Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, April 14, 1920, Image 6

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M,zsczcht
'r Brief eines aus Nußl nd
Leserin auS Salt Lake City,
. . .... w . . j. r. i . r
jui un vcn iiau;pegcnDcn, außer
lich interessanten Brief aus dem
'ebieie zur Verfügung gestellt:
? Neunkirchen a. d. Saar,
den 1. Mär, 1020.
geehrte Frau! .
ioirb Sie sicher wundern, nach so
t Zeit mal ein Schreiben zu erhal
--und ich bin überzeugt, daß Sie sich
uver sreuen werden, denn ich weih.
Sie immer großen Anteil an mei
. Wohl und Wehe genommen haben.
. k . will Ihnen denn auch in kurzen Um
. h n aus meiner jüngsten Vergangen
' -'Sf. und Gegenwart berichten, soweit ich
f nehmen kann, daß Sie sich dafür in
i eressieren.
Daß auch ich im Felde war, ist Ihnen
a bekannt. AIs ich nun nach meiner
Lemobilmachung den Rückmarsch durch
iußland machte, hatte ich noch Gelegen
it, verschiedene sehr wichtige Lebens
t'ilrcl wie Butter, Speck und Schmalz
. u kaufen, es waren zwar keine großen
Mengen, aber meine sieben daheim hat
v f r . f r.t...
j h-n tv Ukjyi jvtfcf '1fr
' müssen und ich war glücklich, den Rest
; neiner sauer zusammengesparten Löh
j :ung ss gut und nützlich anlegen zu kön
- en, denn ich mußte ja die Sachen drau
,en im fernen Osten such sehr teuer be
ahle, aber waZ hätte mir das Geld sür
,'nude machen können. Kenn ich meine
1 lieben daheim hatte hungern sehen sol
:A en. Auf dem ganzen Rücktransport
' att ich nicht ein einziges Mol warme
' kost erhalten, das war eben bei dem
urückfluten der Massen auch nicht mehr
, xglich. Zweimal war es mir nach
. hartem Kampf' gelungen, einen Trink
' ' echer warmen Kaffee zu erhalten, aber
' rotz allem Darbe traute ich mich nicht,
:n meine kostbaren, so lange nicht ge
. annte Nahrungsmittel zu gehen, fern
' "ein zog trockenes Kommisbrot vor, , um
lles andere meinen ebenfalls darbenden
t TMYt an nvt rtn 311 fn-tttiftt WsS
'l ch firm mit meinen kostbaren Schaben"
, glücklich in meinem im Saarland fiele
- ienen Wohnort anlangte, war derselbe
, 'ereitS 10 Tage von den Franzosen be
etzt. Mit aufgepflanztem Seitengewehr
ourden wir empfangen und zunächst auf
. Laffta durchsucht rmd dann st'schah daö
ast Unglaubliche: ich wurde von diesen
l oohlgenährten, von Gesundheit strotzen
en Halunken völlig ausgeplündert und
ll meiner Habe beraubt. Ich wandte
, i . t "vrC
ii iaj 0fuii en oca wauiifauciiucn
'k ier und anstatt einzuschreiten, wies er
nich mit einem Achselzucken ab. Das
;ing mir der meine mlnmriM e
(risse, denn ich hielt nack deutschn Art
inen Offizier für unfähig, solches Han
"ein zu dulden oder gar zu unterstützen
lid wandte mich deshalb mit meiner Be
X chwered an den Bahnhofskommandan
.' en, eine Major; von dem wurde ich
i rart angesahren, datz ich befürchtete,
l ur 5kommandantur hinausgeworfen zu
. oerden. Was ich hier niederschreibe, ist
' ie reine unverfälschte Wahrheit und ti
, lat mich immer ganz sonderbar berührt,
: oenn hier die französischen Generäle
z noße Reden über deutsche Barbarei (die
l is selbst nie gesehen haben) hielten und
. atti die sranzösische Nation als Retter
, . msereS Landes und Verfechter der Kul
' ,ur und Freiheit hinstellten. Ich kann
nit reinem Gewissen sagen, daß ich den
; russisch. Landeseinwohnern nie inen
. Strohhalm genommen habe, daß ich nie
l .twaS geduldet habe, das ich für unrecht
I siel! oder mit meinem Gewisse nicht der
'inbarcn konnte. Die Offiziere meiner
' Zsrmation hatten auch nie etwas unuch
I ieS geduldet und wären bestimmt mit
f 'iserner Hand dazwischen gefahren, wenn
..hnen die geringste Klage über die ge
l i ängsten Uebergriffe zu Ohren gekommen
s'kväre. Ich habe in Rußland oft mit
? Streifzüge unternehmen müssen und da
' vurden mir immer von den Bauein Eier
! zum Geschenk angeboten, ich habe diese!
; öen aber nie angmommen, ohne sie zu
zahlen, weil ich daS für eine Miß
) lLHHlLI 1ILC11LCL VJLWU.ll UtWUlLtil UUilL
!nn fetze ich das erste Mal wieder guiz
if heimatliche Boden und von den
.Kämpfern für Kultur. Recht und
it Vi ftmfrrtfi kck rtii2rti
; TChLVLfr 41 V JJ-lUV.i wvvv öv-
; plündert, und zwar unter Assistenz fran
iSsischer Offiziere, der Ritter der Grande
Zkation. und ich mußte all diesen Schur
'.enstreichen machtlos zusehen. Bemerken
uß ich noch, daß die Plünderungen von
ze? französischen Bahnhofswa-che erfolgte,
. ilso von Mannschaften im Dienst. '
x - k?z standen unS nach mein Rücklehr
' kch einige Monate großer Entbehrungen
Entsagungen bevor und vor den La
, in denen die Franzosen Lebensmit
Verkaufsstellen für Militär errichtet
atten. standen oft taufende Von Men
fchen, .um sich die LebenSmittel anzu
schauen, die sie schon jahrlang nicht mehr
vesehen. geschweige denn gegessen hatten;
taufen tonnte sie natürlich niemand,
denn sie waren ja nur für die Franzo
sin und nicht für die .BocheS". Später
fräsen bann die ersten Sendungen Speck,
'Sckmalz. Kaffee und Kakao au! Ame,
' rikz ein. aber nicht direkt, sondern durch
Frankreich, und so wurden unS die Wa
'ren durch wucherischen Zwischenhandel
derart verteuert, daß dieselben kaum zu
!e?fckwingkn wann. . (Heute kostet z. 23
fl Pfund Kaffee Mk. 27. 1 Pfund
' Schmalz Mk. Zß etc.) 61 begann nun
von feiten der Franzosen ei Wucher
.rnd Ausbeuterzum,. wie eZ die Welt noch
n!e gekannt hat und gerade bat vielge
priesen Saarland ist davon besonders
heimgesucht. Es ist heute bald mcht
. mehr möglich, die Lebensmittel des tag
kichen BedarsS zu beschaffen., da! arme
, Lolk darbt und hungert wis nie während
reS anzen Kriegs und eS rnutz zusehen.
kie sich dk w Schare zugezogene Zi
vilvol! breit macht nd ein Schlemmer
r,n cwfpinif,
in Smrgcbict,
hci'ngckehrtcn deutschen Soldatm.
land witer ausbeutet und eS dem Hun
gerelend weiter in die Arme treibt.
Wenn wir von unserem alten lieben Ba
terlande heute nur noch wenig Lebens
Mittel bekommen, so ist das sehr wohl
zu verstehen, denn es ist unserer deutschen
Regierung durchaus nicht verborgen ge
blieben, daß die für uns bestimmten Le
bensmittel on den Franzosen nicht nur
waggonweise, sondern in ganze Eisen
bahnzügen nach Frankreich verschleißt
werden; wir stehe hungernd dabei, sehen
es und dürfen kein Wort dazu sagen,
wenn wir nicht eingesperrt oder ausge
wiesen werden wollen. So ist es z. B.
auch gekommen, daß fast alle für unS
von Deutschland zu uns herüber gekom
menen Kartoffeln nach Frankreich gingen
und in den meisten Jr!d?!riesrten des
SaarlandeS in den Ich!'!' 2 Monaten
kaum 20 Pfund auf d:,i j. ?pf der Be
völkerung kamen. Wie weit die Rit
terlichkeit der Franzosen reicht, mag fol
gendes Beispiel zeigen: Ich habe mit
eigenen Augen gesehen, wie bet den Ok
toberunruhen im Saarland ein siebzig
jähriger Greis, der sich mühsam am
Stock fortbewegte, im Beisein von Offi
zieren durch französische Soldaten mit
Kolbenstoßen traktiert wurde. Ich habe
gesehen, wie ein ftanzösischer Gendarm
in eine Gruppe harmloser Frauen und
Kinder ritt und mit dem Säbel um sich
schlug; so sieht in Wirklichkeit das Ge
ficht der Ritter der Grande Nation aus.
Von der Zucht und , Sitte dieser herge
laufenen Horde sollte man ja am beste
fchweigen, die haben hier tatsächlich noch
gefehlt. Mit Weibern der Halbwelt zie
hen sie Tage und Nächte auf den Stra
ßen und in Lokale herum und der an
ständige Bürger muß diesem Gesinde!
auf der Straße noch ehrerbietig Platz
machen, wenn er nicht gar niedergeknallt
werden will, wie e kürzlich in Kaisers
läutern vorgekomme ist. Die öffent
lichen Straßen sind von diese Kultur
träger in Bedürfnisanstalten umgeman
delt worden und ich habe selbst gesehen,
wie ein Soldat am hellen Tage von einer
sehr belebten Brücke herab seine Notdurft
verrichtet hat, und daS inmitten der
Stadt. - Vergewaltigungen von Frauen
und Mädchen, die teils mit dem Tode
endeten, sind fehr viel vorgekommen und
wehe der Zeitung, die hierüber ein Wort
schreibt. Verschleppungen junger Mäd
chen sind an der Tagesordnung; wohin
sie kommen, erfährt kein Mensch. DaS
Land ist von widerlichen Krankheiten
verseucht, so daß die Behörde schon wie
derholt Veranlassung nehmen mußte,
durch öffentliche Maueranfchläge vor der
eingezogenen Gefahr zu warnen. . Wo
Franzofen gehaust haben, sind sieis sichi
bare Cpure vorhanden, und zwar in
Gestalt von Schmutz und Zerstörung.
Vuch wir haben i Feindesland so man
cheS Quartier bezogen, aber Ordnung
und Sauberkeit war Petz unsere erste
Bedingung, und dabei war damals noch
Krieg. Der Franzose ist nun einmal ein
notorischer Faulenzer, er kennt nichts wie
gut esse und trinken, rauchen und den
Mädchen nachlaufen. Ich habe noch kei
nea weißen Franzosen arbeiten sehen.
Diese fchönen Tugenden der . Nation,
scheint aber auch die französische Regie
rung sehr wohl zu kennen und deshalb
solle wir Deutschn, jetzt sür diese Fau
lenzer arbeiten und unser Land soll aus
gedeutet werden bis auss Blut. Davon
Hai auch Frankreich bisher recht ausgie
big Gebrauch gemacht, und zwar in einer
so rücksichtslosen, furchtbare Weise, daß
die Bevölkerung des SaarlandeS einer
katastrophalen Hungerzeit in die Arme
getrieben werde muß; eö werden, wenn
eS so weiter geht, in Kürze hier Zustände
einziehen, die überhaupt nicht auszuden
ken sind. Ich kann frei und offen er
klären, daß ich vor und während des
Kriege! nie einen Groll gegen Frankreich
oder die französische Nation gekannt
habe, obwohl eS unsere Feinde waren;
heute dagegen hasse ich den Franzosen
auS meinem tiefsten Innern, und so wie
mir, geht eS allen echten Deutschen und
vor alle Dingen denen, die hier unter
dem Drucke der Besatzungstruppen ein
elendes Jammerleben zu führen hatten.
Der Bogen ist bis aufs Höchste gespannt
und wehe, wenn er springt. Das Volk
ist auf eine furchtbare Geduldsprobe ge
pellt worden und wir alle wissen, daß es
nicht mehr lange so weiter gehen kann
und wird. Wenn aber der Tag der Ver
geltung kommen wird, so wird es ein
furchtbares Gericht geben und ich bin fest
überzeugt, daß nicht nur alle wehrfähigen,
Männer beifpringen werden, sondern
alles, waS nur noch einen Arm rühren
kann, denn die Wut der ganzen Bevöl
kcrung ist bis zur Siedehitze gestiegen.
AnlerikanUche schuh-
Verkausc in Leipzig.
i
(Au der Frankfurt Leitung'.)
Dem 'Handelsteil der Vossischen
Zeitung eiitnchmen wir einen Bericht
über riesenhcfte Umsätze auf der dies
jährigen Leipziger Schuh und Leder
messe, an der auch amerikanische Aus
stell beteiligt waren. Das billigste
Paar Schuhe, das gerade bei dieser Aus ,
stellung zu sehen war. kostet 6 Dollar,
das sind noch dem heutigen KurZ 600
Mark. Es sind aber auch Schuhe aus
gestellt, so meldet der betreffende Be
richterstatter. die 14, 15 und 16 Dollar
und noch mehr kosten. Dabei habe diese
amerikanischen Fabrikanten ihre Pro
dukte bereits gänzlich ausverkauft.
ES ist nun unseres Erachtens nichts
damit getan, wenn man die Hände über
den Kopf zusammenschlägt und mit
einem Gemisch von Grausen und Be
wunderung die märchenhaste Preise
!i&äkj&&&k .iSiiiiaiä
Jas EHuM
als Dlikiiiesser.
Die Menschheit ist so stolz aus den
hohen Stand ihrer kulturellen Entwick
lung und doch wird uns Tag für Tag
die Nase darauf gestoßen, daß die
menschliche Einbildung viel größer ist
als die tatsächliche Kulturhöhe. So je.
mand d.rf als öde Nörgelei ansehen
möchte, sei er auf eine Mitteilung des
tschechischen BlatteS Prava Lidu" hin.
gewiesen, daS folgende, kaum glaublich
erscheinende Geschichte zu melden weiß:
.Auf dem Gute des Ferdinand
Bayer in Kojeticz (Bezirk Karolinental)
warf die Zuchtsau mehr Junge als sie
säugen konnte, weshalb der Verwalter
Corcel drei überzählige Ferkel von zwei
polnischen Arbeiterinnen säugen ließ.
Beide Arbeiterinnen sind Mutter, die
auch ihre Kinder stillen. Der Verwalter
rief den Gutsbesitzer herbei und zeigte
ihm die Frauen mit den Ferkeln an der
Brust, worüber sich der Gutsbesitzer in
ter Lachen befriedigt zeigte."
Wie daS Blatt weiter berichtet,
herrscht unter den Arbeitern und der
Bevölkerung wegen dieser Geschichte
große Aufregung, und da! mit Recht,
wenn sich die Sache wirklich so verhält,
wie sie hier dargestellt wird. Man kann
es zwar wohl verstehen, daß sich ein
Gutsbesitzer in der gegenwärtigen Zeit
alle Mühe gibt, von einem Wurf Fcrkcl
Ueines zu Grunde gehen zu lassen, aber
der Ausweg. Arbeiterinnen die Ammen
pelle bei jungen Schweinen übernehmen
zu lassen, heißt denn doch den Materia
lismuö zu weit treiben. Gibt es in dem
neuen Kulturftaat Tschechoslowakien
keine Behörde, die sich de? Menschen an
nimmt oder ist dort die Erhaltung von
Schweinen auf Kosten von Menschen
linder das höchste Kulturideal ?
ff Hs
IUMAftAMAbAA.
llMIIVUttjUIM
IklitschlaMcsterreich
(Berliner Meldung des .Mittagsbl)
Mldungc aus Innsbruck zufolge
iniiniiiiiiiiiniiiini
wird in einem vom Landeshauptmann
von Tirol, Schroffe, gezeichneten Aufruf
des Tiroler Bauernbundes auf die Le
bensunfähigkcit Teutsch-Öesterreichs in
seiner jetzigen Form hingewiesen. Es
heißt darin: Ein Reich, ds mehr als
zwei Drittel der gesamten Lebensmittel
aus dem Ausland einführen mutz, um
lebe zu können, ein Reich, das kein
Rohmaterial hat, 'um seine Arbeiter be.
fchäftigen zu sönnen, ein Reich, dessen
Wertvollster Besitz vom Ausland gepfän
dct ist, und das daher kein kaufkräftiges
Geld besitzt, ist auf die Dauer unmöglich,
und niemand im Staate ist in der Lage,
für die Existenz eines solchen Reiches die
Verantwortung zu tragen. Das mutz den
Macher deS unmöglichen Friedens ein
mal klipp und klar gesagt werden. Wir
können nicht glauben, datz die Entente,
wenn sie von dieser Tatsache unterricbtet
und überzeugt, ist, auf dem Fortbestand
der Selbständigkeit dieses unmöglichen
Oesterreich bestehe kann. Wir fordern
daher, daß der einstimmige Beschluß deS
Tiroler Landtages. Tirol an Teutsch-
land wirtschaftlich anzuschließen, nicht,
wie es geschehen ist. von der Regierung
ad acta gelegt wird, sondern daß diese
Forderung von unserer Reichstertretung
ununterbrochen solange mit allen zu
stehenden Rechtsmitteln m der Entente
betrieben wird, bis uns dieser Anschluß
ermöglicht ist."
Wirklichkeit und muß mit unerbittlicher
Deutlichkeit alS ein' Skandal bezeichnet
werden, .der, wenn wir eine Regierung
haben, sie auch angehen mußte. In
Leipzig wird mit Glanz und Gloria
durch diesen protektionierten amerikani-
schen Schuhverkauf am Grabe der deut
sche Wirtschaft geschaufelt, ohne datz
auch nur eine Veranstaltung getroffen
würde, um dem entgegenzutreten. Wir
lind durchaus nicht überrascht, da es
im Warenrausch befangene Händler gibt,
die sich auf Waren stürzen, um sie zu
jedem Preis aufzukaufen. Wir wun
dein uns auch nicht, daß es genugsam
einsichtslose Mensche gibt, die zwar
mitten im Wirtschaftsleben stehen, aber
deshalb doch keine Ahnung von Volks
wirtschaftlichen Bedürfnisse haben, und
sich weder um den Stand unserer Valuta
kümmern, noch ein Gefühl für die der
nichtende Wirkung unnötiger Einfuhr,
haben; wir haben auch eine Vorstellung
von dem. was solche Leute unter freier
Wirtschaft und Nichtbevormundung
durch den Staat verstehen. Seit Mo
raten warten wir zusammen mit allen
ökonomisch denkenden Deutschen auf
jene im Schoße deS Reichsrats ruhende
Verordnung, die die langst schon fällig
gewordene Regelung der Einfuhr vor
nehmen soll und mit deren Hilfe nun
endlich solche einsichtslose Menschen
durch Zwang und Strafen dazu gebracht
werden müssen, ihre gemeinschädlichen
Handlunge einzustellen. Diese ameri
kanischen Schuhe,, die im Engros-PreiS
IM Mark und mehr kosten, mögen fast
bis zu den Knien 'hinaufreichen, aber sie
sollen keine Träaerinnen in Deutschland
sinken, die unbekümmert sich über Elcnd
und Not hinwegsetze.
Die Lederwirtschaft, die einst ver
sprechen hat, dafür zu sorgen, datz
jedermann zu erfchwingbaren Preisen"
sich Schuhwerk anschaffen könne, ist frei.
Dafür haben wir auch jetzt die Einfuhr
der Dollar-Schuhe und Schühchen.
Vielleicht sind manche von ihnen aus
Leder verfertigt, das einst einer deutschen
Kuh war. Aber die! ist nur eine-Sage.
der man erst nachgehen muß. so gut wie
jener, die behauptet, daß wir einen
Reichswirtschaftsminisler i Berlin
' i i . .1 t '.'s' .
Ae Äbimdelliiij! in
dieicckWiiDklliiic.
(Aus dem Frankfurter Mittagsblatt.)
Die Erhöhung der Fahrpreise an der
Eisenbahn hat schon die erwartete Wir
kung gezeigt. Eine allgemeine Bbwan
derung aus den teureren Klassen nach
der dritten und vierten Wagenklasse ist
auf allen Linien festzustellen. Die Folge
ist zunächst eine Ueberfüllung der vier
ten Wagenklasse, die höchstens noch durch
den Rückgang deS gesamten Personen
verkchrS etwas gemildert wird. In den
letzten Tage vor Inkrafttreten der
neuen Fahrpreise war eine erhebliche
Aerkchrssteigerung zu bemerken, denn
jeder, den nicht Lcrufsgeschäfte unde
dingt zur Bahnfahrt zwingen, wollte
noch rasch zu den alten Fahrpreisen eine
notwendige Reise bor dem L Marz er
ledigen. In den Wagen erster und zwei
ter Klasse zeigen sich auch in den
Schnellzügen jetzt weit gröfzen Lücken,
und auch Die dritte Wagenklasse wird
mehr und mehr als zu teuer gemieden.
Vielfach wurden auch die bisherigen
Abonnementskarten nicht in dem frühe
ren Umfang erneuert.
VallmOnzc als
WaWiMg.
Die Verwüstung, der jetzt durch den
Holzmangcl unsere Wälder snheimfal
len, macht ei zur gebieterischen Pflicht,
an einen möglichst raschen Ersatz dieser
Schäden zu denke. Die Altvorderen
waren in dieser Beziehung weiser als
wir und erklärten das Pflanzen von
Bäumen für eine Pflicht deS Menschen,
die nicht nur fromme - Gebräuche, fon
dcrn auch strenge Verordnungen besah
len. Man ging sogar so weit, daS Hei,
raten nur denen zu erlauben, die eine
bestimmte Anzahl von Bäumen gepflanzt
und zum Grünen gebracht hatten. Ein
Zeugnis für diesen praktischen Heimat,
schud der Vorzeit ist eine 173 in B,
men erlassene Verordnung für die Un
tertancn", die Gustav Brandes in der
Zeitschrift .Niedersachsen- mitteilt. .So
sollen die Bauern.- heißt es da. bci
Verlust des Meicrrechtes sich nicht un
terstehen, ohne . gutsherrlichcn Konsens
einige Bäume aus und umzuhauen,
vielmehr der erstorbenen Stelle ersetzen.
Die auch Holzung haben, sg von Bau
men an einem und anderen Orte ent
blößt sind, sollen die leidigen Stellen mit
Bäumen wieder ergänze. Jnmaßen soll
jeder Hausmann alljährlich zehn Eich
bäume oder zehn Wilgenbäume (Weiden)
dflanzen. Gleichergcstalt soll keiner Per.
son, so sich verheiraten will, eher ein Ab,
kündigungszettel gegeben werden, er
habe denn zuvor angezeigt, chatz er ent
weder zehn Hefter oder Wilgen, so grün
geworden sind, gepflanzt und solches mit
einem Attest deS Vogts oder Geschwore
neu bescheinigt. Die Bäume, so auch vor
malz gepflanzt, sollen an dem Ort gclas
scn und nicht on andere Oerter zur an
verweitigen Pflanzung gebraucht wer
den. und hiermit ist sortziisahren, bis
das Land mit Eichbäumen und Wilgen
nach eineS jeden Ortes Beschaffenheit ge
nugsam versehen und angefüllt ist." -
Vorsicht vor Handels
sxksnage! nff OQ ?K., k,
IVIUUU fylUßlll
deutsche technische Zeitschriften erschei
nen seit einiger Zeit Inserate, m denen
für irgend einen industriellen Betrieb
des neutralen Auslandes hervorragend
tüchtige leitende Kräste gesucht werden.
Einer Darstellung deS Berliner Lokal
anzeigers' zufolge erhalte die nicht we
nigen Bewerber meistens rch längerer
eit eine Einladung, sich in einem ersten
Hotel in Stellungsangelegenhntcn zu
melden. Gewöhnlich sind es zwei Her
ren, die den Bewerber '.mpsangen und
ihn in eine Art Kreuzverhör nehmen
Vor allem verlangen, sie die Ausfüllung
eines 20 bis 40 Punkte umfassenden
Fragebogens. Es handelt sich dabei um
Fragen über den Materialankauf, über
die Anlegung von Vorräten und ihre
Kontrolle, ferner um Gehaltsfragen des
Personals vvtb um den Verkauftwert
und Reingewinn der staatlichen Pro
duk!e. Auf Fragen nach dem Namen
der Firma werden ausweicheiide Ant
Worten gegeben -und behauptet, taß eS
sich bei der Erkundigung lediglich um
eine Gcfälligkcit handle, die die bdref
ftiiden Herren für Geschäftsfreunde
übernommen hätten. Solche indstricve
Spionage ist besonders in Köln.
Düsseldorf, Mainz. Danzig getrieben
Wochen. Vielfach ist auch schon be
merkt worden, dcß Mitglieder der En
tniekommissionen Fühlung rit techm
sch'n Angestellten wichtiger Werke g
sucht haben.
Fahrkarten durch
ö!e Vlumenfrau.
Der Verein gegen daS BcstechungS
wlen teilt der Voss- Zeitung" mit:
..Eine hiksizk Firma brauchte am 26
Februar vier Fahrkrt,-n nach Leipzig
zur Messe. Am Schalter und bei den
Reisebüros war ausveriauft. Nunmehr
erhielt ein findiger Angestellter den Auf
nag. unter allen Umständen die Karte
zu beschaffen. Der Angestellte graste
den Anhalt Bahnhof ob und geriet
schließlich an die amtliche Blumenver
käuferin. Bei ihr erhielt , er zunächst
drei Karten gegen eine .Sondergebühr"
von 10 Mark pro Karte. Und stehenden
Fußes besorgte die Blumenfrau dann
such die vierte Karte gegen, weitere 10
Mark Aufschlag. Sie meinte dabei, daS
Reisen sei jetzt teuer, und sie müsse auch
lSbez "
öMeltendm
i großem IkM
in Berlin.
Lohn eine Hofjuwelier lernte sie
durch seine Stiefmutter kennen.
Letztere scheint rasend eifersüchtig ge
worden zu sein.
(Berliner Meldung deS Mittags
blattes".)
Eine abenteuerliche Juwelengeschichte
in Verbindung mit dem Liebtsroman
einer bekannten Operettendiva beschcf
tigl zur Zeit die Berliner Gerichte. Im
Mittilpunkt dieser recht verwickelten Ge
schichte steht der dreißigjährige Sohn
eines bekannten HofjuwelierS, der län
gere Zeit im Felde war und nach seiner
Rücklehr gewisse Konjunkturengcschäfte
machte, die ihm ine recht hohe sechs
stellige Zahl einbrachten. Der junge
Mann war bald. Gegenstand deS Ge
fprächsstoffeS feiner Gesellschaftskreise,
da er mit derselben Leichtigkeit, mit der
er da! Geld verdient hatte, eS bald wie
der unter die Leute brachte. . Er trat
schließlich auch in Beziehungen zu einer
Operettendiva, die er durch seine Stief
mutter kennen gelernt hatte. Die Ehe
deS HofjuwelierS war wegen Geistes
krankheit seiner ersten Frau geschieden
worden, und während diese auf Lebens
zeit in einer Irrenanstalt untergebracht
wurde, heiratete der Anfang der sechziger
Jahre stehende Hofjuwelier eine junge
und sehr hübsche Frau.
Diese war ihrem Stiefsohn sehr. Wohl
geneigt und es wurde allerlei gemun
kelt. Noch mehr aber, als der junge
Mann der erwähnten Diva große Auf
Wirksamkeiten erwies, die seine Sticf
mutter durchaus nicht gern sah.
Verschiedene Diebstähle in dem Ge
schäft bei Juweliers, die unter anderem
zu der Verurteilung einer weiblichen
Angestellten geführt haben, machten eine
außeu!rdentliche Inventur notwendig,
und bei dieser stellte sich in Manko 'an
Schucksachen im Werte von mehreren
hundertlaufend Mark heraus Wie be
hauvtct wird, soll nun , von der Stief
mutter des jungen Lebemannes auS ir
gendwclchen Gründen der Beidacht deS
Tiebflahls aus diesen gelenkt worden
sein. Der junge Mann befand sick gerade
mit der Opercttendiva am Bodensee. Er
wurde unter einem Vorwande eilig zu
rückberufen und kam mit dem Luftschiff
nach Berlin. Hier wurde er sofort ver
haftet. Sein Vater föchte dann für die
Unterbringung des plötzlich geisieZ
krank" gewordenen jungen Mannes in
der Weilerschcn Anwalt, während die
Diva, nachdem sie eine Nacht in einer
Zelle des Polizeipräsidiums zugebracht
hatte und mit den Nerven völlig zusam
mengebrochen war, es sich gefallen lassen
mußte, daß ihr ihre eigenen wertvollen
Schmucksachen, darunter Erbstücke ihrer
Mutter, als angebliches .Diebesgut" ab
genommen wurden. Die Stücke befinden
sich noch heute im Besitze des Hvfjuwe
liers. Gleichzeitig wurde ihr der Betrag
von 123,000 Mark, der ihr von ihrem
Verehrer im Hinblick auf eine geplante
Ehe geschenkt worden war, abgenommen.
Auch diese Summe hat der Juwelier in
seinem Besitz.
Die Diva wurde, da ein Grund zur
Einleitung eines Strafverfahrens nicht
als vorliegend angesehen wurde, bald
wieder entlassen. Sie betrieb sofort unter
Anwendung aller Detektivtricks die Be
freiung ihres Bräutigams, bestellte einen
Nechtsbcistand und zog mehre hervor
ragende Psychiater, Gerichtsärzte und
Universitätsprofessoren zu. Diese behaup
teten, datz kein Grund sür die Jnter
nierung vorliege. Von Geisteskrankheit
könne keine Rede sein. In einem dieser
Gutachten erklärt ein Bekanntet Arzt so
gar, daß die Unterbringung deS jungen
Mannes in einer geschlossenen Anstalt
zwischen notorisch Geisteskranken durch
den Baier ein .Schurkenstreich" sei. Der
Hofjuwcliek beantwortete dieses Gutach
ten mit einer zurzeit noch schwebenden
Beleidigungsklage gegen den Arzt. Trotz
aller Versuche, eine Verständigung iftti
schen Vater und Sohn herbeizuführen,
verhielt sich ersterer völlig ablehnend, wie
behauptet wird, auf Betreiben der Stief
mutter deS jungen Mannes. Auch jetzt.,
nachdem auf Grund mehrerer Gutach
ten die Entmündigung des SohneS auf
gehllben ist. weigert sich der Hosjuwklier,
das beschliahmte? Geld und die In
welen der Künstlerin herauszugeben.'
Bon der letzteren Ist nunmehr Klage auf
Herausgabe angestrengt wordcn.
Der Zuwelenschmuagel
nach Schweden.
Kopenhagen, 28. Febr. Wäh
rend man bisher annahm, datz die im
August vorigen Jahre? 'von einer Flug
Maschine bei Trelleborg abgeworfenen
Juwelen ausschließlich dem Prinzen zu
Wied, Fürsten von Albanien, gehörte,
sollen die schwedischen Zollbehörden jetzt
festgestellt haben, datz ei sich bei dem
Cchmuggeloerfuch um ein großzügiges
Genossenschaftsuuiernehmen bandelt, an
dem eine c.aut Reihe deutscher Fürst
lichkeiten beteiligt waren. Die Namen
der Beteiligten sollen folgende sein:
Kronprinz Rupprecht von Bayern,
ffrinz Ludwig Wilhelm von Bayern,
Herzogin Ludwig Wilhelm von Bayern.
Prinze,nn Julius zu SayWittgen
stein, die Fürstin von Albanien, Prin
zessin Marie Gabriele von Bayern,
Herzog Karl von Bayern und die bei
dem Schmuggelversuch ertappte Gräfin
Anna von SolM'Wildenfeli.
Wo ei Mensch hin will, dort
macht entweder der liebe Eott oder der
J:i!A Hl 3ätajL -..
Vergessene Jeutjcije.
von Ukchard atz,
K e I m a r k (an der Hohen Tatra),
Ende Februar
' Vergessene Deutsche, diese Rheinlätider
und Sachsen am Fuße del zackig zer
klüfteten Tatra.SIockcs. Acht Jahrhun
derte lang vergessen nein, sechzehn
Jahrhunderte lang, wenn Kriegejahre
doppelt zählen: Krieg gegen Bären und
Wölse; Krieg gegen widerspenstigen
ffelsboden und Urwald; Krieg gegen
Norden, von wo die Polen begehrlich
über denDunajec blickten; Krieg gegen
Süden denn Ungarn war nicht im
mer ein guter Nachbar und nicht durch
weg. ein gerechter Herr gewesen ;
Krieg gegen Ost und West, von wo Slo
realen und Gorolen (die Polen der Beö
kiden) sich zäh heranpreßten; Krieg ge
gen ein hartes, frostiges Klima; Krieg
mit dem Katholizismus, dem daS Lu
thertum der Zipfer Deutschen ein Dorn
im Auge war; unablässig Krieg, heim
lich und offen... Wer sich-acht Jahr
Hunderte in solchem Kriege behaupten
kann, wird hart. Ein tüchtiger Men
fchenschlag. Tüchtig und schweigsam
wurden diese Zipser Deutschen, so iüch
tig. datz die Kultur ihrer einunddceißig
Städte jedem reichsdeutschen Lande zur
Ehre gereichen würde. So schweigsam
wurden sie auch.-daß man ihrer vergaß
Bierzigtaufend vergessene Teutsche!
Bis der Umstitrz kam und den Un
gärn mit der Slowakei auch daS Tatra
komitat Zips an die Tschechen abzwang.
Damals herrschte Kramarschs Devise:
öilerne Hand! Alfo eiserne Hand auch
gegen die Zipser Deutschen! Recht ele
fantenhast trampelten damals die Sie,
ger herein. Tschechoslowakisch heißt:
tschechisch und slowakisch! Fort demnach
mit den ungarischen und deutschen Auf
schristen. Beamten, Schulen und Gerich
ten! Wie, die' Zipfer Deutschen Ungar
freundlich? Wie. sie begrüßten die Tsche
chen nicht als Befreier vom magyarischen
Joch? Eiserne Hand diese .Magyaro
nen"! Fünftausend ins Barackenlager
der FesiuuA Thercsiensiadt! Männer.
Frauen, Bauern, Studenten, .Priester
hinter Stacheloraht, auf verlauste
Strohsäcke bei Wasser und Dörrgemüse!
Wir. werben Euch klein kriegen!
Man kriegt die Zipser Deutschen nicht
klein. ' .
Die Tschechen haben dieö eingesehen.
Jhtt eiserne Hand war, ein schwerer Feh
,1er gewesen, nicht nür den Zipser, Deut
schen, nein, auch den blutsverwandten
Slowaken gegenüber, die sehr energisch
gegen Prags antiklerikale Verwaltung
aufbegehrten. Nichts hätte den Tschechen
in. der' ZipS mehr schade können als ihr
erster Siegesrausch.
Ma mutz anerkennen, batz sie dieZ,
ernüchtert und auf Zusammenfassung
ihres Staates eifrig bedacht, ingesehen
und sich beeilt haben, ihre Fehl zu kor
'rigieren. Tusar schickte die Internierten
heim; die jungen Zipser Deutschen, die
Nach Polen hinübugeslohen waren, um
als Zipser Legion" ihre Heimat zu be
freien, wurden amnestiert; in der Schul
frage, auf welche die Zipfer Deutschen
am meisten halten denn ihre alten
evangelischen Lyceen und Bürgerschulen
waren vorbildlich gut und wurden von
weit her aufgesucht- kam es zu einem
leidliche Kompromiß. Aber die ver
föhnlichere Aera beging in Unkenntnis
der Verhältnisse den neuen Fehler, den
geringeren Hatz dem größeren zu opfern,
indem sie das Deutschtum der Zips ge
gen das Ungartum auszuspielen begann.
Wir wollen den deutschen Gedanken auf
Kosten deS magyarischen stärken er
klärte mir ein hoher tschechischer Vermal
tungsbeamter. Wie verfehlt daS ist, mö
gen die Worte eines alten Kesmarker
Deutschen erhellen (die ich überall bestä
tigt fand): Du Tschechen wollen aus
einanderschnciden, waS eng verwachsen
ist. ' Seit jeher waren wir TatraDeut
scken Ungarns Kulturvermittler, und
wir sind stolz darauf. Unsere Lehrer
und Professoren studierte in Deutsch
land; p-eithe auS Ungarn kamen Schü
ler zu ihnen; Tauschkinder zwischen ZipS
und Alsöld lernten hier deutsch, lehrten
unS ungarisch; seit 1867 gab eS kein n
garisches Kabinett, in dem nicht minde
stens ein Zipser Deutscher gewesen wäre,
unter der jetzigen ungarischen Friedens
delegation.f,nd vier Zipser; an der Bu
dapester Universität' unterrichteten stet?
vier bis fünf Zipser Professoren und oft
diS zu zwanzig Zipser Dozenten. Seit
dem sich Ungar vom östlichen Kultur
kreist löste und dem westlichen zuwandte.
Waren wir TatraDutschen feine Leh
rer. Darum lieben wir die ungarische
Kultur, denn sie ist unser Kind, und wir
hörten auch dann nicht auf, sie zu lieben,
als sie sich gegen un! wandte; denn Kind
bleibt Kind; mag es auch gegen die El
ter aufbegehren. Darum hat die ZipS
Ungarns beste und verläßlichste. HonvedS
gestellt..
Die Tschechen haben also gan, recht,
wenn sie die Zipser Teutschen .Magya
ronen" nennen, aber sie begehen eine
schweren Fehler, wenn sie ihnen dal der
iibeln. Die Zipser Deutschen beugen sich
nicht, und eS ist völlig aussichtslos, sie
gewaltsam zu guten tschechische Staats
bürgern ummodeln zu wollen, so lange
ihre drei hauptsächlichsten und sehr ge
rechtfertigte Forderunge unerfüllt ge
bliebe find: deutsch Schulen, deutsche
Gerichte, deutsche Verwaltungsbehörden.
Sehr richtig sagte mir ein Zipser: Die
Swwaken rieten immer, sie seien ent
rechtet, weil die ungarischen Gerichte nur
die ungarisch Sprache gelten ließen. Um
wieviel tiefer entrechtet sind nun wir
flinf 3Vnff,-fin Vi Wir ffltriWM nur
j) ' . j - 1 - 1 , W.V VV.IW'V ..w
,lW ntitteg, in einte Sprache (
also, die zum Rechtsgebrauch noch gar
nicht ausgebildet ist und der die gesamte
Gesctzektermlnologie fehlt. Und gar un
t... n.Y, I,l,n (7ii1pn? Die deutsche
llt UilWI, A"" ' I '
und ungarischen Lehrer wurden wegge
jagt, und da e? an slowakische fehlte,
hat man tfckechische Unterossiziele, Sub
alternbeamte und BureauFräuleinS in
sechsmonatigen Kursen zu Nolksschulleh
rer .ausgebildet'; unser altberühmt
Kesmarker Handelsakademie ist zu einer
zweitklassigen Handelsschule degradiert
worden, damii sie mehr slowakischen
Schülern offen stehe; die Schüler streik
ten, aber sie vermochten. eS nicht zu an
dern. Nun haben wir eine Deputation
nach Prag gesandt, die Verständnis ge
funden und Zusagen mitgebracht hat...
Hoffentlich bleibt es nicht bei Zusagen.
Wir bestehen auf unserem Rechte! Wir
Zipser Teutschen sind einig. Alle poli
tischen Parteien haben sich zusammenge
schlössen und handeln einheitlich. Un
kriegt man nicht unter!" Ja ja da wur
de überflüssigerwcise viel Mißstimmung
um nicht zu sagen Haß gcsät! :
Feit in paar Monaten ist es bcsse,
geworden. Seitdem allmählich die Po
len in Paris durchgesetzt haben, daß eine
Volksabstimmung über den nördlichsten
Kreis der Zips und über drei Kreise deS
fast gar nicht mehr von Deutschen be
siedelten Nachbarkomitatcs Arva ent
scheide. Insgesamt 65,000 Menschen
sind derart zwischen Polen und Tsche
chen strittig geworden. Nur eine einzige
deutsche Gemeinde fällt inS Plcbiszitge
biet, weit draußen im Gebirge. Ems
fünfstündige Fahrt im Bauernfchliiten
über meterhohen Schnee brachte mich
dorthin. Für wen werden Sie fiirtu
men?" fragte ich einen alten, ongescye
nen deutschen Bauern, dessen Schafkäse
in ganz Ungarn berühmt ist. Für die
Ungarn." .Aber. Gevatter, man wiw
Sie ja nur fragen, ob Sie zu den Tschc
chen oder zu den Polen wollen." .Air
werden zum Herrn Notar gehen und ein
Protokoll darüber aufnehmen .lassen, dich
wir zu den Ungarn wollen." .Mein
Gott, das nützt doch nichts. Ihr dürst
Euch nur zwischen Polen und Tschechen
entscheiden." Wenn es so ist. dann
wollen wir lieber zur Tschechoslowakei.
In der gibt e! schon dreieinhalb Millio
nen Deutsche, die unS beistehen können,
bei den Polen hilft uns niemand. Au
herbem, wer wollte in die polnische
Wirtschaft hinein?" .Vielleicht dje
Goralcn?" (Die Goralen sind ein slo
wakisch-polnische Mischvolk im Gebirge
mit einem ausgesprochen polnischen Dia
lekt.) Ach die! Die ackern noch mit
hölzernen Pflügen! Die stimmen sür
den, der ihnen am meisten SchnapS
zahlt!"
Mit diesem derben Urteil hat der Alle
nicht so unrecht. Ein Gorale vertraut
mir an: .Wozu die Abstimmung? Ee
soll noch lange wegbleiben! Herr, vor
der Abstimmung schicken uns die Tsche
chen Zucker. Tuch, Mehl und Bohnen, die
Polen Petroleum und alle beide zusam
men Bilder und Zeitungen. Ich hab
die ganze Stube voll davon. Schade,
daß ich nicht lesen kann, von unserem
Volke können das nur sehr wenige." Er
zeigte mir Haufen polnischer und tsche
chischer Flugzettel. Zeitungen. Plakate
und Kalender. .Und wenn abgestimmt
wird, für wen weiden Sie stimmen?"
.Das wird mir schon der Herr Pfarr.'r
sagen." Der Pfarrer hier ist ein gro
her Herr; kein Wunder, daß er von
Tschechen und Polen umschwärmt und
beschenkt wird, ja daß die Tschechen sich
sogar zur Herausgabe einer' klerikal-re
publikanischen Vropagandaschrift be
quemt haben, während andererseils die
Polen in drastischen Plakaten schildern,
wie die tschechischen Soldaten Marien
faulen stürzen und auf Feldkreuze schie
ßen. Die tschechische Propaganda i?
weitaus ruhiger und weniger Lkhäsßss.
Sie kann dies um so eher sein, als die
Abstimmung aller Wahrscheinlichkeit
',ach für die Tschechen ausfallen wird,
den wirtschaftliche Band intimster Art
fassen die ganze Zips zu einem Einheit
gebiet zusammen. Jener Teil, der sich
aus diesem Zusammenhange löste, müßte
schwersten wirtschaftlichen Schaden erlei
den. Dieses Völkerkonglomerat im Zip
fer Berglande, der .Magura", diefiS
Mosaik aus Slowaken, Deutschen, Po
len und Ruthenen, auS Katholiken, Pro
testanten, Orthodozen, Juden, Baptisten
und Anabavtisten, wird durch unzählige
Handels und Produktionsbeziehungen
zusammengekittct. Für Polen! 'Sehn,
suckt nack der Loben Tatra, an deren
Fuß, in Zakopane. sämtliche allpolnische
Plane uno illericqmorungen ausgeheckt
wurden, nach der Hohen Tatra, deren
schneegekrönten Schroffen von allen pol
nillben Nat!onaldickt'N Munnr mY.
all Nationalheiligluin gepriesen wurden;
sur omti oeoiogien yai rceoer ver o
ralk im Scdassvel,. nock d? !m
weißen Filzkittel, noch auch der Deutsche
,m icywarzen uchroü das geringste Ver
ständniS. Aber daß die Zip! bcisam
menbleiben muß. das wissen sie alle.
Deshalb wird wohl auch der tschechi
sche VlebikiitksmmiN); ,4,
' f'
tot mix lächelnd sagte: .Wir fürchten die
Abstimmung nicht, denn Ii, kn
gegen un ntscheiden. Sie werden sich
itl VaHmm !(....... 15 . .'
uvu. uunjcugcn rönnen. In den
nächsten Tage kommt die Enteniekom
Million BAHrmli fi!f&. rev. mv' .
i L " -nur jjiuu
wird hier abgestimmt werden. Arva und
Cif viciven ii.csteqg,iii,wa!isch!'.
.un v! Zipser Deutschen?"
.Die werden mit unS zufrieden sun.'
.Hoffen wir. tli" 1