Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, February 24, 1920, Image 6
T jij Der Sohn : J J Noman bett Panl Keller. ; ltMMlimMmHWMMWHmtil W, flfÄtsikunfl.) ' Da gewinnt Fritz Scholz seine Fassung wieder. .Das - das geht nicht. daS ist unmöglich. den nimmt ja die Lore nicht, und ich geb' sie ja auch nicht her. ich geb', sie nicht her, lieber wollte ich mit tot hungern " .Reden Sie nicht so! Der Lore wird bei dem Berthold wohler fein, als bei Ihnen!" .Aber tch Itcfce sie doch, r- ich Heb' sie ja so sehr , . Robert lacht rauh. TaZ hat man gesehen 1" .ES war ja bloß , augenbliMche Verwirrung Ratlosigkeit, ich geb' sie ja nicht aus, ich geb' sie vicht aus .Sie werden, eS müssen! -.Nein! Nein! Tausendmal nein! Und daS Kind! Mein Kind! Sie gehört doch zu mir!" ,. Ta werden Robert WintcrZ Züge mit' einem Male weicher. v .Ist es Ihnen um das Kind? fragte' er leise. .Ja! daS wahr?' . .Ja!" Eine Mnute lang stcht Robert Winter reguungZloö. Er kämpst den letzten Kampf. .Wollen Sie wollen Sie die Lore wirklich haben?" oh ,,! .Werden Sie gut mit ihr sein?' .Ja! Immer!" , Robert schweigt noch eine kurze Weile. Dann sagt er tonlos: .Sie ist hier in der Stadt bei Bekannten: Gartenstratze 15, Mi Kübner." Fritz Scholz springt auf. .Ich werde hingehen mit ihr reden." Robert winkte ihm ab. .Morgen! Morgm ist es zeitig genug ,. Dann steht er wieder in Gedan ken versunke und fragt endlich: , .Werden Sie bald heiraten?" .Ja. " Mena die Lsre will ?- bald!" .Es ist gut!" : Robert Winter greift in die Ta sche und legt einen Revolver auf den Tisch. ' .WaZ daS soll.' das?" .Den schenk' ich Ihnen als Hoch, zeitsgeschmk." Tie Blicke bohren sich ineinander. Mit Schaudern sieht Fritz Scholz den Gegner an, von dem er weiß, daß er wegen einer Gewalttat drei Jahre gefangen war.' Ton schenk ich Ihnen," wieder holt Robert Winter. Tann wendet er sich zur Tür. Aber er dreht noch einmal um. .Ich habe etwas vergessn zu s gen: Die Lore bekommt zwölftau send Mark!" : ' , Robert geht nach der Gartenstra ße zurück. Er bittet die alten Leute, ihn mit Lore auf ein paar Minu ten allein zu lasten. Mit gesenktem : Kopfe steht er vor dem Mädchen und mit leiser Stimme sagt er: 1 Sei nicht' mehr traurig, Lore, et wird dich heiraten. Ich war bei ihm. Morgen kommt er her und er heiratet dich bald. Und er tut's weil er dich liebt. Ich hab' es ausgeforscht. Von der, Mitgift hab' ich ihm erst zu allerletzt gesagt. Er heiratet dich bald." Sie starrt ihn an. Kein sonniges Leuchten geht über ihre Züge, kei ne Freude blitzt auf w ihren Au gen, Lore, wirft du nun ruhig und zufrieden fein?" . Sie sieht ihn mit brennenden Tu gen an und schluckt -und findet kein Wort. ' , Sie sieht ihn noch einmal an, und bann sinkt sie mit dem Kopf auf die Tischplatte und weint bit terllch. , ' . Junges Kind, kam 'dir eine Er kenntnis? Robert steht erschüttert' vor ihr. Dann küßt er sie leise auf den blonden Scheitel, und geht schnell davon. ; Achtzehntes Kapitel. Von tausend Zweigen , fang der Frühling junge Lieder. Wandernde Bäche,' wandernde Wolken, wandernder Wind. ' In diesen Tagen wird dem Wen schen fein Heim unlieb. Ev trennt sich gern von ihm wie von euiem Bekannten, bei dem er zu lang zr. 'öesuch war und dessen er- fiberdrii j geworden ist. Der Wächter auf der Höhe stand roch kahl, aber a seinen Füßen blühten zwcs Veilchen, auf die blick, te der Wächter den ganzen Tag wie ein .rauher KriegLmann, der in zwei Kinderaugen sieht. Er durste ruhig träumen auf seinem Vorposten. Dem Wald, der Sinter ihm sich dehnte, drohte jetzt SMl.La lasenMegde , der Hagsr. f : :; :: ogclniütter aus bunten Eiern, und der Herzschlag allen Lebens einte sich mit dem Herzschlag werdender Wesen. Ta gab es alle Tage neue Freude, neue Heimkehr, neues Wie erfinden. Am Fuße des Wächters fa& Stö bert Winter. Er hatte heute nichts zu tun. Hartrnann hatte Feiertag angesetzt für sein ganzes HauS. Tie Lore halte Hochzeit. (Sottlieb und die Christel waren hinein nach der Stadt. Außer den zweien würden bloß die Verwand ten des Bräutigams, die sich in An betracht der Mitgift rasch beruhigt hatten, an der Hochzeit teilnehmen. Sonst niemand. Bor allen Din gen er nicht, obwohl ihm die Lore einmal und der Bräutigam fcreirrnT darum geschrieben hatte. Lore Brief hat er aufgehoben. Am frühen Morgen hat eö einen häßlichen Auftritt gegeben, Ber thold hat feine Mutter schlagen wollen. Seit die Lore fort ist, ist der Bursche heimtückisch, trotzig, oft halb tobsüchtig. Wandernde Vache, wandernde Wolkm, wandernder Wind. - Der Teich schimmert. Tie Wei den tragen silberfarbene Kätzchen. Der blaue Himmel spiegelt sich in der Flut. Und die Lore ist drüben in der Stadt und hält Hochzeit. . Robert Winter lehnt sich sest ge gen den Stamm des Baumes. Er sieht von fern den Gottlieb und die Christel kommen. Es ist jetzt vier Uhr nachmittags. Die Trauung ist am frühen Mor gen gewesen. Und heute noch reist .,as junge Paar weit sort, denn scholz hat sich versehen lassen. Rovert Winter erhebt sich und steigt den Hügel hinab. Er geht den beiden ruhig entge gen. .Ist sie verheiratet?" . .1 .Ja." .Und sie reisen noch heute fort?" .Ja, Robert." .So ist es gut gut, weil es aus ist!" - , Sie gehen ein paar Schritte die Straße entlang, da Zagt (Seitlich Peuker: .Robert, viel können wir dir ja nicht fein, aber ganz wirst du uns're Freundschaft nicht verachten." .Nein. Und deshalb bleib' ich hier. Wegen dir, Dottlicb, wegen Ihnen, Christel, und auch wegen Herrn Hartmann." Er reicht beiden die Hände, und sie gehen heim miteinanöer. Zur selben Stunde fährt ein Ei senbahnzug hinaus in die Welt. Eine mnge Frau steht am Fenster, und als sie in der Ferne den Kirchturm von Tcichau auftauchen lmd verschwinden sieht, denkt sie in schwerem Herzeleid an den einen. . Wandernde Bäche, wandernde Wolken, wandernder Wind.' Den ganzen Tag flogen schnelle Vögel durch die Lust, den ganzen Tag wiegten sich die Bäume im lauen Wind. Nichts wollte rosten, i Die dicken Ackerpferde machten unbefohlcne Versuche, cur&iugcntn, die Kühe zerrten an iljan Ketten. Dr. Friedlieb ging am Tage zwanzigmal zwecklos durchs Dorf. Peterle Hübner sprang am Ta ge fünfzigmal zwecklos über einen Graben und verstauchte sich beim einundfünfzigstea Male den Fuß Die Scherwcnken machte frciwil kg das Fenster auf. Der trunksüchtige WinklerMau rer schlief fast regelmäßig im Frei en. Fräulein Jette! war einmal ohne Haube vor die Tür getreten. Und die dicke Witwe schrieb an Steiner Liebesbriefe. Steiner aber antwortete nicht, denn er allein war in Trübsinn ge fallen. Und einmal als bei Einbruch der Nacht der Frühlingswind fröh lich vor dem kleinen Bäckerhaufe fang und neckisch in den Schorn stein fuhr bis in den Ofen, wo er mit einem Häuflein kalter Asche spielte, schritt Steiner durch die blühende Frühlingsxracht, öfsnete die Pforte des Väckerhauses und rief in die Finsternis hinein: .Schulze, mach Licht!" ' .L'amico der Steiner! 'S is herrlich! Ich bin ooch schon da!" . Drei Männer saßen am erlösche neck Backseuer um den Schein einer Talgkerze und berieten über ihr Leben. - Der Italiener begann: .GurZ und kut, ich gneif aus! Te sta scheener 's Wedder wird, teste weniger baßt mir mei Padrone. Er ist ein kroffer asino und ich mag bei fo'n verrückten Ecrl nicht bleiben. Die Leite in der Stadt gcrnm zwar in unser Geschäft, aber - sie nahm' unö nich ernst. Heite, hab ich gegindigt, morgen 'gneif ich ouS," " 'Schulze richtete leine feas-üjv Mt Omaha ne Tcslält empor und sagte:" " .Mit der Post is nischt loS! Da. mal im Herbste hab' ich der Post den Gefallen getan nd mich an stelle lassen. Mei nahrhafte e werbe hab' ich ausgegeben, meine Kundschaft verloren, a ganzen Win ter in dem Sauwetter Bnefe und Paket verschleppt, und nu. wo's Frühjahr summt, wird der alle Briefträger wieder gesund, und mich sägen se einfach ab. Mir nischt. dir nischt. alS wenn nischt gewesen wär', als wenn man niscW aufge geben hätte! Aber so verfahre se mit a armen Leuten. Von heute ab bin ich Sozialdemokrat!" .Schäm dich." sagte Steiner, der als früherer Untersffizier solche Nedcu nicht liebte, .aber rccdt haste! Erst ziehst 'S GlücksloS, und nu fitjt de int Unglück. Aber mir -U'l noch viel schlechter als euch. Grauen wird euch, wenn ich'S euch sage. Grauen! Die Jettcl hat Salatpflan. zen gesteckt." Er machte eine Pause und sah die ffaiperaden erwartungsvoll an. Die waren in Verlegenheit, denn eS graute ihnen nicht. , .Grauen muß euch." begann Steiner wieder. .Sie hat Salat d stanzen gesteckt, und weil die Spat zen kommen und die Salatpflanzcn ausreißen. verlangt sie, ich soll mich mit meiner Tuba in den Garten stellen und die Spatzen fortblasen." Vich! 'Cattivo! Als spcmracchio! AIs Vogelscheiche." .Ja. als Vogelscheuche," wieder holte Schulze entsetzt, .unser Chesl" .Als Vogelscheuche, : meine Her rett," sagte Steiner mit Nachdruck und erhob sich zu königlicher Hai tung. .Ich. ich hab'S ihr angestri chen. Gnädiges Fräulein, hab' ich gesagt, ich bin keine Vogelscheuche und ich möchte Ihnen nicht inS Handwerk pfuschen!" , .Mag,u,.co! Splendido! Das ha sie fein g'sagt!" Gnädiges Fräulein.' hab' ich ge sagt, .eine Vogelscheuch ist kein Mann, ist niemals ein Kunsller. eine Vogelscheuche ist immer ein gnädiges Fräulein. Darauf hat sie mir gekündigt." Terrribile! Erscbt beleidigen und dann ooch noch giydigcn." Sie saßen am erloschenen Back feuer und berieten über ihr Leben. Und da .sie fanden, daß sie alle stellungslos seien, das Wetter schön, der Weg trocken sei, beschlossen sie, ihr altes Leben wieder aufzunen men. als Bcttelmusikanten zu rei sen, wie früher. Da wurden sie rot im Geficht bor Freude. Da sprachen sie von froh sicher Wanderung, von glücklicher Rast am blühenden Feldrain oder im schlummerstillen Walde, von ein samm Schenken und freundlichen Herbergen, von jungem, tanzlusti gem Volk und klingendem Lohn. . Tann redeten sie von Robert Win ter. Er geht nicht mit unS," sagte Steiner betrübt. Tie anderen schwiegen, mich sie wußten bereits, daß sich ihnen Ro bert Winter nicht anschließen wollte. Wenn ich nur wüßte, warum." sagte Steiner. .Er meint er will nicht undankbar sein. Undankbar sind wir auch nicht. Wir haben ei nen Winter hier gelebt und unser Brot selbst verdient. Nun können wir ruhig weiterziehen. Anfangs dacht ich, eS sei wegen des Mädels wegen der Lore ., Wer die Lore ist sort. Sie hält ihn nicht mehr hier." ' ' .'s is noch eene andere ragazza da die Christel," meinte der Italiener. ; Steiner schüttelte den Kopf. , In puncto Christel habe ich mich getäuscht. Er liebt sie nich trotz der wollenen' Wäsche. Er wurde ganz fuchtig, als ich auf die Christel an spielte." ' . .Wenn er fuchtig wird, dann lieb! er sie," sagte der Bäcker mit philo sophischem Stirnrunzeln. Denn Fuch tigkeit und Liebe sind immer bei sannnen. Aber ich glaube, eS is mit ihm nischt zu macbM. Schade! Er blies 'ne schöne Nummer." .Ja." sagte Steiner, .er paßte zu uns. Und nu f ehlt unS die Melo die, und Melodie müssen wir ha ben." .Da ga)m btx Päcker die Mclo die uff der Drombede plasen." .Eine Melodie auf der Tram pete iö hart," sagte der Kapellmei ster. .Bei schmetternden Stücken is sie gut. aber bei den LiebesNedern tättert sie zu sehr. Ta iS Waldhorn besser. . Vielleicht finden wir in ei ner Stadtherberge 'n Waldhornbla ser. UnterdeS behelfen wir unS mit der Trompete." Sie beschlossen, eine Probe zu machen, denn ihre Instrumente waren im Bäckerhause untergebracht. (Forlj!...ng folgt.) ', DaS Geheimniß. . .Was Sie icht sage! Die alt, Müllern ist'S gewei,? Darf ich davon Gebrauch mach, Fra Doktors Menü Schmikgermutt wd sich aanz beson, dnt dafür interessnen. Darf ich eS ihr mmyeilen?" litt mif,. ftrm.ft. rtlftf m V I . -"-Jj 1 C.MIVfli denn mir Hat'S die Frau Tonsul auch tu WM aaDenra"" Srutki, verblut. Novelle v,n Raoil Auern ; hei. Aus einer Bank in der Gerichts kanzlei saßen Franz Holubow. Vater und Sohn, und warteten aus das Erscheinen der Herren vom Berichte. Franz Holubow der altere, seines Zeichens Straßenkehrer, war ' ein verbogener, kleiner, alter Mensch mit einem eirunden Schädel, einem bart losen, verrunzelten Gesicht, kleinen versoffenen, nassen Aeuglein und einem breiten, dünnen Mund, der wie der Spalt einer Sparbüchse ge schlitzt war und ununterbrochen in blödsinniger Behaglichkeit grinste. Der Ephn, kräftiger und stattlicher als der Vater, seinem Beruf nach ein Seemann, der lange Jahre ald Matrose auf einem Lloud chisfe ge dient und erst unlängst nach Hause zurückgekehrt war, besaß ei.t braun roteS. gleichfalls rasiertes, von Wind und Sonne gegerbtes Gesicht, eine? jener ledernen Gesichter, von denen man daS Alter nicht ablesen kann, die ebensogut einem Dreißigjährigen wie einem Fünfziger gehören können. Er trug eine runde gelbbraune Filz mütze, die er in Händen hielt, und hohe Fischerstiefel.'die einen Haken geruch ausströmten. UebrigenS kam er nur als Begleiter seines VaterS. der eine Vorladung erhalten hatte, sich zum Zwecke der .Erhebung seine Geisteszustandes" bei Gericht einzu finden. Diese Erhebung sollte heute vor sich gehen. Beim alten Holubow. der, wie alle Ltraßenkehrer, dem Genuß geistiger Getränke in überreichem Maße frönte, zeigten sich seit Jahren Sie Merkmale einer stetig wachsenden Verblödung. In längster Zeit litt er überdies unter der immer wieder kehrenden Zwangsvorstellung, daß er bei Triest inS Meer gefallen wäre und dort rettungslos ertrinken müßte. Ihren Grund hatte diese Vorstellung, die ihn furchtbar quälte, in einer Erzählung deS jüngeren Holubow, der wirklich vor nicht all.; langer Zeit im Triester Hasen ver ungluckt war und infolgedessen auch seinen Beruf ausgegeben , hatte. Allein alle Muhe, dem Alten dies beizubringen, war vergeblich. So wie er seinen Anfall bekam, schrie er und wand er sich unter dieser groß lichen Vorstellung, daß er ertrinken müsse. Dabei trank er um so mehr. e mehr er sich fürchtete, zu ertrinken. Unlängst nun hatte er nachts ein großes Geschrei erhoben, indem er ununterbrochen angstvoll "jammernd beteuerte, daß er in feinem Bett er trinken müsse. Schließlich nahm er fein Bettzeug zusammen und trug eö auf den Gang des Hauses, wo er den Rest der Nacht verbrachte. Am nächsten Morgen fanden ihn daselbst die Hausbewohner. Die Anzeige wurde erstattet, welche die heutige Vorladung ur Folge hatte. , Ten alten Schädel vorgeneigt, der beständig leise wackelte, die züternden kurzen Beinchen behaglich überein andergelegt, saß der Alte in seiner Bankecke und lachte beständig und gleichmütig vor .sich hin, mit dem Ausdruck innigen Behagens, wie ihn ein Mensch hat. der eine große und ehrliche Freude empsindet. Der Sohn saß schweigend neben ihm, die Vorladung des VaterS in der Haiw, und spie von Zeit zu Zeit mit einem eigentümlich zischenden Laut w den Kohlenkubel, der neben ihm stand. Ab und zu, wenn der Kanzlist, der mit dem Idioten seinen Spaß trieb. einen Witz machte, lachte er breit und dröhnend, augenscheinlich hocherfreut über den Blödsinn des Vaters. Dieser Kanzlist, der in seinem grauen Rock, mit grauem Haar. grauen Augen und emer grauen Gesichtsfarbe wie eine Maus zwischen seinen Buchern und Alten umherlief. war das, was man einen lustigen Bruder nennt. Ein verkrachter Student, im Staatsdienst wider Willen festgehalten, suchte er sich die Zeit, fo gut es ging, durch allerhand Lustbarkeiten und kleine Schwanke zu kurzen. Besonders aus dem Ver kehr mit Idioten schöpfte er viel Heiterkeit. Aber auch auf Kosten leiner Vorgesetzten erlaubte er sich gerne einen kleinen Spaß, wenn dies ohne Gefahr geschehen konnte. Und auch heute wieder schien er etwas der artiges im Schilde zu führen. Denn indem er seinen Schabernack mit dem Alten trieb, ihm mit einer zierlichen Verbeugung das . Tintenfläschchen zum Trunke kredenzte oder ihn auf merksam fragte, ob er denn allen Rum auS Jamaika beziehe und ob dieses bescheidene Jnselchen für seine Bedürfnisse hinreiche, unterbrach er sich plötzlich und fragte mit strenger Ämtsmiene zum dritten Male, seit dem die beiden hier waren: .Franz Holubow! Ihr heißt also alle beide am Holubow!" Und als der See mann diese Antwort bejahte, spitzte der Kanzlist das alte Maul und schien etwas Spaßhaftes bemerken zu wollen. Aber in diesem Augenblicke betrat der Bezirksrichter die Kanzlei, und drei Schritte hinter ihm erschien der Rechtspraktikant. Ter Kanzlist riß die Tur ,nS Bureau deS Bezrrks richte auf und begrüßt die Herren mit , einer devoten Verbeugung. Auch der Matxoi vx MkseÜasoen und arüküe linkisch. Nur der Idiot! blieb fitzen und lächelte sein sansteS' ewige? lächeln. , .Seute baben wir ' den Kranz Holubom." sagte der ttanzlist eifrig, indem er die Akten aus den Tisch legte. .So. so!" sagte der Bezirksrichter. ein dicker, großer, roter Mensch mit einem feisten, schlagl'üchtigen Gesicht. indem er sich schnauseno aus seiner Umhüllung schälte. Ter Praktikant, ein blonder, junger Mann, der. wenn er schwieg, umniterbrochen afsektiert lächelte, legte rasch mit tadelloser Gewandtheit .'einen Ulster ab, trat auS den Gummischuhen und begab sich in Eile an seinen Schreibtlich. Er hatte erst im Herbst sein Frei willigenjahr beendet, bewegte sich militärisch kurz und eckig, hielt sich sehr gerade, machte rasche Wendun gen. schlug auch bei Gelegenheit die Hacken zusaminen und sah alles in allem auS. . als wäre er auS Draht geflochten. Ta die Gerichtsärzts. die man er wartete, noch nicht zugegen waren, so begannen die beiden Herrn: inzwi schen zu arbeiten. Ter Bezirksrichter rollte, nachdem er mit einem gehasst aen Blick den Einkauf überflogen hatte, eine Rolle Löjchpapier auf, die er mitgebracht hatte, und begann mit einer großen Schere schmale Streifen ur seinen Lolcher abzuschneiden. Ter Praktikant nahm, nachdem er eine Zeitlang nachdenklich überlegt hatte, ein Federmesser heraus, das er in einem Ledersackchen bei sich trug. und begann langsam, beinahe seier lich, sich die Nägel zu putzen. Um zehn Uhr entstand eine 23c wegimg im Vorzimmer, die beiden Aerzte kamen. Ter altere war ein großer, blonder breitschulteriger Mann, dem man den passionierten Jäger und Hochtouristen auf 'den ersten Blick ansah, der jüngere sah blässer und gelehrter ans, trug einen Kneifer und wurde mit Herr- Pro sessor angeredet, wahrend sein Kol lege bloß Regierungsrat wau Nachdem die Begrüßung vor sich gegangen war, begann der Regie rmigsrat sofort über die niedrigen Taren zu schimpsen und setzte dem Pezirksrichter auseinander, daß er bei der heutigen Kommission so viel wie nichts verdiene. Ter Professor schloß sich der Meinung und den Aus kiihrnngcn dos alteren Kollejien rc jpcltvoll an, indem er im allgemeinen darauf hinwies, wie schlecht der Staat die qualifizierten Leistungen seiner Beamten . honoriere.. , Ter Bezirksrichter gab den beiden Herren vollkommen recht. Sie setzten sich, und ein llgemeincs Gespräch über Taren, Gehälter und Entsernungs gebühren entstand. Tie Avance mentsverhältttisse in den verschiede nen Zweigen . der Verwaltung,, die Pensionsbezüge und die letzte . Ge haltserhölnlng blieben, nicht uner örtert. Tcr NegierungSrat, eine im Grunds zur Heiterkeit neigende Na tur, begann Anekdoten zu erzählen. Der Rechtspraktikant lachte stoßweise und heftig. Gegen dreiviertel elf entstand eine Pause. Und plötzlich erinnerte man sich, weshalb man gekommen war. Also gehen wir'S an!" sagte der Regiemngsrat und ließ sich die Akten geben, die er flüchtig durchblätterte. 0 je!" sagte er. .Straßenkehrer! , Ta weiß ich schon genug. Und interniert war er auch schon. Na. der wird unö nicht lange aufhalten!" Man , nahm rund um den mit spangrünem Tuch bespannten Tisch Platz. Ter Nechtspraktikant trat langsam und gemessen ur Türe und rief mit sonorer Stimme hinaus: Franz Holubow! Treten Sie ein!" .. Tcr Seemann trat, vom Kanz listen geschoben, zögernd ein. die Vor ladung des Vaters in der Hanv. .Sie sind der Franz Holubow?" schrie ihn der Bezirksrichter an, in dem er ihm die Vorladung auö der Hand riß. 1 . Holubom bejahte schüchtern. .Na." sagte nach einer Weile der Regicrnngsrat. daS liegt ja auf der Hand. Ter hat ja schon den Blick deS Blöden." Tcr Professor schloß sich mit einem gewinnenden Lächeln dem Urteil des älteren Kollegen cm. Der Seemann, der augenscheinlich etwas bemerken wollte, öfsnete den Mund, allein der NegierungSrat unterbrach ihn rauh: .Schweigen Sie jetzt," sagte er. ..und gehen Sie einmal zum Fenster!" Ter Matrose schien sich zu ver wundern, allein an strenge Disziplin gewöhnt, dazu erzogen, sich einem Kommando blind zu unterwerfen, gehorchte er schweigend und fetzte sich langsam, niit dem breitspurigen, schwankenden Gang deö Matrosen, in der Richtung gegen das Fenster in Bewegung. Bemerken Sie," wandte sich der NegierungSrat an seinen Kollegen, .bemerken Sie den eigentümlich ataktischen Gan,?" Ter Professor nickte vergnügt und schrieb die Be obachtung nieder. Ter Jnquisit. der sich Mm Fen ster umgewandt hatte, schien wieder um etwas bemerken zu wollen, allein der Bezirksrichter, der eine ungedul dige Natur war, rief ihm zu: .WaS wollen Sie denn immer? Sie wer den schon später reden!" Gleichzeitig befahl der Regierungsrat: .Setzen Sie sich daher!" und wies auf einen Sessel. , Fr!j Holubow Uiit sich. - ' Ter Meglerungkrat stand aus. .Schlagen Sie die Fuß' Lberein ander!" befahl er. Der Matrose gehorchte verwundert. .So," sagte der Arzt, trat an ihn heran und versetzte ihm mit der Schneide seiner roten mächtigen Hand tn ra ar Mge orei muairige Streiche tn die Kniegegend. a Bein deZ Matrosen sprang mehrmal wie von einer Feder geschnellt nach aufwärts. Bemerken Sie." wandte sich der NegierungSrat an den Professor. die erhöhten Reflexbewegungen?" Ter Professor nickte und schloß sich an. der NechtZpraktikant sagte kind lich bewundernd: .TaS ,ft aber in teressant." Indessen Franz Holubow schien immer erstaunter zu werden. Er blickte ratlos um sich, endlich sagte er langsam, demutig: .Ich bitte, hohes Gericht ..." ..Wie alt sind Sie?" fragte der Regierungsrat, der zwischen' dcm Professor und dem Richter wieder Platz genommen hatte. Franz Ho lubow überlegte einen Augenblick, wie die meisten Matschen tun, wenn man sie unerwarteterweiss nach ihrem Alter fragt. Tann sagte er: Fünfunddrcißlg, meine Herren!" Ter Bezirksrichter konstatierte aus den Akten, daß dcr Jnquisit sechsundfünfzig sei. - Franz Holubow bcharrte bei feiner Behauptung. Na ja," sagte der NegierungSrat jovial. Sie haben ja ganz recht, daß Sie sich jünger machen sehen ja auch noch recht jung aus," und indem er sich an den Professor wandte, das kommt vor. daß diese Leute nich mehr wissen, wie alt sie sind!" Natürlich kommt das vor," sagte der Professor, cS ist sogar recht be zeichnend für das AnfangLstadium dcr Paralyse." Er machte eine Notiz dann, um auch seinerseits etwas zul Erhebung des Geisteszustandes des Jnquisiten beizutragen, legte er lang sam die Hände übereinander und fragte wohlwollend: Lieber Freund, sagen Sie mir einmal geschwind, wie viel ist neunmal siebzehn?" Dabei schaute er den Matrosen über seine spiegelnden Augengläser hiniveg schars und prüfend cm. Ter Seemann schien äußerst er Zchrocken über diese Frage. Nenn mal siebzehn?" stotterte er. Nenn mal siebzehn . . .?" Er schien nach zudenken, dann verwirrte er sich plötzlich und wurde rot. Aber Herr Kollega!" sagte der NegierungSrat. Was glauben Sie? Tas bringt der nicht mehr znsam inen!' Ein Mensch, dcr nicht einmal mehr weiß, wie alt er ist!" Und eben als Holubow die Multiplika tion nach angestrengtem Nachdenken vollendet hatte und das Resultat der künden wollte, verwirrte ihn . dcr Regierungsrat durch eine neue brüske Frage. : .Sagen Sie einmal, sind Sie nicht bei Triest ms Meer gefallen r Nun wurde der Matrose lebhaft, Er liebte es. seinen Unfall zu erzäh len. sich damit zu brüsten.. Jawohl, berichtete er. die Bora sei schuld gewesen. Er habe vom Boot aus über die Strickleiter auf den Adler hinauf wollen, dabei fei er aus geglitten und aus einer Höhe von vier Metern ms Meer gestürzt. War's kalt?" sragte der Regie rungörat teilnehmend. :Äem er seiner Methode gemäß auf die Ideen deS vermeintlichen Narren fckzeinbar einging. Das glaub' ich," sagte der See mann, im Dezember, ich bitte . . . Husch, husch!" machte der Arzt. ES ist ein wahres Glück, daß Sie schwimmen können!" Ja." sagte der Matrose, da ist ein Gluck! Arbeit hab' ich genug g'habt, eh' ich wieder herausgekoml men bin." Na ja. freilich," nickte der Ne gierungsrat, aber jetzt." und dabe filierte er sein Opfer hinterlistig ?ekt iaaen Sie mir eins: Wie lom men Sie denn überhaupt nach Triest, wenn Sie Straßenkehrer sind?" Ich bin ja gar nicht Straßen kehrer," sagte Holubow, .ich war siinfzehn Jahre beim Lloyd. Erst unlängst bin ich z' HauZ kommen." Gehn S' weiter," sagte der Arzt, aber da im Akt steht, daß Sie Straßenkehrer sind?" .DaS ist mein Vater," sagte Holubow. Ein interessanter Fall daS!" wandte sich der Regierungsrat an den Professor. .Ein Mensch, der sich einbildet, sein eigener Sohn zu sein!" .Ja." sagte der Professor .wahr haftig. Ich werde daS in einer klim schen Wochenschrift besprechen, eine neue lnteresiante Form deS'Wahn finnS." .Und er läßt eS sich um keinen Preis aufreden!" setzte der Megie rungörat fort. Er wandte sich an den Matrosen. .Glauben Sie nicht, daß Sie sich daS nur einbilden, daß Sie mS Meer gefallen sind? Eben so, wie daß Sie erst fünftlnddreißig Jahre alt sind?" . Aber nein!" schrie der Matrose heftig. i Interessant, wie er sich aufregt! sagte der Professor, und der Regie rungSrat: Man muß ihn dabei lassen!" .' " Aber nein!" versicherte der See .mann nochmals, indem er an! en Tisch schlug. .Ich bin in, Wien gefallen!' . ' Ein allgemeine eueneu tand. 'Der ReaicrungLral oracq in ein dröhnendes Gelächter auS, der Professor schloß sich dein alteren Kollegen an. Auch vee eztrl, richtn lachte mtk, und ver mw geslochtene NechlLproiillani r va Maul auf. wie er eS ber Offizieren beobachtet hatte, und stieß, asfektiert, Lachlaute hervor. Die allgemein. Vcrgnügtheit wuchs noa. ai-" Matrose plötzlich versicherte: .Abc, wenn's die Herren nicht glauben ich hab' ja meinen Paßl" und den Paß in den Taschen zu luqen vo. gann. Zeigen Sie iljit einmal nctr sagte der NegierungSrat mühsanz worauf' sich daS Gelächter ven doppelte. ' Ta ist er!" sagte oluvom, ve den Paß gefunden hatte. Auf netz Augenblick verstummte daS m lächter. ES ist wirklich ein Panl' sagte der Regierungsrat uitd gab dih Urkunde dem Bezirksrichter. Unl, er. lautet wirklich auf Franz Holu bow." sagte dieser und schaute miß" iranisch um 'sich. Aber der Recht Praktikant, der sich nach dem B, zirksrichter des Beweisstückes bemäch tigte. hatte einen glänzenden Einsalj Ich weiß schon!" rief er. .ser Sohn, der ihn angezeigt hat. M1 ia auch Franz. Sein Sohn die auch beim Llovd. Es ist einfach d Pak seines SohncSI Nicht wahr.' wandte er sich an den vermeintliche. Idioten, es ist der Paß Jhrsf okncs?" Entschuldigen schon," sagte dies, unwirsch, aber der Sohn bin selber! Der Vater letzt no, draußen!" Das ist zu blÄ!" rief der . gierungsrat, und über diese img zwlingcne Bemerkung des hoei gestellten Beamten erhob sich neu dings ' cm Gelächter, das all, Beteuerungen des Matrosen, daß ins Meer gefallen und der Vater d Idiot sei. übertönte, bis er ft schließlich nicht anders zu helf wußte, zur Türe sprang und d Vater hereinrief. Mitten in die allgemeine Lustit seit trat der alte Idiot und begrüßt die Korona mit einem besoffene Diener. Ta er so viele Mensche lachen sah, ging das idiotische Grii sen um seinen Mund imlner mehr i ein wirkliches Lachen über bis schließlich laut zu brüllen began, wie ans einem Kirchweihfest. '' Ab, NUN verstummten die anderen. Eil peinliche Pause entstand. Nur d Idiot lachte unbekümmert weiter, b der Bezirksrichter, der den Mißgri zu ahnen begann, dem alten Sausi ,nS Gesicht schrie: Sind Sie d diot?" Ter Idiot horte zu lachen auf u sagte mit sanfter Stimme: Nein, Also wer ist da eigentlich Idiot?" schrie der Bezirksrichter, e jähzorniger Mensch, in änßersti Wuk. Beide Jnquisiten wehrt höflich ab. . - Ter Bezirksrichter fluchte u schlug die Akten auf, den grüm Tisch, daß die Papiere ' Nach all, Ziichtimgen auseinandersnhren T drahtgeslochtene Rechtspraktika bückte sich und klaubte die Vcstan teile des Aktes Holubow langsa wieder zusammen. Tie Situatic spitzte sich immer Peinlicher zu, b endlich dcr Regierungsrat oll, Zweifeln ein Ende setzte, indem , mit Bezug auf den Alten zu d, beiden Herren sagte: Tcr AI ist's! Er hat den Blick des Blöden In diesem Augenblick hatte d, fidele Kanzlist, der die ganze Zs über hinter der Tür gestanden wc und jedes Wort hinauögehört hatt die ; größte Mühe, nickst heran zuPlatzen. Aber rechtzeitig besann , sich auf seine amtliche Stellung ui erstickte die emporquellende Hciterkc in einem wohldisziplinicrten Staat beamtenhustcn. Der Kicbib. Eiiglische Klubs waren eine Hochburg des Spiels, und Herren verbrachten dort ihre Näit te, was die Frauen nicht gera! gem sahen. Eine Fülle von Gesanc- ten erzählen von diesem Gegensäs zwischen Klub und Ehegattinnen und eine der hübschesten unter ihn sei hier mitgeteilt. Ein Mstglied bt WitkMlubs saß Nacht für 92oi bis 3 Uhr und. 4 Uhr morgens al Piquet'Tisch, ohne jemals selbst spielen. Einmal entstand ein Strs zwischen den Spielern, und wandten sich an den Kiebitz. Dieft aber erklärte, daß er von dem Svi nicht daö geringste verstände. Ab um deS Himmels willen," sagt, die 'andern, varum sitzen Sie den dann hier die ganzen Nächte? Meine Herren." antwortete d Kiebitz, .ich bin verheiratet." Mevschknlkbea sind billig. Rache erschoß der Arbeiter Ka, Schreiber den Bouerngutsbesitz, Bruna Müllerin Mall.wm in dt Mark. Der Vermalter des Gufcl der dem Täter die Waffe entreiße, wollte, wurde gleichfalls schwch verletzt. AIS die aufgebotene Büh gerwehr Schreiber festnehmen w te, erschoß er sich mit seiner Geliclz te auf dem Friedhof.