Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, September 13, 1919, Image 2

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    ,Jrtsi-'jä-feäÄiism''"
Ireieinßalö Iaßre
rujsljlher Kriegsgesangenjchasi.
von przemysl nach Sibirien. Unsägliche Leiden der österreichischen
Uriegsgefangenen. Die Flucht aus Rußland. Lin' Hilferuf zur Ve.
' ' freiung der gefangenen Deutsch'Völnnen.
Lieblicher Ssmmersonnenscheln lag
ü;r den harzduftenden Wälder und
i i'.Düüin.jenben Fluren des Böhmerlan,
, hs. Gruppenweise standen die Mc
sitsen in aiifzeregien Gesprächen und be
ixrzT'n die Taaeseremnisse. Es wor
der 2. Juli des Jahres 1914. Da
durcheilten Automobile die Gassen und
Straße, ffia gab es? Bald keuch
seien von allen Ecken und Enden große
Plakate, die sofortige Moöittsierung der,
kündend, da die Kriegserklärung an Ser,
bien erfolgt wak.
Rasch ordnete ich alleS im Amte und
nun galt t Abschied zu nehmen. Ab
schied zu nehmen, vielleicht auf immer.
doch keine Minute durste esaumt wcv
den. da! Vaterland war in Gefahr. Im
Garten deS CchulhaufeS stand eine blasse
Frau tttit dem kleine neunjährigen
Tochterlein Rosen brechend und sie dem
scheidenden Gatte zum Abschied i
chend. Innige, lange, heiße Küsst und
dann rollte der Wagen langsam dahin.
So fuhr ich zum Bahnhof, oft und oft
zurückblickend, wo am Gartenzaune leh
nend die Gattin mit müder Hand die
letzten AbschiedZgrüße zuwinkte, wäh
rend das Töchterlein weinend ihr Haupt
- im Schoße der Mutter barg.
Nach einigen Tagen bereits fuhr ich
mit meinem Regiment? durch die gefeg
neten, in liberreicher Ernte strotzenden
Flure des geliebten Böhmerlandes und
weitet dann, ohn Aufenthalt durch
Mähren, Schlesien und Galizien. Bald
war die LandeZgrenze. bei Lemberg er
reicht, ton soeben die Armee des Generals
Auffenberg durch, eine zehnfache Ueber
macht der Russen nach heißem Kampfe
zertrümmert worden. Mein Regiment
hatte dort die Aufgabe, den Rückz-g lin
serer Truppen zu decken, doch auch wir
wurden in wochenlang dauernden KZmp
fett Schritt um Schritt zurückgedrängt.
Wie heiß die Kämpfe wäre, mag kohl
eigen, wenn ich erwähne, daß in der
Schlacht bei Grodeck mein Regiment den
dritten Teil seiner brave , Mannschaft
verlor. Ende September war dir Front
der Oesterreich von dem übermächtigen
Feinde bis an den Sansluß zurückge
drängt. Mein Regiment wurde hier den
Lesahongstruppen der Festung Przemysl
zugeteilt, die wir heldenmütig bis 22.
März 191? verteidigten, verteidigte 61
da letzte Stückchen Brot aufgezehrt, alle
krank und siech war. so daß täglich hun
derte an .Erschöpfung" starben, wie die
Äotenzet'el so scbön sagten, lfm nicht ;
zugeben, daß die Armen verhungert
wären. Ich will hier nicht die Verteidi.
Zungskämpfe, die zahllosen Ausfallge i
fechte schildern, fonder nur einiges aus
Ztten in der vom russischen Weer
w häuften Feste schildern. ...
3;3 Weihnachten 1914 war daS Leben
noch erträglich gewesen. In dieser Zeit
waren olle Fleischoorräte ausgebraucht
und eS gab nur noch täglich einmal 250
Gramm Pferdefleisch. Die Broiratio
nen wurde immer kleiner, ja eS wurde
Baumrinde und Knochenmehl hineinge
backen, um die Mehlvorräte auszudeh
nen. Der Hunger hielt seinen Einzug-
und bereits Ende Januar waren die
Spitäler von Unterernährten überfüllt.
To waS konnten dje Aerzte tun? Wie
groß mag der Hunger gewesen fein, wenn
ich hier erwähne, daß Hunderte von den
russischen Kugeln getrofft dahinsanken,
wenn sie auf de vor. dem Drahtverhau
kiesende Kariofftlfeldern die Kartof.
fei auI dem Schnee gruben, m de
Hunger zn bannen. '
Und doch ertrug die BesatzungZmann
f&ft alles, bis Mitte des JahreS 1313
Je Brotvorräte aufgebraucht waren.
Noch einmal wurden am 2L März alle
Kräfte angespannt und ein Durchbruch
versucht, um die KarpathenArmee zu
erreichen, die euZ Ungar her verfugte,
sich mit unS zu bereinigen. Doch auch
dieser Versuch scheiterte und nicht zuletzt
' au dem Grunde, weil die Russen durch
einen niederträchtigen Verrat KennwiS
von dem geplanten Durchbrüche erhie!
ten und rechtzeitig die BelagerungS-Ar
mee verstärkt hatten. Vom frühen Mor.
" ge bis zum spaten Abend kämpften un
fen Truppen an der Durchbruchsftelle
mit der größten Heldenkx'fjigkeit. doch
Hunderte russischer Maschinengewehre
sandte Tod und Verderben w die Rei
hen der Oesterreich; am Abend bedeck,
en zanzigtausend Leiche daS Schlacht
feld, und der Rest der Truppen zog sich
i die Festung zurück und wehrte in der
Nacht noch einen Sturm der Russe auf
die FestungZwarte ab.
D kam der Marge deS 22. März.
Tlutigrot ging die Sonne im serneu
Osten aus. Und nun ging unter dump
fern Donner ein Werk nach dem ander
in die Luft, nachdem schon vorher die
sämtliche Geschütze unbrauchbar ge,
macht worden waren. Um 7 Uhr mor.
g.-r.i war daS Werk der Zerstörung be
endet. Die Mannschaften wurde nach
viegimentern geordnet, alles liöerflüfsig
lis'Tferia! derbrannt nd als letzte Kam
rnanbn erscholl:. Die Gewehre zerschla
?, :!" Ta standen in Auge Aller Tra
re und jedem zitierte die bange Frage
c;f den bleichen Lippen: WaS nun?"
Tie 'eifien yah-ien gingen hoch, tat
7i'i;c der Feste, feit allen Stürmen
. : "l..V::n getrctzt, in deren Munde die
ging, der Teufel habe die Festung
"r:.i, war bestellt. In endlos? Rei
! laen nun die Sieger eingezogen,
n d.i TrZ?mezhsufen .mit 100,000
, " i frontet, siecher Mensche z tibet
i ; : n, die sie nach Sibirien und Tut
n in die Verbnunz schleppten.
3 an die Landgrenze mußte i:f
'." ' "l cfl Tag und acht Marsch.
.' - r hatte ti S',t Schuh a den
:- und fcsl Cchnasse dranz
t JxZ. v.v. Ei Za5b:eISdkt lrsrd
- t i i:schHieSe angefeuert, seine KK
: z Sfit jufmstf?f3r9fftft lli ez
ZU ammcnlrach und In irgend einem
Straßengraben wie ein Hund verendete.
Tausend Tranen erfüllte Augen habe ich
in den Straße voa Lemberg gesehen,
denn die Bevölkerung ahnte ja unser
Schicksal, da sie die Kosakenhenschaft U
keitS monatelang genossen. Am besten
wird sie wohl illustriert, wenn ich er
wähne, daß eine vornehme Dame dafür,
daß sie einem Gefangenen ia Stück
Brot reichte, von einem Kosaken einen
Peitschenhieb mitten über das Gesicht er
hielt,- daß sie sofort ohnmächtig zusam
menbrach. Täglich einmal erhielten wir
eine, Fleischfuppe, Hirsebrei und ein
Stück Brot. I" Lemberg endlich gönnte
man uns eine Nacht Ruhe im Staate
gefängnis. Nie werde ich den grauen
hafte Anblick dieser Höfe und Gänge
deS Gebäude! vergessen, die mit Wen
schenkst angefüllt waren, so daß wir
buchstäblich bis zu den Knöchel darin
wateten. ' ,
Endlich war die LandeZgrenze erreicht
lind es erfolgte die Einwnggonierung in
Sokal. Fünfzig Mann in einem Lieh
wagen untergebracht, oft erst jeden zwei
ten Tag eine dürftige Mahlzeit erhal
tend, brachten wir vier Woch.-n zu, ehe
wir unsek Ziel, Taschkent in Turkestan,
erreichten, von wo auö die Abschiebung
in daS Lager Kasalinsk In der Nähe deZ
Aralsees, 10 Km. entfernt vom Syr
Darja, erfolgte.
Hier setzte man nnZ mitten in eine
weite, einförmige Steppe und verur
teilte uns, .vom frühe Morgen bis zum
späten Abend, Ziegel zum Bau für Ba
tacken zu formen. Zur Arbeit angetrie
den wurden wir, indem die Russen ns
fagtur, die Baracken werden aufgestellt
für eure Kameraden, die auf Erntear
Seit sind und den Winter hier mit euch
derbringen sollen. . So wurde denn bei
knapper Kost von 3 Uhr morgens bis 9
Uhr abends, wit kurzer Mittagspause,
unter den sengenden Strahlen der olü
henden Sonni Asiens bis Ende Novem
der fleißig geschak i,, ohne emc Kopc
ke für die geleistete Arbeit zu erhalten.
Beim geringsten Vergehen wird man der
raffiniert auZgedachten Strafen gewär
iig. Ist eS Nicht himmelschreiend, wenn
man einen Menschen verurteilt, unter
jedem Ar eine Sie! haltend, bei
glühendem Sonnenbrande von 40 Grad
Celsius und mehr auf dem Bahndamm
zu stehen, bis er vom Sonnenschein ge
troffen zusammenbricht Z Ist es da ein
Mundet, wenn eS zu Aufllaudea kam?
Doch alles half nichts. Es wurde sogar
n die wehrlose Menge schössen und
zwei brave Kameraden sanken, getroffen
von den Kugeln der BewachunzSmann
schaft. blutüberströmt nieder. Sie fit
geit, rom Wüstensand bedeckt, in Asiens
ferner Erde.
Eine Erlösung bedeuieie es für mich,
ölZ ich mit 150 Mann zum Syr'Tarsa
gesandt wurde, BewässerustgZgkäben
auszu stechen. 3 vernünftige Russen wa
ren die Bewachungsmannschaft, die rm!
gestatteten, nach getaner Arbeit Ausflüge
in. die Steppe der Kirgise zu unter
nehmen. Diese Gelegenheit habe ich dann
auch reichlich ausgenützt, um Land und
Leute kennen zu lernen. Bald hatte Ich
in der Nachbarschaft unS freundlich ge
sinnte Kirgisen gl funden, irt deren Zcl
ten ich gastliche Aufnahme fand und es
nach und nach auch soweit brachte, mich
mit ihnen notdürftigst verständigen zu
können. Die Kirgisen sind ein Noma
denvolk, denn Reichtum in ihren Her.
den besteht. Herden mit 2000 Pserden.
4000 Stück Rinder. 10,000 Stück Scha
fen sind dort keine Seltercheit. Auch die
seS Volk feufzt hart unter der russischen
Knute.' und auch in ihm schlummert der
Traum Nach Freiheit, eS müßten mich
denn die Augen dcS alten Kirgisen g?
täuscht haben. alS sie Unheimlich und ZU,
gleich freudig aufleÄhteten, da er mit
seinen Schatz von Silbermllnze zeigte,
die aus einer Zeit herrührten, ia sie noch
selbständig waren. Aber auch sllr Bil
dung sorgen wandernde Lehrer, und in
ihrem Kalender habe ich Bilder bei
ZeppelinluftfchisfeS. de Fliegerappara
teS und Beschreibungen anderer moder
nei Errungenschaften, der Technik gefrm
den. Auch die Frauen kennen die Kunst
deS Lesens und Schreibens. Und prsch
iig. orientalisch märchenhaft ist da? In.
nere ej,-es solchen ZelteS in Sammet und
Seide auSzestzttet. mit kostbaren Tepp!
chen belegt, aus denen sich die Familie um
den Teekessel zu de Mahlzeiten auf die
Knie niederlaßt. Freilich für den Euro
Päcr anfangs eine unbequeme Stellung.
Die Kleidung de Mannes und der
Frau, die beim Kirgisen unverschkeiert
geht, da sie keine streng gläubigen Mc
hammedaner sind, ist geschmackvoll in
leuchtende Farben gehalten und umhüllt
kickt und faltenreich dett Körper.
Oft, wenn schon der blank Vollmond
am sternbesäten, klaren Himmel stand,
wanderte ich langsam, eine Riesenmelone
all Geschenk unter dem Arm. heimwärts
in mein Zelt, w ich die süße Frucht tel
SüdenS mit wein? 11 Zegenossen
teilte. tA tti&tyh der biedere Tiroler
von Sktscherfirn und Gletschereis, von
den sonnigen Almea und den sriscken
Dirndln. Der !e'nsfrohe und lustige
Wiener lob! sein Wien trä Machte in
Wehmut de Heurigenfesik. Mit fnich
te Luae sprach der ?!ordbslzme von
be waldumesuschtes Höbe und den
liebliche Täler de Riesergkbirg'S.
Alle Ware daheim, bit endlich die Ge.
svrach verstummten, sich die müde
Au? schlösse und i Traume die Ge,
danke heimwZrt kilte ja rn Liebe,
die in lnze, So? m da Schicksal de,
Ferne bebten. Glückücke Stunden, bi
der kzuhe Ruf lel Russen zur Tsz;Z.
arbeit rief und die nuU, grausame
Sirfliikiif wieder ihr Recht forderte.
Mittlerw!! war es November g?wo
trz uns :rst tt. 1:1 Zix'X.itt titf !
sen sollte, kam frohe Botschaft von da
heim. Acht SBonate bange Hoffen. Mit
zitternde Handen und keuchten Augen
Wurden die Zeile von liebender Land
getrieben, überflogen und sofort beant
wortet.
57 Baracken waren von 1200 Mann
fertig gestellt und konnten bezogen wer
den. Wir freuten unS darauf, da kam
der Befehl zum Abtransport In da La
ger Trotzt, 30 Kilometer nördlich von
Taschkent. Unser Lager bcseyte eine
russische Garnison, die auS Polen der
trieben word:n war. Monatelanges,
heiße Mühen umsonst, ohne die geringste
Zahlung.
In dem Lager Tro'ky wurden im
Dezember deS Jahre 1913 16,000 öster
reichische Kriegsgefangene untergebracht.
Das Gelände ist bereit hügelig, da es
zu dem Vorlande chinesischen Grenzge
birge gehört. In den Niederungen, die
von einem Nebenflüsse des öyr Darsa
durchzogen werden, trifft man große
Baumwollpflanzungen an. die besonders
wäh-'nd dS Krieges noch vergrösert
wurden. Die einheimische Lcvölkeruttg
gchört den streng gläubigen Mohammc
danern' an, daher begegnet man in der
Ocffentlichkeit nie einer unverschleierten
Sardin. Während die Kirgisen ein
teilweise degenerierte; Volk von meist
schwächlichem Körperbau sind, kan man
von den Sardeg daZ Gegenteil saaen.
Die schönsten Männer, die ich in den drei
mir so ziemlich bekannte Erdteilen
Europa, Asien Und Amerika gesehen habe,
waren die großen, kräftigen Männer der
Sarden, deren ebenmäßiges, von einem
chonen schwarzen Vollbart umrahmtes
Gesicht hohe Intelligenz verrät, im Ge
g?g:nsotz zu den nomadisiernden .cirgi
sen sind die Sarden seßhaft und betre!
bcn lebhaften Handel, der außerordent
lick begünstigt wird durch die Lage der
Stadt Taschkent. Obwohl daS Land
schon teilweise durch die Bahnlinie Oren
burg-Taschken! und einige bereits aus
gebaute Nebenstrecken moderne Betriebs
Mittel für den Handelsverkehr besitzt, so
kommen doch für die Länder Nerficn.
Alghan, stan. Indien und China fast aus,
schließlich die Karawanen i Betracht,
Wit langen Reihen bi! 40 und mehr
tuck schwerbeladener Kamele, d e im
langsamen, schwerfälligen Schritte die
Skeppen durchziehen, bieten einen eigen
artigen Anblick. : -
Die schlimmsten Monate waren. Ja
nriar und Februar, zumal in dieser Zeit
häufige Niederschlage erfolgen, während
diese im Sommer ganz ausbleiben.
Schnee bleibt nur einige Stunden liegen.
ytun aver waren die Scki tdacher la
durchlässig," daß an- Kegentagc 'mehr
vt durch vas einslleßende Wasser her
eingeführt wurde, als im freien Hof
räume. Tausende Menschen trkraten.
da die Verpflegung völlig unzureichend
war. Diese bestand täglich auS 1 Stück
Fleisch in ' der Größe eine Taumcns,
einer Krautfuppe und auS 1 Pfund Brot.
daS aber meist nur .halb gebacken war,
damit es mehr wiege. : , .
Das schlechte Schuhwerk konnte nicht
einmal aufgebessert werden. Alle diese
Umstände mußten, nun Massenerkran
kungen zur Folge 'haben. Tie Spitäler
waren bald überfüllt und Hunderte von
Kranken sah man täglich zur Maroden
Hütte schleichen, diele mußten von Käme
raden geführt oder getragen werden,
die Aerzte verordneten Spitalspfleg.
Im Spital wurde sie wieder abgemie
sen und mußten in die Baracken zurück
gebracht werden. War eö da ein Wun
der, wen ansteckende Krankheiten aus
brache und ganze Baracke buchstäblich
ausstarben? Zuerst brachen die Blat
tern aus, dann det Tvphus, hierzu ge
sellien sich dann im März Cholera und
Flecktyphus. Unbeschreiblich war da
Elend. Die österreichischen Aerzte lei
stete übermenschliches. daS wohl am
besten dadurch bewiesen wird, daß im
Zeitraume tineS halben JahreS neun
österreichische Aerzte alS Opse? ihreS
BeruseS starben. Kcia muntere Scherz
wort war mehr zu höre. Jede, faß
stumpfsinnig und hinbrütend auf feinem
Lager, wartend, bis er auch jenen Weg
zum Hügel gehe, de alltäglich SO bis
70 feiner Kameraden in rohen Holzkisten
wandelten. Ein Wald von. grünen
Kreuzen bezeichnet jene Platz, von dem
eS keine Wiederkehr gibt. Ja, eS ist
vorgekommen, daß Kranke, die ihr kctz
teS Stündlein kommen sahen, selbst hin
auZkrochen, sich w die Holzkisie legten j
hub vann einschlummerten Zum ewige
Schlaf.
Am krassesten beleuchtet wohl die
Zustände in Rußland noch solaender
Vorfall. Au de? Heimat langten mo
nctlich 70.000 Rubel in meist kleinen
Sendungen von 5 R. und mehr an. Ein
russischer Offizier, der mit der Geld
augabe betraut war, ließ den Einkauf
eines Monat in feiner Tasche ver
schwinde und machte sich dann unsicht
bar. Kann e eine sefühlloferen Roh
ling eben? Ueberiieiat I nickt alle
Maß menschlicher Niederträchtigkeit, die
ärmst! der Armen, die monatelang auf
diese Liebesgabe der Heimat gehest, u
beftehlenZ Msncher hätte sich durch
diese Zubyße vielleicht da Leben rette
können. .
- baldig nZrutt seit die roochenlan
8? Zranzxorle nzch Sibirien und de
oft nur Taze dauernde Aufenthalt i
den verschiedene Lager Sibirien, lil
if endlich in Arbeit gestellt wurden.
I kam aus da Koblenwerk de
Furfte Temidov. a im Bezirke Jr
bith bei dem Dörfie Eaorlckii mit
ten im Walde liept. Hier erst habe ich
de Glauben an die Menschheit wieder
Stunden, hier kzsbe ich neue of?nun
gen geschöpft. l.ikk IßlA ich in Arbeit
tit Weg zum Glück kenne Rtltmt und
ti wttt 200 T:s?.ikZ fc:l mm dritte
Buchhalter bei Wttke cbracht mit I,
nem Monatsgehalt von 800 Rubel bei
sechsstündige, rbeitSzeit. Bo 8 Uhr
kruy vl, -d Uhr nachmittag arbeitete ich
im Konioki u,n dann von 3 Uhr ab bi
spät in die Nacht Unterricht zu erteilen.
Der Direktor de Werke halte den Ge
fangenen die Errichtung eine, Schul ge
stattet. Heute noch denke , Ich gerne an
meine Lehrtätigkeit in der .Unidcrsttat'.
wie sie meine Schiller benannt hatten, zu
rück. Mit sünf Kollegen habe ich dort
durch L Jahre mehr all 160 Schiller un
terrichtet. Da ltck der Schüler be
wegte sich Zwischen g und 50 Jahren.
Alle Nationen der Welt waren vertre
ten: Teutsche, Ungarn, Slaven, Ruf
fen
stä
en. Zartaren. usw. UnterrichtSaegen
'tände waren die Sprachen: doch gab el
auch kaufmännische, mathematische und
naturwissenschaftliche Kurse.
Ich berühre hier absichtlich die der
schieden? politische Umwälzungen
Rußland nicht, da ich In einem zweite
Auflage .Vom Zarismu Zum Bolsche
WiSmuS" den politischen Teil aus
Grund Meiner Beobachtungen behandeln
will.
Mittlerweile war der Friede zü Brest
abgeschlossen und wir warteten in ban
ger Freude auf den Abtransport, doch
anstatt daß sich' die Gcfängenentrans.
Porte nach Petrograd bewegt hätten, gin'
sjin sie den umgekehrten Weg nach Eibi
rien, da das europäische Rußland hun
gcrte. Während diel Ungarn sich zum
Eintritt in die rote Ltmee entschlossen,
faßten wit 150 Deutsch-Oesterreichek de,r
Plan, zur Selbsthilfe zu greifen, zu
flich.n. Bereits im Anfang 1918 fin
gen wir an Brot zu trocknen und i:rt
Juli lins halte jdck MaiiN seinen
Rucksack mit Pfund nrirocknetem
Brot gcsüllt. Die Bolsch?niik:! hatten
int Januar 3913 Ua Bttricb deS W'r
kcs in die Hand gcnomen. betrachteten
die Gefangene als ausländische Arbei
tcr und zahlten Tageölöhne in der Höhe
von 7 bis 14 Rubel. So war es allo
möglich, daß in den Händen der 350
Mann eine Biertelinillion Rubel waren.
Die UNbezwingliche Sehnsucht nach dct
Heimat und den Lieben, die heran
nhendi Front der weiße Garde tat
das ihrige, um unseren Fluchtplan zu
beschleunigen itd so begaben wir nZ
auf den Wcq. Am 27. Juli 118. um
6 Uhr abends, war alles für die Flucht
vorbereitet, in den Wäldern warteten be
reilZ die BauerNgespanne, um un in der
Nacht möglichst weit wrgzubringen, da
wir Verfolgung fürchteten, weil da
Werk zu: Stillstand kam. da die Deut
chen meist bei den Maschinen und Pum
peu beschäftigt waren. Allein die im
ganzen Gebiete herrschende Aufregung
wegen HerrannahenS der Front. Jeksteii
nenburg war bereit in den Händen der
weißen Garde, kam uns sehr zugute. So
zogen wir denn dahin durch die Wälder
Sibiriens über den Ural bi Perm, ost
sogar mittelst Bestechung die Eisenbahn
benutzend. Nach! schickten wir Pa
trouillen in Dörfer, Milrl, zu kaufen.
So haben wir manche Nacht mitten im
Walde unsern Tee bereitet und uns mit
hartem Brot gestärkt für die nächste
Tagereise. ,
Nach wocheulangck. anstrengender
Reise war Perm erreicht,- von wo aus
der Abtransport Kranler und Jnvali
der erfolgte. Mit Hilfe de schwedischen
Roten KreuzeS gelang ek. uns in die
dortigen Liste ai HalSinvalide tinzu
schmuggeln. In drei Tagen fuhren wik
mit einem 70 Waggons zahlenden Spi
talzuge gegen Petersburg ab. Unter
Wegs war fast gar kein Brot zu haben.
Hie und da wurde etwsS schlechte Wurst
zum Kauf angeboten. Ein Bild de
Jammer! bot Petersburg. Die Wen
Zchen fielen auf den Straßen bok
Schwäche um und starben Hungertodes.
Frauen aus den besten Kreisen Peters
burgS kamen zu unseren Waggon und
baten um ein Stückchen hartes Brot; sie
hatten feit drei Monaten nur KartoZfeln
und Heringe bekommen, aber auch daS
nicht in genügender Menge. Zur selben
Zeit stand der ganze Bahnbetrieb, da
die Eisenbahner streikten, weil man
ihnen seit drei Tage kein Brot für sich
und -ihre Familien ausgefolgt hatte.
Aber hier wußten wir un zu helfen.
Jkde trat von seinem Brotvorrate
etmaS ab, sodaß wir jedem, unsern Ziig
begleitende Eisenbahner fünf Pfund
überreichen konnten.. In einer Stunde
setzte sich der Zug in Bewegung und
nach zwei Tagen erreichten wir bei
Brody die österreichische Grenze. Ganz
auffällig war die musterhafte Ordnung
auf den Bahnhöfen dieser Strecke, soweit
sie von den Deutschen besetzt war, waS
um ss mehr auffiel, weil, in Rußland
die orößte Unordnuna herrschte: die
Züge chatteii nicht stundenlange, sondern
tagelange Verspätungen. Aus manche
Stationen sah man diS 50 betrieb!
unbrauchbare Maschinen stehen, nicht zu
reden von dem ungezählte Waggon
Material. ...
Die russischen Zustände teleuchiet
wohl 6rü grellsten nachstehender Vor
fall. AIS wir in de Abendstunde iN
einer ukrainischen Ctstiort hielten, ie
merkte ich im Dunkel einen Mann, der
an unserem Waggon die Aufschrift
Ukraine' anbrachte. Befragt, wa er
tue, antwortete er: .Ich stehle Waggon
für die Ukraine.' Tiebstahl im Aus
trage de Staate!. Selbstverständlich
sollte die in Perm abgelassene Zugsgar
itur wieder vollständig zurückgeleitet
werden; Nun waren ober etwa 30 Wag
gonS in der B.'sitz der Ukraine überge
gange und wurden dang an der Grenzk
abg'ksppelt.
Nachdem die verschiedenen Zeremonien
der Uebernahme vollzogen waren, fuhr
ich don Lemberg nach Prag. daS ich in
8 Stunden erreichte. Ist Prsz wurde
schnell umgestiegen auf de Zug gegen
Böhmisch Leipa. Frau und Kind wohn
k ia einem Landhause am Fuße dct
Jeschke, da nach fünfstündiger Fuß
Wanderung zu erreichen traf.
Et ist neu Uhr abend. Eini stille
Herbstneitt mit sternenklarem Himmel.
Ich verlasse eilige Schritte den Lcrhn
Hof, wandere einsam die. stillt Straße
entlang. StiZ und verschlafen liege
die heimatliche Dörfer da. Nur die
und da flimmert ein kleine Licht, wo
vielleicht eine tr:ssrgendk Mutter an der
Wie?k ihre Lieblingt w,5t. Ich !i
glücklich, nach mehr elZ rierjährig Ab
je!iii die LeiMrt, ü Künf.ixt jrfn
derzufinden. Im Hintergrund' erschein!
da Haupt de don Ruinen gekrönten
Rollberge und blickt ruhig in Tal da
Haupt de Allvater Jeschten. Von hun
dcrtcn ersterbenden Lippen hatte Ich des
Wunsch vernommen, nur einmal noch
mochte rch die heimlichen Berge und Ta
tet mit seinen fleißigen Bewohnern sehen.
Leidet Ist e bei vielen Kameraden
Wunsch geblieben. Sie modern In Asien
fremde, Erde, Mir ward d GI,i der
Heimkehr zuteil. Bald ist die Sehnsucht
gestillt. Im blassen Vollinondslichtt
kräuseln sich die Wellen de Hammersets,
nd in den hundertjährigen Buchen am
User da raunt eö und rauscht es hei
malliche Weise. Im Schilfe d, kni
stertg nd wispert: .Willkommen In
der Heimat!'. Am Bächlein die alte
Mllhie, sie kÄppkkt. wie ehedem. Däne
den steht da schlichte Landhaus mit dem
wohlgepflegten Garten, in dem die m
.Un Rosen blühen. Da Herz klopft un,
aestum. die Schritte werden immer ili,
gek. Und nun klopfe ich an Fenster.
Die Tllt öffnet sich. Ein Freudenschrei!
Di Tranen det Freud, fließen incin
ander. Ich halte ein brave Weib, ein
herzige Kind ,n meinen Armen. Das
Glück ist eingekehrt. Wunschlos der
fließen die Tage. Zurückgezogen von der
Welt will ich die Tage genießen. Ta
kommt der Zusammenbruch. die allge
meine Verwirrung, zum Fenster dringt
det Ruf hinein: .DaS Volt in Not
.Und hinaus bin ich gezogen von Siadt
zu Stadt,, mahnend, helfend, aufmun
ternd, das Schwere zu ertragen Und neue
Verhältnisse aus den alten zu gestalten,
ab:; nicht wie in Rußland allet in Trum
mer zu schlagen, sondern mit Vernunft
die Bilduna der neuen staatlichen Gebiloe
durchzuführen. Ta Ist dann auch ge
lungsn. weitn auch nicht im Sinnt der
14 Punkte deS Präsidenten W,l on. Drei
Millionen deutsche Bewohner deS Sude
tenlandes, die die Walder dieses Gebie
t.'S kierodct. die die Sümpfe trvßen ge
legt und in blühende Gaue umgewandelt,
in denen heute die größte Industrie
anlagen, geschaffen von deutschem Geiste,
liegen, wurden durch den Versailler Frie
den ohne Volksabstimmung der neuen
Czechoslovakischen Republik zugeteilt,
wodurch der Traum von einet Verein!
gung mit dem Muitcrlande zunichle
wurde. '
Zur Ehre dcS ersten PrZsidenien Ma
saryk dieser neuen Republik Tei aber hier
gesagt, daß er unaufhörlich bemüht ist,
die im alten Oesterreich bestandenen Ge
gensätze Zwischen den beiden Nationen zu
-beseitigen, die Reibungsslächen zu der
mindern und so Nach Und nach ein fried
licheS Nebeneinanderleben der beiden Na
tionen zu ermöglichen. A
Mögen feine Bemühungen von Er'
olz begleitet fein, denn nur gemeinsame
rbiit kann nach jahrelangen Karte
Mllhm die furchtbaren Wunden, die det
Krieg geschlagen, heilen. Was Ist du
dem hemalS reichen Lande der Monar
chie geworden? Alle Räder der zahl
reichen FabriksbetricSe stehen still. Tau
sende Arbeiter hungern mit ihrer Fam!
iie, Doch will ich hier eine weitere Schil
derung deS Elends unterlassen, denn die
bald ankommende Berichte der amerika'
Nischen Nahrungsmittel Kommissionen.,
die bei meinet Abreis die AuSspeisung
taufender untcrernühiter Kinder bkgon
nen, dürsten den Leser in nächster Zeit
Zur Verfügung stehen.
Ganz so liegen die Verhältnisse in
Deutsch'Oesterreich und in Deutschland.
Mit warmer Freude habe ich cS daher
begrüßt, daß die Deutschamerikaner eine
großzügig angelegte Hilfs-Aktion für die
Deutschen Europa! planen. Ganz be
sonders dankbar bin ich Herrn George
von Skal, daß er mich in die Kreise du
hiesigen deutschen Gesellschaft einführte, ,
wodurch mit Gelegenheit geboten wurde,
im Saale des MannerchokS die beste
Männer Und Frauen, m werktätiger Ar
.bett für die Deutschen Europa! vereint,
kennen zu lernen und ihnen die Glühe
der Sudelendeutschen zu übermitteln.
Es sei mir zum Schlüsse eine herz
liche Bitte gestattet. Ich reise nun nach
zehnmonatlichem Aufenthalte in der rti
mat im Auftrage der Ezechosloväkischen
ReqieruNit Nach Vladivostok, UM den
HeimtranZport von 25,000 Sudetendeut
fchen, die seit fünf Jahren in russischer
Gefangenschaft schmachten, zu organisie
ren. WaS diese Menschen leiblich und
seelisch gelitten, läßt sich kaum ermessen.
Aber auch die Angehörigen daheim baN
gen und zittern um den lieben Vater,
Gatten det Bruder. Dies haben sich
nun zusammengeschlossen, um den Heim
transport ihrer Lieben in Werk zu
setzen. Hunderttausende von Kronen sind
bereits für diesen edlen Zweck gksam
mell. He Präsident Masaryk. Mini
er-Prasident Tusar und der Minister
et Aeußeren Benesch in Pari ha
be alle werktätige Hilse zugesagt,
da ich von alle diese Herren in beson
derer Audienz empfangen wurde.' Da
her ist e wvbl nicht unbescheiden, wenn
ich an alle Deutschamerikaner die herz
liche Bitte richte, bet dem geplante Lie
beswerke auch jener 23,000 Söhnt un,
fere Volke? zu gedenken, die, verlassen
und fast vergessen, feit nunmehr fünf
Jahre in Sibiriens Wildern auf Er
löfling hoffen. , ,rp
Ss habe ich mich nach schwerem Ent
schlusse von Weib und Kind getrennt,
um diese Unglücklichen dasselbe 'Glück
zu verschaffen, dessen Ich teilhaftig ge
worden bin, da ich Weib und Kind wie
der in meine Arme fchloß. Ich stche im
Dienste reinster Menschlichkeit und fahre
frohen MuteS dahin, weiß ich doch, daß
taufende treuer deut!cher Herzen meinen
Weg mit de heißesten Segenswünschen
auf Gelinge begleiten.
Direktor Josef Ktau,
Delegierter det Ezechosloväkischen
Rote streuzet. .
. -' Gedankenspäne. . .
' Mari kzaßt m eiste Diejenigen,
dct denen man sich blamiert hat. '
5!ifiit erhält man mlonft keson
der! tiicht Geschenke.
' Grobheit ist die Karikatur der Auf,
r'icht'gkeit.
Die gut e':e Zeit ist jene, alj rnaa
it Suzyk. fr die Welt schabe.
Iie ))LujjMeßuttg
der Kemlßmiliel.
von privatdozent Dr. VMsr Grase. 7
Die Verwendung don Genußmitteln
ist fast allen Volkern der Erde eigen, an
,inem bestimmten Punkte threk Kultur
entwicklung entdeckte die Raturvöllek
?te roenerregungsmitttl die dann, als
GenußiNittcl bei ihnen heimisch wurden.
ES scheint, daß den Menschen da Be
dürfnit nach künstlich hervorgerufener
Rergenerregung angeboren ist und sich
aus bestimmter KUIIurttus von selbst
vordrangt. Natürlich ist die Ge,
schmacksrichtung der verschiedenen Volks,
stamme sehr verschieden, die einen . be
Vorzügen alkoholische Bekauschunqsmit
tel. die andere alkaloidhaltige, un auch
hier findet noch eine gemisst Disferenzte
runa statt, indem einige da Rilotin
vorziehen, andere wieder kossem und
tbeobrominhaltige Pflanzen. Gerade
die letzteren bilden ein Schulbeispiel fii!
den nie irrenden, starken Instinkt itim
Auffinden de GenußmitielS, denn nicht
nut sind die Pflanzen, welche M, qe
nannten Alkaloide enthalten, von den
verschiedensten Völkern an ganz ver
schiedenen Punkte deS Erdballes auf
gefunden und die richtige-Zubereitung
durch Fermentieren und Rö ten gesun
den worden, sondern die wissenschaftliche '
Forschung konnt kein eilen Pslanjen
mehr d?zu entdecke, welche nicht der
Naturinstinkt schon aufgezeigt hätte.
Aber die Frkudt am Nervenreiz Und
damit am Genußmittel verlauft im Da,
sein der Menschheit in norm einer
Kurve, deren aufsteigender Ast, an einem
bestimmten Punkte der Entwicklung be
ginnend, bis zlt einem Gipfelpunkte
zieht, don dem auS der absteigende Ast,
die Reaktion gegen daS Genußmittel.
anfangt. Dtk Kulturmensch besinnt sich
daraus, dak'nicht nur eine Rervenanre
gung durch daS im Genußmittel nthal
tene Gift gegeben ist, sondern auch eine
Cchädiaung, durch die nicht Nur daS
Nervensystem selbst,' sondern auch ütt
De lebenswichtige Funktionen, Verdau
unastätigkeit, Blutkreislauf U s. w. in
Mitleidenschaft gezogen werden. - Die
Gewöhnung an Gift bringt e Hand
in Hand mit der Hast des modernen
Erwerbslebens mit sich, daß iln starke
rer Verbrauch von Nervenstimutantien
einsetzt, so daß ei immer größerer
Prozentsatz der Kulturmenschheit der
dauernden Schädigung durch die Ge
nußmittelgifte verfällt. Neben der An
tiolkoholbemkgung, die den Alkohol, da
gisährlichste und allgemeinste Genutz
miitelgist. mit den radikalsten Mitteln
bekämpft, macht sich heute schon die An,
tialkaloidbewegung 'geltend, bi dem
Nikotin, dem Koffein und Theobomin
den Kriea erklärt, eine Erscheinung,
welche die fortschreitende .Nervosität'
der Menschheit gezeitigt hat. Denn
wahrend man srllhek bei pielswei e das
Koffein geradezu an Stellt von Alko -
hol gefitzt wisse wollte, hat man sich
heute auch schon von dem Glauben an
die Harmlosigkeit diese! AlkaloidS kwan
zipiert und sucht 3 möglichst zu vermeid
den, zum mindesten dort, wo die Wider
standskraft de Organismus geschwächt
ist. Im Genußmittel sind nun nebe
dem. Giftstoff Noch öroma und ge
schmSckgebendt JnhaltSstofft vörhanden.
die den Genuß st angenehm machen,
im Wein und Bier Bukcttstoffe. im TS
bak aromatische Harze und organische
Sauren, im Tee die beim Fermentieren
entstehenden Tuftstosfe. im Kaffee die
Roiiprodukte. Tte Ant:ai!al0!dveme
gung sucht nun nach zwei Richtungen
ihrem Zielt Nahet zu kommen, einmal
dem Genußmittel da Allaloid zu ent,
ziehen, oder daS schädliche Genußmit
t?l durch ein weniger schädliche zu er
sehen. Nach beiden . Richtungen hat sie
Erfolge zu verzeichnen. Nicht Überall
Znacht eS die Natur dem Menschen so
leicht, wie bei den alkoholischen Ge!ran
keN. bei denen durch gelinde Erhitzung
der Alkohol aUSgetrieben werden kann,
oder wie bei den Fruchtsästen, die durch
Pasteurisieruna vor unerwünschter Ga
rung bewahrt werden können. Wenn
man nämlich dem Tabak, Kaffee odek
Tee da wirksame Alkaloid ZU entziehen
sucht,' macht man die Erfahrung, daß
die nicht so ohn weitere möglich ist,
denn lzitk sind die Alkaloide so fest an
andere organische Bestandteile gebunden,
daß die gebräuchlichen Lösungsmittel
nichts don dem Alkaloid eni fernen, wenn
man mit ibnen dal Genukmittel u et
trahitren sucht. Dazu kommt noch, daß
die genannte organischen Komplexe
meist gerade füt Geschmack Und- Aroma
det Genußmittel ganz wesentlich sind,
so daß mit ihrer Entfernung Nicht nur
da Gift, sondern auch die Geschmacks
und aromatischen Qualitäten entfernt
und damit daj Genußmittel ganz
wertlo gemacht werden müßte. Da ist
ei schmierige Probier der Genußmit
telenlgistung. st. Wimmer, Bremen,
kam zuerst aus den Gedanken, da Roh
matcrÄl einem .Aufschließprozeß zu
unterwerfen, d. h. einem Vorgang, durch
den die Zelle der nachfolgenden QiliaU
tion zugänglich gemacht und die Alka
loidveiblndungeN zerlegt werden. Tann
muß eS durch passende Extraltionsmit
tel gelingen, da Alkaloid suSuziehkn.
Der Erfolg rechtfertigte diese Annahme
und heute untermirst man alle alka
loidh-altigen Genußmittel vor d?t S?
traktion dem Aufschließen. Bei der
Kaffeebohne besteht e in einer Vehand
tung Mit überhitztem Wafferdampf, rn
folgt deren das Kosfein durch Ben'vl
von einem ursprünglich? Gkhalt von
1,4 bi auf 0,1, als eine auch süe
den kranke Organismus ganz belang
lose Quantität entfernt werden Itnn,
hn daß wertlose Anteil der Kaffee
bshne Mitkntfernt werde. Aroms und
Geschmack bleibe (3 erhalten. Nachdem
da Bmzol durch Wafferdampf bi auf
die letzte Spur weggeblasen wurde.
Manche Forscher riebmen an, dak im
RalHt eben dem Koffein auch dieLeim
Röste der asseebohnt entsüherdk
Produkt, i ihrer Gesamtheit Kaffeol
gekannt, rirksa seien. Lnze??zt re
M
Molisch, unternahm ich e, mir iiber
die Herkunft deS ttasfeol klar ,u wer.
den. Wenn man Kaffeebohne de
Handels In lauem Wasset mit einer
Bürste reibt, wird dal Waschwassek
grünlichschmarz vom Fett und Wach
der Bohne, welche dabei abfallen, und eS
wurde angegeben, daß so gewaschener
Nafsce die wirksamen- Röststoffe nicht
entstehen lasse. Die Bestandteile deS
Kaffeol sind gut bekannt. eS besteht zur
Hälfte aus Furfuralkohol. welcher gleich
zeitig den wirksamen Anteil vorstellt.
Ferner au Valeriansaure und anderen
Noch weniger, in Betracht kommenden
Substanzen. Es zeigte sich nun, daß
lediglich die Valeriansaure dem Fett und
Wachs der Kaffeebohne entflammen
kann, denn sie tifcheint tatsächlich unter
den Röstprodukte deS gewaschenen Kaf
feeS vermindert. Der Furfuralkohol
aber entsteht aus der Substanz der der
dickten Zcllwände der Bohne und der
Aufschließprozeß ist es. welcher diese
Substanz zum Teil zerstört, so daß also
m aufgeschlossenen Kaffee die Mutter
ubflanz deS Furfuralkohol und dieser
' elbst unter den Röstprodukten betracht
ich vermindert erscheint.
Beim Tee wird daS Ausschließen eben
falls mit Wasserdampf vorgenommen,
beim Tabak ist es aber nicht mehr so
insach. hier muß schon eint Base ange
wendet werden, um die Verbindung deS
Nikotins zu lösen. Glücklicherweise ist
daS Nikotin selbst eine schr schwache
Base, die schon durch Kalkwasser oder
Ammoniak auS ihn Verbindungen
ausgetrieben wird; Kalkwasser aller
dings würdr auch ändert wertvolle Be '
standtcile deS Tabaks auslaugen, aber
der Zufall kam hier dem Menschen zu
Hilsc. Bei der Mit dem Trocknen deS,
Tabakblattes parallelgehenden. Fermen
tation desselben entsteht eine kleine
Mengt Ammoniak, die Nikotin in Frei'
heit setzt: ein allmähliches Erhitzen auf
IM" C, bei welcher Temperatur dal Al
taloid flüchtig ist. treibt daS Nikotin
fort und so entsteht ein in seinen sonst!
gen Qualitäten kaum veränderter, niko
tinakmer Tabak. Da Aufschließen er
folgt also hier durch die Erntebereitung
selbst. -
Der Aniialkaloidbeweguna ist eS aber
auch gelungen, ein Genußmittel zu fin
den, daS die erwünschte Anregung bietet
und dabei noch harmloser ist alS Kaffee
und Tee. DaS ist der MatS. die Blät
ter und Zweige einer füdamerikanischen
Stechpalmenart. welche kin dem Koffein
öhnliche Alkaloid. daS Mattci'n, enthal
te. Det Geschmack dieses neue Ge
NUkmittels. der übriaenS in feinet süd
amerikanischen Heimat schon lange und
leidenschaftlich geschätzt i t, weicht von-
dem. Unserer gewohnten Genußmittel..
einigermaßen ab, , ist aber durch. HaS
Vorhandensein von Gerbstoffen und
einem flüchtigen Oel, daS ihm ein eigen
artiges, angenehm Aroma verleiht.
kräftig und herzhaft und sagt nach kur
zer Gewöhnung auch, dem nordischen '
Gaumen unaemei zu. Moderne Anla
aen haben die anfangs recht primitive
Erntebereitung, durch welche der MatS
einen unerwünschten Rauchgeschmack er
hielt, wesentlich verbessert, so daß sich
diese Genußmittel wohl auch binnen
kurzem In andern Länder Freunde er
werben wird. ES wird genau so berei
tet wie der Tee. nur daß hier ohne Scha
den sür den Geschmack auch ein zweima
liger Aufguß erfolg? kann. Dadurch
wird daS Getränk deS ohnehin billigen ,
TOfll nnA Hinfifff ITc und ftfslt fisfi sn '
' "t , i i - r ' s
alS Volksgenußmittel ersten RanqeS f ,
dak, höchst geeignet, angenehme und an . f
regende Erfrischung zu bieten. In neue ? I
ster Zeit ist aber auS MatS auch ein Ge , .
nußmittcl geschossen worden, daS dem .
verwöhntesten Gaumen zusagt und be
stimmt ist, von jen.en Kreisen bevorzugt 1 , '
zu werden, welche gegenüber den alkoho X
tischen Tischgetränken int Abwechslung '
suchen odet diese vermeiden wollen, ohne .
dit Nervenanregung zu entbehren. ES i
handelte sich auch hier wieder darum, . .
dit wertvollen MatSbestandteile au
Verbindungen zu lösen, sie löslich und l
Nutzbar zu machen. Wiederum gelang
das in neuester Zeit durch einen Aus . '
schließprozeß. und sö ist et heute Mög. ß l
lieh, auS MatSextrakt die verschiedensten l '
Genußmittel zu schaffen, anregende .r
Nährpräparate, Getränkt wit die söge . ,
nannten Bronten, welche mit den alko
holfreien Getränken nicht nur deshalb
konkurrieren können, weil sie det er
wünschten Anregung nicht entbehre, die )
aufgeschlossenen Aufgnßpräparate selbst,
wie Rio-Matte und Ete. So bat da
Aufschließverfahren der Genußmittel ,
technik nach zwei Richtungen hin wert
olle Diensie aetkiliet. 6 der ffnfnif
tun, der Genußmittel einerseits, bei det
Nutzbarmachung neu arsgesundentk an,
ZrerseitS. .
- . , 5
1 ' t i
Schwedischer 0!rsj an teutsch !
Srieockinder. n
Da Bkkitt Värnamotidninaen in der ! ?
schweb!, chen Provinz Smaaland bringt )l
in deutscher Sprache folgenden gereimte 1 1
Gruß an die deutschen KrieaZkinder: r
Willkommen herzlich in Schweden Land. ' I
Willkommen im Sommer in Lasan !
Strand. t.
Ihr Kinder von Luthers Vaterland! U
Hier können sie des Kri'geS Schmerze i
vergessen. i
er mögen sie schwedische Brot ja essen. ', j
Und so sie bild? von Deutschland rund t h
W.l uns i Schwein ein' freunblkrVa "'f
VolklS-Bund.
W ."ii""
i
Ganz natürlich.
Professor (vortrszend): .Meine ttu
ten. Unser Patient hinkt, weil n in dem
vkn Feldzug eine Kugel ln da link
bekam. Wal würde Sie ta
kk'm Falle tun, Hen H.Z'
Student B : .Auch binken.
XI. t B t - ' i-M i
tiPfäti .
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