Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, August 23, 1919, Image 6

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    Tckgttqe craff$t Tmstt i
Kriegsgefangener aitf Hiörultar
nnö der InjeL Wan.
agcöuc?
Jj!ii&.)
Meine Religion? Größerer Abscheu
ls je vor ollen gefestigten Formen reli
giöser Ueberzeugungen. eine jede die
Gestalt Christi als Äanoneufuttcr-An
Werber benutzend, eine jede, olle feine
Ansprüche zu Fälschungen benutzend und
in ihr direktes Gegenteil rzbulisicrend.
WaZ ist von meinem Socialismus
übrig geblieben? Der ökonomische Teil
durch den Krieg als neue Ordnung der
Produktionsweise regierungsfähig ge
möcht, die Nationen überall gezwungen,
diese Lehre zu adoptieren ali die einzig
mögliche, um eine planvolle, vereinfachte
nd intensive Produktion zu erzielen.
Der politische Teil so gut als tot. we.
' igfienZ bis zum Jahre 200. Alles,
was nicht direkt militärischen Zwecken
dient, also Aolkserzichung, Kunst, Ar
beiterfurforge, soziale Entwicklung, wird
, durch die Rüstungen . zum nächsten
Zinege, zu welchem der gegenwärtige
nur der Prolog ist, zur Seite geschoben
. -S. . fl. I . L ! - . . . ' w i
jutiutii. xjh irgigr iitg wno uneni
schieden verlaufen, auf der einen Seite
Unbesiegbare, auf der anderen Sieges
. unfähige, und wenn es auch fünf Jahre
lo Wetter geht. Nach dem Kriege die Er
starkung des Nationalismus, gerade die
. Ursache der ichigen Weltkatastrophe,, die
Arbeiter der ganzen Welt in verschiedene
jaget gespalten, die - Bourgcoine nach
Wie vor allmächtig: Divide et impera.
Das internationale Solidaritätsgefühl
der Arbeiterklasse gebrochen.
" Und trotzdem, wie freudig durchzuckt
es mich, als ich in der .Times" vom 23.
Dezember die Antwort der Arbeiter an
Lloyd George, las. Der Mumtionsmi,
niste? hatte ein imposantes Massen-
Meeting nach Glasgow einberufen, um
die Ardeiter zu überzeugen, daß sie zu
gunsten der Munitionssabrikation jedes
Opfer zu bringen hätten. Ich habe mir
den Bcncht ausgeschnitten. Als Krön
zeuge ist mir die Times" durchaus nicht
cm -er: ' je . ...
'ireivuuiuy. JxaiTumun.af ivlli? man
, Vlohd George noch härtere Worte ins
Gesicht geschleudert , haben, welche die
Acttung und Acnsur nicht durmlassen.
Was die Regierung von Euch der-
langt, rjt etwas yanf Seldstderfland
Ziches. Achtung gebietendes, unumaäna-
lich Notwendiges. Wir wollen, daß Ihr
Die Gefahr des Landes, den möglichen
uiammenvruch Aii-Englands bcher
'sigi, uns ein fair bcaring, ein unpar
i.::ri. i.t:. rx u . .
icnut vycijuc jcqenu uno eine I00IU
- wollende Diskussion unserer Pläne e
währt. Ein Projekt der neuen Arbeite'
bedingungen zur rnkensiveren ' Muni
, tionsfabrikaiion ist von einem Komitee
ausgearbeitet, in welchem sieben eurer
m.u ir.it.ci5...M.,' l ... f t
eReriiLyasismiigiieoer iien, iiesen, rte
betz emtt bekanntesten Führer, denen ihr
... o.:i v -r -. 'n.i t
m icvcr l70ige gcieqia yaor.
Stimmen: . Wir haben nicht das ge
ringste Vertrauen mehr in Führer, wir
pseisen auf Streber, die Minister aewor,
den sind .
. Lloyd George:
i- In wen habt Jkr denn WerZrauen?
' Donnerndes Geschrei von allen Seiten
?er Haue:
. In Niemand! , '
nas in der richtige Geist. Wenn w r
- einmal dazu kommen, die Mase davon
zu überzeugen, dann ist. die Morgenrote
-er neuen ijcit nicht mehr ferne.
Bei Ende der Rede des Muniiions
Ministers wurde die Versammlung von
über 9000 Arbeitern noch unbändiger.
;irn& der Schluß gipfelte darin, datz
S!lohd George die Tribüne verlassen
,pmrßt unter dem Geschrei:
Wir wollen keine. Schönredner! Nie,
Zer mit den Advokaten:
Wenn es einmal dazu kommen würde!
Gerade in England und Amerika haben
sie die ganze Regierung monopolisiert.
Sie sind die Heuschreckenplage des lech
zenden Aegypten.
Der Grund, warum in allen gefehge,
Lenden Körpern der Welt der Advokaten,
stand in überwiegender Anzahl vertreten
liegt darin, daß durch Veranlagung
und Erziehung derselbe om geeignetsten
ist, die Spezialinteressen der Panzerfa
brikanten, Grofz-Jndustrie und Profit,
schinde zu vertreten.. Während der Of.
: fizier durch den Ehrgeiz, den Willen zur
Wacht zu leiten ist, der Junker durch be.
sondere Privilegien für seinen an Zahl
beschränkten Stand, hat der Advokat kein
weiteres Interesse, als die bezahlende
.Partie zu vertreten. Sein Erfolg sieht
in genauern Verhältnis zu der Sega
, bring, andere zu überzeugen, ohne selbst
je von etwas überzeugt zu fein. Diderot
iii seinem Paradoxe sur Is eom&iien
behauptet, daß nur derjenige ein hervor,
sagender Schauspieler werden könne,
welcher niemals die Gefühle, welche er
auf der Bühne zum Ausdruck bringt,
auch innerlich selbst erlebe.
Sie hängen - zusammen die Fleder
mäuse in einem warmen Kamin. Ein
Advokat hat stets eine Ireimaurer-Vor.
liebe für jeden anderen seines Standes,
selbst wenn er nicht mehr Advokat,
sondern Richter geworden ist. Sie kön
ne dies om besten erproben, wenn Sie
einmal vor Gericht ihre . Sache selbst
verfechten wollen und der Gegner ver
nünfiiger gewesen und einen Ädöskten
damit detrart In!:?.- Der Richter
. schnauzt Sie an, fein' SÄrelö lacht
Ihnen ins Gesicht, der Allbokat der Ee,
gensette macht sich über Sie lustig, wozu
der Richter VZhlwsLknv lackst. Sie ms
g-g die beste Sache d?r Welt hab. Sie
wnden verdonnert. Tiefe Ger!schzsiz
Loyilität hat ei dem-Aovokaten-ermSg
Zicht, den Parlamentarismus und die
Nepräsenkanz deS Volkes in allen Län,
Im der Welt zu monopolisieren. 'Man
m wr Aktion L7d Geschäftsleute, die
ton des Wirtschaflsfrazeii ud der Ji.
r.,wi ksundezkmsl mel k verstehen, a!Z diese
Rbu!!:n. find fzft hlVM gegenüber
l'p-et Verbrüserunz. Tie aZn'ze'Erzi!
ji mz fcei Ldvoksku matt hr.fclästt im'
$-rc:-vrn ctrft e? i.ern.
eines Amerikaners. Fon Dr. AYas. L. Karlmann.
wirklich zu lösen. Er verstedt nur da
rüber zu schwatzen, ganz gleich, ob. für
ooer gegen, ,o lange er eben bezahlt
wiro. oder so lange es feinen ehrgeizigen
politischen Zwecken dient. Sein Geschäft
in : ein für leine Klienten gunstiges Re
sultat herbeizu uhren. Als Politiker
wendet er alsdann im öffentlichen Leben
vieieioen Matzchen an, mit denen er
früher die Geschworenen und den Nichte
überredet hatte. Da englische House of
omnions i,t der bedeutendste Advoka
tenKlub der Welt, der Versammlunqs
ort einer geschlossenen Zunft. DaZ
leitende Motiv der Trade UnionS in
England ist: So viel Lohn als möglich
für das geringste Maß der Arbeit zu er.
viiien. ics ist ouch die llriache. wa
rum in allen Parlamenten der Welt ein
solches , Mißverhältnis zwischen dem
Maximum von Quatsch und dem Mini
mum zweckdienlicher Aktion besteht, wa
rum fast jeder Fortschritt der Welt a e
gen die Parlamente und nicht durch
vieieioen erzwungen wurde.
Samstag. 23. Dezember 1913. stA
hatte Unrecht, gester niederzuschreiben,
oag Niemand an mich gedacht. Heute
vormittag kamen drei der Gefangenen
des Camp, welchen der Kommandant
Erlaubnis gegeben hatte, mich zu besu.
chen und denen dadurch die Gelegenheit
zu einem abwechslungsreichen Spazier
gang, gemährt wurde. Sie waren nur
von einem Tommy ohne Seitengewehr
begleitet und blieben über eine Stunde
bei mir. Nachmittags um drei Uhr kam
der Adjutant des Lagers. Major Harris,
mit seiner Frau zum Besuch, um mir
im Auftrage des Kommandanten die
herzlichsten Wünsche zu meiner Besse
rung und zu einem Hapvy Cbriftmas'
M überbringen. Ich war gerührt von
dieser außerordentlichen Aufmerksamkeit
des Colonel Madoc,
Das ganze Hospital ii mit Holly
und Kirschlorbeeren geschmückt. Im
Korridor hat man einen Misieltoe an
der Decke angebracht. Nach der englischen
Sitte muß jede Dame, die man unter
demselben erwischt, sich küssen lassen.
Viele alte Jungfern stehen stundenlang
darunter.
Montag. Z. Januar linset
Camp. Arzt. Dr. Robert Marfhall.
welcher meine Behandlung übernommen
hat. kommt fast jeden Tag zu mir. Er
hat einem Restaurant den Auftrag ge
geben, mir täglich einen Liier gute.
Suppe zuzuschicken, wovon die fiäm
abends angewärmt wird. . Wirklich ist
dieselbe auch ganz ausgezeichnet, Mock:
luriik. u)cunoa droth. Tomato Suppe
Oztail-Suppe in reichlicher Abwecks
lung. Heute brachte er mir als Ge
schenk einen kleinen ganz scbwar. Ka.
tcr ohne Schwanz, von jener nur hier
auf der Insel anzutreffenden Abart.
Einer unserer Poeten hat sieb ob diesem
lusus naturae in der Knockaloe-Lager
zeitung zu folgenden Versen begeistert:
Ttt schcivbar Jmpttkkkte gettt.
Ein zooiogisch.sozwle Betrachtung.
Die Lagerkllyen. ibrer acftn.
Erkoren kick mm öiebcschäuvtling.
um nachlljchen Tpaicrenachn
Ein roSenschwares ttalcrlicr.
TllZ oilmal ion ein hinter "kirr
Obwobl es nichr im biicbsten Ei,nie
Tes Leibes chönbeit hatte inne.
Tenn sckeiiiüur war es mM kam!'I?lt.
2a, was sonst hoch gen Himmel licht,
!!,, erst dem Kater gibt den Ioim,
hm schbe ganz: der lange Cchman!
Ten Ist maik knölich ein doniS,
wmn n dein, was die andern schmückt,
is .imciiirn .clamaiioiiiä",
ict Tlrich ward meuchlings bgezwit?
Troh diese? sonderbaren ffeblers
S'ekiagZeii sich die Kadki, nickr,
Cie knurrten sie ichnurrien innig,
Zeigt er sein rnänniich Angesicht.
Wie sollten sie sich auch be!l,igen,
Datz ihrem irKiin kein Schwanz geschenkt.
Jücrnt auch ton ikrem eigenen Nucken
ein suich Echnmck heranterhängl
Vahr ist'S, ob tbr eZ ,,ch bezweiielt, und
Glaubt, wir schwanen ftirleianz:
Die eingeborenen Katzen habe
Aus diesem Eiland leinen Echanz?
Wardst du geschwänzt drum importieret
is ftater nach der Nmel Man.
Nennt man pervers dich. alavistisL,
Uns kine (tatet sieht dich n.
S'ielleicht ist'S Neid, denn hat man eiwak.
uiu uiiül'ix iiiio mun in cern iau,
Tann wird Besitz mm Aergernisse.
La schlimmer: liilisozial. .
Doch solat du hier der LandeZsilte,
Ter aunlichen echwon,!osi,ikeit.
Bist du, öI-j Kater artn ncfptwn
I ftalcntrcifen Ireit und breit.
Tach daS sind kch!ief!!ch Seiiensvrünge.
T,e ihr uns schon verzeiken Mükt.
Tenn unser Ciun wird Kaui und krauset
Utto produziert orn Ende Mist.
Dr. Marshall hatte mir zualeick einen
Krug Buttermilch und ein höchst inier
küantts altes Buch über die Insel Man
mitgebracht: & description of the
Isle of Man by George Waldron,
London 1731. .
Ich finde darin den iebr Zkiteressanten
Passus:
KatHerine Kinred von Kiik Cbriii.
welcher weder durch geistliche Ermah
nungen noch Kirchenstrafen von ihrem
leichtsinnigen Lebenswandel abzubringen
war, hat bereits drei uneheliche Kinder
gezeugt, und fährt auch jetzt noch fort.
über das Land zu vaaabundicren, zur
großen Unehre des Naie Christi und
zum völligen Verlust ihrer himmlischen'
Seligkeit. Sie wird hiermit von uns.
Thomas Wilson. dem amtierenden Bi
fchof der Insel Man. sowohl zu ihrer
eigenen Ttrase. als euch als heilsames
Eremplum für andere, wie sslat derur
teilt: Mit einem starten Seile umbun.
den soll sie von einem Boote in die hohe
See geschleift werden und zwar am nach
sie Mittwoch, den 17. dieses, dem 1sst
bis Jahrmarktes zu Ehren St. Patricks.
von unlerer felcM Peel aus. wenn alleS
Volk borken zum Markt versammelt ist.
zju diesem Ende wird der Gericbtsdiener
ein Boot und TootZleute requirieren und
der Kcnftabel mit Soldaten der Garni,
ssn werden dazu sehen, daß dieses Ur,
teil pünktlich und mit Erf.,lg ausgeführt
wir,. Und fzllte ein Eigentümer.'
Ssstsmantk ein Matroi'e . v'crweiaer
ovcr nri jiaa::aH(gr;t rielen rtifüien
Lks'hl aüsz-ifuheen und d,d'.-rck, das
Laster ttvy'.z, so scllca diese Scrso.
(H -V
rttn wegen Mißachtung der Behörden so,
fort ausj strengste bestraft werden.
Gegeben diesen 13. Mär, 1713
im Bischöflichen Palaste.
JhomaS Wilson, Bischof von Codor
und Man.
William Walker, CoadZutor.
Das obige Urteil ist auszuführen, ob
wohl diese Weibsperson bekanntermaßen
an Aerstandesschwache und Unzurech
nungs'ahigkeit laboriert, wie es der
Pfarrer ihrer Gemeinde beglaubigt und
sie nch willig und gehorsam bezeugt, so
weit dies von ihr erwartet werden kann,
wenn wir ihren Unverstand in Betracht
zievcn.
Nun. bitte, deutscher Leser, entrüsten
Sie sich nicht, blättern Sie nach, wann
in Deutschland die legte Hexe verbrannt
und der letzte Angeklagte gefoltert
wurve). v
10. Januar 1916. Heute nacht um
zwei Uhr starb im großen Saale ein
mit mir von Knockaloe gekommener Uhr
macher an Lungcnabszeß. Ich war auf
geblieben, hatte mich im Fahrstuhl an
fein Bett bringen lassen und hielt seine
Hand in der meinigen. Er starb an ge
brochenem Herzen, mehr noch alö an den
Folgen der Embolie. Er hatte zu Man
ehester in einer kleinen Straße deS Ar
beitcrviertels einen Winkel, wo er ohne
Gehilfen Uhren reparierte. Gerade ge
nügendes Einkommen, um sich und seine
Frau mit vier kleinen Kindern durchzu-
schlagen. Seine Frau war krank. Er
ging in Hemdsärmeln auf die Straße,
eine leere Medizinflosche in der Hand,
um in der Apotheke dieselbe auffüllen
zu lassen. Unten Lande zwei Detek
tivs. welche ihn faßten. Er bat, weinte,
beschwor sie. ihn doch heraufgehen zu
lassen, um seiner Frau wenigstens mit
teilen zu können,-was ihm zugestoßen
und seinen Rock zw holen. Nein.
Mußte mit zur Polizeimache wie er
stand, von da nach dem Handforth
Camp, von dort nach der Insel Man,
yat niemals von seiner Frau und Km
der etwas gehört, niemals erfahren,
waZ aus derselben geworden. Seine
Briefe kamen Is unbestellbar nach lan
gm Wochen zurück. Ich suchte ihn zu
trösten. Er antwortete kein Wort, schaute
mich nur bitter höhnisch an: Wozu mir
das alles vorreden wollen?
Ter Krieg gibt uns neue Ideale, sa
gen die Kriegsphilosophen.
22. Februar 1315. Heute früh acht
Uhr erbielt "j ein Telegramm von der
ranzo ischen. Gesandt chast London:
Freilassung 'soeben erwirkt. Nach An
kunft , Lmidvu Eeneralkonsu! vor
prechen. '
Eine Stunde spater kam ein Adzu
iant deS Kommandanten nach dem Ho
pital, mir mitzuteilen, der Freilassunqs
befehl sei eingetroffen. Ich wäre na
türlich gerne sofort von der Insel weg.
Leider nicht transportfähig.
23. Februar 1913. Langsam, lana
sam etwas besser. Der Gedanke, frei zu
ein, tragt dazu bei. Wenn ich nur nd
lich fort könnte! ' '
4. Mar, 1916. Ich bin frei, aber
immer noch im Hospital. Der Arzt will
e Verantwortlichkeit für den Trans
Port nicht übernehmen.' Ich dringe da
rauf und werde nächste Woche mit Trag
bahre nach dem Schiff gebracht. Ein
Krankenwärter wird mich bis London
begleiten. Natürlich fürchterlich nervös,
kann kaum schlafen, bis ich von dieser
vermaledeiten Insel weg bin. '
9. März 191(5. Mein Freund, Tr.
Marshall, besucht mich wie immer tag
lich, gibt endlich Erlaubnis zu meiner
Abfahrt. Noch verschiedene fxormalita
ten stnd zu erledigen. Geldabrech
nung. Trinkgelder. 'Endlich Schiff.
Kleine schmutzige Nußschale, Hauptfach
lich Frachtzwecken dienend. DaS einzige
Verkehrsmittel zwischen der Insel und
der übrigen Welt. Nur ein halbes Dut
zend Passagiere. Ich liege im Salon
) Ich wiN- Ihnen die Mübe ren, bog
krktere geschah ann ?S?? zu chela im vreum
lche ReaieriiNAsbezirk Tanzig. wo eine Her
der Wa!!eN'robe unterworfn und da sie mit
untersinke rooMe. gewaltsam ertränkt wnrd.
Das tezler nno 1822. ul der die König
ieorg IV. do Hannover und Enaland feine
Untertanen um die Stfle, di tkbtcbaksung
der Zerlur in Hannover ordnend, tetzi und
seinem Minister sag!,: 34 unterschreit, es,
der gegen meine UeSereugung. iesev nd
Ordnung find don jesjt b in der altergröb
Gesahr.'.
Me Zeit
Skizze von Zlllee Verend
Heinz Jürgens fand, daß es nichts
Trübseligeres geben könne als ein Kaffee
haus am Vormittag. Mürrische Ver
schlafenheit hockte in dem grauen Halb
twnkcl, und der fade Dunst des erkalteten
Tabakrauchs mahnte mit Ekel an Nacht
freuden, die der neue Tag überholt hatte.
Ein hoher Stapel glatter, unbefingerter
Zeitungen wartete darauf, die frischesten
Unglück-fälle aus aller Welt den Lesern,
zu bringen. Mord, Totschlag. Betrug
und Spekulation hier wie in Honolulu.
Heinz Jürgens gähnte. Er fror.
Einen Schnaps nach' dem anderen hätte
er hinuntergießen mögen. CuraLao, der
wie flüssiger Bernstein glimmte, Char
treuse, die als grüner Bcrgsee im Glase
ruhte. Cherry Brandy, der einem pe
fongenen Rubin glich. Da hatte er die
Farben wenigstens im Leibe gehabt, die
Farben die er nichi kauten konnte, um
seine Bilder zu malen. Er öffnete fein
Portemonnaie und prüfte den Inhalt.
Es hatte sich nichts darin verändert. Ein
dünnes Tilberftück und eine Briefmarte
langweilten sich, in den abzeiiiitzten
Lederfalte,,. ' . . '
Langsam holte er die Marke bervor.
(M war Zeit, n die Mütter zu fctVr'ir-'n.
Scnnkoft rnatj U iiuu ifliies Habens
auf Bahre. Merkwürdig, sonst so emp
sanglich gegen Wellenbeweaung und im
mer feekrank, diesmal keine Spur davon,
auch sonst schon bedeutend besser. Welch
ausgezeichnete Medizin der Gedanke der
vreiyeii: Lun zu können, was man will,
wieder sei eigener Herr zu lem!
London. Midland Hotel.. 11. März
1916. Mein hiesigen Freunde, die don
meiner Freilassung gehört, besuchen
mich, können das Mißverständnis, wie
sie eö nennen, nicht begreifen. Fahre mit
meinem Krankenwärter nach dem fran
zofischen Generalkonsulat, wo Herr Le
comte, der Lcgationssekreiär. mich sehr
freundlich empfangt und rasch alle For
malitäten erledigt. -Wir sitzen beim kni
sternden aminseuer, wo ich meine
Abenteuer erzähle. Ein .sehr sympathi
scher Typ, französischer Gentleman der
alten Schule, mit seinen, ruhigen Ma
niere und vorurteilsfreien Intellekt.
Man stellt mir einen diplomatischen
franzosischen Paß aus, so daß bei der
Ankunft in Frankreich ich keine Schere
reien habe und mein Gepäck nicht zu off,
nen brauche. DaS Schiff geht über
Newhaven nach Dicppe, denn alle an
deren Routen, Dover-Calais, Folkestone
Boulogne sind für Militärtransporte re
serviert.
Paris, 14. März 1916. Sehr
schone ruhige Fahrt. Mondschein, vcstan
big zwischen Leuchtschiffen durch, die in
Entfernung von ein bis zwei Kilometer
uder die ganze Quere de! Kanals zu m
den Seiten verteilt sind. Man sagt mir.
zwi chen die en Schissen feien Stahl
Netze gespannt, um Unterfeebooten die
Durchfahrt unmöglich zu machen. In
Dieppe werde ich sehr höflich vom Doli
zeilomminar regrukt und sofort in ein
Abteil erster Klasse gebracht, welches für
mich reserviert war.
, Nach langer achtstündiger Fahrt ras,
stlt der Zug in die große Halle des
Eaint-Lazare-Bahnhofs. Auf dem Per
ron steht meine Frau mit einer Anzahl
Dnwandten und guten Freunden. Ein
ganzes Jahr der Trennung! Wir Heide
weinten, lachten, weinten wieder. 3ch
hatte mich sehr verändert, in kaum acht
Monaten ganz grau geworden, hinfällig.
aber gute, liebevolle Pflege, der Ge
nuß der rcltzeit, wieder Herr seiner
eld t zu fein, wird dies olles bald her
stellen. Ich bleibe nur einen Tag im
Hotel Terminus, um sofort nach Tax
iesBams in den Pyrenäen .abzureisen
und dort eine Schlammbadkur zu ma
chen. Eine wirkliche Wunderkur. Als
ich ankam, auf Krücken, kaum im stände.
einen Fich vor den anderen zu setzen, ob
wohl auch dieZ ein bedeutender Fort
schritt gegen früher gewesen; nach drei
Wochen konnte ich, wieder , alle " meine
Glieder gebrauchen.?'
Als Hervö von meiner Gefangenschaft
durch meine Frau gehört, wollte er es
adlolut nicht glaub;. . , ,
Unmöglich, ganz unmöglich, dumm
sind sie ja wie alle Bürokraten-Ochsen,
aber so dumm, nein!
Er fuhr mit meiner Frau nach dem
Ministerium, erklärte den Vorfall Herrn
Peyßlon, dem Kabinettchef Briands.
welcher sie darauf zu Briand selbst
führte. Der große Mann wollte sich
meiner von seiner Sozialistenzcit her
noch erinnern. aMn sagt, daß Sou
veräne ein ausgezeichnetes 'Gedacht
nis hätten. Oft ist es auch das einzige,
was sie wirklich haben. Um alle büro
kratifchen Möglichkeiten kurz abzufchnei
den. fetzte Briand sofort ein Telegramm
an Cambon, den französischen Botschaft
ter zu London, auf. Herr Lecomte. auf
dem dortigen Eenerallonsulat, hatte es
mir gezeigt und mir erlaubt, eine
Abschrift zu machen: Es lautete:
Ruclainez liWrätioa imrnßdiate
Dr. Charles Ilartmann internö Isle
de Man, nationalitö franCaise- Bri
and." Der SozialismuS führt zu allem,
vorausgesetzt, daß man. ihn rechtzeitig
verläßt. Ich hätte mir'nie gedacht, daß
derselbe für mich jemals ein Leumunds
Zeugnis würde und mir zu einer Ire!
lassung verhelfe. Ich hätte eher gedacht,
er würde mir einmal im Leben einiae
Jahre Gefängnis besorgen. Es wäre
natürlicher gewesen.
Ende. ' . '
verändert.
IV
Das fröhliche, muntere Schreiben, das
aufs neue bestätigte, wie vorzüglich es
ihm geh?.- Nur das flotte. Leben der
Großstadt hinderte ihn, ihr von seinem
Ueöerfluß zu schicken. Aber das würde
auch kommen bald.
Wenn es ihm noch besser gehen wird.
Und nun mußte wieder die Aufzählung
von Diners, von Aufträgen und bo
verlausten Bildern folgen.
Heinz Jürgens hielt inne im Schrei,
ien und blickte durch den dämmrigen
Raum zu den großen betropften Schei
ben, hinter denen glänzende Regen
schirme auf menschlichen Unterkörpern
vorüberrannten.
Nicht allein der Auiter galten stine
heiteren, oualvollen LÜPN. Auch Leni
würde diese Zeilen lesen.
Lern ... - Seit Monaten war sie die.
Frau einei anderen. Sie hatte vielleicht
schon an den EinZaüf kleiner Kinder
hemdchen zu denken. Aber nch wie vor
kam sie jeden Sonntag zur Mutter. Die
g:ite. alte Frau, hatte sie es gar nicht
bemerkt, wieviel er und Leni voneinan
der aehofst hatten?
Heinz Jürgens schlüriie den letzten
klebrig-n Schluck fri kalt ge-votte
SiiUUt ..... . "V
Ja, wenn der Ruhm so rasch gekom
inen wäre, wie sie eS sich ausgemalt
hatten, als sie auf dem grünen Hügel
vor ver Stadt faßen und Über Land
sahen . . . . Dann hatte er jedt das
eigene Heim, die stille Ecke, i die man
hineingehört, und wo man nicht? mehr
zu wisse braucht von oll den dielen, die
nr den Straften vorwärts jagen.
Da Briefblatt an die Mutter stahl
sich an die Seite der rnnschwarzen
Marmorplatte, die Heinz Jürgen jetzt
rund um die Kaffeetasse mit gedanten
losen Strichen bedeckte ....
Der appetitliche Duft heißer Schoko
lade störte ihn in dieser Beschäftigung
und ließ ihir aufblicken. An einem der
Nebentiscbe saß eine blonde Dame und
losselte Schluck für Schluck au einer
Tasse. Heinz Jürgens horte nur das
Klippklapp des Löffels, er sah weder
Tasse noch Lippen, denn die Unbekannte
wandte ihm den Rücken zu. Ueber feinen,
runden Schultern leuchtete ein großer,
goldblonder Haarknolcn unter dem Hut
hervor.
Der junge Maler blickte entzückt auf
diesen goldenen Punkt. ' Genau solche
Haar hatte Leni. Auch ihr zog die
schwere goldkne'Flkkle den zierlichen Kopf
hochmütig in den Nacken. '
Wer mochte sie sein? Eine kleine
Schauspielerin? Nein. Alle Stühle ihres
Tischchens waren voll kleiner Pakete, ihr
Anzug war sehr bescheiden, ohne jeden
gefälligen Aufputz. Eine kleine Bürgers
stau, die Einkäufe gemacht hatte. Wal
wollten bei ihr die goldenen Haare, die
so schwer zu tragen sind?
Heinz Jürgens wurde neugierig auf
ihr Gesicht. Er stand auf.'' ahm mit
gemurmelter Entschuldigung ein Zei
tungsblatt vom Tisch und blickte der
Fremden scharf ins Gesicht. -
.Lem!'
.Heinz'.'
Sie starrten sich erschreckt in die
Augen. . i
Wie geht eS dir?' fragten beide zu
gleicher Zeit.
Leni antwortete zuerst: ,Ä!,r geht es
großartig ganz samos", beeilte sie sich
zu sagen. ,Na, und von dir weiß man
es ja. Die Briefe an deine Mutter."
Ja.' sagte Heinz lassig. indem er sich
setzte, .ich kann nickt klagen. Man wird
gefeiert und läßt sich feiern!"
Du stehlt ein wenig müde aus
sagte Leni und sah ihn an.
Das macht das Großstadtleben, liebes
Kind., Jede Nacht bis morgens im Frack
und schon um zehn in der Fru am
Porträt irgendeiner Aristokratin. Tösf,
töff. das Autö fährt vor. es raschelt auf
der Treppe. Veilchenduft und bis
Mittag steht man vor' der Staffelei."
Großartig . , sagte Leni. .Aber
heute?"
Heute ruhe ich mich einmal aus,
N'mittags male ich an einer großen
Komposition: der Götze Mammon.
Mammon?" fragte Leni unsicher.
Geld", erklärte Heinz. .
Ach so", sagte Leni. da hast du es
also genau so, wie du es haben wolltest.
als wir auf unserer Hügelbank saßen
un Plane machten.'
Im großen und ganzen za.
Sie schwiegen eine Weile. Jeder mied
des anderen Blick.,
Ja", besann Leni wieder, zuerst, als
deine Mutter erzählte, daß es dir nun
glänzend ginge, dachte ich . . . bei ttdem
Klingeln fuhr ich zusammen und meinte,
du . . . mußt mich Glicht auslachen daß
ich damals olles so ernst nahm. Jetzt
weiß ich ,a mehr vom Leben. Als Michel
Mierf dann mit der Mutter redete ich
war ihm, so' dankbar, daß er mich trotz
der Blamage haben wollte.'
Und darum, Leni
Nicht darum, nein, daS mußt du
nicht denken. Ich hätte eS nie getan,
wenn ich Michel nicht über alle Maßen
eliebt hatte ja. wirklich: Liebe kommt
och immer plötzlich.'
Und nun bist du froh und glücklich.
Leni?"..
Ueber alle Maßen', versicherte diese.
Tu mußt nicht denken,, daß Michel solch
ein Ehemann ist, der den ganzen Tag
im Haushalt umherschilt und aus jedem
kleinen Aerger ein Geschehnis macht.
Oder daß er mich gar mit Eifersucht
quälen würde, wenn ich mich einmal ver
wate, bak er dann auf dich anspielte
und mir vorwürfe, daß ich als junges
Mädchen Liebeleien gehabt hätte. Nein,
das mußt du nicht denken.'
Und dann? Jeden Sonntag weit
hinaus ins Land, wie wir es uns wün
schien?" fragte Heinz leise. ,
Das gerade nicht. Lern zögerte.
Aber du mußt dir nicht einbilden, daß
wir es nicht könnten. Es geht Michel
großartig. Tu ahnst nicht, wie "
Genug unterbracn sie Heinz hart
und laut und packte Lenis Hand, die
auf dem Tisch lag. Laß eS gut fein,
Leni. auch mir geht s hundcschlechl."
Auch dir?" stotterte Leni und starrte
mit weit geöffneten Augen in sein Ge
ficht. . . .
iie sckwiegcn lange. Lenk regte sich
zuerst. Scheue, neugierige Blicke um
strichen den. Jugendfreund. .
Endlich sagte sie: Dann halte du ja
gar nicht kommen können, mich zu holen
vierspännig mit Apfelschimmeln , ein
leises Lächeln klirrte über ihre Lippen.
, Einstweilen noch nicht. Leni.'
Ja", antwortete die junge Frau,
aber das Leben vergeht, und niemand
giebt uns etwas für Träume.'
Zum erstenmal merkte Heinz ihrer
lieben Stimme an, daß Michels Haus
frau sprach. Tiefe, müde Traurighit
eririsf ihn.
Leni ab-er war heiter geworden.
Sie suchte lächeliid die vielen Paket
chen zusammen und erzählte dabei, daß
sie schon morgen wieder heimreisten,
Michel, und' sie, und daß sie nun eilig
geh'n muffe. c
. Sie erhob sich.
Tu ahnst nicht, was der Mensch zu
sammenschilt. wenn ich nicht pünktlich
bin." Sie reichte dem Freund die Hand
und sagte mit kindlichem Lächeln: Du
wirst mir böse sein. Heinz, aber mir ist
ein Stein vom Herzen seit ich weiß, daß
es dir auch nickit sonderlich geht."
Als sie keine Antwort erhielt, runzelte
sie ein wenig die schmale, glatte Stirn,
über die ein goldenes Haar eine' Brücke
zu den klaren blauen Auge schlug und
lagie: U-briaen .b-nwfcbleöt'. M ist
ützrizieskn. weniaKmj irai ick, bot
mf iy'iiyyiv
-Mondnacht.
" von Franz IZerczeg. ,
,1
Tilnl muh nur noch einmal nachsc
hen, ob die Schloßwache auf ihrem Po,
sie steht, und dann dann stiehlt kk
sich aus leisen Sohlen fort hinaus
zu Ancilla, die ihn sehnsuchtsvoll erwar,
tet denn Ancilla. die roscnwangige,
giuiargige Eirce. hat immer einen Für
ftcn oder Grafen, den sie ausbeutet, und
einen (sardisten, den sie anbetet und
glücklich macht. Dieser Glückliche
heißt gegenwärtig TituS und wenn ihm
jemand das Schäferstündcken in dem
weichen, scidengesütterten Nest der schö
nen Tänzerin abkaufen wollte, so wa
ren alle Schätze Perus und GolkondaS
zu gering, denn Leutnant TituS ist
woyi nur ein armer zeutcl, aber - er
ist vierundzwanzia Jahre alt! ,
TituS eilt also mit Riesenschritten
durch den Park. Der Mond übergießt
die Spiegelslame deS Teiches, auf dem
die Schwäne lautlos hingleiten, und die
Marmorstatuen auf der Terrasse des
Schlosses mit einem so fahlen Silber
licht, als kämen seine Strahlen aus der
blauvcrschleierten Ampel eine! gewissen
Boudoirs. Die Sehnsucht beflügelte
die Schritte des Leutnants als er aber
in jenen Teil des ParkeS gelangte, in
dem die dichten Tarushecken eine Lich
jung umschlossen, blieb er plötzlich wie
angewurzelt stehen.
Der Mond beschien e,ne weißgekleidete
Zylphidengestalt. die auf leise, süße
Mandolinenklänge zu lauschen schien.
Ah. ein Licbesstclldichkin also!
Da trat aus dem Schatten der Hecke
eine zweite Gestalt, aber auch diese war
eine weibliche, nur nicht so zart und
schlank wie die erste. Sie hielt eine
Mandoline im Arm.
.Wo bleibst du denn so lang. Ag
r.cs?", sagte die Sylphide.
.Ich habe mich im Dunkeln verirrt,
liebe Patin, verzeihen Sie!"
Dem Leutnant sträubte sich fast das
in ein Zöpfchen geflochtene Haar vor
Schrecken. Gütiger Himmel! Die
Sckilanke war ja Ihre Hoheit, Prin
zessin Cäcilie, die Kleine, Niedliche mit
der Mandoline aber war Agnes, daZ
Patenkind der Prinzessin.
Tirns duckte sich unter die Büsckie
und lauschte mit angehaltenem Atem
dem Gespräche der beiden.
Alle Glieder zitterten mir vor
Furebt." flüsterte Agnes. Wenn man
ira Schlosse entdeckt, daß wir heimlich
, entflohen sind und nachts hier im Parle
lustlvandcln!"
Nun. so werden wir denn nicht lust
wandeln, du Hascnfuß, sondern uns
auf dieser Rasenbank niederlassen, um
einander Geheimnisse anzuvertrauen, die
im Schlosse drüben, wo olle Wände
Ohren haben, nicht einmal geflüstert
werden dürfen. Weißt du. was es
Neues gibt? wir erwarten morgen eme
vornehmen Gast.
Ich hörte es; den Großfürsten Kon
stantin.' ... . , , .
. Weißt du auch, daß ich morgen um
diese Zeit schon die Äraut. dieses Ga
steö sein werde?"
Gott, segne Sie und den Großfür
sien, ober wenn es mir gestattet wäre,
mowte ich gern eine Frage an meine gu
tige Patin stellen "
Oh, du möchtest wissen, ob der
Großfürst mir gefällt, ob er jung, hübsch
und liebenswürdig ist. Nun, ich will
deine Neugierde befriedigen: Jung ist
er nicht mehr, hübsch war er niemals,
und seine Liebenswürdigkeit ist die
eines plumpen mürrischen Baren.'
Und dennoch wollen Sie seine Frau
werden, Hohen?
Welche Frage! Du weißt doch, daß
wir Prinzessinnen nicht aus dem Grunde
heiraten, um glücklich zu werden.
Nun. ich zweifle nicht, daß meine
liebe Patin als Großfürstin viele Arme
glücklich machen wird.'
Gewiß, will ich das, doch auch ich
werde ich beschenkt werden, denn mein
Bräutigam wird mir die kostbarsten
0r&ffeAf tfttt f!1f0nsrmiit tfavt
ViiCljt U"U VUllUlUilUl( iUU tll.
Ach, wie oeneidenweri Sie sind, Ho
heit!'
Du Narrchen, niemand ist weniger
beneidenswert als ich. Die Häßlichkeit
lsürde ich dem Großfürsten noch der
zeihen, nicht aber seine Dummheit.
Denke dir nur, dieser Tor,-der eine
junge Prinzessin lieben könnte, hält sich
eine alte . Maitresse eine italienische
Tänzerin, namens Ancilla, die seit ei
nigen Wochen hier auftritt,'
Woher wissen feie dies denn alles,
Hoheit?"
Du weißt doch, daß man bei unö
alles erfährt: unser Hof ist ein Klatsch
nest.
,Jft diese Ancilla wirklich so alt?'
Ihrer Angabe nach wäre sie achtund
zwanzig: der russische Botschafter aber
erinnert sich, daß in Petersburg zwei
Offiziere vor zwanzig Jahren ihretwe
gen sich duellierten: vielleicht aber hat
sie schon zu David! Zeiten mit ihm
vor der Bundeslade getanzt! Ihre
Schminke ist so dick aufgetragen, daß
die Fliegen dort kleben bleiben. An ihr
ist überhaupt nichts echt als die Dia
manten, die sie vom Großfürsten erhal
ten hat. Ein Frauenauge bemerkt daS
auf den ersten Blick, die Männer aber
sind stockdumm und blind.'
.Alle Männer, liebe Patin?'.
Alle, ohne Ausnahme. Oh, ich könnte
dir eine Geschichte erzählen '
Erzählen Sie, Hoheit; ich werde der
schwiegen sein wie das Grab.'
Ich weiß, dir wirst mich nicht ver
raten, also höre: AlS ich erfuhr, daß
trifft. Michel meint, man soll mit seinen
Wünschen auf normalem Boden dlei
den.'
.Grüß Michel', sagte Heinz und der
ieugte sich. Dann war Leni gegangen.
Heinz Jürgen! zerriß daS zerknitterte
Briefblatt. Dann faß er wieder still vor
der bekritzelten, fchwarzweißen Marmor
platte und blickte durch den dämmrigen
Raum zu den großen betrovften Tchei
ben, hinter denen glänzende Regenschirme
nf menschlichen Unterkörpern vorüber
umtn, , . .
' -
N'"
mein künftiger Gemahl zu Ancilla Fü
ßen liege, dachte ich, Aug um Auge.
Zahn für Zahn! . . . Sag', kennst du
den Leutnant Tilus?'
Den schönen Gardisten, wer wurde
den nicht kennen? ' Alle Hofdamen
schwärmen für ihn
Eine Achillesgcstalt. nicht wahr?
Nun, ohne ihn anzusehen, hatte Ich ihn
dennoch Tag und Nacht, im Wachen
wie im Träumen vor Augen. Einmal
träumte ich, wir küßten uns hier im
dunklen Park."
Darf dim ein Gardist eine Prin
zcssin küssen?"
Wenn es ' niemand sieht, warum
nicht? Hat doch sogar einst eine Göt
tin einen Erdensohn namcnS Endymion
geküßt, der nicht einmal von Adel, son
dern nur ein armer Schäfer war; doch
da ist Mythologie, von der verstehst du
Nichts! Ich hatte also beschlossen.
diesem Titus den ersten Kuß zu schcn
ken; denn daß der Großfürst, der erste
sein sollte, der meinen Mund berührte,
dieser Gedanke war mir unerträglich."
Hat'Titus Sie also geküßt, liebe
Patin?'
Nein, lasse mich nur ausreden. Eines
Abend erfuhr ich, daß Titu ollein in
der Wachstube fei. Um Mitternacht,
als im Schlosse schon alle schliefen, stahl
ich mich fort, schlich die Korridore ent
lang, bis zur Wachstube. Mein Herz
klopfte zum Zerspringen, meine zitternde
Hand suchte die Türklinke, da Hort ich
eine Frauenstimme . . . Meine Nengierde
war größer als meine Angst, meine Ei
fcrsucht stärker als meine Vorsicht
leise öffnete ich die Tür und sah wie
TituS vor einem Frauenzimmer kniete,'
und dieses denke dir meine Empö
rung war, Ancilla!"
' .Und was taten Sie dann, Hoheit?'
Ich schloß leise die Tür und lief,
wie gejagt, die Korridore entlang, in
mein Zimmer, und dort weinte ich vor
Zorn über die Dummheit der Männer.
co cm Tölpel! Eine junge Prinzes
sin steht zitternd vor feiner Tür und er
er kniet vor einer welken Kurt,
sanc ..."
Aas ist das, eine Kurtisane. Hg
heit?"
Ach. das ist wieder etwas aus der
Mythologie; davon verstehst du nichts!'
Eine lange Pause folgte, endlich sagte
Agnes: .Gewiß ist es nur AncillaZ
Tanzkunst, die die Männer betört!"
Die Prinzessin lachte.
.Ancilla versteht licht mchr don der
Tanzkunst als eine Drahtpuppe. Wenn
sie pirouettiert. krachen ihr alle Kno
chen; für sie ist der Tanz nur eine Ar
bcit; wenn du sehen willst, wie man
tanzen soll, so nimm die Mandoline
und spiele die Forlane, aber schnell und
feurig:
Agnes gehorchte, die. Prinzessin aber
piroueitierte mit einer solchen Anmut
wie eine jener leichtfüßigen Elfen, die
im Mondschein ihren Reigen tanzen. I
Da geschah eiwaZ sehr DummeS und
Terbkomisches. Ein lauteS Niesen
wurde hinter der Tarushecke hörbar und
im Nu war der Elfenfpuk verchwunden,
als wäre er nur ein Traumbild ge
Wesen. .
Nrauffiihriing am Landestheater
Kassel.
Des staatliche Theater in Kassel
brachte eine Uraufführung deS Dichters
Karl Nötiger. Es handelt sich um einen
stark konzentrierten Einakter Die Krisis
der zusammen mit Georg Kaisers
Juana und H. Kessers Summa sum
marum gebracht wurde. Ueber die zwei
letzten Stucke ist aus Anlaß der Urauf
sührung in Frankfurt a. M. und Mann
heim schon berichtet worden. Nöttg''
Drama ist von seinen andern zuerst ztA
geführten Tramen stilistisch sehr irnti
schieden, liegt aber geistig auf der Li,7
die sein ganzes Schaffen durchzieht: '.
Vcrmenschlichung des Menschen. Cl
weit ich scin dramatisches , Schafs
kenne, will er neue Wege des Hcrzer,
des Geistes und der Seele aufspür
und darstellen. ' Ihm ist eö darum
tun, die Tragik des modernen Mensch? .
zu überwinden. So zeigt er die Mensj
werdung der die Erhöhung dcS Me
schen auch dort noch, wo der Mcntz
zugrunde geht, zeigt den Sieg des Me,
i.-ü Im v... rr X. - . (V k l
lii uuu; in m siuni'ju;. n, j
Krise leidet ein moderner Mensch, rJ
Industrielle, an der Krankheit der Za
rnid seines Standes: dem Machtrauij! -der
ihm scin besserö Selbst zu Verschiß
tcn droht; die Sekretärin, die er li;.
in seinen brutalen Machtinstink'. -ihm
zunächst unbewußt , die er 5
Ware nehmen will, sie bloß zu begeht
meint, kämpft einen harten Kampf r?
ihm, in den der Ingenieur eingreift. i
sie auch liebt, aber nicht von ihr gel,
wird. Nach einem ernsten Rcnkon
stürzt dcr Industrielle fort, die S.k.
tärin bleibt mit dem Ingenieur
der in diesem Sinn die ganze
lie noch einmal auf den 5!ndultriell
Und In einer l!k,r?e,s.e,n f,,
- i-fv...,,, 13 '
folgerichtigen Schlußszene klingt
-Krise" b. An tiefe Dinge wird r
rührt, mit großer Feinheit DisfiziL
zur Klarheit und lichten Tarstellu,
gebracht, tiefste Tragik erlebt und )n I
ein großen Güte ausaealichen. l'..
Werk von starker Konzentration, dran.!
tische? Wucht und starkem Dialog L
hier von Dichterhind geschaffen Word? i
Tcr Beifall war lebhaft.
Wenn man bon einem Nlensisl !
sagt: Er hat Geschmack", so meii".
man damit aewob!
aiich:
Er hat mein
wci'-tyinaa. ii
VAX. 4
Wir sehen e nicht ungcrn. ml f
einer nni uns konkurriert, folanae
unS nicht reicht oder übertrifft, H
zeit eine 6tfi'tt dar jsv.vt
den qnkln überMlt e, ' l
ttt schöpferischen Menschen erlebt.'...
die schließlich allein gebliebene Se'
rin sich zum Heimgang anschickt. V.