Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, November 27, 1919, Image 2

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    Inspektor
ry
Novellette von A.
i
to erwart ich also, mein littet
Bergmann, daß ich mit Ihn Lelstu
gku zufrieden sein kann. Kleine Bei
sehen, und Irrtümer verzeih ich gern,
aber ich verlange Treue von Ihnen, un
wandelbare Treue."
Zu Befehl. Herr Gras."
Ta! war der junge Herr Bergmann,
der als Inspektor vom Grasen Nosen
euis Roscnburg engagiert war. -
Er diente zuerst ein Jahr auf Probe.
Ter Graf war mit ihm zufrieden.
Tann diente er noch zwei Jahre, nach
deren Ablauf der Graf ihm von selbst
Zulage gab, und al! die Ernte deS drit
ten Commerz beendet war. Keß der Graf
die Jnspektorwohnung hübsch tapeziere
und neue Diclen hineinlegen. Die Ta
peken waren so hübsch, daß die Wirt
schafteri jedesmal durch daS offene
Fenster nach ihnen schielte, wenn sie über
den Hof ging. Wenn die Gouvernante
spazieren gehen wollte, kam sie stets vor,
' kj zu Herrn Bergmann hinein und
fragte wo heute der grimmige Stier
weidete. '
Eine arme Gouvernante wird doch
auch wohl da? Recht haben, für ihr Le.
ben zu zittern, besonders wenn in In,
,, spektor da ist, der ebenso hübsch ist wie
feine Tapeten. Er maß sechs Fuß. war
schlank und elastisch und hatte dunkle,
lockiges Haar und gebräunte Wangen.
Dabei hatte er dunkelblaue Auge, die
sehr treuherzZg blickten, denn er ver,
sicherte: .Ich gebe Ihnen mein Wort.
Fräulein, daß der Stier heute gar nicht
hier in der Nähe ist."
Kommen Sie aber wenigsten? mit
mir durch? Tor, Herr Bergmann, und
helfen Sie mir nachsehen' . . . schlug
daS Fräulein vor.
Herr Bergmann begleitete sie dann
lächelnd dielleicht fünfhundert Schritte,
K fhtz Iik d Acker.
IIU Qi (. VK. ) - " ( "
nach der Dreschmaschine oder nach dem
Pserdestalle gehen, denn er war treu,
unwandelbar treu. Als aber jfeie kleine
Komtesse Julie reiten lernte und ihr
Papa sie nicht immer leiten konnte,
hatte Inspektor Bergmann mehr Zeit.
Die Knechte und Arbeiter konnten sich
damals gehörig ausruhen, denn eS konnte
sich ereignen, daß Inspektor Bergmann
mehrere Stunden ausblieb. Er konnte
ja Komtesse Julie ebenso gut begleiten
wie der Reitknecht. Der Abstand zwt
sehen ihnen beiden und der jungen Grä,
sin war gleich groß. Und Inspektor
Bergmann brachte Komtesse Julie stets
sicher nach Hause, trotz ihrer eigenen
Unvorsichtigkeit ' und der mutwilligen
Kapriolen ihrer schönen, braunen Stute
' Gabriele. Ihr langes, lockiges, braunes
Haar umwogte ihr , krühlingsfrischeZ.
liebliches EesichtSen. die Zungen Augen
strahlten. die Wangen des Inspektors
glühten, und stürmisch klopfte ihm das
Herz. Aber sie sagte nichts, und er
sagte nichts, denn er war treu, unwqn
delbar treu.
' Als Komtesse Julie ihr -sechzebnteS
Jahr zurückgelegt und die jungen Edel
Ieul genaue Erkundigungen über du
Größe und ?ea Wert der ESsfchaft
Nosenburg eingezogen hatten, und als
man erfahren, daß die Gräfin Rosen,
bürg viel zu kränklich sei, nnl Komtesse
Julie noch mit Geschwistern beschenken
zu können, wurde Inspektor Bergmanns
Begleitung immer überflüssiger bei den
, Spazierritten. Da war das HauS oll
von nahen und entfernten Vettern und
.anderen hübschen. Zungen, adligen Her
' ren. und alle wollten Komtesse Julie auf
ihre Spazierritten begleiten, sodaß selbst
! Vit Ackerpferde manchmal gesattelt wer,
'' den mußten. ' .
' .Wer ist der Zunge Mann da, auf
, dem WeiztnfeldeZ" fragte dann vielleicht
' einer oder der andere der junge Edel
leute. der zufällig ach der Seite blickte.
.O. daZ ist Herr Bergmann, unser
, Inspektor, in sehr netter Mansch ant
' wartete dann die junge Gräfin.
i .S . . . ist er wohl nicht etwas zu
, jung und unerfahren für diese große
' Besitzung?" meinte Graf Hans, klemmte
sich den Kneifer fester auf die Nase 'lad
dachte bei sich. Inspektor Bergmann sähe
durchaus nicht wie ein Inspektor auI.
. ,Ö nein, durchaus nicht! Herr Berg,
mann ist ja fs treu, so unwandelbar
treu." versicherte KomtesseJulke.
' .Wir müssen die Türen auch recht
lübsch mit Laubwerk schmücken und die
Pfeiler deS BalkonS mit Guirlanden
umschlingen. Aber ja so fchön wie mög.
lich, den . . . nun, Ihnen lieber Herr
Wergmann, kann ich eS ja immer sagen:
Komtesse Julie verlobt sich morgen mit
meinem Neffen, dem Grasen HanZ, aber
schweigen Sie darüber."
; .Zu Befehl. Herr Graf," sagte In.
spektor Bergmann, indem er sich tief
rbeugie.
.Herrgott im Himmel, sind Sie krank,
Hezr Bergmann?" sagte die Wirtschaf,
tertz, die dem Inspektor auf dem Hofe
fcägtfNte und ihn mit ihre kleinen,
braunen Auge 'freundlich und warm
anblickte. '
.Warum meinen Sie, Mamsell ffirei
chen?" .
.Herr JesuS. Sie sind ja so blaß,
daß man ordentlich darüber erschrecken
kann." sagte die Haushälterin nd ging
schnell in die Melk, um ihrem Günstling
i recht kräftiges Mittagessen zu !e
if. :
Am VerlobungZtage gab eS grüne
Ehrenpforten und Hunte Guirlande an
den Balkonpfeilern. Nach einiger Zeit
folgte die Hochzeit, und zu der wurde
sogar Inspektor Bergmann eingeladen. 5
AIS er groß und stattlich in feinern
feine, gutsitzenden GesellschafZIanzus
die Treppe heradkam, begegnete ihm ine
alte, edlige Witwe.,, , .
.Wahrsckeinlich einer der -Trausüh,
ter?" lä Seite die Gnädige. ' -
.Aber liebe Tante, daS ii ja nur der
Sektor," erklärte eine der Lrautjunz.
f(tH. ' ' '
Tat ist mal wieder eine von Vetter
Hos! rttscktnt philanthropische
Idee, so inen Wenslben ir Hochzeit
.inzuladen' fluNitte KtJM äomiw
. SfsrhriJr' . '
Aergninnn.
vsn lZedenstjerna.
Alle nahm seinen gewöhnlichen 2er
lauf. Erst kam die Trauung, dann
folgte' daS iner mit Reden, Toasten
und HochzeitSliedern, darauf Nachfeier.
Hochzeitsreise und Rückkehr deS jungen
Ehepaares, welche? eine Wohnung in
einem Flügel deS Schlosse zu Rosen,
bürg bezog. Mit der Zeit kam auch ein
Cvhnchen, und da Saat und .Ernte mit
einander abwechseln, so kamen dann
wieder schöne Särge mit blanken Wap,
pen siir den alten Grafen und feine Ge,
mahlin.
Sie bleiben doch bei unZ, Herr Berg
mann?" fragte Graf Hans, als der In
spektor bei ihm waq um die Aufnahme
deS Inventars mit zu unterschreiben.
.Ich weiß nicht recht .ich habe
selbst ein kleines Gut von meinem Onkel
geerbt Und f. .".
,O. Herr Bergmann, vklassen Sie
unk nicht!" baj Gräfin Julie, indem sie
ihm auf die Schulter klopfte.
Inspektor Bergmann sah das sanste,
schöne, von einer Trauerhaube umge
bene Antlitz einen Augenblick an und
blickte auf die' kleine, weiße, zarte Hand
herab, die auf seiner Schulter rue.
.Frau Gräfin haben nur zu befehlen."
Tann kebrte er in seine einsame Woh
nung zurück, deren schöne apeten ver,
blichen waren und in die jetzt keine ver
liebten Wirtschafterinnen mehr sehnsllch
tl Blicke warku,. AIS er sieb in seiner
Wohnstube an den Tisch setzte und daS
Wtnschansducd zur jana naym, ram
eS Inspektor Bergmann zum Bewußt
sein, er könnte keine Woche leben, ohne
sie zu sehen. .Der Arbeiter Christe
zwki Tage krank.' Jochensen auS dem
Bormerl den Fuß gebrochen und sieben
Wochen versäumt. Kröger auS Gold
ierg ... Ihr alten Augen solltet euch
schämen, mir daS Wirtschaftsbuch naß
zu machen, . . " -
. Der junge Graf Rosen auf Rosen
!urg lebte herrlich und in Freuden und
gab da Geld mit volle Händen aus.
Co lange fein Vater lebte, der ihn , zu
zügeln wußte, ging eS noch! aber als
Graf Hans im Alter von fünfzig Jahren
starb, verkaufte der junge Graf alles,
was an Vieh und Korn auf dem Gute
war. AIS er daS verbraucht hatte, be
kam HnsveZtor Beromann die Weisung.
die Waldungen zu verkaufen, die zu der
Erefschast gehörten. Nachdem der Gras
auch die dafür empfangene Summe ver.
schwendet hatte, mußte der Inspektor
mit immer größeren Hypothekenscheincn
naä der Bank tarnen, uno ciä lerne
Scheine mehr da waren und ihm nie,4
ant, mekr kreditieren wollte, reine der
junge Gras an einem dämmerigen Herbst
morgen nach Amerika av. n vemeiRN
Morsen war auck, ein Wechsel fällig.
den er auf eigene Hand mit drei Unter
schriften versehe hatte. :
Grafin JutieZ Haar ist welg, ganz
scineeweik. Die rostaen sammetweichen
Wangen sind gelb und runzelig geworden,
und die inst ss schlanke, graziöse Ge.
stalt. die leicht, aus Gadneies suiaen va,
hinflog, hat der Kummer gebeugt.
Auch Lnspekt Bergmann ist alt ge.
worden. DaS dunkle Haar ist grau und
dunn und die Augen fangen an, trübe
zu werden. Er hält sich aber noch ebenso
limmm Und aerade. wie in seinen Ju
gendtagen, nd er scheint jetzt heiterer
zu fein als früher.
Er emvtänat d Befehle ver GiSkin
aber nicht mehr in den eleganten Salons
von Rosenburg. Die Grafschaft ist längst
verkauft und Inspektor Bergmann hat
nur ein ganz, ganz kleines Gütchen zu
verwalten. ' ,'
Die Gräfin beginnt wohl schon.' an
Gedächtnisschwäche zu leiden. Sie kann
rick, aar nickt darauf innen, wie
mit dem kleinen Gute eigentlich zusam
menhängt.
.Aber sagen S mir vocy. Herr erg.
mann," sraate sie ibn manchmal in den
ersten Jahren .gehört mir Lillenselde
auch ganz gewiß?"
.Frau Gräfin IZaven ia selb v Pa
Piere gesehen.
Ist eS aber auch wiiklick mein Eigen,
tm unk ftefon nickt so entscklicbe Hypo
thekn darauf, wie auf Rosendurg?" .
.Frau Gräfin haden ja tut tit
treffende Urkunde."
.Die ganze Sache ist mir aber,nnver
stündlich. Hetr Bergmann. AlZ wir Rc-
senburg, derkaust hatten, lagie mir ver
Richter Svenson. daß mir gar nichts
übrig bleiben würde."
' .DaS ist auch ganz richtig, aber als
ffra Gräfin die Güte hatten, mir die
Ordnung Ihrer GeschäftZangelegenhei
ten zu übertragen, da hm - gelang
tl mir, eine Menge Geld von den Herren
wieder bekommen, für die un er tun.
gek Graf sich verbürgt hatte."
.DaS war wirklich em gro? isma,
Herr Bersmann." '
.Ja. Frau Gräfin, ein großes muv.
Und für da5 Geld kauften wir dann
Lilienfelde. Ich habe die Papiere darü
der."
JMaett Sie mir die Papiere doch
einmal, Herr Bergmann." - '
.Ja natürlich, ym ieyr ea
hm. ja aber Frau Gräfin ha
den mir früh stets Vertrauen bewiesen
hm "
.Nein, lassen Sie es nur mit den Pa
Pieren, lieber Bergmann. Ich will Sie
nicht kränken. Ich weiß eS ja. Sie wa
ren stell treu, unwandelbar treu. Und
dann wollte ich noch sagen, daß ich e
hier bei unferm einfachen Leben ftil
unnötig halte. daß Minna zwei Tisch
deckt.' Sie kömiea ia Zukunft bei 'Mir
Bffl Tische essen, lieber Bergmann."
.Wie vermag ich Frau Grasia genug
zu danken sü, so viel Güte gegen einen
alten Mann, der niemand weiter in der
ganzen Welt hat. der sich um ihn lüm
ert, l Frau Eräsin."
Am r-LSilen Mittag, trat der alte
Bergmann stolz wie in 'König- bei der
Gräfin ein. um .bei' Tische zii essen".
In feinem eigen Hause an feinem eige
ne Tische.' '-
Dr Lebensabend M alten Bergmann
wurde' fs noch durch den Sonnenschein
d?z Glücks verklärt. Sekt durste er sie
jjaajynmiiissjiefrn
W
Zur polirischen Entwickelung DentschestermchS. Die. uern
DaS Hungerelend der Kinder.
' 2ü!ener Bureau: Wien XVM. , ,
.' Wallriksstraße 72.
Wien. 6. Oktoler.
Wiener Zeitungen veröffentlichten die
fer Tage ine merkwürdige Geschichte.
Niederöslerrelchische ' Bauern aul dem
etwa z!vei eisenbahnstundcn entfernte
Wüldvittl' komcnrn jt.mit den
WoraenzüZk taetäalich in Wien an, bc
geben sich zu Schleichhändlern und kau
fen ihnen so viel Mehl als sie in Ruck
sacken und Handtaschen schleppen können
zum Preise von 23 Kreneu.per Kilo
ab. das sie dann mit sieb nach Hause füh
ren. Nragt man die Bauern, wozu sie
dies tun. so erklären sie grinsend, daß
nach Weihnalen. wenn d,e zroße Hun
gcrsnot wieder da sein werde, die Wiener
zu ihi'en aujS Land kommen und ihnen
das Mekl gerne um 10 Kronen ob
lausen würden. , Wobei noch zu bemer
Icn wäre, daß dir Bauern nicht wissen.
waS sie mit dem Geld anfiiia.:,! follcn.
mit diesem entletilickien Pameraeld. daS
,ihnen alle Trüben und Schubladen füllt.
Wie ein Blitzlicht die Finsternis zer
reißt, so erhellt diese Geschichte die Tra
gödie unser Daseins. Die Bauern
helfen uns Wienern nicht mit ihrem Ge,
treidc. ihrem Ucberfluß an Eiern, Milch
ur.d Butter, sondern sie Mchpen daS
amerikanische Mehl. daS der Wiener mit
feinem Herzblut bezahlen muß. fort, um
eS späterhin den weinenden ffraue. die
ihnen ihr Letztes, ihren Nest an Bett
wasche, ja sogar den Ehering bringen,
zu furchtbaren Wuchcrpreisen zu ver
kaus,n. Fanatischer Haß der Bauern
gegen vie Stadt, vollständige Hilflosigkeit
einer Negierung. die außerhalb von Wien
einsach nicht einen Funken von Autorität
bat. steigende Not daS sind die Werk
male der Situation.
Ich muß meinen Lesern einen kurzen
Ucberbli über die politische Entwicklung
Deutschöstcrrcichs geben, weil ',ik sonst
die komplizierten Verhältnisse, in denen
irir leben und leiten, unmöglich verstehen
können.
In den Umsturzwgen deS November
1JI8. als sich Deutschösterreich alS selb
ständige Republik erklärt ha'te. durcli.
brach der Sozialisnmsnaturacmäß alle
Ventile 'und SÄeuse. Mit t'nem
Schlog schien daZ ganze Land rot ge
worvsn zu sein, auch daS erbanaescsscne
Bürgertum idcnliZizierie oanz sälsa.lich,
der Suggestion des Augenblicts klliegend,
NiPublik und Sozinldemrkratie. die So
zialisten benutzten diese Siimrcim und
rissen alle Gewalt an sich, und alS in
den ersten 1Z?lühlinaZt.'acn des Zahlet
ZdlS die Wudlcn in die ,'Ka!ionalvcr
sanimluno stattfanden, da brach daS
Bürgertum vollständig zusammen uns
konnte gerade sage und fchreibe zwei
Männer in dsS Parlament dringen, auch
die Deutschnationslc . erlebten ein
Fiasko, alle Städte und alle ländlichen
Jndustriedezirke wählten die Kandidaten
der Sozialdemokraten, die vahez die
absolute Majorität in der neue repukli
konischen .Nationalversammlung erran
gen. Aber nur nahezu, es sehlten ihnen
zu der ebsoluten' Mehrheit sechs Man
daie. Denn die Bauern gaben nach wie
vor'" den klerikalen, christlich-sy'iolen
Kandidaten ihre Stimmen. In dieser
seltsamen Situation gab eS nur ine
Ausmez, die Koalition, die gemischte Ne
gierung. bestehend ans sozialistischen und
chriftlich-sozialen und einem d,u'schnatig.
nalen Staatssekretär.' Bon allem An
fang an konnte diese unmögliche Ehe
nicht gut tun. Eine beispiellose Jntri
genwirtschaft innerhalb der Regierung
begann, die Sozialiften konnten ihre
ideellen, großen Forderungen,, als da
sind: Trennung von Kirche und Staat
und obligatorische Zivilehe, nicht durch
bringen. eS entstanden legislatorische
Mißgeburten, die Bauern wollten die
ihnen wesensfremde sozialistische Regie
rung nicht anerkennen, nd der Zwie
fpalt zwischen Stadt nd Land wurde
von Tag zu Tag größer. Nach wenigen
Monaten war es soweit, daß die ehe
maligen Kronländer sich um,, die Tirek
tiven der Wiener Zentralregierung über
Haupt nicht mehr kümmerten, alle ihre
Maßnahmen durchkreuzten und die Pa
role .LoS von Wien'zum Feldgeschrei
machten.' Die Länder begannen sich ge
geneinander und alle zusammen gegen
Wien abzuschließen, jede LebenZmittel
auösuhr zu verhindern, dabei gebieterisch
Anteil an den amerikanischen Importen
sein alles auf der Welt gewesen war' von
dem Augenblicke an. alS er ihr zum
erstenmal im Hausflur von Rosenburg
begegnet war. . . .
Hätte sich die Kluft, welche Komtesse
Julie vom Inspektor Bergmann trennte,
ausfüllen lassen, so würde seine Liebe
nicht so groß, rein und edel gewesen sein,
als sie S jetzt war. ,ES war ine to
mantische Jugendliebe mit siebzig Iah
ren. eine Liebe, welcher übersättigter Ge
nuß nie deS Zaubers der Reinheit be
raubt, eine Liebe, die sich willenlos hin
gab.
Da faß nun der alte Tor den ganzen
Abend und blickte daS weiße Köpfchen,
die eingefallenen Wangen nd die zittern
den Hände an. Aber während sein Blick
aus der Greisin ruhte eilten seine Ge
danken in die Vergangenheit zurück und
im Geiste -sah er Komtesse Julie mit
wallenden braunen Locken, heißen Wan
gen und schelmischen Grübchen auf Ga
brieleS Rücken und sich neben ihr. jung
und stark, aber fchüchtern. ach so schreck
lich schüchtern ... :
.Lieber Herr Bergmann, wa! treibe
Ei denn daZ' ' '".
.Ich? Richt. Frau Gräfin." '.
.Ader Sie, sitzen ja da und fchnalzen
mit dek Zunge, als ob Sie auf einem
Pferde ritten, und Sie wissen, doch, daß
wir gar kine Pserde in Lilienfelde ha
' ' " " ,
rener g
Autifemitische Ttimmunge.
von Hugs Vetiauer.
zu verlangen, die dich einzig und alle!
dem hungernden Wiener zugedacht sind,
die Länder zahlen keine Steuer, sie ach
ten die neuen Gesetze richt mehr, sie ver
weigern den Auübau der Wasserkraste
zugunsten Wkcnl. Und die Rezkrunz,
di eigentlich mir in Wica wurzelt und
keine bemasfncle Macht zur Lersllgung
tat, sieht mit verschränkten Armen zu.
5!ur so ist eS ,u erklären, daß Wie
heute, unmittelbar nach der vollendete
Ernte, vollfländiz auf die amerikanischen
Ziischüb angewiesen ist und man heute
offiziell verkünden r.ußtk. daß ia der
kommenden Woche die Brotqnote tverde
tzctürzt werden müssen. Statt fünfviertel
aii Brot wird man also nur mehr
einen Laib pro Kopf und Woch bekom
wen! Amerikaner stellt uq vas vor:
Pro Kopf und Woche zmeincinhaid
Viund eine schleckt,', bitteren Bietes.
das Bohnenmchl, Maismehl und Gerjte
eiitbält. aber km Weizenmeyii uno
dabei überhaupt kein Fleisch mctk. denn
wahrend man in ven letzten zonalen
immerhin ein fünftel Psund pro Kopf
und Wocbe bekommen hat. wird die! laut
amtlicher Mitteilung ab I. Nsvmde;
ebenfalls entfallen müssen! Amerikaner
österreichischer Abstaiumung. euer ein.
maliaeS ttrub lück , t wahrictieinlicr, msizr,
als alleS da, wgö der Wiener Mittel
ftandmznsch in her Wcche zu verzehren
hat!
Eben. alS Ich nach Hause sing, bcgeg,
nete ich einer Schar kleiner Knaben und
Mädchen, die von einem Ausslug in den,
nakvn Wiener Wald mit ihrem Lehret
heimkehrten. Und die blassen kleinen
ilü der sangen in althergerraZittr We,,e
ein Vicv. um nca ven 3iwg zu iurz:n.
Ihre Mütter, ihre Großmütt,r und wohl
auch die Urchncn haben auf solchen We
gen gelungen uno o wiro es lvayriaiein,
lich immer fein. Nur daß eö früher
einmal fröhliche Kinderlieber, liebliche
Ringclreihenreime waren, die aus den
Kinderkehlen gegen den Himmel auf,
stiegen. Was aber haben l,ie Kinder
heute gesungen? ' Nun. ich habe, während
es mir , salzig in die Augen stieg, die
Worte des LiedeS mitgeschrieben und
lasse sie hier folgen.- DaS Wiener Kin.
derlied vom Jahre dcS HcilcS ISIS Mu
tet: ; . .
S, 0, a die Hungersnot ist dal
t't (hiim ocken ein Lald ?rok,
M bei ich dnnqersnst? .
a, die Hungersnot IN tat
? 1. 1 -t Mutter locht an Ttt,
QSne Luckkk. im, Bist.
?it das nickr die HunaerZnolf
h t die Mut todi an tttl
I t ein Mci'. ta krlrg'n wir niel
ÄÜlch nd .i ibt' auch net mehr. .'
Ui je. wi l der Alag tn. -I.
t. i tu Weist, da lrig'n wir nie!
C, 0. ß Itnd die Reichen froh! ,
eften tüzlich Cchwrieflkilch
Und sm Mend rspeil'.
O, Wa gif d Reiche frctjl
U. u, u ich w!ih wehl, toa ick tut
' Met Mutter loch r n,
Tut' mir uch den Älnaen drucken,
U. u. u ich eitz wodl. wa, ich Ul!
ToS ist vaS Lied der Wiener Kinder.
Ich war nicht allein, als .ich kS "hörte,
sondern in Begleitung einer amcrilani'
schen Dame, die Wie von früher noch
kennt, weil sie hier Gesang studiert hat..
Jetzt hat sie eine Abstecher von Genf
hierher gemacht, weil eS in Wien für
Amerikaner gut Hüt und andere LuzuS
fachen kaufen ist. denn der Tvllar ist
alleS. die Krone nichts wert. Nun. diese
liebenswürdige amerikanische Tome fing,
alS sie den Sinn der kinderworte ver.
stand, furchtbar zil weinen an, fs sehr,
daß ihr reizendes griechisches Rüschen
und ihre schönen grauen Auge leicht ge
rötet 'wurden. Und schluchzend sagte
sie: Schon morgen verlasse ich Wien,
denn von heute an sönnt ich hier nicht
mehr lustig sei und keinen Tänd kaufen.
Aber dem Dr. Geist ud später, wenn ich
wieder drüben bin. alle Menschen will
ich eS erzählen, daß di Wiener Kinder
in Lied siigen von Hungersnot und
Leid
. Die charmante DcZme braucht daS
nicht dem Zt. Geist, dem Leitet der ame
litauischen Kinderausfpeife.A!tion ZU er
zählen, weil er S selbst weiß. Er tut,
waS in den Kräften eine? edlen, guten
Mensche steht, der ganz davon durch,
drungen ist. daß der Teller mit Brei und
da! Stück Brot. daS die Amerikaner tag
lich etwa 200,000 Kindern geben, nur
ein Tropfe auf einem heiße Stein ist.
Aber er kann nicht mehr tun. Und drü
ben in Amerika? Man bat. wie ek mir
scheint, auch dort feise Sorgen und der
Horizont der ganzen Welt ist von hoher
und niedriger Politik verhängt, von jener
Politik, die GuteZ will und UebleS,tut
und zu St. Germaia ine du schönsten
Kulturstätte der Welt mit ihre mehr
als zwei Millionen Einwohnern zum
lebenslänglichen Elend verurteilt hat.
Ab ich sehe.- ich bin von meinem
eigentlichen Thema abgekommen: Also,
immer fanatischer wir? der Haß des
Bauer gegen da5 ihm unbequeme
Wien, und wenn sich di Verhältnisse
och weiterhin zuspitzen sollten, so ton
ren wir noch artige kleine Neoeliea Z.i
schen hungernden Stadterri rnd vollge
ftefsenen Bauern erleben. Vorläufig
allerdings hat man einen famosen Prä
Selknabk gesund, den Juden selbst
verständlich. Die Tatsache, daß viele
Führer der Sozialiste und fast alle
Führer der Kommunisten Juden sind,'
Verbunden mit der Tatfache, daß S unie,
den Juden fchiinbar noch mehr Kriegs
gewinne, und Wucherer gibt als unter
ben Christen nd dazu die Tatsache, daß
eS uns schlecht geht dieZ alleS hat dem
Antisemitismus prächtigen Nährboden
gegeben und S herrscht eine wahre Pos
oromftimmung in Wien. Den äußeren
Änlaß zu Pogrom:rsammlungen und
einem wütende Radauantisemitismul
feilten die etwa hunderttausend galizi
schen Flüchtlinge, die noch immer in
Wie weile. Sie wäre im Jkjre
' l ,! ,. iiiMttn ein liWifflrt:
t OTdjtt Hawwabr.gKW,.itt. Dikk
orref
4
: )"
c-
gegen die stödtische Vedölkerung.
Anöwüsche es eakeneven. '
r- .
1014. all I noch eine große Lsterreichi
sche Monarchie gab und d Sluien ,a
Galizie ingedrungen waren, nach Wien
siekomme und heute, da I diese Mon.
ärchie nicht mebr gibt, sind si plötzlich
Ausländer geworden, die von Wien nicht
weg kennen der wollen. WaS sollen
sie auch dort, wo e kcin zu Hause" für
sie oibt? Ihre Vcüausnng n dem ost,
aalizische Rest ist längst in Naub"der
Flammen geworden, i die galizisihe
Städte läßt man sie nicht hinein, nir
send in Pole sind sie ihre armseligen
Leben sicher, weil die neue .Grande
Nation' da Totschlagen von arme
Juden al Sport betreibt. Zngegebkn.
daß der Großteil dieser Ostgalizianer
nicht eben zu de sympathischeste Wen.
fchen gek.Srt. zugegeben, daß viele von
ihnen vorn Schleichhandel und Preis,
treiben leben, zugegeben, daß wir selbst
nicht zum Essen haben und unsere ar
mcn Heimkehrer au italienischer Gefan
genschast kein Obdach finden können.
da alle gern zugegeben, und doch
sträubt sich val menschliche Empfinden
dagegen, .die Leute mit ihren Kindern
wie da Lieh hinaukzutreiben in Elend
und in daS Pogrom! Wohl hat die Re
gierung prinzipiell die Ausweisung der
Flüchtlinge verfügt, aber sie kann und
will sie nicht brutal durchführen, obwohl
die breiten Massen deS Volkes immer
! auter ihr .Hinaus mit den Juden"
chtnen! Morgen findet wieder eine
olche antisemitische Protestv?:sammlng
vor dem RathüuS statt, 'der die Polizei
mit einicier Besorgnis entgegensieht. Mit
umso mehr Sorge, als ernstliche Verwick
lungen drohen, sallü es dem Pöbkl gelin.
gen sollte, in das Judenviertel einzudrin.
gen und dort doZ Leben oder daS Eigen,
tum der Jude:-, zu bjdroben. Die in
Wien stationierte amerikanische Mission
hat nämlich unscrem Staatskanzler dezi
feiert erklärt, daß sie solche Vorkomm
nisse als Vruch dcZ rieden'vertr.'grZ.
der allen Konfessionen Schütz und Cfl-tö
krechtigima garantiert, betrachten und
die Konsequenzen daraus zicben würde.
ES könnte alfs sein, daß dieser Ärief
durch ernste Ercicinisse, iiber die dann
wobl daZ Kabel berichten würde, über
holt wird. ';,.. -
Damit sind aber die Wiener Sorge
noch lange nicht rstöSsl. Tie Einsts
lung der Straßenbahn uufcrcS ein.
zige Verkehrsmittels wegcn Kohlen'"
mavgcls hatte fc' ockft-Tage gedauert.
Ächt lange Tage w?r Wien gelähmt, er
kräppelt, wankten die müden und unter,
ernährten Arkitemeusclien mörgcnS.
mittags nd abends aus dem entschlichen
spieen Wiener Pslaster stundenlang von
der Arbeit, in die Arbeit. Seit einer
Woche fährt die Straßenbahn wieder,
schon aber droht neue. Rot. Zeder blei
ten die Kohlenzufuhren. die uns unsere
braven, liebevollen Nachbarn, die Tiche
che verfprochkn haben, aus,' und eben
wurde angekündigt, daß wahrscheinlich
während bei ganzen Winters die Stra
kenbabnnzaaennur iiiden Morgenstund,
.verkehren, die Restaurant! und CsfShäu
fer um acht Uhr abenvs weroen- sperren
müssen, die Strom und Gasab-gabe für
die Haushaltungen auf ein Minimum
wird eingeschränkt werden. Niemand
weiß, wie das wird ertragen werden tön
nen. alles lebt in fieberhafter Angst vor
dem Winter und ist auf da Schlimmste
gefaßt. Nur venige. vom Glück Beglln
stigte. haben ein paar Stück Kohle im
Keller. Holz ist längst nur mehr durch
Protektion und im Schleichhandel zu ha
ben und wird schon mit fünfunddreißig
Kronen. daS sind zum FriedenslurZ ge
rechnet sieden Dollar , per hundert
Pfund bezahlt.
Der fremde aber, der durch die unge
heuerlichen alutarischen Verhältnisse an
gelockt ach Wie kommt, bemerkt von all
dieser Jammer nur sehr wenig. Er
bekommt im Hotel zu Preisen, die für
de Wiener phantastisch, für ihn recht
billig sind, ganz gut zu essen und er sieht
mit Staunen, daß da Opernhaus für
die kommende Premiere der Oper .Die
Frau hne Schaken" von Richard
Strauß und Hugo HoffmannSthal auS
rerZaukt ist. obwohl hl dieser Eislauf,
führvng ine Leg, fünstundert, ein Par,
ketlsitz bis zu hundertachtzig Kronen
kostet. Und mit tbehegen konstatittt er.
daß auch die anderen Theater voll sind
und man tn Wien recht fidel lebt.
Stimmt! Die Theater sind auch voll,
nur krachen sie dabei ab. Schon hat die
Volksbühne und da .Intim Theater"
die Pforten geschlossen und die Hälfte
aller anderen wird demnächst nachfolgen.
Warum? Weil die Forderungen der
Künstler und Bühnenarbeiter, der M.
fikcr und Garderobenfrau fo enorm
sind, daß fozar in ausverkaufte Hern
nickt einbringt. Die Eintrittspreise
lassen sich nicht im Verhältnis zur Teue
rung höhen, und wie soll in Direktor
existieren tonnen, wen er für ein paar
.Ausstattungsstücke hunderttausend Kro
nen zahlen muß, wenn der Theaterfriseur
VWi Kronen monotlich, wenn die
Souffleuse ine Gage bekommt, mit sie
früber ine Hofdam nicht hatte.
AlleS an diesem Wil von heute ist
trügerischer Schein? Hinter der forcier,
ten Lusli.i!eit lauert da Grauen, binter
dem La.be da Weinen, ma streut S
Geld mit volle Händen, weil eS eben
ur schmutzige wertlose Vapinschen sind,
und die zehntausend Millionäre die um
herlaufen, sid in Wirklichkeit Vertier.
- Kostbare Zeit.
.Ich kkgreise gar nicht, Mann.wik
du fo oft Karten fpielen kannst, bedenke
dsch ur, Wal. für kostbar Zeit dabei
verloren geht." '
.Hast recht, Olle, , besonder keü
.nito' sSHSmkiassr"
Der AacMger.
ls
Komödie in zwei Briefen und einem Dialoa.
l . von Uoberts vraces.
Personen: Gilierta. Goffredo, Manila,
ein Toter.
Jrief Silbe, ta an Gaff
redo.
Lieber Goffredo!
Ich bewein noch immer den Tod mei
ne armen Gatten, und vielleicht werde
ich noch lang, nicht aufhören, ihn zu be
weinen. Aber ich liebe Dich heute, wie
ich Dich liebte. alS er lebte. Ich schwöre
eS Dir.
Trotzdem muß ich Dir" Lebewohl
sagen! Du hast Dich von mir fern ge
halten au Achtung vor meiner Trauer,
und ich danke Dir dafür. Dein Fern
sei erleichtert mir meine Ausgabe; denn
mündlich würde ich nicht den Mut ge
habt haben, so zu Dir zu sprechen., Ver
stehe mich recht. Ich schreibe Dir kurz
und knapp. Meine Hand zittert. Ich
werde mich nicht gut ausdrücken können.
Du mußt mich aber verstehen! Jetzt,
da ich Witwe bin. jetzt, da ich frei bin.
jetzt, da ich an, Dein sein könnte, müßte
Ich. wen ich nicht von Dir ließe. Dich
heiraten. WaS aber dann? . . . Wir
würden etwas zerstören. waS sehr schön
gewesen ist! So lange wir schuldig wa
ren, waren wir glücklich. Jetzt, ohne
Schuld, wären wir bloß zwei Eheleute,
wie eS deren so viele gibt. Unsere Liebe
war so groß, daß sie der Schuld be
durfte. Ohne diese wäre unsere Liebe
gezwungen, sich zu verkleinern durch die
Trägheit der- armse-ligen und gemein,
famen Legitimität und durch die be
drückende Enge deS täglichen Zusammen
lcbenS.
Und dann, wie dieleif Gefahren waren
wir auSzcfttzt! Wie vielen Bedrohungen!
Du würdest ttiatürlich anfangen, -in be
denklicher Weise an meiner Treue zu
zweifeln, da Du doch weißt, daf ich mei
nem ersten Gatten nicht treu fein konnte.
Und bei dem Gedanken, wie vorsichtig
und geschickt ich ihm die Untreue zu der
heimliche verstand, und bei dem Ge
danken, mit wieviel Zärtlichkeit, mit wie
diel Zuvorkommenheit, mit wieviel Zart
gcfühl ich ihn umgab, um ihm sein Le
den angenehm zu gestalten, würdest Du
in die Beweise meiner Liebe Argwohn
setzen. Und noch weit Schlimmeres
würde geschehen. Ja. mein lieber Soff
redo. Du würdest schließlich gerade auf
ihn eifersüchtig werden. Und daS wäre
doch schrecklich! Versuche nicht zu wider
sprechen. Ein lebender Gatte hat viel,
leickt keine BedtUtunafllr eine Frau,
.und er hat sicherlich keine für ihren Lieb
habcr; ober ein toicr mnt ist immer
jemand für alle beide.
So leb' denn wohl, mein lieber Goff
rcdo. Nehmen ' wir Abschied vonein
ander. Lieben wir uns in der süßen
Erinnerung an die Vergangenheit. Um
diese Liebe nicht zu toten, ist e! notwen
big. daß wir uns trennen. ES muß UN5
bedingt fein! Gilberta. y
Brief Gilberka an Manlko.
Mein lieber Manlio! .
Ich beweine noch immer den Tod mei
neS armen Gatten, und vielleicht werde
ich noch lange nicht aufhören, ihn zu be
weinen. Aber ich liebe Sie heute so.
wie ich Sie liebte, als er lebte. Ich
schwöre es Ihnen. , -
Und deshalb schreibe ich Ihnen. Ich
habe Sie nicht mehr gc sehen. Sie haben
auS Achtung vor meinem Schmerz das
BedürZniS gefühlt, sich von mir fernzu
halten, um die Stille meiner Trauer
stunden nicht zu stören. Sie haben recht
daran 'getan. Die Zartheit Ihre Ge
müteS, verleugnet sich eben nie. Durch
die Noblesse Ihrer Gefühle verstehen Sie
alle Dinge zu läutern, die Sie lieben.
Ich fühle mich rein Jhne gegenüber,
und ich bin es auch. Darin besteht eben
die große Belohnung füt daS Opfer, das
ich gebracht habe, indem ich m unserer
Liebe bis fetzt die füße Sünde ausge
schaltet habe.
Aber nun? ,
Jener Mann, der unt trennte, ist nicht
mehr. Seine unendliche Güte, die mich
fa viele Jahre hindurch fesselte, ist nun,
mehr nichts andere als eine Enne,
kung. die ich stets hlilig. halten werde;
und da Bewußtsein, meine Pflicht bis
zur äußersten erfüllt zu haben, gibt mir
da Recht, mein Glück zu beschleunigen.
Ich sage Ihnen heute, wa ich Ihnen
schon einmal gesagt habe: lieben wir
ns Nur .hat heute diese Wort eine
präzisere, konkretere, menschlichere Le
deutung. Ja wohl; heute bedeutet die
fei Wort: ich bin dein.
Wir werden un heiraten, lieber Man
lio. Wenn Du mich alk Mädchen ge
konnt hättest, dann wäre Dein Traum.
Dein Sehnen Dein glühender Wunsch
die ehrbare und legitime Vereinigung ge
Wesen. Du hast es mir immer gesagt.
Leider bin ich kein Mädchen mehr. Ich
werd6 nicht mit Kranz und Schleier vor
den Altar treten sönnen. Aber statt
dessen werde ich Dir da bieten können,
wa kein Mädche femal ihrem Bräu
tigam zu bieten vermochte, mit dem sie
zur Trauung ging: 'die olle Gewähr
der Treue! Denn, wi Du weißt, habe
ich schon einmal einem Gatten die Treu
bewahrt. - Gllbert.
Einige Monaie spSler.
(Dialog zwischen Manlio nd Goffredo.)
- Goffredo: Du heiratest also die Witwe.
Gratuliere!
Manlio: Und Du wirst einer meiner
Trauzeugen fei. ' '
Goffredo: Ich? Wie komme ich dazu?
Manlio : Du bist mein Freund. Du
bist in Freund SilbertaS.
Goffredo: Ich bi niemals Frau Eil
kerta Freund gewesen. Ich bin aber
der Freund ihre Manne gewesen. Gott
hab' ihn selig! Un eben deshalb, ym
offen zu den, gefällt mir dies Heirat
nicht. :
Manlio: Ich hab, aber ihren Mann
kaum gekannt. Welche Bedenken sollt
ich also haben? Worüber im M.W
Goffredo: Ueber nichts, ich weiß. ASe.
mir. der' noch da Gesicht del Aermstcn
vor Augen hat, erscheint die Heirat der
Frau Lilberta als etwas, wa nicht fein
dürfte. alS etwa Unschöne.
' Manlio: Du wirst begreifen, daß sie
sich mir, gegenüber rein suhlen muß.
Durchaus rein und tadellos. Sie hat
ihre Pslicht erfüllt bi zum Aeußelen:
und da gibt ihr da Recht, ihr GluU zu
beschleunigen.
. Gofsnoo: Ich wünsche ihr und Dir .
guS vollstem Herzen daS vollkommenste
Glück; aber seid auf der Hut .. .
Manlio: Gilberta liebt mich und ich
vergöttere sie. DaS ist sicher.
Gofsrcdo: Aber die Frau, die du hei.'
ratest, ist doch immerhin eine Witwe.
Manlio: Weil sie schon einmal einem
Gatten die Treue bewahrt hat.
Goffredo: Ach ja, nichtig; daran hatte
ich vergessen.
Manlio: Ich nicht.'
Goffredo: DaS Unangenehme ist nur,
daß der Mann tot ist.
. Manlio: WaS will dal sagen? , '
Goffredo: DaS will sagen . . . dar
ein Gatte lein Bedeutung hat. so lange
er lebt ...
' Manlio: Recht schmeichelhaft für mich,
der eS werden soll! ,
Goffredo: Aber ein toter Gatte, das
ist ganz etwas anderes! Ein toter Satte
ist doch immer jemand.
Manlio: Sie hat ihn nie geliebt..
Gofstedo: Du hast mir aber doch eben
erst gesagt, daß sie ihm treu gewesen! . . .
Manlio: Nicht aus Liebe." O nein! .
AuS Anständigkeit. - :'
Goffredo: Ja, dann allerdings hast
Du. recht.
lPailfe.)
, Manlio: Wirst Du mein Trauzeuge
fein? , , ; .
Goffredo: Unnioglich!
Manlio: Du bist unhöflich! - '
Goffredo: 'Die' Frau Gilberta. Ta
kannst es mir glauben, wäre Dir gar
nicht dankbar fükbiese Wahl. Sei't ihr
Mann gestorben ist, habe ich ihr kinen
Besuch 'mehr gemacht. Ich bin eben nun
einmal so . . . sentimental veianlagk.
Ich habe mich nicht mehr entschließen
können, hinzuqchen.- ,
Manlio: 'as tt jetzt eine guie ist- y
Ie,nK?,t um Tiim ihr rnu'hfr z NoKekll. r
Sei doch nicht fo Uiilicbensmiirdig. , -
u.rt.,4... Oiji w. ... t,u. f;:.. .!t
Uituu. Uj tuui zu iiicn um .
ihrem Mann. Ich bin sicher, daß sie
' . l I O,' .tfti. i
rnicn wahren o cet seieniiiM igerionae
der religiöse. Zeremonie oder der bür '
gerlichen Zeremonie nicht gerne sehen ,
würde. , ' "- II
Manlio: Nun. soll ich die Wahrheit
gestehen? Gerade sie selbst hat mich ge z
beten, Dich einzuladen, ein Trauzeuge f j
zu sein. :f
m .rf-.C- . IC1.......I 91 '.. i'S
souau. . ,
Manlio: EKrenwort, ' ': ':'.
Goffredo: Ja. wenn sie selbst Dich ge .
beten hat, mich einzuladen dann aller '
ding . . . ' . '
Manlio: Du nimmst also die Ein
ladung an? ,
Goffredo: . . . Ich nehme sie an.
frtnm fnmmttn ?n?w!Nrr. t
V ,4t, .V ...... V..V ... IIUJ''....
(5ä fsii!nf nta nfi tii 7nzsrnd!a
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4... t rtrt . ! '.,,lfl ?i f
Ki. : v. t ..H
oenu ver uccnicDqcu Demacquaic, jt
lärmt nickt ibren Söbevunkt erreich? V
sondern daß wir einem Winkt m l
Tanzorgien entgegengehen. Ueberall 'i
den die umfassendsten Dvrbereitu )
getroffen, um für die neue Tanzfai,
gerüstet zu sein. Die Kunde von ? 5
reichen neuen Erfindungen im V'u ,v
TerpfichorenS dringt überall hin ui s
, zrI
u!jct uiiyctinnui u
gefchürzte Göttin üben eifrig I
Künste ein,.denen sie sich auf den B',;
und Festen de Winters idmen tiai
Es ist nicht nur die Jugend, die s
diesem Tanztaumel ergriffen worden! -sondern
auch die .älteren Register" i ,
len noch ihren Anteil an diesen zien'
stürmischen Freuden haben. AuS
land wird von den Tanzlehrern vk"
einstimmend berichtet, daß ältere 2f
und glatzköpfige Herren zu ihren ei
ste Schülern gehören. Ueberhaupt j
die Tanzschulen in Paris und Lor'.
auch während der heißen Jahreszeit $
geschlossen worden und hatten - c
überaus lebhafte Zustrom. Der K,
vemrels der Tanzlehrer Yak stch ai
ordentlich erweitert; ei fmd nichts
die wodlyabenven und die mitti
5?sir,n ki, h! tlisiSt linfijScuf.n
Kosten für den Tanzuntenicht. aufbr
gen, sondern auch die Arbeiter und 1 1
beiterinnen
wollen die neuen XCf-J
lernen. .. - f -
iTrok der angekündigten Unzahl i t
neuen Tänzen werden doch wohl die n' !
dem Kriege aufgetauchten alte am l s
liebtesten bleiben: der Jazz, der'Ftn'
Trott, und der .Tango von 192", i )
etwa vereinfachte und gemilderte Fo-f
de Tangs. Seine besondere Note ob
wird der kommende Tanzwinter d"y.
die Tanzmusik erhalten, die zu r
urtümlichsten Formen der Tonku. '
herabsteigt und in ihren monotonen, al ,
darum umso mehr aufreizenden Rhyti
Mk dem Tan, etwa von dem Gebe
denlpte! der Wilde verleihen tff.ii
Neben den Negnorchester werdä
hawaiische Musikkapellen die große MoL
darstellen. In England sind bereit m
ganze Anzahl diefer Orchester angelan
die als Instrumente sechs hkalleleS, t
faitiae große Seigen, vier -StahlguitaZ
n und ein Zylophon haben, Anste' k -,
de einheimischen HulaTanze wird
dieser hawaiischen Mußt in befände '
hawaiischer Walzer" genannt. . ys
i t;
I der AnzngeN'ExpedttZon.
Kunde: .Ich möcht ein Milchgeschä', q :
verkaufen, unter welcher Abteilung la'l
ich da a dorteilhasteste einrücke,
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