Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, January 10, 1920, Image 7

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    '
X
ÄMe Omaha TrMe
Württemberg als Erz, .
und Eiscn-Licfexant
Lichtblick für die durch dea Gewaltsrieden geknechtete deutsche Jdftrle.
f-
Wir lese m .Heuen Stuttgarter
, Sageblatt': Ueber die Ergebnisse der seit
längerer Zeit landauf landab von der
, NottweilCpaichinger bis zur Aalen
Bopfinger Gegend ausgeführten staat.
lichen Bohrungen nach Erz und ande
ren Bodenschätzen, wie Salz, Zement.
Oelschiefer. iiber Anlaß und Zwec? der
eingehenden Forschungen, nMentlich im
oberen Brenz. und Kochertalgcbict
(Braunenberg.Gau) und über die weit,
ausschauenden Pläne und Absichten der
württ. Berg und Liittenwerkverwal
,tung werden soeben weite Einzelheiten
bekannt, die insofern von größerem all
gemeinen Interesse sind, weil e al
. wirtliche Hauptergebnis der bisher aus
geführten, aber immer noch nicht ganz
abgeschlossenen Bohrungen auf Braun
erz gelten darf, daß Württemberg mit
; seinen Braunerzlagern zwischen Heiden
heim.Aalen und Wasseralfingen-Bop
fingen so reich t an guten, brauchbarern
33 37prvzentigen Braunerzen ist. daß
e nicht nur seinen eigenen Verschüt
, tungS.Bedarf auf viele Jahrzehnte voll
und ganz decken, sondern auch Braun
' erze oder aus diesen gewonnenes Eisen
ausführen kann. Wenn auch bereits vor
vier Jahren also länge Zeit vor dem
- unglücklichen AuSgang dcS Weltkriegs,
an verschiedenen Stellen, so bei Heiden
heim und Ko'nigSbronn, Bohrungen zu
besonderen Zwecken vorgenommen wor
den waren, als deren Ergebnis gelten
darf, daß die dortigen Erzadern wesent
lich höher lieaen. IS in den oberen Sto
cher und Härdtsfeldgebieten, so war die
Frage einer genauen Feststellung der
, Braunerzvorkommcn und Erzmengen
, in Württemberg sür unser Land und
auch für die gesamte Eiscnhüttcn-Jndu
, strie mit dem Verlust der Lothringer
und Saarstaat Eisengcbietk geradezu
dringend geworden. Eine rasche' Sllä
i rung dieser Frage war umso dringlicher,
als die rheinischen und anderen deutschen
Eisenhütten nach einem Ersatz für
obige Ausfalle umsehen mußten.
', Wie man hört, darf es als sicher an
genommen werden, daß die württ.
Braunerzlagcr vom Reiche bezw. der
rheinischen Hochofen-Jndustrie in den
Kreis ihrer Erwägungen gkzogen'wor
den sind, daß Anfragen von dieser Seite
vorliegen und daß sich die württ. Hüt
ten und Bergwertsverwaltung darauf
hi zu eingehenden, von Rottwcil
Spaichingen bis Aalen-Bopfingen er
streckenden Bohrungen entschlossen hat,
weil sie zunächst unbedingt sicher fest
stellen wollte und mußte, wie weit die
, toiirtt. Braunerzlager reichen und ob sie
trgiebig genug sind, um eine Ausfuhr
w Erzen in die anderen deutschen Gc
' biete ohne Schädigung eigener Landes
tnteressen zu ermöglichen. Diese Frage
darf heute durch die seitherigen Bohr
ergebnisse als für unser Land in gün
stigstem Sinn bejaht werden. DaS Hüt
tenwerk Wasseralfingen wäre heute
ohne die Inangriffnahme weiterer Erz
' stellen abwarten zu müssen in der
Lage, ohne weiteres sofort IM und mehr
Lisenbahnwagenladungcn gut abgela
gerten BraunerzeS, das eS infolge dcS
, , ßin heiliges Friesterleöen.,
.
die einfache nnd würdevolle Beisetzung des Kardinals von
: Hartmana. -
Aus Köln, 18. November, wird ge
schrieben: So einfach die Aufbahrung
Hl sterblichen Ueberreste deS Kardinals
. Hartmann in der Kirche St. Gereon
war, so einfach gestaltete sich auch der
' Leichenzug. Unter der Geistlichkeit, die
um 8 Uhr unter dem Lauten der Glok
ken den Dom verließ, jurn sich nach der
Pfarrkirche St. Gereon zu begeben, be
merkte man nur einen einzigen Bischofs
hut. Die Spitze des Aiges bildeten Ab
ordnungeir der Studierenden der Kölner
Universität im vollen Wichs.- - Dann
folgten Franziskaner und Dominikaner,
mönche und die Geistlichen der zahlreichen
Kölner Pfarrgemeinden, zu denen sich die
Zirchenvorstände gesellt hatten, ferner
i Vertreter staatlicher und städtischer Be
Horden und Körperschaften. Neben den
sckwarz-weißen Gewändern der Geist
lichen und der Angehörigen deS Kölner
ZZriesterseminarS sah man nur noch da
Violett der Domherren und daS Schar
lach zweier Domschweizer. Bei den Welt
lichen Behörden usw. war nur der'dür
gerliche schwarze Rock vertreten. - Die
im Verhältnis geringe Beteiligung er
klärt sich aus den ganzen Zeitumständen,
auS dem schlechten Wetter und aus der
Verkehrssperre. die die , Teilnahme AuS.
wärtiger fast ganz unterbunden hat. Ein
Ausstand der Arbeiter der Nheinuferbaha
verhinderte - zahlreiche Geistliche au
Bonn am Erfcbkinen, Auf der Gereon,
straße stellten sich, nachdem die Geistlich
seit die Kircbe St, Gereon betreten hatte,
um dort die Laubes zu beten, die Abord
nungen überaus ahlreicher Kölner Ber
eine auf. die mit ihren zum Teil Pracht
vollen Fahnen und Schärpen und den
malerischen Kopfbedeckungen der Jugend
, vereine Farbe in daS Bild brachten. Um
S Ubr schloß sich dann die Geistlichkeit
diesem Zuge an. an dessen Schluß der
einfache Eichensarg, der nur ein Metall
kruzifik als Schmuck trug, gadren
wurde. Dieser Zug. der sich zum Dom
bin bewegte, wurde von Waisen und
Schulkindern unter Führung von Geist
lichen eröffnet, während die Studenten
vor der Geistlichkeit den Schluß der Wer
eine bildeten. Der Andrang von Zu
schauern in den Zugstraßen war sedr
, groß, so daß die durch deutsche und brl
tische Polizei musterhaft durchgeführten
Bbsperrungsmaßregeln ,m Platze wa
ren. Um 9Vt Uhr war der Leichenzug
unier den Klängen der Domglocken in
den Dom eingezogen. '
Da feierliche Pontifikalrequiem, da
nach dem Einzug de Leichenzuge in tat
völligen Mangel a Kokl und Kohlen
nicht selbst verhütten kann, nach aus.
Wärt zu liefern, wenn die rheinischen
Hütten die geforderten Preise bezahlen
wollen. Wasseralfingen selbst könnte
64 entsprechender Kohlen und Kokslie
ferung seine eigene Eisenerzeugung ohn
weiteres auf etwa 40 Zentner ,n der
Stunde steigern.
Ueber die Ergebnisse der neuesten
Bohrungen im Braunberg.Gebiet selbst
erfahren, wir weiter, daß. nachdeni die
mehrfachen Bohrungen am Fürstb. im
Brunnenteil, bei Oberalfingen zur voll
ften Zufriedenheit ausgefallen sind, der
Bau eine neuen weiteren Erzbaustol
lenS am Fuß deS BraunenbergS auf
halber Höhe zwischen Attenhofen und
yllrsitz, gegen Nordosten (Brunnental)
bereits in Angriff genommen worden ist.
Der Stollenbäu, der nicht au Holzver
schalung, sondern auS festem Mauer
werk ausgeführt wird, ist ziemlich kost,
spielig, der laufende' Meter, soll auf 800
Marku stehen kommen. Da übrigens
schon lange bekannt war, daß Erzadern
im Braunenberggcbiet überall zur Ge
nllge vorhanden sind, war der Neben
zweck der dortigen Bohrungen auch der.
die Loge und den Verlauf der verschie
denen Adern genau festzustellen, um
Fehler bei der Anlage neu zu errichten
der Stollen und damit unnötige und
hohe Kosten zu vermeiden, wie sie un
vermcidlich wären, wenn sich eine Ader
auf kurzer Strecke plötzlich um 40 und
mebr Meter senkte..
Die Erze au der FürsitzGegend sol
len durch eine elektrisch betriebene An.
läge nach der etwa zwei Kilometer ent
fernten Grube oberhalb Wasseralfingen
befördert werden, welche feit den sechzi.
ger Jc,hn durch eine besondere Gru
knbahn direkt mit dem" Hüttenwerk und
dem Hochofen in Wasseralfingen ver.
bunden ist. WaS später auI der Gegend
weiter nordöstlich, also auS den Berg,
hängen auf der Strecke Oberalfingen
Golvshöfe-Wcsthaufcn und weiter ge
Wonnen wird, soll (durch eine Seilbahn
anläge) direkt zur Bahn befördert wer
den.
UebriaenS sollen in allernäckster $?!t
weitere Bohrungen bei Untcrkochcn (auf
der Aalbuch und Langertseite links vom
Kocher) folgen. Auch auf dieser Seite
war bereits früher, etwa halbwegs Zwi
schen Aalen und Unterkochen, eine Berg
Werksanlage im Betrieb gewesen.
Soviel scheint sicher zu sein, daß sich
für Wasseralfingen. sein stattliches Hüt
tenwerk und überhaupt für die ganze
obere Kocher, Brenzial und Härdts
feldgegend Aussichten eröffnet haben, an
die man vor dem Kriege nicht gedacht
hat. weil die nicht württembergischen
zwar kaum viel besser, aber das auS ih
nen gewonnene Eisen hatte dilliger von
auswärts bezogen werden können. Also
felbstverständlich darf vorausgesetzt wer
den, daß die staatliche württembergische
Bergwerks und , HUttenverwaitung
künftig mit aller Energie an eine mo
dernisierten, großzügigeren Abbau der
reichen Braunerzlager so rasch als mög
lich herangehen wird.
Hohen Dom von Bischof Dr. Korum auS
Trier unter großer Pontfikalasfistenz ge
halten wurde, wurde durch den Kölner
Domchor unter Leitung seines Dirigen,
ten, Prof. Domyikar Schulte mit er.
greifenden Trauelweisen verschönt. Die
Trauerrede hielt Dr. Johannes Poggen
durg. Bischof von Münster. Er führte
u. a. folgendes aus: BIS wir am 24.
August d. I. die Bischofskonferenz in
Fulda beendet halten und von euerm
Kardinal und Erzbischof Abschied nah
men, da konnten wir Bischöfe nicht
ahnen, daß seine letzten Worte Abschieds
Worte sür dieses Lebe waren. Wenn
werfen darf, dann möchte ich jenes Wort
der Heilige Schrift auf ihn anwenden,
das der Heiland einst von seinem tote
Vorläufer Johanne dem Teufer sprach:
Jener war eine brennende und strah
lende Leuchte." Der Verstorbene war
eine brennende und strahlende Leuchte in
seiner tiefen kindlichen Frömmigkeit.
Diese kindliche Frömmigkeit war der
Grundzug seine ganzen Leben,-die be.
herrschende Kraft seine Charakters ; sie
war sein kostbarste Erbe au einem
frommen Elternhause. ES war ein schö
nerLug kindlicher Pietät und Dankbar
kcrt gegen seine frommen Eltern, daß er
als Bischof von Münster ein unbeschreib
liche Gluck darin fand, über ihrem
Grabe die neue Anionluskirch erstehen
zu sehen. Stets war er davon überzeugt,,
daß de, einzig fruchtbare Boden, das
einzig feste Fundament für ein ftgenS
reiches Priestertum ein heilige Priester
leben ist. In dem Weiheritul der Bi
schofSweihe hält un die heilige Kirche
daS Spiegelbild eine Bischofs vor
Augen. ' Sie verlangt von ihm unver
drossene Hingabe und glühenden Eifer.
Diese beiden Eigenschaften hat der Ver,
ewigte in allen Stellungen, als Seel
sorgepriester. Bischof. Erzbischof. Kar
vinal und Vorsitzender der Fuldaer Bi
schofstonferen, für Sott und die un
sterblichen Seelen gewirkt. Den Stolz
hat er gehaßt, die Demut geliebt und ge
übt. In der Stille und Verborgenheit
hat er rastloSacarbeitet. Weder Schmei
chelei noch Menschenlob. noch Furcht.
Anfeindung und Verleumdung konnten
ihn jemals vom rechten. Wege abdrängen.
Die Liebe zur Kirche ist der tiefste In
halt seine, Wirken, in Münster , und
unter euch während der sieben segen
reichen Jahre seine Apostelamt. Sein
Lebe wax reich n Erfolges reich an
Beglückung anderer, b auch reich an
Bittnkkit ich hart Erüfungeu.
SurOpÄscbe Dost.
Bries eines .
Kriegsgefangenen.
Im Anschluß an" die Note der deut
schen NcichSregierunz geben wir den fol
genden Brief eine gefangenen deutschen
Offiziers wieder.
Soisson. 23. Oktober 1919.
Meine Lieben!
Zunächst eine erfreulich Nachricht:
Seit 10 Tagen gehöre ich nicht mehr zu
der Gefangencnkompagnie, wo die Fron
zoscn alle miteinander, vom Leutnant bi
zum jüngsten Rekruten,, sich mit nicht
anderem zu beschäftigen wußten, alk neue
Liebenswürdigkeiten für mich auszusin
nen und mir daS Leben angenehm zu
gestalten. E blieb mir da mir der eine
Trost, daß ich zu mir sagte: So gemein,
wie ich es ertragen kann, können die
Franzosen doch nicht werden.
Abgesehen von diesem Troste, an dem
ich aber, doch zum Schluß beinahe irre
geworden wäre, war meine dortige Lage
eine wirklich trostlose. Dauernd saß ich
in Einzelzelle, die ohne irgend welclze
Fensteröffnung war, und wo ich mich nur
wahrend der !viittagsstunden einiger
maßen zurechtfinden konnte. Bis Ende
September blieb ich ohne Decke und
Strohsack, dann bekam ich eine Decke ge
nehmigt. Acht Tage mußte ich auf dem
bloßen Erdboden liegen, und als endlich
der Kompagmcillhrcr mir auf meine Be,
schwerden eine Holzpritsche genehmigte.
luft er re 1 Meter w Zentimeter lang
machen (der Gefangene mißt 1 Meter fc;0
Zentimeter) und kontrollierte selbst da
Maß. Wie man einen solchen Schuft in
eine Uniform stecken kann, war selbst dem
letzten unserer Musketiere unbegreiflich.
Alle 4 Tage bekam ich warme Suppe,
sonst blos Wasser und Brot. Ich kann
sagen, daß selbst der Aufenthalt in
Avignon (Miliiärstrafanstalt) dagegen
ein goldener war.
Die eingetretene Veränderung kam da
durch zustande, dak ein deutscher Arzt
unsere Kranken inspizierte, und als ich
mich von ihm untersuchen ließ, mich so
fort im Sanitätsauto nach Soissons inS
Lazarett überführte, wo ich in guter
Pflege bin. Ich denke, bis zum AuS
tausch (?) diese Stellung zu halten. Daß
ich solange mit unseren Mannschaften zu.
sammen war, hat auch sein Gutes gc
habt. Ich habe ihnen über viele Auf
klärung geben können und bin den dum
men Hetzreden, die über unsere frühere
Regierung und über die jetzige (wegen
der VerzögerUg des Austausches) um
liefen, kräftig zu Leibe gegangen. Auch
ein kleines Vorkommnis, an dem ich die
Wirkung meiner Aufklärungsarbeit prü
fen konnte, hat mich gefreut: als ein
Polenoffizier auch in unserer Kompagnie
seine Netze auswarf, hat er keinen
geangelt.
"' Herzliche Grüße ' Euer . . .' .
Die Beschäftigung deS Kronprinzen.
Der sozialdemokratische Abgeordnete
der Deutschen Nationalversammlung Dr.
Sinzheimer hat als Rechtsanwalt den
Auftrag übernommen, im Namen der
Redaktion der Frankfurter mehrheits
sozialistischen Volksstimme" wegen Be
leidigung Privatklage gegen den deutsch
nationalen Abgeordneten Lattmann in
Kassel einzureichen. Der Prozeß wird
den Lebenswandel de früheren deutschen
Kronprinzen zum Gegenstand haben.
Zur Vorgeschichte deS Prozesses sei mit.
geteilt: in einer deutsch-nationalen Ber
sammlung zu Fulda am 30. Oktober
führte Rchakteur Marquardt von der
Volksstimme' aus, daß die rnönarchj.
tischen Bestrebungen Lattmanns dar
auf hinaus liefen, zwar nicht den letz
ten Deutschen Kaiser zurückzuhaben,
Wahl aber den letzten Kronprinzen als
Herrscher einzusetzen. Im Vergleich mit
dem sei aber dessen Vater noch ein wah
rer Held und Geistesricse. Hunde-Dres
sur sei noch nicht das Harmloseste ge.
Wesen, womit der Kronprinz sich in der
Etappe beschäftigt habe. Abg. Lattmann
bezeichnete das al! .gemeine Lüge und
verlangte, daß Marquardt ihn verklage,
um die Wahrheit aufzuklären. DaS soll
nunmehr in dem Prozeß geschehen,
; Abfuhr.
Portier (als ihm ein Reisender ein zu
kleine Trinkgeld gibt, hochmütig):
.Bitte, wofür ist denn da?"
.Wofür? Ja, daS weiß ich selbst
nicht, ...
' N
Ephemeren.
Mama: .Weißt Du eS, Lieschen, wie
man die Eintagsfliegen sonst noch
nennt?"
..Dienstmädchen
Dr Weg, den er wandelte, war an man
chen Stellen ein Dornenweg. Wie litt
sein Herz, das so warm fühlte für Volk
und Vaterland, besonder aber für seine
Erzdiözese, mit euch unter den Nöten
und Leiden.de langen Krieges! Stets
bemüht, fremde Not zu lindern, die Sol
baten aufzurichten, die Verwundeten zu
trösten, den Gefangenen aller Nationen
zu helfen, hat er in Wahrheit sich selbst
verzehrt. Nach der Grabrede nahm der
Zclebrant am Sarge die Absolutio ad
tumbam vor. und dann folgte unter dem
Vollgeläute aller Domglocken, in das gar
bald die Glocken aller Kirchen von Köln
und Umgebung einstimmten, die feier.
kick Beisetzung in die Gruft vor ren
Stufen des Hochaltars. Kostbare Kranz,
spenden waren an der Bahre niedcrge
legt worden, u. a. vom Oberpräsidentcn
der Rheinprovinz d. Groote als dem
Vertreter der preußischen Regierung,
vom Reichskommissar für die besetzten
rheinischen Gebiete, Exzellenz v. Starck.
vom Oberbürgermeister der Stadt Köln,
von dem Regierungspräsidenten Dr.
Brugger und den Mitglieder der Re
gieruna zu Köln und viele Vereinen
und Körperschaften, Verwandten und
?aeu freund . V
MHme M
öer Krieg.
Tie Man, der englischen und deut
schen Leistungen seit 1914.
Auf der Tagung de, .Vrltish Asso
ciation" hielt Sir William Pope in der
chemischen Sektion eine viel bemerkte'
Vorlesung über die Chemie u5d den
Krieg.
Deutschland war?, so führte er au,
1S14 im Besitz gut aufgebauter Organ!
satioim für die Herstellung von Stein,
kchlcnteerfarben und versorgte die ganze
Welt mit künstlich Farbjioffen. Der
AuSbruch de Krieges. war das Zeichen
für die Umwandlung der'Farbcnfabri
ken in solche von Explosivstoffen, und
der ganze militärische Bedarf der Deut
schen wurde durch die einfache Umfor
mung dieser Werke gedeckt. In Eng
land war diese Möglichkeit nicht vor
Handen. Für da rauchlose Pulver, für
das der englische Bedarf bis zu 2000
Tonnen in der Woche stieg, waren zu
Kricgsanfang weder Fabriken noch Ar,
bcitskräfte genügend vorhanden. Eins
der Hauptbedarfsmittcl für eine mo
dcrne Armee oder Flotte war Chinin;
57 Prozent der gesamten Welterziugung
kamen au der holländischen Kolonie.
Java,, und ihre Einsuhr nach Europa
wurde völlig von den Deutschen be
herrscht. Ein? große Zahl wichtigster
pharmazcutischer Erzeugnisse, wie Sa
lizylsäu und Salvarsar., auch lokale
Betäubungsmittel, wurde fast aus
schließlich in Deutschland hergestellt, und
die meisten photographischen Chcmika
lien für die Herstellung und Entwick
lung panchromatischer Platten kamen
gleichfalls auS Deutschland. Stoffe für
die Erzeugung von besonderen Stahl
orten wie "Tunkstein bezog England
durch Teutschland, und so war dieses in
der Lage, die industrielle Erzeugung
vieler Dinge, bei Kriegsausbruch in
große Schwierigkeiten zu bringen. Wäh
rend der fünf Kriegsjahre gelang eS
England, seine vorher nur kleine che
mische Industrie so zu entwickln, daß
sie den ungeheuren Bedarf an mililäri
schen Sprengstoffen decken konnte. Ein
wesentlicher Unterschied war jedoch zwi
schen dieser neuen Industrie und der
deutschen offenbar. Die deutschen Fa
brikcn waren , im Frieden entstanden
und' erzeugten Waren für die ganze
Welt, sie zahlten reiche Dividenden und
waren eine Quelle des Reichtums im
Frieden. Die ganze Welt steuerte so für
die Entwicklung, der gewaliiqen Spreng
ftofffabriken bet, die Deutschland im.
Kriege zur Verfügung hatte. Auch daS
britische Reich hat auf diese Weise für
die deutschen Munitionsfabriken gezahlt,
wie es für Grctna gezahlt hat. Jetzt,
da der Krieg vorüber ist. sind die deut
schen Fabriken unversehrt geblieben und
konnten sofort ihre frühe Ausgabe
wieder aufnehmen, auch England mit
Farbstoffen, pharmazeutischcn und pho
tographische Chemikalien zu versorgen
und damit Gewinne einzustreichen. Die
großen Fabriken künstlichen Sauerstoffs
in Deutschland können iekt einen be
trächtlichen Teil der Nitrate und Am
moniksalze, die Europa für seine Land
wirtschaft braucht, erzeugen. In Eng
land war eS dagegen nicht möglich, eine
chemische Industrie für Kriegszwecke
aufzubauen, die sogleich für Friedens
arbeit umgestellt werden', kann. Die
Sprengstoff-Fabriken mußten in gro
ße? Eile lediglich für Kriegszwecke ein
gerichtet werden, ohne daß ihre Ver
wendbaikeit für spätere Friedenszwccke
berücksichtigt werden konnte. So ist
eine so gewaltige Einrichtung toie die
hon Grctna jetzt praktisch für den Ab
fallhaiifcn reif, während die deutschen
chemischen Fabriken in einer stärkeren
Stellung au! dem Kriegs hervorgeaan
gen sind, als sie sie vor d.m Kriege hat.
ten. England muß alle Zweige der che.
mischen Industrie erst noch aufbauen
und bedarf dazu einer sorgfältigen, Aus
Bildung der jungen Talente, deren Vor
hendensein der Krieg gezeigt hat. .
Die Rolle, die die Chemie in der ei.
gentlichen Kriegführung gespielt hat, be
leuchtete nach diesem Bortrag der Bri
gadegennal H. Hartley. Er beschäftigte
sich hauptsachlich mit den Methoden des
Gasangriffs, und zwar mit den Blas
angriffen wie mit den Gasgranaten.
Die EngKnder begannen Gasgranaten
zu verwenden während der Somme
schlacht, in größerem Maßstabe aber erst
in der Arrasschlacht. Den deutschen
Blasangriff bei Apern konnten die Eng
lander bereits nach sieben Wochen bei
Leos in gleicher Weise erwidern. Eine
Gasvcigade führte 768 Operationen
aus, bei denen 5700 Tonnen Gas ab
geblasen wurden. Besonders bemer
lenswert bei diesem Vortrag war jedoch.
daß General Hartley sich zum Vertei
diger deö GakkriegS machte. Er führte
den Eindruck, daß der Gaskrieg un
menschlich wäre, darauf zurück, daß er
tm Widerspruch zu der Haager Konoen
t,on stand, und auf die übertriebenen
Schilderungen über die Natur und die
Höhe der englischen Verluste beim er
sten Gasangrisf. Eine neue Waffe
würde immer als unmenschlich angcse
hcn; aber wenn der Krieg überhaupt
möglich wäre, dann wäre die menschlichste
Waffe die, welche die schnellste Entschci
dung mit den geringsten Leiden herbei
fi-hrte. Die Zahl der Todesfälle unter
den Gasverletzten war geringer als die
bei allen anderen Verlusten, ebenso die
Zahl der dauernd untauglich gemach
tcn Mannschaften. Dabei konnten mit
Hilfe deS GaseS militärische Ziele angc
griffen werden, denen man auf andere
Weise nicht bcikommen konnte. Schließ
lich hätten die Gasmasken einen vollen
Schutz gewährt, auf den die Mannschaf
te sich durchaus verlasse tonnter '
Zukunft des Leipziger
Konservatoriums.
' tcn tt. dlph er, ;
Es kann kein Zweifel darüber Herr
sche.i. daß die Sckicksalsstunde unsere
,alibcrllhmte Konservatoriums geschla
gen hat. Die Gründe dafür sind bekannt.
EZ droht zunächst die Konkurrenz der
staatliche Hochschule sür Musik in Dres
den, deren Gründung nicht mehr zu'ver
bindern sei wird. Es be'teht ferner die
Kinkurrcnz mehrerer Neugründungen
von Konservatorien im Reiche, die mit
großen Mitteln ausgestattet und zum
Teil mit erstaunlich hoher Schlllerzahl
inö Leben getreten sind. Weiterhin ist zu
berücksichtigen, daß ach der Ratifizie
rung des Friedens das Musikleben in ab
sehbarer Zeit wieder ein internationales
Gepräge tragen, sich also auch unter den
mu iraii men eoranilalte ein intern.
tionaler Wettbewerb erheben wird. Pa
ris und London betreiben bereits jetzt im
neutralen Ausland, im besonderen in
Skandinavien, regste Propaganda für
Musikschulen, die Frankreich und Eng
land besonders für Ausländer zu grün
den beabsichtigen. Die Frage ist, ob un
se: Konservatorium einen solchen Wett
beweib wird bestehen können; und von
ihrer Lösung hängt für Leipzig betracht
lich viel ab. .
Keineswegs nur aus Gründen, deS
kili.stlcrischen RufeS. ES sind auch Wirt
schaflliche Interessen im Spiel. Die zahl,
reichen auswärtigen Schüler des Konser.
vatoriums (denen sich noch die LZrivat.
schülcr besonders berühmter Lehrkräfte
hinzugesellen) bedeuten einen nicht zu
übersehenden Faktor im Wirtschaftsle
den Leipzigs. Tie Stadt hat also sehr
wohl ein Interesse an der Erhaltung
dc? Konservatoriums. Leider hat aber
die frühere, bürgerliche Mehrheit des
Stadtpailamcnts für seine Schicksale
kein allzu großes Interesse gezeigt. Der
Zuschuß, den das Konservatorium, von
der Stadt bezieht, ist ebenso ungenügend
wie die Summe, die vom Staat gegeben
wird und die kürzlich (unter allgemeiner
Heiterkeit der Volkskammer!) um ganze
5000 Mark erhöht wurde. Ob die jetzige
sozialistische Mehrheit unserer Stadtver
ordneten die erforderlichen Summen be
willigt, muß sich zeigen. Sicher ist aber,
dflß von ihrer Bereitstellung die Zukunft
de, Institutes in erster Linie abhäneit
Dnn wenn nicht eine siarke wirtschaft
lie Grundlage geschaffen wird, kann an
einen Ausbau der Anstalt, wie er jetzt
eisnulicherwcise von den besten Köpfen
innerhalb dcS Direktoriums und. deS
Studienrates geplant ist, .nicht gedacht
werden.
Damit Ware bereits die zweite Haupi
frage berllhrt:.Wcnn daS Leipziger Kon
seivatorium den kommenden Wettbewerb
bestehen soll, so ist eine Rcihe von Re
formen, organisatorisch'? wie pcrsönli
cher Art. nicht länger hinauszuschieben.
Qi würbe zunächst gelten, die geschäft
liche von der künstlerischen Leitung zu
trennen. Eine solche Trennung dürfte
schon deshalb Platz greifen müssen, IS
daZ jetzige Direktorium, daS feine schwere
Aufgabt bisher in so dankenswerter
Weise erfüllt hat, schon durch deren im
mtr wachsenden Umfang dringend einer
Entlastung bedarf. Ist diese Trennung
erreicht, so würde eS Aufgabe der künst
lcrischen Leitung sein, die Umformung
deZ Instituts in Akademie und Musik
schule durchzuführen; dtnrt, daß die
Musikschule der Ausbildung weiterer
Kreise von Musikbeflissenen dient, wäh
rend die Akademie nur werdenden Fach
musikern Aufnahme gewährt. Tie Aka
dcmie würde naturgemäß Abteilunge
für Konzert, Oravster. Oper und Kir
chenmusik en!b . und selbstverständlich
auch die Frclsiellen zu vergeben haben.
Die Reformen persönlicher Art be
stehen vor allem in einer Ergänzung de
Lehrkörpers der Anstalt, wie sie gleich
falls von den leitenden Stellen als not
wendig erkannt worden ist. Es gilt, eine
Reihe von Kräften zu gewinnen, deren
Name nach Möglichkeit Weltruf genießt.
Ueber die ungeheure Werbekraft solcher
Namen ist sich wohl jeder klar: auch
wenn man, rein pädagogisch, unter Um
ständen. eine Enttäuschung an ihnen er
leben könnte. Wichtige Lchrzweige unsc.
rcS Konservatoriums sind zurzeit ohne
derartige Führer; so die Abteilungen für
Komposition, Orchesierleitung, Chordi
rektion, Violine und Sologesan. Die
Kompositionsableilung ist. WaS die Theo
rielehre anbetrifft, bei Stephan Krehl in
besten Händen, hiaucht aber eben einen
Komponisten von weiter reichendem Ruf,
wie rhn etwa Paul Gracner. Frans
Schreier, Mraczek u. a. genießen. Die
Dirigentenschule Hai bereits einmal unter
Leitung von Arthur Ncusch bedeutende
Dirigenten (ich nenne nur Namen wie
Ossip Gabrilowitsch und Albert Coates)
herangebildet. Nikisch wurde auch jetzt
vor alle anderen al Leiter einer sol
chen Klasse zu gewinnen fein. EZ wäre
rn hohem Maße wunsch?nswert, daß
wirklich eine Schute Misch' der Mit
sikwelt beschert würd. Man denke ur
an seine meisterliche Interpretation An
ton Bnickners und Frang Liszts. die un
t?r allen Umstanden lebendig erhallen
werden muß.
Eine Ncdc des Reichs
Ministers Schisser.
Magdeburg. 2. Nov. (Priv.Tel.)
Am Sonntag sprach in Magdeburg
Neichsminister Schiffer über de Frie
densschluß, die neue Verfassung und
über die Stellung der Deutschen Demo
kratischen Partei in der Regierung.
Zunächst wicS er darauf hin, daß die
Demokraten keine Veranlassung hätten,
den 9. November festlich zu begehen.
Tier S. November ,st untrennbar' mu
dem entsetzlichen Niederbruch im Innern
uns ,m Heer veronnden und kann da.
Her, nicht fröhlich stimmen. Die rie
Mager MndrUcks.
0 1 fl, 20. November.
Man darf in Prag wieder deutsch
sprechen. Ma wird, auf dem Graben,
der Korsostraße, nicht mehr angerempelt,
wenn man e wagt, i der Sprache der
größten Minorität de Staate? sich zu
unterhalten. Die Regierung hat in die
sei Richtung auf den öffentliche? Geist
eingewirkt, nachdem sie erkenne mußte,
d(.ß die alltäglichen Belästigungei' deut,
scber Bewohner in de Kreisen der an.
wejenden Entntevertreter peinlichen
Eindruck erweckte. Auf diese Vertreter
wird überhaupt die weitgehendste Rück,
ficht genommen. Ein eigene Amt ist
damit befaßt, ihnen daS Leben so ange
nehm wie möglich zu gestalten, alle ihre
Wünsche betreffs der kleinen Bedürfnisse
de täglichen Lebens zu befriedigen, und
euch für ihr Vergnügen zu sorgen. Diese
Amtsflelle bemuttert aber nicht nur die
offiziellen Ententeleutö, sondern auch
alle durchreisenden .Fremden von Di
stinktion" auS Ententeländern: sie wer.
den in StaatsautoS herumgefahren und
all die schönen Bauten, die die Habsbur
tt im Laufe der Jahrhunderte errichten
lußen (meist durch rtalienische Baumei
per) werden als .Meisterwerke tschechi.
scber Kunst' vorgeführt. Aber eSwer
den diesen Fremde ai'ch Zimmer te
sorgt, Theaterkarten usw., so daß sie
nach einer ' Woche Prag in begeisterter
Stimmung verladen. Dabei lassen sie
eine Menge fremde Valuta im Lande,
die bei dem Tiefstände d.. tschechischen
Krone schr willkommen ist.
Prag bietet tatsächli c ißerlich da
fen Erschütterungen, die Verwirrungen
im Rcchtsdewußtsein, das Aufwühlen
deS ganzen Schlammes hätten vermie
den werden können, den wir hatte
bereits zuvor die parlamentarische Re
gierungsform erreicht. , Die alte sozial
demokratische Partei hat die Revolution
selbst gar nicht gewollt. Es wird aber
vor der. Geschichte , ihr, Ruhm bleiben,
daß sie die Leitung der Geschicke i die
Hand nahm und uns vor dem Schlimm
sten bewahrte. Unsere Feinde glaubten
gar nicht, daß wir im Heer und an der
Front so zusammengebrochen waren.
Die Sozialdemokratie hätte aber nichts
leisten können, wenn sich micht die deut
schen Beamten und Offiziere zur Ver
fügung gestellt hätten. DaS wird deren
unvergänglicher Ruhmestitel bleiben.
Für die Sozialdemokratie ist eö als ein
große Glück zu betrachten, daß sie in
der Nationalversammlung keine Mtbr
heit erhielt. Im anderen Falle hatte
man von den Führern das Unmögliche
verlangt, da? jahrelang Versprochene
sofort in die Tat umzusetzen.
Im Interesse deS Vaterlandes traten
wir in die Koalitionsregierung unter
mancher Selbstentsagung. Unser Aus
tritt aus der Regierung ergab sich dann
nach der Unterzeichnung deS Friedens
Vertrages bei unseren gegensätzliche
Stellungnahme von selbst. Dann wurde
die Verfassung von den Sozialdemo
traten, dem Zentrum und den Deutsche
Demokraten verabschiedet, ein Werk,
das besser als sein Ruf ist. Die Ver
fassung fetzt die Weiterentwicklung zum
Einheitsstaat unter starker Dezentrali
sation voraus. Dies ist notwendig
und entspricht dem deutschen Volkscha
rakter und der deutschen Geschichte.
Preußen zerschlagen lassen wir nicht,
'wohl aber aufgehe in der Gemeinsam
keit deS Deutschen Reiches. Redner
wendet sich dann gegen die einzelnen
Parteien, gegen die Unabhängigen, die
Deutschnationalen und die Deutsche
Volkspartei und wirft ihnen vor, daß
siedaS Volk nicht zur Ruhe kommen las
se. Die Demokraten stehen auf dem
Voden der republikanischen Versassung.
Nach dem Abschluß der Verfassung stan
den die Demokraten vor der Frage des
Wiedereintritts in die Regierung. der
nach langen Verhandlungen zustande
kam. Die Regierung ist der Bund der
Verfassungstreue, und' in ihm herrscht
der feste und unentwegte Entschluß, zu
sammcnzustehen und di Verfassung ge.
gen rechts und linkS zu. schützen. Bei
den Verhandlungen über ' den Eintritt
in die Regierung wurden sämtliche
wichtigen Fragen berührt, fo die Mög
lichkeit de. Einschränkung der Erwerbs
losenfürsorge. Wer nicht arbeiten will,
darf auch nicht unterstützt, werden. Wir
sprachen über die wilden Organisatio
nen. die. in Gestalt von Arbeiter und
Soldatenräten noch immer versuchen,
lokale Nebenregierungen zu sein, und
über vieles andere. Wir stellten so fest,
daß wir ein Stück Wegö zusammenge
hen können. Auch beim Betriebsrates
setz ist daS der Fall. Es besteht Aus
sieht, auch über dieses Gesetz zu einer
Einigung zu gelangen. Reichskanzler
Bauer hat nicht gesagt, daß daS Be
iriebsrätegesctz umgestoßen werden
müsse, fondern daß man sich über dieses
Gesetz einigen werde. Der Grundsatz
der Erhaltung deS Unternehmergeistes
muß bleiben. Es hat unS in der Welt
groß gemacht. ES handelt sich bei dem
Bctriebsrätegesetz um einen Neuaufbau,
der, wenn falsch, zum Unheil ausfallen
muß. Wir wollen die frei Betätigung
wirtschaftlicher Kraft auf sozialer Grund
läge. Da Höchste im Leben' liegt nicht
im Gelderwerb. daS Volk muß auch '
Ideale und eine Kultur zimmern. In
der Entfaltung wirtschaftlicher und ide
alcr Kräfte muß uns daS Gefühl natio
naler Zusammengehörigkeit .verbleiben.
Wir sind Sieger in tausend Schlachten
gewesen, wir haben es nicht nötig, den
Kopf in den Sand zu stecken, die Augen
niederzuschlagen nach den Worten des
Großen Kurfürsten: .Gedenke, daß
du ein Deutscher bist!" sind wir stolz
darauf, daß wir Deutsche sind. Die Ge
genwart ist schwer und trübe, die Zu
kunft d'mkel.' Doch man spürt bereit
den Fortschritt: Recht, Ordnung,
Pflicht und Arbeit sind auf dem Wege.
.Wir sind uns bewußt, daß die große
Not such große Aufgaben zeitigt, seit
dem wir den Ausweg gefunden. Zu
neuen Ufern lockt ein neuer Tag!
Schiffer Lortrag wurde mehrfach
und namentlich zum Schluß durch star
ken Beifall ausgezeichnet. ReichZmini
ster Koch, der ebenfalls spreche "ollte.
kMW!r
glänzende Bild eines aufstrebende
Stadt. Aber hinter den Kulissen sehen
die Dinge doch etniger..!agen ander
u. Da kirchenfe!ndlichsozialdemo
kretisch ograr-sozialisusch national!
ftlsche Kunterbunt, das gegenwärtig als
Koalition regiert, hat sehr schwere Sor
gen.
Die nationaldemokratische Richtung,
die in Pari das große Wort geführt
hat, also Kramarsch und Benesch, wird
bet den Wahlen keineswegs gut abschnei
den; denn das links-liberale t bürgerliche
Regiment ist zahlenmäßig' viel zu
schwack, um beim allgemeinen Wahlrecht
viel zu erreichen. Diese Partei -wird
überhaupt nur dank des Proportek zu
einer einigermaßen ansehnlichen Min
dcrheit gelangen. Tatsächlich hat auch
der Chef dieser Partei, Dr. Kramdrsch,
Böhmen verlassen, um sich zunächst ein
mal um die südrussischen Güter seiner
Frau umzusehen; ob er dort tatslichlich
im Auftrage von .Paris große politische
Aufgaben zu erfüllen hat, wie hier viel,
fach erzählt wird, steht dahin. Seine
rechte Hand, der Minister deS Aeußere
Dr. Benesch. ist allerdings nicht abgetan,
sondern dank seiner Pariser Beziehungen
fest im Sattel,' ja er hat sogar weitge
hcnde Aspriretionen. Man sagt ihm
nach, daß er an Stelle MasarykS Präsi
dcnt der Republik werden will; all
Avancement vom Handelsschullehrer
wäre eS immerhin nicht übel. Zur Er
höhung. seiner Popularität hat im
übrigen nicht wenig beigetragen, daß i':
eine ihm angebotene sehr hohe Besie
chung abgewiesen hat. Der Sektionschef
(Ministerialdirektor) dc! inanzministe
riums Dr. Jirak hatte nämlich Benesch
einen Millionenbetrag dafür angeboten,
daß er ein von der Prager Kreditbank
zusammen mit Pariser Finanzinstituien
geplante! großes' Zucker und Kreditge
schäft Nicht bekämpft, sondern dr, Ertei
liinjj der Genehmigung im Ministerrate
zustimmt. Benesch tat so, als wenn er
auf dieses Angebot eingehen wollte und
bestellte den hohen Beamten des Finanz
Ministeriums auf einen anderen Tag.
AIs ihm dieser sodann nochmals von der
Btsiechung sprach, ließ Minister Benesch
die Thüre offnen und eS traten der Po
lizeipräsident mit Geheimpolizisten ein
und verhafteten den Sekiionschch der
nunmehr in Untersuchungshaft sitzt.
Eine prachtvolle Filmszene mit spannen
dem dramatischen Höhepunkt. Aller
dingS, die Eingeweihten munkeln, daß
diese bis zur Verhaftung des Seltions
chefs zugespitzte Behandlung vielleicht
damit im Zusammenhang sieht, daß M!
nist Benesch sich mehr für die Ziöno
sienska banka interessiert, die mit der
Prager Kreditbank wegen der Durch
führung staatlicher Kreditoperationen
in heftigem , Konkurrenzkämpfe ' steht.
Tatsächlich Hat die Aufdeckung der Ve
siechunz eines Beamten des Jinanzmini
sleriumS und des Bestechungsversuches
an einem Minister naturgemäß das An
sehe der Kreditbank schwer geschädigt,
WaS somit ihrer Konkurrentin automa
tisch zugute kommt. Ueber dies bat Dr.
Benesch damit in der Oeffentlichkcit
glänzend abgeschnitten; denn die Herr,
schende Korruption ist natülich der Be.
völkcrung in hohem Maße zuwider und
führt zu sehr sonderbaren Vergleichen
mit den Zuständen unter der Österreich!,
schen Regierung, also vor der .Befrei,
ung", i
Neben Benesch, der ein bürgerlicher
Nationaldemokrat ist, ist die Regierung
aus Sozialisicn, Agrarsozialisten und
Agrariern gebildet: sie stützt sich auf die
breiten Massen der Arbeiter, Klein,
dauern und Häusler. Sie unternimmt
deher eine radikale Bodenpolitik und will
auch eine sehr scharfe Vermögenssteuer
einführen. Mit ihren Finanzmaßnah.
wen hatten aber die drei tschechischen
Finanzminisier, die wir bisher erlebt ha.
bei:, nur insofern Erfolg, als ihnen tat
sachlich gelungen "Ist, die österreichische
Krone im Auslande schwer zu schädigen.
Dieses von ihnen so heiß ersehnte Ziel
haben sie allerdings nur auf ihre eige
nen Kosten erreicht. Denn mit der
österreichr schen Krone ist auch die tsche
chische Krone fast automatisch zurückge
gangen, die zur Zeit in Zürich nur 11
Centimes wert ist.
Die radikale Politik findet In de
Kreisen deS BürgertumS naturgemäß
wtnig Gegenliebe; wenn nun auch diese
Schicht der Zahl nach wenig ausgibt,
so hat sie doch durch thre Presse und
durch den sonstigen Einfluß der Jntelli
gcnz viel zu sagen und vermag der Re
gicrung um so mehr Schwierigkeiten zu
machen, als sie tatsächlich zur Kritik
reichlich Ansaß bietet. Insbesondere auf
dem Gebiete des ErnährungswesenS geht
es gar nicht gut. Trotz ausgezeichneter
Ernte ist die Erfassung ganz unzurei
chend, was wieder die städtische Bevölke
rung veranlaßt, nach schärfste-Maß
regeln zu rufen.
Hinter all diesen kleinen Schwierigkei
ten. der Tagespolitik stehen die großen
Fragen des inneren Staatsaufbaues
überhaupt, also die beiden großen Pro
bleme der Slowaken und der Deutschen.
Beide treten allerdings zurzeit vor dem
Tcfchener Problem zurück, was alle In
tercsse der Oeffentlichkeit in Anspruch
nimmt. Die tschechoslowakische Regie
rung hat im AbstimmunZZgei-ikte et
großzügige Propaganda eingeleitet iv-i
sucht die Stimmung unter der dcrtiz'
Bidölkerung mit allen nur erdenklic! '
Mitteln zu heben. Man lebt d-chn d-r
zeit nirgends fo gut wie in Teschen ?oct
gibt eS weißes Mehl in Hülle l,rd.Fü'k,
die Ernährungsvorscbriften sind pr,-?
tisch aufgehoben und Staatszuschüffe te
wirken auch möglichste Verbillign! g.
Dilse Ernährungspolitik zugunsten ?i
Abstimmungsgebietes mit ihrer derb
greifbaren Absichtlichkeit ist natürlich
Gegenstand vielfacher Kritik inbe
sondere dann, wenn die Verpflegung der
anderen Gebiete zu wünschen übrig läßt,
wie dies In der letzten Zeit In Prag der
Fall war. .
-Wie oft wurden schlechte Federn i i
eingetaucht, und wie jclt tgucht einmal t
faj&t g& W& - ; ,
... k
ii
t
t