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About Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926 | View Entire Issue (March 17, 1920)
TäMe Ctnaa ZxlbUt Wie aller! Von Zlnnke Izarrar. .. . 4 fein Lcbe.1 zählet siebzig Iah . uno wenn es hochkommt, achtzig ; Iah . . ." belichtet die Bibel mit foch Iicher Resignation vom Leben dci Men l schen, im der erfahrene Arzt sugt hin zu: .Die Altereischemungen aber begin zn bereits mit dem fünfzigsten Jahre,' Dieser lapidare Satz läfet sich in viele , kleine und keineswegs angenehme Er fchcinungen zerlegen und übersetzen. Er hcifjt, daß man öfter des morgens be ; sinnlich und grüblerisch gestimmt ist. daß I man sich nicht mehr ganz so leicht zu ' Anstrengungen und Strapazen ent schließt, daß man leichter ermüdet und , .", weniger leicht sich erholt. Er heißt für ' den eu.en, daß er H:rzbeschmerven der spürt, für den anderen, daß er von ein ' bißchen Atemnot geplagt wird, für den dritten, daß er zuweilen Ursache hat, mit ! seinem Magen nicht ganz so zufrieden zu sein, wie bisher der heimtückischen ; Gichtschmerzen oder der unaufhörlichen . Gereiztheit des an Arterienverkalkung Leidenden gar nicht zu gedenken. Man sieht, daß dieser kurze Satz also in Wahrheit die Lebenswende bedeutet. Fast niemals ist es möglich, zu sagen, von welchem Tage an, mit welcher Stunde uns das Altern überfällt. Im mer gehr es leise, behutsam, zuweilen mit erheblichen Zwischenpausen. Und , ' wir werden dieses Tempo ohne weiteres degreiftn, wenn wir uns klarmachen, daß all das leise Nqchlassen, diese noch Nicht Schmerzen zu nennenden Beschwer, den, diese erhöhte Reizbarkeit keineswegs die Ursachen des Alterns, sondern die Foiqen der wahren Ursachen sind. Um Sie physiologischen Vorgänge im Innern eines Körpers in ihrer Trag ' weite und ihren Wirkungen richtig der ;. stehen itc können, ist es von Wichtigkeit, sich st darüber einen Begriff zu bilden. :' was denn der .Körper" überhaupt ist, t Wenn wir an einen Biologen diese Frage . stellen, so wird er sie am besten beant ': Worten, wenn er sagt: .Jeder lebendige ': Körper ist wenn nicht Einzeller aus Zellen . zusammengesetzt, alsO' ein Jellenstaetl' In ausführlicher Beschrei. bugg bedeutet das, daß er aus einer Viel heit jener winzigen Lebewesen besteht. : die sich unter größter gegenseitiger Auf ovscrunq zusammengeschlossen taben, die alle miteinander arbeiten und darum auch die völlige Sicherheit haben, durch diese gemeinsame, auss geeignetste rage teilte Arbeit ernährt, gewärmt, fortge Pflanzt und mit Mußeftungen versorgt , zu werde ganz genau in dem Maße, wie eS zcdem einzelnen von rhnen am zu träglichsten ist. Viele von ihnen haben sich sogar, um ihr Funktionen aufs beste erfüllen z tonnen, in ihrer ursprunglich kugelige Gestalt völlig verändert. Die ZInochenMen lernten. Kalt und UZHos- phate einzulagern, die Bindegewebe schlösse sich zu kaum zerreißbar zähe tzsträngen oder Häuten zusammen, die roten Biukioiperch'n übernahmen den Sauersicfstransport durch den ganzen : ilorö, die ZeLen der Berdauuna-appa rate betätigten sich durch Ausscheidung smarser .und zersetzender Sekrete kurz, die Funktwnsform trat, wie über all auf der ganzen Erde und im ganzen Kosmos, auch beim menschlichen Körper in, ihre Rechte. Aus 5,000,000,000 sei ; eher fleißiger, kleiner, höchst geschickter Arbeiter baut sich unser Zellenstaat im , Durchschnitt auf, und man wird an die ; ser ungeheuren Zahl am ehesten eilen rieN, welcher bis ins kleinste gehenden Organisation und Fügsamkeit es bedarf, nicht nur die zur Erhaltung des Lebens ; nötigen Arbeiten, sondern auch noch an der auszuführen, was der Mensch, das Tier und die Pflanze ihrem Körper an : Sonderleistungen außerdem zumuten. Physiologie die Erkenntnis der I Lebensverrichtungen ist eine relativ junge Wissenschaft und darum in man chem noch auf Schlüsse und Hypothesen angewiesen. Es ist also von eminenter , Wichtigkeit für diese uns doch am nach sten betreffende .Lebenswissenschaft', ' fccjj c ".e Gesetze des Lebenden auch für , den Menschen gelten und also Vorgänge, . die in seinem überaus komplizierten Aufbau 11 studieren, sehr schwierig sind, an einem geeigneteren Objekt beobachtet - werden. Da es nahe lag, griff man zum infachsten, zur Amöbe, bei der sich das ? alles in kürzester Zeit und in den prlmi tivsten Formen vollzieht ': ' da sie wie eine ferne und ganz vergessene Urahne zu unterst aus - der Leiter unserer Menschwerdung steht. Unkompliziert, wie alle ihre Lebens Vorgänge, ist auch ihr- Altern. Das formlose, zerfließende Plasmakörperchen ! wird langsam von Körnchen beschwert. E'kr:tkörvchen nennt man sie, denn sie . sind sich aufhäufende und nicht mehr . ausscheidbau letzte Reste des Stoffwech ; sels. Diese Körnchen nun bedrohen ihre ' Existenz, sie beenden ihr Dasein als selbständiges Individuum. Denn nur dadurch daß zwei - ihrer Gattung zu einem Geschöpf zusammenstießen, ver mögen sie sich dem Tode zu .entziehen. In der dicken Haut, aus der die neue, junge Amöbe nach kurz:m Ruhesiadium schlüpft, läßt sie alle jene Altersbeschwer den zurück. ... - Man sieht, der einfache Organismus weiß sich mit einfachen Mitteln zu hel fen. Was aber tut un.der durch un zählige Komplikationen und Sonderan Passungen schwerfällig gewordene, starr in sich verfestigte Menschenkorper? Er kann nicht mit seinem Bruder zu einem neuen und jungen Nachfolger seines eigenen Ichs zusammenslichen, obgleich auch für ihn in gewissem Sinn die be Lngstigende Frage jener. Lcbe'nsschlacken besteht, die sich allgemach in allen Zellen ansammeln und sie in ihrer Tätigkeit be hindern. Sie haben ganz den gleichen . Ursprung wie in der Amöbe, denn auch sie rühren von den letzte Resten 'nicht, abtrank rtierter Stosswcchselausschei düngen her. Man hat sie mikroskopisch untersucht und gefunden, daß unter ih rin Verbindungen von Kalk und Hirn sizure. Phosphate und bergt, sich besin den. die den chemischen Kräften des Kör teil unlösbar geworden sind. ' Da sich. , x Vschzndknsem nicht mehr bezweifeln , der Wenjch? läßt, ist es keine Frage mehr, daß sie eben auch überall störend wirken müssen. Bei allen Krankheiten und Äerletzuu gen wissen wir. daß der Körper sich nach Möglichkeit selbst zu helfen und zu hei l.n. d. h., den früheren Zustand der un gestörte. Funktionen wieder herzustellen versucht. ES ist also durchaus wahr scheinlich, daß er sich auch dem Alter nicht völlig kampflos ergibt. Man hat nun übn diese Selbsthilfe des Körpers allerha-.d geistreiche Hypothesen aufge stellt, von denen eine so sehr das Ge präge folgerichtiger Logik besitzt, daß sie dem gefetzmäßigen Ablauf wohl am nächsten komme dürfte. Diese Hypo th:se ru.i sagt folgendes: Zu dn Funktionen des menschlichen Blutes gehört nicht nur die Sauerstoff Versorgung dcS Körpers, sondern auch der S ' gegen Feinde, sowohl im Jn neren befindliche, als von außen einge drungene. Es ist bekannt, daß diese yocyil wicynge Tätigkeit von den. sog. weißen Blutkörperchen, den Leukozyten, ausgeübt wird, die zu diesem Zweck nicht nur mit freier Beweglichkeit nach Art der ihne.. zum Verwechseln ähnlichen Amöben ausgestattet sind, sondern auch verschiedene Gifte auszuscheiden ver mögen. Ein Teil dieser Leukozyten nun hat seine Tätigkeit insofern geän dert, als diese Freßzellen (Phagozy ten) genannten Zellen sich auf jeden Eindringling stürzen md ihn. bei nur halbwegs entsprechender Größe, über wältigen und verzehren. Beim gesun den Körper trete sie zwar nur dann in Menge auf. wen infolge einer außer ordentlichen Ursache eine Organgruppe innerhalb des Körpers abgebaut werden muß. da ihr Fortbestehen sonst für die ganze Gemeinschaft schädlich wäre, im alternden Organismus jedoch ver mehren sie sich auch ohne jeden derart! gen Grund auffallend stark. Auch ihre Tätigkeit hat sich geändert, den nun vertilgen sie ausschließlich solche Zellen, welche ganz besonders mit Altersschlak ken erfüllt sind und deshalb ihre Funk iion ganz oder fast völlig eingestellt da ben. ts geschieht also eigentlich nichts anderes, als was bei manchen wilden, Volksstämmen Brauch ist und in seiner seltsame Parallele nachdenklich stim men mag: iCie Nachkommen toten die bejahrten arbeitsunfähig , gewordenen Eltern, damit sie dem Stamm nicht zur Last fallen. Im Aeußeren des Körpers macht sich dieser Uamtf um die Erhaltung des Daseins an mancherlei Symptomen bald bemerkbar. Das erste Zeichen ist das so unbeliebte Ergrauen des Haares, das davon Zerrührt, daß die Phagozytcn die Forbstoffzellen des Haares auffressen und die einzelnen hohlen Haarröhrche daS Licht zurückwerfen, also silberig oder weiß erscheinen. Auch die Haut des alternden .Menschen verändert sich. Sie wird farbloser, spröder, in hohem Alt fr dapierdünn. Auch dies ist mit ine Folge der Tätigkeit jener Freß Zellen, die in diesen von den feinsten Aederchen durchzogenen Geweben natur gemäß besonders viele schlackenbeladene Zellen finden müssen, da niemals ein stark Blutstrom jene Stoffwechsel teste von dort fortspülen sonnte. Die trockene Sprödigkeit rührt davon her. daß das abgelagerte Fett ausgcbraucht wird irnd keine neuen Speichcrungcn in folge weniger intensiver Verdauung mehr stattfinden. Ueberdies haben die Vha gozyten besonders in jenen Organen, wo sich die höchst komplizierten Stoff wechselöorgänge selbst abspielen, ein be sonders umfangreiches Arbeitsfeld, so vor allem in der Leber und den unend lich zarte Gefäßen der Niere. Es gibt also sehr leicht sich .steigernde Störun gen dieser Funktionen, weil die übrig bleibenden Zellen dauernd mit Arbeit überlastet sind. Den. das ist daS eigentlich Be Kübliche! Der alternde Organismus vermag keinen genügenden Hellennach wuchs mehr zu produzieren. Sein Be streben ist vor allem, den vorhandenen Besitz festzuhalten. Aber man sieht, auch das Vorhandene ist in stetem Ab nehmen begriffen etnem bnekmen. das allerdings Jahre und Jahrzehnte lang oyne Beiqwerden andauern kann Am meisten bedroht sind freilich die Leistungen des Gehirns. Sie leiden un ter einer gewissen natürlicken Er "m$ der Ganglien, die ja die ein zigen tutn des Wcnfchen sind, welche so alt nerden wie er selbst, da sie sich im Geaensad zu den übriaen nicbt tei len und ..ur unter ganz besonderen Ver yaiinisien bei Aerictzungen sich neu bll den. jiele Zsarbltoffe. die sicb ein Le ben lang im Gehirn ablagerten, werden durch die Phagozyten sortgeschasst. Schlimmer jedoch ist, daß die Lücken durch derbes Bindegewebe überwuchert werden, das auch die Hirnrinde selbst mehr oder weniaer verstört. Meiiebni koff gibt an, daß sogar die Ganglien selbst .usgefressen werden können, und wenn dies auch nur selten angenommen werden darf, fr müssen schon, die übn gen Zeranderungen eine Beeintrachn gung des Denkprozesses nach sich ziehen. Gedäibwissckwäcke. abnorme Ermüd barkeit, Lernunfähigkit sind die Folgen solcher Beeinträchtigungen, die sich in schweren Fällen zu gänzlicher, kindi scher Lltersverblödung steigern können. Vielleicht spielen sich in dem Gehirn nes Greises Dramen ab. wie die Ke, Kirnte der Menscbbeit sie nur von der Ausrottung einst mächtiger Völker kennt vieucikyt vollzieht pch dicftZ Ab,n ken. in stumpf und gleichgültiger Apa lyze wir willen es nicht: Nur eine Holet der Alter sersSeinun gen noch kennen wir, weil sie auch am kuertisÄ unseren unaeduldia sväben den BLckcn sich noch darbietet. Nicht nur im Gehirn wuchert und entwickelt s!li Zems derbe Bindegewebe. Ueberall. wo Allen ausgetilgt wurden, findet es sich als Stütze ein. In der Haut, in twn N7'.,S?,sn in dti yjpTbntiiinnSnrfin Zen sogar di Sinneszcllen werden te;l i k.V... V,.. L ' twci i vuuuiiy MltiW uu Theodor Fontäne. Es gibt Dichter, von denen, obwohl sie bei Lebzeiten sehr unsterblich sind, das hübsche französische Wort gilt: .Wenn man tot ist. ist man es für lange," und andere, die erst nach ihrem Tod so recht zum Leben erwachen. Zu dieser zwei ten. besseren Gattung zahlt Jonta-e, drssen hundertster Geburtstag in Berlin eine Reihe großartiger Ehrungen ent fesselt hat, die sich der unfeicrliche alte Herr, wenn er noch reden könnte, wahr scheinlich mit aufgehobenen Händen ver beten hätte. Hatte er doch von feiner eigenen Unsterblichkeit nur eine geringe Meinung, wie aus seiner verbrieften Aeußerung hervorgeht, daß er durchaus dem neunzehnten Jahrhundert angehöre und daß kaum etwa! von ihm ins zwan zigste sich hinüberretten werde, ein paar Gedichte allensalls ausgenommen. Ion Throdor tane hatte ein gutes Urteil, auch über sich, was, wenn auch selten, sogar bei Dichter vorkommt, aber in diesem Punkte irrte er sich offenbar gründlich. Nicht als ob seine schönen Gedichte 0 ssessen wären; manche von ihnen sind Tu der Tat unvergeßlich. Aber Fontäne könnte sie geschrieben haben und sie könn, ten in den Anthologien stehen, dicht bei denjenigen von Liliencron. mit denen sie die balladeske Gebarve und den cheöaleresken Tonsall gemein hiben, ohne daß dem Namen Fontäne heute mehr als ei sozusagen museale Bedeutupg zukäme. Was den eigentlichen köstlichen Inhalt dieses Namens ausmacht, ist viel mehr, und gerade unter dem Gesichts Winkel des zwanzigsten Jahrhunderts, übt der Feiertag seiner Wersdichtung, sonder der Wochentag seiner Prosa, den mit zunehmenden Jahren immer mehr der Zauberglanz einer lostbaren Persönlichkeit überstrahlt. Nicht der Rsmcmtiker, fondern der Romanoichter Fontcme hat den Wandel der Zeiten liberlsdt und hat ihn überlebt, gerade weil er unromantisch, zeitgebunden und wie man zu FontaneS Zeiten sagte .realiftifch" ist. Das. was er selbst für sein sterblichstes Teil hielt, hat sich, wie so oft. alS fein unsterblichstes ermie sen. Freilich, wenn mau den Verfasser von Effi Briest'. dieses jungen Buches. daS er als Siebziger schrieb, und des die! leicbt noch bedkutenderen .Stechlin'. einen Romandichtcr nennt, so spürt man. daß man von seiner eigentümlichen We sensart mit dieser Bezeichnung nicht ganz gerecht wird. . Fontane in eine Tradition eingliedern zu wollen, die mit .Wilhelm Meister' anfängt urti über Jean Paul und den .Grünen Heinrich' bis ja wohin? führt, wäre eben so vermessen als ungerecht. Anderseris hat er nichts zu tun mit jenen Roman schreibern, die auf mehr oder minder ge schickte Art das UnterhaltungsSedürfnis des Publikums befriedigen, indem sie, mit dem Rücken g'gen das Leben, ihre immer schon einmal erfundenen Ernn dünge in Bewegung setzen. Zwischen diesen Schreibern und jenen Dichtern glbt es ti Mittelding, für das man im Deutsche um einen Ausdruck verlegen ist. Im Französischen heißt man es Fkomancier', und das ist Fontane im Grunde: ja, man könnte von ihm sagen, und es macht vielleicht feine bleibende literarische Bedeutung aus, daß er. auch der Zeit nach, der erste deutsche Ro mancier ist. Seine französische Ab kunft, der Tropfen gallischen . Blutes, der in seinem Wesen kreist, mag mitge halfen haben, eine Gattung zu zeitigen, die mehr französisch als deutsch, jeden falls zu amüsant ist, um rein deutsch zu sein. Foniane ist ja. ebenso wie sein engerer Landsmann Chamisso. mit dem er manche Ähnlichkeit hat. seiner Ab ftammung nach Franzose, ja noch etwas mehr als Franzose: Gaskogner. Sein Vater stammte aus dieser wortreichen Gegend, auch seine Mutter war keine Körper trotzdem so wenig elastisch ist, l', t an der zunehmenden Mineralsub stanz der Knochen, die dadurch spröde und brüchig werden, und in der Verhär tung aller Knorpeln. So krbt der menschliche Staatsorgan nismuS langsam ab, und lange vor sei nem .ode sind gewisse. Organgruppen, wie die Fortpflanzunsszellen, schon völ kig aller Tätigkeit biraubt. Nur ein Scheinleben führt des greisenhafte Kör Per eis?ntlich noch, und die widerwillig juno leicht erschöpfte Arbeit feinet Zel lzn macht sich überall unliebsam be merkbar. Es ist fast, al bereiteten sie sich in 'ehr hohem Alter bereits auf je nen Zustand tiefster Ruhe vor, hinter dem für sie in tausendfach veränderter Gestalt tröstlich, und .lockend wiederum der Kreislauf des ewigen Lebens steht. ' K V'T WZ 7fr?N?v . , krl :V kt I iil Von Nasul Auernheimer. Deutsche. Er selbst hat Frankreich zwar Im Llute, aber äußerlich mit dem sran zösischen Boden nur wenig Berührungen gehabt, von einer kurzen Kriegsgefan genfchaft im Iah 1870 abgesehen, in deren Verlauf er seine etwa schwanke Kenntnis des Französischen befestigte. Sßhl näher steht ihm England, wo auch der plauderhafte GefellschaftZroman, wie ihn Fontane schreibt, recht eigent lich zu Hause ist. Nur kommt bei den englischen Romanen ein Schuß von der ber Abenteuerlichkeit hinzu, an dessen Stelle bei Fontane ein die Romantik auslösender Skeptizismus tritt. Seine romantischen Frauengestalten, die, zu amourös für ihre norddeutsche Umge bung veranlagt) in der Liebe Schiffbruch leiden, bestätigen dies; sie gehen, ob sie nun .lZffi Briest' oder .Cecilc' heißen. Fsntilne. auf eine traurig: Art zugrunde, was man auch symbolisch werten kann. Und eine nicht minder symbolische Bedcu tung hat es. wenn der junge Stechlin, zwiichen der romantischen Melusine und ihrer stilleren, deutscheren Schwester Armgard schwankend, schließlich doch die stille Armgard heimführt. Freilich, die ser Entscheidung geht ein längerer Kampf voraus, und dieser Kamps ist eben der Roman. Auch Fontane , hat gekämpst, bevor er auf dem Umivcg über die Fremde als Dichter heimfand. Ein Sprößling der französischen Kolonie in Neu-Ruppin, war er in jüngeren Jahren Apotheker wie Ibsen, mit vem er im übrigen un ter allen Dichtern am wenigsten Aehn lichkeit hat, machte Gedichte, wie so viele Apotheker, heiratete uns ging zu An fang der fünfziger Jahre, als. wie wir heute sagen würden: Preffeattachs nach England, wo ihm in jedem Betracht recht eigentlich erst die Augen aufgin gen. Es gibt da in feinen Briefen, die Überhaupt den Humus bilden, us dem dann später feine Romane wachsen, eine Stelle, worin der junge Publizist Fon tane sein Verhältnis zur Politik aus spricht: sie sei ihm, sagt er, immer eine Art Schutzmittel gewesen gegen die ihm unleidliche Überschätzung der Kunst auf Kosten des Lebens. Und er fügt die für sein ganzes späteres Dasein rich tunggebenden Worte hinzu: .Hr (in London) habe ich nun das Leben; die Dinge selbst, nicht mehr bloß ihre Be, schreibung. Ihr Zeitungsschatten tritt an mich heran, und jede Stunde belehrt den armen Balladcmacher. daß jenseits des Berges auch Leute wohnen." Diese Erkenntnis einmal gewonnen, strebt immer entschlossener hinaus aus dem bloß ästhetischen Zirkel deS schöoßeiftigen Kuglerschen Hauses in Berlin, wo er, als Balladcnmacher", neben dem Wun derknaben Paul Heyse und dem Lyriker Theodor Storm eine Zeitlang bescheiden, geglänzt bat. Er kennzeichnete später die Atmosphäre dieses Hauses, dem er nichtsdestoweniger einen nicht geringen Teil seiner poetischen Bildung schulvig geworden sein mag. mit den Worten: Der ganze Kreis verwechselte mehr oder minder die Fähigkeit, gute Verse zu machen, mit der Fähigkeit überhaupt. Ich habe bei Kuglcrs vornehme und ausgezeichnete Leute wie halbe Escl be Hanseln sehen, bloß weil sie das Kunst blatt nicht hielten, .Dedorah' ein gutes Stück nannten und die .Hermen' son Heyse noch nicht gelesen hatten." Er begreift, daß es mit den schwindsüchti gen Preistragödien seiner Freunde, ob sie nun Romulus" oder .Herodes' oder wie immer heißen, nicht getan ist. und daß man dort wieder anknüpfen müsse, wo alle wahre Poesie entspringt, beim wirklichen Leben. Aber er erkennt zu gleich auch, daß diese Wirklichkeit, für ihn zumindest, nicht die Enge der deut schen Provinz sein könne, er überwin der endgültig, was er, im abfälligen Sinn, das .Theodor Stormsche' nennt: den .Wahn, daß Husum oder Heiligen siadt ooer. meiner Großmutter alter Uhr kästen die Welt sei", und mit dieser Einsicht ist dann der Romandichter Fon tane. wie er sich dreißig Jahre später offenbart, innerlich bereits gegründet. Wir verdanken ihn England, der falz haltigcn Brise, die dort drüben dem jungen Zcitungkschreiber erfrischend um die Ohren wehte, nicht minder als der geistigeren, aber auch stilleren Atmo fphäre der Berliner Gesellschaft, die er in seinen Büchern abmalt. Aber nicht nur seine Weltweite schul iet der Fontanesche Roman dem Sin fluß des britischen KlimaS, auch die sub stantielle. mit Wirklichkeit gesättigte Darstellung, durch die er gestaltend das von ihm angeschaute Stück Welt wieder gibt, ist englisch. Welt ist dabei ebenso im deutschen Sinne zu verstehen wie im französischen, wo mooäs gleichbedeutend Nh, nu mit Gesellschaft ist. gast alle Romane Fontanes, feine besten voran, spielen in der Gesellschaft, sie alle haben, was deutsch Romane so selten haben: Welt, und zwar keine angemaßte, sondern eine erlebte. Was schon Lichtenberg in einer reizenden Hyperbel .Ueber den deutschen Roman' seinen Landsleuten zum Vor wurf und wofür er witzig die Konstruk tion der deutschen Postkutschen veranl wortlich macht, die einen zwanglosen Verkehr der beiden Geschlechter im Ge gensatz zu den englischen ausschließen, das kommt in der auf freieren aristokra tischen Lebensformen aufgebauten Fon tanefchen Gesellschaft als Hindernis nicht in Betracht. Da werden, nach eng lischem Muster, galante Ausflüge und Landpartien unternommen. Spazi'k ritte zu zweien, die Damen laden ihre Herren, mitunter auch nur einen Herrn, zu sich in die Loge, und die Ehemänner sind oft genug im Klub, während ih Frauen abends zu Haufe Besuche m vfangen. Da wird aber auch, gleich, falls wieder im englischen Geiste, der Liebe kein größerer Spielraum einge weiht, als ihr vernünftigerweise zu kommt, der Verkehr der Geschlechter ist ein vorzugsweise kameradschaftlicher, die Leidenschaft ein dünner, roter Faden, der im Gewebe des Romans Zwischen vielen anderen hinlauft und oft genug verschwindet. Es wird in den Roma nen dieses norddeutschen Erzählers zu mindest ebensoviel vom Essen gesprochen wie von der Liebe, vielleicht rochr; und wenn davon gesprochen wird, so ist es fast nie die sinnliche Seite der Angele gcnhcit, sondern es sind ihre seelischen und gesellschaftlichen Komplikationen, die zur Erörterung gelangen. Dieser Mangel an Sinnlichkeit oder, wie, Fon tane sagt, an .Zärtlichkeit', mag auch der tiefere Grund sein, wekhalb dieser Frauenlob, der seine Heldinnen in den riskantesten Situationen so ritterlich zu verteidigen weiß und der fast immer dem Manne die Schuld zumißt, bei, der weiblichen Kundschaft der Leihbiblio thcken und Buchtiandlungcn Verhältnis mäßig weniger Anwert genießt als bei der männlichen. Zumindest gilt dies für Wien, wy er überhaupt erst in den letzt Jahren etwas stärker gelesen wird. Die Berlinerinnen d:nken über diesen Punkt offenbar verschieden, dort ist Fontäne ein richtiger Damenantor. während er in Wien mehr Anhänger unter den männlichen Lesern hat. Wer Lust und Zeit hat, mag daraus die be liebten völkerpsycholog'ischcn Schlüsse ziehen, Solcherart aus englischen Einflüssen heraus entstanden und auch in seiner Technik mehr an ' den Roman von Dickens oder Thackcray als an denjeni gen GoetheS erinnernd, ist Fontäne doch durchaus deutsch. Er hat sich das Aus land assimiliert. . nicht aber sich dem Ausland. Er anglisiert nicht und wenn er auch als alter Herr einen schottischen Schal über die Schulter warf, wenn er iu Berlin spazieren ging taglich den selben Weg. an eine, Blumenhandlung und einem Carggeschäft vorbei, was sehr sontancsch ist so zigt er sich doch nirgends von dein englischen Vor bild abhängig und sein Stil ist frei von Anglizismus wie von den zu seiner Zeit so beliebten Gallizismen. Er kennt eben England wirklich, er hat es in sich uitd braucht darum mit seinen Kenntnissen nicht zu protzen, wie dies eine geringere Persönlichkeit in seiner Lage täte. Es geht ihm in diesem Belang wie feinem balbenglischen Kutscher. Mr. Robinson, den er in einem seiner Romane humo ristisch einführt. Dieser Mr. Robin son. der jahrelang bei itt Botschaft in London war. hat einen Berliner Freund, gleichfalls Kutscher, der zu England nur gerochen hat und eben darum voll da von ist. So oft er mit Mr. Robinson zusammentrifft, bemitht er sich, Eng lisch mit ihm zu reden. Aber Mr. Ro binson antwortet ihm deutsch, gerade weil er wirklich in England, war und sich den Beweis ersparen kann. ... Fontane war auch Journalist, und sein Bild wäre unvollständig, wenn mir. diesen Zug nicht ausdrücklich verwert' wollte. In seiner Jugend schrieb er. a,,s London heimgekehrt, den .cnalisckn Artikel' sür.die .Kreuzzeitung', später . oicnie er einem Berliner Blatt ils Theaierkritiker. In dieser Stellung schlug er sich, als die große literarische Revolution zu Ende der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts losbrach, ge herzt auf die Seite der jungen Revolu tionäre und war einer der ersten, die Gerhart Hauptmann gelten ließen. Er rühmte die .Weber", die er sogleich ein .Prachtstück der deutschen Literatur' nannte, was ihn aber nicht hinderte, ein paar Jahre später über desselben Dich tcrs .Florian Gcycr' zu schreiben: .Zwanzig Nuancierungen in Ritterblech sind nur ein Ameisenhaufen, aber ein Ameisenhaufen ist amüsanter." Eine eigenwüchsige Persönlichkeit, die er war und blieb, ließ er sich sein Urteil nicht abkaufen und machte sich von allen Par teien unabhängig, auch von derjenigen, der er angehörte. .Ich kenne nichts OedcreS als Pa'.tei. Partei!', war sein politisches Glaubensbekenntnis und blieb auch sein ästhetisches. Diese absolute Vorurteilslosigkeit, die auch seine Ro mane auszeichnet, dieser Mangel an Ccheukleppxn, mit denen der brave Par teigaul im Geschirr geht, ließ ihn in jungen Jahren zum Journalismus ob schwenken und machte dreißig Jahre spä ter' den Journalisten zum Künstler. Uebrigenö bleibt er auch als Roman dichter ein qut Teil Journolist. Er schildert nur. was er gesehen hat. er do kumentiert sich an der Wirklichkeit, und wenn er beispielsweise eine Erzählung in Thale im Harz spielen läßt, so nimmt er gewissenhaft vorher seinen Sommer aufenthalt in Thale. Auch seine geistreiche Plauderspracht ist .feuilleto nistisch', wie diejenigen mit Gering schätzung zu sagen pflegen, die ei Feuilleton nicht schreiben können. Fon tane war auch darin Meister, w!t seine Das geistige Hirol. vsn Maz MillenksvIch'Alsrsld. Wen der österreichische Vokkkcharak ker, wenn österreichische Kunst, öfter reichischcs Geistesleben genannt und ge priesen wurden, so war wohl immer DeutschLsterreich gemeint: die besondere seelische Anlage, künstlerische Begabung und geistige Schöpferkrast in den vster reichischen Erblanden, von wo uS nicht nur die politische Bildung Sroßöster ichs, sondern auch die Befruchtung der in diesem Reiche geeinten Lander und Völker mit deutschem Geiste, deutscher Kultur vor sich gegangen ist. Damit also, daß Deutschösterreich In Hinkunft nur mehr Oesterreich heißen soll, hat sich auf unpolitischem Gebiete kaum etwkis geändert. KleinSsterreich war vor Groß Österreich und österreichisches Wesen war stets deutsches Wesen. Nur au dem nicht mmtt klaren Bewußtsein ihrer deutschen Herkunft und Ihrer Zu gehörigkcit zum deutschen Volke konnten so diele Deutichösterreicher mit der größ te Unbefangenheit erklären, sie seien bloß Oesterreicher, keine Deutschen. Die Ausschließung hatte nur politische Gel tung. Geistig und kulturell waren, sind und bleiben wir deutsch. Um so nötiger ist es aber auch, alle deutschen Oesterreicher in den Begriff deS OesterreichertumS inzubeziehen und die engen Grenzen unseres Vaterlandes nicht noch durch einen leichtfertigen Sprachgebrauch oder eine falsche AuS legung wirklich zu verkleinern. DaS Wort Oesterreich" hat Nämlich auch einen minder guten Beigeschmack. Vom Oesterreicher wird auch gesagt, er sei bei allen blendenden Vorzügen .seine? Wesens doch zu weich und bequem, zu harmlos-lebenslustig und, wenn er Ernst zeigen will, gefühlsselig bis zur Gefühlsduselei; von der österreichischen Kunst, sie sei weich, sinnlich, sarbenfroh. unplaflisch, ohne festes Rückgrat, wie der österreichische Mensch. Diese Kenn Zeichnung, die zu dem beliebten Gegen satze Preuße Oesterreicher geführt hat. mag auf Wien und selbst einen Teil der Alpenläyder Passen; auf Tiroler Art und Kunst paßt sie gewif nicht. In Tirol war von je deutscher Sinn und deutsche Kraft kernhaft-plaftisch verlor pert. Tirol gehört aber auch aufs engste und innigste zu Oesterreich; ja, der Ruhm .Oesterreichs ist nicht am wenig sten durch Tirol in alle Welt getragen worden. So müßte denn von Rechts wegen auch etwas tirvlisch Kräftiges in dem Gesamtbegriff .österreichisch' lie gen. Daß der Oesterreicher so viel wahren Ernst und echte Tiefe aufbringt die Geschichte des Tiroler HcldenvolkeS und das beweist dessen geistiges Schaf fen, worin sich die Ziroler Seele am klarsten spiegelt. Niemand wird "baS Sinnliche lind Fsrbensrohe in den blut und glutsol Un Gedichten Hermann Gilms, nie nwrnd das Weiche, Sehnsüchtige, unend lich Zarte in den Briefen Adolf Pich, lerö an Kormlie Schuler verkenn dür fe. So weit deckt sich die Eigenart der Seiden größten Tiroler Dichter mit der gangbaren Auffassung vom Oester reichertum. Aber z gibt auch kaum eine männlichere Poesie als die Pichlerö und Gilms, sowogl was die in ihr her vortretende Gesinnung als waS daS eigentlich Poetische betrifft. Vor allem in der Gesinnung offenbart sich jener beilige Ernst, den man sonst dem Oester reicher gern abspricht. Der Tiroler als Volk ist fromm und gläubig; aber nicht wenige der bedeutendsten Tiroler zählen zu den leidenschaftlichen Verfechtern der Glaubensfreiheit. Das ist kein Wider fpruch.-sondern beides entspringt dersel den Wurzel: auch der protestantische Geist GilmS und Pichle, wie etwa heute SchönherrS und KranewitterS, ist Frommheit, religiöse Ueberzeugung; der Tiroler nimmt hohe und wichtige Dinge schwer und wuchtig, ein feiges Sich drücken, in Ironisches Sichabfinden ist ihm gänzlich fremd, auch am Gegner .Wanderungen durch die Mark' dartun. Und such diese .Wanderungen' deS auZ England Zurückgekehrten sind jour nalistische Vorstudien zu seinen späteren Romanen, die fast ausnahmslos in mär kifchem Grund wurzeln. So können auck die Zcitungsleut an dem feinen alten Herrn ihre Freude haben, bei dem die vom Klüngel abgewandte freie jour nalistische Anschauung, daß .hinter dem Berg auch Leute wohnen', ausnahmS weise einem von der eigenen Gilde zu statten kommt. Für gewöhnlich macht ja der Journalist nur die anderen, die ihm dafür den Dank meist schuldig bleiben, unsterblich: im Falle Foniane hat er. wie wir dankbar anerkennen müssen,' in behaglichem Wachstum einen Dichter ge zeitigt. Dem Sechziger, dem Siebziger erst erblühen seine schönsten Romane, die noch heute im Flor stehen, wie der spat blühende KaktuS, dessen Blüte zwischen tausend spiden Stacheln sich langsam erschließt und die doch, erschlossen, um nicht! weniger liebNch zu schaue ist alZ die von jeher poetische Rose. Die Kriegsverluste der Hliljnerwelt. Nach den Berechnungen eines Sachoer ständigen gibt eS gegenwärtig in Europa ISO Millionen Hühner weniger alt tm Jahre im Die .Hühnerbevölkrung' von Belgien ist um 80 Prozent derrtn gert worden, die von Holland um 75 Prozent, die von Dänemark und Frank reich um 50 Prozent. In England lie gen die Verhältnisse günstiger, da nur 10 Prozent feiner Hühner durch den Krieg verloren hat. Ade, auch hier Ist fcil Eiernot groß, denn England im vortierte vor dem Kriege S1.3 Prozent seiner Hühner auS Rußland und Oester ich'Ungarn und 60 Prozent seiner Eier aul Rußland, Deutschland und Oester reichUngarn. Auch in diese Länder ist die Hühnerzahl s heruntergegcmge, daß an keine Ausfuhr mehr ,u denken ist. Während England 1313 5200 Mllione Eier verzehrte, mußte e sich im Jahr 1918 mit 2G00 Million Eiern begnügen. fordert und achiet er yeberzeugungS' treue und Lekennemut, Und da dieser sittliche Ernst, diese Ganzheit sich stetS auch auf den sprachlichen Ausdruck und die künstlerische Form erstreckt, so sind lZleisteskämvfe i Tirol oft in hinreißen des Cchauspitl. Die .Begabung' laßt sich da von der Gesinnung und Gesittung gar nicht trennen. Sie ist nicht bloß Talent wie sonst häufig beim Oester, reicher, sondern sie erwächst auS dem Charakter. Ter lyrische Schwung twa, der die Gedichte des .Heiden' Artur Wallpach wie nicht minder jene des ka tholifchen Geistlichen Bruder Willrain auszeichnet, ist in beiden Fällen nur das letzte Wort, da feinste und höchste AuS drucksmittel flammenler Begeisterung und glühender Erkenntnis. Sa muß es ja immer sein in der großen Kunst und 'hierauf beruht dS Große der Tiroler Dichtung, das sich auch in den kleineren Schöpfungen ganz schlichter Männer stets noch irgendwie verspüren läßt, wie nur irgendein Deutscher, da! beweist Dieser Ernst, diese Sachlichkeit, diese Reinheit der Mittel, diese Freibleiben von allem Virtuosentum adelt auch die Tiroler Malerei. Was bei Kranewit ter und bei Schönherr als Holzschnitt manier bezeichnet wurde, daö ist bei Al bin Egger-Lienz zum wuchtig erhabenen malerischen Stil geworden. Auch der viel zu früh verstorbene Albert Platt ncr. dessen Vater Franz Platiner von Cornelius und Führich unterwiesen wurde, hat in den letzten Jahren seine fruchtbaren Lebens einen sehr bemer kcnswertcn, aus dem Idyllischen in Er habene strebenden Stil gesunden, worin er sich mit Cornelius und Führich. mit Egger-Lienz und Hobler und mit dem Geiste der Tiroler Landschaft auf ganz persönliche Art berührt. Alle diese Ma lcr und Dichter sind in ihrer Jugend den Eindrücken der Welt und der Kunst willig entgegengekommen; sie haben den Geboten derEntmicklung gehorcht, haben die Schlagworte der Zeit, die Lockrufe des Tages vernommen; sie waren Rca listen und Impressionisten. Doch ehe sie in. der Zeit aufgingen, ehe sie mo dische Berühmtheiten. Lieblinge deS Publikums, eitle Virtuosen wurden, reckte sich der Tiroler, der Sohn der Berge in ihnen empor und wurde hart und rauh und schuf eine herbe, aber große, ins Ewige weisende Kunst. Vielleicht hängt es mit der Wortkarg heit lind Verschlossenheit, der seelischen Schamhaftigkcit des Tirolers zusammen, daß er in der redseligsten und offen herzigsten Kunst, in der Tonkunst, bis her verhältnismäßig am wenigsten Un vergleichliches zu Tage förderte. Doch Ernst, Gewissenhaftigkeit, lauteres Streben, ein Ringen um das Rechte und Wahre wird man in dem Epigonentum und Eklektizismus der Tiroler Musiker überall wahrnehmen. Sind einzelne Leistungen der Tiroler auf vielen und verschiedenartigen künstlerischen und wis senschaftlichen Gebieten unbedingt den Höchstleistungen deutscher Geistesarbeit ' beizuzählen, so erfreut und beglückt aber auch der schier unübersehbare Reichtum an V!c?nnern und Könnern in Tirol, von denen ja nur ein Teil jetzt in der .Tiroler Woche' uitd demnächst in Ti roler Kunstausstellungen den Wiener Kunstfreunden näher gebracht wird. Und wie fast jeder Tiroler ein ganicr Mann und schon dadurch etwas wie ein Künst Ist und Dichter ist, indem er die eigene Persönlichkeit gestaltet, und wie das Ti roler Volk sich von je als Gesamtper sönlichkeit gefühlt und betätigt hat, so haben sich nun auch die Künstler Tirol', ohne Unterschied, der politischer, der ästhetischen .Richtung', zu einer Künst lerkammer vereinigt, die den Tiroler Kunstgeist bewußt pflegen und Versäum nisse des Staate und deS Landes in der Kunflförderung teils gutmachen, teils sür die Zukunft verhüten will. Hierin konnten und sollten die Tiroler von llen Oesterreichern nachgeahmt wer den, ohne Unterschied der Stammes igentümlichkeiten und landschaftlichen Besonderheiten. Möge eS eine bedeut same Anregung sein, daß die Tiroler Künstlerkammer jetzt in Wien tagt! Daß hier vor den Augen der Welt bekräftigt wird, daß die Tiroler Oesterreicher sind und daß dabei auch uns Wienern wieder einmal recht eindringlich zu Ge wüte geführt wird, waS deutsche Art und Kunst ist. Die letzte Enkelin W. v. Humboldts. Frau Konstanze von Heinz, geb. von Bülow, ist kürzlichauf ihrer Besitzung Schloß Tegel im Alter von 88 Jahren sonst ntschlasen. Konstanz von Heinz, die am 10. April 1832 zu London alZ die jüiigsi Tochter des damaligen preu ßischen Gesandten am englischen Hofe Baron Heinrich von Bülow und seiner Gemahlin Gabriele, der LieblingZtoch ter Wilhelm von Humboldts, geboren wurde, war ine treue Hüterin der Tra dition ihre! berühmte Geschlechts. Als solche machte sie sich verdient, indem sie ihre Tochter. Frau Anna von Sydom, zur Herausgabe des .Briefwechsels Wil Helm und Karoline Humboldts" mäch tigt. An ihrem achtzigsten Geburtstag und anläßlich der Jahrhundertfeier der Berliner Universität, an deren Gründung ihr Großvater so großen Anteil htte. wurde der jetzt Verstorbene hohe Eh rungen zuteil. Frau von Heinz war übrigen! vor einem Jahrzehnt mit der Stadt Berki in einen Streit über die Tegeler Inseln verwickelt, voch kam ei nach längeren Prozeßverhandlungen zj friedlichen Vergleichen. Ich habe gefunden, daß grade die beste Bücher die Sitten der Men schen am meiste verderben; denn sie wurden mir am häufigsten entliehe und nie zuriickcffgeden. Die .Schöne Literatur" mku Tage ist sowohl, was Ausstattung, wie wak Inhalt anbetrifft mnt allct andere als fchön. : I IV , : !. ' 'J.- .- .,-7..J. " "i-'JtilMvts '''. ,.,( 5-. .--Ä-' -rv . - 'iejj tat 5 - i . ,.. ti t i . f. ' - ' r V ' fr5! k.4fcA,4--- -, ,.-,; , A SfVA;rA k tJt.i. -,,,. - f -X. .-..W MM - -