Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, August 26, 1919, Image 2

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Meine Mlcht aus Mroßrad.
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, Dlist Zürcher Zeitung.) ,
H liegen die ProsKel . ,
Lies in Lunten. ; s '
Zrimlene Subzelie , "
6m zum Riui tlt. '
ES war mir eben, ali iinUte
in Tchret os sinlltrer Siacht.
Liartc, auch wirjt WM
Ulngcbrachl.
üfcie ßrausame Parodie auf Goethe,
Lermontoff kursierte i Petersburg in
den ersten Tagen Dezember 1918. Ich
gebe sie in freier deutscher Uebersetziing
wieder, denn sie zeigt uns ein typisches
Bild unserer einstmals so prächtigen
Hauptstadt.
Ich mußte fliehen.. Meine Angestellt
ten hatten mit Hilfe einer Sektion deJ
SovietZ für BolZswirtfchaft (deren Prä
sidentin in ihrem Zivilberuf Schneiderin
war) mein Geschäft unter dem Vor
wände der Nationalisierung an sich ge
, rissen. Mein dreiwöchentlicher, hart
nackiger Kampf bis aufs Messer hatte
. leider' mit Meiner NicderlaZe geendet
Aber ich war für rneme Gegner im
merhin noch eine recht unbequeme Per
l fönlichkeit geblieben. AuZ zuöerlässiger
' SQuclle soweit Quelle in jener Zeit
- überhaupt zuverlässig sein konnten
'; hatte ich erfahren, daß man mich, der
, Einfachheft halber, verhaften wollte, um
"einen unruhigen. Geist, der um seine
Habe kämpft, los zu sein.' Die Schweiz
setzt rücksichtslos unsere Gesandtschaft an
die Luft, was sollen wir mit einem
Schweizerbürger diel Federlesens ma
cben?", hieß es !ra Soviet. und dieser
Ausspruch . wurde mir natürlich sofort
krühwarin, von einem .treucn" Mitglied
desselben wiedergegeben.
Ein Visum zur Ausreise wurde in it
- nee Zeit von den Bolscheivik-Behörden
nicht egeben. So Kar ich denn gezwun
gen, ohne jeglichen Paß über die finni,
sche Grenze zu fliehen. , Lange konnte
das Bolschewiki-Regime in Petersburg
ja nicht andauern. Zwar gab es Pessi
miste, die behaupteten, dah die Eng
ländek nicht vor drei Wochen die Stadt
okkupieren könnten, die allgemeine Mei
nung war aber, daß sie über Reval in
dier Tagen da sein müßten. 'Also fetze
ich mich auf mein Landgut in Terijoki
''zwei Stunden per Bahn don PeterZ
bürg entfernt, aber schon jenseits der
finnischen Grenze) und warte mal ab,"
dachte ich mir. war mir ein Herr E.
empfohlen worden, der sich speziell mit
dem Ueber die Grenze bringen" von
Petersburger Flüchtlinge befaßte. Die
scr Manager' beteuerte mir, dckfz bei
Benützung seiner Firma und seiner Ru
seroute, am Ladoga-See vorbei, absolut
jedes Risiko ausgeschlossen sei. 'Die
Rsut schien mir zwar etwas kompli
lieri, den man mutzte einen Umweg
von einigen hundert Kilometern machen,
m eine Ort zu erreichen, der etwa 30
Kilometer entfernt war. Aber er holte
zur Bekräftigung seiner Worte aus sei
r.em Schreibtisch ein kleines, zierlich
bundenes Album hervor und bat mich,
einen Blick hineinzuwerfen. Hiermit
bescheinige ich. daß ich mit Hilfe von,
Herrn E. auf die glatteste Weise in Si
herheit gekommen bin. Hauptman
St." Ich spreche Herrn E. meinen be
Zte Dank für die liebenswürdige Beför
derung auZ. Verpflegung ausgezeichnet.
Oberleutnant St.", hieß es darin.
Somit hatte ein großer Teil deS deut
schen KonsulatspersonalZ diesen Weg be
nutzt.. Warum sollte es mir nicht gelin
s?n? Um so mehr, als mir Herr E.
t'-xtn verhältnismäßig .billigm' Preis
machte, nur" 800 Rubel (Eisenbahn,
?ch litten, Führ, tout compnS, biZ zur
finnischen Grenz:', da er hoffte, durch
mich eine weitere größere Klientel in den
Schweizerlreisen zu erhalten. ,
I,n Lcsühl meiner von H'nn E. ga
lautierte Sicherheit schlug ich einer Jan
cm Landsmännin, die gleichfalls kein
Paßsilum erhallen konnte, vor, ihr
Sä'lcksal für die Fluchttegt an taS
r?'A?.i zu leiten, und am Freitag, -den
0. Dezember, ginz die Neife KS.
H?rr ö. hatte unZ ein Stelldichein
z der Station einer kleinen Bahn gege
ltr die fast a-iSf'chNehlich von finnische
MiliAveiÄr benutzt wurde. Wir tki
tiU.n v.r.i, f, g'it et ging, auch v'Mkr.k
srr''i'S g und lufzea den kfür scch!
Vl'iitl') ttt'zenMN'i'Nt Fuhrinann ein
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Neweky Prospekt in Petrograd.
von Fred.
gebaut ab, um möglichst unauffällig
dasselbe zu ' erreichen. Mme. Odette
hatte eine grobe Sackleinwand über ih
ren koftbaren Pelz gezogen und sehr ge
schickt ihren kleinen Koffer in eine Art
Lcinwandbündel transformiert. Ich
markierte den Milchmann allerdings nur
durch eine recht verschossene Reisemüde.
Ein totes Pfud, daß nicht fern vom
Stationsgebäude laz, und an dem vier
abgezehrte Hunde herumnagten, 'war der
letzte Eindruck, den wir von Petersburg
mit auf den Weg nahmen.' ' . -
Im Waggon placierte ich meine Reise,
gefährtin inmitten ,von .neun Ailchuzei
bern, die dij frchs untere .Plätze, Mm
lich ausgjcbig, ausfüllte!!.-und kroch felbff
auf die obere -lrunteigcklapPie Vaii
wo ich mich in Dunkel und Schweigen
hüllte: in Dunkel, weil der Wagen voll
.kommen unbeleuchtet war und in.
Schweigen, weil ich , doch mit, meinem ,
Milchwcibchen" nicht französisch konver
, siuen dürfte. Wie ein Schatten huschte
einmal unser Manager E. an unserm
-Coups Vorbei und steckte uns die Fahr-
karten zu. ' 1 '
Statt um fünf, setzte sich der Zug um
sieben Uhr in Bewegung. . Ich kann nicht
behaupten, daß die . Gesellschaft unseres ?
Eoupes dir feigste war. Ein rüpelhafter
zwanzigjähriger Bursche hatte sich auch
noch zwischen all die Milchfeen geklemmt
und versuchte es, nach allen Seiten hin
auf feine Weise durch Wort und' Tat
galant zu sein. Es wurde gesungen,
gelacht und gequietscht. Odette fand
sich mit vernünftigem Humor in die Si
tuation hinein. Etwa gegen 10 Uhr
stieg olles aus, da bis zur Endstation
nur noch eine Lokomotive mit zwei
Fourgons ging. Einen derselben muß
ten wir mit Akrobatengeschicklichkeit be
steigen und fanden darin zu unserer
Verwunderung meinen Freund, den Ju
welier F.. mit seiner Mutter. Diese
und zwei Griechen wiesen sich unS gegen
über gleigfallS ali Pfleglinge des Herrn
E. aus.' (Sie waren vom Manager et
wa! höher intaziert worden als wir und
mußten tout compris je zweitau
send Rubel zahlen.) In diesem luft
und lichtlosea Fourgo saß, lag und
stand die kleine Menschenherde noch etwa
eine Stunde, bis zur Ankunft an der
Endstation der Bahn. Tort wurde Herr
E. von seinem kleine Stab erwartet:
zwei Bauern und einer Bäuerin, die
nun auch in unser Schicksal mit eingrei
fen sollten. Aus irgend welchen Grün-
den waren aber die bestellten 'Pferde
nicht zur Stelle. Die lebhafte Diskussion
in finnischer Sprache zwischen E. und
seinen Untergebenen,' die etwa zwanzig
Minute dauerte, während wir sechs
möglichst harmlos' immer rund um
die Lokomotive spazierten, mußte natür
lich auffallen. Nur das vollkommene
Dunkel auf dem Eisenbahnstrange bot
nS einigermaßen Schutz. Schließlich
fetzte sich der ganze Trupp von zehn
Menschen quer durch den Wald in Be
wegung, manchmal bis an die Knie im
Schnee versinkend, um das etwa vier
Kilometer entfernte BauernhauS zu er.
reiche, wo die Pferde unS nun war
ten sollten. Unser Manager und seine
Leute waren recht nervös. Gerade in
diesen Tagen war eine scharfe Ueber
wachunz der Grenze seitens der Soviet
Behörden anbefohlen worden. Im Walde
war man sicher. Aber dir mußten auch
eine Zeitlang auf der großen Straße
marschieren, und wenn da ein Schellen
geläute hinter uns ertönte, sprang die
ganze Gesellschaft hurtig über den Gra
lg und warf sich zwischen die kleinen
Tannen in den Schnee, biZ der bctref
sende Schlitten vorbeigefahren war.
G:gzz halb ein! hatte man schließlich
bis BauernhauS erreicht. Aber vo
Schlitten war einstweilen nichts zu er
blicken. Die Fenster wurden nun alle
forzszm verhängt, die Lampen möglichst
heruntergeschraubt (merkwüidignmeise
gab eS noch Petroleum in diesem Hause)
und nsn packle die Lebensrnittel ans,
um s,l5, für die Lzsiündiae Schlitienfabrt
n stärken. Ich? erst machten wir die
nre' Bekanntschaft unserer Reiseae
fahrten, der Griechen, denn wir vier an,
deren Flücl'üin.'k i::r.i:r. uns fd-.cn ton
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junge Witwe und hatte schweres, sehr
schweres infolge der Bslschewitcnherr
schaft durchlebt Ihr Haar war 'in einer
Nacht- weiß 'geworden. Und trotzdem
hatte sie sich rhre zugendliche Frische, ja
sogar ihren guten Humor erhalten.
.Trotz alleS Unglücks gibt S immer noch
etwas Schönes in der Welt.' , hatte sie
mir gleich zu Anfang der Reise gezagt.
Auch rie Energie der alten Frau F.
mußte ich in den folgenden Tagen be
wundern. Mein Freund F. hatte eS in
den letzten Wochen ebenfalls nicht leicht
gehabt. Er hatte den Befehl erhalten,
sich zu den. für die .Bourgeois' einge
riWt.!'n wangbardeitkn zu melden, und
jwar sollte Siisgerechnet er. für die an
der Cyoluacpidcmie Verstorbenen Erä
der graben. Er verspürte dazu weder
Talent., noch Neigung. Ich bitt' Sie,
ein Juwelier, ein. Totengräber! Um zu
diesem Dienste nicht gepreßt zu werden,
hatte" et 'täglich irgendwo anders über
nachten müssen. Ueber den 'Zivilstand
der Griecken ist mir nichts näheres, be
konnt. AuS ihrer ganz' besonderen
Acnzstlichkcit und der Menge kleiner
viereckiger Pakelchen, die sie bei sich tru
g, glaubte ich zu ersehen, dah es Va
Zilk!spe,klanten tvarcn. ,
- Allmählich fanden sich nacheinander
die bestellten Schlitten ein. Der letzte
kam erst um Vz Uhr nachts, und der
Kutscher berichtete uns, daß der Bolsche
wik-Kommissar des Torfes eS ermicS
sich, daß es gerade der rüpelhaft galante
Jüngling in unserem Coupce gewesen
war uns in aller Stille in einiger
Entfernung von der Station als Flücht
linge hatte verhaften wollen. Er war
auf der Landstraße dem für nS be
stimmten Schlitten, begegnet und halte
vom Kutscher verlangt, ihn auf unsere
Spur zu bringen. ; Diesel aber hatte sich
dumm gestellt und ihn zwei Stunde
lang in den umliegenden Dörfern fpa
z.eren gefahren. Braver Finne, habe
Dank!-, , . . ,
Gegen zwei Uhr morgens brach man
auf. Den Manager' ersetzte nun als
Führer einer der Bauern, mit dem ich
den ersten Schlitten bestieg. Wir fuhren
in fechs Schlitten, je ein Flüchtling mit
feinem Kutscher. Mein Schlitten trabte
stets ein paar hundert Meter voraus,
um, im Falle drohender Gefahr feiten?
des Kommissars, den anderen ein Zei
chen' fük schleunigste Umkehr geben zu
können. Aber es passierte nichts und
nach einer halben Stunde hatten wir den
Wirkungskreis, deS ebenso bösen oI8 ga
kanten Kommissars hinter uns. Um
halb fünf Uhr morgen? erreichten wir
schließlich das hart an der finnische
Grenze gelegene Torf. ' Die allerletzte
Strecke vor demselben hatten wir, vor
sichtshalber. einen leeren, nur von einem
Bauern gelenkten Schlitten vorausge
schickt. Unser Führer lief demselben
parallel zu Fuß im Walde nebenher,
damit er, wenn der Schlitten, von'' Rot
gardisten angehalten würde, möglichst
schnell durch den Wald zu uns zurück
eilen und uns warnen könnte. Aber, wie
gesagt, es passierte nichts. In dem
Häuschen am äußersten Ende des TorseS
machten wir eine letzte Rast vor dem
Ucberschreiten der Grenze. Die Beleuch
tung der Hütte bestand auS einem bren
nenden. Holzscheit, daS ein alteS Weib
aus dem Herde hervorgeholt hatte und
in der Hand hielt. Bisher Karen wir
sehr vorsichtig, ja vielleicht etwaS lächer
lich vorsichtig gewesen. Aber man kann
eben nicht an alles denken. Die alte
Frau F. hztte im Schlitten ihr Oren
burger Tuch vergessen und lief, ohne sich
viel zu bedzn'en. mit einem Immer ser
tig' hinaus, um es zu holen. Das hat
uns augenscheinlich an die den Wald
entlang patrouillierenden, Rotgardisten
verraten und wurde uns zum Verhäng
nil.
Etwa e?gen fünf Uhr schlichen w'ie
uns uZ der Hütte und langsam, einer
nach dem. andern, auf den dunkel vor
uns l'ezer.den Wald zu, durch den sich
die schützende Grenze zog. Aber als wir
uns demTickicht auf elws 49 Schritte
geliefert hatte, glimmten plötzlich drei
r?ie Lichtpünktch? auf, die sich als drei
Zigarette erwiesen, und schon kam
die drei tazuzehörigs Netzsidipe in
großen Sätze unl entgegengesprungen.
Da hatten wir nicht erwartet, und wir
machten alle sechs das dümmste, wa
man in diesem Falle tun kann. d. h.
ketZrt, und liefen im Galopp acb unserm
HäuSchen mit der Kienspandeleuchtung
zurück. Vorne weg die beide Griechen,
a Maralkwn.Läuser. dann Mme.
Odette und ich, und hinterher dai Paar
F., wobei die alt? Dame, fortwährend
noipernv. ,Ach Gott, ch Gott' rief.
Die drei Rotgardisten waren ihr dicht
auf den Fersen, ermunterten sie aber
jovial mit den Worten: Fallen Sie nur
Nicht. Madamchen!'
Merkwürdigerweise käme aber unsere
Bersolaer nicht in die Hütte hinein. Die
kleine Gesellschaft stand in dieser nun
eng beisammen, blickte sich ratloS an und
wartete. Nach etwa itU Minuten kroch
Ikvcr t einen dunkeln Winkel, ich streckte
mich sogar auf eine schmale Holzbank
auS und schlief sofort ein. Doch da
es waren etwa zwanzig Minuten vcrgan,
gen - wurde fest an die Türe geklopft.
.Wirt, mai, u ! Wen versteckst du?'
Zwei Rotgardisten traten ei und bt
gannen mit Streichhölzern in olle Ecken
hineinzuleuchten.. Wir krochen wie die
Schwabenkäfer jeder au! feinem Kinkel
yervor. ES Kurden die Papiere der
langt. Ohne Papiere, hart an der finni
sche Grenze also zweifellos Flücht
linge. .Sofort auf die Kommandan
turl'. Das war gleichbedeutend mit
unabwendbarem Rücktransport per
Etappe nacn Petersburg (in manche
Fällen wird man auch einfach an der
Grenze, erschossen), nach der Erbsenstraße
2. wo das berüchtigte Bolschewikcnko
mit? deS Kampfes gegen Konterrevo
lution und Spekulation' tant. Ob man
dort um die Ecke gebracht oder, nur für
Monate eingesperrt wird, kann man nie
vorher wissen. Aber hier halben unZ d:e
firen Griechen. Es gelang ih"kn, die
zwei Notgardisten zu bestimmen, daß
einstweilen nur sie bnde allein auf d?e
Kommandantur gebracht würden, und
da gab lhncr die Möglichkeit, ohne Ku
gen ihre Bestcchungskunst zu verwerten.
EZ gelang. Schon nach zehn Minuten
waren die zwei Griechen wieder da. ohne
Rotgardisten, aber erleichtert um 2S0O
Rubel. ES waren 5000 Rubel gefordert
worden. 500 geboten, endgültige Ein!
gung: 2000. Und obendrein hatten die
Griechen seitens der Rotgardisten den
men chentreundlichen Rat mit auf den
Weg erhalten, im Laufschritt nach der
Grenze zu eile, denn der dritte Rot
gardisten-Kamerad müßte gleich mit
einer Verstärkung am Platze tintressen.
Es Zag im Interesse beider Parteien, un
serc Flucht zu beschleunigen: der einen.
um das nackte Leben zu retten, der an
den, um die Vestechungssumme nicht
mit den Kameraden teilen zu müssen.
Und nun ging der Galopp wieder los:
die , griechischen Schnelläuser, Mme.
Odette und ich (unter einem einen Zent
ner wiegenden Koffer keuchend) und hin
terher die alte Tame am Arm ihres
Sohnes. Der Anblick unserer Gesell
schaft war vielleicht ein wenig grotesk,
denn es gibt nichts komischeres zu sehen,
als Leute, die nicht laufen können und
doch laufen müssen und dazu noch mit
ossern bepackt. Ein Paar Stiefel, die
nicht mehr in den Koffer paßten und für
Petersburg ein Kapital von zirka 400
Rubeln repräsentierten, trug ich noch in
der Hand und warf sie, da die Finger
klamm gefroren waren, nach zehn Mi
nuten ins Dickicht. Ja, nun kann man
darüber lachen, aber in diesem Augen
blicke war eS uns bitterer Ernst. ' Die
oi Dame kam nicht recht mit und rief
plötzlich im Walde ganz laut:. Um
GotteS Willen, verlassen Sie mich nickt,
verlassen Sie mich kiicht," worauf ich sie
mit einem fs energischen .Pst' zur Ruhe
wies, wie ich es mir schwerlich in einem
Petersburger Salon einer alten Dame
gegenüber erlaubt hätte. Verehrte Frau,
ich bitte Sie nachträglich um Verzei
hung! Zuletzt ging S de steilen Ab
bang hinunter bis zu dem kleinen Was
ferchcn, das die Grenze bildete. Für unS
aber bedeutete die! Wässerchen fs etwas.
Großes, daß wir beinahe, , wie eno
phon. Talaita. ialatta' ausgerufen
hätten. Vom Griechentum angehaucht
waren wir ja durch die Marathon-Läu
fer. Auf eine finnische Grenzwache stic
ßcil wir nicht. Wir verabschiedete unS
mit reichlichem Trinkgeld von unserem
Führer, der als russischer Etaatsange
höriger nicht mehr weiter zu gehen
wagte und jns nur noch ungesähr den
Weg bis zum nächsten finnischen Dorf
bezeichnete. Ralbdem wir daS hach zu
gefrorene kleine F'llßchen, iider daS olS
Steg ei paar Bretter geworfen waren.
überschritten hatte und unS nach ein!
gen hundert Schritten jetzt auf finni
fchem Boden in Sicherheit fühlten, über
kam uns ein solches Gefühl der Freude,
daß wir, um dieselbe zu bekunden. nS
wie die Kinder, auch die alte Frau F.
mit eingeschlossen, vlatt in den Schnee
warfen. Doch bis zum Dorf brauchten
wir. da wir unl im Walde bei den man
gellpfte Angabe unseres Führer! der
irrt hatten, noch anderthalb Stunden.
Es war k1 Uhr morgens geworden.
Daß die Milch in der ersten besten sin
Nischen Hütte nach der aufregenden Nacht
uns prächtig schmeckte, war mehr alö na
türlich. Aber Pserde wollte man unS
erst geben, Nachdem wir unS bei der
Grenzwache gemeldet hatten. Alle diese
Sorgen überließen wir einem der firen
Griechen, der perfekt finnisch sprach.
Nun wurden wir in liebenswürdiaer
Weise seitens deS wachthabende finn.
ländlichen Offiziers einem kurzen Ler
hör unterworfen und durfte unter Be
deckung don zwei fmnifchen We-ßgardi
sten.Soldaien nach dem siebe Kilometer
entfernten Kreistsmmands fahren, wo
unsere Peqonalien festgestellt wurden.
Der Ort war zueleich die nächste Bahn,
siation und bildete eigentlich nur einen
großen Kasernenplatz. ES hatten dort
vor ein paar Monaten große Kämpfe
zwischen finnischen W,iß, und Rotgar
dosten stattgefunden und man sah noch
die Spuren derselben überall auf dem
Gelände. Der nächste Ziig ging aber
erst de Tag daraus, um fünf Uhr mor
gens. Wir Herren wurden in einem der
Kaserneniäunik unterg'brocht und darf
t gleich an dem Mannschaftsessen teil
nebmen, unsere inci Damen hinzkgeg
hatten in einer kleZn'n. der Wirkscbafte
l: g'ysttdeg ZZrwatwoynukeg Lez-i
gefunden. Tca Nachmittag itber dein.
merte man so vor sich hin und wartete
aus die Stunde, wo man sich anstand!
! erweise zur Ruhe begeben konnte. Gegen
iebcn Uhr sank ich auf meine Pritsche.
Hilfsbereit und entgegenkommend
kann zwar die Finnen, aber verwanzt
war das Lager auch. Tie Decke, das
Kopfkissen alles wimmelte von ll&in
ze. An schlafen war. trotz aller Er
wattung, nicht zu denken. Alle zehn
Minuten flackerte irgendwo ein Streich
holz auf und eine müde Hand. strich
gleich ein Dutzend vieler ungebetenen
Gast, vom Kopfkissen herunter. ES war
eine Erlösung, als man fchlietzlich um
vier Uhr morgens aufstehen konnte.
Ueber den Verlauf der Fahrt, die unS
bis an den Ladogasee führte und dana
räch Westen der Stadt Wiborg z, steig
unter Bedeckung der zwei Weißgardisten,
welche unS in die Quarantäne richtig
abliefern follten, weiß ich so gut wie gar
nichts zu berichten. Ich schlief, sitzend,
den ganzen Tag. Irgendwo wurde ich
mal aufgerüttelt, da der Wagen gewech
felt werden mußte, irgendwann wurde
mir ein Butterdrot gereicht und eine
Tasse Kaffee, die ich irgendwie im Halb
fchlaf schlürfte. Erst kurz vor Wiborg
wurde ich einigermaßen Herr meiner
Sinne. Wir trafen dort gegen fünf
Uhr ein. aßen am Bahnhof zu Abend
undsktztea unS um fechs Uhr stets unter
Bewachung der zwei Weißgardisten in
den Zug. der uns gegen s Uhr nach
Terjoti brachte. Dort ging der ganze
Trupp wieder auf die Kommandantur.
Den Griechen gelang eS'dtlselbft auf eine
mir unerklärliche Weise, sich von der
Quarantäne zu befreien. Sie erwischten
noch den Haldelsuhr-Zug. der sie zurück
nach Wiborz und dann weiter nach Hcl
singforS beförderte. Wir vier hingegen
erhielten den Befehl. unS am nächsten
Morgen bei dem Ouarantänearzt zu
melden. Ein Logi! für die Nacht war
nirgends zu finden. Schließlich gelang
es mir. den Wirt vom Hotel Jmatra zu
bewegen, uns um Mittemacht den Re
stauretionsfaal als gemeinsames Schlaf
zimmer einzuräumen. Zwei Betten für
die Damen waren zur Hand, F. legte
sich auf eine Matratze auf den Boden
und ich baute mir kunstvoll aus acht
Stühlen, über die ich meinen Pelz drei
icte. mein Nachtlager. Trotz der etwas
unwöhn!:chkn Lage schlief ich bis neun
Uhr durch, und auch m.ine Leidensge
fahrten hcltm am nächsten Morgen
keinen Grund, über Schlaflosigkeit zu
klagen.
Früh um zehn Uhr erfolgte auf der
Kommandantur das regelrechte, gründ
liehe Verhör. Rappelvoll war das kleine
Zimmerchen von lauter Peteiiburgern,
die den verschiedensten Nationen anze
horten und euch ans d'.e verlch-even
artigste Weis aus Petersburg geflohen
waren. Da war ein Leutnant quer über
daZ nock) nicht Ziigesrorene Meer, zwi
scheu Eisschollen treibend, gesegelt, da
war ein Engländer, dem eS erst auf
seinem dritten Fluchtversuche gelungen
war. die Grenze zu erreichen (er ging
später alg Freiwilliger nach Archangelsk
und versprach hoch und teuer, für jeden
der zweiundvierziz Tage,, die er. in der
Festung in Petersburg gefangen gesessen
hatte, einen Bolschewiken umzubringen!).
da war mein Freund der mit sner
reizenden, kleinen Frau zwölf Kilometer
oberhalb der Grenzstation, in der Nähe
von Terjoli. den ziemlich breiten, eisige
Lach durchwatet hatte. Alle diese Men
schen erzählten ihre Abenteuer in der
lebhaften Freude, die Gefahr hinter sich
zu haben, Finnland weiß nicht mehr
zecht, wie eS all die Leute ms sagte
uns an der Kommandantur, vag tn ver
eit täglich an die sechzig Menschen zu
Fuß in TerZoki einträfen ernähren
soll. Alle mehr oder weniger Wohlha
benden streben danach, sich gerade in der
Nahe von Terjoll niederzulassen, hart an
der Grenze, da ja diese Gegend in Frie
denszeiten ausschließlich von Petersbur
enr bewobnt wird, die dort ibre Villen
haben. Eine ganze Reihe dieser Häuser
werden nun für Ouarantänezwecke be
nutzt, und in eines derselben hielten wir,
nach unserer Vorstellung beim Ouaran
täne-Arzt. unseren Einzug. Diese Oua
rantäne ist eigentlich eine Lächerlichkeit.
Man wird weder beim Ein-, noch beim
Austritt irgendwie untersucht und der
betreffende Arzt diktiert, ganz nach Be
lieben, dem einen einen Aufenthalt von
drei, dem ander von fünf, dem dritten
von zehn Tagen zu. Da mir gesagt
worden war, daß er -äußerst deutsch
freundlich gesinnt sei, auch jetzt nach Ab
zua der Teutsche auS Finnland, be
fleißigtk ich mich einer möglichst reinen
Berliner Aussprache und unsere kleine
Gesellschaft erhielt daS .mindeste Straf
maß' r drei Tage.
UebriaenS verlebten wir diese Tage
recht nett. Morgens ganz früh stellte
sich handelnde Lauernweiber mit allerlei
Herrlichkeiten Butter, Wur leg. ge.
räucherten Fischen, Milch-, lauter
Dingen, die wir in Petersburg Monate
lang- entbehrt hatten, ein. Natürlich
?,rtts alles ,m ueyau mil an uns ver
unge Fürst R., ein bekannter Tennis
kyampion. ver uni.er verrenzimmer
teilte, wetteiferte mit Mme. Odette im
Braten von Kartoffeln. Bedienung
hatte man natürlich keine. Aber die
Betten waren rein und gut und daS
war die Hauptsache. Eigentlich durste
ma dat Ouarantänerevier nicht ver
lassen, aber man hielt sich wenig an die
Vorschrift, um so mehr. slS die ringsum
postierte Soldaten eS auch vorzogen.
nur ein paar Stunden taglich auf ihrem
Posten zu stehen. So Ware diese drei
Tae nichts anderes, als eine gute Er
holung Nach all den Strapazen. Abendi
spazierten Mme. Odette und ich stun
denlang am Ufer und bewunderten die
trüben und doch f? mannigfaltig grauen
Färbungen deS MeereS, Wen, es aber
dem Mond gelang, die dunkelgrau sich
ballenden Wolken zu durchbrechen und
einen schmale silbernen Streif über daS
Wasser zu ziehen, dann sagte Mm.
Odette: .Sehen Sie, ei gibt immer noch
twaS Schönes auf der Welt.'
5tiin wäre der Bericht meiner Fahrt
zu Ende. ES gibt diel Reisebeschrei
düngen, vie uns erzaylen, wie ma n
80 oder weniger Tagen uck die Erbe
kommt, Hinie-,'N viel weniger solche,
welche berickie. wie man einen Ort.
der zei Stunden Eiscnöahnfahrt vom
Sel'gien mcij dem Kriege.
Fpa.
Diese Reise stand- lm Zeichen der
Hast. Dai war nicht zu ändern. Nicht
einmal mit dem so gastfreundlichen
Lüttich konnten wir eine Ausnahme
machen. Auf dem Programm stand
Spa und kaum hatte man sich in
Lüttich die Hände geschüttelt und' die
Gastsrenndschast der lokalen Presse in
Anspruch genommen, so ging's nach
dem reizenden Kurort Spa, der als Sitz
dci Großen deutschen HauptquartirS,
dann als Sitz der Waffenstillstands
kommission und last not least durch
die Abdankung deS deutschen Kaisers
weltbekannt geworden ist. Unterwegs
machten wir noch den Eockerillwerle
einen Besuch, die für. Belgien dieselbe
Bedeutung haben wie die Ereusotwerke
für Frankreich oder die Kruppwerke in
Essen für Deutschland. Die Deutschen
haben die mächtigen Fabrikhallen teil
weise zerstört und allenthalben gehörig
ausgeräumt. Gegenwärtig ist die Arbeit
in bescheidenem Umfange wieder aufge
nommcn worden. Man sagte unk, daß
jetzt etwa 2000 Arbeiter beschäftigt
seien, gegen 1012,000 vor dem Kriege.
In diesem Gebiet, ähnlich wie in der
Gegend von Charlcroi, Kcben die zahl
reichen Kohlengruben und Eisenwerke
einen guten Begriff von den großen
Machtmitteln und , dem Reichtum Vrt
giens. Der Krieg war ein sehr härter
Schlag für dieses Land. Aber es wird
ihn verwinden, dank - der Tüchtigkeit
feine? Bevölkerung. ES verwindet ihn
sicher leichter als Frankreich, denn für
Belgien war der Aderlaß nicht fo furcht
bor. und die Belgier haben Kinder.
Sps licqt in einem lieblichen Tal
kcssel. ES hat heilkräftige Quellen und
war von altersher Stelldichein der Er
holunosbedürftigen ganz Belgiens und
der Rheinland. DaS Kurlebcn ist noch
nicht erwacht. Auf den ersten Blick
macht Spa den Eindruck eines inter
nationalen Hauptquartiers, mit seine
vielen Militärs aller alliierten Ratio
nen. sah eß zu Leiten m Aeriaiucs
oder im Hauptquartier deS Marfchalls
Foch giis. Doch vor dem Hotel
Britanniquc" ändert sich das Bild. Die
deutsche Wache zeigt an. daß wir in der
Endphase des Krieges sind. Die Wache
konnte-mit der Bajoncttspitze fast daS
historische Eckfenster Im ersten Stock be
rulren, wo Kaiser WiI!Im die.Abdan
kungsurkunde unterzeichnet hat. Die
Straße, die zum Sitz der deutschen
Waffenstillsiandi Kommission führt,
liegt still und verödet da. Für die Ein
wot'ner von Spa bieten die deutschen
Uniformen nichts Neues, für die übri
gen Belgier auch 'nicht, und Ausländer
sieht man gegenwärtig, außer den Mil
kärs noch keine. Daß sich auch hier die
Hoteliers über die schleckten Zeiten be
klagen, ist. begreislich. Aber sie haben
gute Zukunstsausstchten; denn Spa
wird in mächtiger Anziehungspunkt für
die Touristenmclt s
. Den guten Liittiches trar unsere
Rückkehr auf 9 Uhr alendS versproche
worden. Sie mußten den Fackelzug
ohne unS abhalten. Der Männrrchvr
von Lüttich indeS hielt geduldig im
Theatersoykk aul 6ii endlich um IX
Uhr abend die. ersten Gäste, zuriickkchr
ten. Und als wir ein staubiges
Grüppchen unter all den Herren im
Frack und Gehrock beisammen waren,
erschallten die Begrüßungsgcsänge.
Der silberne Lößel.
Das kleine Kaffee ist überfüllt. Ter
echte Bohnenkaffee und der gute, wie
Friedenswerk ' anmutende Kuchen tun
Wunder für die Kasse deS Wirts, und
die hohen Preis spiele keine Rolle.
Eine Dame naht einem der Tisch und
fragt höflich und bescheiden, ob sie sich
auf dem einzige freien Stuhl nieder
lassen dürft. ES wird ihr gestattet, und
si bestellt Kafftk.. lehnt aber de ihr an
gebotenen Kuchen bescheiden. , wenn auch
charakterfest ok Dann fetzt sie ihre
Handtasche mit einer gewissen Absicht
vor sich auf den Tifch. Sie macht ein)
Bewegung, aber di entgeht 1e umher
sitzenden Gästen. Ihr Kassee kommt
und sie trinkt. Nicht zu langsam, nicht
zu schnell.
Es tritt Nun eine kurze Pause ein, Zn
der sie wieder eine Bewegung macht, aber
diesmal ist sie klar und deutlich bestimmt,
festumrissen. Tarauf erhebt sie sich
langsam und will mit einer leichten Ver
beugung den Tisch verlassen, als einer
der Herren am Nebentisch aufspringt
und: Halt!' ruft. ! .
Alle Gäste werden aufmerkfam, nur
die Tame schreitet, als ob sie nichts ge
hört hatte, dem AuSgang zu.'
Jetzt ruft derselbe Herr wieder: Hal
tet die Diebin! Sie hat inen Löffel
kinaefteckt!"
TaS Kaffe ist in Aufruhr, der Wirt
stürzt herbei, packt die Delinquentin und
zieht sie vor fein Forum, ws anstatt Ak
ten teure Kuchen lagern.
Ich habe S genau gesehen!' schreit
der Herr, der sich inzwischen genäheil
hat. Da. in die Tasche hat sie ihn hin
eingesteckt!"
Der Wirt reicht dem Herrn di Hand:
Goltscidank. dah mal in Exempel fta
tuiert werde ist. fönst würd ich mit
der Zeit noch alle mein Löffel loS!"
Die Tame ist empört. XSIe wird pu
terrot. Sie sagt. WaS man in solchen
Fällen zur Verteidigung seiner Unschuld
sagt, wenn man kein Dichter ist. Ttä
nen treten ihr in die Augen. Ihr Hut
sitzt schief, ihre Hgare verwirren sich. Da
entreißt ihr der Herr die Tasche, nt
nimmt ihr inen Löfsel ünd sagt, ihn
triumphierend hochhaltend: Ist haS
vielleicht kein Löffel?'
Ausgangspunkt ntsernt liegt, in 52
Stunde erreicht. -
Vor Wochen bin ich u wieder in
Bern eingezogen. dsS'ich mit so schwe
nm HklLk!, vsr 2? Jahren verlasse
hatte, ws ich eine herzliche Alifnshme
seilen meiner früheren Freunde fand,
che! Scheusal in ihrer Milt jfe:ilt hat.
Durch daS Tal der MaS nach
. ' ' Llzarleroi.
DaS MaaStal ist ungemein malerisch
lind gemahnt , an die Juralandschaft.
Nur gesellen ' sich zu den Naturschön,
heilen auch noch Naiurrelchlümer. Stolz
erhebt sich die trutzige Feste von Namur.
WaS früher ein fchier unüberwindliche!
Hindernis war, hat in diesem Kriege
kein große Rolle spielen können. . Und
wenn die Menschen vernünftig geworden
sein werden, so wird man beim bloßen
Anblick einer Talsperre nicht gleich an
ihre militärisch Bedeutung denken.
TT),Vi inmTS sn fnrnmn?
cuiiuiii wib iimn ivvi ! un ii f
In Charleroi sind wir mitten im
belgischen Kohlen und Industriegebiet
drin. Schon rauchen die Essen wieder:
abr noch ist man in der Eisenindustrie
weit entfernt vom normale Arbeits
betrieb. Man wartet ungeduldig auf
die Maschinen und auf gewisse Roh
Materialien. Noch sind die Arbeitslosen
zahlreich, und es ist sehr bemerkenswert,
daß in der belgischen Arbeiterschaft die
Stimmung trotzdem recht gut ist und
der Geist, den man mitBolschemismuS
bezeichnet, nur seht wenia Wunel ae
faßt Hat. Die belgischen Ardeiter sind
fchr fortschrittlich. Die Gewerkschaften
sind unermüdlich für die Besserstellung
de Arbeiters , tätig. Aber Umstürzler
sind die Belgier nicht; sie sind, eS jetzt
weniger als je. Ihr Ctrcbca lj! die
belgische Industrie möglichst rasch- wie
der auf die alte Höhe zu bringen. und
vereint mit dem Kapital zum beidsciti
gen Borteile und dein deS Baterlandes
zu arbeiten. Unsere Arbeiterschaft ist
kerngesund, erklärte mir ein Schöffe,'
von Charleroi. Sie verlangt nichlZ',
besseres als Arbeit. Auch die Kriegs
erinnerungen werden gestreift. Die
große Schlacht fand auf dem Hoch .
Plateau statt und bat nur ein Quartier
der Stadt berührt und geschädigt. ?
Nachher hatten wir vom Krieg so .
ziemlich Ruhe; aber wir hatten die
deutsche Besatzung; wir lebten abgc
schlössen von der Welt; wie schlimm dar
.war, das kann mir de? ermessen, der
es durchgemacht hat.' sagte der 'Schösse.-'
Ter Haß gegen Deutschland ist j
allen Kreise sehr lebhaft, und die Ar
beiter schwören, daß' sie nie mehr neben!
einem Deutschen an der Wertbank
stehen wollen. Es giebt Leute, die sagen
Belgien werde den Deutschen noch vcr
schlössen sein, wenn sie in Frankreich'
wieder ungehindert leben können. E5 ist
recht gut möglich, daß sie recht haben.
Der Empfang, der unS in Charleroi
bereitet wurde, war nicht' weniger herz'
lich als an allen anderen Orten'dieses'.
so gastfreundlichen Landes. In Herr'
Ncher Mondnacht ging'S zurück übet St
Ouentin und das samt aroke f riiuö
fische Schlachtfeld. Schaurig, gähnten
uns die Ruinen all der vielen Städte
und Dörfer an. Hier haben Krieg und
Zerstörung die größien Orgien gefeiert.
Frankreich hat den traurigen Vorzug,
V. i muLi X i.t.r.. ., J
cic y.'(unyieiipw oicics .nuegc, fzu
tragen. der das belgische Bolk hat in
anderem Beziehung härter gelitten a!S
das französische. ES bangte vier Jahre,
hindurch um den Bestand deS Vater
landeS. und eS wurde eben so sehr als '
durch den Wert seiner Truppen durch
den Mut der ganzen Bevölkerung ge
rettet, die unter der Fremdherrschast
die Fahne deS Vaterlandes hoch hielt.
Ein Wutschrei der Menge, daß ein fl
Aber ziemlich ruhig und ausfallend sach
lich sagt die Tame: TaS ist mein ttet
m Lösfcl, den ich mir mitgebracht habe.
Ich Im daS immer, ich e'jj nickt mit
Wirtehausloffeln!' ' ...
ev t nvrt . iti i l i j-
uyr osscii yoiM per err, .vvt
trr l ..t l. t " ,1 :
Win wiro cos Acarqen ja wohl di'-lj
Zunichte machen.' Damit reicht er dil
ein den Löffel hin. Der Wirt betrae
et ihn. wird verlegen,- und gibt iiz,
schließlich, zum Erstaunen , der Nähe
' stehenden,, de? Dame mit einer Entschu.
ügung zurück. ,, - ?
Darauf scheint diese uk gewartet
haben, denn nun beginnt sie, während
die Menge still und bescheiden an ihS
Kaffeeiische verliert, auf das nützlich!
zu schimpfen. Sie, brauche sich fo w'
nicht gefalle zu lassen, sie werde w
Schadenersatz klagen. Sie werde al'
ihre Bekannten karne. daS Lokal- z
betreten, und ähnliches. Der Wirk .si i
immer mehr in sich zusammen. Er fül
sich schuldig, weiß ober nicht, mit w ;
ehern Cr diesen kntfesselien,- S ,
versöhnen so?. Da Mt sein Blick a, '
eine wohlgesüllie Kuchenschale. Soso
greift er danach und hält sie mit bitter K
der Miene der Megäre hin.
Zuerst tut sie, olS ob sie nichts sieh
allmählich aber wird sie ruhiger, er ;
licher. und aus einmal ergreift sie
Schale, schüttet den kostbare Inhalt t
ihre Tasche, gibt, dse lerren Teller z .
rück und rauscht auS vn Kaffee.
Der Wirt atmet auf und wischt si
den Schweiß von der Stirn. Da
det sich ein Herr mit schlohweißem
bart zum Büfett und ruft: Daß K
auch darauf reingefallen find! "'.
.Wieso?' : , -
32a, weil die Dame schon seit langt!
mit diesem Löffel arbeitet. Einn'
habe ich eZ selber miterlebt und einm l.
davon gehört. Sie bringt sich eine . ,
Löffel mit, packt ihn möglichst unau'
fällig auö. und wenn sie Kaffee getru
fen hat. packt sie ihn sehr aussällig nie,
der ein, so daß irgend einer der U ,
sitzenden es sehen und auf den Gedanl '-'
kommen muß. dieser Lofftl sei gesto'- -len.
Tann spielt sich eine ähnliche Z vr
ab, wie wir sie eben schaudernd miterleb ,.
ten, und dann komme olle Wirte-au ,
die gleich; Lösung und besänstige d:
Empörte mit einer Schüssel Kuchei
DaS hat sie nur gewollt, und sie ziel- .
krrfltill.i fifi unS fii fljitf ift. t '
, Portion Gratiskuchen in der Tafchf-, de
z In im vuvnbliSltchen Pr' so
an die zehn !!S zeranziz Mark gekoste. ;
hätte ..."
V