Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, February 20, 1920, Image 2

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Wisent tot!"
Von Franz Genthe.
. Im Urwalde don ffliatoroics ist, wie
er in der W'.scntfrage schon aus ruf
. sisch ' Zeit bewanderte Schriftsteller
Fritz Bley erfahren hat, der letzte Ur
waldrecke vor einige Monaten der
Kugel eine? Wilderers zum Opfer gefal
len. Somit ist das eingetreten, was
tt, die wir zwei Jahre und sänge j
jbern letzten Zufluchtsort bei Wisents
verlebten, befürchteten. Mit dem An
druck) der neuen Aera am S. November,
die den Rückmarsch der Deutschen veran
laßte, war das Schicksal des Wildbe
standeZ i dem ehemaligen kaiserlichen
Jagdgehege besiegelt.
Ein kapitale Wild ist so ein alter,
miirrischer Einzelgänger bei einer Länge
dos drei Meter und einer Schulten und
Kreuzhöhe von 150 und 150 Zentime
ter. Die Hörnerlänge. eines starken Bul
len schwankt zwischen 40 und 43 Zenti,
meter. Unter den Sinnen steht der Ge
ruchssinn am höchsten. Die Bewegun
ge des Wisents find nur scheinbar
plump, in Wirklichkeit ist er ein schnei
Ie und gewandtes Wild, das grobe Hin,
dernisse mit Leichtigkeit überwindet. Sa
ahm im Frühjahr 1918 kurz vor rnei
tim Wagen ein starker Bulle, der dicht
am Wege im Sumpf stand, beide Stra,
ßengräben und einen umgestürzten
Stamm von einem Meter Stärke im
Fluge. Auf einer Hofjagd unter Alezan
der II. im Jahre 1ZW überfiel ein star
fei Bulle glatt ein Wildgatter von fast
zwei Meter Höhe; eine Kuh und zlvci
Kälber folgte ohne Bedenken zum
größten Erstaunen der Schützen. Au
griffe aus Menschen während der deut
sckcn Okkupation sind meines Wissens
nicht erfolgt. Vorsicht war aber im
merhin am Platz. Aus der Literatur
, ist mir nur ein Fall bekannt, daß 184g
eine Wisentluh -4 das Kalb war für
London eingefangen tagelang die
' Straßen unsicher machte und mehrere
Venfct)en zu Tode korkelte.
' Wie Major Escherich, der die Ml!
tarfotstverwaltung Bialowies leitete, in
.Bialowies in deutscher Verwaltung"
schreibt, betrug Anfang deS Jahre! 1914'
vtt e,ka an Wisenten 737 Stiick, a
ßllf-mfTH n WntmiTS fi77Q .
- - - T v) m. ..I VI (U, U 1
Damwild 1488, an Schwarzwild 2223.
n jtteywl 49t6 Stuck auf einer Flache
tan rund 130,000 Hektar! Dieser ge
aittge WilliMd war abex gewisser
maßen ur noch der Rest, den die Wild.
. seuche in den Jahren 1910 bis 1312
libriggelassen hatte. Wie stark mag also
vohl du Bestand vor der Seuche gemesea
sein? Der.Wald von Bialowiej war
idamalZ kern natürliches Jagdrevier
Hr. er war, dielmehr zum Wildstall
geworden mit einer vollkommen unna
türllchen Besetzung. Der Anlaß zu
dieser sinnksen Jagdbehandlung und
nnaturlichen Massenerzeugung war das
Vestrebe der Jagdöerwaltung, bei den
Vofjagden , mit möglichst hohen Stre
tkenziffern zu glänzen. Die Folge der
linnatürlichen . Wildzüchterei war die
lnaßlsse Beimehrung deS Rot, Dam
nd Schwarzwildes, so daß selbst die
kiesi Nrwaldflsche die nötige Aesung
ichs . mehr hervorzubringen vermochte
und Fütterungen m großer Zahl eingk
Ächtet werden mußten. Das Wild ge
wohnte sich an die .regelmäßigen Mahl,
eiten", verlor all Scheu vor den Weg
schen und verlernte allmählich die eigene
Nahrungssuche. Der zweite Aderlaß
war de, Krieg. Nach Abzug der rufst
jschen Forswermaliunz nahm sich die ruf
frische Soldateska liebevoll des Wildbe
standez an, und auch die deutschen 2rup
p schössen manches Stück Wild. Hun
er tut eben weh. Major Escherich be
hauptet und wohl mit Recht , daß
in den ersten Monaten tagaus, tagein
Hund,rte von Gewehren an der Wild
Vernichtung beteiligt waren. Weitaus
am meisten hatte durch Wilddieberei der
Wisentbestand gelitten. Die Wiesenie.
durch unsachgemäße Fütterung halb
zahm geworden, hielten den Menschen
uf nächste Entfernung aus. so daß sie
selbst für die meist recht mäßigen ?chü
K'N ein nicht zu verfehlendes Ziel wa
an. Die deutsche Mllitärforstvcrirlll
tnng griff dann auch kräftig ein. Durch
Heranz!eh!ing von Eiappcntruppen und
b!,rch Berstärkunz der ForsterVaItung
zlang es endlich,' dem WildereruNÄk'
scn ei Ende zu machen. Die Wald
dauern behielte jcdoch eine Unmasse
EeweL und Munition in hohlen ZSäu
wen versteckt. Em Gutes aber hatte der
striez dem Wilde gebracht, es war wie
ber .Wild' im zhren Sinne des War
iej geworden. Im Frühjahr 1318, wir
träumten damals noch v?n einer Ein
derlcibung .der Bialowiesk tpaljCja,
tefti der Wisentbestsnd rund ISO iJ ,
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im Schnee.
200 Stück stark, und ein erfreuliches
Zeichen zi fnlch gejetzie aloer zo
aen mit den Küben durck de scbmkiaen,
den kork. Dann kam bt IMt roftf.
der entscheidende Aderlaß nach dem Ab.
marsch der Deutschen. Fast neu Mo,
nate blieb der Wald ohne große Auf
ficht, und wie die Waldbauera unz da?
tseiinoei, va lieg . in riegszeiiku ur
dlöklick einstellt, unter dem" Wilde auf
geräumt haben mögen, kann sich jeder
leivn ausmalen; er vraucyt a nur an
die heimatlichen Zagdgefilde zu denken.
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jrn unuui ivur cocn .tfiuiQp ( uao
dem armen Wisent wurde am Schnrnm
jte mttgeipieit, vum sei Jude zahlte
die Deckpn dnd die vielbegehrieg Hörner
rat schnaps und , liingMSer Münze,
und solchen, Lockungen idexstebt' ?ein
timutsszer aivoauer. Berregl'? wir?
geil-.gt. .Du letzte Wifen! von W'!de
rer erlegt; einen Rothiischschrei Hat
nmn i der Brunstzeit überhaupt nicht
gehört, wohl ab'rzu, Wint,tzit dn
cnheiTtlnkn viUstimmigen .'sang eer
Wölfe." . . t
In Preußen sie! der letzte Wisent j
freier Wildbahn 1753 der Kugel eincS
Wilofcbützen zum Opfer. W'g har
tcr Kriegsnot konnten Naturforscher der
auögestorbenen Wildart keine liebevollen
Nachruft widmen, aber mpsindfame
Eemüter unter dem jungen ostpreußi
schen Jägernachwuchs haben die melan
cholifchen Klang, deS .Wisent tot!"
durch den schmeigende Tann erklingen
lassen. Im Stupemtzer Luergarten bei
Liebenwalde in d Mark Sirii sick itt
letzte aus Oftpreußen eingeführte Wi-
fentstier bis 1763. in der ku:sc!chsischcn
vze von Lieoenwerva ein 'Uclter aus
Litauen, ein echter Zubr", bis 1793.
Wenig bekannt ist, daß Ungarn in freier
WUdbahg bis 1790 Wisent, aufweisen
könnte.' In diese Jahr schoß ein
Wilddieb an der Eüd?ehue deZ Kele
menhavas, jm Szökler Moldauer
Erenzgebirge, de letzte rechten ,Zim
ber Siebenbürgens. Jm Kaukasus, an
den Oucllfüsse des Kuba kam odr
kommt vielleicht sogar noch heute der
wildlebende ' .Tscherkefsen-Büffel' vor,
der ach eingehender Untersuchung sich
als ein echter Wisent herausgestellt hat.
In dem rund 477,000 Deßwillen grg.
ßen Jagdrevier des lZroßfürsten Serge!
Michailowitsch in den Bergwälderg an
der Uruschta. Schischa, Besymsanka
unÄ Walischepa. wurde 1910 der Be
stand auf 300 big 600 Stück schägt.
Die Kubankosaken verlangen jetzt
nach dem Sturz des Kaiserhauses die
Rückgabe der kaiserlichen Jagdreviere.
Da ist es wohl schon Schluß mit dem
.Dombe". Wie lange werde die Zoo
logische Eärtea unh das Fürstlich
Pleßsche Wilögeheg, in Oberschlesien. in
dem ftarf gewildert sein soll, die Zucht
des kurzhornigen Stier? mit mahnen
artigem Haar" noch-aufrechterhalten
können?
Ei Variser Musikantelwiertel.
Gelegentlich der 70. Wiederkehr des To
deztages Chopins am 17. Oktober wurde
in Paris an dem Hause No. 80 der
Rue Taitbout am Square d'Orlöans,
in dem der Komponist vom Iah 1842
bis zu seinem Tode gewohnt hat, eine
Gedenktafel angebracht. Die Wohnung
dcö berühmte Komponisten Zag im
Parter, daß er mit dem bekannten
Bildhauer Dantan teilte, während
George Sand in der ersten Etage des
zweitnächste Hause eine Wohnung ge,
mietet hatte. DoS ganze Cauarcvier
tel kennzeichnete sich damals als ein aus
gesprochenes Kunstlerquartier. Außer
den Musiker Kalkbrenner und Alka
wohnten hier gleichzeitig auch die Sän
gerinne Paulin Vjardot und Eugen
Garcia. der Klavierspieler Marmontel
und der Maler Durbus. Das' damals
in ländlicher Einsamkeit und beschaüli
chcr Weltverlorenheit lieaende Viertel
war' von 1821 1829 Eigentum von
Fräulein Mars, dem bekannten Mitglied
der ComSdie Francaise. i
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Ter vorsichtige Goethe. Der Wen.
teurer untz Temagoge Witt von Dönng
hatte eine Unterredung mit Goethe ,u
erlange" f teufet nh hrnnnn fnnt!
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sehr lebhaft fcine Anschauungen vörzu
iragen. u er ,m besten Zug war,
unterbrach ibg Koeibe dlöklick unk faste:
.Sie rühmen sich jn Ihrem Buche, sie
besaken Ici Talent, tima hhtn M Yt
ersten Gisammenkunft sür sich kinzuneh
men. Damit mir da nit teihn.
fshrt. leben Sie wohl!" Spracht und
verlicg daS.Zimmer. . " "
Aakael Bcbermann.
Tie gkhklmnisvolle ÄrZste U Wknn Hellseher. Von SiUVatG, Wien.
Im Sommer 1914, als der Krieg
mich in die Heimat rief, traf Ich zum
erstenmal mit Nafael Schermann zu
sammen. Ein gemeinsamer Bekannter,
der wußte, daß ich mich für Gienzge,
biete des Wissens, für okkulte Phäno
men interessierte, machte mich auf ihn
aufmerksam. .Schermann ist der große
Handschriftenleser unserer Zeit," sagte
er; .er Ist imstande, aus der Schrift
nicht nur den Charakter eines Menschen
zu erkennen, sondern uch dessen Wer
gangenheit und Zukunft." Die Begeg
nung fand in einem Kaffee der Ring
straße in Wien statt. An einem Tisch,
umringt von einer Anzahl Menschen,
saß ein kleines, etwa L5jähriges Männ
chen mit einem großen flächigen Schä
del. Ich sah vortretende Augen, große,
merkwürdig gcmuschelte Ohren, eine
mächtige Stirne, eine parke Nase, ein
breites Kinn, energische Lippen, die ein
zugestuter Schnurrbart halb verdeckte,
um die Augen zuckte es in nervöser Un
ruhe, in Rik wie von sichtbar gewok
denen spontanen Gedanken zog , öfter!
von den Schlafen Udcr da ganze W
sich'.
Ich wunderte mich, daß ein Mensch.
der geistige Arbeit verrichten sollte, in
diesem rarm und Trubel eine über
füllten Kaffees erperimentieren konnte,
aber Schermann zerstreute überlegen
lächelnd meine Bedenken. .Ich brauche
kein Slairobscur, keine Apparate, keine
äußerliche Ruhe, keine .ammlung'z
ich brauche nur ein paar Schriftzüge.
am liebsten ei beschriebenes Kuweit
Ich hatte zwei Briefe mitgenommen;
einer kam von einer befreundeten Dame,
den, zweiten hatte ich am selbe Tage
vom Grasen WenZdorfs, unserem Bot
schafter in London, erhalten. Dieser
Brief enthielt aus der letzten Seite ein
kurzes Postskriptum, daö bloß aus den
Worten bestand: .Da ich nicht weiß, ob
diese Zeilen Sie noch rn Wien erreichen.
adressiere ich an die Redaktion." Dieses
f. L. trennte ich vom Briefbogen ah
und zeigte es dem Graphologe. Scher
mann warf einen Blick darauf und gab
mir das Blatt Papier scsort zurück.
,Der Briet ,fl von einem Menschen.
sagte er. der sich sehr unglücklich fühlt.
Er lebt momentan in einer Sphäre, die
nicht die seine tGraf Mensdorff wohnte
damals in Schlesien, , wo er auf dem
Besitztum feines Bruders. deS Fürsten
Dictrichstein, das Malteserspital ein
richtete), u beschäftigt sich mit Arbeiten,
die ihm fremd sind; eine schwere Sorge
drückt ihn unaufhörlich; selbst wenn er
im Bette siegt, denkt er daran." Nach
einer kurzen, ' kaum merkbaren Pause
hes Nachsinnens sagte Schermann ganz
Nüchtern und sachlich im Gelprächston:
.Ich rieche englische Luft. Drr Mann
kann sich in mehreren Sprachen fließend
ausdrücken. .Er dürfte ein Politiker oder
Diplomat sein." Dann begann r eine
Aufzählung der , intellektuelle Fähig,
leiten, und der Charaktereigenschaften
des ehemaligen Botschafters. Beim zwei
ten Brief sagte er: .Wese Dame benutzt
immer nur ein Parfum nnd zwar Eau
de Cologne; sie hat die Gewohnheit, beim
Auegehen stets nochmals zurückzukehren
und nachzusehen, ob alle Läden und
Kästen versperrt smd
Was er an renem Abend aus Sr:s
ten las, wirkte verblüffend. . Er sprach
mit etwas heiserer Stimme. d?e oft
mall lg hohe Register steigt, immer
fließend, ohne besondereAnstrengung, ur
hie und da suchte er nach einem passen
den Ausdruck, der ganz präzise wieder
eben sollte, wa er meinte. TaS ein
zig äußerlich Abnormale an ihm warkn
di Zuckungen, die verrieten, daß hinter
der Stirnwand ein rasekbfter Mech?
nismus in steter Funktion sich befinde.
AIs ich aus dem Kriege zurückkam.
experimentierte ich häufig mit Scher
mann. Die Polizei war inzwischen auf
seine Fähigkeiten aufmerksam gemacht
worden, desgleichen da? KriegSministe
rium. und man bediente sich ihrer ia
einzelnen vermorrenen Fällen. Jm
Landesaericht saß eine Anzahl Berdäch
tiger. die ei Verbreche begangen ha!
ten. Mit einer Laubsäge war ein Einbruch
verübt worden aber man konnte nicht
eruieren, wer der eigentliche Täter war.
Schermann ließ sich Schriftproben vor
legen und bezeichnete einen der Männer
als den Schuldigen. Ich sehe auS der
Schrift, meinte er, daß dieser Mann sich
mit Laubsägearbeiten besaßt, feine Werk
zeuge liegen in seiner Wohnung dort
und dort versteckt. Man suchte nach und
fand die Angabe bestätigt. In der
Konfidentenabteiluna des Krikasmim
steriums legte man Schermann einen
russisch geschriebenen Brief eines Spions
vor. Schermann erklärte, daß du In
halt des Briefes, was immer er ent
halte er kann nicht russisch lesen
ganz nebensächlich sei, der eigentliche
Sinn stecke in Chiffren, die in der Dik
tion verdo?gcn liegen.
Ich selbst legte einmal eine Anzahl
Briefe auf de Tisch, die von verschiede
ne Personen stammten, und ließ ihn
herausfinden, welche Menschen in ir
gendwelchen Beziehungen zu einander
standen. Er fand nicht nur die zusam
mengehörigen Paare, sondern enthüllte
sofort die merkwürdigsten Schicksale, Er
eignisse und Katastrophen, die diese
Mensche beireffen meiden oder betrof
fea hatten. Er verkündete, daß diese
Frau sich von jenem Mann scheiden las,
sea wolle, er erklärte, daß diese Person
sich mit Selbstmardabsichten trage, daß
jener Mensch im Irrenhause endigen
werde. " Die Stimmung, in der ei
Mensch sich im Momente des Briefschrei.
bens befindet, fühlt er immer vorerst.
Er kann aus den Schristzügen ond
immer ijl ihm als Objekt der Detektiv,
aus Eirunde, die er selbst nicht anzu
geben vermag, ein Briefumschlag am
liebste den Charakter, die Absichten,
das Schicksal nicht bloß des Briefeschre!
bers. sonder uch.es Empfängers,
herauslesen; er sieht de menschliche
Kontakt, de, zwischen beide herrscht, r
kennt die Atmosphäre ihrer beide Lt
den und kann it be
Daß man inen solchen Schriften!
rätsler, nicht ine Vkaphologe penneil
könne, war bald klar. Man gab Scher
mang alle mögliche wissenschaftlichen
und halbwissenschaftlichen Kamen, nicht
zuletzt den eines Charlatans. Denn
et muß gesagt werden, je höher Scher
mann Popularität stieg, desto häufiger
irrte er, seine Angabe wurden öfters
vage. widersprechend und unrichtig;
zwischendurch jedoch gab er immer wie
der Proben einer okkulten Begabung, die
smer Mieder in Erstaunen versetzte.
Er wurde einmal in ein Hotelzimmer
geführt. daS ganz spärlich beleuchtet war.
Im Bette lag krank eine Dame, die bis
zu den Augen mit einer Decke verhüllt
war. Sie reichte, einer Verabredung ge
maß. Schermcmn einen Bogen Papier,
auf dem sie kurz vorher einige belang
lose Worte geschrieben hatte. Scher
männ studierte die Schrift der In
halt eines Briefes oder der Sinn der
Worte interessierte ihn niemals und
gab eine Analrzse, die um so merkwiir
diger sich gestaltete, als r keine Ahnung
hatte, wer vor ihm lag. und weil die
Suggestion, die von dem Blatte Papier
ausging, von einem Berstorbenen
stammte. Schermann sing sofort an,
sich mit dem Gatten der Frau zu veschaf
tigen. Er sagte, er wittere ' etwas
Außergewöhnliche! in dem Wesen ihres
Lebensgesayrte, das Bedeutende, dessen
Einfluß in ihr noch nachwirkt nach all
den Jahren," die seit feinem Tode ver
gange, sind, sei so stark, daß sie sogar
in ihrer heutigen Schrift sich unwlll
kürlich als sein Geschöpf dokumentieren
mutz. .Diese Frau ist im Glanz ge
standen." sagte er, .nicht durch Selbst,
licht, sondern eS strahlte von ihrem at
ten auf sie aus. Der Mann wußte, daß
r auf seinem Gebiete der erste ist. Doch
machte ihn dies nicht unbescheiden. Sein
plötzliches Untergehen kam für die Frau
als entsetzlich Ueberraschung, denn sie
lebte in einem Troumzu stand an seiner
Seite. Borher sehe ich sie mit ihm re!
sen, viele Reisen unternehmen, uebcrakl
wartete man schon auf seine Ankunft;
wo sie hinkamen, war sofort eine große
Bewegung, deren Mittelpunkt er bildete.
Er war immer sehr beschäftigt. Ueber
reizt. Jn seiner letzten Zeit sehe ich
lyn ost müde vnd" abgespannt an den
Kopf greifen. Er muß aber ungeheuer
lich auf Menschen gewirkt haben, sie
durch die Gewalt seiner Sprache und
durch seine Geste hingerissen haben.
Wie ein roket Pianist aus dem Kla,
vier konnte er auf den Nerven spielen.
Wie ein Prinz kam er daher. Ich habe
"das Gefühl, als ob er manchmal in der
Luft geschwebt hatte, so elastisch war
sein Gang. Alles flog hm entgegen.
Er kam mit Könige zusammen, aber
nicht weil eS von vornehereiZ so hätt
sein müssen."
,WaS konnte er gewesen sei?' fragte
die Dame im Bett. Schermann ant
ortete, als ob er sich selbst erst Rechen
schast ablege müßte: Er kann eder
Kaufmann noch Beamter, kein Militär
der Staatsmann gewesen sei, aber
auch nicht ein fiusiler, kein Dirigent,
der doch ebenfalls die Menfche mitreißt
ein Künstler sicherlich, die Bewegun
gen, die ich bei ihm sehe, führe mich
dahin, zu glauben, daß er ein Schau
spieler war; ich sehe ihn in gewählter
Kleidung, schwarz, elegant im Austre
treten, prinzlich mit einem Wort.'
(Hamlet.) '
Die Dame, die im Bett lag, wa,
Grete Kalnz. die Witwe unseres groß
ten Schauspieler! Josef Kainz.
Schermann nennt sich selbst einen
Psychographen; aber r ist ia Wirklich,
keit ein Hellseher, ei Wachmedium, da!
zum Auslösen seiner Fakultät die Hand,
schrift braucht. Zumiirdest behauptet
r dies. Ich habt mit ihm Erperiment,
gemacht, bki dcnc keinerlei Schrifzüge
i Anwendung kamen, und seine Clair
voyanc erwies sich trotzdem. Er ist
telepathifch stark beeinflußbar und im
Lenin mit. einem-sensitive Partner
resultierte ganz merkwürdige -Gedanken
Übertragung, oder richtige, aekaat.
Ucbertragung gedachte, Bilder und Sze
ne. Ader Schermann. der voa Kind
heit auf sich mit der Enträtselung der
kschrirr pcsagi, ve, yunvenlausend ver
schieden Schriften studiert hat. ist gn
die Schrift gewohnt, er braucht sie als
Stimulanz, al Erreger seine myfteriö
sea -sechsten Sinnek Er ist wie eine
Grammaphonplatte. die nicht singt, be
vor der kleine Stift nicht in die em
pfindliche Oberfläch ritzt. Dieser kleine
Stift ist ihm vorzugsweise die Schrift.
kchermana ,tt voa der Wiffenlckatt
fchon durchkeuchtet worden; man hat
ihn fakultativ erklären, ihm sein Ge
hcimniS entreißen, s rationalistisch nt
schkeier wollen: die Mediziner, die Bin
chologen. die Pfychiaten. die Okkultisten,'
die Afirologen, die Kriminalisten ha
be sich mit ihm befaßt. Da Resultat
war, wie zumeist in solchen Fällen, w
die Maßstäbe greifbar, Realität nicht
angelegt werden dürfen, ein zweifaches:
ein 2.eii jchwsrt aus ihn, de, andere
Teil sieht nur seine Unzulänglichkeiten
und begegnet ihm mit schärfstem Miß
trauen. Die Wahrheit wird auch sbl
bier in der Mitte kieaen ' Tatsächlich
scheint Schermann die Aabe zu besitzen
ia Bildern ,u sehen; der Kontakt mit
intm Mensche, mit einem Objekt, da!
von d, Emsnatio dei Trägers getränkt
l!l. derzcyzsst lhm ira nüchternsten Zu
stände und. wie tx behauptet, ja jede,
Zeit, fcharfe oder blasse Umrisse: er
formt sie in Worten um und deutet sie
nach den Erfahrungen ftiner PraM
schermann ist in unike Erscheinung
auf dem Kontinent. Ich kenne ur in
,meike, Wachmedium, da mi, seriöse,
cheint. schon deshalb, weil k sich nicht
n den Mittelpunkt aesellschaktliche
Leben. stellt wie der Wiener Ckgir,
voyant. Es ist die Mr. King in Lon
da, einer der eiligen, aukgefuchte
Sensitive, mit denen William .
SUad, der einig, Jahre vor dem Krieg
auf der Titanic umaekommtee tttaut
tikl der ReviLv oj Aesicwl.
y
Stead, !er Spiritist, hatte bekanntlich
Julia Bureau gegründet, ein ernsthaft
angelegte Institution eines kleinen ok
kultea Kreises, I der mittels einiger
Medien mit möglichster Ausschaltung
tclepathischcr Beeinflussung streng be
aufsichtigte und streng selbstkritische Ber
suche unternommen worden waren, inen
Verkehr mit astraler Welt herzustellen.
Mr. King' benötigte ebenfalls keine
Stimmung, keine Sammlung, kein ver
finstertcS Zimmer; er saß einem 'in hel
lem Sonnenschein geginüber. sprach und
scherzte . wie jeder andere normale
Mensch. Er benötigte aber inen Ge
genstand, den der Verstorbene getragen
hatte oder (gleich Schermann) , einen
Brief. War lein solcher Gegenstand zu
beschaffen, so verlangte King Vorzug
weise einen Ring, der durch langes Zra
gen m Körper mit den Ausstrahlungen
der Wesenheit deS Ausfragende gesät
tigt war. Die Emanation vermittelte
den Kontakt und seine seelische Slib
stanz sand den gewünschte Weg im Un,
bekannten zur abmefendeil Persönlichkeit.
King erhielt vage Empfindungen, fühlte
Freude und Schmerz und alle Zustände
deS Gesuchten und gab diese Empfind
gen in Worten wieder.
Schermann ist in Wien sehr bekannt
geworden. Die Wiener Gesellschaft riß
sich um ihn; er wanderte von einem Sa
lon ia den andern; Männer und Frauen
bestürmen, umlagern ihn. Er wurde
Wegweiser. Ratgeber. Seelen rzt. Beicht,
vatcr. Er entlqrvt anonyme Brief
schreibe?, Fälscher. Spione, er gibt Sut
achten über Bertrauenspersonen, warnt
vor unredlichen Bediensteten, kittet Ehe,
findet Verschollene, ermuntert zu ge
schäftlichen Transaktionen und verwirft
andere. Man kann ruhig behaupten,
daß Wien vor Schermann keine Geheim
nisse mehr hat. Er kennt die Privatöcr
Hältnisse von Tausenden und Tausen
den, er kent die Flecke auf mancher
Ehre, die Disharmonien mancher Bcr
bindungen Aber , er ist diskret und
gütig; er kt den Drang zu helfen und
fein Selbstbewußtsein ist noch nie in
Hoffart ausgeartet., Er ist ein will
kommener Gast überall, man läßt sich
gern von ihm trösten, er weiß, daß seine
seltenen Fähigkeiten ihm Verpflichtn
gen auferlegen und er fühlt seine Mis
fton.
Wenn er nicht so umdrängt uf dem
Marktplatz lebte, auf dem Podium um
ringt von Bewunderern und Sehnsllch
tigen, wenn er infamer, gesammelter,
mönchischer seine Existenz verbringe
würde, wäre Schermann ein Faktor, mit
dem man rechnen könnte. So ist er eine
feine, sensitwe Geige, in die täglich
an izcicylliiei roiro. ein Wunder,
vog oer L,on nicht rein erklingt.
Sprengstoff aus Zucker.
ftf. . W...ifit. tr ff jrt r .
jn m oeui ca lioeini men ssatil
schast ist kürzlich über. daS Wher streng
geneim geyanene, ,m riege entwickelle
iUNsayren. der Gewmnung voa Spreng
sioff aus Zucker, einiges mitgeteilt wor
den. Man hat danach aus dem Zucker
iyce yergeileut. den Aukgangsstoss
für eine der wichtigste?, Sprengstoffe,
nämlich für Trsnitrolglvzerin. Das
Glyzerin hergestellt, de Ausgcmzkstoff
evenerzeugni det der Seifeadarstellung
gewonnen. Es handelt sich daher da,
ru?. entweder das .gesamte jm Inland
verfügbare Fett de Bolksernährung zu
entziehen oder auf eine der virtsam
ftea Sprengstoffe zu verzichten. W.
Eynnstein und K. Wdecke böte mit ih
rcm Verfahren der technische Glyzeri,
gewinnung durch Gärung einen gang
baren Ausweg.
Daß beim Garen des Zucker Elvze
rin in winziger Menge gebildet wurde,
war vereit, bekannt. Die Ausgabe, die
Elyzerinbildung zu steigern, wurde da
durch erschwert, daß auf die Erhaltung
ver Vartaligkett und aus du Lebens
fabiakeit der Hefe Rücksicht genommen
werden mußte. Die Erfinder stellte
fest, daß die Ausbeute an Giyzeria durch
Zusatz von Natriumsulfat zum Gär
ansah bedeutend erhöht wurde.,. Da
ersabren wurde voa der neuaearünde
ten Protol G. m. b. H. organisiert und
binnen wenigen Monaten von 63 Fa
briken durchgeführt. Nach einigen
Schwierigkeiten gelang S. auS ISO Tei
le Zucker SO Teil Glyzerin. 27 Teil
Ammoniak und drei Teile Aldehvd
zu gewinnen. Di Protolwerk stellten
monalucy ,! sonnen Glyzerin her
und verbrauchten dazu jährlich 70,000
Tonnen Zucker. Die Anwendung deS
Verfahren im Frieden ist lediglich eine
wirtschaftliche Frage.. Die Wahlschein
liHkeit eines erfolgreiche,, Wettbewerbes
mit dem als Nebenerzeugnis der Seifen,
Herstellung gewonnenen Glyzerin ist
nicht groß. ,
' i
Der Standhafte'.
' Der Sturm sah das Schiff, da i
schlanker Fahrt der Küste zusteuerte.
Und sing au z hlafcv. .Feige du!"
rief Her Fett, der das Schiff ja den
schwere Wogen kreuzen sah. hierhin
und dorthin, .WankelmütiaeS! Warum
gibst du dem Sturme nach? Sieh. I
ich seiner lache!"
.Jede, 'nuck seiner Art" antwortete
dal Schiff und wendete voa neuem.
.Du haft nicht zu tun. al dich naß
mache zu lassen. Ich aber habe ikn
Z'ul." . .
, i
Der Auffchneidkr.
.Sagen Sie mal, Sie erzählten mir
doch, daß Sie auf der Tigerjagd in
Afrika waren, und jetzt höre ich von
einem Offizier, der lange dort war. daß
in Afrika überhaupt kein Tiger gibt."
.Sehr richtig, lieber Frcund.'gntwor
teteer andire. fj$ aoc JU den all
wtgschossen1" ' ' '
Der Klavierspieler.
von A. Z. AuprZn.
DU i wölfjährig Lina Rudneroa
platzte wie eine Bomb in da Garde
robenzimmer ihrer älteren Schwester
hinein, die von zwei Zofen angekleidet
wurde. .Meine Dame, wo ist denn
der Klavierspieler? Ztiemand weiß, ob
einer bestellt und zu erwarten ist," sagte
aufgeregt da klein Mädchen.
Die älteste Schwester Lydia stand vor
dem großen Spiegel und steckte gerade
vorsichtig eine gelbe Rose in 'dunkle
Haar. Sie haßte jede Unruhe und mach
te eine mißvergniigte Miene, die Tin
damit beantwortet, daß sie di Zungk
usstreckte. Ihr Frag begegnete schon
einer regeren Teilnahme bei der zweiten
Schwester, Tatjana. Obgleich ihre
Schlepp noch po der Modistin ange,
näht wurde, drehte sie sich nach der Klei
nen um und sagte: .Gleich, mein Täus
chen, wollm wir für einen Klsvierspie
lcr sorgen."
Die Familie Rudnewa gehörte zu den
geräuschvollste, gastfreundlichste und
unordentlichsten Familien in Moskau.
Ve Anarchie des WirMaftsbetriebel
brachte die Dienerschaft zur Berzweif
lung. Der Tisch war von morgen früh
bis abends spät gedeckt. Die Hausfrau,
Trina Alexjewva, eine geborene Fürstin,
blieb reserviert gegen dä plebejische Be
kanntschafte deS ManneS und d Kin
der und ließ sich selten sehen. Ihr Gatte.
Arkadii , Nikolajewitsch, war in ganz
Moskau bekannt olS Gourmand.' als ge
roandtcr Kartenspieler und großmütiger
Protektor der Ballettkunst. Er sah noch
skbk ant uS und wurde auch als hoher
Funf,,!er von den Damen nach wie vor
verwöbnt. Seine mtlichea und gesell
schzftlichen Verpflichtungen hielten ihn
.nutst snn vom Hause. Hatte er der
im englischen Klub diel gewonnen, so
drängte eS ihn. feinen Kinder eine
Ueberraschung zu machen.
.Kommt, meine jungen RcpuMka
ner." rief er dann strahlend bor Frisch
und Lebenslust auS, .wir wolle Troika
fahren!" . .
Die Jugend folgte entzückt der Auf
forderung und man sauste in mehreren
Cchlltten über die Twerskaja, dinierte
in Mauritanicn", stärkt sich nochmal
i .Strelny" und kam spät am Abend
heim.
Nur einmal im Jahr, am Weihnacht,
abend, blieb der Hausherr unbedingt zu
Hause. DaS Fest der Kinder hercitekc
ihm in igensrjigeS. naives Vergnügen.
Niemand derstand besser als er. Geschr
U auszusuchen, und die Kinde, waren
o jeher gewohnt,, ihn in alle Weid
nachtsangelegenheltkn um Rat zu fra,
gen.
Die kleine Tina war schon im Be
griff,- sich a den Aater zu wende tot
ge deS Klavierspieler!, als Tatjana ihr
achÄlte und da Stubenmädchen Dun
h nach jemand schickte, der sich in der
Leitung für Tsnzabendt . empföhle
vette.
Es ertönte ia Glockenklang nach dem
anveen an der auklur. J?le Gast itell
ten sich zur Weihnachtsfeier ein, und ein
Stimmgewirr po Kindern und Erwach,
senen ließ sich auf dem Vorplatz berneh
men. w -Pelze und Mäntel abgelegt
wurden. Man tauschte laute Begrüßun,
ßen und Küss, au, und es herrschte eine
erwartungsvolle Fcststimmung. Nur Ti
a flüsterte ängstlich zu den Schwestern
und Brüdern: Gottwa sangen wir
nur , wen niemand zum Tanz auf
spielcss kann?" .
.Ei wird sich schon jemand unter nö
finden tröstete sie ine Stimme.
.Ja, für ine Stunde wohl, aber picht
für den ganzen Abend!"
Inzwischen kehrt Dunja atemlos zu
klick ia Begleitung eine Knaben und
sprach leist ,u Fräuleia Tatjana:
.Schelten Sie nicht. Fräulein, aber der
Kabt schwor mir, daß er schon wieder
holt aus Hochzeiten und Gesellschaften
gespielt hat. und da doch niemand sonst
in späte. Stunde jetzt aufzutreide? war,
E ist meine Schuld, daß ich nicht
früher daran gedacht habe, ich will mal
hören, pa der kleine Mann mir sagen
wird. E kam ihr selbst komisch vor.
al si den Knaben, der sich feine dün
neu Mantel entledigt hatt und ia de,
Uniform eine Realgymnasiast vor ihr
stand, angelegentlich fragtet
Habe Sie wirklich lcho zu Tanze
gespielt, und können Sie Walur, Oua
drille und..."
Ich sehe jünger au, al meine vier,
zehn Iahn, aber seien Sie versichert.
Fräulein, daß ich alle Tänze spielen
kann - auch och mehr al da!" un
terbrach sie der Knabe und zog seine Au,
enbrguen finster usamme. als die
Polz Lydia, die skeptische Bemerkung
achselzuckend zur- 'Schwester machte:
.Wa der wohl könne wird!'
Wit flammendem Blick seine, großen.
duuNen Auge wandte sich Tat.
jana. in de, , instinfti sei Gönne
m sah, und bat:
.Gestattn, Sie, wh ich Ihm eiwaH
VorspiekeZ' '
Die kleine Tina, die der Unterhaltung
gespannt beiwohnte, ergriff den Schüler
beim Ära, Und führt ihn zum Flügel
,um Erstaune de, ganze, Gesellschaft.
Er schien all, Schüchternheit überwun.
den ,u habe, sobald fein feinen Ki.
derhände di Tasten berübrten. Er kviel.
te ein ungarisch Rhapsodie j Liszt
mit solch inex Fertigkeit, mij solch sprii.
hendem Feuer und seelischem Lerständ
niS. daß e im großen Saale allmählich
still wurde. Die Gäste kamen leise mit
Erstaune und Bewunderung he FA
gcl xähe,. der unter de, zarte Finger
de Knaben erzittert und ,u wnnen
und zu jauchzen schien.
Wo habt Ihr-den Knlrvl den aus.
gelesen? fragt der Bäte,, der Musik
nevie uk erftanv, pi Töchter Tatjana.
Sie erzählte ihm. wi man in dem klei
ne Pianisten gelangt wak, und er er
Widert kopfschüttelnd:
Da, t t ia einfach in Meiste, dei
Klavier, und S wär gottlos, ih für
Tanze auszubeuten !- Ei ging dann an
den SMeZ zer untz &a
freundlich die Hand reichend: .Ich lai
Ihnen. SlMc heißen Sie?"
.Jurji Asagorow.' lautet die An!,
wort det armlich aussehenden Knaben
.Mein lieber Jurji. Sie hören aui
dem Beifall, wie Sie uns alle entzück!
t,nUn H!rt. ,1 tnirh N,
unii, )V 4.v. -
ll.Mi.M k.M .. -k. 0&.nW rt11 3lt
tilCIItylll, Kill tyUUjrn tt" 0'
pielen, doch Ktjt lassen Sie noch eine,
chönen, munteren Marsch hären!" sagt,
Rudnew liebenswürdig. Unter den lau
ten Tönen des FaustmarscheS zündet,
er selbst dik dichter n dem hohen Tan,
nenbaume an und inkie dann vergnügt
den Kindern zu, die sich vor Neugierd,
schon auf die Zehen gestellt hatten unt
nun schüchtern ein! nach dem ander,
herbeikamen. Sie waren wie geblendet
voa dem Glanz deS BaumeS und dei
herrlichen Weihnachtsgeschenke, die au
einer großen weißgedeckten Tafel zierlias
ausaebaiit waren.
Während der Jubel der Beschenktez
seinen Höhepunkt erreichte, lief di tanz,
lustige kleine Tina an den Pianisten
heran und bat:
.Bitte, spielen Sie jetzt eine Polka.'
Er willfahrte ihrem Wunsche unl
bald drehten sich die Paare um ihn her,
um, so daß er gar nicht merkte, daß nocs
neue Gäste hinzugekommen waren. Un,
ter ihnen befand sich in Herr mit ri
nem eigenartigen Cbarakterkopf, zu de
der Hausherr verbindlich sprach:
.Anlon Grygorjewitsch. wenn Sie dil
Ehre und ffreude. die ?ibr Besuch unl
ewälirt. noch erhöben und etwa
'i,lt ik.iii.. .9 .........
IflltUI lUUlllCfl Ctt 1UUIC Cttl II UL7c Ll
anglich historisches Ereignis für meine
ijamiiie. . '
.jjitten Sie mich nickt, mein kibe,
Arkadii Nikolaiemitsch, ti tut mit Iiib
Ihnen etwas abschlagen zu müssen."
, Mr Zlnaoe ivume ein t nicht, warum
oer remve mit dem maiestaiischen Aus
sehen ihn derart bahnte, daß er sich wie
spielte er weiter Mahn und Bolka. aber
er hatte da -Gefühl, daß der Hausherr
über Ihn mit dem vornehmen Gasle
sprach. Und wirklich, auf einmal hörte
er, wie eine weiche, aber souveräne
Stimme zu ihm sprach:
Spielen Sie bitte noch einmal di
ungarische Rhapsodie.' . ;
Er mußte gehorchen,' obwohl er von
einer ganz, n begreiflichen Angst rgris
f wurde. Die 3?ahe deS gewaltigen
Künstlers versetzte aber ollmählich seine
Seele in ungewohnte Schwingungen.
oquigeue seine ginget und verklärte sein
ganze! SZesen. Er glaubte zu wachsen
unter den. Blicken jenes ungewöhnlichen
ManneZ und rollszte.,daß er noch nie in
seinem Leben fo gut gespielt hatte.
Er konnte nicht sehen, wie daj gedan
Knvoll Antlitz de interessanten Gastes
sich immer chelterer aufklärte.
Erregt und derfchüchtert wagte der
nabe, dessen magerer, kleiner Körper
bebte, sich nicht umzuschauen. Der laute,
begeisterte Applaus umtauschte ihn noch,
alt Rudntw an ihn herantrat und rmt
geschlossenen Augen ihm entzuckt zu
flüsterte:
Wissen Sie tzenn nicht, meig Täub
chen. daß Anton Grygorjewitsch Rubin
stei Sie gehört hat. daß er schon drau.
he auf Sie wartet, um Sie miizuneh
wen und um Ihr Lehrer zu werden?
Ich bin glücklich, daß Ihnen in mei
nem Hause solch in Weihnachtsgeschenk
zuteil wurde!".,. '
tn Knabe wußte nicht, wie ihm ge
schah. Er kam sich toi in Triumphs
tot vor. als r in seinen fadenscheinigen
Mantel fuhr. Er merkte wohl, daß je
wand ein gefüllte Kuvert in seine
Ueberziehertasche steckte, aber r konnte
kein Wort des Danke vorbringen. Es
drängte ihn in die eisige Schneeland.
schast der herrlichen Weihnacht hinaus,
wo im Schlitten der berühmteste Kla.
vierZiinsMt seiner Zeit auf ihn wartete.
Die Herkunft des deutsche
Michels.
Eine Geschichti deS deutschen Michel
hat der Professor an der Deutsche Uni
versitSt i Prag Professor Dr. A. Häuf,
sey geschrieben. Der Verfasser geht auS
von htm i?ckw,rikir! i: !
ri , 7"""'' vn uicam
Wn Erzengel Michael, der volkstümlich
Michel genannt wird, ine Verkürzung,
Nie IllfnmmpnfrtTf il .. i.T.
- u-,- Ul ,11). jjjjj Qlf
Mittel deS 16. Jahrhunderts ouögestor
fi,n.n 1 V t' .t . ujTy -
muue i i. Ls, machilg. ark.
nlmkillna und Nrm, K.s
gelte Wortes .der deutsch Michel' in
der eil hnn irjvt f,; 10 c.
v ir! i, ao eut
deutsche Michel ka Romanen. Dramen
ltn Ai.kll.M , v i , .
?x ... iKU 'lvea in lnem jlcrn
noa eoen eoimt n,snK K.k.,t
, r "'BV" WUH,
Dkk früheste Nachweis findet sich in Se.
K! I rr.ijt." i .. '
irnix V V1"1 WF";0II V&kl),
Mich wird dort zwcjmal genannt: ein.
nnl Im. . c li. . . .
w na yimutl nuj Dit grauen, BU
in Ränke itnh frfi.ii n.rH.:-i,.
' . gZ " B'U(IUIBUt ICIfll
toi Vokton. hingegkn in nötige Sa.
Initiin fl U . 4, U C
cm"x '? .an ver eutch
Mchel , dann unter den Redensarten '
urbe und dumme Mrnfchea: .ein
blinder feifimnn in
, -, .m uununct
Iahn, de, teutsch Michel nfreund
1 ' 4 Hwi ( 4. VI . - M .
!'"" uuw oHocrcn anen Belege,
aussen nimmt hnhrt an Vinl. ... rn.
'i ' " "0 "l wn
voa dtauße stamme, und zwar aus
HnVrif WJhtfi.i.A U..l!u Jk , m
-..uiiuiuniuj, Ivviji Stut en, die
.Michelsbrkid..' Im 1 4a .Z.
T - W UJIIJ XVI KUÜIW
wdert Wallfahrten nach dem Mont '
'uiH Nlrrnaymen. echon' damals
dejichnei man in Frankreich mit
mit,Iot einen Detteliungkn. der nur
Zum Schein wallfahrtet. l55S hißt e,
von ejnem beschrankte Pfarrer: .Er
wußte weniger, wie seine Pfarrkindrr.
a weniger dann der teutsch Michel"
Au, selbe Zeit fange di Ritter d ,
Deutsche Orden,: .Wirei verdoriea
Edelleut. Spot unser edermaan httonh
Ä" " nennt."
Mi Svolhnnd Klaae sind ferner an.
'ffÄ Chamisso.' Plaien.,,
S s .. $Vmn erslkbe
ftm usw. Ab? vom Spottnamen
Mchel) und imlt "S
Miche!) wird der Nar BmüMich iurn
tifc Bd Ennnam der Dentsch.,