Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, August 19, 1919, Image 2

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    4-'tltniiliaittJk,kmi, . ,rit.tJttMMwt
i .
rfU,. 4 -
zsglllye ctnqa iwiute
Un Belgien nach dem Kriege.
ir.
Turfi bt flandrischk Tküdte.
81 ist elgcnMch 'eins 3afMt,' die
herrlichen flandrische Släbt so zu lx
suchen, wie wir sie kfuckjt hakn. ' In
Brügge reichte ti nicht einmal zu einem
Halt. Sie Automobils schlüget bloß eine
langsamere Kangart ein, Etmat besser
war ti in Gent, wo ti wenigstens zu
einem Cpazierganq in die malerische
Altstadt reichte. Wie mächtig doch diese
Ctcidte auch heute noch sind! Gent zälzlke
vor dem Kriege 170,000 Einwohner.
Seither sind zahlreiche, indes nur pro
visorische Abwanderungen von Arbeitern
erfolgt, die in den von den Deutschen
systematisch ausgeräumten Fabriken
;
r-
i9
t
'I
,4
(
.
f.t v.
Jjd '.r--1
i ."-Jl.j. .ptv " i ,.a
'i''tkii.
j f "? - ' v
:v !-rrt fr-',
&i
i
!, .
-, -
I
t h:
t'M-
'",
" r
f 2'
r? l rj ;
n.' --:
t
!:
T
fr
.
r Bi , "
t:
r -
i ,v
'i
Jt
- '"v,-
' '
-
w
f
-tei
Tas Rathaus
(Spinnereien, Webereien, Metallurgie)
keine Arbeit finden können. Brügge hat
vielleicht unter dem Krieg noch mehr ge
litten als Gent. Aber auch dort sieht
mart der Ankunft mit froher- Zuversicht
entgegen. Die Moral der. Bevölkerung
in Flandern ist ansgezelchnet. Der Ems
pfang. der den fremden Gasten bereite!
wurde, war sehr herzlich. Eiu Druck
i!t vom Land gewichen, feilem der
.'lrieg günstig ausgegangen ist. AlleS
freut sich, daß die Zukunft des Vater,
landes sichergestellt ist. Man hat wohl
seine eigenen- Wünsche und Forderungen;
aber man will sik untet Belgiern im
?iabme des gemeinsamen Vaterlandes
regeln. ES gibt k!nflsinische : B
wegung; aber sie hat innerpslitische
Charakter. ' . . '
I Brüssel.
' Der Weg von Gent nach Brüssel ist
weit. Seit Wochen hatte es nicht gereg
net. und wir fuhren fortwährend in
einer' dichten Staubwolke. Wir-trafei,
mit leidlicher Verspätung, in der bel-
gischen Hauptstadt ein, und der Bin
germeisier Max und die Stadtbehörden,
die uns einen glänzenden Empfar vor,
bereitet hatten, mutzten so' mit uns vor-
kieb Lehmen, - wie wir waren. Schon
waren wir nicht, nicht einmal die Kolle
ginne. Da half keine Puderquaste eind
kein Taschentuch? der Staub hatte man
niglich auf dieselbe Weise gepudert.
Bürgermeister Max rzölte uns von den
Kriegsleiden seiner Ewdt, rühmte den
patriotischen Geist der Beöölkceung und
vergaß nur sich selbst, der doch die her
dorragendfte Rolle gespielt hat. Brüssel
lang stolz auf seinen Bürgermeister fein.
Yk hat ungewöhnlich viel bürgerlichen
Mut gezeigt.
Das; in der Hauptstadt mit den Ver
ireter der Behörden nnv mit den bel
giscben Kollegen etas politisiert wurde,
dürskk selbstverständlich fein. Wir wol
len ganz kurz zusammenfassen, was wir
is verschiedene Gesprächen und Trink
fprüchen gemerkt haben. Die, Belgier
sind icht zufrieden mit der Pariset
Konferez. Die Wahl dort Genf zum
Eitz der ÄLlkerliga hat tineit Stachel
zurüSgelaffen, der Zmmer noch brennt.
Die Belgier schreiben die Niederlage
Brüssels den Ameriksnern speziell
Wilson zu. Tann sind die Belgier un
zufrieden, daß ihre Gebietsforderungen
n der Pariser Konferenz so wenig Er
folg gehabt haben. Die Pariser Kon
ferenz hat es abgelehnt, auf die hollän
tisch Regierung einen Druck auszuüben,
und bi Holländer lehnen die belgische
Wünsche ab. Nach der deutschen Seite
hin wird eine Volksabstimmung lioer die
Grenzen entscheiden. Es gibt in Brüs,
s:l Leute, die meinen, die belgische Tele
gation hätte mehr erreiche können, wenn
sie von Anfang g bestimmtere Förde
rünsen ufaeftellt hätte. Und der bei
gii'che Minister des 8s eu gern, HMans,
wird von diksik und jener Seite ziemlich
hastig anakZkiffcn. Wer die Stimmung
der Pariser ttoferenz eittiaermatz'n
k'Nnt, der ve:h?h!e sich die unüöerwind
llkcn Schwierigkeit? nicht, die sich den
kelgilche KtbKtlforderungen, tnSbessn
litt MZknubrr. Holland, entzegenflellten.
V'Iaien wird im ganzen Lon Deutschland
!,! 5 Milliarden C andere rsatz erhal
M. Waa hat uns Stattsti!?, dorgr
die d?n von dem kleinen 23rt r
ViUnta Schöben if wüd g Milliarde
'Xt). ?K:lliok!t Franke veranschlag'.
Ds e'ilgkmfine Gekuhl in den roüti'tfm'
:rl:, :ÜP(!'I kZ elgie vi?l
U wenig erhält, und dciß es ipfskgedkf
scn für eine lange Zutuns! in seiner Eai
Icklun schwer bindert sein wird,
ganz abgesehen davö, daß in normales
Arbeitslcbcn erst wieder 'l'cqinncn kann,
trenn dir ven den Deutschen wegqc's.kiaff
tm Maschinen und SBerkzciige wieder
beigebracht oder erseht sind. j
Beim arvinal Merder in Btcchrkn.
Auf diese wirtschaftlichen schwierig
leiten Belgien? hat uns niemand so ein
dringlich hingewiesen, wie der kardinal.
Vercier, der uns im crzbifchöslichen Pa
laste bon Mechcln emps'mg. Palast ist
ein reitf prunkvolles Wort für die ein
fache Behausung dieses Kirckenfiirstkn.
Hier, in dieser klösterlichen stille, ist all
-
. V
.:
4
. V ,
"
,
jVi
.
! K
-
f "f-V
t
-4 .
iI !i
;V
f
. .
: i
t
'
I
f ,l . ?
" - J I ' ' - , - - V
f .- fe 1 -. ;Ä . y - -i..
' V ' x. ki ' "
- . i ?
, ,?fi, '4-
. . , . -' ' 7-- , Z
rl hi . ...
Uj'tHn ; 5
: '-r"J-:J J t -J f . .i
- '-.-.v-'-- 4
' ' ?:,t- i: ' :
' r ' i & i 1 i'
il ?T -s, 1 r' 'J; - . '. ifl t-; lt.--- -9 i - . 4. n- . A .
i iifV M
f
f-
r
M
in Löwen.
die Kriegsjahre hindurch ein Kampf ge
fochten ortest; dek nicht roehij TM Nd
viel Geschick erforderte. Der große ha
gere Geistliche, rcr vor uns steht, hat
etwaS vom Kirckierigrcilci und viel vom
Diplomaten. Seine dünne Lippen, um
svieA, wenn er spricht, ein seines Lächeln.
Kardinal Mercier gab ohzs' vic.!? Morte,
deutlich zu verstehen, was n von den
deutschen Militärs und ihren Methoden
hielt. Er kommt ins Feuer, wenn er
uns von der Widerstandskraft auch der
einfachsten feiner ISchutzoefoch legen
spricht, und' nicht ohnk',Nührung erzählt,
er Uns von einet wsckttn Frau, die, !h
rem Mann, der in die Gefangenschaft
fortgeschleppt wurde, zurief:' Unter
zeichne nichts!" Doch Kardinal Mer
cicr ist der Ansicht, daß die Kriegslciden
nicht so hart waren, wie die Leiden der
ersteri Monate nach dem Waffenftill
stand. Man litt unter der Arbeitslosig,
keit. Belgien fehlte eS an allem, an
Rohmaterialien und on Maschinen. Und
der Müßiggang, auch der gezwungene,
ist eine gefährliche Sache. Kardinal
Merciek sprach mchc als Sozialpolitik
denn als Geistlicher zu uns. Er beschwor
die Journalisten Amerikas und Eng
lands, ihren Lesern ja recht klar zu ma
chen, daß Belgien mutz erbeiien können
und daß es dazu immer noch sehr viel
notwendig hat. Dieser aufreckte Greis
von siebzig Jahren macht die Politik, die
einem Geistlichen geziemt. Er machte
auf unsere Journaliftmschar, wo die Ka
tholikttt jedenfalls nicht in der Mehr
zahl waren, einen großen Eindruck, und
seine kurze Ansprache wurde mit starkem
Beifall aufgenommen. Der Kardwal
begleitete seine Gäste noch in den Gar
O
'rf
' . i
" . .,. ! '.'t
1 "
f jfij-' I ..
j. " ...rr H
K, J
iii
4 ij. .i I
. . 0
vrmiriirihmfw
V V4tlVVAl4lll V4t
Mngen und Slraßöurg,
, Jchweiß richt, c& es allen s geht
wie mir: ein eigenartiger Sauber liegt
auf meiner Studienzeit, ein Sonneu
glänz, der, in meine allen TagiLhinein
leuchtend, mich mit Wehmut erfüllt.
Da rückte ich bor fünfundvierzig
Jahren erwartungsfreudig in dem ehr
wüldigen Tübingen in mein erstes Se
mesier ein. Ueber dem alten Nest lag
ein romantischer Sauber vo Geschichte
nd Natur: Herzog Ulrich Uhland
SilcherZ Dazu das Schloh auf dem
Hügel, die ragende Kirche, die alten
Häufer und krummenGäßchen, der
Neckar mit dem Joggeli" und in der
Ferne die Wurmlinger Kapelle, ein
Ueberschwang von Schönheit, die auch
dem anspruchvollsten Jungherz sich ein,
prägen Mußte.
Dazu kam, daß in Tübingen der
Student Trumpf war. Das ganze Le
ben drehte sich um die Universität, Dur
gr und Studenten verstanden einander,
sie gehörten zusammen, und daZ Qrgzn
der Gerechtigkeit, die Polizei, machte
Verständnisvoll mit und drückte Zeweilen
rechtzeitig die ugert zu. Rasch fand
ch auch ein Kreis , von studierenden
fintfeleuun, bei denea es sich gut leben
li.. Wir, sangen Unsere Schweizerlieder.
hielten Unsinn für, Weisheit nd huldig,
ten in einer 'unglaubliche. Wirtschaft
einem ebenk urglgublieüen liebräu, das
mau Bier hietz. Eii'en Ttirdent'n. d-r
dumal Tee, Milch. Ausser oder Syeup'
ten, wo ihn unsere amerikanischen Kol
lege nach Herzensluft interviewen und
photographieren konnten. Und noch
lanAe.'wurde unter ihnen von dem Kar
dinal alZ einem .sine man" gesprochen.
Ueber Löwen nach Ltittich.
Der Pressemensch, der schon so und
soviel hundert Quadratkilometer verwü
stetei Land, und derwiislete Städte esc
hen hat. stellt zumeikcn mit Schrecken
fest, daß man sich auch gegen diesen An
blick abstumpfen kann. Der Brandscha
den in Löwen kann nicht mit den Kata
strophen von Fpern in Belgien oder von
Reim und so viele andern Städten in
Frankreich verglichen werden. Doch hier
und ungefähr gleichzeitig auch in T!
nant, das wir spater berührten, lernte
man zuerst die Schrecken des modernen
Krieges kennen. Schort fünf Jahre lie
gett diese Dinge zurück, und sie scheinen
uns der Geschichte anzugehören. Aber
alles liegt Tisch darnieder, und an Ort
und Stelle hat man das Gefühl, als ob
die Kriegsfackel erst gestern hier gezündet
hätte. Man vergesse das- nicht, wenn
man die Brandstiftung von Löwen und
die Serstörung von Dinant unter tü aU,
ten Kriegsgeschichten räumen hört..
In Frankreich sagt man. daß die Wal
Ionen die Südländer des Nordens sind.
Man begreift diesen Ausvruek. wenn
man die Wallonen Feste seicrn.sieht. Die
lokale Presse hat so lrebenswürdiff auf
das Erscheinen der fremden Kollegen
aufmerksam gemacht, daß man in jeder
Hütte über den Charakter unlrer AuU
mobilkolonne unterrichtet war.. Und
weiß Gott, in der Gegend von Lüttich
schkiiitdie Presse populärer zu fein! Die
Menschen wohne dort sS dicht beiein
ander wie sonst nirgend, und man stelle
sich das Bild vor: das ganz Volk war
auf der Strasze, die liebe Schuljugend
hatte sich um die Lehrer geschart und
schwenkte die Fahnen. Alles schrie, und
unter den mannigfachen Zurufen do
linierte der: Es lebe die Presse, es
leben die Journalisten!" Und das ging
kilometerlang so weiter, unaufhörlich.
Von all dem Zinken und Danken spürte
man seine Arme kaum mehr. . Wie er
müdend muß da? Handwerk eineZ Sou
veräns sein! ' Der Enthusiasmus der
Presse für solche Empfänge ist noch ganz
unverbraucht. Wir alle waren nicht we
Niger iibc.rtaZcht all gerührt. Und alles
wurde durch den Empfang in Lutnch
selbst in den Schatten gestellt, wo die
ganze Stadt auf den Beinen war, wo
unsere machrige Kolonne Muhe hatte,
auch nur im Schritt vorwärts zu kom
men, und wo unsere Automobile im Ra
mit Blume beladen waren.' Es find
Journalisten noch nirgends empfangen
worden lind noch lange wird man in den
Preffelreiftn davon rcd:n: Zu Lüitich
war s
Im Firt Lomin.
Doch lassen wir lins durch diese lie
benswürdigen Erinnerungen nicht aus
der Reihenfolge bringe. DeM Einzug
in, die Stadt ging der Besuch des Fortö
r . . ' . cm .'t - . r . ei'-l
toiicm voraus. iian weiß, vay !k lii
ticher Forts nicht sowohl die Stadt
scküden, als die Jnvasionsstraßen der
leidigen sollten. Die Deutschen waren
1914 schon im Besitze der Stadt, als das
große Ostfort Lonein. in dem sich auch
der Gouverneur, General Leman. auf
hielt, noch verteidigt wurde. Ein Schuft
mit einem Riesen mörs-r brachte schließ
lich das Hauptmunitionsdepot zur Ez
plosion. Die Flammen schlugen durch
alle Fortgänge, die ganze Festung flog
in die Lust und begrub die jr.eitc Ja
psern. Der General Leman wurde von
den Deutschen verwundet gefangen ge
nommen. Noch heute bietet das Fotk
mit seinen geborstenen Zementmauern
und Panzerplatten einen schaurigen An
blick. Ein Initiativkomitee von Lüitich
sammelt für ei Monument für die Der
teidiger. Die Forts von Luttich
haben sich aeaeii mt überlegene deutsche
Artillerie nicht lange halten können, aber
dock, läuqer. als der Feind vorausgesehen
hatte. Es resultierte daraus eine eine
Verspätung für den Eindringling, die
wenn auch nicht mehr Belgien, so doch
Frankreich und feiner Hauptstadt zugnt
kam. Man hat mit Reeut esogt. daß
1914 die Belgier sehr d zur Rettung
von Paris beitrugen. An dem Verdienst
Belgiens hat das Fettungzgebiet Lüttich
feinen schonen Anteil.
an
getrunken hätte, würde märt als krank
oder unzurechnungsfähig bemitleidet
haben.
Und trotz der äußern Schönheit berei
tete mir die Universität eine gewisse
Enttäuschung. Es fehlte zwar in meiner
Fakultät nicht an trefflichen Lehrern.
Da leuchtete vor allem Karl von Noor
den, dessen historische Vorlesungen durch
ben feinen, freien Ä ortrag und den un
erschöpslichen Reichtum von riginalen
Kenntnissen die Hörer fesselten. Aber
freilich: über die Anfange des Themas
kam er vor lauter Gründlichkeit nicht
hinaus. Auch Bernhard Kugler fehlten
wir nnS zu Tank verpflichtet. Er be
mühte sich redlich, uns in ansprechender
Weise in das Verständnis historischer
Lorgänge einzuführen. Tann gehörte
zu den Männern vom ersten Gange auch
Prof. Noth, dkssc S!elig"snsgeschichte
ein Muster vo , Gelehrsamkeit und
5llarheit wer. Gewiß sind auch die
andern große Gelcbrte gewesen, die
Teuffel, Schmab, KoftlinCiegwait;
ober in ihren Darbietungen gingen fie
turmhoch über die Fassungskraft eines
armen FüzleinZ hinaus. Der Haupt
oermanist h!te seine Zeit bereits hinter
sich und bot wenig Anregung. Lein
FzchZolleg', Hollands erwies sich als ein
Hsüpikauz, der fti.ie zwei oder drei Zu
Hörer beständig zu. Lachen reizte,
während d'k echtshikloriier durch seine
g-l'gentlich k:cht ' utd si'zebcachtcil
U'itjleirt unser Mitleid oder unsern
Zorn erregte.
Alle! w allem: man erhielt den Ein
druck, daß die Wissenschaft ein fürchlcr
lich hoher Berg sei, dessen Gipfel man
schwerlich klimmen könne. Solche An
wandsnngen der Schwäche trank man
dann bei der Tante Beck mit dem be
wußten GcbiZu wcg und wandelte mit
mehr oder weniger Gewissensbissen die
gedankclscg Wgk weiter.
Allerhand Weisheiten hatte man der
nommen, aber wenig wirklich Brauch
barcS war hängen geblieben. TaS sollte
nun gründlich anders werden. Wie ein
strahlender Morgen Im Glänze der Be:
heißung war die neue Universität Straß
bürg ausgegangen.' Torthin ging ick.
Schon der Ort weckte starke historische
Erinnerungen. Aus dämmeriger Lcr
gangcnheit erstanden die Beziehungen
der .wunderschönen Stadt' zu den
Schweizern: wir sahen die Straßburgek
bei Murten und Rancy kämpfen, sahen
die Zürcher auf ihrer Hirsebreifahrt und
freute un, dafz Eidg'nossen jahrelang
einmal Straßburgs Neutralität gegen
Osten und Westen handfest verteidigt
hatten. Eindrucksvoll fprach aber auch
die unmittelbare Gegenwart zu uns: die
Spuren der Kriegkzeik waren noch
deutlich zu erkennen, da und dort lagen
noch Tkümmkkhaufcn.
Im übrige ging alles feinen gedrb'
nete Gang: die Polizei ließ nicht mit
sich spaßen, nd wie es in der Seele des"
BolteZ auisakj. konnten wir gelegent
lichen kummervollen Bemerkungen von
Einheimischen entnehmen.
Bon einem Studentenlehen nach
schwäbischer Art war gar keine Rede.
Entweder gab 3 keine Farben studentm
oder, wenn Korporation? b.'sianden, fs
spielte sie reine Stelle. Mail kam eben
nach Stiaßbura, nicht um zu ftudcntel.-,
sondern i:m zu studieren.- Und wir
schafften, daß es nur fg leuchte. Ein
solcher Wetteifer überkam urJ, i:ß man
?cku',n sich die Zeit ihm. einmal cineN
kleinen Ausilug in die Vogeseu rtec
nach BciLei-Bad:n zu unlernehmen.
An der Universität erhi'lken wir An
regungcn in Hülle und Fülle: icni
den ununterbrochen in einen anzerk
Wirbel geistiger Anregunssn g'czen,
di, vsn kraftvollen Persönlichteiten von
überdurchschnittlicher Größe susg!jig,'N
denn in der geistig Höhe Strsßburgs
herrschte ein frischer, erquickende: Luft
ftrom. '
Da ftaird kernig im Vollgefühl der
Mannesirast Wilhelm Scherer, der in
einem Maffenkollez die dcntsche Likrra
turgeschichte vortrug, die als Buch des
Redners Ruhm der Nachwelt erhielt.
Mit spielender Leichtigkeit handhabte er
die Sprache, es war ein hoher Genuß,
ihm zuzuhören. Dazu gesellten sich drei
glanzvolle Historiker: Julius Weizsäcker,
der' Begründer der deutschen Reichstags
abschiede, , ein kerniger Schwabe voll
Ehrlichkeit und Eouraze, dem es nichts
machte, einem Aerge? über SluÄevtcn,
Kollegen und Behörden tapfersten
schwäbischen AnZdruck zu verschaffen;
d?r liebenswürdige Wefifsle , Schefier
Boichorst, dck gerade dazumal in dem
interessanten Tino EompagniStrcit
den Lorbeer errungen hatt; der feine,
zact: Baumgarten, der vorzügliche Jen
ner der Reformationszeit. Zahllose Hi
storiker sind aus der Straßburgek
Schule hervorgegangen. Und dann
waren da die leuchtenden Gestalten der
Philosophen Laas und Liebmann, dek
Philologen StudentUnd. ten Lrink und
Gröber, des Geogeapven Gerland, bes.
NechtJhiflorlkers Sohm. Es ist nicht
auszüsagen, was für eine Fülle von
fruchtbarem Wi??n der studierenden
Jugend in den Vorlesungen mitgeteilt
würd?. Und dein erst in den Seinins
rien! In eir;m geradezu erstaunlichen
Reichtum war i;i den einzelnen Insti
tuten der litersrische Apparat vercinigt,
und die pädagogisäx und Wissenschaft
liche Tüchtigkeit der Leitenden gestaltete
die Uebungen zu LSeraus lehrreichen
und friichtbriiiee.nden Stunden von un
Vergeßlicher Kraft.
An dies alles mußte matt wieder
denken, als das Schicksal Etraßburgs
in neue Bahnen gelenkt wurde. Mögen
die jetzigen Leiter der Universität nicht
,-dergcfsen, welch hohes nd verantwor
tungevolles Erbe sie zu verwalten haben,
und daß es für sie keinen größeren Ruhm
ezibk. !s Kenn sie in die Herze ihrer
Schüler die gleichen Gcfüble der Tank
barkkit pflanzen, wie es der alten Un!
vkrsttät beschiedcit war.
Heimgekehrt.
Wie Viele in der Ferienzeit.
So ging auch ich auf'S Land,
Um der Erholung mich zu weih'n
Und sonst noch allerhand!
Doch leider fand ich manches dort.
Das im Programm nicht' stand:
Moüitos, Negen, KInderschrei'n
Und sonst noch allerhand!
TaS Essen hat mich sehr enttäuscht,
Das Fleisch schien voller Sand,
Und in der Suppe schwamm manch'
Haar
Und sonst noch allerhand! '
Und stieg de, Abends ich in't Bett.
Es stand dicht an der Wand,
T fand ich, es hatt' Raum für mich
Und sonst noch allerhand!
Für da? Vergnügen sorgten nur
Die Mägdelein am Strand,
Ergötzt hat mich dort oft ihr shspe'
Und sonst noch allerhand!
Trotz Spzrsamkeit war schnell mein
Geld
Entschlüpf dem Gummiband,
Für Kost, Legij und Sauveniers
Und sst sch allerhandl
Nach langem Nichtstun hak auf'I Neu'
Die Wahrheit ich erkannt:
Nur Arbeit vringt Zufriedenheit
Ur.d sonst rech allerhand!
Willkemmk Zeder Tonnenschein.
Der hier im Hanse will b'ittin,
Willkommen jeder jite 6an.
Der Zier im Hause suchet Zizst.
. Das Emg-Nlndln..
Cin Beitrag zur schichte icö go...
schritte Menschheit..
' . Es lebe der Forlfchritl! . , ,
Er lebt nicht nur, er blüht nd ge
deiht, denn, lieber Leser, du zweifelst
doch nicht daran, dafz wir fortschreiten.
LicZ mal, li ist eine kleine Plauderei,
die vor genau zweihundertundsechS
Jahren von einem Pariser Cchriftstek
lcr geschrieben wurde: Lies' mal ond
dann mache Dir !la.i, welche ungeheuere
Fortschritte wir ka dieser Zeit doch ge
macht haben. Der Herr aus PariS
plaudert über die Frauen natürlich,
es gibt kein dankbareres Themck slz di
Frauen. Er erzähl!:
Neulich war ich in einer Gefcllschaft.
wo ich mich recht gut unterhielt. EZ
waren dort Frauen von jedem Alter:
eine dsn. achtzig, eine von scchziz, eine
von vierzig, die eine zwanzizjahrige
Nichte bei sich hatte.
Natürlich näherte ich mich der letzte
rcn und sie flüsterte mir zu: Was sa
gen Sie ZU meinet Tante, die trotz
ihrer vierzig Jahr noch auf Liebhaber
Anspruch macht nd die Schöne spielen
tvill?
.Sie tut sehr nrecht daran', ermie
dcrte ich. ste sollte fcai unbedingt Jh
ncn überlassen."
Kurz darauf kam ich in die Nabe der
Tante, die za mir sagte:' WaS halten
Sie von fener. Dame, die gut und gern
sechzig Jahre zah.'t, un heute über
eine Stunde auf ihre Toilette verwandt
Hai?" ,
.Verlorene Zeit", rief ich ans, daZ
darf man sich nur gestatten, wen man
Ihre Reize besifct, meine Gnädige, und
dann hak Mein's nicht nötig."
Ich jtlng nun zn der Frau von scch
zig Jahren nd wollte sie gerade km
Stillen bedauern, als sie zn mir fazte:
.Kann m,in sich etwas Lächerlicheres
denken als y.it Frau, die achtzigjährige
Urgroßmutter, die sich feuerfarbenk
Bänder aufsteckt.' Sik will die Jugend
liche spiele, und eZ gelingt ihr: sie
sieht gjnz kindisch an:"
.Guter (iMir dachte ich bei mir.
.werden wir denn immck nur das La
cherliche bei c:n Anderen bemerken?"
Ich war nun einmal im Zuge und
dachte: .Nun bin ich hoch giizherauf
gestiegen ersüchen wir's unigekeh?!:
fangen wir Mit der Aeltestcn ali!
.Madame", fagte ich. .Sie haiki soviel
Aehnlichkeik mit der Dame, die eben mit
mir sprach, daß Sie wahlscheinlich
SchlRstcrn sind. Sie müssen üngefahk
im gleichen Alter stehen." ,
.In der Tat", lautete dii Antwort
der Dame init ten Achtzig, .wenn die
eine von uns sterben sollte, iirdk sich
die andere sch.?, ängstigen ich glaul-e
der Altersu.iterfchies zwischen mir und
ihr beträgt keine zwei Tage."
Ich ging it der C'ichzigerin: .Sie
müssen eine Wett entscheiden: ich he
haiiptete. Sie und jene Dame (ich wieS
auf die Lierzigähkige) seien in glei
chen Alter." ,
.Sie haben gewonnen ich glaube,
der Unterschied ist kaum sechs Monate."
So weit war mir's geglückt und ich
machte Mich N die Tome im gcsiihkli
chen Alter, die Bierzig?rin:
.sagen mit d?ch, meine na
dige, ist es Scherz oder Ernst, wenn
Sie die Dame an dem Tische dort drii
ben (die Zwanzigjährige) Nichte nen
nen? Sie sind ebenfofung wie sie. im
Gegenteil. Ihr Teint sieht frischer auZ
. . . Ihre .Nichte" erscheint etwas der"
blüht."
.Ich bin allerdings die Tante, .aber
ihre Mutier war mi7.dcstens sünfund
zwanzig Jahre älter als ich wir
waren StiefschAestern .... meine
Nichte und ich sind im selbe Jahre ge
boren."
.Tas dachte ich Mir
Wen die Frauen den Verlust ihrer
Nei.t empfinden, möchten sie sich gerne
verjünge. Warum sollten sie such
nicht? Warum sollen sie nicht andere
oetkügen wollen, da sie sich selbft. be
trügen! Dic bcloldcte HansZrsu.
Kommt da eine gelehrte englisch
Frauenrechtlerin, die streitbar MrS.
Hcnrq Fawcett, und keweist unS klip?
und klar, daß die unbesoldeie HauZsrau
nur .eine Art unbezahlte MZgd oder
weiße Sklavin" sei, und daß das an
ders werden müsse.
Ta ist nZmlich letzthin in London ein
Schauspiel oder Trauerspiel aufgeführt
worden, das von einem geizigen reichen
Manne handelte, der sein arme Frau
allzu kurz hielt und schlecht behandelte.
Das hat nun dickn Engländerinnen ge
teattij in die Nase gerochen, und sie sind
spornst 'eichs nach Hause geeilt und habe
ihren ahnungslosen Ehegatten erklärt:
Da! geht so nicht mehr, wir wollen
nicht wehr !loß eure unbezahlten Diene
rinnen sein. Wir haben's satt, mi jähr
aus jahrein für euch und die Kinder ab
zurackern. G:kt uns was recht ist: un
fern ehrlich verdienten Lok,.' -
Und jene 27kl. Fawcett stellte sich an
die Spitze itt Unzufriedenen. Sie er
klärte einem journalistischen Auksraz,
fc:fc es nur recht und tillig sei. wenn die
Frau, die meist schwerer arbeite als man,
cher Dienstbote, vom Manne auch ihre
regelrechte Besolsunz erhalte. Der g?
.enwartige Zirftsnd nähere sich in der
Te! ciuer Art von Sklave::!.
7
ulZilniisland.
LZorfladtftratzki
her. Wagen, Radfahrer. Aus dem
Trottoir der hohen Straße gehe ich, links
am Eifcngeländcr vorbei. Tarunter ist
eine sehr dohe. grasbewachsene Böschung.
Unten nämlich ist eine parallele Straße
die aber schon gleich rechts abbiegt und
in einem langen Tunnel unter der be
ren Straße und den Bahngkeisen. die
neben mir rechts herlaufen, weiterführt.
Eine schmale Treppe verbindet ara Ein.
gang des Tunnels beide Straße mit
einander. Ta beginne hinter einem
vlaßbcstaubtcn kleinen Part die Hausek.
Hohe kahle graue Wände, wie mit Ueber
kequng ss geschaffen zur Platzmicte für.
Plakate. B erblaßte ehemals grun gew,
sine Fensterrahmen. Ein paar schmut
zigk Kinder mit zerrissene Jacken, durch
die ein rot gestreiftes Hemd sichtbar ist.
werfen sich mit Steinen. Ein Kellner
mit einem verlebten Gesicht, über dem
ein kahler Scheitel zwischen feucht zur
Seile gestrichenen Haaren ist, geht nach
gegenüber, m sich mit dem Llgarren,
Verkäufer zu unterhakten. Mädchen ge,
hen vorbei. Berkäuferinnen vielleicht, in
dünnen, bunt streiften Nocken und
Blusen, die nicht auf Dauerhaftigkeit
: hin. sondern billig und siir grelle Wir
tungen gekauft zn sein scheinen. AuZ
ihren' eifrigen Gesprächen hörte ick .cnt
zückend , reizend" . . . und kann mir
denken, daß es sich ans Untcrröcke, Lieb
haber. Hüte, verlebte Stunde gleicher
eise beziehen kann und auch vielleicht
gleicherart in der Starke der Empfin
dung. An Läden gehe . ich vorbei,
Schaufensterausstellungcn mit greulichen
Reklamebildern, und ich habe Zeit, stehen
zn bleiben und in die Wirtschaft hinein
zufehcn, wo am Büffett eine dicke Frau
mit schmutziger weißer, wie aufgeblafe
ner Bluse steht und träge mit einem
Lappen über die feuchten Messing und
Nickelplatten wischt, ab und zu unter
ilircn getürmten Haaren her auf die
Straße sehend. Ei paar graue Stein
stufen hinauf, über einen abgetretenen
Fußboden gelit man in die Kneipe hin
ein. Sisiarrenstlimmek liegen noch unter
den Tischen, das schmutzig oldene
Mundstück eine Zigarette 'rn an
'der Treppe; aus den schmutzigen Tisch
decken liegt Zigarettenafche, denn die
weißen Behälter sind mit Asche, roten
und halbabgcdranntcn weißen Streich
hölzern.' mit Papier ,und dergleichen
übervoll. Ich denke, wie hier das Leben
geht. kalt, schaurig, öde und dunkel, im
mer wie im matten Lakernenfchein einer
schwarzen Nacht, daß es hier nie wirklich
Tag sei kann. Und es schaudert mich.
Ein kalter Wind kommt aus der Seiten
fcrafc rechts. Ich wende Mich nnl und
dnle. wß es hier auch einmal anders
gewesen sein muß. Auch in Regentagen
wie heute kann ti nicht ss schaurig der
iess'N tinlam newesen sein. TaS Leben
ist hier chne Beziehung zu irgendwelchen
Eiitniicklungen. Es friert blaß wie ein
noch iiinaer sterbender Aa. Der graue
Qualm ist keine Luft zum Waschen, ist
ein ungesunder lrankhaftcr Atem.
Ehemals war unten In, der tiefen
Ctraße ei Tal. und neben dein kleinen
Bach, in dem die Kiesel kcuchtcien (weiße
und glänzend schwarze)." in dem die
Bezchstelzen hüpften, war ein Weg. hol
priq lind krumm wie der Lauf des Bäch
leins; da würde nun die dichten Schle
den blühen und der Abhang würde bunt
sein von blauer Salbei, rotem Klee,
weißen Margareten, gelbem Hahnenfuß
zwischen dem blond? duftenden. Gras,
und oben, wo ich selbst gehe, waren Fel
der. Ta wogte der ?!oggen mit sonne
goldenem Rsiischen um roten Mohn und
blaue Kornblumen. Und vor den schmut
ici'roten Häusern standen damals hohe
Bäume, Nüsse. Linden, Kastanien. Und
die Fensterläden waren grün, und der
dlattgetrctene L,ehmplatz vor den Häu
lern war früher ein Vorgärtchen, aus
dem die Rosen über den Zaun hingen,
und dielleicht ging jeht da Mädchen
zwischenher, denn es ist fast Mittag, und
das Essen wartet nur, daß die Familie
nach der Arbeit sich versammele.
Ich schwärme nickt. Die Vergangen
iKit war einmal. TaS weiß ich. Und
ftde Zeit hat und tut und erfüllt das
Ihre. Und lebt aus sich selber. Ich
komme nämlich ebe vom Lahnhos. dem
großen Tummelplatz der großen In
duprik. TaS Donnern, Sausen. Pfei
fen. Fauchen, Lärme. Zischen in Qualm
und Dampf ist das Leben. Da kann
weder Ruhe sein noch Besinnen. Und
die großen Halle sind gewachsen , aus
dem Grund der Eidenfelsen. Aber dies
Unter dem heutigen Gesel). so Jogi
Mrs. Fawcett. kann der Mann seiner
Frau für die Bestreitung deZ Haushal
tcs und andere Bedürfnisse sa ziemlich
da geben, wai ihm beliebt, und die
Frau muß ehmea. wa er ihr gibt. Sie
kann, abgesehen do Fälle grober Bti
nachlässigung der Ernährerpflichtca, kck
ne gesetzNchen Anspruch auf eine gr'ö
ßktt Zuwendung erheben. Tal, sagt
Frau Fawcett. sei ein unwürdiger Zu
stand sü, die Hausfrauen.
Sogar In den Fällen, wo eS der Frau
durch kluge Sparsamkeit möglich gewesen
war, von ihrem Hauihaltungsgeld etwas
beiseite zu legen, habe sie kein gesetzliches
Recht auf diese Ersparnisse. . Da Geld
gehöre immer noch dem Manne, und er
könne es zurückverlangen, wenn er es für
gut finde. El fei überhaupt, besonder
für feiner empfindend Frauen, höchst
bemühend, den Wann stets um Geld Hit
ten zu müssen, wobei allerdings nicht zu
leugnen sei, dab manche Männer in die
ser Hinsicht ihre Frauen in der freigebig
sten und nobelste Weis behandeln.
Sehr Hiele andere Frauen aber hätte
ei in dieser Hinsicht nicht so gut getros
fen und leiden fchmk unter ihrer VMn,
gigkeit von einem engherzige und allzu
sparsamen Ehegatte.
Das Berbältiiit zwischen Mann und
Fri.i sei 'allerdinzt eine so persönliche
und ir.'.ime Angelegenheit, daß sich auch 5
das wir!sch:f:liche und Liiterrechtliche '
.... it Straße ist der Gegensatz.
Hier ist bat Lerlorenseia ohne al.e
Schönheit und ohn Tläume. - Hier Ist
die Not und das Abwendige. In S ?!,-
ftraßc und Kellerzementen tst die Bcr
lasscnheit eingepreßt, daß sie nicht mci'r
weinen kann, weil sik sich selbst vergessc
hat. Die Fabriken gehe aus. Die Mä,
ncr gehen trage zum Essen. Auf daß
die Körper satt werden. Befriedigt. Ol'
sie nach Hause gehen, weiß ich nicht. O'.
sie sich dc Essens freuen s fcfieia:
nicht so. Mädchen zwischenher l blau.m
Arbeitshosen lind Jacken, gehen straffer
wie die Männer. Die Formen ihm
Körper find herausgepreßt aber in
ihren Augen liegt die Schwermut cinci
Schicksals, denn in einsamen Rächt.
schreien tief aus der Seele die Keime
Ihres verlassenen Leibes: .Mutter".
Tausendfach mit Weinen und Kreischen:
.Mutter". Die heiße Not, die kein: Er.
hörung findet.
Gewal'ige Bauwerke der Fabrik
anlagen überragen hinter den Häusern
die Stadt. Mächtige schwarze Kessel
säulen mit Kuppeltünnen nebeneinander,
mit Brücken und Leitern wie ohne Ord
nung verbunden. Gelber Qualm aus
Schornsteinen, schwer lagernd, weißer
vnd araner. sebwaricr aus den vielcil.
hohen Schloten, mit den Wolken gejagt j
vom Wind, glühende Augen aus der
wie Kästen aneinandergereihte rötlichen
Koksanlagen. Das ist alle gewachsen
wie der Bahnhof aus felsigem Grund.
Tatgttoordene Menschenkraft und Klug
hcit. Erfüllter Männerwille'. Treiben
des. reiches, heiliges Leben und Werden.
Der Keime all. die In Mensch nd Wcl
tengründen liegen von Anbeginn. :
Aber dies alles Ist der Gegensah.! Di!
kleinen LZärten ohne Blumen, mll
schmutzigem Kohl, Spalierlatten : aU
Bohnenstangen, die umwehe, wen di
Bohnen hoch geklettert sind, oder durch,
brechen. Einmal waren dort gepflegte
Hecken, die bauschig grün wurden i:.i
Frühling. Ein paar wilde Dornfträu.
cher nddiel Brennesseln sind iibrlggc
blieben und die Garten sind doi!
von Läuse und .Ungeziefer, denn, fu
werden gedüngt mit Schlamm un:
Straßenkot.
Einmal war hier ein fruchtbare;
Land. Ta gingen Mütter zwischen de
blühenden Rosenhecken. Ta, wo jeht du
Biirgersteige das Leben bannen, vor den
schmutzigen, spinnwedver'zangenen Fen
fiern der schivakzcn Keller ginge Män
ner nach der rußigen Arbeit und pflanz,
ten Blumen on den kleinen Wcgen he!
in den Gzrtcn. abends, wenn die Tros.
fel fang und wenn durch das offen!
Fenster her die Kuckucksuhr achtmal rief.
Und Madchen füllten Kinder an de
Händen in die Wiese an die Hänge, w,
die Blumen waren. Mädchen, die mil
Seligkeit der tieftn Keime leises Rufe',
borten. Einst ginnen Bräute und ?
liebte dies: Süffle. Und fti den Mond,
scheinst unden saßen Nachbar auf d,'i
Bank und plauderten. . '.
O, wa ich sehnte, daß ein Erollc,,
und ein Donner durch die tiefe.,,
schwarze Gänge dieser AorftaStstraßen
ginge, daß ein Flammen schlüge ein
den Untergründen, daß im ungeheure.,
Brand die Häuser. Steine ganz zergehki,
mögen, und daß dann, wenn die Erd
rein geatmet hat die hundert Jahre iu
reiner Luft, ein neues Leben werde: daü
die Keime wachsen, olle Keime diesej
einen großen, neuen heiligen Lebens
Tann würden die Häuser hinier st'N
l?n. grünen GarieN stehen. Liäi'n.r
würden Feierabends nach der ruß
schwärzten Ardcit zwischen Betten gcheii,
Reise Frauen würden sein mit schwere'!
Schreiten. Ju,igsrai!en, die voll Sehnn
sind in süßen Träumen, die sie nicht vr..
stehen. Und hinter Äärten wür:?
Landmanns Pflug des Morgen! Für.
chen ziehen, wenn in den bohen Linde
und Kastanien die Böge! flöten und
über Häuser ragen Kefseltürme dee
Fabriken, die di: Menschen schusen i:i
Ut Arbeit, da die Menschen ihre Arbeit
tun. ,hre Arbeit heiliger Manntrkrast
!ra,t. ,
irfS
't ttfc .
T.'5tz
Und ob sie an der Glut der
Essen stehen, oder ob Frauen ihrer
ten bei du Heimkehr an den
inrer Lleve. uns es nie ninver , ,
Abendstunden segnen im Haus, das i
Freude grün umranlt. Allüberall i
Heimat, stille schöne Kraft der Keij
die frei am hellen Tage in du Soi, '
blühen, der Keime heiliger Multsrer
heiliger Menfchenkkaft, die ' sich im
aus sich selbst erfüllen können. ' '
Verhältnis zwischen den ieiden Eheg
tcn leicht und angenehm gestalten sol
Nicht immer sei dieö jedoch tatsächlich i
Fall, und im Interesse der gegenseft!
Unabhängigkeit lind der Sicherheit' u
deZ Schutzes der Frau Ware et nach i j
sieht der MrZ. Fawcett durchaus ans )
zeigt, wen das Gesetz über das thereck
liche Verhältnis in dem Sinne erweit.
würde, daß die Frau eine berechtig! ij
Anspruch auf eine bestimmten Teil t -
Einnahmen ihres Mannes eingeräv! ' - z
wird und dakz sie u?t diese! Ee!d f. , ;
dersügen kann, ohne ihrem Manne li:-, ' ;
jeden Rappe Rechenschast ablegen ' -müssen.
,
.Diele Männer", ss sagt Mrs. Fa: '
kett, .sehen und anerkennen die berechii. i ,
ten Ansprüche der Freuen in dieser Hi,
ficht ohne weiteres, und sind gern been . 4
das ihrige zur Besserstellung der Frz . )
beizutragen. Manche andere stehen j ' ,
doch lmme,r noch auf dem Standpunkt z, ',
jenes biederen LandmsnneS, der sei: , ,
Frau, als sie ihn ,ines Tages uin et
Geld bat. in ehrlichem Erstaunen e
fuhr: .WaS Geld? Was willst du du,
mit Geld anfangen. Tu hast doch de.
Heim und genug zu effen. WüS brau,'
eine Frau mehr?"
Die modern Frau muß nun e
loch ittrsl mehr verlang'.", wkint Vlt
Fawcüt, .namentlich renn sie Ihr?'
scanne und ihren 'Kinder eine gu:
Frau, (Ü3ti und Mutier sein will."
rr
y h:
i
5
pi
i
li
V
.
II
lf
i
1
y
(
i
,ti
: l
i)f
U
z
i
i