Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926, May 20, 1919, Image 2

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Hung?r und Not in Prag.
An einem Vormittag holte un! bet
Polizeiinspcktor von Prag im Hotel ab.
Wir fuhren in flinken Automobilen
durch die Ctraßen, durch breite, zuerst
mit hohen, behäbigen Häusern zu bei
den Seiten, die immer noch has Ge
präge des einstigen Wohlstandes tru
gen, obschon überall die Spuren der
vier harten Kriezc-jahre deutlich' und
s.barf sichtbar waren. Bald der kamen
wir in die ärmeren Viertel, wo die Gas
ftn winklig und schmal waren, lvo die
Häuser matte, blinde Fenster hatten und
finstere ToreinaäNZe.
C?3 schneite in großen, nassen Flocken,
die auf Gesimsen und Mauervorspriin
g:n liegen blieben und allen den Iah
itn Hausern ein altes und unfrohes
Aussehen gaben. Auf dem Erdboden
schmolzen sie gleich. Man hätte glau
den können, die elenden Häuser seien
dem graugelben 'Schlamm empor
. gewachsen.
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)
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Die
Wir traten in eine der. finsteren Tu
ren ein. Dahinter wohnte der Hun
gcr. Niedrige Stuben mit einer schwe
reg Luft, die durchdrängt war von dcr
Ausdünstung de? Bewohner und ihren
alten, feuchten Kleidern. Seltsam
sremoe Mcnschenfiguren waren es, mit
gelblichen Gesichtern, deren Haut und
deren Augen inen eigenen matten
Glanz hatten, und deren Lippen fahl und
blauliÄ erschienen.
Einem der Vornehmeren unter diesen
vom Leben Verstoßenen galt der erste
Besuch.' ES war ein Feuerwehrmann,'
der im Tag zwanzig Krone verdiente.
Siebe Menschen wohnten hier im selbe
Slaum, vier Kinder und drei Erwach
sene. Die Mutter der Frau war eben
von einer Lungenentzündung genesen.
Halbangekleidet hantierten die zwei
Weiber am Herd. Auf dem Tische stand
eine Schüssel mit einem graZen Teig,
ein paar Eier logen dabei. Sie hatten
ihre Wehlration erhalten und waren
Ht daran. Nudeln zu bereiten, für eine
Woche, vielleicht auch für zwei.
Unnötig zu fragen, die Gesichter sag
ten es deutlich, das ganze Zimmer sagte
es: daß die zwanzig Kronen genügten,
die sieben Menschen am Leben zu erhal
ten; aber nicht, sie richtig zu ernähren.
Zur eigentlichen Armut kamen wir
erst später. . .
Ein dunkler, enger Hof. Am Boden
ein paar Pflastersteine, die wie nasse,
glänzende Hügel aus dem zähen Kot em
ponagen. Blickt man empor, so wähnt
inan sich in einem Loch, in das der graue
Schneehimmel seine Flocken langsam
und träge hineinstreut. Nach allen
Seiten hinein öffnen sich kleinere Lö
cher, schwarze Fenster und Türen. Da
rin tauchte Gesichter af und zerlumpte
'
. Ein, paar, gelle Wciberstimmen, keifen
irgendwo.' Plötzlich verstummen sie.
Ein dünnes, blechernes Kinderstimm
lein klagt sein Elend in diese trostlose
Welt hinaus. Nur ein paar berzagte,
welke SetaiV Dann wird es wieder
still. In dieser Stille aber liegt etwas
Drohendes und Schicksalschweres.
Allerlei Menschen haben sich im Hofe
anaesammelt. Aus den Löchern rings
in "den grauübtrkrustetea Häusermauera
sind se hervorgelrochen. Nun stehen sie
im kalten Schlamm, die meisten barfuß,
und Darren mit erloschenen Augen auf
nS herüber, wortlos, stumpf, in blöder
sugierde,
HohlNanaig Me sie da, schlottrig
und alt. Selbst die Kinder haben fa!
ih,t, welke Greisenge sichter. Selbst die
Minder haben diesen leeren Blick, der
lange und gleichgültig an ein und der
selben Stelle haftet und anscheinend zu
znlide ist, um sich von einer zum andern
zu bewegen. Sie haben keine Spiele
weht, diese Kinder. In ihren Gestch
tern Negt etwas FigentümlicheS, als
hzbe sie alle der Tod gezchnet.
E',n paar kleine Wodchen In diel zu
p'&:!ilt. ,'rzausie Haarsträhne in de
ljzv.it Nsttrn stehen eng aneinander
fj.-ntiftn, mit Gliedern, bete Gelenke
Zn?r?ig und hoch hersorsteben. Sie es
Zn us einer Papierdüte etwa
S!?gk!ks.
2o3s ist es!" fragte jemand den Po
Ziz'iinspkktor.
Mshn daS mözen sie gerne."
Qt ff. den Zchsärzlichen Malzn
Zi:"?n nd tt schmeckt ihnen anfchci
k..-nö pü. $n ihren kleine Gehirne
q'r:ft kii'.k Tstellunz, daß ;Z
'zik &f.(t DinZk gibt.
2le Menl.hm wohnen hier in diesen
jf.luvw, raachg:schTä:zteg Häusern.
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Hcyeclio
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Sie brauchen wenig Raum für sich und
ihx Elend.
In den dumpfen, feuchten Löchern
drängen sich die meist zahlreichen Fami
lien zusammen. Und hier gab ! keine
Nudeln mehr, die auf Borrat gemacht
werden konnten. Hier gab es sogar
Menschen, die ihre, schmale Brotration
nicht holen konnten, weil sie kein Geld
hatten. Hier gab ti Menschen, die Kü
chenabfälle aßen aus schmutzigem Pa
Pier, ein Gemisch von allerlei Unbe
schreiblichem.
EZ ist hier nicht der Hunger von heute
oder gestern, es ist der Hunger vieler
Jahre. Er hat offenkundig in den
Menschen de Willen zum Leben ertötet.
selbst die Begierde scheint erloschen zu
sem. Trage stehen sie da und schauen
uns gleichgültig an. . Sie strecken nicht
die Hand aus. Sie Beiteln nicht, weder
mit Worten noch mit Blicken. Wenn
eine der zerlumpten GciMltcn langsam
in den finstern Löchern der zerbröckel
tc Häusermauer Zrschwindet, glaubt
man, sie sei gezwungen, sich einen Platz
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frühere Hofburg auf dem Hradfchin.
ZU suchen, um den Tod zu erharren.
Viele Straßen lang stehen diese du
siern Häusern mit den schmutzigen, sin
steten Höfen. Viele Siraßen lang off
neten sich gähnend die schwarzen Tor
eingänge. Tansede von' Menschen
wohnten hier, die seit Jahren Hunger,
ten. die heute nicht wissen, wovon sie
morgen lebe sollen. '
.Sie können eintreten, wo sie wollen
überall werden Sie dasselbe finden,"
sagte der Polizeiinspektor.
Wir glaubten es ihm. Man sah eS
den Straße an. Dieselben, wächser
mn Gesichter und die lcenn Blicke der
Menschen kündeten überall dasselbe. EZ
roch förmlich nach Armut und Not.
Früher wohnten hier kleine Arbeiter,
Taglöhner und dergleichen jetzt
wohnt in allen den Häusern der Hun
ger. Die meisten jungen Männer hat
der Krieg gefressen, und für die weni
gen, die zurückblieben, fehlt es an Ar
beit. Dazu kommt noch die Teuerung.
Wer soll helfen? Wer kann helfen?
DaS ist das Bemühende, daß wirk,
fame Hilfe zurzeit fast unmöglich er
scheint. EZ müßte viel zugeführt wer
den können. Denn das Land hat keine
Vorräte mehr. ' Die schmalen Rationen
reichen nur noch sür ein paar Wochen.
Kein Mensch weiß, wovon die Stadt
leben soll bis zur nächsten Ernte.
Die Stadt hat versucht den Aerm
sten zu helfen abcr.es mußten über
all klägliche Versuche bleiben.
Da gibt eS viele VoWlüchen.
Wir sahen eine, in der man für zehn
Heller einen Teller Suppe kaufen
konnte. Sie war dünn und braun, die
Sikppe, wie Bachwasser an Regentagen.
Wie man uns sagte, bleiben viele der
Berechtigten zu Hause, weil sie glauben,
der Verbrauch an Kraft zum Hin und
Rückweg und daS lange Warten in der
Kälte sei diel größer als der Nährwert
der dünnen Suppe.
Eine zweite Volksküche sahen wir. wo
bessett Arbeiter und Beamte ihr Mit
tagsmabl einnähme. ES gab Suppe.
Kartoffeln und Kutteln. Das kostete
neunzig Heller. Der Andrang zu die
sem Lokal war groß.
Auf der andern Seite dcr Straße
wohnte ein Schuster. Es ftlsien ein
ganz gutes Geschäft zu sein. Im Hin
terzimmer, daS zugleich Küche war, sa
ßen der Meister und seine vier Gesellen
um den Mittagstisch, Die Frau stellte,
als wir eintraten. daS Esse hin: Kar,
toffeln und Rüben.
Jemand fragte, wa! sie gestern aßen.
Da lachten olle um den Tisch. Kartos
fein und Rüben. Auch morgen wird
eS dasselbe fein nd übermorgen und
alle Tage, erklärte die Frau. DaS
Schlimmste aber sei, daß man kein Fett
zum Kochen habe.
Diese! Lachen war sehr bezeichnend.
Die Menschen nahmen die schwere Not
auf sich, ohne zu murren. Sie aßen
Kartoffel und Rüben ohne Fe!!. als
sei daS nu einmal so bestimmt....
Nüschewo. Ist (2 ss slawische Eigen
art oder aber sind die Klagen längst
eistorben?
ES ging mir nicht mehr aus dem
Kops, als wir wieder im Automobil
durch die Straßen der große Stadt
jagten, s Hunderten und Taufenden
dsn Menschen vorbei, die ihrem Mittags'
tische zustrebten, w et für die weitaus
größere Hälfte mit Lestimmtbeit nur
Kartoisel und NüÄn, öh7e F?tt gab.
Aö-'r sie gingen gelassen. Mit einer ge
wissen GleickgiltisM trugen sse da!
Elend, das se nicht verschuldet. Man
V" 1 " Nw
Slowaken.
muszie diese Menschen bewundern. Im
Leiden liegt auch ein :Id;ntutn.
Was aber, wenn die erhofften' Le
bensmittelzüge nicht eintreffen? Wen
nach ein paar kurzen Wochen auch Kar
toffcln ur,d Rüben und daS Bißche
Brot nicht mehr da ist?
Auch eine Findlingsanstalt besuchten
wir. oder vielleicht richtiger ein Asyl für
uneheliche Kinder,' die hier mit ihre
Müttern aufgenommen werden. EZ
waren dieselben düsteren Bilder. Mut
ter und Kinder nur halb ernährt. Hun
dert - gelbe Hungergesichter. Schwärz
liche Wäsche, da seit Jahren die Seife
fehlte. Dir Kinder mit allerlei Lappe
und unförmigen Stoffwickeln an de
Füszchen, weil kein Cchuhwerk aufzu
treiben war.
Picht ein einziges frische? Kinderge
sichtchen war da. In allen den Gesick
lern' war ein scharfer Lcidenszug. als
verständen die ganz kleinen Tinger
schon die große Not.
Viele, diele von ihnen sterben ein
d5 "
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.
paar Tage oder Wochen nach ihrer Ge
burt.
Hradsch! die Burg.
Gestern sahen wir den Hunger und
das tausendfache Elend heute Pracht
und Größe, den Abglanz dcr Macht
Prags, eine funkelnde Abendröte, aus
der, wenn nicht alle Vorzeichen trügen,
ein junges Morgenrot erstehen soll.
Wen Prag das Haupt Böhmens rft,
so muß der Hradschin die Krone auf
diesem Haupte sein.
Der Hradschin mit den zackigen Um
rissen der Burg überragt hoch das Hau
sermeer der große Stadt. In alle
Straßen und Plätze schaut er herab.
Eine Stadt von Palästen ist diese
Burg, Paläste, die straßenlang das ehr
würdigste Heiligtum des Landes um
schließen, den St. Veiis-Dom.
Ungeheuer große, vielstöckige Bauten
reihen sich zu Höfen vor kurzem noch
war hier die schwere Ruhe der Berges
senheit. Es war ein gewaltiges Kö
nigsschloß; der König aber war fort.
Unbenutzt standen die Höfe und Häuser,
ohne andern Zweck, als den, daß sie wie
ein Strahlenkranz über dem schönen
Prag lagen. -
Nun ist die junge Republik darin ein
gezogen, ein robustes Weib, das feine
kräftigen Arme rühre will. Es hat
die vielen hundert Zimmer und Säle
aus ihrer verträumten, vornehmen Ruhe
aufgeschreckt ung hantiert überall mit
Besen und Kelle.
In den früheren Prunkgemächern
wird eben die Wohnung für den Präsi
denten der Republik hergerichtet; die
übrigen Räume sind zu Schreibstuben
geworden, wo jetzt schon Maschine mit
ihren boshaften Lettern klappern . und
Hunderte von Stahlfeder weißes Pa
Pier schwärzen.
Die alten prachtvollen Möbel, von
1ene viele Stücke einen unschätzbaren
Wert haben, sind zumeist aa ihrem
früheren Orte stehen geblieben. Sie ge
ben jetzt den Arbeitszimmern, der höhe
rcn Beamten ein überaus gediegenes
und 'vornehmes Aussehen und werden
de dielen neuen Männern zum altehr
würdigen Hintergründe.
Neues und alteS stoßen hier überall
scharf aufeinander. Die vielen Gema
cher mit ihren prunkhaften Möbeln, die
vor wenigen Monden noch .leer und
zwecklos standen, müssen jetzt dienen
dienen muß die Burg, die einst herrschte.
Treppauf. treppab gehen " eilige
Tritte, hallen durch endlos lange Gänge,
da und dort klopft der Hammer der
Maurer und Hafner, Schaufeln schar
ren, hinter halboffene Türen hört man
da! Quietschen deS Hobels. Der seine
Staub von altem, niedergerissenem Ge
mauer durchzieht die Luft und der
mischt sich mit dem Kalkgeruch deS sri
schen Mörtels. Da alle sieht so aus.
als sei eine große Familie eben erst in
ibre neue Wohnung eingezogen. Noch
stehe die dielen Dinge nicht an ihrem
rechte Platz. Aber überall in den Zim
mern und Sälen sieht man zukunstssroh;
Gesichter und hört ouS allen Werten
heraus den Willen, der Stadt und dem
ßanze Lande eine würdigen Platz zu
sickern in der Welt.
Einige der neuen Manna, die heule
hier im alten Königsschloß walten,
möchte ich nennen.
Da ist als der d-rzeitige Präsident
der tschecho-ilowakischen Republik und
der populärste Mann im ganzen Lande:
Masaryk. Der Teil deZ Schlosse!, den
er bewohnt, bis die neue Präsidenten
Risider.z hergerichtet ist. liegt nabe am
Hauxtportal der Lutz. Im Lork
steht die ziemlich starke Schloßwache, auf
der einen Seite Legionäre, die früher
auf feiten Frankreichs oder Italiens in
Feld gezogen und jetzt die Hauptstütze
der tschecho'slowakischcn Wehrmacht bil
den, auf dcr anderen Seit Soldaten der
früheren österreichisch - ungarischen Ar
mee. an deren Dienstmütze die Kokarde
s.ljlt und die am Rockärmcl ein vcr
fchlungenei Q und S tragen.
An allen Türen und in allen Gä
ge. die zu den Gemächer deS Prost
denten führen, stehen Doppelposten mit
ausgepflanztem Bajonett, und eS bedarf
einer besonderen Ermächtigung, um nur
bis inS Vorzimmer deS Sekretärs zu
gelangen.
Masaryk empfing unk vier Teilneh
mer ,der Schweizer Pressemission ein
gtln.' Drei . gewaltig große Räume
mußte man durchschreiten, um zum
Zimmer deS Adjutanten zu 'oinmen.
wohinter der Audienzsaal lag. Drei
Säle mit weißem Getäfel, golddurch
wirkten Tapeten, den Wänden entlang
Bänle und Stühle, mit roten Seidcnpol
stcrn. ein fwalilgir Kachelofen, der
gelblich glänzte, wie altes Elfenbein.
AllcS in den zierlichen Forme Ludwigs
XVI. An den Wänden alte Gemälde,
zumeist Seeslücke. Schiffe im Sturm,
SÄisfe in der Schlacht. Schiffe einac
Küllt in Gischt und Rauch und Pul?,
dampf. Vor den tiefen Fensternischen
hingen dünne weiße Gardinen, durch die
man, wie durch einen zarten Schleier,
da? schöne Bild der alten, malerisch.m
Ckadt sah. -
Hier war Ruhe, selbst eine große,
Feierlichkeit. Man vernahm nicht mehr
die dicken Tritte auf den Treppen, das
Schlürfen in den langen Gängm, tcl
Klopfen und Hämmern der Handwerker.
Es war so still, daß ich deutlich dcn
Holzwurm im alten Getäfel nagen
hörte.
Zwei Minuten vielleicht mußte ich
warten, dann trat Mafaryk ein. och,
schlank, ein schmales Gelehrtengeilckit
mit grauem Haar und Bart. Sein
Bild hatte ich in diesen Tagen unzäh
lize Mole gesehen, gewöhnlich an der
Seite Mlsons, mi! und ohne Hut. Er
sieht viel würdiger aus als fein Bilö.
Mich interessierte besonders eine
Sache.' Ich fragte ihn nach vek Bc
grüßung: .'.;
Wie denken Sie, Herr Präsident, die
äußerst heikle Nationalitälenfrage in der
Repuhlik zu läsen? Heute scheint die
Kluft zwischen Tschechisch und Deutsch
tiefer als je zuvor und fast unUber
brückbar.'
Er besann sich eine geraume Weile.
U!,d sein Gesicht hatte einen müdei U'id
abgespannten Ausdruck. Endlich sagte
er langsam:
Wir müsse uns auf irgend 'eine
Weise finden, wir und die Teutschen.
Und später hosseich. daß es bei uns
ungefähr so fein wird, wie hei Ihnen
in der Schweiz, fo daß einer neben dcm
andcr leben kann."
Heute haben Sie im Lande keine
deutschen Beamten mehr an wichtigen
Posten. Auch in der vorläufigen Re
gicrung haben die Deutschen keinen Sig
und im Parlament keine Stimme."
Wenn wir die Deutschen im Hans
haben, haben wir die Opposition im
Haus. Jetzt ober, in diesen Tagez müs
ien wir einig sein. Rings um unsere
Grenzen ist noch die Süßere Gefahr.
Haben wir erst einmal Ordnung bei
uns. so sollen auch die Deutschen zu
ihrem Rechte kommen. Ich denke da
immer an die Schweiz. Sie wird uns
in vielem ein Vorbild sein müssen."
.Glauben Sie. Herr Präsident d'.h
der Kigensatz zwischen Tschechisch und
Teutsch hier in Böhmen auch zutage ge
tr'tcn wäre wenn die Tschechen heute
der früheren österreichischen Regierung
nici,t gewisse Härten und F.'hler vor
werft könnten? Handelt ti sich hier
um Gegensätze von iassin?
' .Ohne Zweifel. Doch wären sie nickil
in dieser Schärfe zum ÄuZdruj ge
kommen, wenn wir früher urd chne
schwere Kampfe unser Recht klangt hät
ten. Bei Ihnen in der Schweiz ist es
anders. Da sind jahrhundertealte
Ueberlieferungen ..."
Er sah müde in seinem Sissel, l'ef
in die roten Seidenpolster zurückgelehnl.
und redete über die Schweiz. Und näh
rcnd ich in dieses kluge Dmlergcsicdt
schaute, mußte ich. Gott mag wiesen
worum, an die alten Gemälde 'm cn
deren Saal dnken, an die Sch'.sfe im
Slurm und in der Seeschlacht.
Ohne Zweifel war auch das Leben
dieses Mannes ein Kampf gewesen und
ein Schaukeln aus tückische Wogen, ein
Schaukeln über dem Abgrund.
Er. der Sohn ineZ HerrschaftZkui
schers zu Eöding. kämpfte gegen daö
mächtige Geschlecht der Habsburger j
und die Laune deZ Schicksals legte ihm
den Sieg vor die Füße. Der einstige
Scklosserlehrling wohnt heute im Hausse
des Königs und ist daS Oberhaupt stl
nS Volkes geworden.
DaS klingt wie ein Märchen und ist
im Grunde doch recht einfach:
Masaryk, der schon alS Knabe große
Begabung zeigte, arbeitete auch als
Cchlosserlehrling an seiner AuZbildung.
Vor allem hatte er Interesse an den.
Sprachen. Er wurde Universitätspro
fessor in Wien. Beim Auöb'uch deS
Weltkriege flüchiete er nach der
Schweiz; reifte voa da nach Londo
und Rußland und warb Legionäre,
reiste nach Amerika, warb auch dort un
ter .feinen Landsleuten Legionäre und
rüstete sie mit amerikanischem Gelde
aus. Er hat dcr Entente eine ansehn
liche Armee zugeführt.
Mitte Dezember vorige Jahre
kehrte er nach Prag urück und wurde
mit Begeisterung aufgenommen und
zum provisorische Präsident? der Sie
publik ' gewählt. ES scheint zurzeit
überall eine beschlossene Sache, daß er
e auch bleibe wird.
In ähnlicher Weise abenteuerlich ist
auch die Laufbahn fast aller Mitar
beiter.
Kramasch, der Fabrikantensohn.
wandte sich nach dem Doktorat der Po
Iltis zu. Er machte diele Reisen und
predigte überall, al ein glänzender
Redner, den Nkoslc.cikmuk. wurde ein
gelertert urd zum Tode verurteilt.
Raschi früher Advokat, bekannt
durch dcn Omladlunprozcß, war drei
mal eingesperrt und verlor den Titel.
' Im Kerker faß auch Klosatsch. der
heutige Minister für Landesverteidi
gung.
Man könnte die Reihe fortsetzen. Fast
alle die heutigen Minister der Republik
faßen im Kerker oder waren lande
flüchtig. In ihre Hand würd jetzt die
Macht gelegt, und sie amtieren al die
höchsten Würdenträger in dcn Pracht
vollen Sälen. Die mächtig ft Hab
burger aber, die vor kurzem nocy Schlös
scr ohne Zahl hatte und eine Armee
von Dienern und Hofschranzen, wissen
i diese Tage nicht, wo sie ihr Haupt
hinlegen sollen. ES gcht wahrlich fon
derbar zu in dcr Welt. DaS alte Eu
ropa gleicht einem Meer im Sturm,
Wogen und Sturzsee rollen, und alle
schaukelt. Bald ist der eine oben und
bald der andere. Echissbruch droht
überall. Die Ferne aber ist in Rauch
und Dunst gehüllt ...
Hier in der Burg aus dem Hradschin
treffen Gegenwart und Vergangenheit
hart und unvermittelt aufeinander.
Nur einen Schritt braucht man zu tun
aus den geräuschvollen Arbeitsstuben,
und jedes Ding erzählt von großem Ge
schehcn der Weltgeschichte.
Nur ein paar Schritte, ein .paar
Treppen sind eS bis zur alten Land
tagsstubc, auS deren Fenster Gras
Thurn die kaiserlichen Räte Martinitz
und Slawaia samt ihrem Sekretär Fa
bricius werfen ließ. Tal geschah vor
dreihundert Jahren und war die Ler
anlassung zum dreißigjährigen Krieg.
Es ist wohl eine halb Kirchturm?
Höhe vom Fenster bis in den Hof. Aber
alle drei kamen ohne größeren Schaden
davon. Sie sollen auf einen Misthaufen
gefallen fein, heißt es. Dem hatten sie
es zu verdanken. Wenige der großen
Herren, die heute aus dem Fenster ge
worfen werden, fallen so sanft.
Ein paar Stockwerke unter dieser hi
storischen Stube ist da! uralte Rats
zimmer, dahinter die frühere Schatz
kammer, zu deren sieben Schlössern die
sieben angesehensten Männer der Stadt
die Schlüssel verwahrten. Die Tür
konnten sie nur gemeinsam öffnen.
Wieder ein paar Schritte sind eS
zum engen, schattigen Domplatz. Dort
gibt es eine Gasse, die man die goldene
nennt. Winzig kleine .Häuschen stehen
dort. Sie sind zur Hälfte in die alte
Stadtmauer hineingekrochen. Früher
wohnten da die Soldaten der Tormache.
Man glaubt, diese Gasse sei von Kin
dein erbaut worden. In allen Farben
strahlen die Mauern. Die Dächer sind
so niedrig, daß man sie vom Erdboden
auS berühren kann. Im Innern ein
Stllblein. ein Trepplein, das zu einem
Kämmerlein führt.
Hinter diesen ganz kleinen Häusern
steht der St. Beits-Tom. Wenn inan
durch diesen Dom geht, geht man durch
längst verwehte Jahrhunderte. Die
Luft ist schwer vom Geruch deS Weih
rauchZ. dcr an dcn Wänden haftet.
Dämmerung und geheimnisvolles Tu
ftcr erfüllt den weiten Raum. Ge
dämpft, kaum hörbar ist der Schritt,
obschon man über Steinfließcn geht.
Matt glänzen die goldenen Zierrate
von den Seitennischen und Edelsteine
funkeln seltsam aus dunklem Grunde
auf.
Bor unS her geht der Kirchendiener
in langem, schwarzem Gewände mit klei
ner Pelerine, auf den schmalen Schul
tern kin bartloses Askctengesicht. Leise
fallen seine Worte, ein Hauch bloß auS
weiter Ferne die Geschichte deS
Doms, die Geschichte Böhmens.
Im ewigen TLmmerschein deS TomS
nihcn Böhmens Könige seit dielen hun
dert Jahren. Ueberäll steht hier das
Alter mit starrem, verglastem Blick.
Vergangenheit ist hier alles. Und alle
Dinge fcheinenmit erdrückender Schwere
und voll hoffnungslofcr Demut von dcr
Vergänglichkeit des Glücks und dem eit
len Kampf des Daseins zu reden. Hier
ist alleS zeitlos geworden, olleS ist
Ruhe geworden und in sich selbst der
sunkencs Erinnern.
Welch ein Gegensatz zu den klappern
den Arbeitsstuben dort hinten, durch die
der Sturmwind einer kommenden Zeit
fegt, gewitterschwer und fruchtbar, voller
Wünsche und Hoffnungen!
Ti Entstehung deS BucheS , Esther.
Wo daS Buch Esther enistandenist,
darauf werben jetzt Forschungen von
Hermann Sunkel und Robert Koldewey
ein mueS Licht. Wie Koldewey, der beste'
Kenner der altorientalischen Palastarchi
tektur, und Gunkel mitteilt, ist für den
Plan deS KönigSpalasieS voa Sufa daö
gleichzeitige Vorkomme zweier Bau
leise bezeichnend, darunter ein Festung!
türm suL zwei ungeheuren Fronttürmen
mit einem verdreifachten Eingangsraum
dazwischen. . Diese! Zusammentreffen,
das durch Ausgrabungen festgestellt wor
den ist, findet sich außct in Susa wedez
in 'Pcrsepolis noch in Babylon och
sonstwo. Beide Gebäude werden auch,
im Estherbuche erwähnt. Daraus geht,
wie Gunkcl in der Theologischen Lite
ratur-Zeitung" schreibt, mit Sicherheit
hervor, daß der Verfasser det Buchel
von diese Gebäude in'Susa Kunde ge
habt, also sie doch höchstwahrscheinlich
auS dem Augenschein gekannt hat. Hier
nach ist da Vorurteil, da Buch Esther
sei i Palästina geschrieben und beziehe
sich aus die Religiookoersolgung des An
tiochul EpiphaneZ, )edensalls neu zu
prüfen.
Eine schwedische Hochschule in China.
Zur Forderung der fchwedisch-chine
, sischea Beziehungen ist die Begründung
einer schwedischen Hochscbulk in China
geplant. Ueber diese Plaa hat Pro
fessor Nyström jüngst in Stockholm einen
Vortrag gehalten. Nyström hat im der
flossenen Jahre ine Reise nach China
unternommen, um die Möglichkeiten und
Aussichten der Begründung einer solchen
Hochschule zu untersuchen. Die chintss
schen Behörden zeigten sich sehr entge
genkommend. AI! Sitz der schwedischen
Hochschule ist Hank:u In Aussicht je
nommc.
H h mein
von 2iart
Haben nur Oesterreich deutscher Na
Hon ein Gefühl de Schmerze und der
Wehmut bei dem Gcdanken, daß ihr al
tc? Vaterland wirklich zu bestehen ans
gehört? Sicherlich gibt es auch unter
seinen anderen Völkern einzelne, die ahn
liche empfinden. Keine politische Er.
wägung hat damit zu schaffen. Wer seit
Jahren im Föderalismul. ia der vollen
Gleichberechtigung der Völker daS Heil,
die einzige Lösung für die unendlichen
Schwierigkeiten, für den schädlichen Haß
und die zerstörenden inneren Kämpfe in
Oesterreich wie in Ungarn sah. der be
greift, waS durch den Krieg geschehen ist
und wa keineswegs hätte geschehen
müssen. Niemand hat die mannigfachen
Mängel seiner Heimat so empfunden,
verspottet und getadelt wie der Oesterrei
cher selbst und oft ihre Vorzüge darüber
verkannt; aber auch mit dieser Kritik
war so viel Liebe verbunden! Keine we
fentlich politisch begeisterte Liebe wie in
den von einheitlichem Volk bewohnten
Ländern; eS war weit mehr eine Lftheti
fche Liebe. DaS Vaterland." sagt
Leonhard Frank an einer der schönsten
Stellen seine! fragwürdigen und genia
len Buche .Der Mensch ist gut", das
Baterland, ist eine Gasse, in der wir als
Kinder am Abend gespielt, es ist im
Garten der Nußbaum, auf dessen Früchte
wir gewartet . haben. Kassee und Ku
chengeruch im durchwärmten Eltern
Hause, durch Wiesen ein schmaler-Pfad,
der zur Stadt zurück oder aus der Stadt
hinausführte . . . nicht dcr Staat, die
Organisation der Macht, der Gewalt
und Autorität, sondern die Erinnerung
an freundliche Minuten der Kinder
zeit . . ." Ja, daS allcS ist es, aber auch
noch viele andere und umfassendere Ein,
drücke und Träume, die der schmerzlich
liebevolle Satz O du mein Oesterreich",
in den? eine Spur Ironie mitklingt, für
uns ausdrückte. Serade die vielfältige,
vielsprachige Zusammensetzung deS Rei
ches. sein Daliegen zwischen Ost und
West, Zwischen Süd und Nord, gab ihm
seinen Sinn;, die Rassenmischung. die
Rassenverwirrung, die eS bedeutete, hatte
sü: den, der den Haß von Volk zu Volk
nicht kennt und nicht begreift, einen un
endlichen Reiz.
Vom Süden kamen italienische, unter
frühern Habsburger spanische Einwir
kungen, die in den Bauten, im Zeremo
niell. in der Musik Oesterreichs schön
heitsvolle Spuren hinterlassen haben;
die Barockbauten Wien sind steinerne
Träume auS jener Zeit. Slawen und
Ungarn mit ihren Trachten, mit ihrer
vertrauten Fremdheit, welche Farben
trugen sie in das VLlkergcwühl! Wie
las ich erstaunt alS Kind von der alten
Militärgrenze mit ihrer bunten Solda
tenbevölkerung, von verschnürten SzSkler
Magnaten zu Roß. und sah später, nlcht
minder erstaunt, al ich zum erstenmal
nach Preßburg fuhr, eine Stunde von
Wien entfernt, eine fremde Welt. Eine
Stunde , war der Schnellzug gefahren,
und um eine Grenze, ein Volk, eine Rasse
war man nach Osten versetzt. Die magya
rischen Aufschriften im Bahnhof, die Uni.
formen der Beamten hatten etwas oricn
taiisch verschnörkeltes, der Blick auf die
Donau vom alten Kastell mutete fremd
an; And drang man tiefer int Land, fo
kam man an die Talebene am Strom
und sah über die Wiesen unregelmäßig
verstreut, knorrige kleine Bäume in un
endlicher Folge in der Dämmerung vor
übergleiten, wie Geister der Nomaden
Völker, die einst durch diese Täler West
wöriS ritten ... kam zu den trägen
seichten Flüssen, n bereit Ufer Weiden
bäume And Akazien stehen, in alter!
graue verwahrloste Städte, an die run
den vulkanischen Hügel und gezackten
Bergkämme deS TatralandeS, in Urwäl.
der, durch die Bären und Wildschweine
wandern, wo 'Hirten im langen Hemd,
daS Haar zu Zöpsen geflochten, daS ge
laden Gewehr i der Hand, ihre Schaf
Herden weiden, wo gestürzte Baumriesen
liegen, deren Durchmesser Manneslänge
hat, die nicht weggeschafft werden können
und dort, wo die Fahrstraße durch den
Wald führtausgesägt werden müssen!
TöZ olleS gehörte zu Oesterreich, und
wieviel fremdartigeres und seltsameres
noch, tiefer im Süden oder Osten, was
Ich nie gesehen; aber ein Abglanz von all
dem Fremdartigen und Seltsamen leuch
tet in unserer Stadt aus. Jeder Stamm
war in Wie vertreten, in die alte Hof
bürg führte die Spur der. Geschichte
eines jeden von ihnen, und in den Uni
formen der Wachkompagnicn, im FeZ
Aann man vlinde
s7 sehend machen?
Die Pariser Academie de MödScine
hat sich unlängst mit einem Bericht über
die Experimente beschäftigt, die eine Er
findung deS polnischen Gelehrten Kann,
der in der Fremdenlegion dient, betref
fen. ES handelt sich um nichts Gerin
gereS, als den Kriegsblinden inen Teil
ihre Sehvermögen zurückzugeben.. So
weit sich die Sache nach den Berichten
der Blätter beurteilen läßt, handelt eS
sich um folgenhe! : Kann ist Chemiker
von Beruf. Bei feinen Versuchen im
Laboratorium gewann er die Ueberzeu
gung, daß e keine obsolut undurchsich
tigea Körper gibt, und daß e! sich also
nur darum handelt, jene -Lichtart zu
finden, die selbst die anscheinend un
durchsichtigsten Gegenstände erhellt. Er
begann zuerst die sogenannten .Jnsra
rouze'trahlen zu benutzen, und don
dem Prinzip ausgehend, daß eine Er
llindung infolge Verletzung de Luge!
den Sehne betreff - feine? Vitalität
nicht unterdrückt, konstruierte er einen
Apparat, der diesem Ncr die Lichtein
drücke übermittelt, trotzdem da Aaoe
selbst durch eine operativen Eingriss
entfernt erden mußte. Dieser Apparat
hat die Form einer Makke mit Prismen
und eine .Filtrationttammer', die nur
die oben eoähnten Eirshlcn, die ten
den bettckiteten Körpern ausgehen, aus.
rangt und aus ein Linse mit direkter
Vision leitet. Diese Lins hat die Aus
Hcherreich!"
federn.
de Bosnier, in der Verschnürung und in
den Bäre.npri'tzen dcr Ungarn, in der
Tschapka der Ulanen offenbarte sich ein I .
Symbol ihres nationale Stil. Und I
wer GrillparzerZ. de! Wieners. Dichtun r ! I
gen mit Erkenntnis liest, der findet dic'k f
r. .c.y:.4. ..5. v.i,N W ttffntn. 1
C gCtUJlllU)C U'l IJVIUI. I ( .;
dertreffen und Durchcinanderringen der
Völkcr künstlerisch zum Ausdruck ge F . '
bracht. Fast in jedem seiner Werke be '
ruht die Tragik auf einem Zusammen
kl r i. in - fr tn: j,i tmtin . r
lieg ocr Dianen, jiiuji uui, i.j
in .König Ottokars Glück und Ende"f
den bösen Kamps zwiicycn ,azccycn uno
Deutschen in seinem blutigen Auftakt
darstellt er, der auch die herrlichste
Tschechensage in dcr Libussa", zugleich
ein, mcrfmiirhisl soziale Utovie. aus die
Bühne gebracht hat; nicht nur. wenn r
Im Vtith 'P'ttnrr finij svrrn" l'lbcr
.(II .IVHVH 1 V 1 11 . i... V - ' ' ,
wütige deutsche Fürstenkinder mit un',
garischem Mognatenstoiz veryangnisvou
zusammenprallen läßt: auch dort, wo
das Kostüm völlig gewechselt ist, Herr
schen die gleichen Motive vor. DaS
.Goldene Blick' ist kein Griechen
drama! wer in Wien aufgewachsen i
in rT,i : v v. . ,,,4, ftfnnh. V
lCI lvljl UU 4,0V.IWU4H VIVl.vv
Deutsche, gewalttätig und kulturbrin
gend, stark und hochmütig gegen Osten
fahren, um auf nicht minder hochmütige
und zugleich verschlagenere Fremdvölker
zu stoßen; und Jasan. den MedeaS
fremdrassige Schönheit und Wildheit au
zieht und wieder abstößt, muß ine Um
gestaltung österreichischen Erlebens sei
neö Dichters bedeuten. Die .Jüdin von
Toledo' ist im altspanischen Kostüm ein
kokette! Wiener Judenmädchen, und die
Tragik dc Stücks nur dcr dichterisch
verstärkte Ausdruc? alltäglicher Konflikte.
Die Schönheit und Innigkeit, wie die
Wirrsal und die Unzulänglichkeiten deZ
Landes sind in seinem Werk gespiegelt,
wie sie in ihm selber lagen. 'Sowie
Stifter dcr unvergleichliche Künstler des
süßesten und sanftesten Altwienertums
ist. so ist Grillparzer der schärfere und
bittere Dichter des österrclchifchen Leids.
Bis zur Spitze greifend hat er in dem
leiseste seiner Dramen, im .Bruder
zwist in Habsburq' die Tragik dcr Dy
nasiie in den schicksalschweren Versen zu
sammengcfaßt, die er auch daS ist
Österreichisch gerade dem gemütlich
ironischen Erzherzog Mazimilian in den
Mund legt: .
TaZ Ist d ?!uch dan nscrm edkln Hau. ,
ls halbin Wkgen und ,u halb Tal
ffiit dliiben MMeln zauderhalt zu llrcben.
Er läßt zwar auch Rudolf den Zwei
ten. den weltabgekehrten Kaiser sagen:
Me kauf wird bleiben, immerdar, ich weiß,
iiei H mit eUlrr Menlckonllugheil nicht
Tnn ?lin fcorflebt der herwrrull,
S!ei,i. weil ti int mit dem eilt deS II.
Durch Nlug und i&cinb&T Unklug, katch und
gernd.
Den Sang mlafiml der ehrinen Salut,
Und In dein MMeN'mM der eignen Sckwerlttlt
Ter RückleHr iiaxii der Geister, welche Ichweilcn.
Diese Prophezeiung, diese? -System, i
da! viele österreichische Monarchen kenn ,
Zeichnet, haben sich jn einer Zeit unge i
heurer Umgestaltungen, und nach Ncuenl .
rinaender Sckicktcn und Kräfte nicht bc 4
; ttn! -ff :tf.M nVifrf c '
ivuyrr. aaii ouc iDiui, luu i,.,,,
gefehlt und gesündigt worden ist. Aber
welch einen Stil hatte diese Dynastie,
welche Tradition, welche Herrlichkeit der
Formen, von der Pracht und geheim
nisreichen Weitläufigkeit der Hofburg
angefangen!
Und welch ein Glanz lag über dem
alten Wien, in seinen stillet. Gassen und
schönen Plätzen, in seiner Wagen und
Pferdefreudigkcit, in hkm wonnigen, halb
vornehmen, halb musittimZelnden Leben
de Praters, n der Eleganz zeiner i
fiziere wie in dcr levlichUlk leincr
Frauen und in ihrer bezaubernden
Sprache!
Vieles davon wird ja bleiben. -Ob
aber auch der Glänzend die Sinnen
freude wiederkehren, die darüber lagen!
Jetzt herrscht bitteres Elend. Wird eine
i
neue Entwicklung, neues xtrstn sur re .
Zerstörung des alten mit hundert Feh l
lern behafteten, wunderlichen und doch
wunderbaren Gebäudes, entschädigen? r
Werden wir, an den in' neuer Freiheit,
und alter Ordnung erstehenden großen
Volksstaat angegliedert , unsere ergän ',
zende Kraftquelle finden? Und werden
die nunmehr von uns getrennten Völker, s
durch ihre Selbständigkeit versöhnt, iiljf
alter Buntheit und in neuen starken Ged
sialtungcn an unseren Grenze' einer ge
genseitig durchstrahlenden Kultur neu
Elemente zuführen? ' WaS bedeutet ei''
Quadratmeter mehr oder weniger hitÄ '
und dort? Der Geist und die Leistung
sind alles. J
rtslf die Hr'b )tt (strahlen ömuftfiitja
71 "F " " w "W ' V ' 7 r"( f -
chen, wobei sie zu gleicher Zeit die Far
ben der betreffenden Objekte in einem
Heliostatischcn Spiegel sichtet. Der Ap,
parat ist durch Drähte mit einem trag;
baren elektrischen Jnduktionsappara ' .
verbunden und vervollständigt dur.V ,
phosphorreszierende Platten und mek' ) j
rere Membrane. 'die mit einem StoH .j
imprägniert sind, der den elektrisches ,.
Strom empfängt und dadurch die Cfcj
jelte in dem Bereich de phosporren?,
rcnden Flimmer erhellt. Kann lxhaup.r
tet. daß er mit dieser Maske einem
Kriegsblinden die Fähigkeit geben kann.
die MLbcl deS Zimmers zu erkennen, di, ,
Finger dcr Hand abzuzählen, den Be '
reich eincS park erhellten Garten zu tu '
fassen usw. E hat sich In Pari ei .'
igene! Komitee auS Fachleuten gebildlw-'"'
das für Kann einen Urlaub erwirk!?'
Ti, Mitglieder der Pariser medizinische"
Akademie Suß'lten sich teil zuversick-t, L
lich. teil mit Einschränkungen. Ts
letzteren sagen, daß man den Blind. .
nur die Illusion eine LichteindruSZ gJ
ben könne. Die! schließe aber nicht aus!
-fc. r i ... r--l.
vag man Dtn beyncro lowrii Lkiik . -
fähig machen könne um dem Gehirn hi,? i
reichend parke Lickiteindrllcke zuzufuhrr?
nnd dadurch eine Art retrospektiver Li
sion zu bewirl, wa! den Bünden tvf
jedem Fall an! seiner ewigen Finstern 1 ,
reiße nd ihm g'wisse Shfenfat!o!,,'t
' "' "
Auch mit Rosenketten kann geraff
werden.
il-
ft,
i
1
-?
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i.
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