
tigsten und Besten ohne' Rücksicht auf
de Parteistandpunkt i die Siaatsäm
jS bMM tejöa '
für die Fachministerika ist lediglich eine
versteckte Aaltatio für reaktionäre Ziele.
(Sehr richtig!) ' -Die
schwersten Borwürfe wurden gegen
unseren Kollege Srzberger
gerichtet, vnd ich glaube, ich bin eS dem
Kollege Erzbergcr schuldig, angesichts
der ungeheure Angriffe, die gegen jh
gerichtet find und angesichts deS schwer
verständliche Urteil (Sehr richtig!) ,a
sagen, daß et kaum einen tüchtigere
ffachminister gegeben hat, alö Heu
Erzberger! (Sehr richtig! Bravo!)
WaS dal für Fachminister sind, die
unS die Reaktion bescheren wollten, da?
zeigt doch, glaube ich, am beste die
Berufung deS Herrn Traub
als KuliuZminister und de! weitstem
de TagesschriftstellcrS Dr. Schiele, ei
Mann, der die doktrinärsten Idee äh
rend des Krieges vertreten hat, der von
keinem Lolkswirtschastler ernst gcnom
men wurde. Er wurde a die Spitze
deS WirtschafiSminlsterium! gestellt. Da
mit glaubt ich. ist der Beweis erbracht,
waS hinter den Bestrebungen der Re
aktionäre zu suchen ist.
Solcher Situation durften wir vnS im
Interesse deS LanöeS nicht aussetzen; es
kam darauf an, die Regierung zusam
menzuhalten und die Freiheit ihrer Ent
schließunge sicherzustellen, damit sie dai
Land zum Widerstand gegen diese
Staatsstreichler aufrufe konnte. (Sehr
richtig!) ' WaZ hat die Regierung ge
ten? - Sie hat die Bevölkerung der Län
der über daö Treiben informiert und den
Widerstand gegen dea Staatsstreich or
ganisiert. Sie hat die Reichswehr in
den verschiedensten Bezirken, die auch
nicht recht wußte, wohin sie follte, in
der Hand behalten, damit weiteres Un
glück verhütet. Wie die Verschwörung
angezettelt war, dafür noch ein Beispiel.
Die Admirale und Osfiziere der
Marinestation der Nordsee
hatten in einem langen Telegramm dem
Ildmiral Trotha dem früheren Chef der
Admiralität, und der neuen Regierung
ihre Ergebenheit Lad Treue versichert.
Von diesem Telegramm bekamen die
Tckoffiziere und Mannschaften Kennt
nis. Sie rebellierten, setzten ihre Offi
ziere fest und erklärten, daß sie hinter
der Regierung der Verfassung standen
und mit jedem Offizier schnell fertig
würden, der ihnen . hochverräterische
Handlungen zumuten würde. (Bravo !)
Das ganze Volk erhob sich und stellte sich
hinter die Regierung, rief allgemein nach
Waffen Zum Kampfe gegen die deutsch
nationale Reaktionäre, gegen die ost
lbischen Junker und gegen die Ossi,
zierskafte, die un? ia diese schwierige Ci
tltioa hneingebracht hat.
Wer steht hinter-diesem Putsch?
Die Alldeutschen, pie ehemaligen La
terlandsparteiler, in-..Teil der Deutsch
nationalen und deren Presse. (Sehr rich
tig!) Oberst Bauer und General Lu
dendorff. (Hört! Hört!) General Lu
dendorff war einer der Ersten, der In
doller Uniform ach der Besetzung der
Reichskanzlei w dieser erschien, (yort!
Hört!), und S ist fögar gelungen, diele
Situation im Bilde festzuhalten. (Sehr
gut!) EZ sind dieselben Kreise, die di
Schuld am Kriege tragen. Es sind die
selben Kreide, die die Schuld dafür tra
gen, daß wir diesen Krieg in dieser :Ieu
den Art verloren haben (Sehr wahr!
Sehr richtig!), daß wir nicht zu einem
anstandigen Frieden gekommen sind, be
vor die wirtschaftliche und moralische
Kraft des Volles zerbrochen und vernich
tet war. (Sehr wahr!)
Wie steht eZ un heute
fünf Tage nach dem Staatsstreich?
. Kapp und Lüttwitz sind derschwuntn,
die meuternde Marinebrigade auf Hu
Rückmarsch auS Berlin,
Sieg der Demokratie auf der ganzen
Linie!
(Bravo !) Der Beweis ist geführt, daß
sich gegen den Willen deS deutschen Bol
keS keine Militarherrschaft mehr in der
Republik halte kann, daß der ganze Ge
waltapparat zerschelle mußte aa unse
rem Willen, der du'rch und durch dmo
kratisch ist. (Sehr richtig!)
Bo dieser Stelle aus spreche td ixn
Helfern und Mitstreitern in .diesen
Kampfe de unvergänglichen Dank des
Vaterlandes auS. (Bravo!) , Ueber un
feien Sieg z jubeln, habe wir keine
Zeit und kein Ursache. (S'zr richlig!)
DaS Verbreche der Kapp und Genvs
sea hat uns um Monate, wenn nicht um
Jahre in der Arbeit um die Erneuerung
Deutschland? zurückgeworfen. (Sehr rich
tig!) Was waren, wS find feine Fol
gen? ,
I Schleswig
haben wir verhütet, daß die Abstim
mung durch de Militärputsch gestört
wurde. Erst im Laufe deS Wahltages
wurde die Nachricht bekannt. Die Em
pörung war ungemein. Deutsche, die sich
Mit einer Schleife in dea Landes far
den geschmückt hatten, rissen sie herun
ter. aber fast jeder hatte fcho feine
Pflicht gegen daS alte Dateiland er
füllt. '
Unser Sruß. nset herzNchster Glück
wünsch, gilt dem deutsche, bedroht ge
vesenea und wiedergewönne kZlensburg,
gilt der zweite Zone, aa deren Be
kenntnil zum Deutschtum auch der -er
tohrteste Gegner nicht drehe und deu
teln kann.
Ja Schlesien wie ia Ostpreußen 'Herr
schen noch die Helfershelfer dek Kapp und
Liittwitz. Auch ihre Herrschaft wird nur
noch ach Tagen rechne. Der Südea
und der Westen, weite Teile Mittel
deutschlaad! ,und die Wasserkante habe
immer treu zur Volksngierung geflan
den. Aber dal Selbstverständliche, toa?
jed MtlK l&z rate, ijl
eingetreten: Der Nstionalistenaufstand
hat die eztreme egenvewegung wachge
rufen,
die knmmnniftifche Welle,
di wir so lange in ernster Zeij gebannt
hatten, ist wieder im Steigen begriffen.
AuS zahlreichen Orten kommt wieder der
Ruf nach der Diktatur del Proletariats.
Da und dort ist S scho zu blutige
Ausammenftöße, zum Handstreich aus
öffentliche Gebäude gelommea. Neue
törunaea dcS Wirt chatlöprozene.
drohen, neue Kämpfe, die im eigenen
Fleisch und Blut wüten, neue Hemmun
gen für den Aufstieg auS der Vernich
tung von Kriegs und Friedensschluß.
Wir werdea. daS geloben wir, fortfahren,
jede Gewalttat vom Lebe unsere? Ge
lamtoolkeS abzuwehren (Bravo!). Wir
fechte nicht einseitig und parteiisch ach
rechtS oder links, wir siihren die Was
fen gegen Putsch, gegen jede Anschlag
gegen die Demokratie. Aber einS steht
vor aller Welt fest: Zu welche' Zu
fammenstößen et noch kommen mag, je
der Tropfen Blut, der hierbei fließt, je
del Opfer auf beiden Seiten kommt in
zig und allein auf die Häupter der Kapp
und Lüttwitz (Schr richtig!) und ihrer
deutschnationale H:lfershe!scr. deren
Namen in Gegenwart und Zukunft mit
Fluch und Abscheu genannt werden.
(Lebhaste Zustimmung.) .
Auch für die
, Lußere Politik '
toa; der mißglückte Staatsstreich vo
der verhängnisvollsten Bedeutung. Wer
hat Zutrauen zu einem Staat, der von
dea schwersten Inneren Kämpfen zerrissen
wird? Wer gewährt Anleihen, wer kre
ditiert Rohstoffe, wer gewahrt Nachlaß
der drückendste Lasten, wenn er sieht,
daß j508 betreffende Land vom Bürger
krieg'geschüttelt und durch innere Kämpfe
wirtschaftlich völlig gelähmt wird? Er
innern Sie sich der unendlich mühevollen
Arbeit, die wir langsam und mühselig
getan haben, um eine andere Atmosphäre
für die Verhandlungen mit der Entente
zu schassen? Erinnern Sie sich der leise
keimenden Einsicht sowohl in London IS
auch in Paris, daß es Teutschland ge
genüber zweierlei Politik gebe, entweder
Vernichtung und damit Verzicht auf jede
Wiedergutmachung oder Beihilfe zur Er
Neuerung der deutschen Arbeitssähigleit
und damit Sicherung der Forderungen
aus dem Friedensvertrag. Erinnern
Sie sich unserer rastlosen Bemühungen,'
den Beweis zu führen, daß wir den Ver.
failler Venrag bis an die Grenze un
serer Leistungsfähigkeit loyal ausführen
wollen! Und jetzt? Jetzt heißt S. in
vielen neu anfangen, zerrissene Fäden
ne spinnen. Vertrauen neu gewinnen,
Verzögerungen, in .Leistung und Ver
Handlungen wieder' einzuholen, die unS
da! nationalistische Abenteuer, gebracht
hat. Aber einS muß ich 'in diesem
Augenblick, wo wir unser Verhältnis zu
den Alliierten wieder neu gestalten müs
fen. offen aussprechen: Die Militaristc
und Nationalisten hätten nicht einmal
fünf Tage sich halte können, ja. sie hat
ten einen Zulauf au? unpolitischen, aber
der chauvinistischen Phrase zugänglichen
Kreisen nicht haben können,. wenn der
Vertrag von Versailles
von einem anderen Geiste beseelt gewesen
wäre (Sehr richtig!), wenn uns die En
tente nicht bis an die Wurzeln unserer
Lebenssahigkeit getroffen hätte! (Lebhas
teS sehr richtig!) ES war keine Phrase
und kein Täuschungsmanöver, daß wir
wieder und 'immer wieder wiederholt ha
ben: Es ist die größte Gefahr für die
deutsche Republik, für die deuksche De
mokratie, wenn unaufhörlich unerfüllbare
Forderungen von außen her an sie gestellt
und immer wieder daS Vollsempfindea
aufgestachelt und dadurch Wasser aus
die Mühle der Nationalisten geleitet
wird. Hier ist die Probe auf das
Erenipel, der Leweis für die Grundlage
unserer Forderungen: auf der Grund
läge der Knebelungen der äußeren Po
litik nur konnte diese Kappsch Gift
pflanze , aufschießen! (Sehr ' richtig!)
Abu auch einen anderen Beweis müssen
die Herren Staatsmänner der Entente
alS erbracht anerkennen: Die Demokra
tie in Deutschland ist die einzig tatsäch
liche Macht in diesem Lande, und ich
glaube, daß selbst Demokraten in anderen
Ländern mit bewunderndem Neid gesehen,
haben, wie wir mit unseren Militaristen
und Nationalisten fertig zu werdea der
mochten. '
Meine Damen und Herren! National
Versammlung und Regierung haben in
treuer Gemeinschaft dea Putsch über
wunden. Nun heißt es zusammen di
Aufgaben anfassen, die unl aus dem
volksvenäterischen Verbrechen heraus
erwachsen und die Lehre zu beherzigen,
die daraus zu ziehen sind. Wir wer
dea sobald wie möglich nach Berlin
Übersiedeln. Von heute ab hat der stell
vertretende Kanzler die RegierungSge
sch'äfte übernommen. Unsere erste Aus
gab wird sein, die letzten Säulen 'der
Aufrührer ia Pommern, Schlesien un?
Ostpreußen zu stürze.
Strenge? Gericht
erwartet alle diese Lollsverderber, die die
Partei und manchmal nur die Kaste über
dal Vaterland gestellt haben. Jnsbe
sondere werdea wir di, Rolle zu prüfen
Haien, die der pommersche Landadel bei
der Meuterei gespielt hat. Um solchen
höchverrätern die Freude an Putschen,
die ihnen durch den kläglichen ZluSgang
del Abenteuer? wohl schon vergangen
fein wird, in für allemal auszutreibe,
wird die ReichSregierung den gesetzliche
Bestimmungen gemäß deren Vermöge
beschlagnahmen (Lebhafter Beifall!) und
diesem Hohen Hause mit größter Be
schleunigung ein Gesetz vorlegen, dal
wAntliche VerWrjzlnsen $
Sngewandle
Skizze vori &
.Ruhe ist etrvaS Erhabene.. Allen
Widerwärtigkeiten de? Leben! mit abge
klärt Heiterkeit begegnen, heißt dal
Schicksal entwaffnen und Unglück in
reud verwandeln.' So hatte der
Redner gesagt, der den philosophischen
Abendkursu der Lollshochschule leitete.
KV) ich muß gestehen: di Sache leuchtete
mir ein. Ich bin immer konsequent; die
Philosophie hat sür wich nur soweit I
tereffe, all sie sich praktisch anwende
läßt. In diesem Fall schien mir dal
sehr wohl möglich.
Am nöchsten Morge begann ich. ein
ruhiger, heiterer, vbgeklär Mensch zu
werden. Ich fluchte nicht, all mein Kra
genknopf sich sträubte, seinen Kopf in dal
Knpslch de gestälk!n Oberhemde! zu
zwängen, ich lächelte dergniigt, all ich
mir am heißen Kaffee die Lippen ver
brannte und freute mich still und herz
lich über den gestriaen Ctraßenschmutz
auf meinen Schnürschuhen.
In der Elektrischen trat mich ei an
gereist Herr von 17 Jahre mit eisen
beschlagenen Absätzen auf di? Hühner
äuge und brüllte mich an:
.Sie oller Dusel nehme St doch
Ihre Stelzen da weg!'
Ich lüftet erfreut mein Hut und
fgte: .Entschuldige Sie bitte !"
Alk ich abstieg, kam eben ein Auto
vor.'bkrgefaust und spritzt mich von oben
bi! urien voll. . Eir übelriechende Wolke
hüllte mich ein. und mein Hut wurde mir
vom Kopf gerissen. Ich stimmte ange
regt in daS Gelächter der Umstehende
ei und setzte, strahlend vor innerer Be
friedigung, meinen Weg fort. .An einer
Straßenecke versetzte mir ein menschen
freundlicher Mensch einen Rippenstoß
ud bot mir ein Paar tadellose Lack
schuhe sür achtzig Mark zum Kauf an.
Als Ich sie mir näher besah, erkannte ich
meine eigenen Schuhe, die mir vor acht
Tagen gestohlen wurden. Da habe ich
mich aber riesig gefreut. Ich drückte dem
Manne inen Hundertmarkschein in die
Hand und dankte ihm in bewegte Wor
ten.
Erst später merkie ich. daß er mir bei
dem Geschäft meine golden Uhr mit der
Kette abgeknöpft hatte. Sie ging in
letzter Zeit immer eimge Minuten nach.
Nun war ich sie los. Ich schmunzelte
vergnügt.
Während deS ganM TageS hatte Ich
noch häufig Veranlassung zu Ruhe und
abgellärter Heiterkeit. Ich beglückwünschte
mich wiederholt zu meiner neuea ange
wandten' Philosophie.
Abend? auf dem Heimwege wollte ich
ein Kino besuchen, al? eben ein Liebes
Pärchen In zärtlicher Umarmung hinein
ging. öS war der lange Meyer, den ich
gar nicht ausstehe kam, un' die Dame
an seinem Arme war mein Braut. Da!
arme Mädel erschrak furchtbar und wurde
rot als e! mich sah. Meyer blies mir
den Rauch seiner Zigarette inS Gesicht.
Ich tat natilrlich. als ob ich die beiden
Nicht erkannt hätte. Warum sollte ich
ihnen daS harmlose Vergnügen stören!
In dem erhebenden Bewußtsein einer
edle Tat verzichtete ich auf die Kino
Vorstellung und eilte frohbewegt nach
Hause.
Daheim erwartete mich Nach
richt, die zum Prüfstein meiner. philo
sophische Weltanschauung wurde. I
Breslau lebt nämlich eine alt Tante
von mir. die seit drei. Wochen tot ist.
Sie hatte ein Vermögeis von einer Mil
lion. und ich war Ihr einziger Nesse.
Auf die Erbschaft hatte ich mich riesig
Sefteut, daS muß Ich offen gestehen.
!u erhielt ich die gerichtliche Mittel
lung, daß die alte Dame in ihrem Tests
men' das ganze Geld einem Hundeftift
hinterlassen hat. In allen größeren
Städten Deutschlands sollen .Asyle er
richtet werden, in denen ltersschwache
und kranke Schoßhunde, vor allem
Möpse, liebevolle Aufnahme und Pfleg
sindk können, Wär diese Nachricht
einen Tag früher gekommen, fo hätte
mich wahrscheinlich der Schlag gerührt.
Aber seit heute morgen bin ich Philo
soph. Ich stelle mir vor, wie die alten,
krankn Möpse auf seiden Kissen lie
ge und die feinsten Wurstsorten fressen,
und wie dankbar sie dabei an, meine se
lige Tante und vielleicht auch an mich
denken werden. Bei diesem Bilde be
schleicht mich eine freudige Rührung. -
Reichtum ist wahrlich nicht dal Höchst
auf Erden! Ruhe de! Gemütes und
abgeklärte Heiterkeit sind ungleich wert
voller. Die ober kann mir niemand
und nichts in der Welt mehr rauben.
Nun hab ich mir ein gute Zigarre
für Mark angesteckt, meinen Lehn
stuhl an den Ofen gerückt und schreibe
bi für meine Mitmensche eine Wer
iesufsatz sür angewandt Philosophie im
praftischen, Leben: , , ',
.Philosophie ist WeikheltSNebe. Di
höchste Weisheit aber..
E
k hochverräterische Handlungen snso
er enthalt, ali vor allem eine Oermö
gmskonfiSkation zugunsten deS Reiche!
eintritt. Hand in Hand mit dieser Vor
sichlsmaßregel muß eine gründlich
Säuberung der Ncichöwrhr
gehen. Eine Truppe, die Politik macht
oder deren Führer ihrt Machtstellung zu
gunste einzelne Parteien mißbrauchen,
ist die größte Gefahr für unsere Nepu
blik. Die Manschaften dürften auch im
Falle Lllttwitz al? mißbraucht und irre
geleitet gelten. Sonst aler wird die Ge
rechiigkeit, di do? Volk do un! der
langt, die genaueste Uniersuchung' anfiel
ka müssen. Der Putsch ist besiegt.
Morge beginnt die Arbeit um Wie
deraufba
di? deutsche Volke!. Wir danken dea
schwäbischen Bundesbrüdtrn - für' ihre
BastfreundlichZeit herzlichst. Wir wol
lea deren Wahlspruch mit hinaulneh
men, der seit alteröher im schwäbischen
Wappen steht und der auch -fernerhin
liier der Reichkreglerung stehe soll:
,gcht!ot ntz Wal
Ihilojophie. ))
Genenncher.
Naau. da ist mir ja schon w,edtt
mein Zigarre ausgegangen! Wo hab
ich doch gleich die Streichhölzer liegend
Ach so. hier. Also:
.Die höchste Weisheit aber gründet sich
auf Ruhe und abgeklärt Heiterkeit. Die
praktische Bnwedung dies Erkennini!
im täglich Leb . . r
Schon wieder erlösche! Ueberhaupt
ei tolle? Kraut wie versengter Filz
schuh! Wo war Ich doch gleich?
Nichtig:
.Die praktisch Anwendung dieser Er
kenntni? im modernen Leben hilft un!
alle Widerwärtigkeiten überwinden und
verwandelt Leid in Freude, Schmer, in
Glück. Wie häßlich sind . .
Einfach lachhaft! Zum achten Male
geht jetzt schon da! Biest aus! Und
ganz schikf gebrannt Ist sie t ich muß
die Hälfte abschmiden. So
zum Donnerwetter, wollen denn die
Streichhölzer gar nicht brennen! Na,
endlich. Weiter:
.Wie häßlich sind all die kleinlichen
Aufregungen deS Alltags, die niedere
Leidenschaften, wie Zorn. Wut, Eifer
sucht, Neid und Mißgunfi! Mit ruhi
ger Zuversicht und abgeklärter Heiterkeit
tritt der Philosoph den Ereignissen nt
gegen, und mchtS vermag iha auS feiner
Fassung ... '
Himmelkreuzbombenelemenk zum
Teufel mit der Philosophie! Der ekel
haste Strunk war schon wieder aukge
gangen! Nein, ich geb'! auf ich habe
doch kei Talent zum Philosoph.
Meine Verlobung hebe ich aus;, dem lan
gen Meyer hau ich morge eine runÄ,
und das Testament meiner Tanie wird ,
angefochten! ' . , l
Schicksale des Silbers, !
Zu den in Vorkriegszeiten gering
schätzten Dingen, die nunmehr ein neuel
Ansehen gewannen, gehört auch das Eil
ber. Zwar fang ja ein vielverbreiteteS
Lied: .Es muß ja nicht alleS von Gold
fein; auch das Silber hat seine Wert",
ober mit diesem Wert des Silbers war
eS nicht weit her, und seit Anfang der
siebziger Jahre deS 19. Jahrhunderts
war durch die Zunahme der Produktion
der SilberpreiS immer mehr gesunken.
Die fortdauernde Wertverminderung
hatte 'weittragende Folgen für die Wäh
rungsfrage. und 1834 beschäftigte sich
eine deutsche .Silberkommission" mit
.Makreae n ur Lebuna und Beseiti
giing des Silberwertes", ohne zu einem
Ergebnis zu gelangen. TaS Gold, da!
gleißende Gold, schien den blässere
Schein de! Silbers für Immer derdun,
kelt zu haben. Es war wieder so ge
worden, wie in jenen Tagen König Sa
lomos, von denen die Bücher der Chro
nika erzählen, als alle Trinkgefsße deS
König! und alle Gefäße seine! HauseS
au? reinem Gold waren; keines war auS '
Silber, denn Silber war nicht angesehea
in den Tagen Salomos". Die Tag
SalomoS sind ebenso dahin wie die de!
SilberüberslusseS der jüngsten Vergaß
genheit. Silber ist heute sehr ange
sehen". Das beweist der Ankauf der
alten Silbermünzen durch die Deutsche
Reichsbank; das beweisen die .Silber
börsen", die sich allenthalben aufgetaa
haben und auf denen Riesenpreise ge
zahlt werden. Auf dem maßgebende
Silbermarlt in London wurde innerhalb
der letzten 50 Jahre für die Unze .Stan
dard-Silber" (mit einem Feingehalt von!
3740) immer weniger gezahlt: 1871
noch 60j Pence. 1902 nur 28 Pence.
Heute ist dieser Preis um daö Sieben
fache und mehr gestiegen. Die Silbers
münzen werden in London ebenso ein
geschmolzen wie . In Deutschland, und
eine wilde Jagd nach Silber rast durch
die ganze Welt bis nach China.
Ein Fachmann weist darauf hin. daß
bereits einmal in der Geschichte ähnliche
Zustände geherrscht haben und die Sil
bermünzen in die Hände der Silber
schmiede wanderte, um in alle Arten
von Geräten für den täglichen Gebrauch
umgearbeitet zu werden und so eine Ka ,
pitalsanlage zu bilden. DaS war gegen '
Ende deS 17. Jahrhunderts. Damals
waren große Mengen von Silbergerät
während der Revolutionskämpfe konfis
ziert und vernichtet worden. Der Be
darf nach Rohsilber stieg also außeror
deutlich, und das Metall erhielt, auch im
Zusammenhang mit der allgemeine
Verarmung während der Rcvolutions
kriege, einen sehr hohen Wert. Silber
münzen wurden daher immer spärlicher,
und schließlich mußte daS Parlament
einschreiten, Indem eB ein Gesetz do
Jahre 1693 festsetzte, daß Silber nur in
einem hohen Grad deS Feingehaltes, in
den sogen. ,BritanniaStandard", der
arbeitet werden dlirfe. Da dieses Sil,
ber viel feiner war als die Silbermlln
zen, so lohnte eS sich nicht mehr, die Sil
bermünzen inzuschmelzen, und da! Geld
wurde dadurch geschützt. Nachdem 23
Jahre diesel Gesetz mit größter Strengt
durchgeführt worden war, war die Sil
berknappheit wieder behoben, und im
Jahre 1713 konnte der alt Silberstan.
dard, der für Münze wie Geräte glei
cherweise galt, wiederhergestellt werde
Bei dem Verkauf von SilbergerSten. de,
jetzt edenfalll einen großen Umfang an
nimmt, kommt oft zu dem Silberwee
noch der Kunpwert hinzu, der den Prel!
für den betreffende Gegenstand unter
Umständen außerordentlich erhöhen kann.
Für die Beurteilung deS Kunstwerlck
gibt e! freilich nur sehr wenige Kenner
So brachte jüngst eine Dame ein Silber
gerat zu einem bekannten Londoner Ju
welier, der Ihr dasür nach bestem Wisse,
und Gewissen 250 Pfund bot.' All si,
S dang aber einem Silberschmied an,
bot, so zahlte der 1250 Pfund dasür
weil r da! Gerät al! die Arbeit inei
berühmten Silberschnüede! de! 13. Jahv
hundert?, Paul Lamerie, erkannte. Solch
Kunstwerke dürfen natürlich nicht nacl
dem Gewicht verkaust werde, und e! ij
daher da? beste, wen man ei ältere!
und fchöa gearbeitetes SilbergerLt der
Lußern will, daß man sich an eine
, erkannt Sachverständige verchet. -
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