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About Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926 | View Entire Issue (March 30, 1920)
5 LmjZems große Jhiföecsuwg. Line Plauderei v on j)aul vrandeS. Me!n Gegenüber im Abteil eine! D Zuges, ei tlfflcrit Tam irit aus diulZsvollen Ziigen, Ugt ein illustrierte Zeitung, in der sie in!:cssikrt gelesen, lopfschuUelnd beiseite und izt mich da mit zu der Frag?: ,7!un, meint Öiiä dige, waS behagt Ihnen nicht?" Das will ich Ihrien gern sagen", Ic gann sie sofort sehr lebhaft, .vielleicht können Sie mir helfen, ich Kse seit Wo chen in allen nur möglichen Blättern von Einstk!n und seiner großen Entdeckung und bemühe mich, dahinter zu kommen, waZ er denn eigentlich entdeckt hat. finde aber wohl sein Konterfei und die Be- Häuptling, das; er einem Kopernikus, inem Aeppler nr..d einem Newton on die -w-w .vV'.'. q. v? ' 1, t-" i "iy Wiw5! 4 Ti ' V s t- - W ' wgft-fnv, ' , - , , - ' - r- Tr. " I , . urtiiijMwi KMsjj J!M Prof. Tr. Seite zu sttze ifl, auch wohl eim dünkle BcmerkuKg über feint RckativitätJlheo rie, aber worin feint Entdeckung eigent lich besteht, inwiefern sie unsre Anschau iing von dem Weltall geändert hat, das habe ich noch nicht herausbringen fön . un." Ja, meine Gnädige, e! ist allerdings : ungemein schmierig, dem Laien darüber Auskunft zu geben " Erlauben Sie. daS versiehe ich nicht. Ich habe mich stets für Astronomie in teressiert und weiß doch, daß Koperni kus unS befreit hat von dem Wahne, die Erde stehe fest im Mittelpunkt dir . Welt. da& Keppler uns gelehrt hat. die Erde unö ebenso die andern Planeten bewegen sich in Ellipsen um die Sonne, und daß Newton den Vorgang der Pla uetenbewegung nachgewiesen hat als eine für alle in Bewegung befindlichen Kör per geltende Folge der Schwerkraft, der Gravitation." .Vravo, bravissimo, meine Gnädige! Wenn wir nun, zweihundert Jahre vei ter wären, so würden Sie sicherlich eben so fließend fortfahren: Und blich weiß ich, daß Albert Einstein das Wesen de: Schwerkraft, das Newton ganz außer Betracht ließ, ergründet red Newtons Lehre vom' absoluten, Raume und der absoluten Zeit als falsch nachwies und damit ein ganz neues Weltbild schuf." .Recht schmeichelhaft, daß ich zweihun dert Iah dazu gebrauchen! soll, das ein, zusehen." .Verzeihung, meine Gnädige, ich wollte damit nur zum Ausdruck bringen, daß kommende Geschlecht Einsteins Entdeckung auch einmal als Binfenwahr heit aufzählen erden, und möchte noch hinzufetzei,, Sie würden zu Lebzeiten KepplerS und Newtons wahrscheinlich xbenso verständnislos deren Entdeckung zegenübergeftanden habe wie jetzt der Einsieinschen. Aber ich will gern der suchen. Ihnen einiges von Einsteins sehr weitführenden Gcdankengängen kurz zu entwickeln und Ihnen zeigen, inwiefern schon jetzt die Richtigkeit feiner Schlüsse 12 erwiesen angesehen werden kann." Ich bin sehr gespannt und Ihnen für Ihren gute Willen schon im voraus dankbar." ' .Also Sie wissen, daß wir bei ge schlosseren Augen nichts über die Ge schwindigkeit unsres Zuges aussagen können, daß uns dielmehr lediglich die Beobachtung der Umwelt außerhalb des Zuges Änhaltspunite hierfür gibt. Ta mit ist Ihnen der Begriff der Rekti ditäi geläufig; aber diese Art von Re lativitä't ist auch Newton schon bekannt gewesen, der ja lehrte, daß es unmöglich sei, die absolute Geschnindigkeit der Erde im Weltenraum zu messen. Ein peinS Relativität zielt weiter. Um ihr näherzukommen, lassen Sie mich von einfachen Beobachtungen auZgehea. Be Machten Sie bitte meinen Schlüsselbuno. Sie sehen, er fäll! senkrecht (geradlinig) zu Boden, obwohl er in dem sich be wegenden Zuge fällt. Stauden wir außerhalb des Zuges und könnte," das Fallen der Schlüssel im Inneren des Ab teils verfolgen, so würden wir sie in einer Parabel falün sehen ; im ersten Falle bezicht sie der Beobachter entspre chcnd seinem Standpunkte auf den Zug. im zweiten auf die Erde. Auch kömen wir die durch den Blick au! dem Jen sier tatsächlich beobachtete, Ortsverände rung in doppelter Weise deuten, wir könnten sagen, der Zug bewegt sich ssor wärt!) relativ zur umgebenden Lamd fchaft oder die Landschaft bewegt sich (nach rückwärts) relativ zum Zuge. . Ja öhnkicher Weise muß man nun alle sich im-Weltenraum bewegenden Himmels, körper aufeinander beziehen. Tie spe ielle Relativitätstheorie beschränkt sich öl tkwsf flftifr BMt X lrf' , X 1 ' ' '0 5 W ! 'S Anziehung (Schwerkraft) unterworfen zu sein, ei geradlinig gleichförmige ro tationifreie Bewegung ausführen, nur sie sind für die Formulierung der aui der Erfahrung' gefundenen allgemein Naturgesetze gleichwertig, die allgemeine Nclativiiätsthcorie Einstein lehrt aber die Gleichwertigkeit aller Körper, auch solcher in Gravitationsfeldern und von beliebiger Bewegung.' Hören Sie auf, ich kann nicht fol gen. ich vernehme wohl die Worte, der ftche sie auch, aber der innere Zufam , imr.hsng fehlt mir, ich sehe vor allem naco gar niaii, ivoim nun ocr. u" schritt besteht." .Das kann ich Ihnen sehr wohl räch w -umvsw uyt'ff. V " 5 1 ' ' T , Einstein. fühlen, ich mußte Ihnen doch aber Ire nigstens eine Idee von den Gedanken gängen Einsteins geben. Und dazu wäre weiter nötig, daß ich Ihnen erzähl, wie Einstein nachweift, daß die Feststellung der Gleichzeitigkeit entfernter Ereignisse verschieden ausfallen muß, je nach dem Bewegungszustand des Beobachters, und daß ebenso die Maße eines Körpers von einackier abweichen, wem die Beobachter in verschiedener Bewegungsrichtung dem Körper nahen. 'Dadurch wird die Re lativität von Zeit und Raum, die bis her als absolut galten, erwiesen. Aber ich will davon nicht weiter sprechen, son dein zum Wichtigsien kommen, daS Jh nen das Jäo und Wie" zeigt. Einsteins Schlüsse hc&ni die Feuerprobe bestanden, und diese Tatsache wird Sie am beste von der Bedeutung seiner Studien über zeugen. , Er konnt erstens selber die Prob auf sein Exempel mache. Sie wifs., daß sich bei de astronomischen Berechnungen im allgemeinen ein ge rsdezu überraschende Genauigkeit ergibt, daß aber doch auch den Mathematiker manche Abweichungen beängstigend siö n,die uns Laien so gering scheinen, daß man sie völlig vernachlässigen könnte. Eine solche Abweichung betrifft den der Sonne am nächsten stehenden Planeten Merkur. Sie haben vielleicht gehört, daß seine Ellipse gegenüber den Fixster nen nickt feststeht, sondern im Sinne der Umlaufbewegung sich alle 100 Jahre um 43 Bogcnsekundcn verschiebt, d. h. die Sonnennähe, das Perihel würde nach etwa V2 Millionen Jahren an der Stelle des Aphels liegen. Diese geringe, aber bestimmt nachgewiesene Abweichung erklärt sich nun zwanglos: denn nach der allgemeinen Relativitätstheorie rotiert jede Planetenellipse um die Sonne und die des Merkur läßt sich auf 43 Bo gensekunden berechnen, bei den übrigen entfernteren Planeten isi sie noch gerin ger und fg gering, daß sie sich zur Zeit nicht beobachten läßt. Des weiteren läßt sich Einsteins Theo rie bei Sonnensinfternissen auf ihre Richtigkeit prüfen, da nach, ihr die Licht strahlen in der Nähe ausgedehnter Mas sen eine Ablenkung, ein Krümmung er leiden. T von einem Fixstern, auö gehenden Lichtstrahlen, die an der Sonne vorbeigehen, müssen in dem Graviw tiousfeld der Sonne um 1,7 Bogen fekunden von ihrer geraden Bahn ab und der Sonne zugelenkt werden. Bei der Helligkeit der Sonne läßt sich für gewöhnlich kein entspreck'ende Beobach iung machen, dagegen sehr Wohl während einer totalen Sonnenfinsternis. Sie können sich denke, mit welcher Span nung man daher die deutschen Astrono men mit den besten Instrumenten im Juli 1914 nach der Krim abreisen sah. n? Mitte August ein totale Sonmen finsternis beobachtet werden konnte. Der Ausbruch des Kriege! zerstörte alle Hoff nungen, die Forscher mußten unter Zu rüälaffung der werkollen Instrumente nach Deutschland zurücklehnn, und von anderer Seite fanden keine entsprechen den Beobachtungen statt. Erst Ende Mai 1919 war es zwei englischen Expeditionen möglich, das da mals Versäumte nachzuholen. In Sob ral in Nordbrasilien wurde mit einer 13 zölligm Lmse, die auf 8 Zoll abblen det war. und auf der der lvestafrikani fcben Küste vorgelagerten Insel To Principe mit einer 4zölligen Linfe be obachtet. In Brasilien herrschte günfti ges Wetter, der Charakter der Stern bilder auf den Beobachturgs und de Kontrollplattm ist aber sehr verschieden und laßt auf einen Fehler schließen. Tie afrikanische Expedition hatte weniger gu te! Wetter, aber auf einigen Platten waren fünf Sterne sichtbar. Tie Mes fungcn ergaben in diesem Falle ein Ab -lenrung von 1,6 Bogensekund. mit einem wahrscheinlichen Fehler von 0,3 Bogensrkundea und im eist Falle 1.3 . 1. V , 'As ' ' .ti. ;; k VW, 4 i ' ' 1 " r-- - z, 1 ryr V4 , ! 1 9 A . ' 1 '",Aft , t t ' 'Y 'Hw i ' $ S t' I r to Europa Ci Interview mit Der bekannte Kadettenführer und Chefredakteur der .Rjetsch", I. W. Hef. sen, gab in Gesprächen mit mir über den 'Szlschtmlsmul und Europa den nachstehenden Ideen Ausdruck. Seine Antcn dürfe da Interesse der poli tischen Welt um so mehr beanspruchen, als sich gegenwärtig in Europa zu dem russische Problem nicht wenige Russen össentlich aust.m. denen e an Berufung und Aulorität dazu gebricht, während Hesse durch feine zwanzigjährige be merkenswerte politische Tätigkeit daS Recht bat. alö ein hervorragender Re präsendant der russischen öffentlichen Meinung und des russischen demokrati sehe Gedankens ,u gelten. Der Ein fachhett halber mögen die Joeen Hef fenS wieder in der Form direkter Red wiedergegeben fein. .Ich hatte hier Gelegenheit." sagte der russische Publizist, .einem Diskus sionsadend über das russische Problem in ine. politischen Bereinigung beizu wohnen, dessen einlei'endeS Referat den Grundgedanken vertrat, die deutsche Po litik dürfe nicht auf daS bolschewistische, sondern sie müsse auf das neue Ruß Iirnd ingestellt sein, auf das Rußland, dem die Zukunft gehöre. Und ich war geradezu erschüttert, als einer der Dis kussionrcMc. später äußerte.' eine solche These sei verfehlt und Deutschland müsse Rußland gegenüber Augenblickspolitik treiben. Es fiel tatsächlich der Aus druck .Au,genblickZpolitit"! Ich kann es begreifen, daß unter dem Druck über mächtiger Verhältnisse, veranlaßt durch den Widerstreit der Inteessen und der Meinungen, durch den Mangel an füh renden politischen Persönlichkeiten und klaren politischen Konzeptionen die Staaten oftmals dazu gelangen, ia Wirklichkeit .Augenblickspolitik' zu be treiben. Aber ich versteht nicht, wie man dies offen zur politischen Nicht linie erheben kann. ' Nun aber entspricht eS leider den Tatsachen, daß die Politik, welche die abendländischen Kulturvölker dem Bol schemismuS gegenüber einschlagen, nichts anderes ist als Augenblickspolitik, eine ständig schwankende Politik, die der kla , ren, weitgesteckten Ziele und der folge richtiges Durchführung ermangelt und sich durch die . wechselnde Situationen und wechselnden Stimmungen herüber und hinüber wirbeln läßt. Ich habe dieS ja schon in den Mitteilungen, die Sie kürzlich veröffentlichten, im einzelnen ausgeführt. Diese Tatsache ist an sich schon xrhängnisvoll. aber doppelt der hängnisvoll ist sie. weil der Gegenspieler in dieser Partie geride die entgegenge setzte Taktik verfolgt. Die Bvlschemisten treibe bemußt und konsequent Zu kunfispolitik; nicht etwa in dem Sinne, als wenn sie wirklich eine fernere Zu kunft fr sich hätten oder Keimt pflanz ten, die künftig gute Frucht versprächen. aber in dem anderen negativen Sinne, daß sie bereit sind, die gesamte Gegenwa?'. zu opfern, die elementarsten Grundlagen, auf denen das Gedeihen, ja die Existenz der Völker beruht, rück suhtslos zu vernichten, um eines unge Kissen Zieles willen, das ihnen phantaS magorisch und gaukelhaft in ferner Zu , Litft vorschwebt. Der Weg zu diesem Ziele ist ihnen die Weltrevolution. Auf die Weltrevolution arbeiten sie mit gro ßem Geschick und mit allen Mitteln hin. Und vor allen Dingen benutzen sie zähe und konsequent zu ihren Zwecken eben ' jene kurzsichtige Augenblickspolitik, wel cher sich die abendländischen Demoria tien hingeben: die Bolschemisten wissen aus jeder neuen Schwankung der abend ländischen Politik Vorteil zu ziehen, ihn Position dadurch zu befestigen und die Zwistigkeiten der großen Kulturvölker gegeneinander auszuspielen. Um dieser leichter zu erreichen, suchen sie wohl auch sich selbst ein wenig in den Schafspelz zu hüllen und die demokratiischen Staa ten über die Gefahr zu täuschen, die ih nen droht. Man lese nur den Propo gaiüaart'.kel Radeks. dem die Zukunft" bereitwillig eine gastliche Stätte geboten hat. Der Zweck jenes Artikels ist. die Nervosität auszunutzen, die in gewiissen mit einem wahrscheinlichen Fehler von 0.1. Jedenfalls wurde von den ngli schen Astronomen in der gemeinsamen Sitzung der Royal Society und der Royal Astronom. Soc. in London am 6. November erklärt, daß der Einstein Effekt", von dem man seit 1905 mit mehr oder weniger Skepsis sprach, be stimmt nachgewiesen werden könnie, und diese Tatfache wurde als epochemachend bezeichnet. Man bemängelte die Form, tn der Einstein sein Theori iederge legt hat. und hofft, sie in ein geschick tere Form bringen zu könnekk." Ich danie Ihnen sehr, mein Herr, ich bin völlig befriedigt und glaube, mir jetzt ein für meine Verhältnisse genügend klanS Bild von der Relativitätstheorie Einsteins machen zu fönnen. Aber noch im Frage: Wird man nicht auch noch and Prüfsteine für die wkitausschau ende Theorie zu finden wissen?" .Sicherlich. Ein weiterer ist bereits von Einstein angegeben: noch feiner Theorie müsse die einzelnen leuchtenden Mineralien auf großen Welttörpern langsamere LuftschwinHungea aussenden als auf kleine, die Farbe der leuchlkn den Körper muß also auf den verschie denen We'tkörpern verschi'den sein und dementsprechend müsse die für jeden leuchtende Kö'per charakteristischen Spektrallinien nach dem Rot zu dcrfcho den erscheinen (um iin Zwanzigstel r ":öm). wenn die Lichtstrahlen von Weltkörpern großer Masse, z. B. der Sonne, ausgehen. Diese Vorhersage hat sich bislang nicht bestätigen lassen, und nglische Forscher haben deshalb gemeint, Einstein könnte vielleicht aus - falschen Wege zuem richtigen Endresultat ge langt sein. Wir müssen ' . doch wohl erst noch weiten Untersuchungen in die RDung abwarter. und der ZZoljchewismus. dem Chefredakteur deS Njetsch". Von tUt Horst. deutsche Kreisen durch den Entente, pla det Warenaustausche' entslan den ist. und nun Deutschland dazu zu bewegen, daß et sich beeile, die Beziehun gen zum bolschewistische Rußland aus zunehmen, was wiederum feine Wirkung auf die Ententeländer nicht verfehlen könnte. Um die Wachsamkeit Deutsch land einzuschläfern, verspricht Radek Besserung. E gelingt ihm nicht ganz, denn er muß auch an sein Parteigän ger denken, von denen er mit typischer Hyperbel erklärt, daß sie zu .Millionen' bereit seien, .aus dem Gebiete vom Ural bi zum Rhein' für die Sache des Kom muniömuZ .zu sterben". An die Adresse dieser Parteigänger richtet er sich, wenn er auch jetzt unumwunden zugesteht, daß der Bolschewismus nach wie vor auf die Weltrevolution und nur auf die Welt revolution hinarbeitet, und daß er, Ra dek. als Kommunist stolz auf die propa gandiftifch revolutionistische Arbeit sei. welche der russische Bolschewismus in utschland geleistet habe. Aber dem deutschen Bürgertum und der deutschen Demokratie verspricht er, daß sich der Bolschewismus .anders verhalten' werde zu inem Deutschland, das zwar noch ein .Klassensta,!' bleibe, aber mit dem bolschewistischen Rußland .in nachbar lich freundschaftlichem Verhältnis" leben wolle. Wen sollen solche Listen täuschen? Wer die Dinge kennt, der weiß, daß der Bolschewismus auf feine Propaganda tätigkeit gar nicht verzichten kann, fo lange er fein Ziel, die Weltrevolution, n"t erreicht hat, ohne die et, nach fei nem eigenen Geständnis, dem baldigen Untergang geweiht ist. Und wie soll man sich vor dem .nachbarlich freund schädlichen" Einfluß des Bolschewismus schützen, wenn man die Beziehungen zur Sowjetrepublik aufnimmt? Deutschland hat ja die Probe auf da! Exempel schon im Jahre I91Z gemacht. Auch damals hatte die Sowjctregierung versprochen, jede Propaganda in Deutschland zu un terlassen. und wie hat sie eS gehal ten? ! Und nun Radeks Stolz auf jene propagandistischen Leistungen. Das Kompromiß, das nachbarlich freund schafilich. Verhältnis zwischen dem rus fischen Bolschewismus und der europäi fchen Demokratie, von Radek als freund liche Möglichkeit ausgemalt, ist in Phantom. Es gibt kein solches Kom promih. es gibt hier nur einen Kampf auf Leben und Tod. in dem entweder die Demokratie oder der Bolschewismus zugrunde gehen muh. Darüber sind sich auch die Bolschemisten selbst vollkom men im Klaren. Radeks Worte sind nur Gimpelfang und auf den Kampf um Leben und Tod ist die ganze Politik der Bolschemisten. ihre Zukunftspolitik. in Wahrheit ewqestellt. Wenn man daS erkennt, fo sieht man wohl plötzlich mit Schrecken die ungeheure Gefahr, die da rin liegt, daß die abendländifchen De mokratie sich nach wie vor dem Bolfche wismus gegenüber mit einer schwäch lichen, schwankende AugendUckspou tik genügen lassen. . Um gco selbst über die Gefahr dieser auS der inneren Zerrissenheit des Abend landes geborenen Haltung hinwegzutäu schen, ist eS rn Europa neuerdings be liebt geworden, den Bolschewismus als eine rein nationale, typisch russische An gelegenhelt hinzustellen, die in West europa doch wohl keinen Boden finden könne. Man meint, der Bolschewismus hänge ,ait dem russischen Mnftizismus zusammen, er fei ein Surrogat für die eigentümliche Religiosität des russischen Volkes, er beruh endlich auf 1er halb kommunistischen russischen Dorfoerfas sung. Alles dies sind aber Hirngespinste, die nur der Selbstberuhigung dienen, aber keinen realen Boden unter sich ba ben. Wer die Verhältnisse kennt, der weiß, daß das russische Volk überhaupt nicht kommuniuisch ist, genau so wenig als irgendein anderes. Die russischen Massen, die bäuerlichen sowohl wie die städtischen, wollen nichts vom Bolsche wismus wissen, ja, sie hassen ihn alö ihren Feind. Gerade dos religiöse Ge fühl des russischen Volke! ist unheilbar durch die Bolschewisten verletzt worden, als sie z. B.-,die Heiligengräber öffnen Martin Ein Nachruf von Vom Sturm gepeitscht" nannte Dre scher seine Skizzen undGeschichten au! einem Zigeunerleben", die 1913 im Freiland'-Vcrlag, Rueben-Roetha in Sachsen erschienen. Titel und Untertitel des Buches charakterisieren den Dichter und sein Leben besser und treffender als die! ein noch so weitläufige und aus führlich Biographie vermöchte. Dabei war r so recht der TypuS deS begabten und gebildeten Teutschen, der nach Amerika verschlagen nicht weiß, was er mit sich anfangen soll, einm unge schickten Schwimmer vergleichbar, den man ins Wasser gestoßen und der hilflos darin herumplätschert und sich von jeder Welle treiben läßt, bis ihn irgendein irgendwo auf den Sand wirft. Am 8. Mai 1863 in Wittstock in der Mark Brandenburg geboren, studiert? Drescher in Breklau und Göttingen Ju risprudenz ?n Göttingen gehörte er der Burschünschaft A'.maNnia an machte in Jena seinen Doktor", wurde dann Referendar in Neu-Ruppin und später Assessor. 1L91 spedierte ihn ein Familienrat nach Amerika. WaS die fem Beschlusse zugrunde lag ob eS Widersacher waren oder die edle'Weib (ich!! oder Schulden oder alles zusam men weiß man nicht. Tatsache ist, daß er nach New Fork kam, um da be kannte .neue Leben" zu beginne und daß r seine Laufbahn wie die meisten dex damals und auch noch später nach Amerika verschlagenen Teutschen von In telligenz als Kolporteur begann. Auf der Ostfeit verkaufte er 'n Wirtschaften und P.iioaMuler Traumbücher, urd ließe, um .protokollarisch" festzustellen, daß mit den heiligen Gebeinen Schwin del getrieben worden sei. Und auch die russische Gemeindeversassung hat mit dem Kommunismus nichts zu schaffen. Sie ist. wie Kljutschewski und andere nachgewiesen haben, ist spät und au schließlich au fiskalischen Notwendig leite entstanden und berührt da Pri vateigentum an den Produktionsmitteln In keiner Weise, wie denn auch tatsäch lich beim russischen Bauern ein gesunder, auf den Eigenbesitz gerichteter Sinn durchaus vorhanden ist und sich immer stärker entwickelt. Warum sich der Bolschewismus in Nußland so lange halten kann, da liegt nicht an nationalen Ursachen, sondern ti liegt daran, daß da russisch Volk durch den Zarismus in Unbildung und poli tifcher Unmündigkeit erhalten worden ist. e! liegt daran, daß da! Volk gewöhnt ist, sick zu fügen, und daß S in feiner Bedürfnislosigkeit und agrarischen Rück ständigkeit imstande ist, ein Höchstmaß von Not und Entbehrung Verhältnis mäßig lange zu tragen, auch nachdem eS den unheilvollen Charakter des Bolsch wismui aus egener Erfahrung vollauf erkannt hat. Der Boden für die Entwick hing deS Bolschewismus ist aber inter national, er liegt in dem Unbehagen und dir Unruhe, die durch die wirtschaft lichen Folge,. deS Krieges entstanden sind, und alle Kulturländer sollten sich der Größe der bolschewistischen Anstek kungsgcfahr bttvußt sein und danach handeln. Ich sin daher auS dem Gesichtspunkt des europäischen wie des russischen In teresscS stets für eine Intervention zur Unterdrückung des Bolschewismus einge treten, obgleich ich die ungeheuren Schat tenfeiin einer solchen Aktion durchaus nicht verkenne. Aber Ich bin der Mei nung. daß eine Intervention dennoch bai geringere Uebel darstellen wurde, wenn dadurch der Fäulnisherd. den. der Bol schemismuS darstellt, ausgebrannt würde. Eine Intervention ausländischer Trup pen kommt aus Grund der gegenwärti gen politischen Situation ja nicht mehr in Frage. Was ober noch möglich und dringend erforderlich ist, das ist die reich liche finanzielle und materielle Unter tutzung oer russische antibolschewisti chen Bewegung durch die Hilfsmittel der abendländischen Demokraten. Bleibt diese Unterstützung ans. so wird sich der Prozeß des inneren "russischen Kampfes gegen den Bolschewismus nur länger hinziehen und noch verhängnisvollere Folgen zeitigen. Die Einstellung dieses Kampfes, der Friedensschluß im Bür gerkriege. jetzt von gewissen russischen Aposteln gepredigt, ist eine psychologi sehe und politische Unmöglichkeit. Das russische Volk kann seinen Kampf gegen den Bolschewismus erst einstellen, wenn der Bolschewismus beseitigt ist. Uno dieser Kampf wird nicht nur von der Peripherie her, sondern auch im Innern des Landes unaufhörlich geführt, mit denn die bolschewistischen Zeitungen selbst fortgesetzt von Bauernaufständen berichten müssen. Radek ist unvorsichtig genug, zu ge stehen, daß die russischen Kommunisten sich durch keine Hindernisse stören lassen werden, ihren uropäischen Parteigän gem materiell und geistig zu helfen, daß aber wichtiger und entscheidender noch als dies, in der bloßen Tatsache der Existenz Sowjetrußland! die mächtigste Förderung besteht, welche der russische Kommunismus dem europäischen leistet. Radek hat recht. Und angesichts dieser Tatsache treiben die abendländischen De mokratien .Augenblickspolitik". obwohl sie schon am Rande de! Abgrundes stehen. Sie streiten sich iiber Entscha digungen und Auslieferungen und för dern und verlängern durch ihre Zwistig leiten jene ungeheure Drohung, welche in der Tatsache der Existenz Sowjetruß land! besteht, anstatt sich zu gemeinsamer Abwehr dieses gefährlichsten gemein samen FcindeS die Hände zu reichen. Wenn ich daS sehe, fo möchte ich meine Stimme erheben, um laut zu rufen und zu warnen, ehe es zu spät ist." Drejcher. V) K. Zippmann Zeitschriften. Dann stieg er auf der so zialen Stufenleiter bis zum Porter und Baitender und nebenamtlich schrieb er Gedichte: Liebeslyrik voll Innigkeit und Tiefe, soziale und revolutionäre Ge ange von Kraft und Wucht und zwl chendrcin ergreifende Lieder der Sehn ucht und der Reue um di: verloren Heimat. Seiner Mutter gedenkt er in heißer Liebe: Roch lobt für mich aus Erd! ine tetlt, Ei M die Hottniing. di, m,ch mild umlchdt, 6 Ifl der Trott, ,u htm Me Sehnsucht Nrrbt, Schnürt das Alleinleia dumps mir tu di eSI. Und wenn, ob i6 tt gleich mir selbst dnheZ'e, $m Herren machtvoll eine ra! noch lebt. Ht Helft aufs Keue mich vom klaube bebt: Ich banl' d einen ohne Falsch und gehle. ?ch leb sie: die Hand, fromm efalle. Tnfs otlf Scku auf meinem äsn toastet, Blick! sie. ummebl vom letzten bendlchein. V'iti mSdem na' in stille Land hinein: Tie Ein, die de Fernen nie vergift. Tie alte Frau, dt meine Mull ill. Nach fünfjährigem Zigeunerkben ging Dresche? nach dem Westen, nach Cincinnati, Chicago, Milwaukee (wo r an Beiger'S .Vorwärts' mitarbeitete), St. Loui. Detroit, wo er Redakteur des Wochenblattes .Herold' und nach Re'chel'S Tod dkS .Armen Teufel' war. Letzterer ging ein. wie auch mehrere an de von ihm in St. Louis und Chi cago herausgegebene Blatter .Die Glocke". .Wolfsaugen". .Der Zigeuner" und .Mephisto', nur literarische Ein tagsfliegen waren. Im Jahre 191S übersiedelte Dr, scher wieder nach New Fork. Hier lebte er bei seinem Freund und Pri datsekrelär' Keidel, dessen Gattin den rheumatikmuLkranken Dichter hegte und Die Djudell. ,' Erinnerungen und Beobachtungen f von Herbert Eulenberg. Ich möchte daS Wagnis unternehmen, für die verlästerten Qstjudeu ein Wort einzulegen. Ich habe diese Menschen t;il im Krieg kennengelernt. In Po lei und Litauen. AIS ich dort filr die Presseabteilung von ObOst Name und Behörde diinke mich schon lange versunken dal Land zu bereisen und zu beschreiben hatte. Ich werde nie ver gessen, daß ich mir sogar die erste Riige. die mir meine vorgesetzte militärische Stelle erteilte, der Ostjuden wegen zuge zogen hab. Also eigentlich wieder ein Grund, von vornherein nicht allzu gut auf sie zu sprechen zu sein. AIS ich nämlich dort oben ankam, war in gro ßer Teil der. ostjildischen Bevölkerung, besonders der ärmeren, im Begriff, das Land zu verlassen und iiber Dänemark oder Holland nach Amerika auSzuwan dem. In häßlichen, schnell zusammen geschlagenen Bauden lagen diese Leute i der Nähe der Bahnhöfe und warteten darauf, abgeschoben zu werden. Die deutsche militärische Behörde sah diese Abwanderung so und so viel notleiden der hungriger Mäuler, die unsern Sol baten daS Brot wegaßen, höchst gern. Gleichwohl hätte man in der Form den Leuten, die in eine ungewiss Zukunft zogen, den Abschied von dem Land, mit d.m sie doch durch jahrelanges Leben verbunden waren, etwas erleichtern und verschönern können. Co dachte ich mir wenigstens und schlug in meines Her zens Einfalt vor. ob man diesen jüdi schen Äbwanderern nicht ein kleines Fest vor ihrer Abreise veranstalten könne, wo bei man rn einer Rede oder in mehreren Borträgen sagen sollte, daß wir sie fni lich nicht zurückhalten wollten, aber daß wir nur durch die Hungersperre der bö sen Engländer, unserer Feinde, dazu ge nötigt wären, ih Trennung von Europa gutzuheißen, daß wir ihnen eine cwSliche llcbcrfahrt und eine freund liche Aufnahme in der neuen Welt wünschten. Und waS man sonst cm Ar iigleiten bei solchen Gelegenheiten äußern kann. Noch heute bin ich überzeugt, daß solche kurzen Feierlichkeiten bei diesen meist kindlichen und natürlichen, und vor allem leicht rührsamen Menschen einen sehr schönen und bleibenden Eindruck hinterlassen hätten. Jedenfalls wär' es staatsmännisch klüger gewesen, als diese Leute in barscher, stellenweise höchst roher Weise nach Amerika zu treiben, um in dem Volke dort, das damals noch nicht im Kriege mit uns stand, weiter auf Geschlechter hinaus den Deutschen haß zu säen. Man kann sich vorstellen, wie in jener Zeit, da Preußen noch auf moralische E.oberungen verzichtete und von Gefüh len keine Red sein durfte, mtint Ge miiüduselei. derentwegen man mich zu nächst scharf anpfiff, aufgefaßt wurde.' Man bedeutete mir kurz aber eindring lich. da ich mir, wenn ich in ObOft alt werden wollte, künftig solche Weich heiten sparen sollte. Ein Witzbold aber riet mir, meinen Lorschlag durch den Instanzenweg gehen zu lassen, damit ich. trenn der letzte jüdisch-litauisch Aus Wanderer längst in New Fork angekom men wäre, dann inen ablehnenden Be scheid erhielte. Jedenfalls hat mich die fer erste BerweiS, mit dem . ich meine Stellung antrat, veranlaßt, mich fortan näher und mit deutscher Gründlichkeit mit den Ostjuden zu befassen. Natur lich fand ich, daß eS Menschen wie aller orts auf Erden waren. Das heißt. We sen mit guren und schlechten Eigenschaf ten. WaS einem besonders stark zu nächst bei den litauischen Juden auffiel, war i.e Geistigkeit, ihn lebhafte Bor liebe und Begierde, sich immerwährend zu bilden. Man trifft unter ihnen sehr viele unterrichtete und belesene Menschen. Früher hat man sich hier vor allem mit pflegte, schrieb Gedichte und Skizzen für Zeitschriften und freute sich, wenn ihn Freunde auS alter und nuerer Zeit aufsuchten. Als Keidel im Herbst .1919 nach Miiöpeth. L. I., zog, da zog auch Drescher mit. Kurz vorher war er noch der gefeierte Held eineS ihm zu Ehren veranstalteten Kommerses, auS dessen finanziellen Ergebnissen ein paar drückende Schulden des Dichters getilgt wurden. Die an' diesem Abend ange regte Gründung einer Marti Drescher Stiftung ermieS sich als Fehlschlag: wohl schrieben sich viele begeisterte Zu hörn in die Listen ein, als sie aber zur gründenden Versammlung zusammenbe rufen murde, da waren kS ihr dni, die sich im Versammlungslokal infan den. Ein später versandter und auch in den Zeitungen veröffentlichter Auf ruf hatte fehr, fehr wenig Erfolg und Dreschers Freunde beschlossen deshalb, durch Veranstaltung von literarische Abenden, die vierteljährlich stattfinden sollten, den erforderlichen Fond aufzu bringen, um den Lebensabend deS kran ken Dichters sorgenfrei zu gestalten. Be vor ei so weit kam. verschlimmerte sich der Zustand Dreschers und am 7. März schloß er im Lenoz Hill'Hospiial. wohin man ih am Tage zuvor gebracht hatte, die Augen für immer. Don den Werken DreschnS liegen i Buchform vor in Band Gedichte (1909) und die Skizze Jiom Sturm ge peitscht'; ein zweiter Band Gedichte .Tchmerllilien und fröhliches Unkraut' liegt in Deutschland und wird wohl zur Ausgabe kommen. Mehre seiner Gedichtt (deren erste vor 25 Iahn im SonntagZblatt der Nero Aorker Staats Zeitung tischiknen) wurden von Hugo Kau vertont und sind im Musikalien Handel erschienen. Ob ihn seine Werke überdauern wer den? In diesem Lande deS Materia liZmuS hat man für de deutsche Dich ter jeider nur wenig übrig gehabt, und wie der lebende Martin Drescher sich nicht durchzuringen vermochte, so wird eS auch dem toten nicht gelingen. Und doch hatte er so gerne fortgelebt im Herze und Gedächtnis der Menschen, und manches seiner Gedichte hätte ei woU dudle!. dem deutfcln Schrifttum befaßt. Erst im letzten Jahrzehnt kam auch die Be schäftigung mit den russischen Dichtern, mit Tolstoi und Dostojewski, sehr auf. Indessen begegneten mir unter den Ju den Litauens und Polens zahlreiche Leute, die beispielsweise Gerhart Haupt mann wörtlich anzuführen wußten, meine .Schattenbilder' kannten und auch sonst in der heutigen deutsche Dichtkunst gut Bescheid wußten. Del weiteren haben sie selber auch ein eige neS tüchtiges Schriftwesen ausgebildet. Der litauische Jude gilt unter den Ostjuden überhaupt als der bildungS fähigste und am tiefsten veranlagte. Auch in Glaubensfragen. Hier neigt ei im Gegensatz zu den mehr mystisch ge richteten polnischen Juden stark zur Auf klärung und zum Nationalismus und hat etwa einen Ruf wie bei unö der Berliner. Bon einer rein und aus schließlich gezüchteten Kaufmannsnatur kann bei diesen Leuten, die sich viel und gern mit geistigen und künstlerische Dingen beschäftigen, gar keine Rede sein. Natürlich spielt der Handel eine große Rolle bei ihnen, weil die meisten auf ihn angewiesen sind. Ich sehe noch daS halb betrübte, halb entsetzte Gesicht deS armen kleinen GasthausbesitzerS in Jancw vor mir, der alS Handelsjude und Schmugg ler bei unserer Behörde figurierte. .AIS ob Jude und Schmuggler ganz genau, daö gleiche wäre, tut Ihr Deutschen im mer!' so jammerte er mir zum Lachen kläglich vor und entschuldigte sich ein Über daS andere Mal vor sich selber! Ich wär' auch gern etwas Besseres ge worden, ein Studierter oder Beamter, Aber ich hab' doch nichts anderes ge lernt wie Handeltreiben. Man hat mich ja ziz nichts andcrm zugelassen.' Doch diese schlechte Behandlung, die man scho . im Kriege von tonangebender Seite bei uns gegen die Ostjuden be liebte, aus deren Vermittlung unsere Offiziere, wie besonders unsere Zivil Verwaltung fortwährend angewiesen war. hatte auch ih sehr ernsten Seiten. Die, Freude, um nicht zu sagen Begeisterung, mit der die Ostjuden den einrückenden deutschen Heeren entgegenkamen, mit denen sie sich schon durch das Jiddisch so schnell verständigen konnten, schlug bald in Verstimmung und tiefe Verbil tcrung um. Auch der Ostjude sieht sich nämlich nicht gern wie einen Hund be handelt. Und die Verkchrsform durch die Reitpeitsche, mit der manche unserer Herren dort nur zu lcichtfc'tig umgin gen, verletzt sein trotz allen Demütigun gen gern auf Stolz gestelltes Gemüt. Jnfolged'ssen hat sich nur zu oft dal von Nietzsche aufwühlend zergliederte Ressentiment bei ihnen gegen da! Deutschtum herausgebildet, ein grollen des Nachtragen, das sich gelegentlich auch häßlich äußern kann und keinesfalls zum gegenseitigen Verständnis der Rassen beiträgt. Man hüte sich wie vor Allgemeinhei ten überhaupt so auch davor, die 'Ost juden unter dem Decknamen .Galizicr' als Schieber in einen Kehricht zu fegen. Es gab und gibt im ostjlldischcn Prole tariat beispielsweise diele Handwerker, durch oeren Aufnahme wir nur gewin nen könnten. Die Juden haben in Po len vor dem Krieg die zuverlässigsten Schuster wie die geschicktesten Schneider gestellt. Eint Torheit ohnegleichen ist es, diese Leute mit Gewalt und VerheU zung eiligst aus Deutschland herauszu drängen. Man erwehre sich nach Kräs ten vermittels des Strafgesetzbuches und der vielen Zusatzgefetze dieser Zeit der schlechten und unehrlichen Klassen und Kreise unter den eingedrungenen Ost juden. Sie in Bausch und Bogen zu verdammen, ist ebenso töricht wie drig. Auch ist eS irrig, wenn man glaubt, unter dem ostjüdischen Proleta. riat, das 10 biS höchstens 15.000 Köpfe stark feit dem Krieg nach Deutschland ge k0!..men ist, seien lauter bolschewistisch gesinnte Seelen zu finden. In Wahrheit haben di. meisten dieser armen Leutt, die ' noch den Schrecken von den heimi schen Pogromen in den Knochen spü ren, neben der Russenfurcht nur den Hauptwunsch, möglichst bald in den We sten oder in neutrale Länder auszu wandern. Zu einer Aufwiegelung deut fjr Arbeiter, zu der sich die Sowjet regierung ganz anderer geistiger Anstif ter als dieser kleinen Proletarier behient. fehlt den Ostjuden Fähigkeit und Nel gung in gleicher Weise. Fast alle wol len heute vor allem endlich ihr Ruhe haben. . Man gewähre sie ihnen auf ihrer meist nur kurzen Rast bei uns nach Möglichkeit. Diejenigen, die als Land arbeite! oder im Bergbau bei uns der wendet worden sind, haben sich nach viel fachen Zeugnissen, die über sie vorlie gen. recht gut eingeführt. Da die jüdi fchen Arbeiter größtenteils gewcrkschaft lich organisiert sind, ist auch eine LohS drücke! von ihncn nicht zu befürchten. Die niedrig Verhetzung gegen die Ost Zuden und Galizier. die nur ein Teil der allgemeinen Judenfeindschaft ist, die heute bei unS betriebe wird, ist leider fast schon gedankenlose Gewohnheit ia Deutschland geworden. Ohne sich je malS um die Ostjuden und ihr schweres Gnnzdafein wie ihre wirtschaftliche und geistige Entwicklung bekümmert zu ha ben. wird aus diese Menschen losge schimpft. alS ob seit jk dort der Abhub der Mnschheit gehaust hätte und Ruf sisch'Polen. Litauen und Galizien eine Berbrecherkolonie wie ehemals Tasma nie gewesen wäre. Wer nur den auf ftubenden Gewerbefleiß diser drei der mögenden Landstriche vor dem Kriege verfolgt hat, weiß, wie verkehrt ein solch oberflächliches Gerede über daS nieder trächtige Galiziertum Ist. Tie Liebe zu, Gerechtigkeit und Wahrheit trieb mich auch . der geistigen Bewkglichkdt unt Tief diefer Leute hier rühmend zu ge denken, die im allgemeinen nicht fchlech ter und nicht unanständiger sind a!S die ganze lxrfluchte menschlich Rasse, j lm noul appantenonS', zu sein pflegt.