Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, December 20, 1919, Image 2

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T5Me Omaha TrlbSe
.
Der Stand der Mltrevolution.
(yraokfurl geUll,) """
Mitte Oktober. ;
'Äll der Krieg vor JahnZfrift an an
fern Westgrenze loicr), prophezeite
man baJ Herannahen des sozialen Auf
, rührt in allen Ländern. Der Krieg an
sich, die Möglichkeit, daß eine solche In
famie und eine solche Dummheit gerade
ans dem schmalen Raume möglich, ge
wesen war. der die hSchstgeftcigerte tna
terielle Zivilisation - umschloß, Wider
sprach aufs stärkste dem Prinzip de
planvollen JortschreitenS. das unsere
politische Weltordnung trägr. Taher
schloß man nicht unlogisch, daß die auS
dem blutigen Schlamm de, Graden zu
ruckflutenden Proietarierheere, wenn sie
erst sehen würden, daß die gepriesenen
goldenen Früchte ihrer patriotischen
'Opfer beim Anfassen in nichts zerrinnen
und daß sie. die blutenden und leidenden
. Massen, viel schlechter daran sind als in
den ' Zeilen des von den Reaktionären
mit all ihrem Haß beschimÄtf .faulen
Friedens', dasz sie sich dann umdrehen
, und mit dem Kolben zu Klumpen hauen
wurden, wo? der Militarismus vom
Eibe der Kultur noch nicht verwüstet
bat. Denn schließlich müssen d Men
- scheu wohl Anarchisten werden, wenn sie
Verrückte und Verbrecher zu Archontcn
laden: eine besondere Theorie brauchen
j sie dann gar nicht, sie folgen nur den
I ist durch die Erziehung zur Brutalität
und nachher durch die Erbitterung ve
lnutzlosen LeidenZ hemmungslos gewor
denen zerstörenden Trieben. AlZ daher
die deutsche Revolution ausbrach, glaub
ten diele das Ende der Welt gekommen;
dieses Ereignis widersprach dem noch
bis ganz zuletzt auch in den Kreisen der
schon hoch gestiegenen WehrheitZsozia
'demokratie fest gehegten Glauben, daß
die Deutschen .niemals' eine Revolution
maibten. und es scbien die bolschewisti
' f ?.b,!e tu bestätigen, dak die 2fu?
l lösung unaufhaltsam , von Osten nach
; Westen vorrücke. Von Moskau war sie
' bereits in Berlin ngelangt, wie konnte
! man also bezweifeln, daß sie demnäckH
;in Paris und London erscheinen werde?
Trotzdem beruhte dieser Schluß wesent,
I lich auf einer unricktigen Bewertung
! des deutschen Ereignisses, nämlich auf
:l'tt Etikettierung der deutschen Revolu
iien mm eben als .Revolution"- im
i alten Sin einer durch geistige Ausleh
k nung vorbereiteten, klar gesehen Ziele
verfolgenden- Erhebung gegen , ein
'System. waS sie .nicht war. Das
System siel, ls es durch die Nie
Verlage schon zerfallen war; die Solda
J-lenmeuteiei und die Bildung der Arbei
; terräte war die Folge. Zu, glauben, daß
'r nach einem so unerhörten Zusammen
bruche der Staat in den alten Formen,
s also ohne .Revolution' hätte todter
f bestehen können, ist kein Zeichen großer
'Politischer Einsicht. Wilhelm II., den
"bit Sache schließlich nahe anging, hat
? stich dieser Illusion keinen Augenblick
sZang schuldig gemacht, dielmehr die Loge
i sofort richtig ersaßt und sür sich selbst
-fcie Folgermgeu daraus gezogen; waS
l im Gegensatz zu nderen Beobachtungen
b.Henen recht zu geben scheint, die in dem
. Monarche do jeher ein politisches Ta
lenk erblickt hatten.
; S! ist sehr wichtig, zu unterscheiden:
' Stt ZkevoluKon. die ernf die auswärtige
' Katastrophe folgt, ist ein fundamental
anderer Vorgang all die aus einem po
liiische Willen geboren Staatsumwäl
zunq. Das nachgerade schon belufti
gende E:?au darüber, daß bei uns
trotz dem Umschwung die großen repu
blikanischen Führ und Staatsmänner
durchaus nicht anstreifn wollen, würde
sich wahrscheinlich legen, wenn man die
i Dinge richtig sähe. Und 2 würden
dann auch die Reaktionäre, die ihr
Haupt bereits allzufrech wieder erheben,
! dielleicht stutzig werden, während sie, so-
lange sie sich einbilden, die Monarchie
sei von Liebknecht und Ledebour ge
stürzt' worden, wohl auch glauben mö
gen, daß irgend ein Oberst oder, Jn
itt sie wieder herstellen' könne. Mit
de Urteil über die deutsche Entwicklung
ankt aber, auch die Einschätzung der
allgemein-europäische zusammen, denn
lludings, wenn Deutschland sich i'
einer tiefgreifenden Auflehnung gegen
das überlieferte gesellschaftliche System
befinden sollte, so würden bei der zen
traleit Lage unfereZ Landes die Ausstch
te d .Weltrevolution' uheblichstei,
k. Vock bis vor kurzem war die
Meinung sehr verbreitet, daß die Stirn
unltt ossttn Arbeitern scbwere
Wefürcbtunae recktfertiae und der Sieg
seiner eztreme Partei sehr wohl denkbar
f"? IM!, ni fiitf Vilrfif mr
kX " ' . JJifc V V- y - - -
dem Beginn eine Winters, der xti zedem
Falle unserem hartgeprüfien Volke
schwere Entbehrungen auferlegen wird,
die Furcht schon geringer ist. Viele Be
bachtu melden, daß das Fieber nach
lasse und die Arbeitslust im Wachsen
sei. Die Regierung hat dies auf Grund
ihrer Erhebungen bestätigen können.
f Der Krieg, von den mehr zufälligen
! Anlässe und der Schuld der persönlich
t haftbare Staatsmänner abgesehen.
, hatte in letzter Linie seinen Grund in
einem durchaus fehlerhaften Zustande
der SkaatengesellschsZ!. Das fühlen die
Wölker auch auf der siegreichen Seite
i und deshalb beruhige sie sich nicht da
'. bei, wen ihnen ihre Regierungen sagen.
sie möchten nun. nachdem sie ihre Schul
digkeit geten und den Verbrecher
Deutschland bestraft hätte, wieder nach
. Hause gehen und mit doppelter Kraft
rbeiten. Die Gärung ist allgemein.
Nührt sie zur Revolution? Die Frage
,ft nicht akademisch, sondern die Ant
wort, die t'ik geben, bestimmt selber
unser Schicksal. Die falsche Veaniwor
tng eben dieser Frage hat uns der vier
Monaten in die schwerste innere Krise
gestürzt, weil ein großer Teil .der Na
tionalverfammlung und ei Teil des
Ministeriums, irregeführt durch haltlose
Berichte aus dem Auslande, die Ableh
nung des Vertrages dsn Versailles und
den Einmarsch der Feinde verantworten
,u können glaubte, in der Annahme, daß
die Entente binnen kürzester Zeit sicher
sein erde, vor der Revolu
tion in ihren eigenen Ländern zu kapi
kulieren und uns eine wesentlich bessern
Friede zu bieten. Die seither verstri
chene Frist hat jeden, der sehen will,
gezeigt, wie groß die innere Macht der
Kriegökabinette immer noch ist. Auf
Frankreich hatten jene Propheten, die
meikmiirdigerweise der uns znhause eine
neue Revolution durchaus nicht haben
wollen, ganz besondere Hoffnung gesetzt,
verführt durch größere Streikbewegun
gen, die indessen ganz unpolitisch blie
den, und durch überschwengliche Aeuße
rungen hervorragender Vertreter des
linken Flügels der französischen Sozia
listenpartei. Nun verleiten die glänzen
den rednerischen und publizistischen Ta
lenie .eztremer französischer Politiker
den aiittändischen Zuschauer leicht zur
Ueberschätzung ihrer Absichten und ihreZ
Einflusses. Manches Wort aber, das
auf der Tribüne der Kammer oder in
den Spalkn der kämfenden, Organe
große Wirkung macht, entstammt dem
romanischen Hange zu Fori.. und Mxi
kung. für die der Deutsche soviel wem
ger Begabung hat. W sind, nüchtern
besehen, die Anzeichen r Revolution in
Frankreich? Wohlverstanden, eine starke
Unruhe, die aus den genugsam erörter
ten Ursachen herrührt, ist vorhanden und
wenn der chauvinistische Unverstand groß
genug ist, so lann es vielleickt noch zu
schweren KristN kommen. Einstweilen
aber wird 'flicht sichtbar, daß bei den
vroduktiven Ständen die Abnngung gk
gen die heutige Ordnung zu staatsge
fährdender Hohe angewachsen wäre.'
Früher galt es als Dogma,, daß, ss kon
fervativ auch das Land fein möge, Pa'
riä trotzdem das politische System stur
zen könne. ' Jetzt scheint in Paris selbst
die nationalistische Richtung sehr stark
zu sein, wozu der Umstand beitrözt. daß
die Bevölkerung der Hauptstadt durch
300,000 Zuzügler, großeniteils aus den
von den deutschen Armeen besetzten Lan
desteilen, dauernd vermehrt worden ist.
Deshalb lautet die Formel jetzt, die Re
bolution werde nicht in Paris ausbre
chen, sondern in , Lyon. Marseille und
Le Havre. Inzwischen hat die Arbeiter
schast auf dem Gewerkschaftekongreß in
Lyon, wenn man von der unvermeid
liöen revolutionären Phraseologie ab
sieht, die Hosfnungea der .Freunde des
politischen Umsturzes nicht, ermukigt;
denn die wirklicke Revolution muß na
türlich immer eine politische fein,' auf
gewaltsame Aenderung des . Regimes
ausgehen. Die Herrschaft des sehr di
plomatischen Herrn Jouhaux über sie
OsnköilSrstion Gn6ral 6n Travail
wurde bestätigt; in seinen Programm
tischen Beschlüssen erklärte der Kongreß
einerseits, daß die C. G. T. eine revo
lutionäre Kraft sei, auf dem Boden de,S
Klaffenkampfes, stehe,, das Werfchwinilcn
des Lohnsystems erstrebe,,,' andererseits,
daß sie ihr Ziel vollständig durch eigene
Aktion und nach ihren eigenen Metho
den erreichen wolle. Damit ist der radi
kalen Gruppe der sozioNstischen Kam.
merftaktion eine Absage erteilt worden,
undie Betroffenen, juft dieselben. ,die
aller Welt die bevorstehende. Umwälzmig
angekündigt hatten, können ihre Entiäu
fchung nicht verhohlen. Nicht die Re
volution wollen demnach die, organisier
ten' Arbeiter Frankreichs, sondern wie
der gemäßigte Eezialist Rcmiudel in der
.Humanitö' sagt., die .aktive Synthese",
nämlich .die Beschäftigung mit der un
mittelbaren Gegenwart, vereinigt mit
der Beteuerung deZ . revolutionäre
Idealismus'. Sehr hübsch! In Frank-:
reich hören alle Dingt mit Chansons
auf! ' Herr Jouhaux selber hat seine
Auffassung in einem Artikel der .Ba
taiüe' über den englischen Eisenbahner
streik neuerdings niedergelegt. Er
spricht da von der Solidarität der ar
deitenden Klassen, geboren aus gemein
samen Leiden und besiegelt durch ge
meinsame ' Bestrebungen nach besserem
Leben'. Das ist.' im Momente einer
solche Krise, recht maßvoll gesprochen.
Von Revolution keine Rede.
In England ist das Verhältnis
der Arbeiterschaft zum Sta.!e ganz
sicher nicht mehr das einstige bereitivil
liger Einordnung in das herrschende Sy '
siem. Aber lange vor dem Kriege schon
nahm man wahr, daß die alte, im gan
zen konservative Politik der Gewerk
schasten oder Gewerkschastsleitungen in
wachsende Mißgunst bei dem "rank
and LI" geriet. Die Leute an der
Maschine und in der Grube wann mit
dem. was ihre Vertreter im Parlament
und durch legale Unterhandlung mit den
Arbeitgeberverbänden erreichten,- immer,
weniger zufriedenzustellen. Dann kam
der Krieg, der bisher in England unbe
kannte Forderungen an die Masse des
Volkes brachte und wie überall die anar
chiftischeg Neigungen sorgsam großzog.
Alle diese Erscheinungen, Verfall des
Ansehens der Arbeiterführer, Streiks,
Tumulte müssen sich ja beinahe mit me
chanischer Notwendigkeit eiwstellen. Die
einzig Frage sür den praktischen Politi
ker ist die: Geht dies alles soweit, daß
die Staatsordnung in Gefahr gerät,
mn anderen, Worten, wird aus der fo
zialen Unruhe die politische Revolution?
Hierauf hat, wie uns scheint, der Streik
der Eisenbahner eine sehr aufschlußreiche
Antwort gegeben.. Nicht, daß er beige
legt werden konnte, ist so bezeichnend;
das würde nicht ausschließen, daß das
zerstörende Element dennoch siark wäre
und schon in naher Zukunft kosbrechen
könnte. Viel symptomatischer ist der
vollkommen friedliche, gesetzmäßige Der
lauf dieses neun Tage dauernden Nie
senausstandes. In einer Bewegung, die
das Land bis in seine entlegensten Teile
ergriff, Millionen von Menschen die
größten Ungelegenheiten schuf, die Sirei
kenden mit Regierung und Bürgertum
unausgesetzt in feindselige Berührung
brckchte, ist nicht ein Schuß abgefeuert
und vielleicht kaum jemand tätlich ange
griffen worden, selbst nicht mit den Fäu
sten. 'Ganz gleichgültig, wie man über
die Berechtigung des Streiks und der
Gegenmaßregeln denkt, er. deutet nicht
uf wirklich revolutionäre Stimmung
und nahen Bürgerkrieg. Luch, daß die
andere großen Gewerkschaften von den
Streikenden nicht um ihre altioe Hilse
angegangen wurden, sonder daß die
Leitung der Eisenbahnleute" sich die be
freundeten Kräfte als Vermittler in der
Reserve hielt, ist ei Zeichen, daß der
alte politische Verstand Englands, der
immer, wenn es irgend geht, den Ver
siändigungsfricden vorzieht, auch unter
der verblödenden Herrschaft des Milita
rismus nickt ganz entartet ist.
Daß in I t a l i t n nicht die Bolsche
wistcn. sondern die Chauvinisten die
eigentliche Gefahr sind, zeigt sich jetzt
deutlicher als jemals. Der sozialistische
Parteitag in Bologna -hat zwar ein
eztrem klingendes Programm angcnom
men. daö aber die Beteiligung an pen
Wahlen einschließt, somit den parlymen
tarischen Staat bejaht. - Und die wich
tigste Rede war die deZ Parteisekretärs
Lazzari, eines Politikers von, ausgespro
chen radikalen Neigungen, der jedoch die
'.direkte Aktion' der Maximalisten mit
klaren Worten verwarf. Die Revdlu
tion wird in Italien nur infolge von
internationale Rückschlägen , möglich,
sein. TleS bezeugt die panze politische
Geschichte der Nation und es wirkt da
bei der bürgerliche Charakter der Nasse
mit. der die tragischen Zuspitzungen nicht
liebt.'. Vielleicht kann Herr DAnnun
zio das Land in ein Revolution pür
ze; die Bolschewistea schwerlich.
Wir enden unsern Rundgang durch
Westeuropa mit, der S ch w e i z. Auch
dort haben die sozialen Feindschaften
wieder an Schärfe verloren. Wie w:
nig die Parteipolitiker die Masse in un
feien aufgeregten Zeiten wirklich führen,'
beweist die Stellung der Schweizer So
zialdcmekratcn zur bolschewistischen In
tcrnationale Der Parteitag in Basel
beschließt mit großer Mchrhei' den Ein
tritt; das Parteirefer?ndum verwirft
-ihn mit großer Mehrheit. Die Strö
mung ju der Arbeiterschaft der Schweiz
kann wohl als charakteristisch für. die
allgemein-europäische Entwickking gel
ten, weil auf kleinem Raume die Hin
Wirkungen von den, Hauptnationen sich
treffen und ineineindcrspielen. Wahr
fcheinlich ist die bolschewisiisck'e Richtung
unter den Führen des deutsch-schweize
rischen Eozialismus ein Reflex rufst
scher und deutscher Tendenzen, die ihren
Höhepunkt- schon - überschritten haben.
Die Sozialisten der Westschwciz sind ge
mäßigt. übrigens ebenfalls,, ein
Symptom für die Grundströmun un,
ter den Massen in Frankreich selbst. ,
'"Aus den angeführten Tatsachen wird
kein Einsichtiger schließen, daß Europa'
den' krisenhaften Zustand überwunden
habe und bereits zu geordneten Verhält
nissen zurückkehrt. Wer kann bezweifln,
daß noch sehr viel Schlimmeres bevor
sieht? Halten doch ernste amerikanische
Beobachter wie Herbert Hoover, es kei '
nesmegs für sicher, daß die europäische
Menschheit sich ohne furchtbare Hunger
kataftrophen in bessere Zeiten hinüber
reiten kann. Nur eines scheint sich zu
ergeben: Nach .Weltrevolution' sieht es
nicht aus. Es ist nie zu vergessen, daß
eine Revolution ein mindestens innerlich
vorbereiktex.. in sfine besonderen Be
dinMngenchochorganisierttr Lorgang ist.
Die Lenin-Trotzkysche Staaisumwäl
zung,! war das; die Bolschewisten konn
teilin raschem. Handeln Regierung und
bewaffnete Macht in ihre Händ: brin
gen. In welchem andern grossen Lande
ist heute' eine Partei, der-ähnliches zuzu
trauen wäre? - Hungcrsufstönde, Put
scht, anarchistische Komplotte mögen zu
Dutzenden vorkommen:, Die Regierungen
werde imstande sein, sie niederzuschla
gen. weil sich, aus chaotischen, isolierten,
Erhebungen keine Organisation ergibt.
Man spricht aber fortwährend weiter
vom kommenden Wcltumsturz und über
ll sind die beiden Extreme der politi
schcn Leite? darin einig ihn an die
Wand zn malen. Die mehr oder weni
ger revolutionäre Gruppen tun es, iSm
bemußt und unbewußt ihre eigene Be
deutung zu steigern, wie früher die So
zialdemokratie . den großen Kladdera
datsch' prophezeite. Die reaktionären
Gruppen aber wollen, wie sie immer
taten. 'mit der Furcht, vor dem Chaos
das Bürgertum miedet in ihren Pferch
treiben und die Demokratie kleinkriegen.
Fast immer war die Gegenrevolution
eine dlel ernstere Gefahr ls die Rcvo
lüstern, weil sie unter dem Schutze, so
gar mit Hilfe, des Staates und im Na
men der Ordnung für ihr Werk organk
siercn kann. Ist diese Gefahr heute etwa
nicht vorhanden? Wäre nicht alle frei
heitliche Parteien zu raten, daß sie we
Niger von der Revolution redeten und
mehr an das wirkliche Unheil dächten:
die Reaktion?,
Ernst Haeckel tit die Ratnr als
ÄLnstlerin. .
Ernst Haeckel hat während feines lan
gen, der Erforschung der Natur gewid
meten Lebenslicht aufgehört, die Schön
heit der Natur zu bewundern und zu
preisen. Vor sechs Jahren ließ er ein
Buch erscheinen, das er .Die Natur als
Künstlerin' betitelte und in dem er die
wunderbaren Formen der kleinsten Lebe
Wesen der Radiolarien darstellte und' in
Bildern dem Leser vorstellte. Ueber die
Erfahrungen, die er mit den-Ergebnisscn
seiner Forschungen machte, erzählte er in
heiterer Laune folgendes:
.Während der 50 Jahre meiner For
schungen ist e? mir häufig begegnet, daß
teilnehmende Freunde und zufällige Be
fucher, denen . ich meine , Zeichnungen
zeigte, oder auch.die Objekte selbst unter
dem Mikroskop vorführen konnte, in leb
Haftes Erstaunen liber die Schönheit und
Mannigfaltigkeit -dieser .-'.verborgenen
Kunstwerke der Natur"" gerieten. Enthu
siastische Bewunderer. Naturfreunde wie
Künstler, riefen auS: .Wie ist ei möglich,
daß die Natur mit soviel Geschmack und
Erfindungskraft so auserlesene Kunst
werke produziert! - Wie ist es zu erklä
ren, daß die einfache, dem unbewaffneten'
Auae unsichtbare Zell so wundervolle
GebiN schafft? Ohne Gehim und Au
gen. ohne Hände und Werkzeug? Und
wozu wird so viel Schönheit und Rei,
in der geheim mikroskspischen Welt der
schwendet?' Ei kam auch ohl vor. dsß
ezn skeptischer., dem 27iiJ:?K;t mißtrau
'S''"-
Vsr Fall Uechberg.
In einer Zuschrift n, das Berliner
Tageblatt' gibt Rittmeister Rechberz
ine lange Darstellung über den Ver
lauf des seinerzeit gegn ihn wegen an
geblichen Spionage eingeleiteten Ver
fahren. Im November IS14 habe er
den Major Deutelmoser von der Abtei
lang Lb der Obersten Heeresleitung in
Berlin darüber informiert, daß er ach
Besprechungen mit dem bayrischen Mi
pisitrpkäsidente Grase Hertling, dem
Reichskanzler von Bcthmonn Hollweg,
dem Staatssekretär von Jagow und dem
Abgeordneten Erzberger Verbindung
mi: Paris anbahnen werde, auf Grund
deren versucht werde solle, mit Frank
reich zum Frieden zu kommen. Im Fe
brrar 1915 habe dann bei Hillcr ein
Diner stattgefunden, dem außer ihm
stlbst der Italiener Lorenzo d'Adda, der
inzwischen als Unterhändler in Pari
gewesen war, der Abgeordnete Erzber
ger und Major Teutelmoser teilgenom
men haben. Major Teutelmoser habe
dabei alle Einzelheiten über den günsti
gen Fortganz der eingeleiteten Aktion
erfahren. Wenige Tage später, habe
dann da? Vorgehen der Abteilung 3b
der. Obersten Huresleitung gegen ihn
lR?chbng) begonnen. Wenirnun in dem
Schreiben des Generals Vrose gesagt
werde, daß nicht die Abteilung 3 b da
Vorgehen gegen ihn veranlaßt habe,
sondern das Auswärtige Amt, so er
scheine dies schwer verständlich, da ja die
Laze' Aktion mit dem Staatssekretär
von Jaqow berabkeet- gewesen sei.
Auch müsse es auffallen, daß dieses Er.
suchen kurz nach dem Diner bet Hillcr
erfolgte, an dem kein Vertreter deS Aus
wältigen Amtes teilgenommen hatte.
EZ bleibe daher festzustellen, wodurch
daö Auswärtige Am! verinlaßt' worden
sei, die Militärs zu dem Verfahren pe
gen ihn zu benutzen. "Volle Klarheit
werde wohl nut eine Vernehmung aller
Beteiligten herbeiführen können. '
Deutsche Aunst
in Italien.
AuS dem Stieftllande wird gemcldct:
Es war bis zum Ausbruch des Krieges
alte, und fast möchten wir sagen, hei
lige, Ueberlieferung der großen Opern
iheater Italiens, ihre Stagione mit ei
rcm Werke Richard Wagners ''zu erösf
ran. ; So hatten es die Scala in WJ
land, das Costanzi itt Rom, bis.. San
Carlo in Neapel gehalten und einige thu
nere Operntheater bei Königreiches nicht
Minder. Der Krieg hat diese Tradition
unterbunden. Nur hier und da wagten
sich einzelne Orchester mit deutschen Mu
silftücken hervor. Jetzt ist man zum al
ten zurückgekehrt und keine Stimme legt
mehr ihr Veto ein, , So wird das Con
sianzi Theater in Rom ' seine große
Openispiclzcit mit der .Wallure' erösf
ncn und später noch eine andere Wag
neropcr. wahrscheinlich .Lohengrin", fol
oen lassen. Auch auf dem Gebiete ver
Operette hat, der Ostrazis-nus seine
Wirksamkeit verloren. Die italienischen
Opercttenkompagnien wer vermöchte, sie
zu zäh!ensind zur Wiener Operette zu
LÜckgekchrt.. die -vor. dem Kriege in
große Zugkraft waren-. Uederall in Jia
lien .fpielt man wieder Wiener Op'rel
ten'und die Häuser sind wieder voll.
Und es fällt niemandem ein, dagefzeii zu
protestieren, weder dem Publikum, noch
der Presse. " '
fitm Velhhühne l
. In Weimar.
. In Weimar hat ain 12. Oktober .im'
Deutschen Nationaltheater die Grün
dung der .Weimarer Freien Volksbühne'
staityesunden Vor dem eigentlichen
Gründungsakt spräche Generalintendant,
Ernst Hardt, Hoskapellmeistcr Dr. Peter
Raabe.. die. Schriftstellerin . Gertrud
Prellwitz und Stcatsrat Rudolph über
den Zweck und die verschiedensten Auf
gaben der Freien Volksbühne, der stell
vertretende Vorsitzende referierte über die
Statuten und' nach einstimmiger An
nähme dieser war der GrllSdungSalt
vollzogen. Dem künstlerischen Ausschuß
gehören auf Grund der rrnschliehend bor
genommenen Wähle ' Generalintendant
Sardt und 'HiZlapkllm:is!cr Dr. Peter
Raabe an. Die Weimarer Freie Volks
bühne wird Theatervorstellungen, Dich
jungen urid Musilwerke, nach Möglichkeit
auch Werke der Bildhauerei und Walerei
borsühr? und durch Vorträge nd Auf
ätze erläutern. I jedem Jahr werden
zwölf Veranstaltungen, darunter minde
stens sechs Theatervorstellungen im Na
tionaltheater geboten.-. Die Verteilung
der Plätze erfolgt durch das Los. Ein
großer Konzertchor ist in Bildung be
griffen.
Seiu Bcsltztitkl.
Der Speisewagen im V-Zug war
überfüllt. Mit Müh quetschte ich mich.,
zum Büffet, holte mir eine Tasse Kaffee
und ließ mich erschöpft uf inen Stuhl
sinken. - "
Schon stand ei Herr vor mir. '
.Sie, sagte er, ;der Stuhl ist be
setzt!' v
.Ach was.' knurrte ich, .besetzt? Kön
ne Sie Ihr Recht an diesen Stuhl be
weisen?'
,J. Sie sitzen auf meine Teller voll
Nudeln!'. ' "
ender Besucher die Existenz dieser er
ftaunsichen Kunstwerke der Zelle direkt
leugnete oder die Bilder für optische Täu
schungen erklärte. Ein anderes Mal be
hauptete ein neelver Laie, daß solche Tiere
und Pslanzea gar nicht existieren könn
ten und daß meine Abbildung davon
.erfunden' feien. Dabei fiel mir die Ee
schichte von dem Bauern ein, der im Zoo
logischen Garten zu Berlin zum erste
Male lebende Elefinte und Rhinozc
rosse. Giraffen und Känguruhs sah. In
sein heimatliches Dorf zurückgekehrt, rief
er voll Enthusiasmus aus: Nein, Lin
der, da! müßt ihr aber mal fehen da
laufe lebend Tiere herum, die eß
nicht gibt!' '
Lnropas verzweisekie Mrtjchajtsl'age.
Amerikas Uredit das einzige Rettungsmittel aus dem drohenden Chaos.
Unterstaatssckretär Hirsch,
in der ausführlichsten Weise, über
. Meine aus diesem Gespräch
und sie gutgeheißen.
. , Professor Hirsch, der bor sei
reich als Kaufmann tätig war, m
1 als bester Kenner des deutschen i
.Nach der politischen Krise, nach der
Krise unserer Volksernährung steht heute
Deutschland vor de dritten und efähr
lichsten, einer Krise seines gesamten Wirt
schaftlichen Lebens. Und nur die Bereit.
Willigkeit Amerikas. unS Rohstoffe zu
angemessenen Bedingungen auf langfri
stige Kredite zu gewähren, kann uns vor.
einem Zusammenbruch retten, der nicht
nur Deutschlands Untergang, sondern
auch den Ruin Europas und den Siez
deS Bolschewismus in gefährliche Nahe
rücken würde.
AuS dem politischen ChaoZ haben wir
uns unier Schwierigkeiten, von denen
. Amerika .keine Ahnung hat, zu einer
neuen feftgegründetcn Ordnung durchgeh
rungen. Durch die Ernährungskrise ha
ben wir unser Volk trotz aller Hemmun
gen und störenden Eingriffe der Entente
glücklich hindurchgefühlt. Die körperliche
Widerstandsfähigkeit hat sich gebessert,,
die Arbeitskraft und Arbeitslust heb,
sich täglich, stellenweise schon bis zur Höhe
der vcicdcnszeit. Die Vorbedingungen,
für ein wenn auch bcsckiränktes Wieder
aufblühen unseres Wirtschaflskbcns und ,
damit für die treue Erfüllung der uns
auferlegten überaus harten Fricdensbe
dingungen sind' gegebn. Hilft man uns,
so kiilit man kick selbst. Schneidet man
uns von dem Bezug der Rohstoffe ab..
will man o,e unter zayttoicn, formen
und Lorwänden trotz 'Waffenstillstand
und Frirdensunterzeichnung aufrecht er
haltene Absperrung , Deutschlands von
den Markten der Welt als eine Kredit
und Valuta-Blockade fortführen, so sind
wir verloren, mit uns aber dann der
ganze Welten Europas.- '
SagenAic cS Ihrem Land rnd sagen
Sie es mit dem ganzen Ernst, mit dem
ganzen Nachdruck, mit dem ich aus der
intimsten Kenntnis der Laqe zu Ihnen
spreche:. Ohne Amerikas Hilfe versinkt
Deutschland in Europas Chaos.
,-' Es ist tragisch, wie man die Lage be!
Ihnen drüben mißversteht. Anfangs,,
während die Besten bei uns verzweifelt
waren und keine Hoffnung mehr für
Deutschland erblicken konnten, während
das Schicksal unseres Volkes jeden Tag
auf Messers Schneide stand, glaubten Sie
drüben, dak wir. baescklosscn von aller-
Welt, . wirtschaftliche Inzucht treibend. '
wie ein Akkumulator ungeheure razie
in Jahren aufgespeichert hätten, um sie
jetzt auf geschwächte Nebenbuhler zu deren
Schade lolzulzsse. " Und Furcht dik
tierte daher viele jener Maßnahmen, mit
denen man uns das Leben so bittcrschwcr
gemacht, daß es zuweilen untragbar er '
schien.
Dann kamen die volitische Unruben.
Spartakus erhob sein Haupt, und aus
der Ueberschätzung unserer Reserven
schlug ihr Urteil in eine Unterschätzung
unserer Widerstandskraft um. Während
dci 'uns langsam aber siekig das Selbst
Zerlrauen und das Bewußtsein, wuchs,
daß wir rs schaffen würden, schwand bei '.
Ihnen alles Vertrauen in unsere Wirt
schaftliche Kraft, und in dem Augenblick,
da wir zu neuer Arbeit bereit und fähig
sind, fehen wir uns einem Ausland ge
genübc das aus Unkenntnis dessen, waZ
bei uns vorgeht, alle? Zutrauen zu nnse
rer Kreditwürdigkeit verloren hat und
Lck auS hitkr vessimisiiscbea Wertuni
' unserer Zukunstschancen herau! zu Maß
Nahmen verleiten laßt, die allerdings ge
eignet sind, ine Gesundung unseres
Wirtschaftslebens unmöglich zu machen.
Auch bei uns gab es im Frühjahr eine
Zeit, wo man die Lage schwarz und hoff
nungsloö ansah, und wo nach dem zwei
ten 'Spärtakusputsch auch ernste Per
sönlichkciten an unserer Zukunft verzmer
selten,- Deutschlands Bestimmung schien,
damals i einem Meer von Blut unter
zugehen Und wenn diese düstere Per
spektide glücklicherweise nicht Wirklichkeit
geworden ist, wenn wir uns im Gegenteil
zu neuen, Lebensmöglichkeiten hindurch
gerungen haben, so ist das, ich darf da!
aus vollster Ueberzeugung wohl hier be
tonend zu großem Teil-auch der konse
quenten klugen Politik Robert Schmidts,
unseres damaligen Ministers für Volks
ernährung, heutige Wirtschaftsmini
sterS, zu verdanken. . -'
AIS der' Zusammenbruch käm. bcsafzrn
wir noch einige Milliarden flüssiger Mit
tel,' und die Frage entstand, ob man die
selben richtiger für den Bezug vo Roh
flössen oder Fine bessere Ernährung bei
Volkes benutzen solle. Wir entschieden
unS,' daß erst ein reichlicher ernährtes
Volk die. Kraft zu erfolgversprechender
Arbeit besitze, und haben.darnech unsere
Anordnungen getroffen. . ' - ;.
Während eS von de Dächern schoß
und daS Ende unseres geordnete, float
lichen Lebens gekommen schien, haben wir
den. Massencinkauf von Lebensmittcln in
die Wege geleitet, der allein eine Weder
genesuncs bewirken konnte. Leider und
unbegreiflicher Weise hatten wir dabei
nicht nur Widerstände Im Inner zn
überwinden, sondern auch absichtliche. oder
unabsichtliche von feiten unsern Gegner,
die doch an einer Wiederkehr geregelter
Verhältnisse bei unS daS stärkste Intel,
esse besaßen. '
Man macht sich im Auslande keinen
Begriff von dielen Schwierigkeiten, mit
denen wir hier zu kämpfen hatten. Un
sere Arbeit war ein Tammaufwerfen
während einer Sturmflut. Um unS löste
sich die größte Armee, die die Geschichte
gesehen und die. vergessen wzr dai
ncht, sich kämpfend gegen die ganze
übrige Welt behauptet hatte, in Unord
' nung uf. . Alle Bande schienen gelöst.
Tlgxsi und Disziplin für immer der
" " Berlin, Ende Oktober 1919.
NeichSwlrtschaftSmtnisierium, empfing mich heut und unterhielt sich
die augenblickliche Lage der deutschen Wirtschaft,
sich ergebenden folgenden Aufzeichnungen hat er selbst durchgesehen
nen Kölner Ctudicnjahrcn und' seiner dortigen Lehrtätigkeit erfolg
achte währmd deS Gespräches durchaus den Eindruck, feines RufeS
nncrcn Wirtschaftslebens würdig zu sein.
. , Martin W. Vcth5e.
loren. Unser Verkehrswesen dar zer
rllUet, im Innern herrschten ChaoS und
Not und trotzdem gelang daS scheinbar
Unmögliche, eine geordnete Demobilisie
rung, dank einem einfachen aber in fei
ner richtige Beurteilung der Massen.
Psyche geniale Mittel Dr. KöthS, der
damals da KriegSamt leitete. Die Ver.
sügung. daß der Entlassungsanzug und
d Entlassungslöhnung für jeden Truv
penteil nur an einer bestimmten Stelle
erhältlich seien, verhinderte, daß die Sel
date regellos auseinander likfea und
dak. Land als bewaffnete Banden über
schwemmten, womit natürlich jede. Er
nährungspolitik und jede Arbeitslosen,
fürsorge. überhaupt jeder geordnete staat
lich Betrieb unmöglich gemacht worden
wäre. Aber eber5dank, dieser Idee, die
richtig auf den aesunden ökonomischen
Sinn der Leute spekulierte, gelang das
Unmögliche, die Armee wurde in leid
licher Ordnung in die Heimat ,-zurückge
silhrt und eine der größten Gefahren
schien überwunden. '
Da setzte mitten in dieser Arbeit der
Neuordnung der erste störende Eingriff
von außen in. der alles wieder ln Irage
stellte.. Die Entente erzwäng den Durch
zug der polnischen Haller-Arm durch
ein Land, dos von innerem Aufruhr ge.
schüttelt wurde, das im Osten deS Reichs
sich neuen Feinden gegenüber , sah und
deshalb auf Kriegsfuß verbleiben mußte,
und dessen Verkehrsmittel, durch den
Waffenstillstandsvertrag dezimiert, Zaum
ausreichten, die allernotwcndigsten Le
bensmitteltransporte sür die eigene hun
gernde Bevölkerung zu bewältigen. Aber
auch daS. schaffen wir, und was am 9.
November unmöglich rfchien, ist heute
erreicht. Trotz Zusammenbruch. Revo
lutiog.' Bürgerkrieg und Blockadeverlän
gerunh ist unser Volk heut besser r
nährt. a!S eS damals war. Erstens, weil
wir die Einfuhr von Lebensmitteln in
großem Umfang und unier erheblichen
Zuschüssen deS Reichs orgnnisierten. und
zweitens, weil wir gewisse früher ratio
nierte Genußmittel, wie z. B. Eier und
Obst, freigaben, fo den Bedarf der Gt
situiertcn dorthin ablenkten und damit
größereMengen deS absolut Notwendigen
für unsere ärmere Bevölkerung zur Ver
fügung erhielten.
Dieser Reichszuschuß ist natürlich, wir
verkennen daS nicht, vielleicht ein, etwaS'
fragwürdiges Mittel, aber er hat doch
den gefährlichsten aller Streiks, jenen der
Eisenbahner, verhütet, nd feit Ende
April und Anfang Mai ist in de Er.
nährungsverhaltnissen eine Besserung zu
verzeichnen, die, auch dem oberflächlichen
Beobachter erkennbar sein muß.
Die politische Beruhigung ist eine Tat.
fache, die die gefährliche Woche der Rati.
fizicrung bewiesen hat. Die Arbeits,
leiftuna in allen Industrien zeigt ine
aufsteigende Kurve, die Arbeitslust wächst
mit der durch bessere Ernährung wach
senden. Kraft, Und die Lage ist jetzt die
folgende: Wir können und wollen arbei
ten, um so' unsere Verpflichtungen unter
dem Friedensvertrage zu erfüllen. , Abes
uns fehle hie Rohftosfe, und die Zah
lungsmittel, die wir bei. Ausbruch, der
Rcvolutio noch besaßen, sind für die
Vorbedingung der, Arbeit, die Hebung
der Volksgesundbcit', verbraucht. Wir
stchen vor einer Wirtschaftskrise, die iib'k
Tod und Leden unseres Volkes entsche?
det, und Amerika bestimmt ihren AuS
gang. .' ,
In seinem eigensten, im Interesse der
Menschheit sollte eS liegen, daß keine
neue Welle der Unruhe, alleS vernichtend,
über Daitschland daherflutet. Wir sind
uns dem ffllM. uns für immer von dem
Gedanken des Bolschewismus loszusagen, j
Wir sind der letzte Damm, der Wen
uropa gegen die russische Flut schützt.
Wenn man indes uns ie Rohstoffe vor.
enthält, wenn die Alliierten in ihr?r
berschlesischen Politik fortfahren nd un.
serer Industrie ine ihrer stärksten Koh
lenquelle verstopfen, dann sind slle die
in wahrhaft unermüdlicher Arbeit joer
letzte sech Monat errungenen Erfolg?
in Frage gepellt, wir erlebe ine Ar
beitslosigkeit. wie sie tn gleichem Umfang
bisher noch nicht dagudesen war, mit all
ihren die ftaatliche Ordnung unterminie
rcnden . Begleiterscheinungen, werden
möglicherweise ,daS Opfer bolschewisti
scher Doktrinen und daß diese dann nicht
an unserer Wcstgrenze Halt mache wer.
den, zeigt ja daS Uebergreifen der deut
schen Arbeiterunruhen auf die Kaligruben
im Elsaß und die lothringischen Hütten
werke.
. Die Entente muß endlich erkennen,
daß wir vom Schicksal auf Gedeih und'
Verderb miteinander verbunden sind.
Deutschland ist heule in Patient, der
gerade über den Berg einer lebensgefähr.
lichen Krankheit hinweg. ,ur vollen Ge.
nesung frischer Luft und gesunder Er
nöhrung bedarf. Gebe Sie ihm die
Wglichkeit u beiden und Ihr Schuldner
und Ihr Geld sind gerettet. Lassen Sie
unS in der Stickluft. der Kredit, und
Valuts-Blockad umkommen. vere!gern
Sie unl die MittU znm Leben, und mit
unserer Arbeitslraft sind dann auch die
Milliarde verflogen, die Frankreich und'
Belgien aus ihr zu ziehen erwarten.
Statt unS in unserem Genesungspro.
zeß zu unterstützen, hält die Entente in.
del noch künstlich die Wunde, km Westen
offen, die sie unS beigebracht und em der
wir verbluten müssen, wen si sich nicht
binnen kurzem schließt.
All nstr Mühen um eine Sesundunz
der deutschen Wirtschaft ist aussichtslos,
so lange dai L?ch an unserer Wcstgrenze
weiterbesteht. Wie können wir unser,
Valuta verbessern und eine planmäßige
Wirtschaft sühren. wenn die Entente
durch dieses 'Loch Millionen und Aber t,
Millionen unnützer Waren hereknwirfl
und dafür Mark erhält, deren Verkauf
im Ausland dauernd auf unseren Kurs
drückt? Wie können wir andererseits mit
nferen eignen Lcbensmittclvorrätcn aus. ,
kommen und die Ernährung der großen
Massen sicherstellen, wenn. dies durch den
Friedensvcrtrag in unsere Zollgrenze ge
schlagene Loch und der niedrige Stand
unserer Mark direkt zum Ezport nach
dem Ausland anreizen, weil eö un mehr
bezahlen kann, als wir selber vermögen?
Wir erhalten Parfüm. Straußenfedcr,
alle Lliziiswarcn. deren ein verbunxerg J
deS Volk nicht bedarf, gegen Eueren ,
Willen herein und vrrliercn Getre'dk. das . i
wir jede Cchcffcl nötig hüben, am hier J
leben und arbeiten zu können. j
Noch in einer andern Nichlung scha 1
digt uns ein Vorgehen der Entente, dezscn
Folgen sie vermutlich selbst nicht über '
sieht. Im Friedcnsvertrcige ist der Be ,
riff nfhmr.rf. d. k. der Nicht entwer
tcten Mark, nach FricdenskurS festgelegt,
und wir sind zu Zahlunzen in vieser
Soldmark verpflichte!. Nun sollten wir. ,
um auch hierfür die Mittel zu gewinnen,
unsere Zölle in Goldmark erhalten. An
allen Grenzen Deutschlands wird nun
der Zoll so erhoben, daß di? jetzige Ent
wertizng der Mark dabei nicht bcrücksich
tigt wird, also die Papiermark nur zu
etwa y3 bis V der Goldmark in Zah
lusig genommen wird. Nur an unserer
westlickcn Grenze, die in ven Händen der
Entente ist. darf dieser Zoll nicht erhoben
werden, sondern muß der alte Satz in
'Papicrmark genommen werden, weil man
sich an Bestimmungen klammert, welche
die Erhöhung der bisher gültigen Zölle
ktlhindert. Die Wirkung ist, daß nicht -nur
die Zahlungskraft des deutschen
Staatswescns weit hcrabgedrückt, sondern
außerdem auch die Waren unzweckmäßig
geleitet werden. Es ist der Fall borge,
kommen, daß wegen dieser Goldzollfrage
und wegen der Ersparnis, welche die
Einfuhr über daS westlich Gebiet mit
sich bringt, große Sendungen vo der.
böhmischen Grenz durch Oesterreich, die
Schweiz. Elsaß und die Pfalz geltet
worden sind, um wieder a Orte in
Sachsen in der Nähe der böhmischen
Grenze gebracht zu werden. Diese Volks,
wirtschasilich Verschwendung durch Um
leitung der Güter wird auch durch die
Goldzollsrage von der .Entente in e'mer
nicht sehr zweckmäßigen Weise begünstigt.
Sie schädigt auch durch dieses Verhalten
nicht nur daS deutsche Valuta-Jnteresse.
sondern auch das direkt Interesse der
Entente an der Zahlungssähigkeit deL
deutschen Reiches als Staatsrcrwaltuna.
'In einem. Witzblatt erschien fy-f
bei uns ein Bild, doö einen frznzös., -Draaoneroffizicr
im Offertenraum .
Wcrrcnhaufcs zeigte., wie er spitzende '
Damenhöschm zum Kauf anbot, v .
öild ist kejue Uebertreibung, sondern ,
spricht der Wirklichkeit wie niir der -l i
ter eincS unserer größten, Warenh'' '
bestätigte. Sein Osstttenranm wird
leer von Offizieren der Entente, die
etwas vcrrcnicn wollen. ;
Wenn aber unser G:ld s? für un
Dinge Hinaus strömt, tonnen wir eö
für Lebensnotwendiges gebrauchen. ,
sere Vorstellungen bleiben unbea
Unsere Verfügungen werden im bese
Gebiet von den militärischen Behiz
aufgehoben. Jede plmimaßige Fikj'
unserer Wirtickift. icde Kontrolle '
Ein und Ausfuhr, wie wir sie bra.,
um nicht bankerott zu gehen. y iait
lisch gemacht durch solche Eingriffe
ZllncrOrgane der Entente. Deutsch!
Zukunft hängt heute sozusagen von i
Gutdünken jedes OsfizierS ob. der.
lasic zu macn rounicoi, jcanu.
die Absicht Amerikas sein.. oder V
nicht' vielmehr ein Interesse daran )
sein zweitbester Kunde vor dem
kick Mieder erkokt, dr.n im Mittels
Europas nicht ein neuer Herd
Unruhen und Erschlltterunaen aus 1 1
und C0 Millionen Mcnschm au .? ,
Wirtschaft der Weit ilsgeschaltet H,'
den, die heute jeden einzigen Arm brai., '
für den Wiederaufbau? . t
Geben Sie uns du Möglichkeit tti
schaftlicher SMlbcst'.mmung, geben si
unö Rohstoffe und damit die Mitt ' 1
fczenZreicher Arbeit, nnd mit dem gc Z
dendek Deutscklar.d wird des dc.rnied''' Z
liegende Europa grlunden. Segen Cti
die bisherige Politik der Absperrung i'X
M
I
willkürlichen Einmischung fort, und
Dklltsckla'id drobt der ean?kn z-
Kultur deZ Westens der U,!k?ganfl
Unglückliche Ehe. j
. In einer kleinen Stadt der Wart trik 1 1
der sehr leutselige Pfarrer einen Mar i
den er vor zlrei'Jiihren getraut hat. j
.Na. Buchhniner, sieht men Sie 0' i .
mal wieder? Wie gcht es denn ?f, i
lieben Frau?"
.Der geht et ja -well jut, Herr Pl'..i
nr." - - q
.Na und den Kindern? i
Kinder him mer kecue, Herr Pk--.
rer . . -
- Soso, Kinder' l-aten Sie nicht. St
dachte . ., Sie sind doch schon z1 I
Jahre verheiratet, nicht wahr?" b I
Jewiß doch. Herr Pfarrer. A'? t '
sehn Sie. tat is u so: Ick biu 2".
löbncr. und meine Frau. na. d k
Nachtwächter!" ' ,
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