Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, January 14, 1920, Image 7

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Deutschlands und Oesterreichs Geschick unlösbar vkrknLPft. Mittel,
kuxopa üli Kern für den kontinentalen Zusammenschluß. Nevolu
ti uter Druck von außen. Passiva der Republik. Der Satt,
ler" und der Tischler" deö neue Teutschland. TaS Triumvirat.
Apathie der BolkSmassen. Tie Hyänen deS Schlachtfeldes.
Politischer Ceiltanz. Erweckung der Etillen im Lande". Ein
heltöstaat als lebendige Idee. ' Ter Ruck nach rechts."
Die Deutsche JRevuMi! hat sich die Far
kn chtvarzNot.Gold für die NeichS
!rl)n und den Schwarzen Adler im gol
ne Felde all Wappe bei Reich ge.
liirt. Diese' Farben waren zuerst von
den Jenenser Studenten bei der Grün
dung der Burschenschaft 1813, an die
Uniform der lützower anknüpfend, ge
wählt worden und haben dann in der
ersten Hälfte deö vergangenen Jahr
tundertS als das Symbol der deutschen
Nationaleinheit gegolten. Sie waren
die Farben der großdeutschen Idee und
mußten 1871 dem Schwarz-WelßRot
im Banner deS neuen kleinideutfchen Nei
khel, wie diese im Hohenzollern-Kaifer
turn errichtet wurde, weichen. Die Be
chtigung der deutschen Republik, die
Farben Schwarz-Not-Gold zu führen,
wird davon abhängen, ob sie im Stande
Ist, den, dem Farbenwechsel entsprechen
en Jdeenwechsel vorzunehmen, das
ißt, die kleindeutfcht Idee durch dir
roßdeutfch Idee zu ersetzen. Von der
ttscheidung solcher Frage hängt mit
Schicksalsbestimmung für die deut
Volkheitab.
Auch in dem neuen ReichZwäppen sind
it dem Schwarz deS Wappentier, dem
let in Krallen und Schnabel deS Ad
trS und dem Soldgelb deS Hintergrund
Ki die Reichsfarbr gewahrt. Die Kro
Jen und sonstiges heraldisches Beiwerk
find weggefallen. Der Adler breitet
Schwingen und Schwanzfedern aus,
und der Kopf mit dem offener Schna
bel. auS. welchem die Jung heraukfährt,
blickt nach linckS. Ein reaktionäres Blatt,
welchem d Wappentier ruppig und
struppig borkommt, versieht die Blick
rtchtung deS Adler! mit der höhnischen
Bemerkung .Natürlich nach links. Aber
die neue Schicksalskündüng weist der
deutscht Lolkhtit die Richtung nach
rechts. In dieser Richtung liegen die
Möglichkeiten der außenpolitischen so
wohl, wie der innenpolitischen Entjvlck
lang zur Verwirklichung der großdeut
schenJdee.
EZ handelt sich heute gar nicht mehr
allein m da? Schicksal der deutschen
Republik oder der Republik Oesterreich.
Nur in Verbindung mit dem Schicksal
dn deutschen Volkheitsidee erscheinen die
Eonderschicksale dieser heule noch geo
giaphisch getrennte Einzelgebiete von
Bedeutung für die Bolkheitsgemeikl
schaff. Nur do f hoch ragendem Ler
Igipfel' zeigt sich dem forschenden Blick
ba auch dn Durchsetzung 3 deutschen
Gedankens gelobte Land der Verheißung.
Die wahnwitzige Idee,, die deutsch
Äglkheit vernichten zu sönnen, ist ja -icht
neu. Da Deutschtum als politischen
Faktor zu beseitigen, ist schon daS Stre
tx der Zeiten, welche durch die Politik
Ludwigs XIV. und Napoleons ihre
Signatur halte haben, gewesen. ES
km die Auffassung auf, daß der deut
sche Gedanke sich auf die Letatigung in
der stille Gelehrterbstube zu beschränken
hbe, Deutschland zum .Land der Den
k ud Dichter' bestimmt ssi.
I dem vergangenen Kriege hatte
,!sich die . Absicht der politischen Un
indÄckung d'S Deutschtums mit der
mner wirtschaftlichen Ausschaltung
verknapft. , , Politisch hatte sich der
MnslawiLmuS. als dessen Borfäm
pfa Rußland auftrat, mit dem 'vn
M der
Hmt L t n
Meoeral
Gie entsetzliche Fdlgen de? Vcrsaillcr Fried ensvcrtrags mit Bezug auf Bevölkerung, Kohlen- und Eisens
Produktion, Handelsflotte, Landwirtschaft, Finanzlage etc. '
von
Di augenblickliche Lage der deutschen
Wirtschaft vertrLgt keine Analogie mit
irgendwelchen Vorgängen in der Ge
schichte de, Völker. Nach der Volkszäh
lung von 1910 wurden 64.925.9g3
Deutsche in der Heimat gezählt. Die
Durchführung deS Vcrsaillcr Friedens
bedeutet einen Beoölkerungsserluft von
ungefähr 9 Millionen Menschen. Die
Bevölkerungsoerminderung während 4
KriegSjahren ist mit LZ Millionen Men
schen nicht zu gering berechnet; darunter
2 Millionen blühender Männer im
Kriege. Inwieweit die Notwendigkeit
. der Auswanderung den Bevölkcrungs
ufbau ungünstig beeinflussen wird, ist
im Augenblick noch nicht abzusehen.
Durch die Gebietsoerluste sind wesent
licht Produktionsoeränderungen unaus
leiblich. i. Jn unseren Breitengraven
bildet di Kohle -die Nährmutter aller
Dinge. Ihr verdankten wir die groJar
tige Entwicklung unseres Landes' zu.
inem intensiv arbeitenden Industrie
nd Agrarstaat.
Der FriedenLvertrag fordert eine Koh
lenabgabe von jährlich 40, Millionen
Tonnen Steinkohle. DaS wenigstens
auf 13 Jahre verlorene Saargebiet pro
duzierte 1? Millionen Tonnen, d. h. 9
Prozent der gesamten Steinkohkenpro
duktion'DeutschlandS. Die Kohlcnförde
rung Oberschlesiens betrug im Jahre
1918 etwa 43 Millionen Tonnen, d. h.
23 Prozent unsere Kohlenproduttio,
d in ihrer Gesamtheit, im lebten Frie
der Nevancheidee kamouflierie Anspruch
Frankreich aus die Hegemonie über den
europäischen Kontinent verbündet. In
dieses politische Bündnis hatte sich der,
in der Beherrschung ler See und der
Weltmärkte sich bedroht fühlende briti
sche WirischastS'JmperialismuS einge
holt. ES wurde aus dieser Berquik
lung ein Kampf zwischen Romanenium.
Slawentum und Anglofachsenum auf
der einen, und dem Germanentum in
dessen hervorragendsten Mitteleuropa!
sehen Exponenten auf der andere Seite.
In diesem Kampf ist zunächst der Pan
slawiZmuS untergegangen. Aus ihm ist
da Romanentum, wie eö von Frankreich
und Italien vertreten wird, und daS
Aßglosachsentum, welches sich in England
und soweit eS sich in den Bereinigten
Staaten von Amerika verkörpert, als
Sieger hervorgegangen. Aber nicht da
Germanentum ist niedergerungen toor
den., sondern nur die mit dem Sammel
namcn Imperialismus" und Milita
rismuS' zum Ausdruck gebrachten. Am
bitionen einzelner, allerdings feiner her
vsrragendsten Glieder. Auf der anderen
Seite hat sich die van der französischen
Republik wieder aufgenommem Idee der
Hegemonie Frankreichs über den euro
päischen Kontinent, welchem Ehrgeiz der
Wille - zur Vernichtung Deutschlands
entstanden war, nicht durchzusetzen ve:
möcht. England hat sich dem Hegemo
r.ttgedanke und Amerika dem Vernich
tungSwillen entgegkngesternmt. Auch der
Versuch eineS Zusammenschlüsse des
Romanentums ist mißglückt; schon die
Rivalität zwischen Frankreich und Jia
liei! um die Führerschaft bildet ein Hin
dcrniS. Ebensowenig haben sich die an
den Einlritt Amerikas in den Krieg ge
knüpften Erwartungen erfüllt; die damit
verbundenen Ideen, welche dem Einen
hehr und dem Anderen lustig erschienen,
haben sich nicht ietätigen können. Der
Völkerbund hängt in der Luft, daS Recht
der Silbstbestimmung der Völker ist in
dielen Fällen zur Willkür ausgeartet,
und die Sicherung des demokratischen
Gedankens als Schibboleth in eine neue
Zcit deS Rechts und der Gerechtigkeit
hat sich nur in der Errichtung verschiede
ner Republiken auf heute noch fchwan
kender Basis vollzogen. Der große Er
folg aus dem Kriege und dem Siege ist
ausschließlich der Englands.. . Englands
Herrfchaft über die Weltmeere und die
Weltmärkte ist verstärkt worden. Eng
lands wie ftetS weitsichtige und zielbe
wußte Politik ist auf die Kontrolle über
ganz Suropa gerichtet. Die englische
Politik ist bereits eingestellt in den Ge
sichtSkreiS der in der nächsten großen
GefchichtZperiode . in Aussicht stehenden
Abrechnung oder deS Ausgleichs zwischen
ganzen Kontinenten. Für die Zeit der
Niescnkombinationen und Vo'lkermasscn
Gemeinschaften.
Dieser Haltung Englands gegenüber
giebt sich für Europa die Notwendig
keit, eine kontinentale Politik zu treiben,
deren Ziel der Zusammenschluß des
Kontinent! bilden Kuß. will Europa ein
Faktor bleiben und werden für die Rege
lung der Welwechältniffe und die Be
stimmung der Völkerbeziehungen durch
die zu erwartende Jusammenfchweißung
gewaltiger Kombinationen. Für den
Ausgleich anstelle der Abrechnung kann
daS Germanentum, weil in der Mitte
i
tMU öer .
. deutjchen Wir
Kammerpräsident Dr. Aleefelö.
benszahr mit 191 Millionen Tonnen,
im Jahre 1917 mit 167 Millionen Ton
nen, anzugeben ist. Demnach verlieren
wir ungefähr die Hälfte unserer gesam
ten Frirdenshöchstförderung.
Allein durch die östlichen GebietSab
tretüngcn gehen nach einer Berechnung
deS Landwirtschaftsrats etwa ein Vier
tei der Gesamtproduktion an Brotge
treibe und Kartoffeln verloren.
Deutschland konnte durch die Eisen,
erzlager in Elsaß-Lothringen die Eisen
geminnung von 1.4 Millionen Tonnen
im Jahre 1370 auf 20 Millionen Ton
nen im Jahre 1913 erhöhen und war
damit einer der bedeutendsten Eisenlie
feranten des Weltmarktes. Auf Elsaß
Lothringen, daS Caargebiet. Oberschle
sie, da linke Rheinufer und daS zoll
deutsche Luxemburg entfielen 52 Prozent
der Roheisengewinnung, 43 Prozent der
Flußstahlerzeugung und 43 Prozent der
Walzeisenproduktion.
Durch den Verlust OberschlesienS wür
den wir bei einer Gcsamterzeugung an
Zink von zirka 230.000 Tonnen und Blei
von zirka 83,000 Tonnen im Iah 1915
5131 Tonnen Zink und 4618 Tonnen
Blei einbüßen; dazu die bedeutendsten
Zinkcrzlaaer Deutschlands..
Jn Elsaß'Lothringen war unsere Ka
llproduktion auf 350.000 Tonnen, d. h.
S Prozent der Gesamtproduktion gestie
gen, und unser Weltmonopol in Kali ist
dahin. Dort verlieren wir auch 42 Pro
zent der deutsche Rohölerzeugung, die
Surspal gelegen, tzum Kern, dI Au
sammenfchlussel deS Kontinents werden,
vorausgesetzt, daß eS sich selbst zusam
rvnfindet. ES kann sich aber nur zu
sammenfinden, falls oui dem Verhält
niS zwische,s"seinen hauptsächlichen Ver
tretern und den schwäch.r..: Gliedern daS
Gefühl der Befürchtung, vergewaltigt zu
werden, ausgeschaltet wird. Diese Aus
schaltung muß festgelegt werden durch
die Entwicklung auch der inneren Poli
tik der germanischen Mittelmächte Euro
pal und in der Richtung aus die SIche
rung deZ demokratischen Gedankens
Solche Sicherung hat wieder die Auf
richtung einer stabilen Regierung zur
Voraussetzung. Schließt Europa, der
europäische Kontinent, sich zusammen,
dann wir', ein wiederaufgerichtettS Ruß
land sich neu einrichten auf seiner alten
Bestimmung, eine asiatisch ' Macht zu
sein, und damit ist die Perspektive auf
eine Kombination zwischen dem euro
päischen .-.ontinent und einem asiatischen
Rußland, welche? zugleich die Verbins
dung mit dem Fernen Osten herstellt,
für die kommende Zeit der Weltabrech
rung oder deS Weltausgleichs eröffn.
. DarunHann gesagt werden, daß daS
Schicksal die deutsche Volkhcit, so weit
die äußeren Beziehungen in Betracht
kommen, nach rechts, nach Rußland,
weist. .
Unier diesem zweifachen Gesichtspunkt
sollen die Faktoren der Ausgestaltung
der inneren und der äußeren Politik, sol
len die Forderungen, welche an die deut
sche Volkheit in seiner Sch!cksalsstuue
gestellt sind, besprochen werden.
m '
Der innere Umschwung sowohl in
Oesterreich wie in Deutschland hat sich
vollzqgcn nicht auf dem Weg.e der Ent
Wicklung des politischen Innenlebens,
scndern unter äußeren! Zivange. Ob
und inwieweit die äußere Einwirkung
einen vorhandenen Eigenwillen zur Be
tätigung verholfen hat, muß sich ergeben
aus der eventuellen Deuerhaftigkeit der
neuen Institutionen und der Stabilität
der Verhältnisse, wi? sie durch den Druck
von außen eingeführt worden sind. Für
solche Erwägung ist die Anschwßfmge
von größter Bedeutung. Die gegen daS
neue Regime in Deutschland und in
Oesterreich erhobsne Beschuldigung, daß
beide den psychologischen Moment für
den Anschlußvollzug verpaßt hätten, wird'
bereits von der nüchternen Anbetracht
zichung der obwaltenden Wirklichkeit und
der vorliegenden Tntsachen zurllckgewie
sen. Die Behauptung, daß der An
schluß Deutsch-Oesterreichs in dem da
maligen Moment kraft des SelbstSesiim
mungsrecht der Nationen sofort hätte
vollzogen werden können und die Ler
einigung durch die, durch die Verzöge
rung verursachte Erstarkung der dem
Anschluß widerstrebenden Faktoren der
hindert worden sei, widerlegt schon daS
Machtwort von außen, welches sich auch
um eine vollendete Tatfache nicht geküm
wert haben würde. Es ist daS gleich
Machtwort, welches heute die Absichten
der Loötrennung einzelner Lander von
der Republik Oesterreich, daS heißt von
Wien, verbietet. Die .LoS von Wien'
Bewegung hat ihren Ursprung auch gar
nicht in volklichcn Zu oder Abneigun
gen, sondern sie erhält ihre Triebkraft
in erster Linie aus rein parteipolitischen
Erwägungen, aus dem politischen Ge
gensalj zwischen den Parteien, welch
die Zentralregicrung in Wien führen,
und denjenigen, welche in den betreffen
den Außenländern der Republik bestim
mend und vorherrschend sind. DaS
Parteig.ezank 'beginnt überhaupt in
Oesterreich sowohl wie in Deutschland
die doch so notwendige gemeinschaftliche
Arbeit für die Rekonstruktion zu hin
dern. ' ,
Die Nevdliilion hat in Deutschland
sowohl wie in Oesterreich vom Zcit
Punkt deS WaffenstiNftandeö an bis zum
Abschluß deS vergangenen JahreS nur
weniges an positiver Arbeit aufzuweifen.
kschajt möglich?
im Frieden etwa 120,000 Tonnen cluS
machte.
Die früheren deutschen Kolonien Hai
ten sich derart entwickelt, daß diese un
ter anderem bereits ein Viertel unseres
gesamten Bedarfs an Kautschuk liefer
ten, der sich auf 16.000 Tonnen stellte.
Unsere Handelsflotte ist dahin. Im
Iahn 1913 hatten wir zirkci S Milli?
nen BruttorcgistertonS. ES bleiben, uns
noch inige Fischdampfer. Die im Bau
befindlichen Schiffe müssen ausgeliefert
werden. Auf deutschen Werften sind
während der nächsten fünf Jahre für
Rechnung der Alliierten neue Schiffe, de
reu Gesamttonnage jährlich 200.000
Tonnen icht übersteigen soll, zu bauen.
Alles, was wir aus dem Auslande be
ziehen, mutz mit fremde Schiffen her
angebracht werden.
Die Binnenschiffe sind bis zu einem
Fünftel auszuliefern. Ende 1912 ,be
saßen wir etwa 30.000 Flußschiffe mit
1.4 Millionen Tonnen Tragfähigkeit.
Etwa ein Zehntel deS früheren Eisen
dahnnetzeS. welche 1912 60,000 Kilo
meter betrug, geht verloren. 6000 Lo
komotiven und 130,000 Eisenbahnwagen
waren abzuliefern.
Die deutsch. Einfuhr betrug vor dem
Krieg etwa 10 Milliarden Mark, die
Ausfuhr etwa S Milliarden Mark. Wäh
nnd wir nur zirka 13 Prozent fertige
Waren einführten, betrug deren Aus
fuhr 63 Prozent. Unser hauptsächlicher
Verdienst bestand also in der Veredlung
Da! klärt sich allerdings zu Teil
daraus, daß gar keine Vorarbeit statt
gefunden hatte.' Die Revolution ist so
plötzlich und unier so starki Druck von
außen gekonimen,, daß, abgesehen von
einer gewissen Art der Propaganda im
Innern, die gleichfalls erst einer . An
regung von außen, In der Jqrr von
Drohungen und Versprechungen, bedurft
hatte, ein Vorarbeit auf den Linien der
inneren Entwicklung un? unter dem Eta'
fluß bei eigenen Dränge! nicht gekeiftet
Korden war, nicht hatte stattfinden
können. Die Geschichte wird den WLn
nein, welche die Revolution in Deutsch
land, wenn auch nicht gemacht, so doch
geführt haben, die Anerkennung nicht
versagen, daß sie in kritischer Zeit eine
schwere Verantwortung auf ihre Schul
tern genommen haben. Aber ei erscheint
mehr all fraglich, ob Männer wie
Ebert, der .Sattler", und Noske. der
.Tischler" der neuen Deutschen Republik,
imstande fein werden, daS Werk Bis
mncks, deS Schmieds der deutschen Ein
heit", fortzuführen. Es fragt sich. 'ob
daz heutige Triumvirat der Sozialisten,
Jentrumsmänner und Demokraten die
Stabilisierung der Verhältnisse .wird
herbeiführen , können, welche, alS 'B"r
aukbedingung jeder Rekonstruktionsmög
lichkcit. notwendig ist. Die deutsche Ne
lierung hat -heule noch die Balanzier
lange nötig. -um nicht rechts "der linIS
n den Abgrund zu stürzen. Mit Seil
änzerei Über Abgründe ist's indessen
nicht getan Es gilt, einen festen Grund
zu erreichen, auf welchem sich die Ent
Wicklung vorwärtsbewczen kann. Mit
den, Ruck nach recht welcher immer
fühlbarer wird, soll der feste Boden ge
Wonnen werden. Die Abgründz. welche
heute noch gähnen, müssen aufgefüllt
weiden. Die .Gefahr von links", in
welcher Nichiurg der neue deutsche
Reichsadler blickt, dürfte sich weder durch
den Beschluß der .Unabhängig auf
ihrem kürzlichen Parteitag in Leipzig,
welcher sich für die Einführung des Bol
schewismuö in Deutschland erklärt, noch
durch' die rwnrteten Beschwerden des
2SinterZ vertiefen. Der .Lolschewiö
mus" als Schreckgespenst ist überhaupt
erledigt, und die Entente dürfte nach
den bösen Erfahrungen, welche sie mit
ihm in Nußland erlebt hat. von einer
Aufreizung der Massen in Deutschland
obstehen. Man wird auch die Gefahr,
welche von rechts durch die Reaktion
droht, nicht überschätzen dürfen. Die
kllrzlichen Demonftrcrticnen für Hinden
bürg werden die deutsche Zukunft nicht
gefährden können. Es bildet sich heute
in gewissen Kreisen eine Stimmung her
aus, welche der ähnelt, wie sie in Frank
reich in der Zeit nach dem Sturz Na
poleins 1. zum Durchbruch kam. Diese
Stimmung beschreibt ein Miterlebcr der
Hindenberg-Tage in Berlin mit folgen-
den Worten:.
Als Napoleon Ui Bel!eAllianckge
schlagen und -'.nach Sankt Helena ver.
bannt war, at:nete daS französische Volk,
nach Jahrzehnten schillernder Unruhe,
auf. Der sukchtbare Druck inimer neuer
militärischer Unternehmungen war einem
ErholungsbedürfniS d:S fast völlig er
schöpften MenschenmaterialS gewichen.
Talleyrand hatte auf dem Wiener K?n
greß, durch eine geschickte Diplomatie,
Frankreichs Prestige und europäischen
Besitzstand gerettet und so konzentrierte
man die müden Kräfte aus die Restau
ration. Aber je weiter man sich, in dem
stillen politischen Einerlei des Alltags
unter der Regierung des letzten Aour
bonen, von den großen Tagen des glän
Senden Kaiserreichs entfernte, um so grö
ßer wurde die romantische Sehnsucht
nach der Vergangenheit. Die Napoleon
Legend entstand. Heute ist eS bei unS
in Deutschland nicht anders. Viele,
deren Gedächtnis allzu kurz ist. führen
alle die Leiden unh Nöte der Gegenwart
allein auf die Revolution zurück und, in
der Hoffnung auf eine andere, eine des
ere Zukunft, klammern sie sich an die
der Rohstoffe. '
Die Bilanz unserer Wirtschaftslage
erfährt tine weitere erhebliche Anspan
nung durch die Zustände, wie sie sich
seit der Revolution entwickelt haben.
Während England vor dem Kriege
etwa 280, Amerika 460 Millionen Ton
nen Steinkohlen und diese Staaten im
Jahre 1918 230 Millionen Tonnen bzw.
600 Millionen Tonnen förderten, ist un
seit Steinkohlenproduknon um S08'uf
etwa 100 Millionen Tonnen gesunken,
wovon noch die oben erwähnten Leistun
gen an die Alliierten in Abzug zu brin
gen sind. Auch in den letzten Monaten
und Wochen ist die Kohlenförderung
nicht nennenswert gestiegen. ' ,
Diese betrug im. einzelnen:
im oSecamtSSezIrk
in OdersAlcstm Dortmund
Tonnen Tonnen
2. Lmrtal 1919 6,!.'32,M5 . 12,8S5,70Q
8. , 1919 6,077,311 ,IS 12,500,000
1918 10,711,432
24,3111,112
25,430,220
23,622.B77
21,812,031
21,214,537
28,072,631
8. . 1917 11.228.8,14
8. w ISIS ll,041.:t!H
3. .1915 10,821,2$
l
191 1,973,tf0
1U1J 1,US,L
Diese Ziffern beweisen, daß auf diese
Weise allmählich unsere gesamte Wirt
schast zum Erliegen kommen muß.
Jn der Landwirtschaft ist die Ent
Wickelung ine ebenso katastrophale. Vor
dem Kriege betrug unsere Einfuhr an
NahrungS und Genußmitteln etwa 30
Prozent der Gesamteinfuhr, also etwa
sür 3 Milliarden Mark, während wir
nur 8.S Prozent ausführt. Bei der
gewaltigen Zunahme unserer Bevölke
rungsziffer vor dem Krieg war eS eine
Tat der deutschen Landwirtschaft, auf
unserem zu drei Viertel sterilen Sand
dodcn und bei unseren klimatischen Zu
ständen derartige Leistungen zu erzielen.
Schon während deS Krieges war der
Rückschlag in der Agrarproduktion durch
die Kriegswirtschaft und den mangeln
den künstlichen Dünger ein gewaltiger.
Nach mir vorliegenden Statistiken kann
dieser auf zirka 30 Prozent im Durch
schnitt geschätzt werden, und daS weitere
Sinken der Erträge ist angesichts der
durch die Kohlenkatastrophe herdeigeführ
ten völligen oder teilweisen Etilleauna
Fghnr im Weltkriege, die ihnen all
große und start, Männer den Weg nach
oben zeigen sollten."
Die größte Gefahr, welche dl Zu
kiwft Deutschlands heute bedroh, le
steht in dem Seelenzustand, in dem sich
heute die große Masse des deutschen Bsl
kes befindet. Man darf sich der trüben
Wahrheit nicht verschließen, daß sich wet
tcrer Schichten deS Volkes unter dem
Druck der schweren Lasten eine Apathie
demächtigt hat, welche verhängnisvoll
werden iönnte. Schsn der Revolution
gegenüber hatte sich. daS Volk in seiner
großen Wchrheit vollständig gleichgillig
verhalten. Die seelisch Apathie ist feit
dem zur fast gtfübllosen .Wurstigkeit"
dem morgen gegenüber gestiegen. Die
deutsche Bevölkerung scheidet sich heute
im Grunde in drei Klassen: Die, welche
nicht zu leben, die, welche knapp zu le
den haben, und die, welche toll leben. In
der letzten Bcvölkerungsschicht stellt sich
die dringendste Gefahr für die Zukunft
Deutschlands dar. DaS sind die Hyänen'
des wirtschaftlichen Schlachtfeldes, aus
welchem die, die nichts zum Leben haben,
tot und die Knapplebenden verwundet
liegen. , Das sind die Profitgeier. die
Schieber, die Schleichhändler,- die Wu
cherer, die wühlen, wenn auch nicht im
Golde, so doch in Tausendmartscheinen.
Sie treiben den großen Auswand an
Luxusartikeln, welche durch das Loch
im Westen" ins Land strömt und dessen
gesamte Volkswirtschaft untergräbt. Sie
verfluchten das Kapital ins Ausland und
treiben unabsehbare Viehherden, welche
alle Weg sperren, nach Nordschleswig,
um damit nach dem Anfall deS Gebiets
an Dänemark ihre Geschäfte zu machen
und ihre Prosite einzuheimsen. Die
große Masse deS , Volkes, welche nicht
japsen kann, ist in Apathie versunken,
und die Schicht der Tollebenden führt
den Tanz um das, mit Papierschcinen
gefüllte Kalb auf. Die verdient den
Tag 15.000 Mark und verjubelt die fol
gende Nacht 10,000, um sie nicht dem
Staat, clcher 'dahinter her ist, zufallen.,
zu lassen. DaS ist das eiternde Ge
schwur am Körper der neuen deut
schen Staatheit, der Krebsschaden des
neuen ReglmeS. DaS wird mit sei
ner Herausbeschwörung der Gefahrdro
hung rechts und links die verarmten
Massen nicht aus der 'Gleichgültigkeit,
und mit allen seinen Appellen und Pro
nunziamentos den üppigen Tanz der
Schnellreichgewordencn nicht zw stören
vermögen. Der Neichswehrminister
Noske läßt, als .ultima Tatio" auch der
Demokratie, die Maschinengewehr fun
kcn. Die Hyänen vom Schlachtfeld zu
vertreiben, dazu scheint die Energie der
Regierung nicht auszureichen. Solange
die Manner des heutigen Systems noch
der Balanzier stange deS Seilläufers be
dürfen, werden rechts und links Ab
gründe gähnen. Verharrt der Seelen
zustand des Volkes im Zustand völliger
Apathie, so muß es in den Abgrund
pilrz. ,
. .
DaS bisherige Fazit der Revolution
ist mit großen Posten auf der Sollseite'
im Hauptbuch der neuesten deutschen Ge
schichte gebucht. Die Passiva ergeben
sich schon aus dem Versagen der verfchie
denen Parteiprogramme. Die Bürger
lichen sind beim Hereinbruch der Kata
strophe auseinandergestoben wie lk
Schafherde beim Gewitter. Sie haben
das Kaiserreich mit sich . gerissen. ' Da
gab's kein Halten, bis sie sich unter den
Regenschirm der Revolution gerettet.
Die Last der Verantwortung für die
Unterzeichnung deö Waffenstillstands,
mit welchem, wie mit der Revolution,
das Wohlwollen der Alliierten eingelan
delt werden sollte, wollten die deutschen
Demokraten der rechte Flügel der frühe
ren Nationalliberalen und ein Häufchen
vom alten Freisinn, nicht auf sich neh
wen und auch im heutigen Triumvirat,
in welches sie dann später eingetreten,
bilden sie die .unsicheren Kantonisten".
zahlreicher Kaliwerke und Stickstoffun
ternehmen gar nicht aufzuhalten. Dazu
kommen die Einwirkungen der neuen
Landarbeiterordnung, besonders auf die
Hackftuchterträgnisse. Der Achtstunden
tag in der Landwirtschaft bringt die
Hackfruchternte in die gewöhnlich bei unS
im November einsetzende erste Frost
Periode. 20 Prozent der Kartoffelernte,
60 Prozent der Zuckerrüben und etwa,
50 Prozent der Futterrüben verkommen
im Boden. Unsere mit unendlichem
Fleiß aufgebaute intensive Landwirt
schast ist jn Gefahr. .Dazu kommt, daß
leider die im Gange befindliche Austei
lung erheblicher Bvdenflächen an kleine
Besitzer vielfach sür die Ernährung der
Gesamtheit das Gegenteil des Erstreb
ten bewirkt. Zahlreiche vom Großbesitz
verpachtete oder verkaufte Felder sind
nicht bestellt worden und damit ist auch
hierdurch die Ernährung der Großstädte
erheblich gefährdet. Gerade diese stehen
mit dem Großbesitz in einer natürlichen
Interessengemeinschaft.
Auf dieser völlig zerrütteten Wirt
schast lasten zirka 200 Milliarden Schul
den und weitere 200 Milliarden Gold
mark als Forderungen der Alliierten für
den Wiederaufbau und an sonstigen
Verpflichtungen. Uater diesen Umstän
den ist es geradezu in heroisches Unter
fangen, in diesem Tiefpunkt unserer
Wirtschaftskurve di ' Finanz und
Steuerfrage lösen zu wollen. , Die! muß
nach jeder Richtung hin zu einem schreck
lichen Erwachen führen.
Was ist zu tun? Weder dem Arbei
ter noch dem Unternehmer ist mit einer
formalen Wirtschaftsordnung gedient,
welche auf völlig schwankem und unsiche
rem Boden aufgerichtet ist. JedeS noch
so weitherzige soziale Wollen muß mit
den furchtbarsten Enttäuschungen schei
tern, wenn es, wie ein bekannter sozia
listischer Schriftsteller .ausführte, auf
ine irreale, den naturgcsetzlichen Grund
lagen widersprechende Jllusionspolitik
hinausläuft. . ES muß offen ausgefpro
chen werden, daß in unseren Breitegra
den und bei unseren kärglichen Natur
D Zusammenschluß der Cojialdemo
kratie und deö Zentrum! erklärt sich auS
dem großen Einfluß, welche die zwei
Partelen tibe, große Massen de, Volke
ausüben. Ueber da! Versagen aller
parteipolitische, Programme sagt P-ros.
HanS Delbrück in feiner bekannten Zeit,
schritt .Preußische Jahrbücher": .
Zu einer lebendigen Teilnahm deg
Volkes an einem politisch-parlamenta
rischen Leben können wie, wie manche
meinen, nur kommen, wenn wir die
große Sorge, daß wir noch einer zweiten
Revolution und' inem wirtschaftlich
sozialen Chcvz entgegengehen, iuiger
maßen überwunden haben und in den
Parteien sich eine abermalige Neubildung
durchgesetzt hat. Die auS der Rcvolu
tion geborenen Parteien haben samt und
sonders weder Stoß noch Anziehungs
kraft. Die Deutschnationalen möchte
ine monarchische Restauration, fühlen
aber selber, daß solche unmöglich ist. Die
deutsche Volkspartei ist ein Sammelplatz
einiger verständiger Männer unter Zu
satz von einigen politischen Strebern, hat
aber überhaupt kein Prgramm. Die
dcutsch-demokratische Partei wird nieder
gehalten durch den Zwiespalt, daß sie der
Natur der Dinge nach dem wirtschaftli
chen Individualismus verteidigen müßte,
jedoch erkennt.. daß ine weitgehende So
zialisierung notwendig geworden ist. DaS
Zentrum weiß, seiner Tradition gemäß,
die Gegensätze in sich auszugleichen, die
konfessionelle Peiteibasis aber ist ver
altet, und eS ist unsicher, ob und wie
weit es die katholische Arbeiterschaft aus
die Dauer an seine Fahne fesseln kann.
Die Wehrheitssozialisten sind in der
verzweifelten Lage, daß sie an ihr altes
Dogma vom Klassenkampf gefesselt sind
und täglich mehr und' mehr erkennen, daß
dieses 'Dogma falsch ist. Diese Lehre
hat ihnen die Masse der Arbeiterschaft
zugeführt; sie war ein demagogifches In
strüment ersten RangeS. Jetzt aber, wa
sie in der Macht sind und nicht da!
Interesse einer einzelnen Klasse, sondern
der Gesamtheit im Auge habe muffen,
schen sie, daß sich auf dieser BasiS keine
Politik machen läßt. Lassen sie sie aber
fallen, so verlieren sie ihre Wählerschaft.
Es blüht der Weizen der Unabhängigen
aber wie lcVge noch? Hinter ihnen
flehen bereits die Kommunisten, und
bald frech, bald ängstlich, pendeln die
Unabhängigen zwischen den alten Ge
nossen von rechts und links hin und
her. Sie lassen sich treiben und treiben
selber aber wohin die Reise geht, wissen
sie nicht zu sagen." .
Die Neorganisierung der politischen
Parteien mutz sich vollziehen auf der
breiten Basis desjenigen Vevölkcrungs
elemenis, in welchem .sich, iminer noch,
die wirkliche Kraft der deutschen Volk
heit darstellt. Diesrs Element muß
aus der Apathie gerissen und für die
Schicksalsstunde mobil gemacht werden.
Das sind die .Stillen im Lande". Das
sind die heute Knapplebenden", clche
leiden ohn zu klagen; die Leute, welche
keine Zeitungen für die Propaganda zur
Verfügung haben und sich nicht mit dem
Bücherschreiben in eine Polemik einlas
sen. Die sich für den Krieg nicht selbst
beschuldigen und auch nicht selbstentschul
digen. Führerlos und oft ziellos hin
und her flutend, haben sie unter dem
alten Regime schon oft und in besonders
wichtigen Fragen den Ausschlag gege
den. Mit der Kriflallisierung dieser Masse
muß das Fundament geschaffen werden,
auf welcher die Struktur der neuen
deutschen Staatlichkeit errich'etund ge
festigt werden kann. . Revolution ist die
Geburt einer neuen Gesellschaft Was
in Deutschland bisher geschehen, bedcutet
lediglich EeburtSwehen. Auch die Dik
tatur des Proletariats" stellt eine,Be
gleiterscheinung dar. Es ist so vieles
lediglich Nachahmung. Die Arbeiter
und Soldaien-Räte-Jdee' ist von Ruß
land übernommen worden und auch die
Wilden Männer in München haben nach
bolschewistischem Muster gearbeitet. Die
quellen nach einer derartigen Zerrüttung
unserer Wirtschaft und unserer Menta
lität durch den Weltkrieg daS sozia
listisch, marxistische Wirt'schaftS Pro
gramm undurchführbar ist, wenn über
Haupt, noch etwas von deutscher Zulunft
übrigbleiben soll. Mit Recht verlangt da
her eine durchaus unvoreingenommene
Richtung der deutschen schaffenden
Kreise in Unternehmertum und Arbei
terschaft ein Entpolittsierung der Wirt
schast, die lediglich nach praktischen Ge
sichtspunkten geführt werden kann. Wenn
dem deutschen Arbeiter unsere wahre
Wirtschaftslage bekannt wäre daS von
mit geforderte Ministerium für Volks
aufklärung besteht immer noch nicht ,
so wird auch er vorwiegend im Prinzip
intensivster Arbeit und ProduktionSstei
gerung unserer aller Rettung erblicken.
Dieses Prinzip muß wenigstens für die
Zeit unseres eigenen Wiederaufbaues in
jeder Weife selbst durch besonder Mittel
gesichert werden. Die furchtbare 'Not
der Zeit muß daS Verhältnis deS Arbei
tcrS und Unternehmers zur Arbeit in r
ster Linie regeln. Die Zahl der Arbei
ter muß durch Einführung der einjäh
tigen Notdienstpslicht für alle gesunden
zwanzigjährigen Männer in Bergbau,
Landwirtschaft und Verkehrswesen ver
mehrt werden. Die Durchführung de
Achtstundentages ist zu sichern und in
lebenswichtigen Betrieben darf S keine
Streiks mehr gebe, - Ein obligatorisches
Schiedsgericht hat hier endgültige Ent
scheidungen zu treffen. Ohne in feste
und gesichertes formelle und materielles
Landcslulturprogramm im weitesten
Sinne können wir unser Wirtschafts
leben nicht wieder in Gang und Ord
nung bringen, während ein solche? auch
nach außen, vertreten durch sachkundige
Männer der Praxis mit einem Schlage
Licht in unser Valutadunkel bringen
würde. Schließlich ist diese nichts an
dereS. als daS Spiegelbild unserer pc
litischen und wirtschaftlichen Zustände,
mit den Augen deö Auslandes betrachtet.
Bei unserer Verschuldung an die Alliier
ten ist unser Wiederaufbau ohne Anleh
Revoluttonlire. welch da frühere Re
gime wegen der Anwendung von Macht
mithin verdammten, Haben auöfinden
müssen, daß auch si, ohne Machtmittel
nicht auskommen und nur Soldaten und
Maschinengewehre he,sen.' Nealutin
wird nicht beim Aasfeklatsch und r.UI
an Stammtischen gemacht und auch die
Gegenrevolution nicht jn der Stille dk
Etudlersiuten. Darum ist es albein.
wenn die heutigen Regierenden auf dil
Veranstalter der kürzlich! Hindenbnrg
demonstrativ schimpfen, daß sie die Pro
paganda auf die Straße getragen hatten,
Die Revolution ist immer noch .auf tei
Straße ansgefochten worden, und daS
Triumvirat, welches heute die Geschäft,
der deutschen Republik besorgt, hat di,
Straßenprobe noch nicht bestanden. DUfy
Kraftprob würde unvermeidlich werden,
falls der Ruck nach rechts" bis an den
Rand deS Abgrunds führte, welcher sickj
zur Rechten des Seils, auf dem die heu
tigen RegieruNgsbeflissenen einhertän
zeln austut. , Aber die Schicksalbstundi
welche der deutschen Volkheit bestimm
ist. verlangt, daß die Seiltänzerei auf,
hört und die Abgrunde zugeschüttet wer
den. '
DaS heutige RegierungSsystem ist, wit
Professor HanS Delbrück darlegt, ganj
voll von innere Gegensätzen. Unwahr
heilen und Unmöglichkeiten. Die Repu,
llit ist daS Geschöpf ineS momentane:
Angstgefühls und war als Schacher,
objekt, das Wohlwollen der Anderen eiw
zuhandeln gedacht. Aber die Revolu,
tion hat eine große Menge Energie,
welche unter dem alten Regime gcb,in,
den war. freigemacht. Das alte Regim
wird nicht wieder aufgerichtet werdei
können, den dessen Blößen waren allz,
sichtbar geworden. Ob die frei,
gewordenen Kräfte ' betreffs der au
ßerM Form - der neuen deutschci
Staatlichkeit und des neuen soziale,
Ausbaus sich für die Republik oder di
Monarchie entscheiden, erscheint gleich
gültig der Notwendigkeit eines Zusam
menschluffeZ gegenüber. Die Behaup
tung, daß die Republik Heu! bereits ab
gewirtschaftet habe, ist grundlos. Fü
die Verkrüppelung Deutschlands um dre
Provinzen und sechs Millionen Seele!
ist die Revolution nicht vcrantwortlic
zu halten; das Geschrei vom Dolchs
in den Rücken" ist heute bercitz wiri
kungslos verhallt. 'Auch die große fran
zösische Revolution hatte mit der Nieder
ringung des. Feudalismus den Hunges
über ganz Frankreich gedrcmr, die iörotj
Zinikn vor den Bäckereien errichtet unl
Schieber und Schleicher in Papiergell
'wühlen sehen. Das Mehr oder Weniget
persönlichen Lehagens bildet ; seiner,
Maßstab für den Erfolg oder Mißersolz
einer Revoluiion.v
,
. Daß die deutsche Revolution bishei
nicht viele Aktiva auf der Habenssite z
verzeichnen hat, erklärt sich aus dem
Druck, unter welchem sie von Außen und
Nach, Innen zu arbeiten -hatte. Ti,
Mobren, welche bisher gearbeitet ni
nicht schlecht gearbeitet haben,' werde
gehen müssen. Aber die Idee wird blc!
den.
Die ledendige Idee stellt sich dar i
der Fortsetzung des Werks deS Schmia
deö der deutschen Einhcit zum Einheits
staät. Der politische Gesamtwillen de,
deutschen Volkheit muß die Form bei
neuen Staatlichkeit, vb Rpublik, ol,
Monarchie, aus seinem Innenleben hen
aus und - nicht unter äußerem Zwangi
bestimmen. Es muß Ordnung geschafi
sen werden, aber nicht die Unterordnung
unter irgendwelche Diktatur, ob von linll
oder nach rechks, sondern die Einordnung
in eine neue Gemeinsamkeit, welche alli
deutschen Stämme im Einheitsstaat zu
sammenschließt. I
Jn der Schicksalsstunde soll der drotV
sche Adler nicht nach rechts oder nacl
links Lugen, sondern mit seinen Blickerj
die gesamte deutsche Volkheit umfassen. ,
(Ein weit Arttkel folgt.)
nung an diese eine absolute Unmöglich
keit. Jn GneisenauS Denkschrift übet
die Notwendigkeit, die Kräfte es BH
keS zu entfesseln, finden sich die Worcej
.Welch unendliche Kräfte schlafen im
Schoße einer Nation unentwickelt und
unbenutzt! Jn der Brust von taufend
und tausend Menschen wohnt ein großes
GeniuS, dessen aufstrebende Flügel fein
tiefen Verhältnisse lähmen!" Wollci;
wir diesen Genius töten?
Björnfon Batcr nd Sohn. ' j
Björn Björnson. der tüchtige Sob
deS bedeutenden Vaters, t)at' am läj
November sein 60. Lebensjahr vollendet
er wurde im Iahn 18Ü9 zu Clnistianicj
geboren. ,und es ist vielleicht nicht unin
terestant, bei diesem Anlaß an das eigens
tümliche Verhältnis zwischen Björn
stjerne Björnson und diesem seinen Sohr
hinzuweisen. Der bcriibmte Dichter,
de
ssen Wahrheits und Ncchrsliebe un
fr'
techllch waren, hat es nicht gescheut,
ossentticv gegen den Kog auszulr:tcn,
wenn dieser nach des Dichters Ansicht
entlich gegen den Sog auszutr:tci
nicht auf dem rechten Wege war. S
zog er im Jahre 190? in Zeitungsarti
kein gegen den Sohn, der damals Di
rektor deö NationaliheaterS in der nor
wegischen Hauptstadt war, zu Felde, weil
Björn Björnson die Schauspielerin Jo
hanna Dybwad mit vier Kollegen mitte
in der Wtntersaison zu Galifpie!r?isc
beurlaubte. Charakteristisch war e! di,
bei, daß der Dichter nicht die dadvrh
sür die Bühne entstehenden knüsilcrischeii
Schwierigkeiten bei seinen Angriffen im .
Augk hatte, sondern es bcllazte, daß di,
ersten Bühncnkrafte in der Weit umi'.er.
reisen, während die Dalximgebliel-eiien
alle Lasten allein tragen müßten; das
hieße .unter den Schauspielern , eine
künstliche Aristokratit schaffen und Neid
und Mißgunst unter den Darstellern
großziehen". Björn Björnson wies diese
Anpürfe ebenso öffentlich in den Zcitun
gen zurück und bemerkte dabei, di, '
Sprache seine? Vaiersbeweise zum min
besten, daß man in der Familie Björn
so nicht an gegenseitiger Lergötterunz
der einzelnen Mitglieder leide, !
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