Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, August 09, 1919, Image 7

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Asien fr die Zlsiatett!"
Tie Nktte mongolische Monroe-Doktrin. Anspruch ans die dkktscht
Hinterlassenschaft iu Ostasirn. Der Kiantschon-Pachtvertrag.
Abmachungen zwischen Amerika nd Japan. China als der .ranke
Mann im Fernen Osten." Japans Eintritt ia die neue wrltge
schichtliche Periode der Schlußabrechnung.
apanS Entschließung beim Aus
brück) des europalschen KtiegeS
August 1934 standen drei Mög
lichlclten offen: Neutralität.
wodurch starke russische Streitlüste In
der Mandschurei und britisch in Indien
'geint ton worden wären; Zutritt zum
'miilcleurc'päijchcir Bündnis, mit Einfall
in Sibirien nd Bedrohung Indiens;
rbcr KriegZerliäriing an Deutschland.
-Sie cjinalifie ol:j Regierung unter
dem Premier Okuma entschied sich' für
Die dritte utcogiichttit. Bereit am 19.
August 1014 überreicht, der japanische
cichstSlragcr in Berlin folgendes um
maluw:
Die kaiserlich japanische Regierung
erachtet es in der gegenwärtigen Lage für
vumr l wichtig und notwendig, olle Ur
sachen einer Störung des Friedens im
vcrncn Osten zu wscitigen und das au-
gemeine Interesse zu wahren, das durch
den Bündnisvertrag zwischen Japan und
England inS Aug gjfafjt ist, um einen
festen und dauernden Friede im Osten
p sichern, dessen Herstellung das Ziel
des besagten Abkommens bildet. Sie
halt es dkZholb aufrichtig für ' ihre
Pflicht, der kaijerlichen deutschen iitea.fr
rvng den Rat zl erteilen, die nachstehen-
vcn beiden iuor cfilaqe auszusunren:
.1. Unverzüglich aus den japanischen
Und chinesischen Gewässern die deutschen
Kriegsschiffe und bewaffneten Fahrzeuge
jeder Art zurückzuziehen und diejenigen,
die nicht zurückgezogen werden können,
alsbald abzurüsten.
2. Bis spätestens den 14. September
3914 das gesamnite Pachtgebiet von
lau! chou dinaiingsloz ud ohne Ent
schädiaung den kaiserlichen japanischen
Behörden zu dem Zweck nilsznantworteil,
es eventuell an China zurückzugeben."
Die kaiserlich japanisch: Negierung
kündigt gleichzeitig an, das; sie, falls sie
nicht bis zum 23. August 1914 mittags
von der kaiserlichen deutschen Regierung
eiue Antwort erhalten haben sollte, die
die bedingungslose Annahme der vor
siehenden, von der kaiserlichen japanischen
Kegierung erteilten Ratschläge enthält,
sich genötigt sehen werde, so vorzugehen,
wie sie es nach Lage der ache sur not
wendig vesinden Wird.
In diesem Ultimatum war bereits die
Erwägung festgestellt, welche Japan zum
eintritt in den ttrieg gegen Teutzchland
jiKanla&t. Halle: Tas Putscht. PMW,
biet Kiantschou. Und damals bereits
war die Frage aufgeworfen, welche heute
die Staatskanzleien beunruhigt und die
Politiker anher Atem brinot: Wer soll
oer Erve dieser deutichen Hinterlassen.
schast ,n China werden?
Der damalige Ministerpräsident Oku
ti. der .Weise von Waseda" hat be
rcits vor drei Jahrzehnten, als Japan
unter dem Eindruck des Ausganges des
lapamsch-chinclilchen Krieges und der
Machtcintervention von Cchimonoseki
sand, prophezeit: Die Ze,t wird forn
men, wo die Japaner auf den Ebenen
Sibiriens und auf dem Plateaa von
Kntralasten gegen die europai chen 3ias
scn zu kämpfen haben werden." Er war
Mit seiner Befurworiuna einer ausae
dehnten Ueberseepoliiik der Vorkämpfer
ver Wettmacht telluna Japans, Qt war
der erste, welcher, unter der Erwägung
?oicyen Aurunstskampscs, die Losung
ausgegeben: .Asien für die Asiaten!8
und dem Mlkadorcich die Stellung der
Vormacht in Ostasien zugewiesen hat.
luma. der Schlaue, welcher sich nicht
nur den Ehrennamen eines .Weifen von
üa eoa , londern auch den eines .lava
jcycn Ätachiavelli" verdient hat. wußte
mau, was er tat. als er mit dem Ulti
latum an Deutschland Japan in den
lrieg auf der (Seite der EnUnte hinein
,4öiie. Japan brüstet sich, daß es die
rtraqspflicht England oeaeniibcr bis
hur aktiven Teilnahme am Kriegeauf
K .Seite der Entente erfüllt habe. Aber
S'.ie Staatsmänner von Totbschirs. deren
izksichtsfaltin sonst sie:s wie in Stein
I xmechelt er cheinen, lächeln sich nach
iftugurnort an: Der Krieg an sich, mit
enen ursprünglichen und den spateren
fielen, ist ihnen Hckuba gewesen. Aber
er Eintritt in den Großen Krieg er
möglichte Japan die Erfüllung seiner
Ipirationen nach dem chinesischen Fest
land hinüber und die Durchsetzung seines
errenwillcns, die ittormacht im Fernen
t)itn und der Schützer Chinas zu wer
den. Japan beansprucht das Recht der
eigenen Bestimmung der Art und Weise.
:n weicher fcbrna mit seinem Sclmd ver
sehen und mit seiner Freundschaft bc-
gluat werden soll. Von diesem Stand.
Punkt aus beansprucht 2ok!o auch daZ
Nccht, den Zeitpunkt festzusiellen, an
wilchem es Schantung an China zurück
giebt. Mit der mongolische llzgna. Charta
ton der Gleichheit oller bürgerlichen
Rechte wie für die Weißen so auch für
die Gelben, und mit der neuen Aonroe
Toktrin. das; Asien den Asiaten gehöre,
war Jzpan in den Krieg eingetreten.
Tie StrakKn der Roten Sonne im
Veiszen Felde der Flagge, welche dem
Sicgeszug Dai Nippons all der mongs.
likchcn Vormacht voranflattert, breiten
sich über das ostasiaUsch, Festland. Wer
immer im Amtszimmer von Sotoschiro,
in welchem die äußere und die innere
Pülitik dcs esiasiatischen JnsekreichS tu
treut iciid, sitzt, der wird an der Losung
Ut neuen mongolischen 3Iaraa Charta
ieilhalten müssen, welche für die stlbe
Nssj h öer Welt 'die den Veiße'
r,':& bürrkichen Reckt5 tjf!st und
.Xt. Völkern bi; nei:e Aonrze,Doktrin
L;;::t, lz Aßen Ux Asiaten gehöre
NKllNer
II. ,' ,'.,)...
!,
und Land und Reich Dai NIppon die
ormacht tm Fernen O teN bilde.
Unter solck'em Gesichtspunkt wird man
auch vie K,c!,antung-Fisge aus der
Dunuatmosphäre. welcbe der Friedens
vettrag von Versailles über die tnterna
tionalcn Verhiiltnisse und deren weitere
Ausgestaltung breitet, und aus der Enge
des agesgeschwages herausheben ncus
ftn. Man muß ouck den Etreit.um die
deutsche Sinkeilasicr.kckiaft in Berbinduna
bringen mit den Zukunftsmoglichkciten
oer oie ontlttente umsasseNden neuen
Kombinationen und Konstellationen und
mit dem Nicfeii'KristaUisierungsprozcb,
reia)cn vie Wclt-Vlockpolitik in der nun
mehr anhebenden, neuen wcltgeschicht
lichen Periode vornehmen wird.
Wiederholt ist. an dieser Stelle, die
Idee, daß Japan die Absicht oder etwa
die 'Iiacht habe, China zu .verschlucken ,
eis avjuro zurückgewiesen worden. Ja
pan begründet seinen Standvunkt. wel
chen es dem Nachbarland und auch der
Kchaniung-Äesikfrage egenuber ein
nimmt, mit dem Hinweis auf die Gc
fahr, die China aus eiwaioen Allste!
lungsabsichtcn der Westmächte drohe. In
einem Plaidoyer Baron Jchiro Motonos,
d:z Ministers des Aeußern im unlängst
gestürzten Kabinett dcs Warschaus Graf
Sciki Terautschi und eincS der Geburts-
Helfer des russisch-iabanisckien Bündnisses
als Botschafter in Petersburg, für die
acye Japans heißt es: .China ist,
von ahr zu Jahr mehr und mehr.
ein Mittelpunkt der internationale
Konkurrenz geworden. Nicht allein
dies, sondern auch ein Mittelpunkt
der internationalen Konkurrenz gewor
den. Nicht allein dics, sondern auch ein
Mittelpunkt der internationalen Jntriae
und deshalb, großer internationaler
Eifersüchteleien." Baron Sblmvei Goto
Minister des Innern in der Terautscbi-
Regicrunss, bat sich in einer Adresse vor
dcr Japanischen Kesellsebakt in New
Vor! am Tu Mai d. I. über die. durch
die Schantuna-??rage bervornerusene
Siiuatlcn im Fernen Osten folgender
niaßen ausgesprochen: .Betreffs der Zu
rückgobe Schantungs an China ist die
Politik Japans von der Besukchtung ve
einslußt, daß die chinesische Regierung
nicht imstande sein könnte, die Vronin,
zu behalten daß sie tatsächlich einer
dritte ; Macht hypothekatlsicrt werden
möchte.,.,zum.Sck,aden, nicht nur Japans,
sondern mich Chinas. ' Wir können unS
der Erinnerung daran nicht enlschlagen,
was mit ber Südmandschurei passiert ist,
nachdem dieses Gebiet von uns im Jahre
1892 an China zurückgegeben worden
war. Kaum war die Tinte deZ Ber
träges, welcher das Gebiet !h!nä über
tiug. getrocknet, als der Distrikt, allen
Zwecken und Interessen nach, Nußland
ausgeliefert wurde. Natürlick baln fkb
die auswärtigen Beziehungen Chinas seit
vem bedeutend geändert und ist die Ge
fahr einer Zerstückelung um vieles gerin
ger geworden. Indessen kann nicht in Ab
rede gestellt werden, daß selbst heilte noch
seine inneren Berhältnisse und seine aus
wältigen Beziehungen derartige sind, daß
sie seine Nachbarn, uns bes?nderS Japan,
welchem es glückliclr Weise gelungen
ist. dem fremden Jock. das Cbina tiefet
hat vermeid, kennen, zu entciehen, mit
tiefer Besorgnis füllen. Das Land ist
in verschiedene Faktionen gespalten, dort
denen jede darauf aus ist. fid& fremde
Beihilfe zie sichern, um sich selbst gegen
die anderen Faktionen zu verschanzen.
In ihrem Eifer, selbstsüchtige Interessen
zu fordern ,oder Einfluß zu erlan
gen, hat sich noch jede dieser Faktio
nen dazu bereit finden lassen, verschie
dene Rcssouizen irgendeiner fremden Na.
tion. welche sich etwa willig gezeigt, ihr
materielle Untersiühuna zu aewäbren. u
hypothekatisieren. Wer kann sagen, daß
Er: : ri.:- t-Ls.,. l.v"
niiit ifuiuuii , in uiiiiu uiuu Einea
würde, eine: triiter. Partei , dieieniaen
Rechte, welche Japan der Regierung sii
Peking zurückerstatten will, als Faust
Pfand zu überlassen?' Wer kann die
Möglichkeit in Abrede sieüen. daß das.
was so oft in der Vergangenheit in
Cbina licki ercianet liat. aucb m bei-
knnft passieren könnte, es sei denn, es
werden Maßregeln gegen titte Wieder
holuna des Vorkommnisses wie der Ab,
tretung der Mandschurei an Rußland
getroffen." '
Das ist die Auffassung maßgebender
apanischcr Versönlichkeiten von der
Sachlage, wie sie durch die Aiifwerfung
der Schantunaragk oescbuifen wirb.
und solcher Art sind tie Befürchtungen,
welche man in Tokio betreffs der etwa!
gen Haltung Chinas, hegt ohn zu hegen
vorgicbt. Auch diese Auffassung und die
sich an diese knüpfende Befürchtung wer
den bkstttnint durch die Losung, daß Asien
den Asiaten xchöre und daß Japan zur
N!0i,ao!ischen !?,ormack,t im ernen Ciien
prädestiniert sei. : -
China stellt sich aus den entaeaenae
setzten Siandpunkt. In Peking erblickt
man heute gerade in 5iavan den eind.
Was die Inteenationale RechtssraiZk av
bctriffr, so wird die Auffassung vertre
tcn, daß mit der Kriegserklärung Chinas
ag Deutschland uclz fömtlZcbe hiltni
Chinas mit Deutschland getroskenen in
ternationalen Abkommen ktns.llsi ntt
worden seien. Also auch das Kiautschou
Abkommen. Bon einer Berechtigung deZ
Anspruchs auf den Anfall der Rechte
aus diesem Bertraa. wie er von ?kavan
auf Srund der Eroberung des Gebiets
durch Waffengewalt erbokn werde.
Mn keine Äee snn. Mit dem Voröe
redacht der Absicht. Schantuna In seinen
besitz als Eck, Deutschlands zu bringen,
sei Japan in den Krieg gegen Teutsch
in ÄcKÄNtUNg.
land Z,iözeIreten. Darum habe es sich
euch bemüht, China möglichst lange uS
deut Kriege herauszuhalten, um eine
Teilnahme dtt chinesische Waffen n
der Eroicrurg des deutschen PachtgcblctS
zu verhindern. Auch die Bestimmung ln
dem. durch , eine Kriegsdrohung feiten!
Japans von China erzwungenen Vcr
trage vom Jahre 1935, dafj China alle
etwaigen Abmachungen zwischen Japan
Und Deutschland betreffs des Pachtge
bicteS billigen werde, fei gegenstandslos
geworden, d mit der Hinfälligkeit deS
ursprünglichen deutsch-chinesischen Pacht
Vertrages überhaupt kein Objekt für eine
Abmachung zwischen ' Japan nd
Deutschland vorliege.
Was die Bemühungen Japans, China
gerade unter Hinblick auf Cchantung aus
dem Kriege herauszuhalten, anbetrifft,
so hat darüber eine Adresse Aufschluß
geben, welche bei einem ycjl der kiuö
ländischen Pressevertreter m Paris zu
Ehren der chinesischen Friedensdelegaten
zur Verlesung gekommen ist. ES heißt
in dieser Adresse!
.Da in der öffentlichen Presse miß
leitende Darstellungen, welche Chinas
KriegStäiigkeiten und Anstrengungen
verkleinern, erschienen sind und noch er
scheinen so wird die Feststellung notwen
big, daß die chinesische Regierung Im
August 1S14 den Alliierten gegenüber
ihren Wunsch ausgesprochen hat.
Deutschland den Krieg zu erklären und
ält den ongko-japanischen Operationen
gegen die deutsche Besatzung von Tsing
tau teilzunehmen. Diesem Borschlag
wurde kein weiterer Nachdruck verliehen,
weil dek chinesischen Regierung die An
deutung zukam, daß die in Vorschlag ge
brachte Teilnahme Chinas .Verwicklun
gen" mit einer gewissen Macht hrrvor
rüfeN könkite. ' Es Ist eist dffenes Ge
heimnis, daß die chinesische Regierung im
November 1915 wiederum bereits war,
In GMeiNschaft Mit den Alliierten am
Kriege teilzunehmen. Die japanische Re
gierung versagte indessen ihre Zusiim
mung zu dieser angebotenen Hilfelei
(hing. Wie Sie alle wissen, übersandte
China am 9. Februar 1!?17 eine War
liungsnote an Deutschland, brach sie die
diplomatischen Beziehungen mit Deutsch
land am 14. März ab und erklärte sie
am 14. August 1917 Deutschland und
Oesterreich-Ungarn den Krieg."
In Verbindung hiermit ist die Quo
tierung aus einer Depesche von histori
schein Interesse, welche Krupeuski, der
russische Botschafter in Tokio, seiner Re
gierung unter dem Datum des 8. Je
bruars 1817 Zibersandt Hai: ..Ich lasse
keine Gelegenheit vorübergehen, um dem
Minister des Aeußern die Ratsamkeit.
im Interesse Japans selber, einer Jnter
vention Chinas in den Krieg vorzustellen,
und habe ich erst vergangene Woche eine
diesbezügliche Unterredung mit ihm ge
habt. Auch heute wies ich wieder dar
auf hin, daß der jetzige Augenblick beson
ders günstig sei, und zwar wegen d,er
Haltung, welche die Ber. Staaten ringe
nommen haben, und wegen deren Vor
schlag an die Neutralen, ihrem Beispiele
zu folgen. Dagegen wies der Minister
auf die vorliegende Notwendiglcit hin,
die sich für ihn ergebe aus der Haltung
der japanischen Bevölkerung der Ange
lcgenheit gegenüber, sowie aus der er
forderlich: Sicherung der Position Ja
pans auf der zukünftigen Fricdenslonfe
cnz, sollte China z dieser zugilassen
werden, und aus der Sicherung der Un
tersttttzung der Alliierten Mächte für die
japanischen Wünsche betreffs Schan
tungs und der PacmcJnscln. Diese
Wünsche zielen auf die Nachfolge Ja
pans in alle Rechte und Privilegien,
welche Deutschland bisher in Schantimc
oeieiien, uno aus oie isrwervung ocr
nördlich vom Acquaior gelegenen und
zur Zeit voN den Japanern okkupierten
Inseln hin. Moiono erklärte mir offen,
daß die japanische Negierung gern un
detzüölich das Versprechen der kaiser
lichen (russischen) Regierung, daß sie die
obigen Wünsche Japans unterstützen
werde, erhalten möchte".
Japan aettattett Cbina erst dann den
Eintritt In den Krieg, nachdem im Ge
hiimvertrag von 1S17 mit Frankreich
eitens dieset Macht solcher Eintritt als
Gegenforderung für die Gewährleistung
einer Unterstützung der mpanischen
Schantung-Ansprüche verlangt worden
war. Frankreich wollte In den Besitz der
n China internierten deutschen Schlkle
gelangen, um sein eigenes, durch den
Unlerseekrieg ins Arge geratenes' TranS-
portwesen wieder auf die Beine zu'brin
gm. . Dis chinesischen Staatsmänner
posaitneN' es aber heute noch aus. daß
auch China für .Recht und Gerechtigkeit"
iu den Krieg gezogen fei.
Man darf die Schantuna-Besikfraae
nicht in den beschränkten Gesichtskreis
eines .Geschenks" oder .Raubes" oder
einer .Bestechung", ode, wie alle die
neuerlich auftauchenden Schlagworte lau
ten mögen, einpressen. Viele sind nur
allzugeneigt, China mit dem Schimmer
det Romantik zu umgebe und damit die
Wirklichkeiten zu verschleiern. Tschung
hwa , die Blume der Mitte. Man
liebt es. In den Erinnerungen einer
Jahrtausende alten Kultur zu schwelgen,
und gerat dabei aus den Wegen heraus,
welche die geschichtliche Entwicklung ein
geschlagen hat. Man rechnet mit der
ganz imaginären Zahl der Bevölkerung,
ohne sich dessen zu vergewissern, ob auch
der Pulsschlag der Volkskraft ein reger
geblieben ist. Als aug dem .Reich der
Mitte' das Große Chinesische Volksreich
f.Ta Chung-Hua Min-kuo") wurde,
wurde auch von dieser Sicherung des
demokratischen Gedankenl für die Welt
die Freiwerdung bisher gebundener
Bolksträfte und die Vetätigung neuer
Energie erwartet. Wieder sollte die
demokratische Staatsform das Panacee
sein. Aber man hat von der Errichtung
der Republik bisher keine nennenswer
ten Erfolge für den inneren Ausbau nd
die Ausgestaltung der äußeren Verhält,
nisse Chinas erlebt.
China hat sich zum .Kranken Mann
des Ostens' herauzaebiloct. Das Große
Volksreich ist innerlich zerrissen nv nach
außen hin der Sjiclball fremder Am
ditionen. Schärfer als je ist heute der
Gegensatz zwischen dem ?!orden und dem
Süden des Landes. AIS nach der Kriegs
erkläriing Peking an Deutschland und
Oesterreich der Süden sich erhob, schlug
die deutsche Sentimentalität Purzel,
bäume. Die ganz Verschmitzten, welche
In allen Landen Revolutionen zugunsten
der Sache Deutschlands witterten, und
die Harmlosen, denen ie Aufrechterhak,
tung einer Neutralität immer noch wie
ein Heiligtum erschien, entdeckten ihr
Herz für China und die südchincsischen
Rebellen. Und war doch diesen der
Krieg mit Deutschland an sich minde
stens ebenso glcicbgiltig. wie er es den
Japanern gewesen, als diese auszogen,
Schantung zu .erobern". Für die süd
chinesischen Rebellen war es, wie für
die Staatsmänner von Dai Nippon. eine
Gelegenheit. Machtsragen in ihrem
Sinne und Interesse zu erledigen.
Um das Lagcr des Kranken Mann
deS Fernen Ostens" ist die internationale
DoktorensZunft der Eisenbärte verfam.
Welt. und. draußen warten bereits die
Erben. Japan aber erhebt den Anspruch
auf die Hauptmasse der Hinterlassen
fchast, sobald sie zur Verteilung gerät.
Mit der öosung der neuen Monroe
Doktrin .Asien für die Asiaten!" will es
sich den. Status, und ,die Anrechte des
Haupterben sichern. Als mongolische
Vormacht, reißt .Japan, mit dem Schan
tiing-Griff, die Führung der Sache deS
Orients in dessen bevorstehendem Ent
fcheidungsringen mit dem Okzident an
sich, '
... Der japanische Einbruch in das Fest
lcmd Ostasiens, wohin der wirtschaftn
chen nd der politischen Entwicklung des
Jnselreichs die Wege gewiesen .sind, er
hält seine . kvahre , weltpolitische Bcdeu
tung erst dadurch, daß man ihn als.
Faktor für die Zukunstsabrechnung zwi
schen Orient und Okzident bewertet.
Hält man eine solche, Abrechnung für
wahrscheinlich oder auch n!ir für mög
lich, so wird man den Standpunkt, wel
chen Japan einnimmt, sowie die Prokla
mierung der Neuen Monroe-Doktrin, daß
Asien den Asiaten gehöre, erklärlich f!n
den.
" ...
Die Schantung-Besitzfiage ist einge
schlössen in die Garantien der Unabhän
gigkeit und der gcbietlichen Unverletzlich
seit Chinas, wie sie in einer Reihe von
Verträgen festgelegt sind. Aber bei allen
diesen Verträgen, In welchen das Wohl
wollen für China und das Interesse an
der Aufrechterhaltung seiner Unabhän
gigkeit und Integrität zum Ausdruck
kommen, ist stets noch der Pferdefuß der
Eigcnintcrcsscn der anderen vcrtragschlie
zende Partei sichtbar geworden. China
oll das Blümchen Rühr-michnicht-an
ein. damit die anderen der BlumZ der
Mitte" ungestört Und so nach und nach
die einzelnen Blüten auszupfen können.
Was dte Schantung-Frage im besön
deren betrifft, so dürste eine Widergak
des wesentlicheg Inhalts des Ursprung,
lichen kswifch-chinestschen Pachtvertrags
und, gerade Unter den heuie obwaltenden
umstanden, der Abmachungen zwischen
den Ler. Staaten von Amerika und Ja"
pan von Interesse fein.
1. Im Vertrag vom 6. März 153)6,
in Welchem China das Kiau!schouGebiet
auf die . Dauer von 89 Jahren an
Deutschland verpachtete, hieß es:
" Artikel I. ,
Seine Majestät der Kaiser von China,
von der Absicht geleitet, die freundschafk
lichen Beziehungen zwischen China und
Deutschland zu kräftigen und zugleich
iie militärische Bereitschaft des chinesi
schen Reiches zu stärken, verspricht, indem
er sich alle Rechte der Souveränität in
einer Zone von 50 Kilometer (100 chine
sische Li) im Umkreise von det Kiaut-schou-Bucht
bei Hochwasser vorbehält, in
dieser Zone den freien Durchmarsch deut
scher Truppen zu jeder Zeit zu gestatten,
sowie daselbst keinerlei Maßnahmen oder
Anordnungen ohne vorhergehende Zu
stimmung der deutschen Regierung zu
treffen. , Seine Majestät der Kaiser von
China behält sich hierbei vrr, in jener
Zone im Einvernehmen mit der deutschen
Regierung Truppen zu stationiren, so
wie andere militärische Maßnahmen zu
treffen.
Artikel II. '
In der Absicht, den berechtigten
Wunsch Seiner Majestät des Deutschen
Kaisers zu erfüllen, daß Deutschland
gleich anderen Mächten einen Platz n der
chinesischen Küste erwerben möge für die
Ausbesserung und Ausrüstung von
Schiffen, für die Niederlegung von
Materialien und Vorräten für dieselben,
sowie für sonstige dazu gehörigen Ein
richtungcn., überläßt Seine kaiserliche
Majestät von China keide Seiten deZ
Eingangs der Bucht von Kiautschou
pachtweise, vorlausig ans 99 Jahre, an
Deutschland. Teutschland übernimmt
es. in gelegener Zeit auf dem ihm über
lassenen Gebiet , Befestigungen zum
Schutz der gedachten baulichen Anlagen
und dcs Eingangs deS Hafens zur Aus
führung zu bringen.
Artikel V.
Sollte Deutschland später einmal den
Wunsch äußern, die Kiautscbou-Bucht
vor Ablauf der Pachtzeit an China zu
rückziigeben, so verpflichtet sich China,
die Aufwendungen, welche Deutschland
In Kiautschou gemacht hat. zu ersetzen
Und einen besser gelegenen Platz' an
Deutschland zu gewähren. Deutschland
beipflichtet sich, das von China gepachtete
Gebiet niemals an eine andere Macht
weiter zu verpachten.
2. Aus den auf den Schantung.
Fall zutreffenden Abmachungen zwischen
den Vereinigten Staaten von Amerika
und Japan sind folgende Bestimmungen
hervorzuheben:
, a) AuS dem RootTakahiraAbkom
nie vom November 1908
.ES ist der Wunsch beider Negierun.
gen, die freie und friedlich Entwicklung
ihres ' Handels - auf dem Pazifischen
Ozean zu ermutigen.
,Te sind dcs iveiteren entschlossen,
dai, gemeinsam Interesse aller Mäcbte
von M R- Von Meuentbln.
in China zu bewahren durch die. mit
allen zu ihrer Verfügung stehenden stieb
lichen Mitteln zu gewährende Unter
ftützung der Unabhänaiakeit und Inte
grität Chinas uno des Prinzips der
gleichen Gelegenheiten für Handel und
Industrie tuet Nationen In jenem Reich
'. .Sollte sich irgendein Ereignis bege
den, durch welches der oben beschriebene
(Status quo oder das oben definierte
Prinzip der gleichen Gelegenheiten für
bedroht erscheinen, so bleibt eZ den zwei
Regierungen vorbehalten, sich mit eman
der in Verbindung zu setzen, um, zu
einem Einverständnis betreffs der Maß
Nahmen zu gelangen, deren Durchfllh,
rung sie lS von Nutzen betrachten.
i) AuS dem Lansing-Jshii'Abkommen
vom November 1917! . -
Die Negierungen der Vereinigten
Staaten und Japan! erkennen an, daß
territoriale Nachbarschaft Sonderverhalt
nisse zwischen Ländern schafft, tind die
Regierung der Vereinigten Staaten er
kennt darum an, daß Japan besonders
Interessen In China hat, besonders in
dem Teil, welcher seinen Besitzungen be
nacbbart Ist. . ". "'"
Die territoriale Souveränität Chinas
bleibt , indessen ungeschmälert,, und die
Regierung der Vereinigten Staate setzt
-.w. m. iu fc.'. wiA.C.fi.u
,ooues ergrauen m vie lua-uciynucii o"
Sicherungen der kaiserlichen japanischen
Regierung, daß während die geographi
sche Lage Japans solch Sonderinteres
sen verleiht, es doch kein Verlangen trägt,
gegen den Handel anderer Rationen die
kriminatorisch zit verfahren oder die
Handelsrechte, welche von China vertrag
lich anderen Mächten verliehen sind
außer acht zu lassen. -.. , !
'Die' Regierungen der Vereinigten
Staaten nd Japans stellen, in Abrede
daß sie irgendwelche Absicht haben, die
Unabhängigkeit oder territoriale Jnteg
rität Chinas in irgendwelcher Weise zik
schmälern, und sie erklären deS weiteren
daß sie stets dem Prinzip der sogenann?
ten .Offenen Tür' oder , der gleich!
Gelegenheiten für Handel und Industrie
in China anhangen werden. !
.Sie erklären zudem, beiderseitig, daß
sie der Erwerbung seitens Irgendeiner,
Regierung von Sonderrechten und Prldi
legien opponieren, welche die Unabhän,
gigkeit oder die territoriale Integrität
ChiZias berühren der den Untertanen
oder Bürgern irgendeines Landes den
vollen Genuß der gleichen Gelegenheiten
am Handel und an der Industrie Chinas
versagen würde."
V
Ueberall ist von der Aufrechterhaltung
der Souveränität und Integrität Chi
nas die Rede, und doch erscheint dieses
Wohlwollen Nur wie eine Kulisse, hicker
welcher sich die SoNderinteresse und die
Eifersüchteleien verbergen.
Es heißt, Japan sei für die Bereit
Willigkeit, in der Schantung-Besitzfrage
Zueständmsse zu machen, gewonnen
worden. Ordentlich feierlich klang die
Meldung' aus Tokio, daß ein früherer
japanischer Gesandtschaftstatn Peking
sich nach der Schantung-Halbinsel bcge
ben habe, um eine SpezialUntersuchung
der dortigen Verhältnisse vorzunehmen.
Diese Untersuchung solle einer, aber erst
für die Zeit nach der Ratifizierung des
Fricdcnsvertrages in Aussicht genomme
nen Verhandlung über die Zurückgabe
der chinesischen Souveränität über das
Unter den Bestimmungen jenes Vertrages
der Kontrolle Japans unterstellte Gebiet
vorangehen. '
Und wieder überzieht das sonst wie
in Stein gehauene Gesicht der Staats
männer von Sotoschiro jenes Lächein der
aneinander vorbeihuschenden Augurn.
Zurückgabe der Souveränität an
China? Aber auch, in dem ursprüng
lichen K!aUtfchouPachtvertrag zwischen.
China und Deutschland war diese Sou
VerälMt ausdrücklich aufrecht erhalten
worden: Der Kaiser bon China behält
sich, so heißt es in Artikel 1 des Vertra
ges, alle Rechte der Souveränität vor.
Dieser Vorbehalt bleibt sicherlich auch
den Ansprüchen Japan! auf die Nach
folge in das Pachtverhältnis gegenüber
bestehen. Wenn Japan nunmehr sich zu
Line Scheidung.
Skizze v. Gmannela Varsnin Alattl-LLwenkreuz.
Meine liebe Irene," schrieb die Hof
rätin eines Tages an eine Freundin, es
ist endlich so weit und erleichterten
Herzens kann Ich. dir die Mitteilung
machen, daß mein Mann und ich uns
scheiden wollen. .Nach so vielen Jahren!'
höre ich dich mißbilligend rufen.
Nun eben darum, mein Herz, so kann
mir wenigstens niemand Vorwürfe
machen, denn, Ware ich noch jung, wür
den alle Leute meinen, daß ein Mann
dahinterstecken muß.. Und jetzt haben die
gleichen Leute eine gewisse Sicherheit,
daß eben nur mein eigener Mann da
hintersteckt. Ich halte es nicht mehr
weiter so auS. Völlig sorglos und jung
weroe ich werden. Wir gehen übrigens
ganz ohne Ellat auseinander, nicht vorm
Sommer, wenn er seinen Urlaub kriegt.
Tann suchen wir jede! eine andere Soin
merfrische auf, und im Herbst beziehen
wir getrennte Quartiere. Das ist alles.
"Ich Haie ihn schon beauftragt, für mich
eine Wohnung zu suchen, denn darin ist
er recht praktisch. Im Sommer gehe ich
an die Nordsee das hab ich mein Leben
lang nicht gekonnt seines Rheumatismus
wegen, und dann gönne ich mir eine
Reise eine Hochzeitsreise solo. Möch
teft du'S glauben, schon auf der Hoch
zeitsreise, als blutjune,? Frau, hat er
ewig an mir zu nörgeln gehabt. Du hast
keine Idee, meine liehe Irene was du
allem entgangen bist, da du nicht ge
heiratet hast! Schau, bei den ganz ein
fachen, alltäglichen Dingen ist der Mann
dein geschworener Feind und Widerpart.
Tu willst an die See, er mug iv.i Ge
birge, du bist fröklich gestimmt, er kommt
verdrossen vom Bureau nach Haule, dir
Ut beik. du okknelt du Seulitr. ikm ist
der .Konzession einer .Zurückgabe sok
cher Souveränität" an China, welche
diese! niemals verloren hat, versteht, so
bedeutet die! eine Inhaltlose Spiegelsech
terei. ,
Aber auch der Vorbehalt der chinesi
schen Eouverämtät ist an sich lediglich
ein Wesen und inhaltloses Scheinding.
mit welchem sich, grade wie mit dem
Wort von der Unabhängigkeit und der
Integrität Chinas, ganz na ) Belieben
operieren lind jonglieren läftt.
Darum grade lächeln die Männer von
Dai Nippon. S weifen aus die Tat
fächlichkeit hin, daß Ihnen im Lansing
Jchii-Äbkommen Scrnderintcressen auf
Grund der .geographischen Lage" als
dem Nachbar Chinas eingeräumt worden
sind. Ihnen hat immer noch lediglich die
Greifbarkeit der Jwieressen die
schließungen bestimmt. Auch die für den
Eintritt i den Krieg n der Seite der
Entente. Nun, da der Krieg vorüber ist,
knüpfen sie die Verfolgung ihrer Inte
reffen wieder daran an, was vor dem
Kriege und von ihnen als Ziel der Be
ftrebungen bestimmt gewesen ist. Sie
wußten, was sie mit der Beteiligung am
Großen ' Kriege, welcher damit hinüber
griff über die Grenze des europäischen
Kontinents, taten: Vor ihren aus das
ostasiatische Festland gerichteten Augen
stieg Schantung auf, und den Blicken
folgten alsbald die Wa fen. Slt muß
ten, was sie taten, als sie China von dem
Schantung Waffenoang fern hielten:
als sie dann die Große Volksrepublik
hineinließen in den Krieg, da ließen sie
sich solch ZngestaNdnis reich bezahlen In
Geheimvertkaacn, welche Ihnen den Erb
anspruch ans die deutsche Kiautschou
Pachtung sicher stellten. AIs die japani
schen Delegaten zur Pariser Konferenz
die Unterschrift Ihrer Namen unter den
Fricdensvertrag von Jersailles davon
abhängig machten, daß er ihnen jene
Erbnachfolge schwarz auf weiß zuspräche,
da riefen sie die Erinnerung an die
Prophezeiung Okumas, des Weisen von
Waseda', den sie auch den lapanischen
Machiavell nennen, wach: Daß die Zeit
kommen werde, da die Japaner In den
Ebenen bon Sibirien und auf dem PI
teau von Mittelasien gegen die eutopäi
schen Rassen zu kämpfen haben würden
Der Große Krieg, welcher sich gebrL
stet hat, alles zu sein, wird in den Ent
wicklunasgang der Weltgeschichte ein-
fügt werden als eine Episode. Die Logik
solcher Entwicklung wird nknüpfen an
die Verhältnis! e. und die Bestrebungen,
wie sie vor dem Kriege gewesen sind. Die
Kombinations Möglichkeiten sind die
gleichen geblieben. Der Zusammenschluß
des Angelsachsentums, Wie tk sichwäh
rend des Krieges vollzogen hat. greift in
seiner Bedeutung über alle Weltteile
und umspannt lange Zeitläufe. Darum
soll man die Politik der Männer, welche
'jenen Zusammenschluß fertig bekommen
'haben, nicht schmähen; man kann sie nur
bewundern. , .,
Aber diese Politik der Verschmelzung
der Interessen birgt den Buwerang in
sich, daß die Interessen, welchen eine
solche ungeheure Ausdehnung gegeben ist,
sich eiimal gegen einander wenden könn
ten, und sie fordert zur Errichtung eineZ
Gegengewichts heraus.
Die Welt-Blockpolitik wird die Füh
tung in der kommenden weltgeschicht
lichen Periode der ungeheuren räumlichen
Weiten und der langen Zeitläufe über
nehmen. Sie wird mit Volkermasstven
rechnen und den Riesen-Kristallisictungs
Prozeß der Nationen oornehmen. Es
wird die Zeit der schlieb.che Abrech
nung sein. Ob diese Abrechnung sich
katastrophal oder evolutionär ' vollzieht.
wird den Prüfstein bilden für die Da
seinsberechtiguna und die Wcltwirksam
keit der Liga der Nationen.
In die Zeit, solcher Schlußabrechnung
tritt Japan ein mit der neuen Monroe
Doktrin, daß Asien den Asiaten aehöre.
und mit dem Anspruch, die mongolische
Vormacht zu bilden.
Auf dem Wege zur Verwirklichung
uwd Durchsetzung solchen Anspruchs be
deutet Schantung nur eine Station. ,
kalt, er schließt sie wieder. In der Nacht
schnarcht er, und bei Tage brummt er
- das ist die Ehe."
Einige Monate, nachdem die Hofrätin
diesen Brief und ahnliche an die Korona
ihrer vertrauten Freundinnen von Stapel
gelassen, war sie nun wirklich nach Ost
ende abgereist, um die gemeinschaftliche
Wohnung nicht mehr zu beziehen. Aber
der letzte Tag Ihres Ehelebens, der zu
gleich auch des Gatten Geburtstag ge
wesen, verlief seltsam und belastete
immer noch ihre Erinnerung mit einer
Schwermut, die sie nicht abzuschütteln
vermochte. Der Gatte war mürrisch und
verdrossen ins Bureau gegangen wie
sonst. Zu Mittag, als er nach Hause
kam zog er lächelnd aus jeder Rocktasche
eine kleine Schildkröte. .Die haben mir
die Herren im Bureau zum Präsent ge
macht. Mein Zimmer haben sie ver
finstert, und alle möglichen Lichter haben
sie angesteckt, und auf meinem Schreib
tisch haben sie ein Handtuch ausgebreitet.
Ganz festlich hat das ausgesehen. Und
in der Mitte zwischen den Lichtern waren
die Schildkröten, die ich mir gewünscht
habe."
.Du hast dir Schildkröten gewünscht?
Da hab Ich' gar nicht gewußt '
Ja. meine Liebe, ich fürchte, wir
haben unS gegenseitig um das. was dem
einen oder dem anderen Spaß hätte
machen ' tonnen, zu wenig gekümmert,
darum ist unsere ganze Ehe so ein
schlechter Spaß geworden.' Und linkisch
liebkoste er seine beiden Tiere, neben
denen, er wie ein Schuljunge um Boden
kauerte. - ,
.Wozu hältst du dir eigentlich diese
Tckildkiöteu?" - .
Ich habe mir eine ganz' descheidin
Villa in Nnitvaldegg gelaust, ein Ge
müsegarten Ist auch dabei, und dort
brauch ich sie."
Aber du hast mir ja nichts von der
Villa gesagt!"
Wozu denn, wenn wir uns doch
scheiden?"
.Freilich, aber du leidest an Rheuma
tismuS, und Neuwaldegg ist feucht, du
hättest mich doch um öial frage köa
nen " ' ,', ' '
.Wen werde ich denn um Rat fragen,
wenn d morgen fort bist? Du bist
wirklich klassisch. Soll Ich dir am Ende
jeden, Augenblick schreiben?" '
.Na. warum denn nicht? Und Über
Haupt, wenn dir etwas fehlt, will ich'
wissen, und wenn die rheumatische An
fälle sich wiederholen, gehst du nach Ba.
den. mein Lieber. Ich will überhaupt
alles wissen, was Im Hause borkommt.
Wozu scheiden wir uns dann eigent
lich?"
.Davon reden wir heute am letzten
Tag besser nicht. Morgen ist uns beiden
wohler "
Doch am heutigen war Ihnen gar
nicht wohl. Sie setzten sich zu Tisch
zum letztenmal. KeinS vermochte die
Speisen hinunterzuwürgen, und .das
wohlgeschulte Dienstmädchen, das die
Schüsseln auftrug, brach mitten unter
dem Servieren In Tränen aus. Na,
na!" begütigte der Hofrat und steckte die
Nase in den Teller. Die Gattin, der
ließ das Zimmer und kam mit vermein
tem Gesicht erst zum nächsten Gang zu
rück. Nachmittags schloß er sich mit fei
nen Schildtröten ein. sie packte ihre Kvf
fe für Ostende. Später verließ er daZ
Haus, und als sie nach ihm fragte,
wußte niemand Bescheid. Abends ent
deckte sie auf dem Toilettetisch ihres ge
meinsamen Schlafzimmers einen Zettel,
der feine Schrift trug. Es war ein
kariertes Stück Papier, das er aus sei
nem Notizbuch herausgerissen und mir
Bleistift beschrieben hatte: Abschrednch
men war mir immer gräßlich. Ich fang
an zu merken, daß mir der Abschied voi
dir recht schwer wird. Man ist doch
schließlich aneinander gewöhnt. Wenn,
Ich dir das Leben sauer gemacht habe,
verzeih es mir. Seinen Charakter ran
man nicht ablegen. Werd halt jetzt techk
glücklich und zufrieden, meine Alte!". '
Aber glücklich lind zufrieden' ttai st
bis nun noch immer Nicht geworden. Si
wa! schon vierzehn Tage In Ostende, doch
das freie mondaine Badeleben fand nicht
ihren Gefallen, verletzte ihren Geschmack.
Ihre Freundin Irene, die ihr zuliebe
gleichfalls nach Ostende gekommen war.
war die einzige, die sie hiet kannte; Im
bunten, ausgelassenen Getriebe Wandel
ten die beiden ältlichen Frauen wie ver
loren und klammerten sich aneinander.
Es ging ein fühlbar erotischer Zug durch
dieses Badeleben, hinter der Larve dcs
Flirts barg sich mancher gesellschaftliche
Frevel, dabei war jeder Atemzug, jeder
Allgenblick ein Fest, sie feierten ein Bac
chanal det Schönheit und der Genuß ,
freude, jene, denen dieser Strand ge
hörte' die Jugend. , . Und die Altern
den fühlten hier zum erstenmal, daß sie
nicht mehr mitzählten. , .'
Die Rätin hatte zwar lange mit der
Jugend abgeschlossen, war eine Matrone
in grauem Hgar, doch auch ihr kam es
schärfer als sonst zu Bewußtsein, wie
unbarmberna die Zeit strich. Mit Irene,
die sie seit Jugendjahren kannte, erweckte
sie manche ferne, gemeinsame Erinn?
rung. Aber bon diesem und jener hieß
es dann: Der ist schwer krank", oder
,Sie ist schon lange gestorben".
Unwillkürlich hob ein Seufzet Ihre
SHfuft. Kie backte nacb Sause zurück.
Mi. kxsnnr, sich ledt der Gatte? Es war
ja Widersinn, daß er durch einen erbit
terten Entschluß plötzlich ihr Gaue niaji
mehr sein sollte. Sie trug seinen Na
men und SoraeN. ja Sorgen trug
sie auch um ihn. Er hatte eine apoplek
tische Konstitution wenn ihm etwaS
zustieße, wird man daran denken, sie zn
wistündlaen? Es mukte Ia nicht gerade
etwas geschehen. Sie konnten zwanzig,
dreißig Jahre leben, so es Gott gefällt,
aber sie würde keine ruhige Minute mehr
haben. Der Aergek, der sie Mit voll
kommener Sicherheit Tag für ag i
ihrer Ehe erwartete, war beinah leichter
zu ertragen als diese Unsicherheit und
Unruhe.
Ich habe überhaupt nicht zur Vye
getaugt.' sagte sie zu Irene. Ich bin
fsfittntö und weicbberzia. Wäre ich
lcdig geblieben, hatte sich mein Leben
von Grund auf friedlich und ereignislos
gestaltet. So komme ich zu keiner Ruhe.
ii in der Scheiduna nickt. Du hast
eine ähnliche Natur, hast aber Instinktiv
üt dich die richtige Baicinssorm ge
i,nin Dnn in einer Ebe wärt all
Kein TZartiinn. das Reinste und Beste an
dir. niedergetrampelt worden. Tu bist
die geborene alte Jungfer."
fttSii??; ?frene schnitt ein beleidlaies
Gesicht, und an diesem Tag trennten sich
die Freundinnen ein wenig sroziiger, vo
wohl sie sich wiederholt umarmten.
Am nächsten Morgen reiste die Hof
rätin unvermutet ab. Sie fuhr mit dem
Orientexpreß nach Wien, bestieg am
Wesibahnhos einen Fiaier unv oegao
sich nach Neuwaldegg. .
BIS sie die Villa n,res hatten er
!ichte, waren alle Fensterladen geschlos
n. ?!m Gemüsegarten fand sie nd
re
fen.
I
,ch die Hausmeisterin, die Bescheid a?
Un konnte. Der Hoftai war gestern
nach Ostende abgereist. . ',
ssiir neues Werk Wilhelm Ost
walds. Wilhelm Osttvald. der be
rühmte Leipziger Chemiker, wird dem
Nächst unter dem Titel .Plwsikalilch?
Farbenlehre", den zweiten Land seiner
Farbenlehre der Oesscntlichkeit überge
ven. Die weiteren drei Bände sollen
die chemische, physiologische und psycho
logische Faibe,lehre umfassen.
Dichterisches aus Lugano. Vor
einem geladenen Publikum hielt die
Tessiner Dichterin Rosa Carile eine
Reziiaiion ihrer teilweise noch nicht er
schienenen Gedickte. Am mkikien fesselt
die in der .Revue Lugano" neulich ver
onentlicht? 'Kapsouiii UiiKtrer.
Die Musikbegleitung wurde von Maestri
Salvi. tuutrelllick auLadiibiL