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About Tägliche Omaha Tribüne. (Omaha, Nebr.) 1912-1926 | View Entire Issue (Dec. 24, 1918)
.krfyVULliA UiriMMMituialUliwhl' IM- ' ,MW-' .rfaMHt:..Ä&WI&'WaW f(6lw!-',iWei - J.öS"" , Tägliche Omaa TrttSne 1 v 6' l. f . Der Lusz. Novelle von Georg Frelherrn osn Gnixieda. ti Verschiedene BergleichSvorschläge wa tcn bereit ohne Ergebn! verlaufen, denn Fräulein Jda Echter fühlte sich ff: durch den lumzen Mann, der beute um . erstenmal in eigener Person wieder vor m stand, 10 beleidigt, baß sie jeden Ber t mitlelungsversuch zurückwies. l Der Nichter, ein älterer Herr mit flöt dcncr Bulle lind arauem Bart, liatte u diesem Platze hier. ws er zu richten faß, s 1on die widersprechendstenSachen er triebt und kannte, in der kleinen Stadt, in " : fidcr er nun schon zwanzig Jahre sein N Amt ausübte, beinahe jeden Menschen VUlll viuwcil. ,. ' Tag Alter hatte Ihn immer friedser, jiger gemacht, und eine Verhandlung, bei der ei zu keinem Vergleich kam .diinkte '.hm säst ein MlKerfoia seinerseits, Er toujjfle, daß der Beklagte, in einer der großen Tuchfabriken des OrteS seit zehn Jahren als Buchhalter angestellt, ein Mcnfchnvar, den eine Verurteilung, die später im Blältchen stehen würde, so tränken mußte, das; er , seine Stellung ausgab, und vielleicht gar sich etwa an tun würde, denn im Ehrenpunkt war er auf das auncrite empfindlich. Die beiden Parteien standen vor dem 1 Amtsrichter ein paar Schritte nur von einander entfernt. Er groß, kräftig, mit leckem, blonvcn fcchnurrfcart; sie ein ein ' , fcich, gekleidetes, nettes Mädchen, mit t Y twv.ü selten wohlgcbitdctcn Mund, der fwi v ein paar roten Lippen umrandet r , ... f mx. ' Ein. Mund, schwellend und doch ym sinnlich, klein und doch kräftig, ein Mund, der etwas Herbes, Jungfräuliches besaß, dabei doch gemacht schien wie zum luden. Beide Parteien führten ihre Sache selbst. Tcr Amtsrichter sagte: Sie werden doch einsehen, das sich Fräulein Echter beleidigt fühlen muß.' Der junge Mann antwortete: Gewiß. Herr Amtsrichter, ober ich konnte Nicht anders! Der Amtsrichter, machte drohende Au, gen unter seiner goldenen Brille, ober fein gutmütiges Gesichtstrafte den Blick Lügen, und er sagte: ä'Jitin, das ist doch keine Entschuld!-, guiig! Wenn nun jeder, der sich einer strafbaren Handlung schuldig gemacht hat, sagen wollte: ich konnte nicht an der! Sie als gebildeter Mann werden einsehen, daß das nicht geht! Der Beklagte schlug die Augen zu So den: Herr Amtsrichter, das sehe ich auch ein', ich weiß, daß ich Fräulein Echter beleidigt habe, aber ich muh habe, bld den. ich konnte nicht anders!" Ter Amtsrichter machte eine unwillige Gebärde) Fräulein Echter will ihre Klageruf innen Fall zurückziehen, Sie werde also die Folgen zu traaen haben. Nun er achten Sie also einmal, wie das gelum, im ! Sofort begann der junge Mann: Es war an einem schönen Frühling!, tage, und da es außerdem noch Sonntag ivar. kam ich auf den Gedanken, einen 'Ausflug zu machen nach Bergdorf, denn dort ist die Kirschblüte, wie man ja oll : gemein weiß, besonders schön, und ich bin ein großer Naturfreund. . Wenn man so lange im Kontor ge Hm hat und immer bloß die kahlen Wäube vor sich hatte, und immer blos; das Brummen der Maschinen gehört hat und das Hin- und Hergehen der Arbel ter. das Afladen.der Ballen, das Dröh nen und klappern der Rollwagen auf '"dem Pflaster, dang bekommt man eine unglaubliche Sehnsucht, auch einmal in die Natur hinaus zu -gehen, die uns ,- Bureaumensch?n die Woche über der . schlössen ist ..." Der Amtsrichter, der selbst jeden Sonntag benutzet, um mit der Familie den Fluß hinauf oder hinunter einen Äusflug zu machen, blickte auf die Akten. Eigentlich hatte er sagen wollen, der junge Mann solle sich kürzer fassen, doch die Worte, die er eben gehört, erweckten vcrwandte Gefühle in ihm. und da er , immer noch hoffte, die Cache zu einem "X.jk ten Ende zu bringen, ließ er bin 83e ilagten weiter reden: ,Zch ging also auf den, Bahnhof, löste c mir ein Billet dritter Klasse nach Berg dorf hin und zurück und nahm im V, Coup Platz. Auf dem Bahnhof war noch niemand zu sehen. In Anbetracht ' der frühen Morgenstunde, denn ich hatte den Zug fünf Uhr zehn Minuten genom inen, fehlte das gewöhnliche Sonntags Publikum der. Aukslugler. Die' fahren meist erst um acht Uhr, und ich glaubte dghcr annehmen zu können, daß ich allein bleiben wurde. A Ich fehle mich also in die Ecke, drückte mir den Hut ins Gesicht, schlug die Beine übereinander und schickte mich an, noch ' etwas zu schlasen, denn am Abend vorher hatte ich für meine Firma eine oußerge . wohnliche Arbeit machen nillssen. die mich bis spät in die Nacht wachgehalten. Ich schlief also ein, denn ich war todmüde. Ta plöhlich wachte ich a,uf. Es hatte mich jemand gcstoßen.und ich i zog schnell die ubereinandergeschlaaenc ! Beine zurück, um Platz zu machen, denn j ich sah eine Gestalt. ' Ich ärgerte mich ein weniH aker nach l i'm die Eoupktiir zugegangen, lehnte ich i n in Ich wied'r in meine Ety kreuzte ober ,''tS m-M die T.'Ine und riMe mir den Hut ,y V G.sckt. Doch es gelang mir rlt. ., ?r kw'uMa'.'n. und nachdem der l frei: iWfe im s.'anz c, rieb ich r die !i cn, sckc d.'N iQui g.rade und ';!' mich um, 'Herade mir g'genübcr hatte eine junge t.me Platz genommen. Ich sah sie wci ."nicht an, d?nn ich bin eiri wenig scküchternek Natur, das können Ihnen alle bes!ä!i"n. bitt Amtsrichter, die mich kennen. Ich bin nicht so einer, der den Mädchen jiii;!auft, daz ! habe ich uch gar Tf ine Z,it. denn bei unserer Firma h,'!f.t es arbeite!,, und ich will bomät: kommen, iVi und gut. ich achtete flicht weile auf weine Begleiterin, mit, der ich mich übrigens allein im CoupS befand. Ich rückte ein paarmal hin und her. denn wenn man müde ist, sind die Bänke der dritten Klasse nicht gerade weich, und schließlich warf ich doch einen Blick auf die junge Dame mir gegenüber. Ich sah, wie ihr blonde Haar unter dm Hut fortwährend wehte und wie sie immer naiv oie ugen laiiog gegessen 3"g. Ich würde sonst nie eine junge Dame angeredet haben, ich würde ihr Haar ruhig haben fortfliegen lassen, aber ich muh sagen, daß mir.ihr Gesicht ae, fiel, ihre einfache Art. ihr netter Anzug, und ,ch dachte, als ich die weisen Zwirn Handschuhe sah. die sie trug: Aha. sie will sie nicht schmukig machen und laßt des wegen das Fenster offen. Da beugte ich mich vor und fragte: ' .Fräulein, stört Sie der Zug?" Sie sah mich an: .Ein wenig!" ' Ich erhob mich und versuchte das Fen sicr heraufzuziehen, aber es kleiymte und ging nicht ganz zu, so daß oben ein kled ncr Spalt blieb. Ich fragte: " " Geniert Sie das, Fräulein?" .Nein, fo geht es!" Damit war die Unterhaltung im Gang. Ich kann nicht sagen wie es kam. daß wir weiter sprachen, ober ich erzählte ihr von der Baumblute m Bergdorf, es wäre noch sehr früh am Morgen, ob sie nicht müde fei. "Wie man sö spricht. Ich konnte es nicht Wort für Wort wieder, holen. Herr Amtsrichter ..." Der Amtsrichter rückte an feiner Brille, ohne den Beklagten anzusehen, immer nur die Augen auf die Akten geheftet und sagte: .Schon gut! Schon gut! Also erzäh len Sie. Sie fuhren nach Bergdorf, Fünf Uhr vierzig Minuten sollte der Zug ankommen, aber Sie hatten auf der Streckt einen Maschinendcfekt, fo war es doch? Und dadurch blieb der Zug liegen. Und Sie haben sich mit dem Fräulein immer weiter unterhalten, und dann ha ben Sie beide sich in die Ecke gelegt und geschlafen, und Sie sind früher wieder aufgewacht; und nun sagt Fräulein Echter ..." Aber der Amtsrichter unterbrach sich selbst. Er hatte den Kops voll: ein gan zer Stoß Akten lag da, ein Gedächtnis fehler war ihm offenbar unterlaufen. Der junge Mann sagte: .Ich bitte um Entschuldigung, Herr Amtsrichter, es geschah auf dem Rück- Wege mit dem Abendzuq. .Nun also, erzählen Sie, aber fassen die sich kurz:' Also wir saßen einander gegenüber und unteryielten uns. Genau zur fahr planmäßigen Zeit, fünf Uhr vierzig Mi nuten, kamen wir in Bergdorf an. Die junge Dame stieg aus, ich grüßte sie, wie ich immer ruße, ganz formlich, den wir hatten uns ,a bloß ein bißchen unter, halten und würden uns wahrscheinlich in unserem Leben nicht wtederscbcii. ' , Dann ging ich an den Fluß, dort wo der Weg von Bergdorf nach Nahm fuhrt, Unten fließt der Strom, yuf halber Höhe an den Hügeln hin geht man zwischen Feldern und Oistbaumpflanzungcn. und dort ist die schönste Baumblut der ganzen Gegend. Da blüht es schneeweiß vom Fluß bis zu den Hügeln hinauf, und es duftet fo frisch und herrlich, daß mich sich erholt von den acht Tagen, die man im Kontor hat vertrauern müssen. Während man zu dem Wege sonst kaum eine Stunde braucht, legte ich ihn in drei Stunden zurück, denn an jedem Baum, die ich alle kenne, blieb ich stehen und, sah mir die alten, dunklen Aeste an und die neuen jungen Zweige, sah die weißen, rosa betupften Blüten, machte meine Schlüsse, denn ich bin Kaufmann, wie wohl die Ernte dieses Jahr ausfal len würde. Schlüsse, die natürlich nicht ganz stimmen, denn dann kommen Frost und rauhe Nächte, der böse Kernpilz, zu große Trockenheit, zu große Nässe, all die Plagen. Über die ich unterrichtet bin, wie der Bauer selbst. Als ich ins Torf kam. wo mich alle Leute kennen, denn jeden Sonntag bei- nahe bin ch da, begann ich wie immer mit diesem oder jenem Baurr über die Ernteaussichten zu reden, und s veraina die Zeit. Ich bin dann in die Kirche aeae!naci?. vcr itic villil" roik preoigi tqi jajon und dann ist der Kirchhof herrlich, hoch' gelegen und rundum steht das- weiße Bliitenmeer, beugt feine Zweige über die Gräber an der Mauer, schüttelt die BliI tcn. wenn der Wind durch die Aeste streicht, ülxr die müden Schläfer, als sollten sie mit letzter weißer Decke zuae l. r, ms c ... i . l , r . , - ' deckt werden. Und dann später hängen ihnen über das Grab die Früchte, von denen sie einst gekostet und die sie heute nicht mehr genießen können, da sie den Weg alle Irdischen gingen. uns ich denke immer, mancher von den alten Obstbauern, die dort schläfert, wird sich noch freuen, daß auch bei den Enkeln die Obstzucht gedeiht, daß die Läumedie sie eigenhändig gepflanzt. nun doppelt und zehnfache Frucht tra gen. Herr Amtsrichter, ich will' mich kürz ässen. a?er diese Gedanken kommen mir edesmak. wenn ich dort bin. und ich möchte tlofz zeigen, daß Ich G.-fllhl hab). auch wenn ick, die ganze Woche In mei nem lahl:n Kontor siße und Zahlen zu ammenuee. Und dieses Gefühl Ist ja mein Unglück gewesen und bat mir den Streich gespielt . . . Also nach der Kirche sehte Ich mich an Mierschens in den Garten. Der alte Miersch ist nämlich ein ganz gebildeter ui!enlcb. und da habe ich wie immer über den Weltlauf gesprochen. Und da habe ich mit ihm ferne Bucher durchqesehen, denn das wird ihm sckiwer. Er aibt mir manchmal ein Glas Milch, denn dasnehme i,? gern' von ihm n. iid ,3, macüe ihm dafür die Schreiberei. Mitiflfli habt i rfi h.irn im T-nrf ssscn, ganz einfach wie immer, und habt fast nichts dazu getrunken, ich glaube, einen Schnitt Lagerbier. Ich möchte das betonen, denn das, was nachher ge fchay. ist nicht etwa passiert, weil ich den Kopf voll gehabt hätte, nein, nein, ich bin ganz mäßig! Nachmittag bin ich wieder bei Mier scheu gewesen, und da habe ich den llci. nen Miersch, der mal den Hof bekommen soll, auf den Knieen reiten lassen. Der arme Bengel hat ja keinen Vater mehr, denn dem alten Miersch sein einziger Sohn ist voriges Jahr gestorben. , , Schließlich kam die Zeit, wo ich schwe ren Herzen Abschied nehmen mußte. Abends siebet Uhr fahre ich immer. Der Zug braucht nur zwanzig Minuten, und mit einem andern kann ich nicht fahren, Itnn der Kurierzug halt in Bergdorf nicht. Da nahm ich Abschied vom Alten und ging den Weg wieder durch die blühenden Bäume, dieses Mol etwa schneller, denn ich hab die Gewohnheit eine Viertel, stunde vor Abgang des Zuges aus dem Bahnhof zu sein. Die Blütenbäume rauschten übemir, eS ging ein leichter Wind, und ob und, z schlltteNc'n'lie ihren weißen Staub herab; ein paar der kleinen zarten, rosigen B!ü ten blielxn !7.:r wohl am Aermel hän gen, und ich nahm si? in den Mund, kühl, süß schmeckend. Ich liebe daS. Eigentlich war ickiraurig, wie immer, wenn ich zurückfahre, von all diescr"zar ten Schönheit da am Fluß. Sie hat nichts Großartiges, das Hochgebirge soll ja ganz anders sein ich hab nie hin gekonnt, dazu" reicht mein Einkommen nicht, ich habe auch keine Zeit, lange läßt mein Chef mich nicht fort. Aber ich brauche auch nichts anderes zu sehen als diese Landschaft mit ihren Hügeln. Der Ctiiidnidf ninb in nni TOnsb hnrfi.il U U 1 - .""j - , tcn, denn am nächsten Sonntag erst kann ich wieder hinaus. Der Zilg lief ein. ' Ich wollte in den nächsten Wagen steigen, aber dort saß eine Gesellschaft von angetrunkenen Leu ten. 'Das hästemich aus meiner , Stim mung gerissen; ich kann solches Lärm nicht leiden. Schließlich stieg ich in das letzte CoupS im Zug? und schloß die Tür, denn ich hosfte allein in sein. Ich dachte, noch an den Mierfchschen Garten, dachte an den in großen, stillen Spiegeln dahinziehenden Fluß mit den herrlichen Bäumen rundherum; an den seligen Dorffrieden, an diese wundervolle Luft, die ich nun acht Tage wieder ent behren mußte. . Da ward ich aus meinen Gedanken ge rissen: die Tür ging auf, und ärgerlich wandte ich mich herum. Die junge Da me, mit der ich früh gefahren, kam her ein. Aber merkwürdig obwohl jeder andere Mitreisende mich gestört ha ben würde: ich freute mich, daß sie kam. Sie war so nett, so einfach, so bescheiden, und sie war. ich muß es schon gchehen sie war fo hübsch! Sie gefiel mir. Ich habt sonst die Mädchen nicht angeguckt, aber sie hatte so nußbraune Augen, so blondes Haar, und sie s?k so bescheiden und einfach In , ihrer Ecke. ,,Die ganze Zeit quälte es michj, ich wollte mit ihr anfangen zu sprechen, aber ich wußte nicht wovon., Das Fenfte? war leider geschlossen, sonst hätte ich mich wieder erboten, es zuzumachen. Da kam .mir der Gedanke, ich wollte ihr Vorschlag gen, es zu öffnen. Ich sagte es, sie dankte mir dafür, ja, es wäre schlechte Lust hier drinnen; da gab ein Wort das andere, ich bedauert, daß man die schöne Luft nicht mehr at wen könne, wie draußen auf dem Dorf. Und es kam heraus, sie hatte einen Onkel besucht, der Lehrer war in Berg dorf, aber er wohnte nach der anderen Seite zu. Das Schulhaus kenne ich auch. Nun empfahl ich ihr Wege, die hübsche Blicks gaben in kleine Tälchen, aus denen hier und da einmal di roten Dächer einer Ortschaft herausschauten. Wir unterhielt? uns sehr gut. Ich empfand bald, daß sie dieselben Neigun gen hatte wie ick. Und ich begann mich hingezogen z fühlen zu dieser einfachen Natur. Ich freute mich, daß sie nicht wie -die anderen ihren Sonntag der brachte mit eitlem Putz und .ins Nach mittags-Konzert gehen" und womöglich abends auf den Tanz. Und unausgesetzt, während wir uns unterhielten, betrachtete ich mein Gegen über, und ich will es nur gestehen, Herr Amtsrichter, ich .verliebte mich. Ich habe nie geglaubt, bsg es fo schnell gehen könnte. Ich bin etwas Pedant, ich bin Beamter, und ich hatte gemeint, wenn du je einmal daran denkst, eint heimzu führen, so mußt du mindestens ein Jahr lang das Mädchen gesehen haben, denn keiner kann wissen, wie es ihm in ;fccr Ehe ergeht. Und nun fühlte ich, alle meine Vor sähe waren zu Wasser geworden, so ein paar Mädchcnaugen gegenüber. Wenn sie mich ansah und ir sprachen ja von ganz gleichgültigen Dingen oder nein, von schönen Dingen, von der Na tur, dann ging es mir durch und durch, es überliefe mich förmlich, und ich wünschte, die Fahrt möchte noch lange dauern. Dabei war sie doch in wenigen Minuten zu Ende. Aber plötzlich hielt der Zug. Wir saheir" zum Fenster hinaus. . Ich fragte den Schaffner: eS hieß, ein Maschinen defekt. Er erklärte irgend etwas, das ich nicht verstand. V So blieb der Zug auf freier Strecke liegen. Man hörte in der Ferne die lustige Gesellschaft johlen und schreien und nebenan durch die Holzmand hin durch die Unterhaltung. Ab und m ging n auf dem Bahnkörper die Schaff ner hin-und her. Die Reisenden schimpften, und ich glaube, der einzige Mensch im ganzen Zuge, der sich freute, war ich. Meinet halben hatten wir die gan Nacht hier bleiben können, wenn ich nur frühem Kontor zu meinem Tlenst da war. , Hier diesem Madchen g'geniwer der h ich alles. Ich konnte, den Blick nicht von ihr lassen, und Ich weiß nicht, ha'e ich sie vielleicht zu sebr aiigesehe, ich will mich nicht v:rt,'idig-n, war es ihr unangenehm, genug, sie lehnte sich in die Ecke und schien zu schlafen. . v Sie mochte wohl sehr müde sein, den r sie hatte, wie sie mir erzählt, den ganzen Tag mit ihren kleinen Nessen gc,pielt Nun lehnte sie in der Ecke, d? Kopf et was hintenüber; ihre Brust hob und tfnUr firfi fnnnf.irn Ivi ihm Wifmnin l'y .'ö"M "v . wvtg.nt, ie lies. gewlN. ne cmicr. Die Augen hatte sie geschlossen, diese schönen, nußbraunen Augen sah Ich nicht mehr, aber ich sah ihre Wangen, wie ein frischer Pfirsich, blaß, nur in der Miße mit einein leichten rosa Hauch, einem Schimmer, wie ihn die Kirschbänme in der Blute zeigen. Und dann sah Ich ihnen Mund, klein, fest, rund, w!nz,g und doch ausdrucks voll. Einen Mund . . , Nun kommt ja mein Unglück, Herr IZlintsnchlttZ Wie soll ich Ihnen sagen, wag mir geschehen? Ich kann es selbst nicht klaren. ' Ich weiß, daß kh unrecht habe, aber es war ein Mund, ein Mund! .... Ich bin immer sehr schüchtern gewesen. bin sogar von den Kollegen gehänselt Worden deswegen, also mir lag doch so etmaS wirllick niebt nabe und baleick. ich zweiunddreißig Jahre alt bin, Herr Amtsrichter, Ich kann versichnn, Ich hatte noch nie iij Mädchen geküßt. Ich bin auch nicht leichtfertig, denn ich will doch vorivarts komme. Ich ver stehe mich nicht, ich bin trostlos, aber ich bitte zu bedenken, ehe ich verurteilt werde: es kann doch nickt der Wille de' Gesetz gebers sein, daß für so etwaS' meine ganze Karriere verdorben wird. Ich will ja auch Abbitte leisten wie ich ja auch die junge Dame schon um Entschuldigung gebeten habe! Außerdem hat es ja auch niemand gesehen. . Kurz, wie ich ihr so gegenübersaß und wie sie so leise gtmete und ich diesen Mund sah, diesen süßen, kleinen Mund: .ich hab' nicht an mich halten können, ich mußte, ich mußte, ich konnte nicht anders, und ich habe mich vorgebeugt und ganz. ganz leise mein Gott, sie schlief doch und konnte es gar nicht merken habe ich sie aus deit Mund geküßt!" Er schmieg. Während er redete, ruh- ten seine Blicke auf Fräulein Echters kleinem, festen, roten Mund, feine Augen leuchteten, es wn, als wolle er leben Augenblick die Tat, wegen der er hier stand, .wiederholen. ' Deraltc Amtsrichter hatte stumm mit dem Federhalter gespielt und trotz aller Weitlchweisigieit den Beklagten nicht un terbrochen. Jetzt fragte er nur: .Nun, Fräulein, halten Sie Ihren Strafantrag aufrecht? , Rührt Sie denn so etwas nicht? Können Sie nicht von Ihrer Strenge etwas, abgehen?" Doch Fräulein Echter, die die ganze. Zeit, wahrend der Beklagte gesprochen, die Augen zu Boden geschlagen, sagte zögernd: Herr Amtsrichter, ich bin ein ordenk liches Mädchen! Und ich kann mich doch von einem wildfremden Menschen nicht kuZlen lassen!" Da erhob sich der alte Herr, kam hin ter seinem Tisch vor, auf die beidenzu, trnd sprach: Mein Kind, Sie sehen doch, daß er es nicht fo schlimm gemeint hat, und er bereut ja fo sehr! Wollen Sie nicht mildt sein? Es steht Ihnen frei, den Strafantrag zurückzuziehen!" DaS Mädchen war errötet und flam rnelte: Aber, aber, ich bin nicht so eine!" Doch der Amtsrichter gab es noch nicht auf:, ' Ist Ihnen denn damit geholfen, wenn dieser Herr nun bestraft wird? Sind Sie ihm denn so spinnefeind?" Sie antwortete, immer nöch die Augen zu Boden geschlagen: Nein!" Da leuchtete es auf dem Gesicht des alten Juristen: ' Also, er ist Ihnen , nicht unange nehm?" Nein!" , Plötzlich kam der alte Herr zu einem Entschluß. Er legte dem Buchhalter die Hand auf die Schulter: Nun, nach Ihrer Schilderung der Beweggründe kann ieh-ckir doch eigentlich nichts-besseres denken, als wenn Sie so eine Frau hätten! Möchten Sie das nicht?" Des jungen Mannes Augen glänzten: .Gewiß !' . .Nun, dann stellen Sie doch die Ehre der jungen Dame dadurch ieder her, daß Sie sie um ihre Hand bitten! Dann ist die Sache aus der Welt geschafft!" Der junge Mann trat plötzlich auf Fränle'n Echter zu und sagte: .Fräulein, wurden Sie mir vergeben, wenn ich Sie fragte, ob Sie meine Frau werden wollen?" v . DaS junge Mädchen spielte verlegen mit den Spitzen ihrer Handschuhe, und man hörte kaum ihre Antwort, als sie "flüsternd sagte: .Ja!" ' ' Da nahm der Anitsrichter die Hände der beiden jungen Leute; und als wäre er nicht mehr der Richtet, der die Ber fehlungen der Menschen zu sühnen hat, sondern der Priester, der zwei Liebende verbindet, legte er ihre Finger ineinan der und sagte, indem ein Snimunzeln um sr.:... ftT),.w ...w r.:. rw - iiiutii .rnuitu Blllljf u11" t-iitc lachten unter den dicken Brillengläsern: Sehen Sie. das Ist immir das beste Ende: vergleichen! Warum sollen wir Menschen uns einander wehe tun! Und nun wissen Sie waS, Fräulein? jktzt ist die Sache weggelöfcht, .dieser Kuß. der Sie so gekränkt hat, der war der zur Verlobung." Als wäre der grüne Tisch mit den' Akten und den schwarzen Tintenfässern, d.'r Altar mit Leuchtern und Buch, sian den sie zög-rnd da, daS junge Mädchen eta?as hintenüb:rgelehnt mit ausgestieck tem Arm, als wagte sie nicht, dem jun gen Mann sich zu nähern: er aber, indem er sich immer weiter vorbeugte, ihr Ir die Augen sah und herab auf den süßen, festen, kleinen Mund. Die Amtshandlung schien beendigt. d?e beiden konnten gchen, aber der alte Amtsrichter war ein kleiner Schäker. Plöhlich sagte er zu dem jungen Mann: . Nun, ich hätte mir doch eigentlich zeigen lassen müssen, wie die Tat began gen wurde, um ein rechtes Bild zu ha b.'n, ehe das Urteil fiel. Wissen Sie was, es interessiert mich juristisch. z!geu ' Lrben. Skizze von AuS den Gläsern stieg gleich Nebel die Rührung. Er umschleierte die drei alternden Männer in gleicher Starkes aber mit verschiedenfarbigen Floren. .Die mittlere Linie ist auf die Dauer am unerträglichsten. Und sie war die meines Lebens," sagte, von einer unbe stimmten Bitterkeit erfüllt, gereizt von der Nüchternheit seiner sorglosen Tage, der Major a. D. Neumeister, den Fuß seines Römers mit starkem. Griff um fassend. Es war eine Geste, als sei,hm die ganze Energie seines ZorneL iii die knochigen Hände gefahren. Mit seinem helläugigen Kriegergesicht sah er drohend on der Box aus in die Weinstube, hin ein. Rechts und links am vierkantigen Tisch saßen Nuthardt und Bohrweg. Sie wechselten einen Blick.' Neumeister klagte? ' Der? Was sollten denn sie sagen? Ruthardt. mit aufgestemmten Ellbo gen, legte die Stirn hart gegen die Knö chel seiner erhobenen Faust. Er schloß dabei die Augen, weil er fühlte, sie wur den ihm feucht vor Jammer. Was für Bilder standen dereinst an seinem Hori zont!. Und wenn er in heißer Hetze sich irrten genähert, verflüchtigten sie sich. An der Börse ein großer Mann werden; der gelitte Gatte einer Frau von Schön heit und Reichtum. Ts waren so seine berechtigten Forderungen gewesen. Keine war ihm erfüllt worden. äIeib und Mitgift errang sich Bohrweg, gerade in den Tagen, als er selbst an ber Börse spürte, daß man viel Geld in Türken losen verlieren kann. Da mußte sein kleines Bankgeschäft schließen und nach England gehen. Als Prokurist eines grolln Hauses in Birmingham ersparte' er sich genug, um mit Vorsicht als Rent ner leben zu können. Diese erniedrigende Groschenrechnerei, die einen ewig fühlen ließ, daß man ein abhängiger Mann sei! Es kommt nie auf den Schlag an. fondern nur auf die Stelle, wohin er trifft. Ruthardt fühlte seine Herrennatur durch Schlagt belei digt, die ein Sklavenherz für geringe SchicksalZprügel eingeschätzt hatte. Er, mit großen Ansprüchen in soleler EnHe! . Und da rann ihm die Träne wirklich über sein Lordgesicht. Und als er es fühlte, hob er forsch den Kopf und trank sein Glas rasch aus. Bohrweg war in seiner Jugend ein .hübscher, braunäugiger Kerl gewesen, von der niedlichen Art. Wie er nun der ängstigt dasaß, kahlen Hauptes, nur noch über den Ohren mit dunklen Haarbü schein, da konnte man nicht mehr der stehen, daß einst die schöne Adine lieber ihm sich und ihre Mitgift gönnte aht dem stattlichen Ruthardt. Damals frei lich ahnte man nicht, wie kleidsam die englische Aufmachung für Ruthardt wer den sollte. , Er faZte jetzt gedrückt,: ' Du bist nun mal in der Stimmung, Neumeister. Ich beneide dir die mittlere Linie. Wie hat's mich auf und ab ge rissen! Mein Kind starb, mein Weib verließ mich mit ihrem Vermögen. Nun muß ich als Agent schuften. Hingegen ihr ihr Kuponschneider!" . .-, Das nahmen aber die anderen beiden übel, daß Bohrweg es schlechter haben wollte wie sie. Neumeister schalt: nur mindere Garnisonen, Verkennung, Neid hatte er erlitten. Nuthardts Stimme bebte: er war der eigentliche Lenker des Hauses in Birmingham gewesen, clber subaltern mußte er sich duckeil; subaltern sei ein Wort, von Filichen schwer. Mör derisch für stolze Männer. Bohrweg konnte nicht wettern und keinen klang vollen Redeschmung aufbringen; er konnte nur zerdrückt und wehmütig sein, nur hoffnungslos, bis er sich selber dauerte. Auch von ihren Erfahrungen mit dem wandelbaren Gott sprachen sie natür lich. Und von ihrem Standpunkt, hin ter der Gefechtslinie, kamen sie zuin Schluß, daß die Weiber keinerlei Auf regung wert feien. Wobei alle drei un willkürlich einen Blick zum Büfctt hin überwarfen, wo, wundervoll frisiert, reif, blond und unnahbar, die neut Kassiere rin thronte. Nur eines hatte nie getrogen. Ihre Freundschast, diese echte Männerfreund schaft, die nicht einmal 'in die Brüche ging, als ein Weib dazwischentrat. Beim Gespräch über ihre Freundschaft sebwoll die Rührung zum Strom, In dem alle Verschiedenheiten ihrer Schicksale er tranken, der mit hohen Wogen ihre See len fortriß. -Da machte Neumeister den Vorschlag, der Unverbrüchlichkeit ihrer Treue ein Denkmal noch über den Tod hinaus i setzen. Am heutigen fünfunddreißigften sonrcaq iincs Bundes konnten sie nichts Herrlicheres beschließen, als daß jeder sein Vermögen .den Ucberlebenden vermache. "Damit beraubten sie nie. mand, sie waren Einsame. Und wenn eben ihre Freundschaft nicht gewesen wäre ... wie hätte das Leben kahl aus gesehen. Dieser Gedanke überwältigt sie. Stark drückten sie sich die Hände. Und es ward beschlossen. ' , . Von nun an sah daS Leben anders aus sie warezt- geradezu eine Familie geworden. Im Uebermut zeigte jeder eine große Behutsamkeit mit der eigenen Gesundheit und verschwor lich lustig. di anderen zw?I um die Erbschaft zu prel len. Im Uebenut redete jeder die an ie mir doch mal. wie war denn das?" Da nabm der iunae Mann wie der Blitz das Mädchen beim Kopf und drückte ver Errötenden einen herzhaften Kuß aus den Mund. , Ter 2fmt?rirfiffr Cnfi Minmnufnh Z dann wendete er sich ab. warf dem prolokollführends Referendar einen zwinkerndcn.Blick zi l,,,d trat wicd'k hinter seinen Tisck, Gani ernst, ganz 58s ruf. klinaklte tr vern BmfSbifnrr in? nächste Partei vorzuführen. Zda Vsy-Ed. deren als Erben" an und bat um Schottung einzelner Nachlaßstücke, an denen sein Herz hing. - Der magere kleine Bohrweg wußte ja gewiß, Konstitutionen wie die seine wa ren zählebig. Ucd es tröstete ihn über viel Erlittenes, daß feine letzten Tage mal recht sorglos werden würden. Er schämte sich dieser unbezwinglichen Er wägungcn, und um sie zu verbergen, fing er an zu hüsteln und von seiner Lunge zu sprechen. Dies überraschte Neumeister nicht. Er hatte sich schon früher oft Gedanken ge macht über den kläglichen Brustumfang des dünnen Kerlchens. Herkulesse wie er selbst, der noch im November sein kalteg Bad nahm und turnte, daß die Hansbe wohner sich beschwerten, ja die waren selten. Nicht alle Menschen konnten gleich ihm die Anlage haben, hundert Jahre alt zu werden. . Was aber Nui s hardt anbetraf, sci hielt Neumeister die sen für apoplcktisch, und als besorgter IJreund warnte er ihn oft vor demVor ter, den Ruthardt aus oltenglischer Ge wohnheit jeden Vormittag trank. Ruthardt seinerseits dachte nicht viel über die Gesundheit der Freunde nach. Er fühlte sich so sehr als Gentleman.' daß er vermied, sich an die Testamente zu erinnern. Außerdem konnte doch ein Kind sehen, daß er der Wohlcrhaltcnste von ihnen war. Was übrigens auch seit kurzem die vollbusige, herrlich frisierte Blondine an der Äasse zu bemerken schien. Und Neumeister dachte: Na, wenn er sich noch auf so was einläßt!. . . das bekommt schlecht i unsern Jahren.. . Und d'och war er, der vräfumtive Hun dertjährige, es, der sich noch selbigen Iah res beim Novembcrbad im Freien eine Lungenentzündung wegholte, von deren Geringfügigkeit ' er - noch triumphierend überzeugt' war, als schon der Tod ihm den blauen Brief zugestellt hatte. Die Ucberlebenden sanken sich am Grabe in die Arme. Nun, Bruder verwaiste Brüder," sagte Ruthardk. ein Aufschluchzen unterdrückend. Er hatte in England gelernt, sich zu beherrschen. Bohrweg war betäubt oder vielmehr ver dutzt. - , . , Aon da an saßen sie trübselig zn zweien am Stainmiisch. Sie waren ti der um eine Rente von zweitausendsechs hundert Mark reicher. Bohrweg" dachte zuerst wunder was das sei. Aber es war nicht genug, um die Agentur an den Nagel zu hängen, -j Ja. ttxt erst das Ganze übte! Ruthardt besaß fast zehn tausend Pfund Sterling. Das hatte er selbst früher erzählt und es, großspurig, wie er war, als.cine Lumperei bezeichnet. Das lohnte mal! Was konnte hingegen Nuthaidt sich daraus maeben, ihn zu b erben, dessen Kapitalbesig ohne na türlich daS von Neumeister Dazugkom mene in Betracht zu ziehen fo klein war?! Es schien aus rechnerischen Grün den und aus irgendeiner nicht deutlichen, ober 'dennoch zwingenden Logik vom Schicksal richtiger, es berief Ruthardt zu erst ab natürlich noch lange nichk Wie er blühte, der Ruthardt eS schien, als werde er, der ine bet Jugend Plump ausgesehen hatte, immer statt licher. Wovon natürlich nur die ge fchmackvolle englische Kleidung Ursache war ... Er ahnte nicht, daß bei al? solchen Gedanke sein Blick stechend wurde und daß ein so rascher Verstand wie der RuZhardts sie ihm bald von der Stirn lasl , Man wurde nicht gerade lustiger zusammen. Wie es denn überhaupt schien, als sei Neumeister der Unterhaltende ge wesen, worauf man zu feinen Lebzeiten nie gekommen wäre. So war es nur natürlich, daß Ruthardt sich immer hau figer vom Stammtisch weg zu kleinen Besuchen an die Kasse begab,' wo Fröu lein Estelles Unnahbarkeit so vorsichtig nachließ, daß er nur. die besten Ansichten von ihrer Mmal und seiner Unwidcr stehlichkeitgewann. Ach, wenn man sich doch noch ein häusliches Glück und ohne Vorurteile gründen könnte! Aber Ruthardt hatte sich immer geschworen: nur mit vierzehn tausend Mark Rente. Sonst wird's sub altern. Zu dieser Zahl fehlte gede, was ihm zufiele, wenn et Bohrweg b: erbte. Komisch zäh klammerte sich dieser kleine Mensch an sein pl,ttes Leben. Hatte seinerzeit nicht einmal verstanden, Adine festzuhalten . . . Ruthardt kam sich plötzlich wie ein unnütz Geopferter vor. Und wenn denn auch die Ehe: Adinc-Bohrwcg" nicht gut ausgegangen war: eine kurze Zeit hatte der kleine Mann doch Glücksrausch genossen. In ihm pochte etwas auf Ausgleich: er nahm mir einst das Weib, dafür muß das Schicksal nun mich ihn beer .... Pfui, sg was denkt man nicht! Man bleibt ein Gentleman. Aber die AS gründe, die man in sich Hai! Er hatte einmal seine Sachen darüber gelesen und wußte: man kann nicht dafür! Das nab ihm einen verwegenen Ausdruck, so, als 'T,.! . r X. ttl .-t r: it.. ll INI CJUlUiH KlUlCUalllIl III 11)11 gefahren und hebe ihn aus dem Sub altcrnen heraus. ' . Diese neue Art machte Ihn dem. freunde einfach unerträglich; der brachte sie mit der, wunderbar frisierten Blon dine zusammen und dachte, eS fei Sieges gewißlxit. Das giftete! Denn Bohr weg selbst hatte auch nervöse Knie, wenn ek-HN der Kasse vorbeiging. Wenn er es recht brachte, war Ruthardt über Haupt an allem Unglück schuld. Durch das Rivalitätsgcfühl hatte er sich einst Leiben lassen, um Adine zu werben, die besser getan hatte. Ruthardt zn nehmen. Bon dieser fchicsen Logik aus war eS nur noch ein Schritt zum Haß. Und als er eines Tageg Maiglöckchen, von Rut hardt gespendet, vom üppiaen Busen ne ben der Kasse fast wagerecht hcrausragen sag, da blitzte durck, sein Gehirn ein bä Mischer Gedanke. Sehr bald wurde die Tat. Bobnneg enterbte den Freund, nackidem sein Rcchtsanwalt ihn belehrt, daß er frei verfügen könne. m bei der Un vcrbrüchlichkeit ihrer Treue hatten die Freunde gar nicht daran gedacht, die Ge aenseitiakcit juristisch kcstüulcaen. Sie verstand sich als Grundlage des Ganzen ja von selbst . . . Aber da Sclbstvcr. ftäckliche macht eben auch Wandlungen durch. Mit keiner Silbe verriet Bohrweg, was tx getan hatte. Dazu hätte es ihm durch . aus an Mut gefehlt. Aber er würde wicdet froh und frei und der gefügig In . stimmende wie einst bei den Unterhal tungen. Sein Gewissen rührt sich nie. Das Testament war ja bloß Spiegel fechterei. Ruthardt. den er sicher üb lebte, erfuhr nie davon . . . bloß ein geheimer Jux war es . . Indessen kam wieder einmal der Win ter mit stehenden Nebeln und stechender Rauheit. Bohrweg erschien eines Abends bebend vor Kälte, gierig nach Grog, mit funkelnden Augen und jagendem Puls und versicherte zitternd, daß ds gar nichts zu sagen habe. Am andern Abend fehlte er. ' Der Wirt, die Freundschast seiner Stammgäste und ihre Testaments geschichte kennend, trat mit neugieriger Teilnahme an , den einsamen Ruthardt heran.' Rippenfell?' Nicht ganz einfach für solchen zarten Körper! Ruthardt. sprach täglich vor. aber zwei Wochen lang wollte der Kranke ihn nicht sehen. Dann, eines TageS. fand er die Wirtin in.Trä nen: Er möge nur hineingehen. Da fei keine Hoffnung mehr. So faß denn der Letzte am Sterbe bett des Zweiten. Alle eigensüchtigen Ge danken in Ruthardt waren zu Boden ge schlagen. In der Nähe des Allergrößten fallen Schlacken von einem ab, und man hat erhebende Empfindungen. Sehr liebevoll fah er den Hindäm mernden an. Da schlug dieser die Au gen auf und erkannte den warmen Strahl ... I Verzeih mir," flüsterte er. ' - . Ruthardt dachte, der 5kranke bcschäf tige sich mit Adine. Er drückte ihm fest die Händ. . Längst verziehen .. das war Schicksal," sagte er beruhigend. Der kleine, kahle Kopf mit den Haar büscheln über den Ohren drehte sich müde weg. in Schlafbedürfnis. Und Uuthardt schlich davon. Sehr geduckt hatte er sich von der Nähe des Allergrößten gefühlt. Draußen schnellte er wieder in die Höhe. Und er dachte, obschon schicklich gedämpst, viel Angcneh nies. ' Am Abend sah man ihn beharrlich au der Kasse lehnen, und der frisierte Blond- . köpf neigte sich anmutig in Teilnahme f ihm zu. Wie einsam werde er nun. Ja, wenn ein weiches Fraucnherz sich seiner annehmen wollte . . . Viel Wind habe er sich um die Nase wehen lassen, und eine höhere Tochter" habe ihm nichts zu sagen; es müsse eine im Lebenskampf Erprobte seiiu. Aber seine Jahre ... Da sprach der schwellende Wund zwi schen den vollen Weißen Wangen: Aber Herr Ruthardt, man ist fo alt wie man aussieht." Und in zärtlicher Blick gab .ihm vierzig Jahre etwa .... Nachher unierhielt er sich noch vertrau lich mit dem Witf, der von Estelle nur das Beste zn äußern wußte. Und als sie spät nachts ihrem Chef die Kasse ab- , lieferte, sagte er: Zujejriffen, Mäuseken da winkt Ihnen möl 'ne feine Erb schaft, und zu 'ne elejante Witwe haben , Se allen Schick." Die nächsten Tage hätte Ruthardt nicht von sich auszusagen vermocht, wie ihm denn eigentlich zumut sei. Die Aus sicht auf ein molliges Glück bei behag lichem Budget gab ihm ein Gefühl von ' fabelhafter Flottheit. An Bohrwcgs La ger übernahm ihn der Kummer über den nahen Verlust. Was für ein Gemüt hatte dieser prächtige Kerl gehabt: ster bend noch litt, er, weil er dem Freunde einst Adine geraubt Es kam aber die Stunde, wo Rut- . hardt begreifen mußte, daß . der Ster bende bei seinem Verzeih" nicht an Adine gedacht hatte. Der zähe kleine Mann kam endlich zum Schlafen. Nach dem Ruthardt ihn feierlich, in kaum be wahrter Fassung,' an Neumeistcrs Seite ' bestattet hatte, sagte er: Einer mußte, ja der letzte sein," sich fo gewissermaßen an den Gräbern entschuldigend. dafZ er noch lebe. , Dann hieß es sich mit Testament und Hinterlassenschaft beschäftigen. Aber eine Zuschrift von Bohrwcgs Rechtsanwalt überhob ihn aller Mühen. Auf ausdrücklichen, vor einem Jahre schon ausgesprochenen Wunsch meines Klienten bchändige ich Ihnen hier eine Abschrift seines Testamentes." Und da konnte eres denn lesen, daß Bohrwegs Vermögen an wohltätige Stif tungen fiel. Ruthardt stand versteinert. 'Wainrn? Großer Gott, warum? Aus welchen Ur sachcn fo noch unsre unverbrüchliche Freundschaft hinterlistig aus dem Grabe heraus verraten? Darauf konnte ihm keine Antwort werden. Sie hätte jcr aus jenen Ab . gründen herauskommen müssen, die schon die Lebenden vor sich selbst verbergen. Der Tod bedeckt sie mit ewigem Schmei grn ... Alles blieb in düsterer Ungewißheit. Nur dies eine war Gewißheit, daß er sich voreilig mit Fräulein Elise Schultz, genannt Estclle. verlobt hatte. Plötz lich überkam ihn eine Gehörshalluzina i-tion, daß ihn fror . . . er vernahm das aus o avgeionle Aachen Neumei,ters und das auf i siehende Kichern Bohrwcgs, und sie sagten: Na. nun hast du ja auch einen Erben . . . Es scheint mir unnig''.'), Menschen über die Eig.'ns.,:.., -Handlungen des SchöpftrS ?-X- ' ren können, ohne. Elbärmlichlci. ; sagen. Ich habe keinen andern von Gott, als daß er ein fcollkommW, gutes Wesen ist. Die Schrift ist daS Element, das allein treu und gewissenhaft die Schätze aufbewahrt, die der stets auf der Fluchr begriffene Sterbliche ihr anvertraut. Sie ist daS einzisze Medium. daS die Licht strahlen unserer Gedanken und Grün nungen unter demselben Winkel tiert, unter welchem t einsatltn